Leseprobe zu - Verlag Dr. Otto Schmidt

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§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter 61 62 63 der Transaktionspraxis kritisiert, die deshalb nach wie vor auf eine sorgfältige due diligence nicht verzichten kann 1 ;ein Ziel der Neuregelung (oben Rn 49) wird damit verfehlt. De lege ferenda sollten daher auch Belastungen (wie etwa Pfandrecht und Nießbrauch) in die Gesellschafterliste eingetragen werden können und dann auch vom Anwendungsbereich des §16Abs. 3erfasst werden, so dass nicht eingetragene Belastungen gutgläubig „hinwegerworben“ werden können 2 . Geheimhaltungsinteressen könnte dadurch Rechnung getragen werden, dass solche Belastungen nur im Falle eines berechtigten Interesses einsehbar wären 3 . Ebenfalls nicht geschützt wird auch der gute Glaube an die vollständige, schuldbefreiende Leistung aller Einlagen 4 . f) Verfügungsbeschränkungen (insbesondere durch statutarische Vinkulierungsklauseln, dazu §15Rn57ff, oder auch durch sonstige statutarische Vorkaufs-, Andienungs- oder Miterwerbsrechte, dazu §3Rn 44) muss auch der gutgläubige „Erwerber“ gegen sich gelten lassen 5 ;bei einer Vinkulierung verhindert die fehlende Zustimmung der GmbH bzw der Gesellschafter (zur Differenzierung: §15Rn66ff) daher auch im Falle von §16Abs. 3den wirksamen Erwerb. Forderungen aus dem Schrifttum, dem gutgläubigen Erwerb hier einen Vorrang einzuräumen 6 ,sind verfehlt; denn auch beim Erwerb vom Berechtigten gelten diese Beschränkungen, und es gibt keinen Grund, den gutgläubigen Erwerber hier besser zu stellen 7 . g) Aufschiebend bedingte Übertragung: Bei einer aufschiebend bedingten Übertragung des Geschäftsanteils wurde der (Erst-)Erwerber bislang durch §161 Abs. 1 Satz 1 BGB vor Zwischenverfügungen des Veräußerers geschützt, da diese rückwirkend unwirksam wurden 8 .Fraglich ist nunmehr, ob ein Zweiterwerber, der vom nach wie vor bis zum Bedingungseintritt in die Liste eingetragenen Veräußerer den Geschäftsanteil erwirbt, gem. §161 1 Reichert in Bayer/Koch (Hrsg), Das neue GmbH-Recht, 2008, S. 29, 43; Harbarth ZIP 2008, 57, 64; Klöckner NZG 2008, 841, 844; Rau DStR 2006, 1892, 1899; Wachter ZNotP 2008, 378, 397. 2 Grunewald ZIP 2006, 685, 688; Rau DStR 2006, 1892, 1899; Harbarth ZIP 2008, 57, 64; Klöckner NZG 2008, 841, 844; Kort GmbHR 2009, 169, 174. 3Vgl Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2007, 211, 215; Harbarth ZIP 2008, 57, 64; Wicke §16Rn28. 4 Haas/Oechsler NZG 2006, 806, 812; Wachter in Römermann/Wachter, GmbH-Beratung nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft 2008, S. 51, 59 5 Wachter in Römermann/Wachter, GmbH-Beratung nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft 2008, S. 51, 59; Rodewald GmbHR 2009, 196, 197; Schockenhoff/Höder ZIP 2006, 1841, 1844. 6SoEidenmüller ZGR 2007, 168, 202; Klöckner NZG 2008, 841, 845; Ziemons BB 2006, Beil. 7, S. S. 9, 12. 7Wie hier Hamann NZG 2007, 492, 494. 8 Reymann WM 2008, 2095, 2097; vgl weiter BFH GmbHR 1988, 449, 450; Staudinger/Bork (2003) §161 BGB Rn 15. 552 | Bayer

Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16 Abs. 3iVm §16Abs. 3GmbHG in der Weise erwirbt, dass er sein Recht auch nach Bedingungseintritt zu Lasten des Ersterwerbers behält 1 .Dies ist zu bejahen 2 ;der Zweiterwerber kann hier nicht weniger geschützt werden, als wenn er unmittelbar vom Nichtberechtigten erwerben würde 3 .Die Gesellschafterliste ist zwar zum Zeitpunkt seines Erwerbs nicht unrichtig, fungiert aber gleichwohl als Rechtsscheinträger im Hinblick auf die im Zeitpunkt des Bedingungseintritts eintretende Nichtberechtigung. Ein Schutz des Ersterwerbers gegen vereitelnde Zwischenverfügungen lässt sich durch einen Widerspruch, den der Veräußerer bewilligt, gewährleisten 4 (dazu noch unten Rn 70 ff; zur Fristproblematik unten Rn 78 f). Zum Schutz durch Satzungsgestaltung: Reymann GmbHR 2009, 343, 348 ff; zur Vertragsgestaltung: D. Mayer ZIP 2009, 1037, 1051. 4. Rechtsgeschäftlicher Erwerb §16Abs. 3setzt einen „Erwerb durch Rechtsgeschäft“ voraus. Unverständlich ist der im Schrifttum vielfach zu lesende Satz, dass es „auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nicht ankomme“ 5 .Das Gegenteil ist der Fall: ohne wirksames Rechtsgeschäft auch kein gutgläubiger Erwerb 6 .ImÜbrigen gelten die aus §§ 892, 932ff BGB bekannten Grundsätze: Ausgeschlossen ist ein gesetzlicher Erwerb (Rn 65) und es muss ein Verkehrsgeschäft vorliegen (Rn 66). Bei gesetzlichem Erwerb findet generell kein gutgläubiger Erwerb statt, insbesondere nicht bei Gesamtrechtsnachfolge durch Erbfolge gemäß §§ 1922 ff BGB 7 ,Umwandlung gemäß §§ 2ffUmwG 8 oder bei Begründung von Gütergemeinschaft gemäß §1416 BGB 9 ,weiterhin nicht bei Übertragung im Wege 64 65 1Ausführlich Reymann GmbHR 2009, 343ff. 2Wie hier Vossius DB 2007, 2299, 2301; Greitemann/Bergjan FS Pöllath, 2008, S. 271, 286; Klöckner NZG 2008, 841, 842; Wachter in Römermann/Wachter, GmbH-Beratung nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft 2008, S. 51, 61; wohl auch Wicke §16Rn20; sympathisierend auch Heidinger in Heckschen/Heidinger, GmbH, §13Rn141. 3Abweichend jedoch Preuß ZGR 2008, 676, 691 f; Weigl MittBayNot 2009, 116, 117f; Zessel GmbHR 2009, 303, 305; D. Mayer ZIP 2009, 1037, 1050; wohl auch Oppermann ZIP 2009, 651, 653; tendenziell ablehnend, aber offen Reymann GmbHR 2009, 343 ff. 4Gestaltungsvorschlag bei Wachter in Römermann/Wachter, GmbH-Beratung nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft 2008, S. 51, 61; Greitemann/Bergjan FS Pöllath, 2008, S. 271, 287; Wälzholz MittBayNot 2008, 425, 436; vgl auch Oppermann ZIP 2009, 651, 654. 5SoD. Mayer DNotZ 2008, 403, 420; Kort GmbHR 2009, 169, 174; Vossius DB 2007, 2299, 2300. 6Wie hier Wicke §16Rn20; Heidinger in Heckschen/Heidinger, GmbH, §13 Rn 142; vgl weiter Palandt/Bassenge §892 BGB Rn 3mwN: „Das Rechtsgeschäft muss wirksam sein“. 7 Wachter ZNotP 2008, 378, 394. 8 Wicke §16Rn18. 9 Palandt/Bassenge §892 BGB Rn 3; MünchKomm/Wacke §829 BGB Rn 36. Bayer | 553

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der Transaktionspraxis kritisiert, die deshalb nach wie vor auf eine sorgfältige<br />

due diligence nicht verzichten kann 1 ;ein Ziel der Neuregelung (oben<br />

Rn 49) wird damit verfehlt. De lege ferenda sollten daher auch Belastungen<br />

(wie etwa Pfandrecht und Nießbrauch) in die Gesellschafterliste eingetragen<br />

werden können und dann auch vom Anwendungsbereich des §16Abs. 3erfasst<br />

werden, so dass nicht eingetragene Belastungen gutgläubig „hinwegerworben“<br />

werden können 2 . Geheimhaltungsinteressen könnte dadurch<br />

Rechnung getragen werden, dass solche Belastungen nur im Falle eines berechtigten<br />

Interesses einsehbar wären 3 .<br />

Ebenfalls nicht geschützt wird auch der gute Glaube an die vollständige,<br />

schuldbefreiende Leistung aller Einlagen 4 .<br />

f) Verfügungsbeschränkungen (insbesondere durch statutarische Vinkulierungsklauseln,<br />

da<strong>zu</strong> §15Rn57ff, oder auch durch sonstige statutarische Vorkaufs-,<br />

Andienungs- oder Miterwerbsrechte, da<strong>zu</strong> §3Rn 44) muss auch der<br />

gutgläubige „Erwerber“ gegen sich gelten lassen 5 ;bei einer Vinkulierung verhindert<br />

die fehlende Zustimmung der GmbH bzw der Gesellschafter (<strong>zu</strong>r Differenzierung:<br />

§15Rn66ff) daher auch im Falle von §16Abs. 3den wirksamen<br />

Erwerb. Forderungen aus dem Schrifttum, dem gutgläubigen Erwerb<br />

hier einen Vorrang ein<strong>zu</strong>räumen 6 ,sind verfehlt; denn auch beim Erwerb vom<br />

Berechtigten gelten diese Beschränkungen, und es gibt keinen Grund, den<br />

gutgläubigen Erwerber hier besser <strong>zu</strong> stellen 7 .<br />

g) Aufschiebend bedingte Übertragung: Bei einer aufschiebend bedingten<br />

Übertragung des Geschäftsanteils wurde der (Erst-)Erwerber bislang durch<br />

§161 Abs. 1 Satz 1 BGB vor Zwischenverfügungen des Veräußerers geschützt,<br />

da diese rückwirkend unwirksam wurden 8 .Fraglich ist nunmehr, ob<br />

ein Zweiterwerber, der vom nach wie vor bis <strong>zu</strong>m Bedingungseintritt in die<br />

Liste eingetragenen Veräußerer den Geschäftsanteil erwirbt, gem. §161<br />

1 Reichert in Bayer/Koch (Hrsg), Das<br />

neue GmbH-Recht, 2008, S. 29, 43;<br />

Harbarth ZIP 2008, 57, 64; Klöckner<br />

NZG 2008, 841, 844; Rau DStR 2006,<br />

1892, 1899; Wachter ZNotP 2008,<br />

378, 397.<br />

2 Grunewald ZIP 2006, 685, 688;<br />

Rau DStR 2006, 1892, 1899; Harbarth<br />

ZIP 2008, 57, 64; Klöckner<br />

NZG 2008, 841, 844; Kort GmbHR<br />

2009, 169, 174.<br />

3Vgl Handelsrechtsausschuss des DAV<br />

NZG 2007, 211, 215; Harbarth ZIP<br />

2008, 57, 64; Wicke §16Rn28.<br />

4 Haas/Oechsler NZG 2006, 806, 812;<br />

Wachter in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung nach dem MoMiG,<br />

GmbHR-Sonderheft 2008, S. 51, 59<br />

5 Wachter in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung nach dem MoMiG,<br />

GmbHR-Sonderheft 2008, S. 51, 59;<br />

Rodewald GmbHR 2009, 196, 197;<br />

Schockenhoff/Höder ZIP 2006, 1841,<br />

1844.<br />

6SoEidenmüller ZGR 2007, 168, 202;<br />

Klöckner NZG 2008, 841, 845;<br />

Ziemons BB 2006, Beil. 7, S. S. 9, 12.<br />

7Wie hier Hamann NZG 2007, 492, 494.<br />

8 Reymann WM 2008, 2095, 2097; vgl<br />

weiter BFH GmbHR 1988, 449, 450;<br />

Staudinger/Bork (2003) §161 BGB<br />

Rn 15.<br />

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