Leseprobe zu - Verlag Dr. Otto Schmidt

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11.05.2014 Aufrufe

§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter 34 35 mehr frei gestalten. Insbesondere im Falle der Abtretung eines Geschäftsanteils ist der Notar zur unverzüglichen Listenänderung verpflichtet (vgl §40 Rn 24). Bewusst gestaltete Abweichungen zwischen der materiellen Rechtslage und der Gesellschafterliste soll es nach der Konzeption des MoMiG nicht mehr geben. Darauf muss auch bei der Rechtsanwendung Rücksicht genommen werden. Daher darf die GmbH, wenn ihr eine eingetretene Rechtsänderung mitgeteilt und nachgewiesen wurde, im Hinblick auf die Pflicht zur unverzüglichen Änderung der Gesellschafterliste keine vollendeten Fakten schaffen. Wird dies nicht beachtet, so können Beschlussfassungen, die im Zeitraum zwischen Rechtsänderung und Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste zum Nachteil des noch nicht eingetragenen Gesellschafters vorgenommen werden, anfechtbar oder nichtig sein; auch kommen Schadensersatzansprüche in Betracht. i) Speziell: Erbrechtlicher Erwerb: Beim Tod eines Gesellschafters gilt: Die Erben erwerben erst dann die Gesellschafterrechte, wenn sie im Verfahren gemäß §40indie Gesellschafterliste eingetragen wurden 1 .Der MoMiG-Gesetzgeber ist hier –zuRecht 2 –nicht der hM zu §67Abs. 2AktG gefolgt, wonach auch ohne Eintragung in das Aktienregister die Erben in die Aktionärsstellung einrücken 3 . Für Verbindlichkeiten des Erblassers gegenüber der GmbH haften sie jedoch auch ohne Eintragung gemäß §§ 1922, 1967 BGB, allerdings mit der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung gemäß §§ 1975 ff BGB; eine solche Haftungsbeschränkung kommt nach erfolgter Eintragung in die Gesellschafterliste –anders als im Aktienrecht 4 wegen §16Abs. 2jedoch nur noch sehr eingeschränkt in Betracht: Denn nunmehr haftet der Erbe als Gesellschafter stets unbeschränkt für die rückständigen Leistungen (dazu noch unten Rn 41ff). Der Wegfall der Erbenstellung führt zur erneuten Veränderung der Gesellschafterliste, lässt jedoch bei Eintritt des Nacherbfalls die Rechtsstellung des Vorerben (§§ 2106, 2139 BGB) für die Zeit seiner Legitimation unberührt; Gleiches gilt im Falle der Ausschlagung (§ 1945 BGB) für den eingetragenen vorläufigen Erben. Die Rückwirkung des §1953 Abs. 1BGB betrifft nur das Verhältnis zum wirklichen Erben, nicht das Verhältnis zur GmbH; dh Rechtsausübungen des Legitimierten bleiben wirksam, erhaltene Gewinne wurden mit Rechtsgrund geleistet, sind jedoch an den wirklichen Erben gemäß §§ 1959 Abs. 1, 667, 681 BGB herauszugeben. Für eine zwischenzeitlich begründete Haftung gelten die allgemeinen Grundsätze. Auch die Rechts- 1Ebenso Wicke §16Rn6. 2Sobereits ausführlich MünchKomm/ Bayer §67AktG Rn 61 ff; ebenso Spindler/Stilz/Cahn §67AktG Rn 38. 3SoKK/Lutter §67AktG Rn34; OLG Brandenburg NZG 2002, 476, 478; ThürOLG AG 2004, 268, 270. 4Zum Streitstand MünchKomm/Bayer §67AktG Rn 65 mwN. 540 | Bayer

Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16 handlungen des (zurechenbar) eingetragenen Scheinerben sind wirksam; im Verhältnis zum Erben gelten §§ 2018 ff BGB 1 . 4. Rückbeziehung der Legitimationswirkung (§ 16 Abs. 1Satz 2) a) Inhalt und Zweck der Regelung: Da ein praktisches Bedürfnis dafür besteht, dass der Erwerber eines Geschäftsanteils auch bereits vor Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister Rechtshandlungen in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vornehmen kann 2 –die BegrRegE nennt beispielhaft einen Beschluss zur Satzungsänderung oder die Abberufung und Neubestellung von Geschäftsführern 3 –, bestimmt §16Abs. 1Satz 2imWege der Fiktion, dass die im Übrigen wirksame (!), aber allein auf Grund der Rechtswirkungen des §16Abs. 1Satz 1noch nicht wirksame, sondern zunächst schwebend unwirksame Maßnahme 4 des Erwerbers ex tunc als wirksam gilt 5 ,wenn die geänderte Gesellschafterliste unverzüglich nach der Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird. Erfolgt hingegen keine unverzügliche Aufnahme, so wird die Rechtshandlung endgültig unwirksam 6 . b) Unverzügliche Aufnahme bedeutet nach dem Wortlaut der Vorschrift zunächst, dass die geänderte Gesellschafterliste unverzüglich –dhohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1Satz 1BGB) –indas Handelsregister aufgenommen wird; eine schuldhafte Verzögerung durch den Registerrichter wäre somit schädlich 7 .Obdieses Ergebnis dem Zweck der Regelung und der Vorstellung des Gesetzgebers entspricht, ist jedoch fraglich; der Rechtsgedanke des §167 ZPO spricht dagegen 8 .Dader Registerrichter die eingereichte Gesellschafterliste auch nicht inhaltlich zu prüfen hat (vgl §40Rn15), dürften sich normalerweise hier auch gar keine Verzögerungen ergeben. Entscheidend ist vielmehr, ob die Änderung der Gesellschafterliste und ihre Weiterleitung an das Handelsregister unverzüglich erfolgen, was bedeutet, dass ein schuldhaftes Zögern des zuständigen Geschäftsführers bzw Notars zur endgültigen Unwirksamkeit der Rechtshandlung führt. Im Schrifttum diskutierte Fristen von 1–2 Monaten sind wesentlich zu lang. 36 37 1Wie hier Wicke §16Rn7;teilweise abweichend die Rechtslage bei der AG, vgl nur MünchKomm/Bayer §67AktG Rn 66 mwN. 2BegrRegE BR-Drucks 354/07, S. 85. 3BegrRegE BR-Drucks 354/07, S. 85; vgl auch D. Mayer DNotZ 2008, 403, 405 mwN. 4BegrRegE BR-Drucks 354/07, S. 85; D. Mayer DNotZ 2008, 403, 405. 5 Kort GmbHR 2009, 169, 174. 6BegrRegE BR-Drucks 354/07, S. 85; D. Mayer DNotZ 2008, 403, 405; Heidinger in Heckschen/Heidinger, GmbH, §13Rn390; Hasselmann NZG 2009, 409, 411. 7Soinder Tat Gasteyer/Goldschmidt ZIP 2008, 1906, 1909. 8Erwogen von Gasteyer/Goldschmidt ZIP 2008, 1906, 1909; vgl auch Hasselmann NZG 2009, 409, 411. Bayer | 541

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mehr frei gestalten. Insbesondere im Falle der Abtretung eines Geschäftsanteils<br />

ist der Notar <strong>zu</strong>r unverzüglichen Listenänderung verpflichtet (vgl §40<br />

Rn 24). Bewusst gestaltete Abweichungen zwischen der materiellen Rechtslage<br />

und der Gesellschafterliste soll es nach der Konzeption des MoMiG<br />

nicht mehr geben. Darauf muss auch bei der Rechtsanwendung Rücksicht genommen<br />

werden. Daher darf die GmbH, wenn ihr eine eingetretene Rechtsänderung<br />

mitgeteilt und nachgewiesen wurde, im Hinblick auf die Pflicht<br />

<strong>zu</strong>r unverzüglichen Änderung der Gesellschafterliste keine vollendeten Fakten<br />

schaffen. Wird dies nicht beachtet, so können Beschlussfassungen, die im<br />

Zeitraum zwischen Rechtsänderung und Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste<br />

<strong>zu</strong>m Nachteil des noch nicht eingetragenen Gesellschafters vorgenommen<br />

werden, anfechtbar oder nichtig sein; auch kommen Schadensersatzansprüche<br />

in Betracht.<br />

i) Speziell: Erbrechtlicher Erwerb: Beim Tod eines Gesellschafters gilt: Die<br />

Erben erwerben erst dann die Gesellschafterrechte, wenn sie im Verfahren<br />

gemäß §40indie Gesellschafterliste eingetragen wurden 1 .Der MoMiG-Gesetzgeber<br />

ist hier –<strong>zu</strong>Recht 2 –nicht der hM <strong>zu</strong> §67Abs. 2AktG gefolgt, wonach<br />

auch ohne Eintragung in das Aktienregister die Erben in die Aktionärsstellung<br />

einrücken 3 . Für Verbindlichkeiten des Erblassers gegenüber der<br />

GmbH haften sie jedoch auch ohne Eintragung gemäß §§ 1922, 1967 BGB, allerdings<br />

mit der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung gemäß §§ 1975 ff<br />

BGB; eine solche Haftungsbeschränkung kommt nach erfolgter Eintragung<br />

in die Gesellschafterliste –anders als im Aktienrecht 4 wegen §16Abs. 2jedoch<br />

nur noch sehr eingeschränkt in Betracht: Denn nunmehr haftet der<br />

Erbe als Gesellschafter stets unbeschränkt für die rückständigen Leistungen<br />

(da<strong>zu</strong> noch unten Rn 41ff).<br />

Der Wegfall der Erbenstellung führt <strong>zu</strong>r erneuten Veränderung der Gesellschafterliste,<br />

lässt jedoch bei Eintritt des Nacherbfalls die Rechtsstellung des<br />

Vorerben (§§ 2106, 2139 BGB) für die Zeit seiner Legitimation unberührt;<br />

Gleiches gilt im Falle der Ausschlagung (§ 1945 BGB) für den eingetragenen<br />

vorläufigen Erben. Die Rückwirkung des §1953 Abs. 1BGB betrifft nur das<br />

Verhältnis <strong>zu</strong>m wirklichen Erben, nicht das Verhältnis <strong>zu</strong>r GmbH; dh<br />

Rechtsausübungen des Legitimierten bleiben wirksam, erhaltene Gewinne<br />

wurden mit Rechtsgrund geleistet, sind jedoch an den wirklichen Erben gemäß<br />

§§ 1959 Abs. 1, 667, 681 BGB heraus<strong>zu</strong>geben. Für eine zwischenzeitlich<br />

begründete Haftung gelten die allgemeinen Grundsätze. Auch die Rechts-<br />

1Ebenso Wicke §16Rn6.<br />

2Sobereits ausführlich MünchKomm/<br />

Bayer §67AktG Rn 61 ff; ebenso<br />

Spindler/Stilz/Cahn §67AktG Rn 38.<br />

3SoKK/Lutter §67AktG Rn34; OLG<br />

Brandenburg NZG 2002, 476, 478;<br />

ThürOLG AG 2004, 268, 270.<br />

4Zum Streitstand MünchKomm/Bayer<br />

§67AktG Rn 65 mwN.<br />

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