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Leseprobe zu - Verlag Dr. Otto Schmidt

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<strong>Leseprobe</strong> <strong>zu</strong><br />

Lutter/Hommelhoff<br />

GmbH-Gesetz, 17. Auflage<br />

Kommentar.<br />

17. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, 2009, 1779 S., DIN A5, gbd,<br />

ISBN 978-3-504-32487-2<br />

119.00 € (inkl. MwSt.)<br />

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<strong>Verlag</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Otto</strong> <strong>Schmidt</strong> KG • Postfach 51 10 26 • 50946 Köln • AG Köln • HRA 5237


102<br />

§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

Verwaltungsrechte –insbesondere Stimmrecht –verbleiben grds beim Gesellschafter<br />

(hM) 1 ;dieser hat jedoch auf die Interessen des Nießbrauchers<br />

Rücksicht <strong>zu</strong> nehmen. Rechtslage ist hoch streitig 2 ;daher vertragliche Regelung<br />

ratsam. Zulässig ist jedenfalls Stimmrechtsvollmacht (auch unwiderrufliche<br />

–aber nicht verdrängende); dem Gesellschafter verbleibt in diesem Fall<br />

der Widerruf der Vollmacht aus wichtigem Grund 3 . Vertragliche Stimmrechtseinräumung<br />

soll nach hM un<strong>zu</strong>lässig sein 4 ;dagegen aber mit beachtlichen<br />

Argumenten eine starke Mindermeinung 5 .<br />

Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter oder Veränderung des<br />

Umfangs ihrer Beteiligung; Erwerb vom Nichtberechtigten<br />

16<br />

(1) Im Verhältnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in<br />

den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung<br />

als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister<br />

aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist. Eine vom<br />

Erwerber in Be<strong>zu</strong>g auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung<br />

gilt als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzüglich nach<br />

Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.<br />

(2) Für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab<br />

dem der Erwerber gemäß Absatz 1Satz 1imVerhältnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft als<br />

Inhaber des Geschäftsanteils gilt, haftet der Erwerber neben dem Veräußerer.<br />

(3) Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch<br />

Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer<br />

als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen<br />

Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste<br />

<strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als<br />

drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen<br />

ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber<br />

die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt<br />

ist oder der Liste ein Widerspruch <strong>zu</strong>geordnet ist. Die Zuordnung eines<br />

1BGH NJW 1999, 571 mit Bspr<br />

K. <strong>Schmidt</strong> ZGR 1999, 601; B/H/<br />

Hueck/Fastrich §15Rn53; Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §15Rn217 mwN.<br />

2Ausführlich Reichert/Weller §15<br />

Rn 335 ff; Ulmer/Winter/Löbbe §15<br />

Rn 178 ff.<br />

3Da<strong>zu</strong> Reichert/Schlitt/Düll GmbHR<br />

1998, 565, 573 f; Scholz/H. Winter/<br />

Seibt §15Rn217 aE.<br />

4OLG Koblenz NJW 1992, 2163; B/H/<br />

Hueck/Fastrich §15Rn53; Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §15Rn217; Ulmer/<br />

Winter/Löbbe §15Rn181.<br />

5 K. <strong>Schmidt</strong> ZGR 1999, 601, 610 f; Reichert/Schlitt/Düll<br />

GmbHR 1998, 565,<br />

573.<br />

526 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund<br />

einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch<br />

richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss<br />

nicht glaubhaft gemacht werden.<br />

I. Überblick ................ 1<br />

II. Gesellschafterstellung im Verhältnis<br />

<strong>zu</strong>r GmbH (§ 16 Abs. 1) . 2<br />

1. Anwendungsbereich ...... 4<br />

a) Rechtslage vor dem<br />

MoMiG ............. 4<br />

b) Neue Rechtslage nach<br />

dem MoMiG ......... 5<br />

2. Eintragung in die Gesellschafterliste<br />

statt Anmeldung .... 11<br />

a) Anknüpfungspunkt ..... 11<br />

b) Vorausset<strong>zu</strong>ngen ...... 13<br />

c) Nichtigkeit und Anfechtbarkeit<br />

der Mitteilung ... 15<br />

d) Rücknahme der Mitteilung 17<br />

e) Folgen des Konzeptionswechsels<br />

............ 18<br />

3. Rechtswirkungen der<br />

Eintragung ............. 19<br />

a) Legitimationswirkung ... 19<br />

b) Maßgeblicher Zeitpunkt . 21<br />

c) Materielle Rechtslage ... 22<br />

d) Wirkung gegenüber <strong>Dr</strong>itten 23<br />

e) Materielle Unwirksamkeit<br />

des Kausalgeschäfts ..... 25<br />

f) Dogmatische Erfassung .. 27<br />

g) Rechte und Pflichten des<br />

Eingetragenen ........ 28<br />

h) Rechtshandlungen des<br />

Rechtsvorgängers ...... 32<br />

i) Speziell: Erbrechtlicher<br />

Erwerb ............. 34<br />

4. Rückbeziehung der<br />

Legitimationswirkung<br />

(§ 16 Abs. 1Satz 2) ........ 36<br />

a) Inhalt und Zweck der<br />

Regelung ............ 36<br />

b) Unverzügliche Aufnahme . 37<br />

c) Schwebend unwirksam<br />

bestellter Geschäftsführer 39<br />

d) Praxis .............. 40<br />

III. Haftung für rückständige Einlagen<br />

(§ 16 Abs. 2) .......... 41<br />

IV. Gutgläubiger Erwerb (§ 16 Abs. 3) 49<br />

1. Überblick ............. 50<br />

2. Gesellschafterliste als<br />

Rechtsscheinträger ....... 52<br />

3. Erwerb eines Geschäftsanteils<br />

oder eines Rechts<br />

an einem Geschäftsanteil ... 56<br />

a) Be<strong>zu</strong>gspunkt des guten<br />

Glaubens ............ 56<br />

b) Rechte an einem<br />

Geschäftsanteil ........ 57<br />

c) Nicht existierende<br />

Geschäftsanteile ....... 58<br />

d) Unrichtige Stückelung ... 59<br />

e) Kein gutgläubiger lastenfreier<br />

Erwerb ......... 60<br />

f) Verfügungsbeschränkungen<br />

................ 62<br />

g) Aufschiebend bedingte<br />

Übertragung .......... 63<br />

4. Rechtsgeschäftlicher Erwerb . 64<br />

5. Guter Glaube ........... 67<br />

6. Widerspruch ............ 70<br />

a) Allgemeines .......... 70<br />

b) Wirkung des Widerspruchs 71<br />

c) Widerspruch im Einvernehmen<br />

von Veräußerer<br />

und Erwerber ......... 72<br />

d) Zuordnung eines Widerspruchs<br />

............. 73<br />

e) Löschung eines Widerspruchs<br />

............. 75<br />

f) Schadensersatz ........ 76<br />

7. Erwerb vor undnach Ablauf<br />

der 3-Jahres-Frist ......... 77<br />

a) 3-Jahres-Frist ......... 78<br />

b) Zurechnung .......... 80<br />

8. Verhältnis Berechtigter –<br />

Nichtberechtigter ........ 81<br />

Bayer | 527


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

V. Zeitlicher Anwendungsbereich/<br />

Übergangsvorschrift ......... 82<br />

1. Legitimationswirkung und<br />

Haftung (§ 16 Abs. 1und 2) .. 82<br />

2. Gutgläubiger Erwerb<br />

(§ 3Abs. 3EGGmbHG) .... 83<br />

1<br />

Text bis <strong>zu</strong>m MoMiG seit 1892 unverändert, dann grundlegend geändert und<br />

unter Einschluss der nunmehr amtlichen Überschrift neu gefasst durch das<br />

MoMiG vom 23.10.2008 (BGBl I2026).<br />

Aktuelle Literatur: Altmeppen Abschied von der „unwiderlegbar vermuteten“<br />

Mitgliedschaft des Scheingesellschafters in der Kapitalgesellschaft, ZIP 2009, 345;<br />

Barthel §16Abs. 1S.2GmbHG n.F. …, GmbHR 2009, 569; Bohrer Fehlerquellen<br />

und gutgläubiger Erwerb im Geschäftsanteilsverkehr –Das Vertrauensschutzkonzept<br />

im Regierungsentwurf des MoMiG, DStR 2007, 995; Gasteyer/Goldschmidt<br />

Der schwebend unwirksam bestellte Geschäftsführer nach einem Gesellschafterwechsel<br />

–Wirksamkeit seiner Rechtshandlungen nach §16Abs. 1GmbHG i.d.F.<br />

des MoMiG, ZIP 2008, 1906; Kort Offene Fragen <strong>zu</strong> Gesellschafterliste, Gesellschafterstellung<br />

und gutgläubigem Anteilserwerb …,GmbHR 2009, 169; D. Mayer<br />

Der Erwerb einer GmbH nach den Änderungen durch das MoMiG, DNotZ 2008,<br />

403; D. Mayer Aufwertung der Gesellschafterliste durch das MoMiG …, ZIP 2009,<br />

1037; Preuß Gesellschafterliste, Legitimation gegenüber der Gesellschaft und<br />

gutgläubiger Erwerb von GmbH-Anteilen, ZGR 2008, 676; Reymann Zurechnungssystem<br />

und Regelungsebenen der GmbH-Gesellschafterliste, BB 2009, 506;<br />

Wachter GmbH-Reform – Auswirkungen auf die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen,<br />

ZNotP 2008, 378; s. weiterhin Vor Rn 49.<br />

Ausgewählte Literatur <strong>zu</strong> §16 aF: Böken Haftung des Erwerbers von GmbH-<br />

Anteilen, GmbHR 2005, 1166; Grunewald Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung<br />

bei der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen, ZGR 1991, 452; Lass<br />

Ausschlachtung der GmbH nach mangelbehafteter Übernahme, ZGR 1997, 401;<br />

Limmer Haftung bei Erwerb von GmbH Geschäftsanteilen, ZIP 1993, 412; K. Müller<br />

Beseitigung der Anmeldung nach §16Abs. 1GmbHG bei fehlerhafter Anteilsübertragung<br />

(§16Abs. 1GmbHG), GmbHR 1996, 641; Noack Zur Bindung des Erwerbers<br />

eines Geschäftsanteils an Beschlusslagen bei der GmbH, GmbHR 1994,<br />

394; Peetz Anmeldung einer Anteilsabtretung –eine eher unscheinbare Norm,<br />

GmbHR 2006, 852; Schnorbus Teilnahme des Scheingesellschafters an Strukturmaßnahmen<br />

in der GmbH, ZGR 2004, 126; Zeilinger Das Verhältnis der Parteien<br />

<strong>zu</strong>r GmbH und ihren Gesellschaftern bei der fehlerhaften rechtsgeschäftlichen<br />

Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils, NZG 2001, 871; Zutt Rechtsfragen<br />

der Anmeldung gemäß §16GmbHG, FSOppenhoff, 1985, S. 555.<br />

I. Überblick<br />

In ihrer neuen Fassung enthält die Vorschrift drei Regelungsbereiche: Abs. 1<br />

bestimmt, wer im Falle einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter<br />

oder des Umfangs ihrer Beteiligung im Verhältnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft als Gesellschafter<br />

gilt (da<strong>zu</strong> Rn 2ff), Abs. 2 ordnet für rückständige Einlageverpflichtungen<br />

eine <strong>zu</strong>sätzliche Haftung des Erwerbers des Geschäftsanteils an<br />

(da<strong>zu</strong> Rn 41 ff) und Abs. 3 ermöglicht nunmehr unter bestimmten Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

den gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen oder von Rechten an<br />

528 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

Geschäftsanteilen (da<strong>zu</strong> Rn 49ff). Mit der Neuregelung des §16abgestimmt<br />

ist auch die novellierte Vorschrift des §40,die Anordnungen <strong>zu</strong>r Verantwortlichkeit<br />

und <strong>zu</strong>r Art und Weise der Führung der Gesellschafterliste trifft. §16<br />

ist grundsätzlich zwingend, kann also durch die Sat<strong>zu</strong>ng nicht abbedungen<br />

werden; wie nach bisherigem Recht 1 sollten jedoch Sat<strong>zu</strong>ngsregelungen möglich<br />

sein, welche förmliche Anforderungen an die Mitteilung (zB Schriftform)<br />

bzw den Nachweis (zB Erbschein) im Rahmen des §40Abs. 1aufstellen, die<br />

dann auch auf die Rechtswirkungen des §16Abs. 1und 2durchschlagen.<br />

II. Gesellschafterstellung im Verhältnis <strong>zu</strong>r GmbH (§ 16 Abs. 1)<br />

§16Abs. 1hat durch das MoMiG eine deutliche Veränderung gegenüber der<br />

bisherigen Rechtslage erfahren. Das bisherige Anmeldeprinzip wurde in Anlehnung<br />

an §67Abs. 2AktG ersetzt durch die Eintragung in die in das Handelsregister<br />

aufgenommene Gesellschafterliste (Rn 11 ff); in verschiedener<br />

Hinsicht hat sich auch der Anwendungsbereich der Vorschrift geändert<br />

(Rn 4ff). Nach wie vor lässt die Eintragung in die Gesellschafterliste die materielle<br />

Rechtslage unberührt (Rn 22); dieser Grundsatz wird allerdings<br />

durchbrochen im Falle des gutgläubigen Erwerbs gemäß §16Abs. 3(da<strong>zu</strong><br />

ausführlich Rn 49ff). Die Gesamtkonzeption der §§ 16, 40 ist unvollständig<br />

und lässt zahlreiche Zweifelsfragen offen 2 .<br />

Sinn und Zweck des §16Abs. 1ist –wie bislang auch –imVerhältnis GmbH<br />

–Gesellschafter für klare Verhältnisse <strong>zu</strong> sorgen. Der MoMiG-Gesetzgeber<br />

verspricht sich von der Neuregelung ein Mehr an Rechtssicherheit im Hinblick<br />

auf die Personen der Gesellschafter und die Höhe ihrer Beteiligung. Die<br />

Anteilseignerstruktur soll transparenter werden. Dadurch sollen insbesondere<br />

Transaktionskosten bei Unternehmenskäufen gesenkt, aber mittelbar<br />

auch Geldwäsche bekämpft werden 3 .<br />

1. Anwendungsbereich<br />

a) Rechtslage vor dem MoMiG: §16Abs. 1aFerfasste nur den Fall einer Veräußerung<br />

des Geschäftsanteils; keine Anwendung fand §16Abs. 1aFhingegen<br />

auf gesetzliche Erwerbstatbestände wie insbesondere auf die Gesamtrechtsnachfolge<br />

durch Erbfall 4 oder die Verschmel<strong>zu</strong>ng 5 ;doch konnte auch<br />

hier der Rechtsnachfolger seine mitgliedschaftlichen Rechte (Stimmrecht,<br />

2<br />

3<br />

4<br />

1 Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn4;<br />

MünchHdbGmbH/Jasper §24Rn225;<br />

Michalski/Ebbing §16Rn3.<br />

2Scharfe rechtspolitische Kritik an der<br />

Neuregelung bei Bohrer DStR 2007,<br />

995, 997, 1002.<br />

3BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 84.<br />

4 B/H/Hueck/Fastrich §16Rn2;<br />

R/A/Altmeppen §16Rn2;Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn29; Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn4;aA<br />

Priester GmbHR 1984, 193, 195 ff.<br />

5 Ulmer/M. Winter/Löbbe §16Rn4;<br />

Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn29.<br />

Bayer | 529


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

5<br />

6<br />

7<br />

Gewinnbe<strong>zu</strong>g) erst geltend machen, nachdem er seine Berechtigung gegenüber<br />

der Gesellschaft nachgewiesen hatte 1 (vgl auch oben §15Rn36). Ebenfalls<br />

galt §16Abs. 1aFnicht bei Veränderungen ohne Rechtsnachfolge, wie<br />

zB beim Erwerb eines Geschäftsanteils im Rahmen einer Kapitalerhöhung<br />

oder beim Formwechsel. Entsprechend ihrem Zweck entbehrlich war die Anmeldung,<br />

wenn die GmbH selbst an der Veräußerung beteiligt war 2 .<br />

b) Neue Rechtslage nach dem MoMiG: §16Abs. 1nFhat nunmehr einen<br />

deutlich erweiterten Anwendungsbereich. Jede Veränderung in den Personen<br />

der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung wird erfasst 3 .<br />

aa) Veränderung: Eine Veränderung ist <strong>zu</strong>nächst jede Abweichung von den<br />

Angaben in der Gesellschafterliste, die gemäß §8 Abs. 1Nr. 3<strong>zu</strong>sammen<br />

mit der Gründungssat<strong>zu</strong>ng (§ 8Abs. 1Nr. 1) bei der Anmeldung der GmbH<br />

<strong>zu</strong>r Eintragung in das Handelsregister eingereicht wird; dann aber auch jede<br />

Abweichung von der jeweiligen neuen veränderten Gesellschafterliste. Ausgehend<br />

von der ursprünglichen Liste kann bei strikter Einhaltung der gesetzlichen<br />

Vorschriften somit jede Veränderung im Gesellschafterkreis bzw im<br />

Umfang der jeweiligen Beteiligung nachvollzogen werden.<br />

bb) Veränderung in der Person des Gesellschafters: Dies meint jede Änderung<br />

hinsichtlich der Zuordnung an einem Geschäftsanteil, also jede Änderung in<br />

der Gesellschafterstellung.<br />

Erfasst werden nach neuer Rechtslage sowohl die Veräußerung des Geschäftsanteils<br />

als auch jede weitere Form der Einzelrechtsnachfolge durch Abtretung<br />

gemäß §15Abs. 3(da<strong>zu</strong> §15Rn24ff), insbesondere auch die treuhänderische<br />

Übertragung und Sicherungsübertragung 4 ,auch der Erwerb in der Zwangsvollstreckung<br />

5 ,auf Grund eines Vermächtnisses 6 oder im Rahmen einer Erbauseinanderset<strong>zu</strong>ng<br />

7 ,auch die Realteilung eines gemeinschaftlichen Anteils 8 ,<br />

1Ähnlich Scholz/H. Winter/Seibt §16<br />

Rn 31; R/A/Altmeppen §16Rn2;vgl<br />

<strong>zu</strong>r AG ausführlich MünchKomm/<br />

Bayer §67AktG Rn 61 ff.<br />

2 B/H/Hueck/Fastrich §16Rn2;<br />

R/S-L/Pentz §16Rn21; R/A/Altmeppen<br />

§16Rn2;Reichert/Weller §16<br />

Rn 7; aA Ulmer/M. Winter/Löbbe §16<br />

Rn 5(aber konkludente Anmeldung);<br />

ähnlich Scholz/H. Winter/Seibt §16<br />

Rn 30.<br />

3S.auch BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07,<br />

S. 86 („gilt …bei allen Formen des<br />

Anteilsübergangs“).<br />

4OLG Hamm GmbHR 1985, 22;<br />

B/H/Hueck/Fastrich §16Rn2;<br />

Michalski/Ebbing §16Rn5;Heidinger<br />

in Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 273.<br />

5 B/H/Hueck/Fastrich §16Rn2;Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn28; Heidinger<br />

in Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 276.<br />

6 R/A/Altmeppen §16Rn2;Heidinger in<br />

Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 273.<br />

7 Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn28;<br />

Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn273.<br />

8 Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn28.<br />

530 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

anders als früher auch der Erwerb im Kaduzierungs- (§ 21) 1 oder Abandonverfahren<br />

(§ 27) 2 .Insbesondere unterfällt §16Abs. 1nunmehr auch der Erwerb<br />

des Geschäftsanteils durch die GmbH selbst 3 .Weiterhin erstreckt sich §16<br />

Abs. 1nFauch auf jede Form der Gesamtrechtsnachfolge in einen Geschäftsanteil,<br />

also durch Erbfall (§ 1922 BGB) 4 ,durch übertragende Umwandlung<br />

(Verschmel<strong>zu</strong>ng und Spaltung nach UmwG) 5 , durch Anwachsung gemäß<br />

§738 Abs. 1 Satz 1 BGB 6 , durch die Begründung von Gütergemeinschaft<br />

(§ 1416 Abs. 1Satz 1BGB) 7 .Erfasst wird schließlich auch jede Veränderung<br />

in der Person des Gesellschafters ohne Rechtsnachfolge, zBder Formwechsel<br />

eines Gesellschafters.<br />

cc) Veränderung des Umfangs der Beteiligung: Eine solche wird sich häufig<br />

mit einer Veränderung in der Person des Gesellschafters überschneiden, so<br />

etwa bei der Abtretung eines Teils eines Geschäftsanteils oder eines von<br />

mehreren Geschäftsanteilen, ebenso beim Hin<strong>zu</strong>erwerb oder auch im Falle<br />

von Kapitalveränderungen nach Einziehung eines Geschäftsanteils (§ 34) 8 .<br />

Insoweit hat diese Alternative keine gesonderte Bedeutung. Dies ist anders<br />

im Falle einer Beteiligungsveränderung ohne Gesellschafterwechsel 9 ,mithin<br />

bei der Zusammenlegung oder Teilung von Geschäftsanteilen sowie im Falle<br />

von Kapitalmaßnahmen der GmbH in Be<strong>zu</strong>g auf Altgesellschafter. Obgleich<br />

vom Wortlaut der Vorschrift nicht direkt erfasst, werden auch Gesellschafter,<br />

die erstmals im Rahmen einer Kapitalerhöhung einen neuen Geschäftsanteil<br />

erwerben, nach neuem Recht in der Gesellschafterliste erfasst und der Regelung<br />

des §16Abs. 1unterstellt 10 (vgl auch §40Rn7).<br />

dd) Verpfändung und Nießbrauch: Sie sind nach dem eindeutigen Wortlaut<br />

der Vorschrift keine Änderungen iSv §16Abs. 1. Fraglich kann nur sein, ob<br />

8<br />

9<br />

1 Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn30;<br />

Ulmer/M. Winter/Löbbe §16Rn5.<br />

2 Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn30;<br />

Ulmer/M. Winter/Löbbe §16Rn5.<br />

3 Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn274.<br />

4 Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn277; Hasselmann NZG<br />

2009, 409, 410; Uwe H. Schneider<br />

GmbHR 2009, 393, 394.<br />

5 Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn278 f; Gottschalk<br />

DZWiR 2009, 45, 46; Hasselmann NZG<br />

2009, 409, 410.<br />

6 Ulmer/M. Winter/Löbbe §16Rn3;<br />

MünchHdbGmbH/Jasper §24Rn226;<br />

Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn28;<br />

Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn280; Hasselmann<br />

NZG 2009, 409, 410.<br />

7 D. Mayer DNotZ 2008, 403, 407; Kort<br />

GmbHR 2009, 169, 173; Vossius DB<br />

2007, 2299; Heckschen DStR 2007,<br />

1442, 1450.<br />

8 D. Mayer DNotZ 2008, 403, 407;<br />

Vossius DB 2007, 2299; Hasselmann<br />

NZG 2009, 409, 410.<br />

9 D. Mayer DNotZ 2008, 403. 407;<br />

Vossius DB 2007, 2299; Heidinger in<br />

Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 283 ff; Hasselmann NZG 2009,<br />

409, 410.<br />

10 Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn282.<br />

Bayer | 531


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

10<br />

eine analoge Anwendung in Betracht kommt 1 . Dies wäre rechtspolitisch<br />

wünschenswert (s. auch unten Rn 60), ist jedoch de lege lata <strong>zu</strong> verneinen:<br />

Die Wirksamkeit der Bestellung eines Pfandrechts oder eines Nießbrauchs<br />

an einem Geschäftsanteil ist materiellrechtlich nicht von einer Anzeige gegenüber<br />

der GmbH abhängig (oben §15Rn97mwN). Leistungen der GmbH<br />

an den Gesellschafter oder Handlungen des Gesellschafters gegenüber der<br />

GmbH wurden jedoch gemäß §16Abs. 2aFanalog auch dann als wirksam erachtet,<br />

wenn sie in die Rechte des Pfandgläubigers oder Nießbrauchsberechtigten<br />

eingreifen 2 ;umdiese negative Folge <strong>zu</strong> vermeiden, wurde –ebenso wie<br />

aktuell auch im Aktienrecht 3 – §16Abs. 1aFanalog auf den Fall der Bestellung<br />

eines Pfandrechts oder eines Nießbrauchs erstreckt und somit <strong>zu</strong>r<br />

Rechtswahrung eine Anmeldung gefordert 4 .Nur in diesem Fall sollten auch<br />

die Verfügungsbeschränkungen des Gesellschafters gemäß §§ 1071, 1276 BGB<br />

gegenüber der GmbH gelten 5 .Auch nach dem ersatzlosen Wegfall des §16<br />

Abs. 2aFerscheint im Hinblick auf den Rechtsgedanken des §407 BGB <strong>zu</strong>r<br />

Wahrung der Rechte des Pfandgläubigers bzw des Nießbrauchsberechtigten<br />

eine Anzeige an die GmbH erforderlich (vgl bereits oben §15Rn97) 6 .Eine<br />

Eintragung in die Gesellschafterliste kommt dagegen (auch bei einer entsprechenden<br />

Sat<strong>zu</strong>ngsbestimmung) nicht in Betracht 7 ;der Freiraum, den das Aktienregister<br />

gemäß §67Abs. 2AktG lässt, besteht hier im Rahmen des §40<br />

nicht, da die Gesellschafterliste beim Handelsregister verwahrt wird und in<br />

öffentliche Register nur solche Informationen aufgenommen werden dürfen,<br />

die eine gesetzliche Grundlage haben (vgl §40Rn7). Gegen eine Eintragungsmöglichkeit<br />

spricht auch, dass die neue Vorschrift des §16Abs. 3nFden guten<br />

Glauben an die Lastenfreiheit des Geschäftsanteils de lege lata nicht<br />

schützt, was allerdings rechtspolitisch <strong>zu</strong> kritisieren ist (unten Rn 60).<br />

ee) Pfändung: Bei der Pfändung ist die Zustellung des Pfändungsbeschlusses<br />

an die GmbH Vorausset<strong>zu</strong>ng für die Wirksamkeit der Pfändung (vgl auch<br />

oben §15Rn83); daher wurde bereits nach bisherigem Recht auf eine (weitere)<br />

Anzeige verzichtet 8 .ImFalle der Verwertung des Geschäftsanteils durch<br />

1Dafür Heidinger in Heckschen/<br />

Heidinger, GmbH, §13Rn288;<br />

dagegen Wicke §16Rn10.<br />

2 Reichert/Weller §16Rn18; Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn64; Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn44.<br />

3Da<strong>zu</strong> MünchKomm/Bayer §67AktG<br />

Rn 29 ff; KK/Lutter §67AktG Rn 10.<br />

4 B/H/Hueck/Fastrich §16Rn2;<br />

R/A/Altmeppen §16Rn2;R/S-L/Pentz<br />

§16Rn22; Ulmer/M. Winter/Löbbe<br />

§16Rn64.<br />

5 Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn44;<br />

Michalski/Ebbing §16Rn9;Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn64.<br />

6Soauch Wicke §16Rn10.<br />

7Soauch D. Mayer DNotZ 2008, 403,<br />

407; Preuß ZGR 2008, 676, 684;<br />

Uwe H. Schneider GmbHR 2009,<br />

393, 394.<br />

8 Reichert/Weller §16Rn19; Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn45.<br />

532 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

den Gerichtsvollzieher im Wege der Zwangsvollstreckung gilt hingegen –<br />

wie bereits nach bisherigem Recht 1 –§16 Abs. 1(vgl oben Rn 4, 7).<br />

2. Eintragung in die Gesellschafterliste statt Anmeldung<br />

a) Anknüpfungspunkt für die Rechtswirkungen des §16Abs. 1war nach bisherigem<br />

Recht eine Anmeldung des Erwerbs des Geschäftsanteils bei der<br />

GmbH 2 .Anmeldung und Nachweis des Erwerbs iSv §16Abs. 1aFwerden<br />

heute durch Mitteilung und Nachweis der Veränderung iSv §40Abs. 1Satz 2<br />

ersetzt. Allein die mitgeteilte und nachgewiesene Änderung ist für die<br />

Rechtswirkungen des §16Abs. 1nFjedoch nicht ausreichend; erforderlich<br />

ist heute vielmehr die Eintragung der Veränderung in die im Handelsregister<br />

aufgenommene Gesellschafterliste.<br />

Von der Legitimationswirkung des §16Abs. 1wird zweifelsfrei auch die bei<br />

der Anmeldung der GmbH eingereichte Gründungsgesellschafterliste (da<strong>zu</strong><br />

§8 Rn 4) erfasst. Da im Falle der vereinfachten Gründung das Musterprotokoll<br />

die (erste) Gesellschafterliste ersetzt (vgl bei §2Rn 35, 53), muss dieses<br />

in den Registerordner auch als Gesellschafterliste aufgenommen werden.<br />

b) Vorausset<strong>zu</strong>ngen: Vorausset<strong>zu</strong>ng für den Eintritt der Wirkung des §16<br />

Abs. 1ist allerdings –ebenso wie bei §67Abs. 2AktG 3 –, dass die Änderung<br />

der Gesellschafterliste und die Einreichung beim Handelsregister vom <strong>zu</strong>ständigen<br />

Geschäftsführer auf Grund einer <strong>zu</strong>rechenbaren und nachgewiesenen<br />

Mitteilung eines hier<strong>zu</strong> Befugten oder vom <strong>zu</strong>ständigen Notar von Amts<br />

wegen erfolgte (ausführlich unten §40Rn16ff, 23ff) 4 ;das Fehlen der Notarbescheinigung<br />

(§ 40 Abs. 2Satz 2, da<strong>zu</strong> §40Rn34) ist hingegen bedeutungslos<br />

5 .<br />

Die Rechtswirkungen des §16Abs. 1 (da<strong>zu</strong> ausführlich unten Rn 19 ff) treten<br />

somit trotz Eintragung in die Gesellschafterliste nicht ein, wenn entgegen<br />

der Mitteilung eine falsche Person als Gesellschafter eingetragen wurde oder<br />

die Mitteilung durch einen unbefugten <strong>Dr</strong>itten oder auf Grund von vis absoluta<br />

oder durch einen Vertreter des Befugten ohne Vertretungsmacht (insbesondere<br />

auch bei gefälschter Vollmacht) erfolgte (weil dann keine Zurechenbarkeit<br />

der Mitteilung) 6 ; Gleiches gilt bei Mitteilung durch einen<br />

Geschäftsunfähigen oder einen nur beschränkt Geschäftsfähigen 7 . Keine<br />

11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

1 Reichert/Weller §16Rn19; Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn45; Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn54.<br />

2Ausführlich (auch <strong>zu</strong> allen Streitfragen)<br />

16. Aufl Rn 8ff.<br />

3MünchKomm/Bayer §67AktG Rn 68 f,<br />

74, 76 mwN.<br />

4Wie hier auch Wicke §16Rn9;Tebben<br />

RNotZ 2008, 441, 454; großzügiger im<br />

Hinblick auf Zuständigkeitsmängel<br />

Reymann BB 2009, 506, 508.<br />

5Soauch Kort GmbHR 2009, 169, 172;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 415.<br />

6Soausdrücklich und <strong>zu</strong>treffend auch<br />

Reymann BB 2009, 506, 507 f.<br />

7Soauch Reymann BB 2009, 506, 507.<br />

Bayer | 533


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

15<br />

16<br />

17<br />

Wirkung haben sowohl die gefälschte Mitteilung als auch die gefälschte Liste<br />

1 .Auch eine Listenerstellung durch einen generell un<strong>zu</strong>ständigen ausländischen<br />

Notar ist wirkungslos. Keine Wirkung hat ebenfalls die mit Kenntnis<br />

aller Beteiligten nur <strong>zu</strong>m Schein abgegebene Mitteilung 2 ,sowie die Mitteilung<br />

eines Rechtsübergangs, dessen materiell-rechtliche Unwirksamkeit<br />

dem Geschäftsführer der GmbH bzw dem Notar bekannt ist (unten Rn 26).<br />

Zur Problematik der Beweislast: Reymann BB 2009, 506, 509.<br />

c) Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Mitteilung: Sonstige Nichtigkeits- und<br />

Anfechtungsgründe der Mitteilung (da<strong>zu</strong> §40Rn19ff) berühren dagegen die<br />

Eintragung der Veränderung in der Gesellschafterliste nicht, sondern können<br />

nur ex nunc geltend gemacht werden und führen dann bei Nachweis des<br />

Mangels <strong>zu</strong> einer erneuten Änderung der Gesellschafterliste 3 (vgl §40Rn22).<br />

Zur Nichtigkeit bzw Anfechtbarkeit von Kausalgeschäft bzw Abtretung: unten<br />

Rn 25f.<br />

Eine solche im Verfahren gemäß §40erfolgte Beseitigung der Mitteilung (bislang:<br />

Anfechtung bzw Widerruf der Anmeldung bzw Abmeldung 4 )lässt die<br />

Rechtswirkungen des §16Abs. 1 für die Vergangenheit unberührt; insbesondere<br />

wurden auch alle Leistungen zwischen der GmbH und dem eingetragenen<br />

Gesellschafter mit Rechtsgrund getätigt 5 .InÜbereinstimmung mit dem<br />

Aktienrecht 6 und der bislang hM auch im GmbH-Recht hat die Beseitigung<br />

der Mitteilung jedoch die Wirkung, dass sie für die Zukunft als nie erfolgt<br />

gilt; der <strong>zu</strong> Unrecht Eingetragene ist im Falle einer künftigen Kaduzierung<br />

insbesondere nicht Rechtsvorgänger und haftet daher nicht nach §22 7<br />

(s. auch unten Rn 48). Zur Haftung für rückständige Leistungen: unten Rn 41ff.<br />

d) Rücknahme der Mitteilung: Die Mitteilung kann bis <strong>zu</strong>r Änderung der Gesellschafterliste<br />

noch <strong>zu</strong>rückgenommen werden 8 .Wird die Mitteilung gegenüber<br />

der GmbH angefochten oder ein Nichtigkeitsgrund geltend gemacht, so<br />

1 Reymann BB 2009, 506, 507.<br />

2Soganz hM <strong>zu</strong> §67Abs. 2AktG:<br />

MünchKomm/Bayer §67AktG Rn 69,<br />

74 mwN; zweifelnd allerdings Hüffer<br />

§67AktG Rn 15; abweichend für §16<br />

Abs. 1indes Kort GmbHR 2009, 169,<br />

170.<br />

3Für §67Abs. 2AktG: KK/Lutter §67<br />

AktG Rn 28; MünchKomm/Bayer §67<br />

AktG Rn 75; aA noch RG 86, 154, 159;<br />

RG 123, 279, 285.<br />

4Ausführlich <strong>zu</strong>r unterschiedlichen<br />

Terminologie: Ulmer/M. Winter/<br />

Löbbe §16Rn52mwN.<br />

516. Aufl Rn 19; vgl weiter Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn26; R/A/<br />

Altmeppen §16Rn28; Reichert/Weller<br />

§16Rn95; Ulmer/M. Winter/Löbbe<br />

§16Rn55mwN.<br />

6Ausführlich MünchKomm/Bayer §67<br />

AktG Rn 118 mwN.<br />

716. Aufl Rn 19; Ulmer/M. Winter/<br />

Löbbe §16Rn55; R/A/Altmeppen §16<br />

Rn 28; Reichert/Weller §16Rn97.<br />

8Vgl <strong>zu</strong> §67Abs. 2AktG: KK/Lutter §67<br />

AktG Rn 58; MünchKomm/Bayer §67<br />

AktG Rn 76; aA <strong>zu</strong> §16GmbHG nF:<br />

Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn299.<br />

534 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

ist dies als Rücknahme der Mitteilung <strong>zu</strong> qualifizieren und ein noch nicht<br />

abgeschlossenes Eintragungsverfahren ist <strong>zu</strong> stoppen 1 .<br />

e) Folgen des Konzeptionswechsels: Der Konzeptionswechsel hat Auswirkungen<br />

auf die Pflichtenstellung des Geschäftsführers (§ 40 Abs. 1) bzw (§ 40<br />

Abs. 2) des Notars (da<strong>zu</strong> unten §40Rn16ff, 23 ff), <strong>zu</strong>m anderen wird im Falle<br />

der Anteilsveräußerung auch die Parteiautonomie zwischen Veräußerer und<br />

Erwerber eingeschränkt, da im Unterschied <strong>zu</strong>m bisherigen Recht 2 die Änderung<br />

der Gesellschafterliste nicht mehr <strong>zu</strong>r Disposition der Beteiligten steht<br />

(vgl ausführlich unten §40Rn18, 23).<br />

3. Rechtswirkungen der Eintragung<br />

a) Legitimationswirkung: Allein durch die Eintragung in die beim Handelsregister<br />

aufgenommene Gesellschafterliste werden mitgliedschaftliche<br />

Rechte gegenüber der GmbH begründet. Nur der Eingetragene ist gegenüber<br />

der GmbH legitimiert als Inhaber des (jeweiligen) Geschäftsanteils (oder eines<br />

Teils davon); umgekehrt ist der Eingetragene aber auch Träger aller mitgliedschaftlichen<br />

Pflichten gegenüber der GmbH (ausführlich unten Rn 28).<br />

Die Legitimationswirkung gilt daher <strong>zu</strong>gunsten wie <strong>zu</strong> Lasten des Eingetragenen,<br />

und zwar unabhängig von der materiellrechtlichen Situation (unten<br />

Rn 22). Aus diesem Grund haben sowohl der „wirkliche Gesellschafter“ als<br />

auch der materiell <strong>zu</strong> Unrecht in die Gesellschafterliste Eingetragene einen<br />

Anspruch gegen die GmbH auf Korrektur einer unrichtigen Gesellschafterliste<br />

im Rahmen des §40Abs. 1 3 (vgl auch §40Rn18).<br />

Modifiziert werden durch §16Abs. 1die §§ 404 ff, 413 BGB, und zwar sowohl<br />

<strong>zu</strong>m Schutz der GmbH als auch <strong>zu</strong>m Schutz des Eingetragenen 4 .Insbesondere<br />

gilt nicht §407 BGB, so dass etwa die Kenntnis der GmbH von einer<br />

zwischenzeitlich eingetretenen Veränderung die Wirkungen des §16Abs. 1<br />

nicht berührt,sondern lediglich im Rahmen des §40Abs. 1die Verpflichtung<br />

<strong>zu</strong>r Änderung der Gesellschafterliste und Einreichung beim Handelsregister<br />

begründet (vgl §40Rn22). Ebenso unbeachtlich ist grundsätzlich die nachträgliche<br />

Kenntnis der GmbH von einer materiellrechtlich unwirksamen Anteilsabtretung<br />

(da<strong>zu</strong> auch unten Rn 26), die <strong>zu</strong> einer (fehlerfreien) Änderung<br />

der Gesellschafterliste geführt hat; dieser Mangel kann nur im Verfahren gemäß<br />

§40Abs. 1korrigiert werden (§ 40 Rn 22); vgl aber <strong>zu</strong> Einschränkungen<br />

bei der Geltendmachung von Ansprüchen unten Rn 26, 46ff. Die Rechtswir-<br />

18<br />

19<br />

20<br />

1Soauch KK/Lutter §67AktG Rn 58;<br />

MünchKomm/Bayer §67AktG Rn 76.<br />

2Da<strong>zu</strong> 16. Aufl Rn 2mwN.<br />

3BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 86.<br />

4So<strong>zu</strong>m bisherigen Recht: BGH 84, 47,<br />

49; BGH 112, 103, 113; OLG Düsseldorf<br />

DB 1996, 568; OLG <strong>Dr</strong>esden GmbHR<br />

1999, 709, 710; Reichert/Weller §16<br />

Rn 1; ausführlich Weiler ZIP 2006,<br />

1754, 1757.<br />

Bayer | 535


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

21<br />

22<br />

23<br />

kungen des §16Abs. 1 gelten indes nicht, sofern die Gesellschafterliste fehlerhaft<br />

erstellt wurde (Einzelheiten oben Rn 13 f). Zum Verhältnis gegenüber<br />

<strong>Dr</strong>itten: unten Rn 23.<br />

b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rechtswirkungen des §16Abs. 1ist die<br />

Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister, dhin<br />

den für das entsprechende Registerblatt bestimmten Registerordner, vgl §9<br />

Abs. 1HRV (vgl auch §40Rn14). Zur Sonderregelung des §16Abs. 1Satz 2:<br />

unten Rn 36 ff.<br />

c) Materielle Rechtslage: Für die materielle Rechtslage ist die Eintragung in<br />

die Gesellschafterliste ohne jede Bedeutung 1 ;das Rechtsverhältnis zwischen<br />

einem entgegen der materiellen Rechtslage Eingetragenen und dem wirklichen<br />

Inhaber des Geschäftsanteils wird durch die Eintragung nicht berührt.<br />

Die Eintragung ist insbesondere kein Wirksamkeitserfordernis für das Einrücken<br />

in die Gesellschafterstellung, heilt aber auch keine materiellrechtlichen<br />

Mängel 2 .Soweit die Eintragung <strong>zu</strong>rechenbar erfolgte (oben Rn 13f),<br />

spielen weder Mängel des Kausalgeschäfts noch Mängel des Rechtsübergangs<br />

irgendeine Rolle; gegenüber der GmbH gilt allein der Eingetragene als Inhaber<br />

des Geschäftsanteils (oben Rn 19). Zum Rechtsverhältnis zwischen dem<br />

materiell Berechtigten und dem eingetragenen Gesellschafter ausführlich<br />

Lass ZGR 1997, 401, 416ff.<br />

d) Wirkung gegenüber <strong>Dr</strong>itten: <strong>Dr</strong>itten gegenüber ist –wie nach bisherigem<br />

Recht 3 – allein der materiell Berechtigte Inhaber des Geschäftsanteils; nur er<br />

kann ihn wirksam abtreten oder verpfänden, nur seine Gläubiger können ihn<br />

pfänden; er gehört allein <strong>zu</strong> seiner Insolvenzmasse. Bei Pfändung durch einen<br />

Gläubiger des Eingetragenen steht dem materiell Berechtigten daher die<br />

<strong>Dr</strong>ittwiderspruchsklage <strong>zu</strong>; umgekehrt kann der Eingetragene dieses Recht<br />

nicht gegenüber der Pfändung durch einen Gläubiger des materiell Berechtigten<br />

geltend machen 4 .Allerdings kann nach neuem Recht die un<strong>zu</strong>treffende<br />

Eintragung eines Nichtberechtigten <strong>zu</strong>m gutgläubigen Erwerb führen (da<strong>zu</strong><br />

unten Rn 49ff). Auch können <strong>Dr</strong>itte –die etwa auf die Wirksamkeit eines unter<br />

Teilnahme des Eingetragenen <strong>zu</strong>stande gekommenen Gesellschafterbeschlusses<br />

vertrauen –durch die Legitimationswirkung des §16Abs. 1 reflexartig<br />

geschützt werden 5 .<br />

1 Kort GmbHR 2009, 169, 173; D. Mayer<br />

DNotZ 2008, 403, 404; Wälzholz<br />

MittBayNot 2008, 425, 434.<br />

2Soauch Hasselmann NZG 2009, 409,<br />

410; Kort GmbHR 2009, 169, 173 mwN;<br />

<strong>zu</strong>m bisherigen Recht R/A/Altmeppen<br />

§16Rn14; Scholz/H. Winter/Seibt<br />

§16Rn22.<br />

3 B/H/Hueck/Fastrich §16Rn9;Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn13.<br />

4 Reichert/Weller §16Rn25; Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn65.<br />

5Zum bisherigen Recht Reichert/Weller<br />

§16Rn23; Scholz/H. Winter/Seibt<br />

§16Rn3.<br />

536 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

Ist allerdings die mitgliedschaftliche Legitimation Vorausset<strong>zu</strong>ng für Verfahrenshandlungen<br />

betreffend die GmbH (zB Anträge gegenüber dem Registergericht)<br />

1 ,sogilt §16Abs. 1auch insoweit. Ebenso gilt §16Abs. 1imFalle der<br />

Verschmel<strong>zu</strong>ng auch gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger; wer daher<br />

im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmel<strong>zu</strong>ng nicht in der Gesellschafterliste<br />

der übertragenden GmbH aufgeführt ist, ist nicht <strong>zu</strong>r Einleitung<br />

eines Spruchverfahrens (§ 1 SpruchG) berechtigt 2 . Soweit aus der<br />

Gesellschafterstellung auch mitgliedschaftliche Rechte oder Pflichten gegenüber<br />

Mitgesellschaftern resultieren, gilt §16Abs. 1auch in diesem Verhältnis<br />

der Gesellschafter untereinander 3 .<br />

e) Materielle Unwirksamkeit des Kausalgeschäfts: Sie berührt den Rechtsübergang<br />

und damit auch die nach Mitteilung erfolgte Änderung der Gesellschafterliste<br />

nicht und lässt somit die Legitimationswirkung des §16Abs. 1<br />

generell unberührt 4 .<br />

Dies gilt grundsätzlich auch im Falle der materiellen Unwirksamkeit der<br />

Rechtsübertragung (weil nichtig oder wirksam angefochten); nach bisheriger<br />

Rechtslage berechtigte dieser Mangel aber <strong>zu</strong>m Widerruf der Anmeldung 5 .<br />

Ausnahmsweise konnte der Mangel der Anteilsübertragung dann <strong>zu</strong>r Unwirksamkeit<br />

der Anmeldung führen, wenn der Mangel der Geschäftsführung<br />

der GmbH im Zeitpunkt der Anmeldung bekannt war 6 .Diese Grundsätze<br />

sind auch für das neue Recht maßgeblich: Hat daher der Geschäftsführer der<br />

GmbH von der Unwirksamkeit des Erwerbs Kenntnis, dann darf er trotz erfolgter<br />

Mitteilung die Gesellschafterliste nicht ändern; Gleiches gilt für den<br />

Notar (vgl §40 Rn19f, 28). Die trotz Kenntnis der Unwirksamkeit des<br />

Rechtsübergangs geänderte Gesellschafterliste entfaltet nach §16 Abs. 1<br />

keine Wirkung (oben Rn 14; anders <strong>zu</strong> §16Abs. 3: unten Rn 54f). Im Übrigen<br />

berechtigen Mängel des Rechtsübergangs allein <strong>zu</strong>r Korrektur der Gesellschafterliste<br />

im Verfahren gemäß §40(vgl §40Rn22); die Legitimationswir-<br />

24<br />

25<br />

26<br />

1Da<strong>zu</strong> Preuß ZGR 2008, 676, 682;<br />

Schnorbus ZGR 2004, 126, 133; Stein<br />

FS Ulmer, 2003, S. 642, 644; vgl auch<br />

OLG Hamm ZIP 2001, 1918, 1920.<br />

2Sofür die AG OLG Hamburg AG 2003,<br />

694; OLG Frankfurt/M ZIP 2006, 1137,<br />

1139 –Celanese; MünchKomm/Bayer<br />

§67AktG Rn 37 mwN; ausführlich<br />

Lieder NZG 2005, 159 ff.<br />

3Soauch <strong>zu</strong>m bisherigen Recht: Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn38; Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn37; Schnorbus<br />

ZGR 2004, 126, 130.<br />

4Zu§16 Abs. 1aFunstreitig: 16. Aufl<br />

Rn 11; vgl weiter Ulmer/M. Winter/<br />

Löbbe §16Rn48; Reichert/Weller §16<br />

Rn 49 mwN.<br />

516. Aufl Rn 19; vgl weiter OLG <strong>Dr</strong>esden<br />

GmbHR 1999, 709, 711; R/A/Altmeppen<br />

§16Rn17; B/H/Hueck/Fastrich<br />

§16Rn4;Ulmer/M. Winter/Löbbe<br />

§16Rn49ff; ausdrücklich offen allerdings<br />

BGH DB 2008, 2587, 2588.<br />

616. Aufl Rn 11; vgl weiter BGH NJW<br />

1995, 128, 129; OLG Hamburg GmbHR<br />

1998, 591; R/S-L/Pentz §16Rn44;<br />

R/A/Altmeppen §16Rn16; Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn50.<br />

Bayer | 537


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

27<br />

28<br />

29<br />

kung entfällt dann ebenso wie im Falle der Beseitigung einer fehlerhaften<br />

Mitteilung ex nunc (da<strong>zu</strong> ausführlich oben Rn 16) 1 .S.aber <strong>zu</strong>r (eingeschränkten)<br />

Haftung für rückständige Leistungen unten Rn 41ff.<br />

f) Dogmatische Erfassung: Die dogmatische Erfassung der gesetzlichen Regelung<br />

ist zweifelhaft und streitig. In Anlehnung an den Gesetzeswortlaut<br />

(„gilt“) wird von der Rspr und einem Teil des Schrifttums eine Fiktion angenommen<br />

2 ,doch dürfte die Qualifikation als unwiderlegbare Vermutung<br />

<strong>zu</strong>treffender sein 3 ,dadie Eintragung im Regelfall die materielle Rechtslage<br />

korrekt wiedergibt und somit gerade nicht ein nicht vorliegender Tatbestand<br />

fingiert wird 4 .<br />

g) Rechte und Pflichten des Eingetragenen: Erfasst werden von der Legitimationswirkung<br />

des §16Abs. 1Satz 1–wie bislang auch –alle mitgliedschaftlichen<br />

Rechte und Pflichten 5 .Soist nunmehr allein der Eingetragene <strong>zu</strong>r Geltendmachung<br />

sämtlicher Verwaltungs- und Vermögensrechte befugt 6 ; die<br />

GmbH darf nur ihn als Gesellschafter behandeln und nur an ihn leisten. Umgekehrt<br />

kann nur noch der eingetragene Erwerber für alle ab dem Zeitpunkt des<br />

Eintritts der Legitimationswirkung des §16Abs. 1 fällig werdenden Leistungen<br />

haftbar gemacht werden 7 .Bei Teilerwerb eines Geschäftsanteils haftet der<br />

Erwerber pro rata 8 .Ohne Bedeutung ist, wenn der Geschäftsanteil nur <strong>zu</strong>r Sicherung<br />

oder <strong>zu</strong>r Treuhand erworben wurde 9 .Zur Wirksamkeit von Strukturmaßnahmendurch<br />

einen „Scheingesellschafter“: Schnorbus ZGR 2004, 126ff.<br />

Der Veräußerer haftet ab diesem Zeitpunkt für alle noch nicht fälligen Verbindlichkeiten<br />

nur noch als Rechtsvorgänger nach Maßgabe des §22 10 (da<strong>zu</strong><br />

§22Rn2ff), im Übrigen aber nicht mehr 11 .Dies gilt auch für ein Wett-<br />

1Zum bisherigen Recht auch BGH DB<br />

2008, 2587, 2588.<br />

2BGH 84, 47, 49; BGH 112, 103, 113;<br />

BGH ZIP 1991, 724; jüngst auch BGH<br />

DB 2008, 2587, 2588; ebenso Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn2.<br />

3Wie hier B/H/Hueck/Fastrich §16<br />

Rn 1; R/S-L/Pentz §16Rn2;Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn7;Reichert/<br />

Weller §16Rn27.<br />

4Soauch die hM im Aktienrecht;vgl nur<br />

MünchKomm/Bayer §67AktG Rn 39<br />

mwN.<br />

5OLG Hamm GmbHR 1985, 22, 23;<br />

Reichert/Weller §16Rn87; Stein FS<br />

Ulmer, 2003, S. 643, 645; Hasselmann<br />

NZG 2009, 409, 410; Schnorbus ZGR<br />

2004, 126, 133 mwN.<br />

6 Zur Beschlussanfechtung: BGH<br />

GmbHR 1969, 11; OLG Düsseldorf<br />

GmbHR 1996, 443, 445; B/H/Hueck/<br />

Fastrich §16Rn10.<br />

7 Reichert/Weller §16Rn89; ausführlich<br />

Böken GmbHR 2005, 1166ff.<br />

8 R/S-L/Pentz §16Rn27; Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §17Rn41.<br />

9 RG138, 106, 108; Scholz/H. Winter/<br />

Seibt §16Rn37; aA noch RG 131,<br />

146.<br />

10 Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn43;<br />

Reichert/Weller §16Rn86; R/A/<br />

Altmeppen §16Rn23.<br />

11 BGH 132, 133, 137; Reichert/Weller<br />

§16Rn76; Scholz/H. Winter/Seibt<br />

§16Rn43; Ulmer/M. Winter/Löbbe<br />

§16Rn40.<br />

538 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

bewerbsverbot 1 .Daher haftet der Veräußerer auch nicht für un<strong>zu</strong>lässige Kapitalentnahmen<br />

durch den Erwerber 2 .InBetracht kommt eine Haftung des<br />

Veräußerers indes für höchstpersönliche Verpflichtungen, die der Erwerber<br />

nicht erbringen kann 3 .Die Befreiung des Veräußerers kann von der GmbH<br />

nicht verhindert werden 4 . Im Innenverhältnis kann zwischen Veräußerer<br />

und Erwerber etwas Abweichendes vereinbart sein 5 .<br />

Zur Haftung von Veräußerer und Erwerber gemäß §16Abs. 2für rückständige<br />

Leistungen ausführlich unten Rn 41 ff.<br />

Vor dem Rechtsübergang abgetrennte Rechte (sog Gläubigerrechte; da<strong>zu</strong> auch<br />

§14Rn13; §15Rn7)gehen nicht auf den Nachfolger über 6 .Nicht erfasst<br />

werden auch vom Veräußerer gegenüber der GmbH geltend gemachte Ansprüche,<br />

die noch nicht erfüllt wurden 7 .<br />

h) Rechtshandlungen des Rechtsvorgängers: Rechtshandlungen des (wirksam)<br />

eingetragenen Rechtsvorgängers muss der noch nicht eingetragene<br />

Rechtsnachfolger generell gegen sich gelten lassen. Dies war so in §16Abs. 2<br />

aF ausdrücklich geregelt, versteht sich jedoch nach der Konzeption des §16<br />

Abs. 1 von selbst, da es auf die materiellrechtliche Situation nicht ankommt<br />

8 .Dies gilt etwa hinsichtlich der Auszahlung von Dividenden 9 ,insbesondere<br />

aber auch im Hinblick auf die Ausübung des Stimmrechts durch<br />

den Eingetragenen 10 ,und zwar auch bei einer Zustimmung nach §53Abs. 3<br />

<strong>zu</strong> einer demnächst erfolgenden Sat<strong>zu</strong>ngsänderung (da<strong>zu</strong> §53Rn19ff), von<br />

der der Erwerber noch keine Kenntnis hat 11 .Auch ein Ausschluss aus wichtigem<br />

Grund (da<strong>zu</strong> ausführlich §34 Rn52ff) oder die Einziehung des Geschäftsanteils<br />

(da<strong>zu</strong> ausführlich §34Rn2ff) wurden nach bisherigem Recht<br />

für möglich gehalten 12 .<br />

Im Unterschied <strong>zu</strong>m bisherigen Recht können die Beteiligten nach neuem<br />

Recht die Rechtslage nach erfolgter materieller Rechtsänderung jedoch nicht<br />

30<br />

31<br />

32<br />

33<br />

1 Reichert/Weller §16Rn76;<br />

R/S-L/Pentz §16Rn26.<br />

2BGH NJW 2006, 906, 908<br />

(Ausplünderung Vorrats-GmbH).<br />

3RG84, 75, 76; Reichert/Weller §16<br />

Rn 76; R/S-L/Pentz §16Rn27.<br />

4 Reichert/Weller §16Rn77; Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn41.<br />

5 Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn37;<br />

Ulmer/M. Winter/Löbbe §16<br />

Rn 46.<br />

6Zu§16 Abs. 1aF: Reichert/Weller<br />

§16Rn88;<br />

7Zu§16 Abs. 1aF: Ulmer/M. Winter/<br />

Löbbe §16Rn29; Scholz/H. Winter/<br />

Seibt §16Rn33.<br />

8 Zutreffend BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks<br />

354/07, S. 84 f.<br />

9 OLG Düsseldorf DB 1996, 568, 569;<br />

Reichert/Weller §16Rn66; Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn24.<br />

10 BGH 15, 324, 331; B/H/Hueck/<br />

Fastrich §16Rn9;Ulmer/M. Winter/<br />

Löbbe §16Rn24.<br />

11 Vgl bereits Noack GmbHR 1994, 349,<br />

351; Reichert/Weller §16Rn68.<br />

12 OLG Hamm GmbHR 1993, 660, 661;<br />

Ulmer/M. Winter/Löbbe §16Rn24.<br />

Bayer | 539


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

34<br />

35<br />

mehr frei gestalten. Insbesondere im Falle der Abtretung eines Geschäftsanteils<br />

ist der Notar <strong>zu</strong>r unverzüglichen Listenänderung verpflichtet (vgl §40<br />

Rn 24). Bewusst gestaltete Abweichungen zwischen der materiellen Rechtslage<br />

und der Gesellschafterliste soll es nach der Konzeption des MoMiG<br />

nicht mehr geben. Darauf muss auch bei der Rechtsanwendung Rücksicht genommen<br />

werden. Daher darf die GmbH, wenn ihr eine eingetretene Rechtsänderung<br />

mitgeteilt und nachgewiesen wurde, im Hinblick auf die Pflicht<br />

<strong>zu</strong>r unverzüglichen Änderung der Gesellschafterliste keine vollendeten Fakten<br />

schaffen. Wird dies nicht beachtet, so können Beschlussfassungen, die im<br />

Zeitraum zwischen Rechtsänderung und Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste<br />

<strong>zu</strong>m Nachteil des noch nicht eingetragenen Gesellschafters vorgenommen<br />

werden, anfechtbar oder nichtig sein; auch kommen Schadensersatzansprüche<br />

in Betracht.<br />

i) Speziell: Erbrechtlicher Erwerb: Beim Tod eines Gesellschafters gilt: Die<br />

Erben erwerben erst dann die Gesellschafterrechte, wenn sie im Verfahren<br />

gemäß §40indie Gesellschafterliste eingetragen wurden 1 .Der MoMiG-Gesetzgeber<br />

ist hier –<strong>zu</strong>Recht 2 –nicht der hM <strong>zu</strong> §67Abs. 2AktG gefolgt, wonach<br />

auch ohne Eintragung in das Aktienregister die Erben in die Aktionärsstellung<br />

einrücken 3 . Für Verbindlichkeiten des Erblassers gegenüber der<br />

GmbH haften sie jedoch auch ohne Eintragung gemäß §§ 1922, 1967 BGB, allerdings<br />

mit der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung gemäß §§ 1975 ff<br />

BGB; eine solche Haftungsbeschränkung kommt nach erfolgter Eintragung<br />

in die Gesellschafterliste –anders als im Aktienrecht 4 wegen §16Abs. 2jedoch<br />

nur noch sehr eingeschränkt in Betracht: Denn nunmehr haftet der<br />

Erbe als Gesellschafter stets unbeschränkt für die rückständigen Leistungen<br />

(da<strong>zu</strong> noch unten Rn 41ff).<br />

Der Wegfall der Erbenstellung führt <strong>zu</strong>r erneuten Veränderung der Gesellschafterliste,<br />

lässt jedoch bei Eintritt des Nacherbfalls die Rechtsstellung des<br />

Vorerben (§§ 2106, 2139 BGB) für die Zeit seiner Legitimation unberührt;<br />

Gleiches gilt im Falle der Ausschlagung (§ 1945 BGB) für den eingetragenen<br />

vorläufigen Erben. Die Rückwirkung des §1953 Abs. 1BGB betrifft nur das<br />

Verhältnis <strong>zu</strong>m wirklichen Erben, nicht das Verhältnis <strong>zu</strong>r GmbH; dh<br />

Rechtsausübungen des Legitimierten bleiben wirksam, erhaltene Gewinne<br />

wurden mit Rechtsgrund geleistet, sind jedoch an den wirklichen Erben gemäß<br />

§§ 1959 Abs. 1, 667, 681 BGB heraus<strong>zu</strong>geben. Für eine zwischenzeitlich<br />

begründete Haftung gelten die allgemeinen Grundsätze. Auch die Rechts-<br />

1Ebenso Wicke §16Rn6.<br />

2Sobereits ausführlich MünchKomm/<br />

Bayer §67AktG Rn 61 ff; ebenso<br />

Spindler/Stilz/Cahn §67AktG Rn 38.<br />

3SoKK/Lutter §67AktG Rn34; OLG<br />

Brandenburg NZG 2002, 476, 478;<br />

ThürOLG AG 2004, 268, 270.<br />

4Zum Streitstand MünchKomm/Bayer<br />

§67AktG Rn 65 mwN.<br />

540 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

handlungen des (<strong>zu</strong>rechenbar) eingetragenen Scheinerben sind wirksam; im<br />

Verhältnis <strong>zu</strong>m Erben gelten §§ 2018 ff BGB 1 .<br />

4. Rückbeziehung der Legitimationswirkung (§ 16 Abs. 1Satz 2)<br />

a) Inhalt und Zweck der Regelung: Da ein praktisches Bedürfnis dafür besteht,<br />

dass der Erwerber eines Geschäftsanteils auch bereits vor Aufnahme der geänderten<br />

Gesellschafterliste in das Handelsregister Rechtshandlungen in Be<strong>zu</strong>g<br />

auf das Gesellschaftsverhältnis vornehmen kann 2 –die BegrRegE nennt<br />

beispielhaft einen Beschluss <strong>zu</strong>r Sat<strong>zu</strong>ngsänderung oder die Abberufung und<br />

Neubestellung von Geschäftsführern 3 –, bestimmt §16Abs. 1Satz 2imWege<br />

der Fiktion, dass die im Übrigen wirksame (!), aber allein auf Grund der<br />

Rechtswirkungen des §16Abs. 1Satz 1noch nicht wirksame, sondern <strong>zu</strong>nächst<br />

schwebend unwirksame Maßnahme 4 des Erwerbers ex tunc als wirksam<br />

gilt 5 ,wenn die geänderte Gesellschafterliste unverzüglich nach der Vornahme<br />

der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.<br />

Erfolgt hingegen keine unverzügliche Aufnahme, so wird die Rechtshandlung<br />

endgültig unwirksam 6 .<br />

b) Unverzügliche Aufnahme bedeutet nach dem Wortlaut der Vorschrift <strong>zu</strong>nächst,<br />

dass die geänderte Gesellschafterliste unverzüglich –dhohne schuldhaftes<br />

Zögern (§ 121 Abs. 1Satz 1BGB) –indas Handelsregister aufgenommen<br />

wird; eine schuldhafte Verzögerung durch den Registerrichter wäre<br />

somit schädlich 7 .Obdieses Ergebnis dem Zweck der Regelung und der Vorstellung<br />

des Gesetzgebers entspricht, ist jedoch fraglich; der Rechtsgedanke<br />

des §167 ZPO spricht dagegen 8 .Dader Registerrichter die eingereichte Gesellschafterliste<br />

auch nicht inhaltlich <strong>zu</strong> prüfen hat (vgl §40Rn15), dürften<br />

sich normalerweise hier auch gar keine Verzögerungen ergeben. Entscheidend<br />

ist vielmehr, ob die Änderung der Gesellschafterliste und ihre Weiterleitung<br />

an das Handelsregister unverzüglich erfolgen, was bedeutet, dass ein<br />

schuldhaftes Zögern des <strong>zu</strong>ständigen Geschäftsführers bzw Notars <strong>zu</strong>r endgültigen<br />

Unwirksamkeit der Rechtshandlung führt. Im Schrifttum diskutierte<br />

Fristen von 1–2 Monaten sind wesentlich <strong>zu</strong> lang.<br />

36<br />

37<br />

1Wie hier Wicke §16Rn7;teilweise<br />

abweichend die Rechtslage bei der AG,<br />

vgl nur MünchKomm/Bayer §67AktG<br />

Rn 66 mwN.<br />

2BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 85.<br />

3BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 85; vgl<br />

auch D. Mayer DNotZ 2008, 403, 405<br />

mwN.<br />

4BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 85;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 405.<br />

5 Kort GmbHR 2009, 169, 174.<br />

6BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 85;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 405; Heidinger<br />

in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn390; Hasselmann NZG<br />

2009, 409, 411.<br />

7Soinder Tat Gasteyer/Goldschmidt<br />

ZIP 2008, 1906, 1909.<br />

8Erwogen von Gasteyer/Goldschmidt<br />

ZIP 2008, 1906, 1909; vgl auch Hasselmann<br />

NZG 2009, 409, 411.<br />

Bayer | 541


38<br />

39<br />

40<br />

§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

Wird die Anteilsabtretung unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen,<br />

dann kann die Gesellschafterliste erst nach Bedingungseintritt geändert<br />

und an das Handelsregister weitergeleitet werden. Hat der Erwerber bereits<br />

vor Bedingungseintritt eine Rechtshandlung vorgenommen, dann ist die Aufnahme<br />

der geänderten Gesellschafterliste generell nicht unverzüglich iSv<br />

§16Abs. 1Satz 2, da vor einer Änderung der Gesellschafterliste stets <strong>zu</strong>nächst<br />

der Bedingungseintritt abgewartet werden muss. Die Rückbeziehung<br />

der Legitimationswirkung kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die Einreichung<br />

der geänderten Gesellschafterliste unverzüglich nach Vornahme der<br />

Rechtshandlung und ohne das Eintreten weiterer Umstände erfolgen kann 1 .<br />

c) Schwebend unwirksam bestellter Geschäftsführer: Problematisch sind<br />

Rechtshandlungen eines Geschäftsführers, der <strong>zu</strong>nächst schwebend unwirksam<br />

durch den Erwerber bestellt wurde. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers<br />

(oben Rn 36) soll der neu bestellte Geschäftsführer offensichtlich<br />

handlungsfähig sein 2 .Dieses Ergebnis lässt sich nur dadurch erreichen, dass<br />

mit der rückwirkenden Wirksamkeit der Rechtshandlung des Erwerbers<br />

auch alle Handlungen des Geschäftsführers rückwirkend wirksam werden. 3<br />

Dennoch schwebt über allen Handlungen des Geschäftsführers das Damoklesschwert<br />

der endgültigen Unwirksamkeit 4 .Besonders problematisch sind<br />

einseitige Rechtsgeschäfte des Geschäftsführers; auch ihnen sollte jedoch unter<br />

den Vorausset<strong>zu</strong>ngen des §180 Satz 2BGB iVm §16Abs. 1Satz 2rückwirkende<br />

Wirksamkeit <strong>zu</strong>kommen. Sofern der Geschäftsführer im Handelsregister<br />

eingetragen wird, gilt §15Abs. 3HGB (da<strong>zu</strong> Vor §35Rn9). Die im<br />

Schrifttum diskutierte Frage, ob der (noch schwebend unwirksam bestellte)<br />

Geschäftsführer überhaupt wirksam die Gesellschafterliste ändern und an<br />

das Handelsregister weiterleiten könne 5 ,stellt sich im Fall der Anteilsabtretung<br />

regelmäßig nicht, weil gemäß §40Abs. 2der Notar jedenfalls hierfür<br />

<strong>zu</strong>ständig ist (da<strong>zu</strong> §40Rn24).<br />

d) Die Praxis behilft sich bereits bislang dadurch, dass der noch eingetragene<br />

Veräußerer der Rechtshandlung des Erwerbers <strong>zu</strong>stimmt oder den Erwerber<br />

hier<strong>zu</strong> (auch stillschweigend) bevollmächtigt 6 .Dieser Weg ist auch für die<br />

neue Rechtslage <strong>zu</strong> empfehlen 7 .<br />

1Soauch D. Mayer DNotZ 2008, 403,<br />

405.<br />

2Richtig Gasteyer/Goldschmidt ZIP<br />

2008, 1906, 1907.<br />

3SoimErgebnis auch Gasteyer/Goldschmidt<br />

ZIP 2008, 1906ff.<br />

4Da<strong>zu</strong> ausführlich Barthel GmbHR<br />

2009, 539, 570 ff.<br />

5Bejaht von Wicke §16Rn11.<br />

6S.BGH GmbHR 2008, 702.<br />

7 Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn392; Gottschalk<br />

DZWiR 2009, 45, 48; Wachter ZNotP<br />

2008, 378, 382 mit Formulierungsvorschlag.<br />

Vgl ferner auch Hasselmann<br />

NZG 2009, 409, 411.<br />

542 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

III. Haftung für rückständige Einlagen (§ 16 Abs. 2)<br />

Literatur: Krafczyk/Gerlach Keine Haftung des arglistig getäuschten Anteilskäufers<br />

für rückständige Stammeinlage, GmbHR 2006, 1038; K. Müller Haftung des Erwerbers<br />

von GmbH-Geschäftsanteilen nach Anfechtung der Abtretung, GmbHR<br />

1996, 881; Pentz Anmeldung und Anfechtung des Geschäftsanteilserwerbs, DStR<br />

2006, 855; Weiler Haftung für rückständige Einlagen bei angefochtenem GmbH-<br />

Anteilserwerb, ZIP 2006, 1754.<br />

Im Gegensatz <strong>zu</strong>r Haftung für Leistungen, die im Zeitpunkt der Aufnahme<br />

der geänderten Gesellschafterliste noch nicht fällig waren und die nach §16<br />

Abs. 1 allein den Erwerber des Geschäftsanteils trifft (oben Rn 28), ordnet<br />

§16Abs. 2 für rückständige Einlageverpflichtungen eine Haftung von Veräußerer<br />

und Erwerber an. Diese Haftung ist zwingend 1 .<br />

Nach §16Abs. 3aFhafteten sowohl der Veräußerer als auch der (angemeldete)<br />

Erwerber (auch Sicherungserwerber 2 und Treuhänder 3 )für alle <strong>zu</strong>r Zeit der<br />

Anmeldung auf den Geschäftsanteil rückständigen Leistungen, wobei zwischen<br />

der Haftung für Einlagen und sonstigen Haftungstatbeständen, etwa<br />

aus Erwerb eines Vorrats- oder gebrauchten Mantels (§ 3Rn8ff) 4 ,aus verdeckter<br />

Sacheinlage (§ 19 Rn 49ff) 5 ,aus Differenzhaftung (§ 9) 6 ,aus Vorbelastungshaftung<br />

(§ 11 Rn 32ff) 7 ,auch aus Nachschuss (§ 26 Rn 7ff), Nebenleistung<br />

(§ 3Abs. 2, da<strong>zu</strong> §3Rn 36ff) oder Ausfallhaftung (§ 24) 8 kein Unterschied gemacht<br />

wurde 9 .Der Erwerber haftete jedoch nicht für Schadensersatzansprüche<br />

der GmbH gegen den Veräußerer aus schuldhaft verletzter gesellschafterlicher<br />

Treuepflicht oder aus der Gründerhaftung gemäß §9a 10 ;auch nicht im<br />

Hinblick auf einen Ver<strong>zu</strong>gsschaden 11 .Ebenfalls haftete nicht der Erwerber,<br />

41<br />

42<br />

1 Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn66; ebenso für §16<br />

Abs. 3aF: R/A/Altmeppen §16<br />

Rn 24; Scholz/H. Winter/Seibt §16<br />

Rn 42; Ulmer/M. Winter/Löbbe §16<br />

Rn 37, 62.<br />

2OLG Hamm GmbHR 1985, 22;<br />

R/S-L/Pentz §16Rn32; Heidinger in<br />

Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 58.<br />

3 R/S-L/Pentz §16Rn32; Heidinger in<br />

Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 58.<br />

4OLG Frankfurt GmbHR 1999, 32,<br />

33; OLG Düsseldorf ZIP 2003, 1501,<br />

1502; OLG Celle GmbHR 2005,<br />

1496, 1497.<br />

5OLG Schleswig ZIP 2000, 1833;<br />

Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn40.<br />

6 BGH 68, 191, 196; Scholz/H. Winter/<br />

Seibt §16Rn40.<br />

7 B/H/Hueck/Fastrich §16Rn12;<br />

Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn40;<br />

MünchHdbGmbH/Jasper §24Rn240.<br />

8 OLG Köln ZIP 1993, 1389, 1393;<br />

Ulmer/M. Winter/Löbbe §16Rn43;<br />

Reichert/Weller §16Rn85.<br />

9 BGH 68, 191, 197; B/H/Hueck/Fastrich<br />

§16Rn12; Scholz/H. Winter/<br />

Seibt §16Rn40.<br />

10 Ulmer/M. Winter/Löbbe §16Rn36;<br />

Reichert/Weller §16Rn81, 83;<br />

MünchHdbGmbH/Jasper §24Rn241;<br />

Limmer ZIP 1993, 412, 415; aA Geck<br />

DStR 1996, 627, 629; Lergon RNotZ<br />

2003, 213, 244.<br />

11 R/S-L/Pentz §16Rn29; Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn36mwN.<br />

Bayer | 543


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

43<br />

44<br />

sondern nur der Veräußerer als Empfänger auf Erstattung un<strong>zu</strong>lässiger Einlagenrückgewähr<br />

gemäß §31Abs. 1 1 ;die Solidarhaftung gemäß §31Abs. 3<br />

traf hingegen auch den Erwerber 2 .Ebenso erstreckte sich die Erwerberhaftung<br />

auch auf mitgliedschaftliche Regressansprüche von Mitgesellschaftern 3 .<br />

Nach §16Abs. 2nFhaftet der Erwerber eines Geschäftsanteils –sofern und<br />

sobald er nach §16Abs. 1ordnungsgemäß legitimiert ist (oben Rn 19ff) –„für<br />

Einlageverpflichtungen, die [im Zeitpunkt der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste<br />

in das Handelsregister] rückständig sind,… neben dem Veräußerer“.<br />

Obgleich nunmehr (enger) von „Einlageverpflichtungen“ statt von<br />

„Leistungen“ gesprochen wird, soll mit der Neuregelung lediglich die bisherige<br />

Regelung in §16Abs. 3aF„aufgegriffen“ und allein der zeitliche Anknüpfungspunkt<br />

geändert werden 4 .Daher wird im Schrifttum trotz des veränderten<br />

Wortlauts bislang einmütig davon ausgegangen, dass die bisherige<br />

Rechtslage durch die Umformulierung nicht geändert wurde 5 .Dies ist <strong>zu</strong>treffend.<br />

Der Gesetzgeber hat zwar nicht die Formulierung „rückständige Leistungen“<br />

aus §16Abs. 2RefE übernommen, jedoch die Änderung des Wortlauts<br />

auch nach Hinweis auf die Problematik 6 nicht erläutert. Dies spricht für<br />

eine weite Auslegung iSd bisherigen Rechtslage. Die Haftung ist zwingend<br />

und kann durch die Sat<strong>zu</strong>ng weder ausgeschlossen noch gemildert werden 7 .<br />

Rückständig ist eine Leistung, wenn sie im Zeitpunkt der Aufnahme der Gesellschafterliste<br />

in das Handelsregister (oben Rn 21) fällig ist (<strong>zu</strong>r Fälligkeit:<br />

§19Rn8ff) und gleichwohl nicht bewirkt wurde 8 .Dies gilt auch für eine <strong>zu</strong><br />

Unrecht nicht geleistete Sacheinlage; doch schuldet der Erwerber hier nur<br />

Geld 9 .Bei einheitlichen unteilbaren Leistungen richtet sich die Fälligkeit<br />

nach dem vereinbarten Ablieferungstermin 10 .<br />

116. Aufl Rn 17; §31Rn7;B/H/Hueck/<br />

Fastrich §31Rn9;Scholz/H. P. Westermann<br />

§31Rn15; R/S-L/Pentz §31<br />

Rn 8; Ulmer/Habersack §31Rn15;<br />

aA Ulmer/M. Winter/Löbbe §16<br />

Rn 34; Michalski/Heidinger §31Rn20;<br />

Limmer ZIP 1993, 412, 414.<br />

2 Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn40;<br />

Reichert/Weller §16Rn85; Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn43; B/H/<br />

Hueck/Fastrich §31Rn21; R/A/<br />

Altmeppen §31Rn18; Ulmer/Habersack<br />

§31Rn46mwN.<br />

3 Grunewald ZGR 1991, 452, 464; ausführlich<br />

Ulmer/M. Winter/Löbbe §16<br />

Rn 38.<br />

4BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 86 f.<br />

5 Wicke §16Rn12; D. Mayer DNotZ<br />

2008, 403, 405 f; vgl auch schon<br />

Götze/Bressler NZG 2007, 894.<br />

6 Götze/Bressler NZG 2007, 894<br />

(<strong>zu</strong>m RegE).<br />

7 Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn66; <strong>zu</strong> §16Abs. 3aF:<br />

Ulmer/M. Winter/Löbbe §16Rn62.<br />

8 BGH NJW 1996 1284, 1285 f.<br />

9 Sodie ganz hM <strong>zu</strong>r AG: KK/Lutter<br />

§54AktG Rn11mwN; aA Limmer<br />

ZIP 1993, 412, 414.<br />

10 RG 84, 75, 76 (Rübenanbau und -ablieferung);<br />

vgl weiter Reichert/Weller<br />

§16Rn83; Ulmer/M. Winter/Löbbe<br />

§16Rn43; Heidinger in Heckschen/<br />

Heidinger, GmbH, §13Rn65.<br />

544 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

Veräußerer und Erwerber haften im Rahmen des §16Abs. 2als Gesamtschuldner<br />

1 ;Leistung des einen befreit daher auch den anderen (§ 422 Abs. 1<br />

Satz 1BGB). Für den Innenausgleich gilt mangels abweichender Vertragsregelung<br />

§426 Abs. 1Satz 1BGB 2 .Zur Frage der (befreienden) <strong>Dr</strong>ittleistung des<br />

Erwerbers gemäß §267 BGB bei unwirksamer Anteilsabtretung: BGH NJW<br />

1995, 128, 129.<br />

Problematisch und streitig war nach bisherigem Recht die Haftung des Erwerbers<br />

für rückständige, aber noch nicht abgewickelte Leistungen, wenn die<br />

Anmeldung wirksam widerrufen worden war (<strong>zu</strong>m Widerruf oben Rn 16, 26):<br />

Während von der hM eine umfassende Haftung des Erwerbers angenommen<br />

wurde 3 ,beschränkten ein Teil des Schrifttums 4 sowie auch das OLG Hamm<br />

in einer neueren Entscheidung 5 die Erwerberhaftung in teleologischer Reduktion<br />

des §16Abs. 3aFauf bereits abgeschlossene Sachverhalte; im Ergebnis<br />

wurde dadurch nur eine Rückabwicklung zwischen GmbH und Erwerber<br />

ausgeschlossen (weil mit Rechtsgrund geleistet worden war: oben Rn 16),<br />

aber bis <strong>zu</strong>m Widerruf begründete Ansprüche der GmbH gegen den zwischenzeitlichen<br />

Erwerber sollten nicht mehr weiter durchgesetzt werden<br />

können. Nach hM war hingegen der Erwerber trotz des erfolgten Widerrufs<br />

der Anmeldung auf einen Regress gegen den Veräußerer angewiesen.<br />

Die Problematik stellt sich auch nach neuem Recht und sollte entgegen der<br />

bislang hM entschieden werden: Mit Kenntnis vom unwirksamen Rechtsübergang<br />

ist die Gesellschafterliste wieder <strong>zu</strong> ändern; der materiellrechtlich<br />

<strong>zu</strong> Unrecht durch den Erwerber ersetzte Veräußerer ist wieder als Inhaber des<br />

Geschäftsanteils ein<strong>zu</strong>tragen (oben Rn 15f, 26). Ab diesem Zeitpunkt haftet<br />

auch wieder allein der Veräußerer, und zwar nicht nur für rückständige, sondern<br />

auch für alle erst nach der Eintragung des Erwerbers fällig gewordenen<br />

45<br />

46<br />

47<br />

1BGH 68, 191, 197; BGH NJW 1995, 128;<br />

Scholz/H. Winter/Seibt §16Rn42<br />

mwN.<br />

2 Ulmer/M. Winter/Löbbe §16Rn46;<br />

abweichend R/S-L/Pentz §16Rn30: im<br />

Zweifel volle Haftung des Veräußerers.<br />

3BGH 84, 47, 50; obiter bestätigt durch<br />

BGH NJW 1990, 1915, 1916 und jüngst<br />

BGH NJW 2007, 1058, 1059 (VIII. ZS);<br />

unentschieden hingegen BGH ZIP<br />

1991, 724, 726; vgl weiter OLG Hamm<br />

GmbHR 1985, 22, 23; OLG Celle NZG<br />

2000, 1034, 1035; Reichert/Weller §16<br />

Rn 96; R/S-L/Pentz §16Rn41; Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn22.<br />

4 B/H/Hueck/Fastrich §16Rn12;<br />

Michalski/Ebbing §16Rn61; R/A/<br />

Altmeppen §16Rn27ff; Ulmer/<br />

M. Winter/Löbbe §16Rn56; K. Müller<br />

GmbHR 1996, 881, 884 ff; Limmer ZIP<br />

1993, 412, 417 f; Zutt FS Oppenhoff,<br />

1985, S. 555, 568 ff; Wiedemann, Die<br />

Übertragung und Vererbung von Handelsgesellschaften,<br />

1965, S. 144; auch<br />

nach 16. Aufl Rn 19 war die hM<br />

„zweifelhaft“.<br />

5OLG Hamm GmbHR 2006, 252 mit<br />

<strong>zu</strong>stimmender Anm K. Müller; da<strong>zu</strong><br />

auch Krafczyk/Gerlach GmbHR 2006,<br />

1038 ff; ausdrücklich <strong>zu</strong>stimmend<br />

Weiler ZIP 2006, 1754 ff; ablehnend<br />

Pentz DStR 2006, 855 ff.<br />

Bayer | 545


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

48<br />

Leistungen 1 .Daher ist es nicht mehr gerechtfertigt, den materiell fehlerhaften<br />

Erwerber (und sei er noch kurze Zeit eingetragen) im Hinblick auf rückständige<br />

Leistungen weiterhin in Anspruch <strong>zu</strong> nehmen 2 .Allein der Hinweis<br />

der bislang hM, dass der Erwerber durch die Verzögerung der fälligen Zahlung<br />

sich einen Vorteil gegenüber einer fristgerechten Zahlung verschaffen könne<br />

(„Belohnung“) 3 ,rechtfertigt es nicht, der GmbH für diesen noch nicht abgeschlossenen<br />

Sachverhalt einen <strong>zu</strong>sätzlichen Schuldner <strong>zu</strong> verschaffen.<br />

Für noch nicht fällige Leistungen haftet der Erwerber ab dem Zeitpunkt der<br />

Kenntnis der GmbH vom unwirksamen Rechtsübergang unstreitig überhaupt<br />

nicht 4 .InÜbereinstimmung mit dem bisherigen Recht wird der unrichtig<br />

in die Gesellschafterliste eingetragene Erwerber auch nicht als<br />

Rechtsvorgänger des wieder eingetragenen Veräußerers behandelt und haftet<br />

deshalb für künftig fällig werdende Leistungen nicht aus §22 5 (da<strong>zu</strong> bereits<br />

oben Rn 16).<br />

IV. Gutgläubiger Erwerb (§ 16 Abs. 3)<br />

Literatur: Apfelbaum Das Merkmal der Zurechenbarkeit beim gutgläubigen Erwerb<br />

von GmbH-Anteilen, BB 2008, 2470; Bednarz Die Gesellschafterliste als<br />

Rechtsscheinträger für einen gutgläubigen Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen,<br />

BB 2008, 1854; Bohrer Fehlerquellen und gutgläubiger Erwerb im Geschäftsanteilsverkehr<br />

–Das Vertrauensschutzkonzept im Regierungsentwurf des MoMiG, DStR<br />

2007, 995; Böhringer Möglicher gutgläubiger Wegerwerb von beschränkten dinglichen<br />

Rechten und dessen Ausschluss, BWNotZ 2008, 70; Böttcher/Blasche Gutgläubiger<br />

Erwerb von Geschäftsanteilen entsprechend der in der Gesellschafterliste<br />

eingetragenen Stückelung nach dem MoMiG, NZG 2007, 565; Gottschalk<br />

Neue Regelungen für die Gesellschafterliste und die Geschäftsanteile sowie der<br />

gutgläubige Erwerb von Geschäftsanteilen nach dem MoMiG, DZWiR 2008, 45;<br />

Götze/Bressler Praxisfragen der Gesellschafterliste und des gutgläubigen Erwerbs<br />

von Geschäftsanteilen nach dem MoMiG, NZG 2007, 894; Greitemann/Bergjan,<br />

Die Auswirkungen des MoMiG auf die M&A Praxis, FS Pöllath, 2008, S. 271; Grunewald/Gehling/Rodewig<br />

Gutgläubiger Erwerb von GmbH-Anteilen, ZIP 2006,<br />

685; Grunewald Der gutgläubige Erwerb von GmbH-Anteilen: Eine neue Option,<br />

Der Konzern 2007, 13; Haas/Oechsler Missbrauch, Cash Pool und gutgläubiger Erwerb<br />

nach dem MoMiG, NZG 2006, 806; Hamann GmbH-Anteilserwerb vom<br />

Nichtberechtigten, NZG 2007, 492; Harbarth Gutgläubiger Erwerb von GmbH-<br />

1So<strong>zu</strong>treffend schon RG JW 1915, 588,<br />

589; insoweit auch BGH 84, 47, 50; vgl<br />

weiter Weiler ZIP 2006, 1754, 1756.<br />

2Indiesem Sinne auch Altmeppen ZIP<br />

2009, 345, 352.<br />

3SoBGH 84, 47, 50; nachdrücklich auch<br />

Pentz DStR 2006, 855, 858; dagegen<br />

jedoch <strong>zu</strong>treffend K. Müller GmbHR<br />

1996, 881, 885; Weiler ZIP 2006, 1754,<br />

1760.<br />

4Zum bisherigen Recht Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn22; Reichert/<br />

Weller §16Rn97; R/A/Altmeppen<br />

§16Rn28.<br />

5Zum bisherigen Recht Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §16Rn22; Reichert/<br />

Weller §16Rn97; R/A/Altmeppen<br />

§16Rn28; für die AG auch Münch-<br />

Komm/Bayer §67AktG Rn 118.<br />

546 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

Geschäftsanteilen nach dem MoMiG-RegE, ZIP 2008, 57; Heckschen Auswirkungen<br />

des MoMiG auf die Übertragung von GmbH-Anteilen von Todes wegen und<br />

im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, ZErb 2008, 246; Klöckner Praxisprobleme<br />

beim gutgläubigen Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen, NZG 2008, 841;<br />

Kort Offene Fragen <strong>zu</strong> Gesellschafterliste, Gesellschafterstellung und gutgläubigem<br />

Anteilserwerb (§§ 40 und 16 GmbHG n.F.), GmbHR 2009, 169; D. Mayer Der<br />

Erwerb einer GmbH nach den Änderungen durch das MoMiG, DNotZ 2008, 403;<br />

Oppermann Praktische Gestaltung der bedingten Abtretung von GmbH-Anteilen,<br />

ZIP 2009, 651; Preuß Gesellschafterliste, Legitimation gegenüber der Gesellschaft<br />

und gutgläubiger Erwerb von GmbH-Anteilen, ZGR 2008, 676; Reichert Abtretung<br />

von GmbH-Geschäftsanteilen und gutgläubiger Erwerb, in Bayer/Koch<br />

(Hrsg), Das neue GmbH-Recht, 2008, S. 29; Reymann Gutgläubiger Erwerb und<br />

Rechte an GmbH-Geschäftsanteilen, WM 2008, 2095; Reymann Zurechnungssystem<br />

und Regelungsebenen der GmbH-Gesellschafterliste, BB 2009, 506; Reymann<br />

Aufschiebend bedingte Geschäftsanteilsabtretungen und Zwischenverfügungen<br />

bei der GmbH, GmbHR 2009, 343; Rodewald Gutgläubiger Erwerb von Geschäftsanteilen<br />

nach MoMiG – drei Fragen <strong>zu</strong>m Umfang der Legal Due Diligence,<br />

GmbHR 2009, 196; Schockenhoff/Höder Gutgläubiger Erwerb von GmbH-Anteilen<br />

nach dem MoMiG: Nachbesserungsbedarf aus Sicht der M&A-Praxis, ZIP<br />

2006, 1841; Vossius Gutgläubiger Erwerb von GmbH-Anteilen nach MoMiG, DB<br />

2007, 2299; Wachter Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen nach MoMiG, in<br />

Römermann/Wachter (Hrsg), GmbH-Beratung nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 51; Wegen Gutgläubiger Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen?,<br />

FS Luer, 2008, S. 321; Zessel Gutgläubiger Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen<br />

nach dem MoMiG, GmbHR 2009, 303; Ziemons Mehr Transaktionssicherheit<br />

durch das MoMiG?, BB 2006, Beil. 7, S. 9.<br />

Das MoMiG hat nach Anregungen aus dem Schrifttum 1 erstmals den gutgläubigen<br />

Erwerb von Geschäftsanteilen und Rechten an Geschäftsanteilen<br />

anerkannt 2 .Damit sollen die mit dem Erwerb von GmbH-Anteilen in der<br />

Praxis auf Grund der Notwendigkeit einer due diligence regelmäßig verbundenen<br />

hohen Transaktionskosten gesenkt und Rechtssicherheit geschaffen<br />

werden 3 .Die Neuregelung war im Vorfeld rechtspolitisch heftig umstritten 4 ;<br />

auch heute wird vielfach noch die konkrete Ausgestaltung des gutgläubigen<br />

Erwerbs bemängelt 5 .Die Neuregelung sollte daher demnächst vom Gesetzgeber<br />

überarbeitet werden.<br />

49<br />

1Da<strong>zu</strong> Grunewald/Gehling/Rodewig<br />

ZIP 2006, 685 ff; vgl auch schon Grau FS<br />

Oberneck, 1929, S. 173 ff; Hohner FS<br />

Barz, 1974, S. 147 ff.<br />

2Da<strong>zu</strong> BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07,<br />

S. 87.<br />

3Vgl BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 87.<br />

4S.<strong>zu</strong>m RegE: Bohrer DStR 2007, 995 ff;<br />

Eidenmüller ZGR 2007, 168, 200 ff;<br />

Hamann NZG 2007, 492 ff; Harbarth<br />

ZIP 2008, 57 ff; Vossius DB 2007,<br />

2299 ff; Wegen FS Luer, 2008, S. 321 ff;<br />

<strong>zu</strong>m RefE: Rau DStR 2006, 1892ff;<br />

Schockenhoff/Höder ZIP 2006, 1841 ff;<br />

K. Müller GmbHR 2006, 953 ff.<br />

5Sodezidiert Bednarz BB 2008, 1854 ff;<br />

Klöckner NZG 2008, 841 ff; vgl auch<br />

Kort GmbHR 2009, 169, 174 ff; Wicke<br />

§16Rn28.<br />

Bayer | 547


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

50<br />

51<br />

52<br />

53<br />

1. Überblick<br />

Der Erwerb eines Geschäftsanteils (oder eines Rechts daran) vom Nichtberechtigten<br />

kommt nach §16Abs. 3 in Betracht, wenn der Veräußerer als<br />

Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommen Gesellschafterliste<br />

eingetragen (Rn 11 ff) und der Erwerber gutgläubig (Rn 56, 67ff)<br />

und der Gesellschafterliste kein Widerspruch <strong>zu</strong>geordnet ist (Rn 70ff). Weiterhin<br />

muss die Liste <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Erwerbs im Hinblick auf den<br />

Geschäftsanteil entweder mindestens 3Jahre unrichtig (Rn 78 f) oder die Unrichtigkeit<br />

dem Berechtigten <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen sein (Rn 80).<br />

Ungeachtet der Vorausset<strong>zu</strong>ngen des §16Abs. 3kann ein Geschäftsanteil<br />

–wie bislang auch schon –vom Scheinerben gutgläubig erworben werden,<br />

der durch einen Erbschein gemäß §2366 BGB legitimiert ist.<br />

2. Gesellschafterliste als Rechtsscheinträger<br />

Anknüpfungspunkt für den gutgläubigen Erwerb ist nicht –wie alternativ<br />

diskutiert –das wertpapierrechtliche oder registerrechtliche Modell 1 ,sondern<br />

die <strong>zu</strong>m Rechtsscheinträger aufgewertete Gesellschafterliste 2 . In Betracht<br />

kommen sowohl die einfache Gesellschafterliste des Geschäftsführers<br />

(§ 40 Abs. 1), die qualifizierte Gesellschafterliste des Notars (§ 40 Abs. 2) sowie<br />

die Gesellschafterliste in Form des gesetzlichen Musterprotokolls (§ 2<br />

Abs. 1a Satz 4; da<strong>zu</strong> §2Rn 35, 53).<br />

Rechtsscheinträger ist nur eine Gesellschafterliste,die in das Handelsregister<br />

in den für das entsprechende Registerblatt bestimmten Registerordner (vgl<br />

§9 Abs. 1HRV) aufgenommen wurde 3 und auch <strong>zu</strong>mindest ihrem äußeren<br />

Anschein nach den formalen Anforderungen des §40entspricht 4 .Sind bereits<br />

diese minimalen Formalanforderungen nicht erfüllt, scheidet ein Erwerb<br />

vom Nichtberechtigten mangels hinreichenden Rechtsscheinträgers<br />

generell aus. Dies bedeutet: Die Liste muss entweder von den Geschäftsführern<br />

in vertretungsberechtigter Zahl (da<strong>zu</strong> §40Rn17) oder von einem (inländischen)<br />

Notar (da<strong>zu</strong> §40Rn23ff) unterschrieben sein 5 ;das Fehlen der<br />

1Zuden Alternativen ausführlich Reichert<br />

in Bayer/Koch (Hrsg), Das neue<br />

GmbH-Recht, 2008, S. 29, 34 f(<strong>zu</strong>m<br />

RefE).<br />

2ZuAlternativmodellen: Hamann NZG<br />

2007, 492 ff; Reichert in Bayer/Koch<br />

(Hrsg), Das neue GmbH-Recht, 2008,<br />

S. 29, 34 f.<br />

3BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07 S. 87;<br />

ebenso Vossius DB 2007, 2299, 2300;<br />

Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn87.<br />

4Soauch Preuß ZGR 2008, 676, 688;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 418;<br />

Vossius DB 2007, 2299, 2300; Zessel<br />

GmbHR 2009, 303; Wicke §16Rn14;<br />

Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn88.<br />

5 Preuß ZGR 2008, 676, 688; Vossius DB<br />

2007, 2299, 2300; Zessel GmbHR 2009,<br />

303; Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn88.<br />

548 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

Bescheinigung gemäß §40Abs. 2Satz 2(da<strong>zu</strong> §40Rn34) bei Einreichung<br />

durch den Notar ist indes nicht per se schädlich 1 ,sollte indes den Registerrichter<br />

<strong>zu</strong>r Zurückweisung der Aufnahme in das Handelsregister veranlassen.<br />

Sind diese äußeren Formalien gewahrt und ist die Aufnahme der Gesellschafterliste<br />

in das Handelsregister erfolgt, dann steht dem gutgläubigen Erwerb<br />

insbesondere auch eine Fälschung der Liste nicht entgegen 2 .Die Rechtslage<br />

ist hier anders als im Falle der Legitimationswirkung des §16Abs. 1(da<strong>zu</strong><br />

oben Rn 19 ff); die gefälschte Liste wird zwar dem Berechtigten nicht <strong>zu</strong>gerechnet<br />

(unten Rn 80), hindert jedoch nicht den gutgläubigen Erwerb nach<br />

Ablauf der 3-Jahresfrist (unten Rn 78f). Allein dieses Ergebnis entspricht der<br />

gesetzlichen Konzeption, wobei allein rechtspolitisch <strong>zu</strong> kritisieren ist, dass<br />

der Gesetzgeber entgegen nachdrücklichen Forderungen auf die notarielle Beglaubigung<br />

der Geschäftsführer-Unterschrift bei Einreichung der Liste ausdrücklich<br />

verzichtet 3 und somit den „Diebstahl einer GmbH“ bewusst in<br />

Kauf genommen hat 4 .<br />

Da es somit für den gutgläubigen Erwerb allein auf das Vorliegen einer formal<br />

ordnungsgemäßen Gesellschafterliste ankommt, sind auch alle weiteren<br />

Mängel, die eine Legitimationswirkung nach §16Abs. 1ausschließen –wie<br />

Geschäftsunfähigkeit, Vertretungsmangel, vis absoluta (ausführlich oben<br />

Rn 14) –, unbeachtlich 5 .Unschädlich ist auch das erkennbare Fehlen einzelner<br />

Angaben 6 (zB Geburtsdatum des Gesellschafters oder HRB-Nummer bei<br />

Handelsgesellschaft als Gesellschafter), wenn der (vermeintliche) Inhaber des<br />

Geschäftsanteils zweifelsfrei identifiziert werden kann 7 .Gleiches gilt, wenn<br />

der Geschäftsanteil nicht ordnungsgemäß nummeriert wurde (vgl §40Rn5),<br />

jedoch anhand der Gesellschafterliste identifizierbar bleibt 8 .<br />

54<br />

55<br />

1Wie hier D. Mayer DNotZ 2008, 403,<br />

418; Kort GmbHR 2009, 169, 172;<br />

Zessel GmbHR 2009, 303; aA Bohrer<br />

DStR 2007, 995, 998; Wicke §16Rn14.<br />

2 Vossius DB 2007, 2299, 2301; Gehrlein<br />

Der Konzern 2007, 771, 793; Bednarz<br />

BB 2008, 1854, 1856; Wachter in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 51, 59; Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn99;<br />

aA Wicke §16Rn14; Link RNotZ<br />

2009, 193, 216.<br />

3Erwiderung BReg BT-<strong>Dr</strong>ucks 16/6140,<br />

Anlage 3, S. 9f <strong>zu</strong> Bundesrat, BR-<br />

<strong>Dr</strong>ucks 354/07(B), S. 14 f.<br />

4 Bednarz BB 2008, 1854, 1858; Wachter<br />

in Römermann/Wachter, GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 51, 59; Vossius DB<br />

2007, 2299, 2301; D. Mayer DNotZ<br />

2008, 403, 430 ff.<br />

5 Kort GmbHR 2009, 169 f; Reymann BB<br />

2009, 506, 510.<br />

6 Wicke §16Rn14.<br />

7 Vossius DB 2007, 2299, 2300; D. Mayer<br />

DNotZ 2008, 403, 418 f.<br />

8 Vossius DB 2007, 2299, 2300; D. Mayer<br />

DNotZ 2008, 403, 418 f.<br />

Bayer | 549


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

56<br />

57<br />

58<br />

3. Erwerb eines Geschäftsanteils oder eines Rechts an einem<br />

Geschäftsanteil<br />

a) Be<strong>zu</strong>gspunkt des guten Glaubens: Gutgläubig kann nur ein Geschäftsanteil<br />

oder ein Recht an einem Geschäftsanteil erworben werden. Der gute<br />

Glaube muss sich auf die materielle Berechtigung beziehen, und zwar präzise<br />

auf die Rechtsinhaberschaft, nicht (nur) –wie die BegrRegE missverständlich<br />

nahe legt 1 –auf die Verfügungsbefugnis 2 ;denn §16Abs. 3liegt auf der Linie<br />

von §§ 932ff BGB, nicht von §366 HGB. Trotz der terminologischen Unschärfe<br />

3 besteht hierüber im Ergebnis Einigkeit 4 .<br />

b) Rechte an einem Geschäftsanteil sind das Pfandrecht (§ 1274 BGB) und der<br />

Nießbrauch (§ 1068 BGB) 5 ;diese können vom eingetragenen Nichtberechtigten<br />

gutgläubig erworben werden, nicht hingegen die Unterbeteiligung 6 oder<br />

die Treugeberstellung 7 im Rahmen einer Vereinbarungstreuhand. Denn der<br />

gutgläubige Erwerb ist generell auf Konstellationen beschränkt, in denen<br />

eine Veränderung an der dinglichen Rechtslage stattfindet 8 .Ein gutgläubiger<br />

Zweiterwerb einer dinglichen Belastung ist hingegen nicht möglich 9 ,dadie<br />

Prämisse –nämlich die Eintragungsmöglichkeit der Belastung in der Gesellschafterliste<br />

–delege lata nicht gegeben ist (ausführlich unten Rn 60 sowie<br />

auch §40Rn7).<br />

c) Nicht existierende Geschäftsanteile können nicht gutgläubig erworben<br />

werden 10 .Dies ist zwar im Gesetzgebungsverfahren kritisiert worden 11 ,ist<br />

jedoch de lege lata unstreitig 12 .<br />

1Vgl BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 88.<br />

2Zutreffend Götze/Bressler NZG 2007,<br />

894, 897; Bohrer DStR 2007, 995, 998;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 417f;<br />

Kort GmbHR 2009, 169, 174.<br />

3Die sich auch bei Vossius DB 2007,<br />

2299, 2300, Haas/Oechsler NZG 2006,<br />

806, 812 und Wachter in Römermann/<br />

Wachter, GmbH-Beratung nach dem<br />

MoMiG, GmbHR-Sonderheft 2008,<br />

S. 51, 59 wieder findet.<br />

4Wie hier Götze/Bressler NZG 2007,<br />

894, 897.<br />

5Vgl BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 87;<br />

Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn127; Kort GmbHR<br />

2009, 169, 174; Gottschalk DZWiR<br />

2009, 45, 49.<br />

6Wie hier Heidinger in Heckschen/<br />

Heidinger, GmbH, §13Rn128;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 419.<br />

7 Wie hier Heidinger in Heckschen/<br />

Heidinger, GmbH, §13Rn129;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 419.<br />

8 D. Mayer DNotZ 2008, 403, 419.<br />

9 Zur Problematik Reymann WM 2008,<br />

2095, 2103 ff.<br />

10 So ausdrücklich BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks<br />

354/07, S. 88.<br />

11 S. Grunewald Der Konzern 2007, 13,<br />

14; Klöckner NZG 2008, 841, 844;<br />

dagegen <strong>zu</strong>stimmend Haas/Oechsler<br />

NZG 2006, 806, 812; Wälzholz Mitt-<br />

BayNot 2008, 425, 436.<br />

12 Kort GmbHR 2009, 169, 174; Wachter<br />

in Römermann/Wachter, GmbH-Beratung<br />

nach MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 59; Heidinger in<br />

Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 77, 137; Kögel RPfleger 2008, 605,<br />

608; Gottschalk DZWiR 2009, 45, 49.<br />

550 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

d) Unrichtige Stückelung: Problematisch und streitig ist, ob ein gutgläubiger<br />

Erwerb nach Maßgabe einer in der Gesellschafterliste aufgeführten unrichtigen<br />

Stückelung der Geschäftsanteile möglich ist. Die Problematik wird auch<br />

als gutgläubiger Erwerb „so nicht existierender Geschäftsanteile“ diskutiert.<br />

Es geht hier um die Fehlerquelle erfolgter Teilungen bzw. Zusammenlegungen<br />

(vgl da<strong>zu</strong> §46Rn17ff). Ausgangspunkt ist die bisherige Rechtsprechung,<br />

wonach eine fehlerhafte Stückelung die Nichtexistenz der ausgewiesenen<br />

Geschäftsanteile <strong>zu</strong>r Folge hat 1 .Ein Teil des Schrifttums hält es für ausreichend,<br />

wenn der in der Gesellschafterliste ausgewiesene, nicht der wahren<br />

Stückelung entsprechende Anteil dem verfügenden Gesellschafter zweifelsfrei<br />

<strong>zu</strong>geordnet werden kann und will in diesem Fall den Erwerb ermöglichen<br />

2 . Insbesondere soll etwa ein einheitlicher Anteil, der in der Liste<br />

fälschlich als zwei Anteile ausgewiesen ist (weil die Zusammenlegung versehentlich<br />

nicht eingetragen wurde), im Falle der Veräußerung nur eines der<br />

aufgeführten Anteile nach Maßgabe grundstücksrechtlicher Rechtsprechung<br />

ex lege geteilt werden 3 .Diese Parallele ist indes zweifelhaft; denn im Unterschied<br />

<strong>zu</strong>m Grundbuch, wo der gute Glaube auch im Hinblick auf die Existenz<br />

und Selbständigkeit des eingetragenen Grundstücks geschützt wird 4 ,<br />

gilt dies für die Gesellschafterliste gerade nicht (oben Rn 58). Soweit daher<br />

der Erwerbsvorgang nicht durch Auslegung der entsprechenden Willenserklärungen<br />

<strong>zu</strong>friedenstellend gelöst werden kann, weil die Parteien den Vertragsgegenstand<br />

unschädlich lediglich falsch bezeichnet haben (falsa demonstratio<br />

non nocet) 5 ,muss daher de lege lata ein gutgläubiger Erwerb bei un<strong>zu</strong>treffender<br />

Stückelung ausscheiden 6 .<br />

e) Kein gutgläubiger lastenfreier Erwerb: Nicht möglich ist de lege lata ein<br />

gutgläubiger lastenfreier Erwerb 7 .Denn Belastungen werden aktuell nicht in<br />

die Gesellschafterliste eingetragen (oben Rn 9) 8 .Dies wird insbesondere von<br />

59<br />

60<br />

1BGH NZG 2005, 927, 928; Scholz/<br />

H. Winter/Seibt §17 Rn 11 mwN.<br />

2SoBöttcher/Blasche NZG 2007, 565,<br />

566ff; Klöckner NZG 2008, 841, 844 f;<br />

Ziemons BB 2006, Beil. 7, S. 9, 11;<br />

Flesner NZG 2006, 641, 643; Gottschalk<br />

DZWiR 2009, 45, 49 f; sympathisierend<br />

Götze/Bressler NZG 2007,<br />

894, 897.<br />

3Ausführlich Böttcher/Blasche NZG<br />

2007, 565, 566 ff mwN; <strong>zu</strong>stimmend<br />

Klöckner NZG 2008, 841, 845.<br />

4S.nur Staudinger/Gursky §892 BGB<br />

Rn 32.<br />

5Da<strong>zu</strong> Berger in Bunnemann/Zirngibl/<br />

Berger, §7Rn 20 ff.<br />

6Soauch D. Mayer DNotZ 2008, 403,<br />

418 („Systembruch“); Wachter in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 51, 59; Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn140.<br />

7 Vossius DB 2007, 2299, 2303; Wachter<br />

ZNotP 2008, 378, 397; Wegen FS Luer,<br />

2008, S. 321, 331 f; aA Reymann WM<br />

2008, 2095, 2098 ff; vgl ferner auch<br />

Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn135.<br />

8 Haas/Oechsler NZG 2006, 806, 812;<br />

abweichend Reymann WM 2008, 2095,<br />

2101 ff (Eintragung als Widerspruch).<br />

Bayer | 551


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

61<br />

62<br />

63<br />

der Transaktionspraxis kritisiert, die deshalb nach wie vor auf eine sorgfältige<br />

due diligence nicht verzichten kann 1 ;ein Ziel der Neuregelung (oben<br />

Rn 49) wird damit verfehlt. De lege ferenda sollten daher auch Belastungen<br />

(wie etwa Pfandrecht und Nießbrauch) in die Gesellschafterliste eingetragen<br />

werden können und dann auch vom Anwendungsbereich des §16Abs. 3erfasst<br />

werden, so dass nicht eingetragene Belastungen gutgläubig „hinwegerworben“<br />

werden können 2 . Geheimhaltungsinteressen könnte dadurch<br />

Rechnung getragen werden, dass solche Belastungen nur im Falle eines berechtigten<br />

Interesses einsehbar wären 3 .<br />

Ebenfalls nicht geschützt wird auch der gute Glaube an die vollständige,<br />

schuldbefreiende Leistung aller Einlagen 4 .<br />

f) Verfügungsbeschränkungen (insbesondere durch statutarische Vinkulierungsklauseln,<br />

da<strong>zu</strong> §15Rn57ff, oder auch durch sonstige statutarische Vorkaufs-,<br />

Andienungs- oder Miterwerbsrechte, da<strong>zu</strong> §3Rn 44) muss auch der<br />

gutgläubige „Erwerber“ gegen sich gelten lassen 5 ;bei einer Vinkulierung verhindert<br />

die fehlende Zustimmung der GmbH bzw der Gesellschafter (<strong>zu</strong>r Differenzierung:<br />

§15Rn66ff) daher auch im Falle von §16Abs. 3den wirksamen<br />

Erwerb. Forderungen aus dem Schrifttum, dem gutgläubigen Erwerb<br />

hier einen Vorrang ein<strong>zu</strong>räumen 6 ,sind verfehlt; denn auch beim Erwerb vom<br />

Berechtigten gelten diese Beschränkungen, und es gibt keinen Grund, den<br />

gutgläubigen Erwerber hier besser <strong>zu</strong> stellen 7 .<br />

g) Aufschiebend bedingte Übertragung: Bei einer aufschiebend bedingten<br />

Übertragung des Geschäftsanteils wurde der (Erst-)Erwerber bislang durch<br />

§161 Abs. 1 Satz 1 BGB vor Zwischenverfügungen des Veräußerers geschützt,<br />

da diese rückwirkend unwirksam wurden 8 .Fraglich ist nunmehr, ob<br />

ein Zweiterwerber, der vom nach wie vor bis <strong>zu</strong>m Bedingungseintritt in die<br />

Liste eingetragenen Veräußerer den Geschäftsanteil erwirbt, gem. §161<br />

1 Reichert in Bayer/Koch (Hrsg), Das<br />

neue GmbH-Recht, 2008, S. 29, 43;<br />

Harbarth ZIP 2008, 57, 64; Klöckner<br />

NZG 2008, 841, 844; Rau DStR 2006,<br />

1892, 1899; Wachter ZNotP 2008,<br />

378, 397.<br />

2 Grunewald ZIP 2006, 685, 688;<br />

Rau DStR 2006, 1892, 1899; Harbarth<br />

ZIP 2008, 57, 64; Klöckner<br />

NZG 2008, 841, 844; Kort GmbHR<br />

2009, 169, 174.<br />

3Vgl Handelsrechtsausschuss des DAV<br />

NZG 2007, 211, 215; Harbarth ZIP<br />

2008, 57, 64; Wicke §16Rn28.<br />

4 Haas/Oechsler NZG 2006, 806, 812;<br />

Wachter in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung nach dem MoMiG,<br />

GmbHR-Sonderheft 2008, S. 51, 59<br />

5 Wachter in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung nach dem MoMiG,<br />

GmbHR-Sonderheft 2008, S. 51, 59;<br />

Rodewald GmbHR 2009, 196, 197;<br />

Schockenhoff/Höder ZIP 2006, 1841,<br />

1844.<br />

6SoEidenmüller ZGR 2007, 168, 202;<br />

Klöckner NZG 2008, 841, 845;<br />

Ziemons BB 2006, Beil. 7, S. S. 9, 12.<br />

7Wie hier Hamann NZG 2007, 492, 494.<br />

8 Reymann WM 2008, 2095, 2097; vgl<br />

weiter BFH GmbHR 1988, 449, 450;<br />

Staudinger/Bork (2003) §161 BGB<br />

Rn 15.<br />

552 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

Abs. 3iVm §16Abs. 3GmbHG in der Weise erwirbt, dass er sein Recht auch<br />

nach Bedingungseintritt <strong>zu</strong> Lasten des Ersterwerbers behält 1 .Dies ist <strong>zu</strong> bejahen<br />

2 ;der Zweiterwerber kann hier nicht weniger geschützt werden, als wenn<br />

er unmittelbar vom Nichtberechtigten erwerben würde 3 .Die Gesellschafterliste<br />

ist zwar <strong>zu</strong>m Zeitpunkt seines Erwerbs nicht unrichtig, fungiert aber<br />

gleichwohl als Rechtsscheinträger im Hinblick auf die im Zeitpunkt des<br />

Bedingungseintritts eintretende Nichtberechtigung. Ein Schutz des Ersterwerbers<br />

gegen vereitelnde Zwischenverfügungen lässt sich durch einen Widerspruch,<br />

den der Veräußerer bewilligt, gewährleisten 4 (da<strong>zu</strong> noch unten<br />

Rn 70 ff; <strong>zu</strong>r Fristproblematik unten Rn 78 f). Zum Schutz durch Sat<strong>zu</strong>ngsgestaltung:<br />

Reymann GmbHR 2009, 343, 348 ff; <strong>zu</strong>r Vertragsgestaltung:<br />

D. Mayer ZIP 2009, 1037, 1051.<br />

4. Rechtsgeschäftlicher Erwerb<br />

§16Abs. 3setzt einen „Erwerb durch Rechtsgeschäft“ voraus. Unverständlich<br />

ist der im Schrifttum vielfach <strong>zu</strong> lesende Satz, dass es „auf die Wirksamkeit<br />

des Rechtsgeschäfts nicht ankomme“ 5 .Das Gegenteil ist der Fall: ohne<br />

wirksames Rechtsgeschäft auch kein gutgläubiger Erwerb 6 .ImÜbrigen gelten<br />

die aus §§ 892, 932ff BGB bekannten Grundsätze: Ausgeschlossen ist ein gesetzlicher<br />

Erwerb (Rn 65) und es muss ein Verkehrsgeschäft vorliegen (Rn 66).<br />

Bei gesetzlichem Erwerb findet generell kein gutgläubiger Erwerb statt, insbesondere<br />

nicht bei Gesamtrechtsnachfolge durch Erbfolge gemäß §§ 1922 ff<br />

BGB 7 ,Umwandlung gemäß §§ 2ffUmwG 8 oder bei Begründung von Gütergemeinschaft<br />

gemäß §1416 BGB 9 ,weiterhin nicht bei Übertragung im Wege<br />

64<br />

65<br />

1Ausführlich Reymann GmbHR 2009,<br />

343ff.<br />

2Wie hier Vossius DB 2007, 2299, 2301;<br />

Greitemann/Bergjan FS Pöllath, 2008,<br />

S. 271, 286; Klöckner NZG 2008, 841,<br />

842; Wachter in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung nach dem MoMiG,<br />

GmbHR-Sonderheft 2008, S. 51, 61;<br />

wohl auch Wicke §16Rn20; sympathisierend<br />

auch Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn141.<br />

3Abweichend jedoch Preuß ZGR 2008,<br />

676, 691 f; Weigl MittBayNot 2009, 116,<br />

117f; Zessel GmbHR 2009, 303, 305;<br />

D. Mayer ZIP 2009, 1037, 1050; wohl<br />

auch Oppermann ZIP 2009, 651, 653;<br />

tendenziell ablehnend, aber offen Reymann<br />

GmbHR 2009, 343 ff.<br />

4Gestaltungsvorschlag bei Wachter in<br />

Römermann/Wachter, GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 51, 61; Greitemann/Bergjan FS<br />

Pöllath, 2008, S. 271, 287; Wälzholz<br />

MittBayNot 2008, 425, 436; vgl auch<br />

Oppermann ZIP 2009, 651, 654.<br />

5SoD. Mayer DNotZ 2008, 403, 420;<br />

Kort GmbHR 2009, 169, 174; Vossius<br />

DB 2007, 2299, 2300.<br />

6Wie hier Wicke §16Rn20; Heidinger<br />

in Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 142; vgl weiter Palandt/Bassenge<br />

§892 BGB Rn 3mwN: „Das Rechtsgeschäft<br />

muss wirksam sein“.<br />

7 Wachter ZNotP 2008, 378, 394.<br />

8 Wicke §16Rn18.<br />

9 Palandt/Bassenge §892 BGB Rn 3;<br />

MünchKomm/Wacke §829 BGB<br />

Rn 36.<br />

Bayer | 553


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

66<br />

67<br />

der vorweggenommenen gesetzlichen Erbfolge 1 ,auch nicht im Wege der Vollstreckung<br />

in den Geschäftsanteil 2 .Diese Grundsätze gelten auch beim Erwerb<br />

durch Gesellschafterbeschluss (etwa nach Einziehung eines Geschäftsanteils<br />

und Aufstockung der Anteile der Mitgesellschafter) 3 , wenngleich der Beschluss<br />

heute als Rechtsgeschäft <strong>zu</strong> qualifizieren ist 4 (vgl §47Rn1). Rechtsgeschäftlicher<br />

und damit gutgläubiger Erwerb ist hingegen möglich im Falle<br />

der öffentlichen Versteigerung des Geschäftsanteils durch den Gerichtsvollzieher<br />

nach §23iVm §383 BGB (da<strong>zu</strong> §23Rn4).<br />

Ein Verkehrsgeschäft liegt nur dann vor, wenn zwischen Veräußerer und Erwerber<br />

keine Identität gegeben ist; mindestens eine Person der Erwerberseite<br />

darf daher nicht der Veräußererseite <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen sein 5 .Schädlich ist nicht<br />

nur die persönliche Identität (Schenkung an Kind, das durch den Nichtberechtigten<br />

vertreten wird) 6 ,sondern auch jede Form von wirtschaftlicher<br />

Identität (Übertragung des Geschäftsanteils durch den eingetragenen Nichtberechtigten<br />

auf eine in seinem Alleineigentum stehende GmbH) 7 .<br />

5. Guter Glaube<br />

Gutgläubiger Erwerb ist ausgeschlossen, wenn dem Erwerber die mangelnde<br />

Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist. Hier<br />

kann auf die <strong>zu</strong> §§ 892, 932 BGB entwickelten Grundsätze <strong>zu</strong>rückgegriffen<br />

werden. So darf also der Erwerber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht in<br />

ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet gelassen haben,<br />

was sich im gegebenen Fall jedem hätte aufdrängen müssen 8 .Problematisch<br />

ist hier, ob das Unterlassen einer due diligence, bei der die Unrichtigkeit entdeckt<br />

worden wäre, <strong>zu</strong>r groben Fahrlässigkeit führt. Wollte man dies im Regelfall<br />

annehmen, dann würde die gesetzliche Regelung weitgehend leer laufen<br />

und nur dann eingreifen, wenn trotz due diligence die Unrichtigkeit (leicht<br />

1Da<strong>zu</strong> OLG Zweibrücken FGPrax 1999,<br />

208; vgl auch Palandt/Bassenge §892<br />

BGB Rn 3.<br />

2 Wachter S. 51, 59; D. Mayer DNotZ<br />

2008, 403, 420; vgl auch Palandt/<br />

Bassenge §892 BGB Rn 2mwN.<br />

3 Vossius DB 2007, 2299, 2300; Wachter<br />

in Römermann/Wachter, GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 51, 59; aA Wicke §16<br />

Rn 18.<br />

4Insoweit unrichtig Vossius DB 2007,<br />

2299, 2300.<br />

5 Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn143; Wachter in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 51, 59; Gottschalk DZWiR<br />

2009, 45, 50; allgemein auch Palandt/<br />

Bassenge §892 BGB Rn5;vgl auch<br />

BGH GmbHR 2003, 39, 40 (gutgläubiger<br />

Erwerb von Sacheinlage durch GmbH;<br />

da<strong>zu</strong> Bayer/Lieder WuB IIC. §5<br />

GmbHG 1.04).<br />

6 D. Mayer DNotZ 2008, 403, 420;<br />

Vossius DB 2007, 2299, 2300; Heidinger<br />

in Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 143.<br />

7 D. Mayer DNotZ 2008, 403, 420; Wicke<br />

§16Rn19; Heidinger in Heckschen/<br />

Heidinger, GmbH, §13Rn143.<br />

8BGH NJW 2005, 1365; Palandt/<br />

Bassenge §932 BGB Rn10.<br />

554 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

fahrlässig) nicht erkannt wurde. 1 Dies würde indes das gesetzgeberische Ziel<br />

konterkarieren; der Erwerber soll ja gerade von einer umfangreichen due diligence<br />

entlastet werden (oben Rn 49). Daher wird man eine due diligence nur<br />

dann verlangen müssen, wenn Verdachtsmomente vorliegen 2 .Dieses Ergebnis<br />

liegt auch auf der Linie der Rechtsprechung <strong>zu</strong> §932 BGB und <strong>zu</strong> §442 BGB 3 .<br />

Der gute Glaube muss in Anlehnung an die allgemeinen Grundsätze <strong>zu</strong><br />

§§ 892, 932 BGB grundsätzlich im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs<br />

vorliegen 4 ,dhimZeitpunkt der Wirksamkeit der Abtretung. Erfolgt<br />

diese jedoch aufschiebend bedingt, soist grundsätzlich der Zeitpunkt der Einigung,<br />

nicht der des Bedingungseintritts maßgeblich 5 .Eine weitere Ausnahme<br />

gilt im Falle des §892 Abs. 2BGB 6 .Guter Glaube im Zeitpunkt der<br />

Einigung (Bedingung) bzw der Antragstellung (§ 892 Abs. 2BGB) soll jedoch<br />

dann nicht ausreichen, wenn über den Bedingungseintritt bzw die Grundbucheintragung<br />

hinaus noch weitere Erfordernisse fehlen, wie insbesondere<br />

die Erteilung einer privat- oder öffentlichrechtlichen Genehmigung 7 ,oder<br />

wenn der Bedingungseintritt noch in den Händen der Parteien liegt 8 .<br />

Das Schrifttum <strong>zu</strong> §16Abs. 3 folgt grundsätzlich dieser Auffassung 9 ,hält es<br />

indes generell für unschädlich, wenn der gute Glaube <strong>zu</strong> einem Zeitpunkt<br />

zerstört wird, in dem die Parteien auf die Herbeiführung der Wirksamkeit der<br />

Abtretung keinen Einfluss mehr haben, so insbesondere auch dann, wenn<br />

eine (zB kartellrechtliche) Genehmigung noch aussteht und erst nach Eintritt<br />

der Bösgläubigkeit erteilt wird 10 . Einigkeit besteht jedoch, dass der gute<br />

Glaube bei Einigung über die Abtretung nicht ausreicht, wenn die vollstän-<br />

68<br />

69<br />

1S.Rodewald GmbHR 2009, 196, 199<br />

(strukturelles Dilemma).<br />

2 Kort GmbHR 2009, 169, 176; D. Mayer<br />

DNotZ 2008, 403, 422; Götze/Bressler<br />

NZG 2007, 894, 898; Zessel GmbHR<br />

2009, 303, 304; Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn116.<br />

3Richtig Klöckner NZG 2008, 841, 845.<br />

4BGH NJW 2001, 359, 360.<br />

5 Jauernig §892 BGB Rn 21; Palandt/<br />

Bassenge §932 BGB Rn 14; Kindl in<br />

Bamberger/Roth §932 BGB Rn 14;<br />

Staudinger/Gursky (2002) §892 BGB<br />

Rn 197; für Eigentumsvorbehalt auch<br />

BGH 30, 374, 377.<br />

6BGH NJW 2001, 359, 360; Palandt/<br />

Bassenge §892 BGB Rn 25; Münch-<br />

Komm/Wacke §892 BGB Rn 54.<br />

7Grundlegend Lutter AcP 164 (1964),<br />

122, 169 f, 175 f; Staudinger/Gursky<br />

(2002) §892 BGB Rn 196; Palandt/<br />

Bassenge §892 BGB Rn 25; Jauernig<br />

§932 BGB Rn 18, §892 Rn 20;<br />

MünchKomm/Wacke §892 BGB<br />

Rn 57; RGRK/Augustin §892 BGB<br />

Rn 114; aA RG 125, 53, 56; 142, 59, 63;<br />

Soergel/Stürner §892 BGB Rn 38.<br />

8 So Flume AT II §382dS.687;<br />

Staudinger/Gursky (2002) §892 BGB<br />

Rn 197.<br />

9 Unentschieden allerdings Wicke §16<br />

Rn 23.<br />

10 Götze/Bressler NZG 2007, 894, 898;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 422;<br />

Vossius DB 2007, 2299, 2303; Wachter<br />

ZNotP2008, 378, 396; Zessel GmbHR<br />

2009, 303, 304; Kort GmbHR 2009,<br />

169, 176; Gottschalk DZWiR 2009, 45,<br />

51.<br />

Bayer | 555


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

70<br />

71<br />

dige Kaufpreiszahlung <strong>zu</strong>r Bedingung für den Rechtsübergang gemacht wird<br />

und vor dieser Zahlung der Erwerber bösgläubig wird 1 .Inder Praxis wird eine<br />

solche Zahlung regelmäßig erst dann erfolgen, wenn alle Genehmigungen<br />

vorliegen; die Streitfrage hat dann keine Auswirkung auf das Ergebnis.<br />

6. Widerspruch<br />

a) Allgemeines: Ein gutgläubiger Erwerb ist ausgeschlossen, wenn der Gesellschafterliste<br />

ein Widerspruch <strong>zu</strong>geordnet ist. Technisch erfolgt diese Zuordnung<br />

dadurch, dass der elektronisch eingereichte (vgl §12Abs. 2Satz 1HGB)<br />

Widerspruch mit der Gesellschafterliste im Registerordner so verbunden<br />

wird, dass ein Abruf der Liste ohne Widerspruch nicht möglich ist; zweckmäßigerweise<br />

sollte der Widerspruch der Liste vorangestellt werden 2 .ImRegelfall<br />

wird sich der Widerspruch jedoch nicht gegen die ganze Liste, sondern<br />

nur gegen eine bestimmte Eintragung richten; insoweit muss der Widersprechende<br />

sein Ziel nicht nur im Eintragungsverfahren (da<strong>zu</strong> unten Rn 73f) präzisieren<br />

3 (vgl §9Abs. 1Satz 3HRV), sondern diese Präzisierung muss auch<br />

im Rahmen der Zuordnung des Widerspruchs <strong>zu</strong>r Gesellschafterliste erfolgen,<br />

damit der Rechtsverkehr nicht irritiert wird. Weiterhin muss technisch<br />

sichergestellt sein, dass der Widerspruch im Falle der Einreichung einer geänderten<br />

Gesellschafterliste auch diesem neuen Dokument <strong>zu</strong>geordnet wird,<br />

solange keine Löschung des Widerspruchs erfolgt ist (da<strong>zu</strong> unten Rn 75) 4 .<br />

b) Wirkung des Widerspruchs: Der Widerspruch zerstört den guten Glauben<br />

nach §16Abs. 3, lässt hingegen die Legitimationswirkung des §16Abs. 1 unberührt<br />

5 .Ebenso wenig wird dem eingetragenen Berechtigten die Möglichkeit<br />

genommen, seinen Geschäftsanteil materiell wirksam <strong>zu</strong> veräußern 6 ;inder<br />

Praxis können sich dann aber der Nachweis des Rechtsübergangs und die Eintragung<br />

des Erwerbers in die Gesellschafterliste gemäß §§16Abs. 1, 40 erschweren<br />

(<strong>zu</strong>m Schadensersatzanspruch: unten Rn 76). Wird der Widerspruch<br />

vor der Vollendung des Rechtserwerbs der Gesellschafterliste <strong>zu</strong>geordnet,<br />

dann kann nach den allgemeinen Grundsätzen <strong>zu</strong> §892 BGB kein gutgläubi-<br />

1SoGötze/Bressler NZG 2007, 894, 898;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 422;<br />

Vossius DB 2007, 2299, 2303; Wachter<br />

ZNotP 2008, 378, 396.<br />

2 Vossius DB 2007, 2299, 2303; Heidinger<br />

in Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 117.<br />

3Abweichend Wachter in Römermann/<br />

Wachter, GmbH-Beratung nach dem<br />

MoMiG, GmbHR-Sonderheft 2008,<br />

S. 51, 60.<br />

4Da<strong>zu</strong> Wicke NotBZ 2009, 1, 15.<br />

5BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 89<br />

(„Ein solcher Widerspruch zerstört die<br />

Gutglaubenswirkung …, allerdings<br />

nicht die relative Gesellschafterstellung<br />

…“); Kort GmbHR 2009, 169, 175;<br />

Harbarth ZIP 2008, 57, 60; D. Mayer<br />

DNotZ 2008, 403, 422; Heidinger in<br />

Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 118; Carlé DStZ 2008, 709, 714.<br />

6BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 89;<br />

Harbarth ZIP 2008, 57, 60; Wachter<br />

ZNotP 2008, 378, 396; Heidinger in<br />

Heckschen/Heidinger, GmbH, §13<br />

Rn 118.<br />

556 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

ger Erwerb mehr stattfinden 1 .Dies ist bei der aufschiebend bedingten Abtretung<br />

<strong>zu</strong> beachten 2 .<br />

c) Widerspruch im Einvernehmen von Veräußerer und Erwerber: Auch der<br />

im Einvernehmen zwischen Veräußerer und Erwerber eingetragene Widerspruch<br />

(<strong>zu</strong>r Bewilligung: Rn 73) ist <strong>zu</strong>lässig, und zwar auch dann, wenn objektiv<br />

keine Unrichtigkeit gegeben ist 3 ,sondern (1) der Erwerber –speziell<br />

bei aufschiebend bedingtem Erwerb (da<strong>zu</strong> bereits oben Rn 63) vor Zwischenverfügungen<br />

des Veräußerers geschützt sein will bzw (2) der Veräußerer einen<br />

späteren Rückerwerb sichern möchte, speziell bei der treuhänderischen Abtretung<br />

des Geschäftsanteils (<strong>zu</strong>r Treuhand: §15Rn89ff).<br />

d) Zuordnung eines Widerspruchs: Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt<br />

entweder auf Grund einer Bewilligung des Eingetragenen, gegen dessen Eintragung<br />

in der Gesellschafterliste sich der Widerspruch richtet, oder auf<br />

Grund einer einstweiligen Verfügung (§ 16 Abs. 3Satz 4). Eine einstweilige<br />

Verfügung hat <strong>zu</strong>r Vorausset<strong>zu</strong>ng, dass der Antragsteller einen Anspruch auf<br />

Einreichung einer korrigierten Liste und damit seine wahre Gesellschafterstellung<br />

glaubhaft machen kann 4 .Eine Gefährdung seines Rechts muss der<br />

Widersprechende hingegen nicht glaubhaft machen (§ 16 Abs. 3Satz 5). Antragsgegner<br />

ist der angeblich unrichtig in der Gesellschafterliste Eingetragene<br />

5 .Wird hingegen der Widerspruch vom Eingetragenen bewilligt (vgl. bereits<br />

oben Rn 72), dann sind keine weiteren Nachweise <strong>zu</strong> führen und auch vom<br />

Registergericht nicht <strong>zu</strong> prüfen.<br />

Aus diesem Regelungs<strong>zu</strong>sammenhang folgt, dass allein derjenige, der geltend<br />

macht, er sei anstelle des Eingetragenen der wahre Inhaber des Geschäftsanteils,<br />

einen Widerspruch im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens<br />

beantragen kann 6 , nicht hingegen sonstige <strong>Dr</strong>itte wie insbesondere<br />

Mitgesellschafter 7 oder Geschäftsführer. Die Geschäftsführer haben jederzeit<br />

das Recht und die Möglichkeit, eine geänderte Gesellschafterliste ein<strong>zu</strong>reichen<br />

8 ;vor allem aber können sie nicht einerseits glaubhaft machen, dass ein<br />

Anspruch auf Änderung der Gesellschafterliste besteht, andererseits aber unter<br />

Hinweis auf eigene Haftungsgefahren die Erfüllung dieses Anspruchs ab-<br />

72<br />

73<br />

74<br />

1 Palandt/Bassenge §892 BGB Rn 23;<br />

Staudinger/Gursky (2002) §892 BGB<br />

Rn 176.<br />

2 Götze/Bressler NZG 2007, 894, 899;<br />

Wachter ZNotP 2008, 378, 397.<br />

3Da<strong>zu</strong> Wicke NotBZ 2009, 1, 15;<br />

Wachter ZNotP 2008, 378, 397; anders<br />

wohl Weigl MittBayNot 2009, 116, 117;<br />

Link RNotZ 2009, 193, 219.<br />

4BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 89;<br />

Harbarth ZIP 2008, 57, 60; Kort<br />

GmbHR 2009, 169, 175.<br />

5 Wicke §16Rn25; Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn120;<br />

Handelsrechtsausschuss des DAV<br />

NZG 2007, 735, 739.<br />

6Soauch dezidiert Handelsrechtsausschuss<br />

des DAV NZG 2007, 735, 739.<br />

7Insoweit auch Harbarth ZIP 2008, 57,<br />

61; zweifelnd auch D. Mayer DNotZ<br />

2008, 403, 423; Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn119.<br />

8Soauch Handelsrechtsausschuss des<br />

DAV NZG 2007, 735, 739.<br />

Bayer | 557


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

75<br />

76<br />

77<br />

lehnen und nur „sicherheitshalber“ einen Widerspruch beantragen 1 .Haben<br />

die Geschäftsführer Zweifel an der materiellen Rechtslage, dann sollen sie<br />

die Prätendenten <strong>zu</strong> einer Klärung bewegen und ggf dem Nichteingetragenen<br />

empfehlen, selbst einen Widerspruch <strong>zu</strong> beantragen. Zum (fraglichen) Amtswiderspruch<br />

des Notars: Link RNotZ 2009, 193, 217.<br />

e) Löschung eines Widerspruchs: Die Löschung des Widerspruchs erfolgt<br />

nicht automatisch, sondern nur auf Bewilligung desjenigen, der den Widerspruch<br />

erfolgreich beantragt hat, oder durch Aufhebung der einstweiligen<br />

Verfügung 2 .Hingegen kann der Eingetragene, der den Widerspruch bewilligt<br />

hat (oben Rn 73), nicht einseitig die Löschung beantragen. Im Streitfall muss<br />

auf Löschung geklagt werden. Bei einvernehmlich vorgenommener Widerspruchseintragung<br />

(oben Rn 72) ist daher Vorsorge für den Fall <strong>zu</strong> treffen,<br />

dass der Grund für den Widerspruch entfällt (zB weil der Vertrag aufgehoben<br />

oder der Kaufpreis nicht bezahlt wird); dies kann in Form einer vorab erteilten<br />

Löschungsbewilligung geschehen, die etwa der Notar nach klar umrissenen<br />

Anweisungen nutzen darf 3 .<br />

f) Schadensersatz: Erweist sich die Anordnung des Widerspruchs im Wege der<br />

einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird sie<br />

später aufgehoben, kommt § 945 ZPO <strong>zu</strong>r Anwendung, dh, der Antragsteller<br />

ist dem Antragsgegner <strong>zu</strong>m Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch die<br />

Vollziehung der einstweiligen Verfügung entstanden ist 4 .<br />

7. Erwerb vor und nach Ablauf der 3-Jahres-Frist<br />

Die Dauer der Unrichtigkeit der Gesellschafterliste war im Gesetzgebungsverfahren<br />

heftig umstritten 5 .ImMoMiG wurden als Kompromiss zwei Alternativen<br />

formuliert: So ist ein gutgläubiger Erwerb <strong>zu</strong>m einen möglich, wenn<br />

die Gesellschafterliste <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Erwerbs mindestens 3Jahre unrichtig<br />

(Rn 78f) oder im Falle einer kürzeren Unrichtigkeit diese dem Berechtigten<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist (Rn 80). Zu unterscheiden sind somit <strong>zu</strong>lasten des Berechtigten<br />

einerseits das an die 3-Jahres-Frist gekoppelte reine Rechtsscheinprinzip<br />

sowie andererseits das fristunabhängige, strengere Veranlassungsprinzip 6 .<br />

1Soaber Harbarth ZIP 2008, 57, 61;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 422f; Kort<br />

GmbHR 2009, 169, 175; Wachter in<br />

Römermann/Wachter,GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 51, 60; Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn119.<br />

2Vgl Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn121; <strong>zu</strong>r Parallele bei<br />

§899 BGB: Palandt/Bassenge §899<br />

BGB Rn 6; MünchKomm/Wacke §899<br />

BGB Rn 29.<br />

3Da<strong>zu</strong> Oppermann ZIP 2009, 651, 654.<br />

4 Handelsrechtsausschuss des DAV<br />

NZG 2007, 735, 739; Wicke §16Rn25.<br />

5 Schockenhoff/Höder ZIP 2006, 1841,<br />

1847; Haas/Oechsler NZG 2006, 806,<br />

807, 812; Triebel/Otte ZIP 2006, 1321,<br />

1326 (alle <strong>zu</strong>m RefE).<br />

6 Apfelbaum BB 2008, 2470; Götze/<br />

Bressler NZG 2007, 894, 897; Wachter<br />

ZNotP 2008, 378, 395.<br />

558 | Bayer


Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter §16<br />

a) 3-Jahres-Frist: Die Gesellschafterliste ist nur dann 3Jahre unrichtig, wenn<br />

sie in diesem Zeitraum durchgehend unrichtig war, dh im Hinblick auf den<br />

später erworbenen Geschäftsanteil nicht den materiell Berechtigten genannt<br />

hat. Unerheblich ist, ob es sich um eine oder mehrere, jeweils geänderte Gesellschafterlisten<br />

handelt. Keine Rolle spielt auch, ob es sich stets um denselben<br />

Nichtberechtigten handelt oder ob ein eingetragener Nichtberechtigter<br />

den Anteil auf einen anderen Nichtberechtigten übertragen hat und dann dieser<br />

eingetragen wurde 1 .Wird hingegen eine unrichtige Liste durch eine im<br />

Hinblick auf den fraglichen Geschäftsanteil richtige Liste ersetzt, dann verfällt<br />

die abgelaufene Unrichtigkeitsdauer; wird erneut eine unrichtige Liste<br />

eingereicht, beginnt somit die Frist wieder neu <strong>zu</strong> laufen.<br />

Für den Fristbeginn ist <strong>zu</strong> unterscheiden: War die Gesellschafterliste bereits<br />

bei ihrer Einreichung unrichtig, dann beginnt die Frist mit der Aufnahme in<br />

das Handelsregister (Registerordner), nicht schon mit der Einreichung 2 .<br />

Wurde die Gesellschafterliste dagegen erst später unrichtig und nicht durch<br />

Einreichung einer geänderten Liste korrigiert, dann beginnt die Frist in dem<br />

Zeitpunkt, in dem die Liste unrichtig wurde 3 ; insoweit ist die Gesetzesbegründung<br />

missverständlich.<br />

b) Zurechnung: Vor Ablauf der 3-Jahres-Frist (oben Rn 78 f) ist ein gutgläubiger<br />

Erwerb nur möglich, wenn dem Berechtigten die Unrichtigkeit der Gesell-<br />

80<br />

schafterliste <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist. Dies soll nach der Gesetzesbegründung etwa<br />

der Fall sein, wenn der Erbe es versäumt, für die Entfernung des Scheinerben<br />

aus der Gesellschafterliste <strong>zu</strong> sorgen 4 (in dieser Allgemeinheit allerdings<br />

zweifelhaft) 5 ,nicht hingegen bei Einreichung einer falschen Liste durch den<br />

Geschäftsführer ohne Wissen des Berechtigten 6 .Zurechenbar ist dem Berechtigten<br />

die Unrichtigkeit nach zwischenzeitlich gefestigter Literaturmeinung,<br />

wenn er die Unrichtigkeit der Liste (mit-)veranlasst oder jedenfalls (mit)<strong>zu</strong>verantworten<br />

hat 7 ;speziell gilt dies bei der Mitwirkung an einer Anteilsabtretung,<br />

sei es, weil diese sich später als unwirksam herausstellt (Zurechnung<br />

78<br />

79<br />

1BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07 S. 88;<br />

Götze/Bressler NZG 2007, 894, 897;<br />

Heckschen ZErb 2008, 246, 253;<br />

Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn103; Kögel RPfleger<br />

2008, 605, 607; Vossius DB 2007, 2299,<br />

2303 (mit Beispielen).<br />

2 Kort GmbHR 2009, 169, 175; Vossius<br />

DB 2007, 2299, 2301; Zessel GmbHR<br />

2009, 303, 304; Noack DB 2007, 1395,<br />

1399; Gottschalk DZWiR 2009, 45, 50.<br />

3 Götze/Bressler NZG 2007, 894, 897;<br />

Kort GmbHR 2009, 169, 175; Vossius<br />

DB 2007, 2299, 2302f; D. Mayer DNotZ<br />

2008, 403, 420; Zessel GmbHR 2009,<br />

303, 304; Gottschalk DZWiR 2009, 45,<br />

50.<br />

4BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 88.<br />

5Richtig Götze/Bressler NZG 2007, 894,<br />

897 Fn 56; Noack DB 2007, 1395, 1399;<br />

D. Mayer DNotZ 2008, 403, 421;<br />

Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn112.<br />

6BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 88.<br />

7 D. Mayer DNotZ 2008, 403, 421;<br />

Götze/Bressler NZG 2007, 894, 897;<br />

Zessel GmbHR 2009, 303, 304;<br />

Gottschalk DZWiR 2009, 45, 50.<br />

Bayer | 559


§16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter<br />

81<br />

an den Veräußerer), sei es, weil der Erwerber sich nicht um seine Eintragung<br />

in die Gesellschafterliste gekümmert hat 1 ,zBdem Notar nicht den Eintritt<br />

einer aufschiebenden Bedingung mitgeteilt hat 2 (Zurechnung an den Erwerber).<br />

Auf ein Verschulden des Berechtigten kommt es hingegen nicht an 3 .<br />

8. Verhältnis Berechtigter –Nichtberechtigter<br />

Der gutgläubige Erwerber ist dem Berechtigten grundsätzlich nicht <strong>zu</strong>m<br />

Ausgleich verpflichtet 4 (Ausnahme: ein unentgeltlicher Erwerber haftet ggf<br />

gemäß §816 Abs. 1Satz 2BGB 5 ,dann uU auch Haftung eines unentgeltlichen<br />

<strong>Dr</strong>ittempfängers gemäß §822 BGB). Vielmehr kann der Berechtigte<br />

vom verfügenden Nichtberechtigten gemäß §816 Abs. 1Satz 1BGB die Herausgabe<br />

des durch die Verfügung Erlangten beanspruchen 6 ,dhnach hM die<br />

Herausgabe der Gegenleistung einschließlich eines Gewinns, auch wenn dieser<br />

Wert über dem wahren Wert des Geschäftsanteils liegt (streitig) 7 .Weiterhin<br />

kommen Ansprüche aus §§ 681, 687 Abs. 2BGB und Schadensersatzansprüche<br />

gemäß §§ 823ff BGB in Betracht.<br />

V. Zeitlicher Anwendungsbereich/Übergangsvorschrift<br />

1. Legitimationswirkung und Haftung (§ 16 Abs. 1und 2)<br />

82 Im Unterschied <strong>zu</strong> §16Abs. 3(unten Rn 83) fehlt für §16Abs. 1und 2eine<br />

Übergangsregelung. Daher ist davon aus<strong>zu</strong>gehen, dass mit Inkrafttreten des<br />

MoMiG auch die Neuregelung in §16Abs. 1und 2Anwendung findet. Dies<br />

bedeutet: Ungeachtet der Aktualität der Angaben und ungeachtet der materiellen<br />

Richtigkeit der bis <strong>zu</strong>m 1.11.2008 nach §40aF<strong>zu</strong>m Handelsregister<br />

eingereichten Gesellschafterliste kommt dieser bis <strong>zu</strong>r Einreichung einer<br />

neuen geänderten Liste <strong>zu</strong>m einen die Legitimationswirkung des §16Abs. 1<br />

<strong>zu</strong>, <strong>zu</strong>m anderen haftet aber auch der in der Liste ausgewiesene Gesellschafter<br />

für rückständige Leistungen nach §16Abs. 2 8 .Vorausset<strong>zu</strong>ng ist allerdings<br />

auch hier, dass die Eintragung in der Gesellschafterliste dem Eingetragenen<br />

<strong>zu</strong>gerechnet werden kann 9 (ausführlich oben Rn 80). Dies ist im<br />

Hinblick auf die Vergangenheit für einen eingetragenen Erwerber nur bei einer<br />

ordnungsgemäßen Anmeldung nach §16Abs. 1aFder Fall, für einen<br />

1 So auch D. Mayer DNotZ 2008, 403, 421.<br />

2 Rousseau GmbHR 2009, R49 f.<br />

3Vgl Kort GmbHR 2009, 169, 175.<br />

4Vgl <strong>zu</strong> §932 BGB: BGH JZ 1956, 490 f;<br />

<strong>zu</strong> §892 BGB: RG 85, 61, 64; RG 90,<br />

395, 397 f; MünchKomm/Wacke §892<br />

BGB Rn 73.<br />

5Vgl <strong>zu</strong> §§ 892, 932 BGB: Palandt/<br />

Bassenge §932 BGB Rn 16; Münch-<br />

Komm/Wacke §892 BGB Rn 73.<br />

6 Grunewald ZIP 2006, 685, 688 f.<br />

7BGH 29, 159 ff; BGH NJW 1997, 190;<br />

Jauernig/Stadler §816 BGB Rn 8.<br />

8Soauch mit ausführlicher Begründung<br />

Reymann BB 2009, 506, 511; ebenso<br />

Heidinger in Heckschen/Heidinger,<br />

GmbH, §13Rn380 ff; abweichend<br />

D. Mayer ZIP 2009, 1037, 1040.<br />

9Soauch Reymann BB 2009, 506, 511 f.<br />

560 | Bayer


Veräußerung von Teilen des Geschäftsanteils §17<br />

noch eingetragenen Anteilsveräußerer umgekehrt dann nicht, wenn sich ein<br />

Erwerber ordnungsgemäß angemeldet hat; hier kommt für den Veräußerer allein<br />

noch eine Haftung nach §16Abs. 2nF, nicht jedoch nach §16Abs. 1nF<br />

in Betracht 1 .Stammt die eingereichte Liste hingegen nicht von der <strong>zu</strong>ständigen<br />

Geschäftsführung, sondern von einem <strong>Dr</strong>itten (insbesondere gefälschte<br />

Liste), dann entfaltet diese gefälschte Liste im Hinblick auf §16Abs. 1und 2<br />

nF gar keine Wirkung (da<strong>zu</strong> auch oben Rn 14).<br />

2. Gutgläubiger Erwerb (§ 3Abs. 3EGGmbHG)<br />

Für alle ab dem 1.11.2008 gegründeten (oder durch Umwandlung entstandenen)<br />

GmbH gilt §16 Abs. 3 nF uneingeschränkt (Umkehrschluss aus §3<br />

Abs. 3Satz 1EGGmbHG). Im Hinblick auf sog Altgesellschaften (die vor<br />

dem 1.11.2008 gegründet worden sind) wird hingegen differenziert: Eine Unrichtigkeit<br />

in der Gesellschafterliste, die bereits vor dem 1.11.2008 vorhanden<br />

war und dem Berechtigten <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist, kann frühestens ab dem 2.5.<br />

2009 („nach dem 1. Mai“) <strong>zu</strong>m gutgläubigen Erwerb führen (Satz 1). Diese<br />

Regelung ermöglicht(e) es den Gesellschaften und ihren Gesellschaftern, die<br />

Richtigkeit der Gesellschafterliste <strong>zu</strong> überprüfen und ggf. <strong>zu</strong> korrigieren; sofern<br />

dies nicht einverständlich möglich war/ist, konnte/kann ein Widerspruch<br />

im Wege der einstweiligen Verfügung eingetragen und somit ein gutgläubiger<br />

Erwerb verhindert werden (ausführlich oben Rn 70ff). Kann die<br />

Unrichtigkeit dem Berechtigten hingegen nicht <strong>zu</strong>gerechnet werden, so<br />

kommt ein gutgläubiger Erwerb iSd 3-Jahres-Frist erst ab dem 2.11.2011 in<br />

Betracht (Satz 2). Die Übergangsregelung belegt, dass der Gesetzgeber auch<br />

die bisherigen, nur un<strong>zu</strong>länglich geführten Gesellschafterlisten (ausführlich<br />

§40 Rn2) als taugliche Rechtsscheinträger iSv §16 Abs. 3 ansieht 2 , was<br />

nicht ohne Auswirkungen auf die Beurteilung der Rechtslage <strong>zu</strong> §16Abs. 1<br />

und 2nFbleiben kann (da<strong>zu</strong> oben Rn 82).<br />

83<br />

Veräußerung von Anteilen des Geschäftsanteils<br />

17 (aufgehoben)<br />

Vorschrift aufgehoben durch MoMiG vom 23.10.2008, BGBl I2026 3 .<br />

Aufgrund der Regelung in §5Abs. 2nF(da<strong>zu</strong> §5Rn 7) wurden die Teilung und<br />

die Zusammenlegung von Geschäftsanteilen gegenüber der bisherigen Rechtslage<br />

wesentlich erleichtert; eine <strong>zu</strong>sammenfassende Regelung findet sich nunmehr<br />

in §46(dort Rn 17ff); vgl <strong>zu</strong>r Anteilsabtretung auch §15Rn22.<br />

1Einzelheiten bei Reymann BB 2009,<br />

506, 512.<br />

2Soauch Heidinger in Heckschen/<br />

Heidinger, GmbH, §13Rn381.<br />

3S.BegrRegE MoMiG BR-<strong>Dr</strong>ucks<br />

354/07, S. 89 f.<br />

Bayer | 561


§30 Kapitalerhaltung<br />

wird nunmehr für die Altgesellschaften und für ihr Übergangsrecht auf die<br />

Kommentierung in der 16. Aufl Rn 59 ff verwiesen.<br />

Kapitalerhaltung<br />

30<br />

(1) Das <strong>zu</strong>r Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der<br />

Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden.<br />

Satz 1gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder<br />

Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen<br />

vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter<br />

gedeckt sind. Satz 1ist <strong>zu</strong>dem nicht an<strong>zu</strong>wenden auf die Rückgewähr<br />

eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus<br />

Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.<br />

(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht <strong>zu</strong>r Deckung eines<br />

Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter <strong>zu</strong>rückgezahlt<br />

werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten<br />

erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluss nach §12bekannt gemacht<br />

ist. Im Fall des §28Abs. 2ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der<br />

Volleinzahlung des Stammkapitals un<strong>zu</strong>lässig. Zurückgezahlte Nachschüsse<br />

gelten als nicht eingezogen.<br />

1. Überblick ................ 1<br />

2. Existenzschutz ............ 6<br />

3. Auszahlungen ............. 8<br />

4. Auswirkungen ............ 9<br />

5. Unterbilanz .............. 10<br />

6. Empfänger ............... 18<br />

7. Auszahlungsverbot ......... 23<br />

8. Sicherheitsleistungen <strong>zu</strong>gunsten<br />

eines Gesellschafters ..... 34<br />

9. Cash Pooling ............. 37<br />

10. Weitere Durchbrechungen des<br />

Auszahlungsverbots ......... 47<br />

11. Rechtsfolgen .............. 51<br />

12. Die GmbH &CoKG . ....... 60<br />

13. Nachschüsse ............. 66<br />

Text in Abs. 2durch JKomG vom 22.3.2005 (BGBl I837) geändert; Abs. 1<br />

durch Satz 2/3 sowie amtliche Überschrift durch das MoMiG vom 23.10.<br />

2008 (BGBl I2026) ergänzt; im Übrigen seit 1892 unverändert.<br />

Literatur: Bormann/Urlichs Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung nach dem<br />

MoMiG, in Römermann/Wachter (Hrsg), GmbH-Beratung nach dem MoMiG,<br />

GmbHR-Sonderheft 2008, S. 37; Falkenstein Grenzen für die Entnahmerechte der<br />

GmbH-Gesellschafter, 1992; Goette/Habersack (Hrsg), Das MoMiG in Wissenschaft<br />

und Praxis, 2009; Heckschen Das MoMiG in der notariellen Praxis, 2009;<br />

Kleffner Erhaltung des Stammkapitals und Haftung nach §§ 30, 31 GmbHG, 1994;<br />

Nissing Eigeninteresse der Gesellschaft oder Liquidation auf kaltem Wege?, 1993;<br />

676 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

Schmolke Kapitalerhaltung in der GmbH nach dem MoMiG, 2009; Wilhelmi<br />

Grundsatz der Kapitalerhaltung im System des GmbH-Rechts, 1999.<br />

1. Überblick<br />

Während die Bestimmungen der §§ 5Abs. 4, 7Abs. 2/3, 8Abs. 2, 9, 9a, 9b<br />

und 19 darauf abzielen, die Aufbringung des Stammkapitals sicher<strong>zu</strong>stellen,<br />

ist der Zweck des Auszahlungsverbots in §30und der ergänzenden §§ 31, 32<br />

sowie der §§ 33, 43a, die Erhaltung des Stammkapitals im Interesse der Gesellschaft<br />

1 ,vorzüglich der Gesellschaftsgläubiger 2 und schließlich auch der<br />

einzelnen Gesellschafter <strong>zu</strong> gewährleisten 3 .Dennoch ist §30kein Gesetz,<br />

das nach §823 Abs. 2BGB die Gläubiger oder Gesellschafter schützt 4 .Trotz<br />

seiner Einschränkung durch das MoMiG (unten Rn 2) ist das Auszahlungsverbot<br />

aus §30 neben §19 eine der wichtigsten Regelungen des GmbH-<br />

Rechts. Sie geht vom Fortbestand der Gesellschaft aus und nicht von ihrer<br />

Liquidation. Die Bestimmung ist zwingend und streng aus<strong>zu</strong>legen. Auch jede<br />

Umgehung fällt unter das Verbot; der Zweck des §30muss unter allen Umständen<br />

gewahrt bleiben 5 .<br />

a) §30verbietet es den Geschäftsführern, anGesellschafter Aktivvermögen<br />

der Gesellschaft weg<strong>zu</strong>geben, wenn und soweit dadurch eine Unterdeckung<br />

herbeigeführt oder noch weiter vertieft oder gar eine Überschuldung herbeigeführt<br />

oder vertieft 6 wird. Dies Verbot gilt nach dem durch das MoMiG neu<br />

gefassten §30Abs. 1Satz 2/3 7 in drei Fällen nicht: für Leistungen im Zusammenhang<br />

mit einem Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag (unten<br />

Rn 47 ff), für Leistungen, die durch einen vollwertigen Gegenanspruch der<br />

Gesellschaft neutralisiert sind (unten Rn 25ff), sowie für die Rückgewähr eines<br />

Gesellschafterdarlehens und wirtschaftlich entsprechende Handlungen<br />

(unten Rn 50).<br />

Das Verbot richtet sich nicht gegen Prokuristen, auch nicht solche mit organschaftlicher<br />

Vertretungsmacht 8 oder sonstige leitende Angestellte, es sei<br />

3<br />

denn, diese agierten als faktische Geschäftsführer (ua §43Rn2) 9 .Allerdings<br />

haben die Geschäftsführer aufgrund ihrer Überwachungspflicht auch dafür<br />

<strong>zu</strong> sorgen, dass verbotene Auszahlungen nicht von Prokuristen etc, aber auch<br />

1<br />

2<br />

1 Stimpel FS GmbHG, 1992, S. 349:<br />

bestandsschützendes Mindestbetriebsvermögen.<br />

2Hierauf konzentriert Eichele Finanzierungsverantwortung,<br />

S.75; Ulmer FS<br />

GmbHG, 1992, S. 363.<br />

3Zur zeitlichen Abgren<strong>zu</strong>ng zwischen<br />

Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung:<br />

BGH GmbHR 2001, 1114; OLG<br />

Celle GmbHR 2000, 240.<br />

4BGH GmbHR 2001, 772.<br />

5BGH 75, 335 f; BGH 81, 315.<br />

6BGH GmbHR 2002, 550; BGH ZIP<br />

1990, 453.<br />

7Einführend Bormann/Urlichs in<br />

Römermann/Wachter, GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 46 ff.<br />

8OLG Brandenburg GmbHR 2002, 855 f.<br />

9BGH GmbHR 2001, 772.<br />

Hommelhoff | 677


§30 Kapitalerhaltung<br />

4<br />

5<br />

nicht von Mitgeschäftsführern vorgenommen werden 1 .Eine Unterdeckung<br />

liegt vor, sobald das Nettovermögen der Gesellschaft –also ihr gesamtes Aktivvermögen<br />

abzüglich der Summe aller Verbindlichkeiten einschließlich<br />

Rückstellungen, aber ohne Rücklagen –inseinem rechnerischen Wert unter<br />

die Ziffer des Stammkapitals sinkt. Damit ist das Auszahlungsverbot in<br />

zweifacher Richtung relativiert:<br />

Es schützt <strong>zu</strong>m einen nicht das Gesellschaftsvermögen in seiner gegenständlichen<br />

Zusammenset<strong>zu</strong>ng, sondern in seinem rechnerischen Wert 2 (BegrRegE<br />

MoMiG: Rückkehr <strong>zu</strong>r bilanziellen Betrachtungsweise 3 ). Erst nach einer verbotenen<br />

Auszahlung konzentriert sich der Kapitalschutz auf den Auszahlungsgegenstand<br />

4 ,erist Gegenstand des Erstattungsanspruchs aus §31Abs. 1 5 .Zum<br />

anderen will das Auszahlungsverbot bloß bestimmte Auszahlungen an Gesellschafter<br />

verhindern, nicht aber Geschäfte mit <strong>Dr</strong>itten 6 ;s.auch unten Rn 53.<br />

Die Vermögensbindung in der GmbH bleibt hinter der des Aktienrechts <strong>zu</strong>rück<br />

7 :Während in der GmbH lediglich das <strong>zu</strong>r Erhaltung des Stammkapitals<br />

erforderliche Vermögen nicht ausgeschüttet werden darf (<strong>zu</strong>m Gleichbehandlungsgebot<br />

und <strong>zu</strong>r Gesellschafterkompetenz oben §29Rn48), bindet der<br />

§57AktG das gesamte Gesellschaftsvermögen mit Ausnahme des ordnungsgemäß<br />

festgestellten Bilanzgewinns 8 .Zum gesicherten Vermögen der AG gehört<br />

auch die gesetzliche Rücklage (§ 150 AktG), die in der GmbH nicht vorgeschrieben<br />

ist 9 .<br />

b) In der Praxis ist das Auszahlungsverbot vornehmlich bei den verdeckten<br />

Gewinnausschüttungen (oben §29Rn48ff) bedeutsam und war es bis <strong>zu</strong>r<br />

Geltung des neuen §30Abs. 1Satz 3für die eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen;<br />

dort war das Auszahlungsverbot Bestandteil des zweistufigen<br />

Schutzsystems für Eigenkapitalersatz (da<strong>zu</strong> 16. Aufl §§ 32a/b Rn 10 ff). –<br />

Zur entsprechenden Anwendung des §30auf die GmbH & Co KG unten bei<br />

Rn 60.<br />

1BGH GmbHR 2001, 772; eingehend<br />

Müller ZGR 2003, 441 ff.<br />

2Grundlegend Lutter Kapital, S. 332 ff;<br />

Joost ZHR 148 (1984), 27 ff, 43.<br />

3BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 94.<br />

4 Hommelhoff FS Kellermann, 1991,<br />

S. 168.<br />

5AABerg S. 101: Auszahlungsverbot,<br />

wenn nach der Auszahlung das<br />

Stammkapital verletzt ist.<br />

6BGH ZIP 1998, 795; eingehend Mülbert<br />

ZGR 1995, 601 ff gegen Schön ZHR 159<br />

(1995), 366.<br />

7Eingehend ua Scholz/H.P. Westermann<br />

§30Rn7f; Wilhelmi S. 16 ff.<br />

8Für eine Verschärfung der Kapitalerhaltungsregeln<br />

und Angleichung an<br />

aktienrechtliches Schutzniveau sowie<br />

an internationale „Entwicklungslinien“<br />

de lege ferenda Fleischer ZGR<br />

2001, 13 f; Michalski/Fleischer Syst.<br />

Darst. 6Rn90.<br />

9BGH 90, 386.<br />

678 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

2. Existenzschutz<br />

Neben der wertbezogenen Kapitalerhaltung aus §§ 30/31 entwickelte sich im<br />

Anschluss an Strafurteile <strong>zu</strong> §266 StGB 1 als <strong>zu</strong>sätzlicher Ansatz ein gegenstandsbezogener<br />

Vermögensschutz 2 : Nach diesen Grundsätzen ist es dem<br />

Geschäftsführer verboten, Gesellschaftsvermögen (zB Maschinen, Patente,<br />

Vormaterial, Forderungen, vor allem aber auch Liquidität) an Gesellschafter<br />

weg<strong>zu</strong>geben, wenn dadurch der wirtschaftliche Zusammenbruch der Gesellschaft<br />

in absehbarer Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit heraufbeschworen<br />

wird 3 .Das Verbot existenzgefährdender Auszahlungen 4 ergänzt den Schutz<br />

des Stammkapitals nach §30 5 und ist unabhängig vom Einverständnis sämtlicher<br />

Gesellschafter 6 .Risikogeschäfte mit außenstehenden <strong>Dr</strong>itten unterfallen<br />

nicht diesem Verbot 7 ;Ausnahmen unten Rn 21f.<br />

Diesen Stammkapital ergänzenden Auszahlungsschutz hat die Rechtsprechung<br />

als Existenzvernichtungshaftung 8 (eingehend oben §13Rn29ff) de-<br />

7<br />

liktsrechtlich fundiert 9 und als eigenständiges Rechtsinstitut der Gesellschafter-Innenhaftung<br />

mittlerweile weithin konsolidiert.<br />

3. Auszahlungen<br />

Auszahlungen iSv §30sind nicht allein Geldleistungen, sondern weiter gehend<br />

Leistungen aller Art, denen keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht<br />

und die wirtschaftlich das <strong>zu</strong>r Erhaltung des Stammkapitals erfor-<br />

6<br />

8<br />

1BGH GmbHR 1995, 655; <strong>zu</strong>vor BGHSt<br />

34, 382; BGHSt 35, 333; weitere Rspr<br />

bei Birkholz Untreuestrafbarkeit als<br />

strafrechtlicher „Preis“ der beschränkten<br />

Haftung, 1998, S. 50 ff; Gribbohm<br />

ZGR 1990, 1; Gribbohm DStR 1991,<br />

249f; Kohlmann Die strafrechtliche<br />

Verantwortlichkeit des GmbH-Geschäftsführers,<br />

1990, S. 193; kritisch ua<br />

Brammsen DB 1989, 1609; Birkholz<br />

S. 298 ff <strong>zu</strong>sammenfassend; Radtke<br />

GmbHR 1998, 364 f.<br />

2 Fleck ZGR 1990, 36 ff; Fleck FS<br />

GmbHG, 1992, S. 398 f; Schnauder/<br />

Müller-Christmann JuS 1998, 984;<br />

Ulmer FS Pfeiffer, 1988, S. 868 f.<br />

3Mittlerweile ständige Rspr der Strafsenate,<br />

vgl nur BGH StV 2003, 559;<br />

BGH NJW 2000, 154, je mwN.<br />

4Nuanciert anders Falkenstein<br />

S. 172 f/185: Verbot solvenzbedrohender<br />

Entnahmen; ähnlich auch Nissing<br />

S. 94 ff.<br />

5BGH 173, 255 f, Tz 23 ff; da<strong>zu</strong> Schwab<br />

ZIP 2007, 341; J. Vetter BB 2007, 1965;<br />

Weller ZIP 2007, 1681; Witt DNotZ<br />

2008, 219.<br />

6BGH GmbHR 1995, 655; s. auch BGH<br />

GmbHR 1999, 922; aA OLG Brandenburg<br />

GmbHR 1997, 1147.<br />

7Zutreffend Fleck ZGR 1990, 42; aA<br />

Schnauder/Müller-Christmann S. 985;<br />

Mülbert DStR 2001, 1942; gefährlich<br />

Nissing, S.115 ff: Verstoß gegen die<br />

Regeln sorgfältiger Unternehmensleitung.<br />

8Bereits angedeutet in BGH 142, 95;<br />

ausdrücklich BGH 149, 16 sowie BGH<br />

ZIP 2002, 848 und 1580.<br />

9BGH GmbHR 2001, 772; s. auch<br />

Schmolke Kapitalerhaltung, S. 15 f<br />

(Rn 26 ff).<br />

Hommelhoff | 679


§30 Kapitalerhaltung<br />

9<br />

derliche Gesellschaftsvermögen verringern 1 –wie etwa die unentgeltliche<br />

Sachübereignung, Abtretung einer Forderung der Gesellschaft 2 ,die Erfüllung<br />

einer Verbindlichkeit des Gesellschafters durch die Gesellschaft 3 ,die Verrechnung<br />

einer Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter mit einer<br />

Gegenforderung 4 ,wobei es gleichgültig ist, wer die Aufrechnung erklärt<br />

hat oder ob diese auf einer Vereinbarung beruht 5 ,oder gar bloß die tatsächliche<br />

Aufgabe oder unterlassene Durchset<strong>zu</strong>ng einer Forderung 6 .Anders als<br />

der Verzicht auf ein bereits entstandenes Forderungsrecht sind die Fälle <strong>zu</strong><br />

beurteilen, in denen aufgrund des Einverständnisses der Gesellschafter (bzw<br />

des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers) ein Schadensersatzanspruch der<br />

Gesellschaft gegen den Gesellschafter erst gar nicht entsteht 7 .Eine Auszahlung<br />

kann aber auch schon vorliegen, wenn die Gesellschaft <strong>zu</strong>gunsten eines<br />

Gesellschafters eine schuldrechtliche Verpflichtung eingeht 8 ,wenn sie etwa<br />

einen gegenseitigen Vertrag mit ihm abschließt 9 oder <strong>zu</strong> seinen Gunsten einem<br />

<strong>Dr</strong>itten eine Sicherheit an Teilen des Gesellschaftsvermögens <strong>zu</strong> bestellen<br />

verspricht oder bestellt 10 oder umgekehrt für die Forderung eines Gesellschafters<br />

gegen einen <strong>Dr</strong>itten 11 .ImEinzelnen unten Rn 34ff; die Auszahlung<br />

liegt also uU nicht erst in der späteren Verwertung der Sicherheit; diese kann<br />

aber als <strong>zu</strong>sätzliche Auszahlung <strong>zu</strong> qualifizieren sein 12 .<br />

4. Auswirkungen<br />

Von der Frage der Auszahlung (oben Rn 8) ist die andere <strong>zu</strong> trennen, ob die<br />

Leistung der Gesellschaft kapitalschutzrelevante Wirkungen hervorbringt,<br />

die in einem zweiten Schritt daraufhin <strong>zu</strong> prüfen sind, ob sie <strong>zu</strong> einem Verstoß<br />

gegen §30, also <strong>zu</strong> einer verbotenen Auszahlung führen 13 .Sokann in einer<br />

Tochter-GmbH die Bestellung einer Kreditsicherheit gegenüber einem<br />

außenstehenden Kreditgeber der Konzernmutter als Auszahlung ohne relevante<br />

Auswirkungen auf den Kapitalschutz der Tochter bleiben, wenn die so<br />

gesicherte Darlehensvaluta konzernintern sogleich an die Tochter weiterge-<br />

1BGH 31, 276; OLG <strong>Dr</strong>esden GmbHR<br />

2003, 358.<br />

2BGH WM 1984, 137.<br />

3BGH ZIP 2000, 1251; BGH ZIP 2008,<br />

2218, Tz 8; BGH LM 3<strong>zu</strong>§30;<br />

Schmolke Kapitalerhaltung S. 56 ff<br />

(Rn 135 ff).<br />

4BGH NJW 1984, 1036.<br />

5 Joost ZHR 148 (1984), 43 ff.<br />

6BGH 122, 338; s. auch Mülbert ZGR<br />

1995, 596.<br />

7BGH NZG 2000, 544 mit <strong>zu</strong>stimmender<br />

Anm Haas;aAAltmeppen DB 2000,<br />

657; vgl da<strong>zu</strong> auch §43Rn51ff.<br />

8 OLG Rostock GmbHR 1998, 330;<br />

Joost ZHR 148 (1984), 31; aA Mülbert<br />

ZGR 1995, 587f.<br />

9 BGH GmbHR 1987, 187.<br />

10 RG 168, 297.<br />

11 OLG München GmbHR 1998, 986.<br />

–Zum Buyout Scholz/H.P. Westermann<br />

§30Rn47; Kerber WM 1989,<br />

475 ff; Koppensteiner ZHR 155 (1991),<br />

114 f; Lutter/Wahlers AG 1989, 13 ff;<br />

Wittkowski GmbHR 1990, 544.<br />

12 Meister WM 1980, 394.<br />

13 S. auch Sonnenhol/Groß ZHR 159<br />

(1995), 400.<br />

680 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

leitet wird 1 .Obeine Auszahlung relevante Wirkungen hervorbringt, bemisst<br />

sich generell nach dem Niederschlag der Auszahlung in der Bilanz der Gesellschaft,<br />

mithin nach ihren Veränderungen im bilanziellen Gesamtwert des<br />

Gesellschaftsvermögens. Näher unten Rn 10 ff.<br />

5. Unterbilanz<br />

Nach Rn 9relevante Auszahlungen sind verboten, wenn durch sie eine Unterbilanz<br />

herbeigeführt oder weiter vertieft würde oder wenn die Gesellschaft<br />

bereits überschuldet ist. In einer solchen Situation muss das Auszahlungsverbot<br />

<strong>zu</strong>m Schutz der Gesellschaftsgläubiger erst recht eingreifen 2 .<br />

Die mögliche Unterbilanz ist durch einen aus dem Jahresabschluss abgeleiteten<br />

Vergleich zwischen dem Nettovermögen der Gesellschaft und ihrem<br />

Stammkapital (§ 3Abs. 1Nr. 3) ausschließlich Rücklagen und Nachschusskapital<br />

<strong>zu</strong> ermitteln 3 .Das Nettovermögen errechnet sich als die Summe aller<br />

in einer Bilanz nach §42; §§ 246ff, 266 ff HGB 4 angesetzten und bewerteten<br />

Aktiva abzüglich sämtlicher echten Passiva 5 .Denn die Unwägbarkeiten bei<br />

der Bewertung stiller Rücklagen dürfen nicht da<strong>zu</strong> führen, dass an die Gesellschafter<br />

Gesellschaftsvermögen ausgekehrt wird, welches <strong>zu</strong>r Erhaltung des<br />

Stammkapitals erforderlich ist 6 :<br />

a) Die Aktiva sind dem letzten Jahresabschluss <strong>zu</strong> entnehmen und nach Bilanzierungsansatz<br />

und Bewertungsgrundsätzen zeitanteilig fort<strong>zu</strong>schreiben<br />

(Zwischenabschluss) 7 .Für die Unterbilanzrechnung 8 gilt das gläubigerschützende<br />

Vorsichtsprinzip. Deshalb dürfen schwebende Geschäfte 9 und Dauerschuldverhältnisse<br />

nur insoweit berücksichtigt werden, wie dies nach den<br />

Bilanzierungsgrundsätzen für die Handelsbilanz vorgeschrieben ist, auf der<br />

Aktivseite also zB lediglich Vorleistungen der Gesellschaft 10 .–Außerdem<br />

bleiben alle Werte außer Ansatz, die wie etwa der selbst geschaffene Geschäfts-<br />

oder Firmenwert (§ 255 Abs. 4HGB) nicht aktiviert werden dürfen,<br />

selbst wenn sie bei einer Unternehmensveräußerung entgolten würden. Für<br />

den derivativen Firmenwert hat das BilMoG <strong>zu</strong> einer Änderung gegenüber<br />

der bisherigen Rechtslage auch für die Unterbilanzrechnung geführt: Gebot,<br />

den derivativen Firmenwert <strong>zu</strong> aktivieren (§ 246 Abs. 1Satz 4HGB), mit an-<br />

10<br />

11<br />

12<br />

1S.BGH ZIP 1998, 796; Schön ZHR 159<br />

(1995), 368.<br />

2Vgl BGH 76, 335; Joost GmbHR 1983,<br />

287; s. auch Schmolke Kapitalerhaltung,<br />

S. 34 f(Rn 80 ff).<br />

3BGH ZIP 2008, 2219, Tz 11; OLG<br />

Brandenburg GmbHR 1999, 299; näher<br />

Müller DStR 1997, 1577; Wilhelmi<br />

S. 102 ff.<br />

4 Nicht in einem Vermögensstatus,<br />

BGH GmbHR 1989, 154.<br />

5 S.BGH WM 1987, 1040.<br />

6 BGH 109, 338.<br />

7 Goette DStR 1997, 1496.<br />

8 Eingehend Ulmer/Habersack §30<br />

Rn 30 ff.<br />

9 Da<strong>zu</strong> Berg S. 102 f.<br />

10 BGH GmbHR 1989, 154.<br />

Hommelhoff | 681


§30 Kapitalerhaltung<br />

13<br />

14<br />

15<br />

schließender Verpflichtung <strong>zu</strong> unternehmensindividuell kontinuierlicher<br />

Wertabschreibung (§ 253 Abs. 3HGB). –Ebenso bleibt die Gesellschaft an<br />

ihre einmal ausgeübten Bilanzierungswahlrechte gebunden; andernfalls<br />

könnte der in §30bezweckte Gläubigerschutz manipuliert werden. Der Stetigkeitsgrundsatz<br />

gilt auch und gerade für die Unterbilanzrechnung. In ihr<br />

dürfen deshalb auch nicht die stillen Reserven, weder die zwangsweise noch<br />

die willkürlich gebildeten, aufgelöst werden 1 . Insoweit weicht der Überschuldungsstatus<br />

(s. Anh <strong>zu</strong> §64Rn29ff) von der Unterbilanzrechnung in<br />

§30ab; das Recht der Kapitalerhaltung hat den Gläubigerschutz nicht <strong>zu</strong>letzt<br />

deshalb nach vorn verlagert, weil die Bewertung stiller Reserven besonders<br />

unsicher ist. Umgekehrt brauchen keine Zerschlagungswerte <strong>zu</strong>grunde<br />

gelegt <strong>zu</strong> werden (ebenso wenig mögliche Sozialplanverpflichtungen); denn<br />

die Gesellschaft und ihre Organe benötigen hinreichend klare und einfach <strong>zu</strong><br />

handhabende Entscheidungsgrundlagen 2 .<br />

In der Unterbilanzierung sind entgegen §272 HGB nF sämtliche noch ausstehenden<br />

Gesellschaftereinlagen <strong>zu</strong> aktivieren. Soweit deren Einbringlichkeit<br />

zweifelhaft ist, sind diese entsprechend ab<strong>zu</strong>schreiben 3 .Zur bilanziellen Behandlung<br />

eigener Anteile s. §33Rn26ff.<br />

b) Auf der Passivseite sind sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

(nach dem handelsrechtlichen Gliederungsschema: §266 Abs. 3CHGB) mit<br />

ihrem aktuellen Nennwert an<strong>zu</strong>setzen 4 .Da<strong>zu</strong> zählen auch die Forderungen<br />

einzelner Gesellschafter, etwa die auf Ausschüttung der beschlossenen Dividende<br />

oder die aus Verkehrsgeschäften. Zu passivieren sind namentlich die<br />

Gesellschafterdarlehen; <strong>zu</strong>r Behandlung von eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen<br />

nach altem Recht vor MoMiG 16. Aufl §42Rn41ff.<br />

An<strong>zu</strong>setzen sind gleichfalls die in der Bilanz <strong>zu</strong> bildenden Rückstellungen<br />

(vgl §266 Abs. 3BHGB), insbesondere die aus schwebenden Geschäften 5 ,<br />

aber auch die für ungewisse Verbindlichkeiten 6 .Bei Sonderposten mit Rücklageanteil<br />

ist ihr Rückstellungsanteil heraus<strong>zu</strong>ziehen und in der Unterbilanzrechnung<br />

<strong>zu</strong> passivieren 7 .Indieser Rechnung ist die Gesellschaft an<br />

ausgeübte Passivierungswahlrechte gebunden, braucht aber andererseits eine<br />

1BGH GmbHR 1989, 154; OLG Brandenburg<br />

GmbHR 1999, 299; Scholz/<br />

H.P. Westermann §30Rn17; Joost<br />

GmbHR 1983, 287; aA Berg S. 86 ff;<br />

Meister WM 1980, 394; Sonnenhol/<br />

Stützle DB 1979, 927 f.<br />

2Offengelassen in BGH 76, 335; s. aber<br />

auch die Erwägungen von Scholz/<br />

H.P. Westermann §30Rn17.<br />

3Soauch OLG Bremen DStR 2002, 1407;<br />

überzeugend Kropff ZIP 2009, 1137,<br />

1139 f.<br />

4S.BGH WM 1985, 194.<br />

5BGH GmbHR 1989, 154.<br />

6Da<strong>zu</strong> ausführlich BGH GmbHR 2003,<br />

1421 f.<br />

7Gegen die teilweise Erfassung der<br />

Sonderposten als Eigenkapital<br />

R/A/Altmeppen §30Rn11; Ulmer/<br />

Habersack §30Rn40; Schmitt<br />

GmbHR 2002, 351 f.<br />

682 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

<strong>zu</strong>lässigerweise unterlassene Passivierung, etwa für Pensionsrückstellungen,<br />

nicht in der Unterbilanzrechnung nach<strong>zu</strong>holen; denn diese Rechnung ist stetig<br />

aus dem Jahresabschluss heraus fort<strong>zu</strong>schreiben (s. oben Rn 11).<br />

Soweit herab<strong>zu</strong>setzendes Aktivvermögen nicht auf der Aktivseite abgeschrieben<br />

worden ist, muss auf der Passivseite eine entsprechende Wertberichtigung<br />

gebildet werden. Rechnungsabgren<strong>zu</strong>ngsposten bleiben, wie auch auf<br />

der Aktivseite, unberücksichtigt 1 .<br />

c) Die Unterbilanzrechnung ist für den Zeitpunkt auf<strong>zu</strong>stellen, <strong>zu</strong> dem die<br />

Auszahlung an den oder <strong>zu</strong>gunsten des Gesellschafters erfolgt. Das kann der<br />

Moment sein, in dem eine Verbindlichkeit der Gesellschaft begründet, oder<br />

der, in dem ein dingliches Erfüllungsgeschäft vollzogen, oder der, in dem eine<br />

Sicherheit der Gesellschaft verwertet wird. Bei bestimmten Geschäften (s.<br />

etwa <strong>zu</strong>r Bestellung einer Sicherheit unten Rn 34) ist es deshalb durchaus<br />

möglich, dass Unterbilanzrechnungen für mehrere Zeitpunkte nacheinander<br />

aufgestellt werden müssen 2 .<br />

6. Empfänger<br />

Empfänger der Auszahlung muss ein Gesellschafter sein. Dem steht ein Stiller<br />

(§ 230 HGB) gleich, wenn er nach dem stillen Gesellschaftsvertrag die Geschicke<br />

der GmbH mit beeinflussen kann sowie an deren Vermögen und Ertrag<br />

beteiligt, er also in den mitgliedschaftlichen Verband der GmbH mit<br />

einbezogen ist 3 .–Zur Erstreckung auf Kommanditisten unten Rn 60 ff.<br />

a) Die Gesellschaftereigenschaft bemisst sich nach dem Zeitpunkt der Auszahlung<br />

im oben Rn 8genannten Sinne 4 .Gesellschafter ist deshalb auch derjenige,<br />

dem während seiner Zugehörigkeit <strong>zu</strong>r Gesellschaft eine Leistung der<br />

Gesellschaft <strong>zu</strong>gesagt worden ist, die erst nach seinem Ausscheiden erbracht<br />

wird 5 ; dem steht eine Zusage im Zusammenhang mit dem Ausscheiden<br />

gleich, selbst wenn an der Vereinbarung <strong>zu</strong> Lasten des Gesellschaftsvermögens<br />

nur der Veräußerer und der Erwerber des Geschäftsanteils beteiligt<br />

sind, wenn also der Kaufpreis aus der Gesellschaftskasse gezahlt werden soll.<br />

Umgekehrt ist auch ein künftiger Gesellschafter möglicher Auszahlungsempfänger,<br />

wenn ihm Zusagen im Hinblick auf seinen in Aussicht genommenen<br />

Eintritt in die Gesellschaft gemacht werden 6 .<br />

Auszahlungsempfänger ist ein Gesellschafter auch in den Fällen, in denen<br />

die Gesellschaft durch eine Zuwendung an <strong>Dr</strong>itte dem Gesellschafter (von<br />

seinem Standpunkt aus betrachtet) eine Leistung erbringt 7 .Das ist etwa bei<br />

16<br />

17<br />

18<br />

19<br />

20<br />

1AAUlmer/Habersack §30Rn33.<br />

2Soauch Scholz/H.P. Westermann §30<br />

Rn 62.<br />

3BGH GmbHR 1989, 153; Berg S. 167.<br />

4S.auch Berg S. 171.<br />

5BGH 13, 54; Goette DStR 1997, 1498.<br />

6 Canaris FS Fischer, 1979, S. 32 fim<br />

Anschluss an Fischer LM 2<strong>zu</strong>§30.<br />

Hommelhoff | 683


§30 Kapitalerhaltung<br />

21<br />

22<br />

Zahlungen der Gesellschaft an <strong>Dr</strong>itte im Einverständnis 1 oder gar auf Anweisung<br />

des Gesellschafters gegeben. Da<strong>zu</strong> zählen Fälle, in denen die Gesellschaft<br />

abredegemäß <strong>zu</strong>gunsten des Gesellschafters mittels Gutschrift auf einem<br />

Verrechnungskonto die Verbindlichkeiten eines <strong>Dr</strong>itten (an dem<br />

Gesellschafter beteiligt ist) gegenüber der Gesellschaft mindert, ohne dass es<br />

darauf ankommt, ob die Gutschrift auf dem Verrechnungskonto dem Gesellschafter<br />

tatsächlich vermögensmäßig (zB durch Buchung auf sein Kapitalkonto)<br />

<strong>zu</strong>gute kommt 2 .Gleiches gilt aber auch dann, wenn die Gesellschaft<br />

dem <strong>Dr</strong>itten für dessen Forderung gegen den Gesellschafter eine Sicherheit<br />

gewährt oder auch nur verspricht; damit erbringt die Gesellschaft <strong>zu</strong>gleich<br />

ihrem Gesellschafter eine Leistung. Ebenso, wenn die Gesellschaft auf diese<br />

Sicherheit an den <strong>Dr</strong>itten leistet 3 .<br />

b) Anders sind die Fälle ein<strong>zu</strong>ordnen, in denen der <strong>Dr</strong>itte und nicht der Gesellschafter<br />

Adressat der Leistung ist. Hier ist der Gesellschafter nicht Auszahlungsempfänger,<br />

so dass die Gesellschaftsleistung nicht gegen das Auszahlungsverbot<br />

verstößt und auch nicht –weder vom <strong>Dr</strong>itten noch vom Gesellschafter<br />

–<strong>zu</strong>rückverlangt werden kann.<br />

Von diesem Grundsatz sind jedoch dann Ausnahmen <strong>zu</strong> machen, wenn die<br />

Leistung an den <strong>Dr</strong>itten wegen dessen Nähe <strong>zu</strong>m Gesellschafter diesem als<br />

Auszahlung <strong>zu</strong>gerechnet werden muss 4 .Eine solche Nähebeziehung besteht<br />

etwa zwischen dem Gesellschafter als Treuhänder und dem Treugeber 5 ,zwischen<br />

dem Gesellschafter und seinem Ehegatten, seinen minderjährigen Kindern<br />

6 und uU seinen Eltern 7 oder Geschwistern 8 ;ebenso kann regelmäßig für<br />

verbundene Unternehmen (§ 15 AktG) von ihrer relevanten Nähe ausgegangen<br />

werden 9 .Bei einer solchen Nähebeziehung liegt die Leistung der Gesellschaft<br />

als Auszahlung an den Gesellschafter im Regelungsbereich des §30.<br />

Eine andere Frage ist, gegen wen sich der Erstattungsanspruch der Gesellschaft<br />

aus §31Abs. 1richtet (da<strong>zu</strong> bei §31Rn6f).<br />

7 Geßler FS Fischer, 1979, S. 145;<br />

Schmolke Kapitalerhaltung, S. 57<br />

(Rn 136).<br />

1BGH 95, 193.<br />

2BGH GmbHR 2000, 771, 774.<br />

3BGH 81, 260.<br />

4 Brandes WM 1988, Sonderbeilage 2,<br />

S. 8; eingehend Altmeppen FS Kropff,<br />

1997, S. 643 ff.<br />

5 Altmeppen FS Kropff, 1997, S. 644;<br />

ausführlich <strong>zu</strong>r Haftung von Treugeber<br />

und Treuhänder s.bei §14Rn18<br />

sowie R/A/Altmeppen §30Rn32ff;<br />

monographisch Armbrüster Die<br />

treuhänderische Beteiligung an<br />

Gesellschaften, 2001, S. 393 ff.<br />

6BGH ZIP 1990, 366; offengelassen im<br />

Übrigen für sonstige nahe Angehörige.<br />

7BGH 81, 369; Fischer Pro GmbH,<br />

S. 151.<br />

8OLG Hamm GmbHR 1999, 1097.<br />

9BGH 81, 315 f; näher Altmeppen FS<br />

Kropff, 1997, S. 648 ff; <strong>zu</strong>m Beurteilungszeitpunkt:<br />

BGH GmbHR 1996,<br />

112.<br />

684 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

7. Auszahlungsverbot<br />

Auszahlungen an Gesellschafter sind erst und auch nur insoweit verboten,<br />

wie sie <strong>zu</strong> einer Unterbilanz oder Überschuldung führen (<strong>zu</strong> deren Berechnung<br />

oben Rn 10 ff) oder diese weiter vertiefen würden. Deshalb bemisst es<br />

sich nach einer rechnerischen Bewertung der Auszahlung, ob und inwieweit<br />

diese verboten ist. Hierfür hat grundsätzlich die Gesellschaft die Darlegungsund<br />

Beweislast; der Gesellschafter braucht keinen Negativbeweis dahin <strong>zu</strong><br />

erbringen, dass eine Auszahlung an ihn unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt<br />

verboten ist 1 .Darlegungsschwierigkeiten bei fehlenden oder ungeordneten<br />

Geschäftsaufzeichnungen, denen vor allem der Insolvenzverwalter<br />

ausgesetzt sein kann, ist nach den Grundsätzen über die sekundäre Behauptungslast<br />

<strong>zu</strong> begegnen 2 .<br />

a) Das Auszahlungsverbot kommt nicht <strong>zu</strong>m Zuge, wenn der Gesellschafter<br />

eine fremde Sache oder eine Sache in anfechtbarer Weise eingebracht hat und<br />

der betroffene <strong>Dr</strong>itte nunmehr die Herausgabe der Sache betreibt 3 .Indiesem<br />

Falle gehen dessen Interessen denen der Gesellschaftsgläubiger an der Erhaltung<br />

des Stammkapitals vor.<br />

b) Kompensierender Gegenanspruch: Zueiner nach §30verbotenen Auszahlung<br />

kommt es auch dann nicht, wenn die Auszahlung durch einen Gegenleistungs-<br />

oder Rückgewähranspruch der Gesellschaft kompensiert wird, der<br />

im Sinne des Bilanzrechts (§ 253 HGB) vollwertig ist (<strong>zu</strong>r begrifflichen Erweiterung<br />

unten Rn 32 f). Bilanziell führt eine solche vollständig kompensierte<br />

Auszahlung bloß <strong>zu</strong> einem Tausch von Aktivposten (typisch: Forderung statt<br />

Kasse) und lässt damit das Kapital der Gesellschaft unverändert. Das hat das<br />

MoMiG mit dem neuen §30Abs. 1Satz 2Alt. 2ausdrücklich klargestellt,<br />

um alle Bestrebungen <strong>zu</strong> vereiteln, den bilanziellen Kapitalschutz um eine<br />

strukturell-gegenständliche Komponente <strong>zu</strong> erweitern 4 (s. 16. Aufl Rn 10).<br />

Dieser gesetzlichen Vorgabe hat der BGH in seinem „MPS“-Urteil sogleich<br />

Rechnung getragen 5 :Der kompensierende Gegenanspruch der Gesellschaft<br />

darf selbst dann nicht als wertlos fingiert werden, wenn die Gesellschaft im<br />

Augenblick der Auszahlung eine Unterbilanz (Rn 10 ff) aufweist 6 .Damit hat<br />

das Gericht sein „November“-Urteil 7 aufgegeben.<br />

23<br />

24<br />

25<br />

1BGH WM 1989, 1168.<br />

2BGH GmbHR 2003, 469 mwN.<br />

3BGH GmbHR 1995, 224; eingehend<br />

Hüttemann GmbHR 2000, 357.<br />

4BegrRegE, BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 94;<br />

einführender Überblick auch bei<br />

Hackschen S. 265 ff.<br />

5BGH GmbHR 2009, 199 mit Besprechung<br />

von Altmeppen ZIP 2009, 49;<br />

Habersack ZGR 2009; Kropff NJW<br />

2009, 814.<br />

6AASchmolke Kapitalerhaltung, S. 36 f<br />

(Rn 85 ff), s. aber auch unten Rn 32.<br />

7BGH 157, 72 mit kritischer Analyse ua<br />

von Scholz/H.P. Westermann §30<br />

Rn 20 ff mwN.<br />

Hommelhoff | 685


26<br />

27<br />

28<br />

§30 Kapitalerhaltung<br />

Im Ergebnis darf somit die Gesellschaft ihrem Gesellschafter ohne Rücksicht<br />

auf das Auszahlungsverbot aus §30ein Darlehen gewähren (upstream loan),<br />

wenn nur der Rückzahlungsanspruch im Augenblick der Valuta-Auszahlung<br />

vollwertig ist. Sollte dieser Anspruch im Zeitraum nach der Auszahlung an<br />

Wert verlieren, so wirkt dieser Umstand nicht <strong>zu</strong>rück und macht die Auszahlung<br />

nicht <strong>zu</strong> einer nach §30verbotenen 1 .Allerdings kann die Ausreichung<br />

der Darlehensvaluta trotzdem nach den Regeln der Existenzvernichtungshaftung<br />

(oben §13Rn29ff) verboten sein, etwa wenn der Gesellschaft dadurch<br />

die überlebensnotwendige Liquidität entzogen wird. –ImÜbrigen gilt: Verbotsfrei<br />

begründete Verbindlichkeiten (zB eine Kredit<strong>zu</strong>sage) darf die Gesellschaft<br />

selbst dann erfüllen, wenn mittlerweile eine Unterbilanz entstanden<br />

ist 2 .<br />

Über den (lediglich den Regelfall ansprechenden) Gesetzeswortlaut hinaus ist<br />

unbeachtlich, gegen wen sich der kompensierende Gegenanspruch richtet, ob<br />

gegen den die Auszahlung empfangenden Gesellschafter oder gegen einen <strong>Dr</strong>itten<br />

3 ;wesentlich sind allein Existenz und Vollwertigkeit des Gegenanspruchs.<br />

Denn maßgeblich für die kapitalschutzrechtliche Neutralität einer Operation<br />

ist ihre bilanzielle Neutralität, nicht hingegen, wer für die vollwertige Kompensation<br />

eintreten soll. Dagegen kann ein bloß eingeschränkt werthaltiger<br />

(„teilwertiger“) Gegenanspruch nicht das Auszahlungsverbot aus §30überwinden<br />

4 .Das folgt aus dem Gesetzeswortlaut „vollwertig“, aus der systematischen<br />

Verknüpfung zwischen dem Recht der Kapitalaufbringung (§19Abs. 5<br />

Satz 1) und dem der Kapitalerhaltung (§ 30 Abs. 1Satz 2) sowie daraus, dass<br />

eine gesetzliche Sanktion, ein Teilanspruch aus §31Abs. 1, nicht den Gesetzesverstoß<br />

gegen §30salvieren kann. Dagegen darf der Gedanke des Übermaßverbotes<br />

(ausgetragen auf dem Rücken übermäßig belasteter Geschäftsführer)<br />

5 nicht die Steuerungswirkung des Auszahlungsverbots außer Funktion<br />

setzen: Gesellschafter-Kooperation wegen Risikoteilhabe ist unerlässlich.<br />

c) Vollwertigkeit: Sie bemisst sich nach §253 Abs. 1/3 HGB; danach ist eine<br />

Forderung nicht vollwertig, wenn sie mit einem über das allgemeine Kreditrisiko<br />

hinausgehenden Ausfallrisiko behaftet ist 6 ,sie mithin ein qualitativ gesteigertes<br />

Risiko ihrer Einbringlichkeit aufweist. Die (tatsächliche) Durch-<br />

1BGH GmbHR 2009, 202, Tz 13aE.<br />

2BGH 69 281; OLG Brandenburg<br />

GmbHR 1999, 298; aA Wand/Tillmann/Heckenthaler<br />

AG 2009, 152:<br />

Zeitpunkt der Auszahlung.<br />

3Enger die BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07,<br />

S. 94 nach ihrem Wortlaut.<br />

4Zutreffend Bormann/Urlichs in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 48; aA Mülbert/Leuschner<br />

NZG 2009, 284; J. Vetter in Goette/<br />

Habersack MoMiG, S. 125f.<br />

5Soaber und eindringlich Goette in<br />

Goette/Habersack MoMiG, S. 303 f.<br />

6BFH BStBl II 2003, 942; <strong>zu</strong>stimmend<br />

B/H/Schulze-Osterloh §42Rn407; im<br />

Ergebnis so auch schon Großkomm/<br />

Kleindiek 4. Aufl 2002, §253 HGB<br />

Rn 73.<br />

686 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

setzbarkeit der Forderung definiert ihre Vollwertigkeit mit 1 .Sie hängt in erster<br />

Linie und vor allem von der Bonität des Schuldners ab: Wird dieser im Augenblick<br />

der Anspruchsfälligkeit in der Lage und willens sein, den kompensierenden<br />

Gegenanspruch (oben Rn 25) vollständig <strong>zu</strong> erfüllen? Hierfür ist<br />

zwar eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Anspruchserfüllung,<br />

weil nur in den seltensten Fällen erreichbar, nicht erforderlich 2 .Aber<br />

schon aus dem Einzelfall konkret begründete Zweifel geringsten Ausmaßes<br />

nehmen dem kompensierenden Gegenanspruch seine Vollwertigkeit; für sie<br />

langt eine unspezifizierte „Unwahrscheinlichkeit des Forderungsausfalls“<br />

nicht hin. Muss davon ausgegangen werden, dass der Gesellschafter seine<br />

Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft nicht recte erfüllen wird, so ist deren<br />

Forderung gegen den Gesellschafter in entsprechendem Umfang und unter<br />

Berücksichtigung des Vorsichtsprinzips ab<strong>zu</strong>schreiben 3 .–Ob auch nur geringste<br />

Zweifel an der Einbringlichkeit bestehen, bemisst sich für das<br />

Auszahlungsverbot allein nach objektiven Kriterien; auf die subjektive Erkennbarkeit<br />

der Zweifel begründenden Umstände für den Geschäftsführer<br />

kommt es für die Vollwertigkeit des Gegenanspruchs nicht an 4 .<br />

d) Ob eine fehlende Besicherung dem kompensierenden Gegenanspruch<br />

(oben Rn 25) seine Vollwertigkeit nimmt, hängt nicht unmittelbar von der<br />

Verkehrsüblichkeit einer solchen Besicherung ab, sondern davon, ob ein objektiver<br />

<strong>Dr</strong>itter diesen Anspruch sogleich nach seiner Entstehung bloß mit einem<br />

Abschlag wegen fehlender Besicherung erwerben würde. Das bestimmt<br />

sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem<br />

Umfang des Gegenanspruchs, nach seiner Laufzeit sowie nach der Person des<br />

Schuldners und seiner voraussichtlichen Bonität im Augenblick der Anspruchsfälligkeit<br />

–alles bemessen im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung.<br />

In gleicher Weise bestimmen sich die Auswirkungen einer fehlenden oder<br />

un<strong>zu</strong>reichenden Verzinsung des Gegenanspruchs auf das Auszahlungsverbot<br />

aus §30nach dem Verhalten eines objektiven dritten Anspruchserwerbers<br />

unter den konkret obwaltenden Umständen: Veranlassen sie diesen, den Anspruch<br />

allenfalls mit einem Abschlag <strong>zu</strong> erwerben? Das ist namentlich dann<br />

29<br />

30<br />

1S.BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 94:<br />

die Durchsetzbarkeit der Forderung ist<br />

Teil der Definition des Begriffs der<br />

Vollwertigkeit und bedarf daher keiner<br />

besonderen Erwähnung; <strong>zu</strong>treffend so<br />

auch Heckschen, S.265 (Rn 675).<br />

2S.BGH GmbHR 2009, 201, Tz 13 <strong>zu</strong><br />

§311 AktG.<br />

3Vgl Großkomm/Kleindiek 4. Aufl<br />

2002, §253 HGB Rn 73. –Trotz vollwertigen<br />

Rückzahlungsanspruchs (also<br />

unabhängig von §30) kann der Geschäftsführer<br />

entgegen §43Abs. 1<br />

sorgfaltswidrig handeln, wenn er die<br />

nahe<strong>zu</strong> gesamte Liquidität der Gesellschaft<br />

an einen einzigen Darlehensnehmer<br />

ausreicht; das dadurch hervorgerufene<br />

Klumpenrisiko („alle Eier in<br />

einem Korb“) mag die Gesellschaft in<br />

ihrer Existenz gefährden (<strong>zu</strong>treffend<br />

Kropff NJW 2009, 815; Schmolke<br />

Kapitalerhaltung, S. 43 [Rn 100]).<br />

4 Altmeppen ZIP 2009, 51.<br />

Hommelhoff | 687


§30 Kapitalerhaltung<br />

31<br />

32<br />

an<strong>zu</strong>nehmen, wenn die Forderung inflationsbedingt wegen fehlender oder<br />

un<strong>zu</strong>reichender Verzinsung bei Fälligkeit in ihrem inneren Wert ausgehöhlt<br />

sein wird 1 .Davon ist der kompensierende Gegenanspruch direkt betroffen;<br />

das Verzinsungsproblem ist in diesem Falle entgegen dem „MPS“-Urteil 2<br />

nicht gesondert <strong>zu</strong> bewältigen.<br />

e) Informations- und Reaktionssystem: Jenach den konkreten Umständen<br />

des Einzelfalles kann der die Auszahlung kompensierende Gegenanspruch<br />

(oben Rn 25) mit einem qualitativ gesteigerten Risiko seiner Einbringlichkeit<br />

schon im Augenblick seiner Begründung behaftet sein (Rn 28), wenn im Hinblick<br />

auf die Schuldnerbonität und deren Entwicklung konkreter Anlass<br />

besteht, diese fortlaufend <strong>zu</strong> verfolgen, um ggf bei ihrer Verschlechterung<br />

Nachbesicherung <strong>zu</strong> verlangen oder den Gegenanspruch durch eine außerordentliche<br />

Kündigung sogleich fällig <strong>zu</strong> stellen. Hierfür kann es im Einzelfall<br />

geboten sein, ein Informations- und Reaktionssystem mit dem Schuldner<br />

<strong>zu</strong> vereinbaren. Dies ist dann nicht allein (nach §43Abs. 2sanktionierte) Geschäftsführungspflicht,<br />

sondern je nach den Umständen des Einzelfalles weitergehend<br />

(und über das „MPS“-Urteil hinaus) 3 erforderlich, um den Gegenanspruch<br />

nicht von Anbeginn in seiner Vollwertigkeit <strong>zu</strong> beeinträchtigen. Je<br />

weiter dessen vereinbarte Fälligkeit (rechtlich oder tatsächlich) hinausgeschoben<br />

ist, desto eher besteht für die Einrichtung eines solchen Informations-<br />

und Reaktionssystems Anlass. Fehlt ein so erforderliches System, bleibt<br />

die Auszahlung mangels vollwertig kompensierenden Gegenanspruchs nach<br />

§30Abs. 1Satz 1verboten. Auf die aktuelle Bonität des empfangenden Gesellschafters<br />

kommt es dann nicht an. Zum Informations- und Reaktionssystem<br />

beim Cash Pooling unten Rn 40 f.<br />

f) Entgegen dem ersten Anschein bemisst sich die Vollwertigkeit des Gegenanspruchs<br />

nicht allein nach der Handelsbilanz der Gesellschaft, sondern nach<br />

dem Verkehrswert des Auszahlungsgegenstandes. Das folgt aus dem der Regelung<br />

in §30Abs. 1Satz 2<strong>zu</strong>grundeliegenden Vollwertigkeits- und Deckungsgebot<br />

4 :bei Austauschverträgen müsse der Zahlungsanspruch gegen den Ge-<br />

1 Wand/Tillmann/Heckenthaler AG<br />

2009, 152; Brocker/Rockstroh BB 2009,<br />

732; Schmolke Kapitalerhaltung, S. 41<br />

(Rn 98) nehmen Verzinsungsgebot bei<br />

einer Laufzeit über ein Jahr an;<br />

Mülbert/Leuschner NZG 2009, 283:<br />

in jedem Falle Risikoaufschlag auf die<br />

Kosten des Darlehensgebers.<br />

2BGH GmbHR 2009, 202, Tz 17.<br />

3BGH GmbHR 2009, 203, Tz 20 f; im<br />

Ergebnis wie dieser (wohl) Heckschen<br />

S. 266 (Rn 679) sowie Mülbert/<br />

Leuschner NZG 2009, 283 mit dem<br />

verfehlten Argument „keine weiteren<br />

Anforderungen neben der Vollwertigkeit“;<br />

wie hier aber im Ergebnis schon<br />

Hentzen ZGR 2005, 500 f; im Ansatz so<br />

auch J. Vetter in Goette/Habersack<br />

MoMiG, S. 125 (4.48).<br />

4 Winter DStR 2007, 1486 f; Wand/<br />

Tillmann/Heckenthaler AG 2009, 152<br />

und im Ergebnis wohl auch Schmolke<br />

Kapitalerhaltung, S. 36f (Rn 85ff), interpretieren<br />

dies (methodisch verfehlt)<br />

als Ausnahme von der bilanziellen<br />

Betrachtungsweise.<br />

688 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

sellschafter nicht nur vollwertig sein, sondern müsse darüber hinaus auch<br />

wertmäßig nach Marktwerten (und nicht nach Abschreibungswerten) den geleisteten<br />

Gegenstand decken 1 .Das betrifft neben den nicht bilanzierten Vermögensgegenständen<br />

(zB bestimmten Immaterialgütern) 2 vor allem die stillen<br />

Reserven im Aktivvermögen der Gesellschaft; sie dürfen im Stadium der Unterbilanz<br />

(oben Rn 10 ff) nicht auf die Gesellschafter verlagert werden (so<br />

schon 16. Aufl Rn 12). Sollte zB das Betriebsgrundstück, mit seinen Anschaffungskosten<br />

bilanziert, einen höheren Verkehrs- (gleich Markt-)Wert haben,<br />

dann liegt in der Veräußerung an einen Gesellschafter <strong>zu</strong>m Buchwert eine<br />

nach §30Abs. 1Satz 1verbotene Auszahlung, wenn die Gesellschaft im Augenblick<br />

der Veräußerung eine Unterbilanz aufweist. Ist dies nicht der Fall,<br />

dann führt eine solche Veräußerung nicht <strong>zu</strong>r Unterbilanz und ist auch nicht<br />

nach §30Abs. 1Satz 1verboten (<strong>zu</strong>r Behandlung als verdeckte Vermögens<strong>zu</strong>wendung<br />

oben §29Rn48ff); denn bilanziell liegt ein neutraler Aktiventausch<br />

vor. Insoweit wirkt sich dann doch die vom MoMiG vollzogene Abkehr<br />

von der gegenständlichen Betrachtungsweise (oben Rn 25) aus 3 .<br />

Das vom Gesetzgeber gewollte Deckungsgebot hat im Wortlaut des Gesetzes<br />

neben dem Gebot der Vollwertigkeit keinen Niederschlag gefunden. Es ist<br />

damit (entgegen der Formulierung in der Gesetzesbegründung 4 )inden Begriff<br />

der Vollwertigkeit <strong>zu</strong> integrieren. Daher bemisst es sich, ob der Gegenanspruch<br />

im Augenblick der Auszahlung werthaltig ist, nach seiner tatsächlichen<br />

Vollwertigkeit; sie ist im Doppelschritt <strong>zu</strong> prüfen: <strong>zu</strong>m ersten danach,<br />

wie sich Auszahlung und Begründung des Gegenanspruchs in der Handelsbilanz<br />

der Gesellschaft niederschlagen, und <strong>zu</strong>m zweiten anhand des Verkehrswertes,<br />

den der Auszahlungsgegenstand hat, und der Höhe des Gegenanspruchs:<br />

deckt dieser den Verkehrswert vollständig ab?<br />

8. Sicherheitsleistungen <strong>zu</strong>gunsten eines Gesellschafters<br />

Sicherheitsleistungen <strong>zu</strong>gunsten eines Gesellschafters sind im Recht der Kapitalerhaltung<br />

ebenfalls handelsbilanziell nach dem Grundsatz der tatsächlichen<br />

Vollwertigkeit (oben Rn 33) <strong>zu</strong> behandeln 5 .Auf der Passivseite der Unterbilanzrechnung<br />

ist die Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber dem<br />

<strong>Dr</strong>itten <strong>zu</strong> bewerten, auf der Aktivseite der mögliche Freistellungs- oder Regressanspruch<br />

gegen den Gesellschafter. Wenn dieser im Moment, da die Sicherheit<br />

begründet wird, vollwertig ist, erscheint der Gesamtvorgang vorerst<br />

33<br />

34<br />

1BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 94;<br />

näher Eusani GmbHR 2009, 512.<br />

2 Bormann/Urlichs in Römermann/<br />

Wachter, GmbH-Beratung nach dem<br />

MoMiG, GmbHR-Sonderheft 2008,<br />

S. 48; Winter DStR 2006, 1486 f.<br />

3ImErgebnis so auch <strong>Dr</strong>ygala/Kremer<br />

ZIP 2007, 1294; mit struktureller Begründung<br />

Eusani GmbHR 2009, 515 f.<br />

4BegrRegE BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 94.<br />

5Hier<strong>zu</strong> auch Altmeppen ZIP 2009, 52 f.<br />

Hommelhoff | 689


§30 Kapitalerhaltung<br />

35<br />

36<br />

als Unterbilanz-neutral 1 ;der Gesellschafter ist dann in vollem Umfang leistungsfähig,<br />

mit einer Inanspruchnahme der Gesellschaft ist nicht <strong>zu</strong> rechnen.<br />

Folglich ist die Zusage oder Gewährung der Sicherheit lediglich außerhalb<br />

des Rechenwerkes „unter dem Strich“ <strong>zu</strong> vermerken (§ 251 Satz 1<br />

HGB), der Gegenanspruch auf Befreiung oder Rückgriff bleibt, um nicht das<br />

Rechenwerk <strong>zu</strong> verzerren, ebenfalls außen vor 2 .–Indes:<br />

Damit kann es nicht sein Bewenden haben; vielmehr ist schon im frühen<br />

Zeitpunkt der Sicherheits<strong>zu</strong>sage oder -gewährung <strong>zu</strong> fingieren, dass die Gesellschaft<br />

aus der Sicherheit tatsächlich in Anspruch genommen wird. Denn<br />

wenn sich das Risiko der Inanspruchnahme so steigert, dass die Gesellschaft<br />

eine Rückstellung nach §249 Abs. 1HGB bilden oder gar die Verpflichtung<br />

aus der Sicherheit passivieren muss (§ 247 Abs. 1HGB), dann finden diese bilanziellen<br />

Veränderungen ihren Auslöser in den tatsächlichen Verhältnissen<br />

des Gesellschafters, aber nicht in Geschäftsführungshandlungen, die iSd §30<br />

Abs. 1Satz 1als Auszahlungen qualifiziert werden können 3 .Das aber darf<br />

die Schutzregeln der Kapitalerhaltung nicht leerlaufen lassen; um sie <strong>zu</strong> effektuieren,<br />

ist deshalb bereits für den Zeitpunkt der Sicherheits<strong>zu</strong>sage oder<br />

-gewährung vom Eintritt des Sicherheitsfalls aus<strong>zu</strong>gehen und <strong>zu</strong> prüfen, wie<br />

sich dies auf die Vermögenslage der Gesellschaft auswirken würde. Diese<br />

würde vom Sicherungsnehmer nicht in Anspruch genommen werden, wenn<br />

der Gesellschafter leistungsfähig wäre; daher ist auch der Rückgriffsanspruch<br />

der Gesellschaft gegen diesen in aller Regel <strong>zu</strong>mindest nicht vollwertig gemäß<br />

§30Abs. 1Satz 2, wenn nicht gar wertlos 4 .<br />

Konsequent kommt für Sicherheitsleistungen der Gesellschaft <strong>zu</strong>gunsten ihrer<br />

Gesellschafter die Ausnahmeregel des §30Abs. 1Satz 2nicht <strong>zu</strong>m Zuge;<br />

diese sind stets am Grundtatbestand des §30Abs. 1Satz 1<strong>zu</strong>messen: Führt<br />

die Sicherheit, die Inanspruchnahme der Gesellschaft aus ihr unterstellt, im<br />

Augenblick ihrer Zusage oder Gewährung <strong>zu</strong> einer Unterbilanz der Gesellschaft,<br />

<strong>zu</strong> ihrer Vertiefung oder gar <strong>zu</strong>r Überschuldung? Dabei ist der kompensierende<br />

Rückgriffsanspruch aus Vorsichtsgründen (oben Rn 35) als wertlos<br />

<strong>zu</strong> fingieren. Im Ergebnis bedeutet dies: Falls die Gesellschaft die Sicherheit<br />

im Moment ihrer Zusage oder Gewährung vollständig aus ihrem freien<br />

Vermögen (oberhalb des Stammkapitals) leisten könnte, steht §30Abs. 1<br />

Satz 1dieser Zusage etc nicht entgegen. Sollten sich die Vermögensverhält-<br />

1 <strong>Dr</strong>ygala/Kremer ZIP 2007, 1295;<br />

Flesner NZG 2006, 645 f.<br />

2 Er kann jedoch nach Wahl der Gesellschaft<br />

ebenfalls „unter dem Strich“ auf<br />

der Aktivseite der Bilanz vermerkt werden<br />

(Ellrott Beck BilKomm, 6. Aufl 2006,<br />

§251 HGB Rn 12; Großkomm/Kleindiek<br />

4. Aufl 2002, §251 HGB Rn 28).<br />

3Deshalb liegt in dieser Fiktion keine<br />

Rückkehr <strong>zu</strong>m „November“-Urteil<br />

(oben Rn 25); <strong>zu</strong>r alten Rechtslage vor<br />

dem MoMiG s. R/A/Altmeppen §30<br />

Rn 97ff einerseits und Scholz/H.P.<br />

Westermann §30Rn46andererseits.<br />

4ImErgebnis so auch Wand/Tillmann/<br />

Heckenthaler AG 2009, 152.<br />

690 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

nisse der Gesellschaft danach verschlechtern, berechtigt dies den Geschäftsführer<br />

nicht, die tatsächliche Leistung der Sicherheit unter Berufung auf §30<br />

Abs. 1Satz 1<strong>zu</strong>verweigern. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung des<br />

Geschäftsführers aus §43Abs. 1, in einem solchen Fall ggf den Gesellschafter<br />

auf Freistellung von der Sicherheitsleistung in Anspruch <strong>zu</strong> nehmen.<br />

9. Cash Pooling<br />

Die oben für Darlehen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter (Rn 25 ff) und<br />

für deren Sicherheitsleistungen <strong>zu</strong>gunsten der Gesellschafter (Rn 34 ff) entwickelten<br />

Überlegungen gelten in grundsätzlich gleicher Weise für das Cash<br />

Pooling im Konzern, also für die taggenaue Sammlung aller bei den Konzerngesellschaften<br />

angefallenen Liquidität an einer zentralen Stelle, <strong>zu</strong>meist bei<br />

der konzernherrschenden Gesellschaft, der zentralen Liquiditätsdisposition<br />

durch diese und der täglichen Versorgung der Konzerngesellschaft mit der benötigten<br />

Liquidität 1 .Namentlich den Cash Poolsystemen will das MoMiG<br />

mit der Regelung in §30Abs. 1Satz 2(vollwertiger Rückgewähranspruch)<br />

eine feste Rechtsgrundlage geben 2 ,ohne damit jedoch nähere Vorgaben <strong>zu</strong>r<br />

Ausgestaltung solcher Systeme <strong>zu</strong> machen. Grundlage für die Zahlungsströme<br />

im Konzern sind Darlehensverträge 3 der konzernherrschenden Gesellschaft<br />

mit den einzelnen Konzerngesellschaften; sie führen regelmäßig <strong>zu</strong><br />

Rückgewähransprüchen täglich wechselnden Umfangs der konzernabhängigen<br />

Gesellschaft gegenüber der konzernherrschenden; denkbar sind aber auch<br />

umgekehrt Rückgewähransprüche der herrschenden Gesellschaft gegenüber<br />

allen oder einigen abhängigen. Ob die Rückgewähransprüche <strong>zu</strong> verzinsen<br />

sind, hängt im einzelnen Cash Poolsystem von dessen Rahmenvereinbarung<br />

ab. In aller Regel wird der Kontokorrentsaldo, den das den Gesamtkonzern finanzierende<br />

Kreditinstitut gegen die konzernherrschende Gesellschaft hat,<br />

durch dingliche Sicherheiten unterlegt, die sämtliche Konzerngesellschaft<br />

beibringen 4 .Am(regelmäßig unabsehbaren) Ende des Cash Poolsystems sind<br />

die dann noch offenen Rückgewähransprüche aus den Darlehensbeziehungen<br />

<strong>zu</strong> erfüllen sowie die Sicherheiten frei<strong>zu</strong>geben, sofern sie nicht noch benötigt<br />

werden.<br />

a) Schon der Abschluss des Rahmenvertrages für das Cash Poolsystem ist auf<br />

Seiten der konzernabhängigen Gesellschaft eine Auszahlungnach §30Abs. 1<br />

Satz 1und nicht erst die einzelne Liquiditätsabfuhr. Denn mit dem Vertragsabschluss<br />

verpflichtet sich die Gesellschaft auf Dauer und nicht einseitig wi-<br />

37<br />

38<br />

1 Vetter/Stadler Haftungsrisiken beim<br />

konzernweiten Cash Pooling, 2003,<br />

S. 1ff; Habersack/Schürnbrand NZG<br />

2004, 689, 690; Jula/Breitenbach AG<br />

1997, 256; Scholz/H.P. Westermann<br />

§30Rn55.<br />

2BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 93 f.<br />

3 Henze WM 2005, 717.<br />

4Vgl Altmeppen ZIP 2009, 52; s. auch<br />

Habersack/Schürnbrand NZG 2004,<br />

695 f.<br />

Hommelhoff | 691


§30 Kapitalerhaltung<br />

39<br />

40<br />

derrufbar, ihre Liquidität täglich an die konzernherrschende Gesellschaft ab<strong>zu</strong>führen.<br />

Funktional entspricht der Abschluss des Rahmenvertrages einer<br />

Kredit<strong>zu</strong>sage der Gesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter; schon dies ist<br />

eine Auszahlung iSv §30(oben Rn 8). Das Ziel einer effektiven Kapitalerhaltung<br />

(oben Rn 1) erfordert es, beim Cash Pooling schon den Abschluss des<br />

Rahmenvertrages an §30<strong>zu</strong>messen. Wenn dieser nicht gegen das Auszahlungsverbot<br />

verstößt, brauchen die einzelnen Liquiditätsabfuhren im Gefolge<br />

des Rahmenvertrages nicht mit Blick auf §30qualifiziert <strong>zu</strong> werden. Denn<br />

er verpflichtet die Gesellschaft <strong>zu</strong>r Abfuhr; dem kann sich die Gesellschaft<br />

wie bei der Kredit<strong>zu</strong>sage an ihren Gesellschafter (oben Rn 26 aE) selbst dann<br />

nicht entziehen, wenn nach dem Abschluss des Rahmenvertrages die Liquiditätsabfuhr<br />

isoliert betrachtet wegen Veränderung der Verhältnisse gegen<br />

§30verstoßen würde. Hiervon unberührt bleibt die Verpflichtung des Geschäftsführers<br />

aus §43Abs. 1, den Rahmenvertrag wegen qualifizierter Gefährdung<br />

der Gesellschaft Ansprüche aus ihm ggf außerordentlich fristlos<br />

mit Wirkung für die Zukunft <strong>zu</strong> kündigen (unten Rn 41) –namentlich, wenn<br />

sich das Cash Poolsystemen inhärente Klumpenrisiko <strong>zu</strong> verwirklichen<br />

droht. –Zur Rechtslage bei fehlendem Rahmenvertrag unten Rn 45.<br />

b) Als Auszahlung gewürdigt muss der Rahmenvertrag für das Cash Poolsystem<br />

in seinem Abschluss den Anforderungen des §30Abs. 1Satz 2gerecht<br />

werden, damit sein Abschluss und die auf seiner Grundlage von der Gesellschaft<br />

<strong>zu</strong> erbringenden Leistungen nicht dem Auszahlungsverbot des §30<br />

Abs. 1Satz 1unterfallen. Dann müssen den Leistungen der Gesellschaft vollwertige<br />

Gegenleistungen der konzernherrschenden Gesellschaft gegenüberstehen.<br />

Deren Gegenleistungen sind das Versprechen, die abhängige Gesellschaft<br />

mit der benötigten Liquidität taggenau <strong>zu</strong> versorgen, und dessen Erfüllung<br />

1 ,ggf die Verzinsung bestimmter Guthabenssockel auf einige Dauer<br />

sowie die Rückzahlung eines ggf bei Beendigung des Cash Poolsystems bestehenden<br />

Restguthabens. Auf diese Gegenleistungen muss der abhängigen Gesellschaft<br />

im Rahmenvertrag ein notfalls auch durchsetzbarer Anspruch gewährt<br />

werden, damit ihre Auszahlungen vollwertig kompensiert werden.<br />

Eine Guthabensverzinsung wird nicht in jedem Falle <strong>zu</strong> fordern sein, sondern<br />

erst ab einem bestimmten relativen und/oder absoluten Guthaben für einige<br />

Dauer; insoweit ist den Geschäftsleitungen ein gewisses unternehmerisches<br />

Ermessen ein<strong>zu</strong>räumen 2 .<br />

c) Darüber hinaus erfordert die Vollwertigkeit der Gegenleistungen innerhalb<br />

des Rahmenvertrages für das Cash Poolsystem ein Informations-, Frühwarnund<br />

Reaktionssystem als Untersystem <strong>zu</strong>gunsten der konzernabhängigen<br />

1Skeptisch Mülbert/Leuschner NZG<br />

2009, 283.<br />

2S.von Falkenhausen/Kocher BB 2009,<br />

122; aA Kiefner/Theusinger NZG 2008,<br />

805 f.<br />

692 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

Gesellschaft 1 .Denn diese generiert regelmäßig positive Ergebnisse, so dass<br />

der Liquiditätsverkehr im Konzern darauf angelegt ist, Darlehensansprüche<br />

(oben Rn 37) gegen die herrschende Gesellschaft <strong>zu</strong> begründen. Zwar können<br />

diese Ansprüche mit den Zahlungsansprüchen der herrschenden Gesellschaft<br />

nach Verwendungsentscheid (§ 29 Rn 16 ff) jahresperiodisch verrechnet werden;<br />

solange und soweit dies jedoch (noch) nicht geschehen ist, verfügt die<br />

abhängige Gesellschaft über einen Rückzahlungsanspruch, dessen Pflege<br />

Aufgabe des Geschäftsführers ist. Die tatsächliche Durchsetzbarkeit, also<br />

Einbringlichkeit dieses Anspruchs (oben Rn 28) und die des möglichen Rückgewähranspruchs<br />

bei Systembeendigung (oben Rn 39) muss von Anbeginn gewährleistet<br />

sein, ebenso die taggenaue Liquiditätsversorgung der abhängigen<br />

Gesellschaft. Ihr Geschäftsführer muss all’ dies von Anbeginn aus eigener<br />

Rechtsmacht seiner Gesellschaft sicherstellen können; andernfalls sind die<br />

Gegenleistungen der herrschenden Gesellschaft nicht vollwertig iSd §30<br />

Abs. 1Satz 2. Insoweit gilt dasselbe wie für isolierte Darlehen der Gesellschaft<br />

an ihren Gesellschafter (oben Rn 31): es muss ein Informations- und<br />

Reaktionssystem etabliert werden –beim Cash Poolsystem allerdings wegen<br />

der täglichen Entblößung von jeglicher Liquidität und dem daraus herrührenden<br />

Klumpenrisiko in jedem Falle und angereichert um Frühwarnkomponenten<br />

wegen der besonderen Gefahren, denen die abhängige Gesellschaft beim<br />

Cash Pooling ausgesetzt ist 2 .<br />

Zugleich schützen die Einrichtung eines solchen Informations-, Frühwarnund<br />

Reaktionssystems sowie dessen tatsächlicheNut<strong>zu</strong>ng in all seinen Komponenten<br />

den Geschäftsführer vor einer Haftung aus §64Satz 3; er hat dann<br />

die nach dieser Bestimmung haftungausschließende Sorgfalt eines ordentlichen<br />

Geschäftsmannes gewahrt.<br />

Die Ausgestaltung des Informations-, Frühwarn- und Reaktionssystems unterliegt<br />

dem unternehmerischen Ermessen der beteiligten Geschäftsleitungen.<br />

Es hat sich an den Systemzielen <strong>zu</strong> orientieren: den Geschäftsführer der<br />

abhängigen Gesellschaft <strong>zu</strong> befähigen, auf eine sich verschlechternde Lage<br />

der herrschenden Gesellschaft, welche die Liquiditätsversorgung der abhängigen<br />

und/oder ihre Rückzahlungsansprüche gefährdet, so rechtzeitig <strong>zu</strong><br />

reagieren, dass er von seiner Gesellschaft Nachteile und Schäden, soweit es<br />

irgend geht, abwenden kann. Das erfordert <strong>zu</strong>m ersten ein Informationssystem,<br />

in dem die Initiative, insbesondere die für ad hoc-Warnungen zwingend<br />

41<br />

1Ohne Verknüpfung mit der Vollwertigkeit<br />

so auch BGH GmbHR 2009, 202,<br />

Tz 14; Henze WM 2005, 726; Kropff<br />

NJW 2009, 816 f; Vetter/Stadler<br />

Haftungsrisiken beim konzernweiten<br />

Cash Pooling, 2003, S. 114ff; s. auch<br />

oben Rn 31.<br />

2Soschon Henze WM 2005, 726; vom<br />

Informations- und Reaktionssystem als<br />

unverzichtbarem Bestandteil des Cash<br />

Management Systems gehen offenbar<br />

auch Vetter/Stadler Haftungsrisiken<br />

beim konzernweiten Cash Pooling,<br />

2003, S. 111/115 aus.<br />

Hommelhoff | 693


§30 Kapitalerhaltung<br />

42<br />

43<br />

44<br />

der Geschäftsleitung der konzernherrschenden Gesellschaft <strong>zu</strong>gewiesen ist;<br />

Auskunftsrechte der abhängigen Gesellschaft müssen ergänzend hin<strong>zu</strong>kommen,<br />

langen aber allein für sich genommen nicht aus. Zum zweiten braucht<br />

die Gesellschaft effektive Reaktionsbehelfe 1 :ein Recht, die Liquiditätsabfuhren<br />

einstweilen aus<strong>zu</strong>setzen; einen Anspruch auf Besicherung des aktuellen<br />

(und ggf des künftigen) Darlehensguthabens; ein Recht, den Darlehensanspruch<br />

sofort <strong>zu</strong>r Rückzahlung fällig stellen <strong>zu</strong> können; das Recht, den<br />

Rahmenvertrag außerordentlich mit sofortiger Wirkung <strong>zu</strong> kündigen. –Zu<br />

erwägen ist schließlich als Bestandteil des Rahmenvertrages das Versprechen<br />

eines Kreditinstituts, der abhängigen Gesellschaft auf deren Anforderung<br />

eine (nach Umfang und Zeitdauer begrenzte) Kreditlinie <strong>zu</strong> eröffnen, damit<br />

die Gesellschaft den Ausfall der konzerninternen Liquiditätsversorgung überbrücken<br />

und ein eigenes Versorgungssystem aufbauen kann.<br />

d) Gestellung von Sicherheiten durch die abhängige Gesellschaft, um die Verpflichtungen<br />

der herrschenden Gesellschaft gegenüber außenstehenden Kreditinstituten<br />

ab<strong>zu</strong>sichern, sind in Cash Poolsystemen gebräuchlich. Auch sie<br />

unterliegen der Prüfung, ob der Gegenleistungsanspruch der Gesellschaft<br />

vollwertig iSd §30Abs. 1Satz 2ist. Anders als bei der isolierten Besicherung<br />

des Gesellschafters (oben Rn 34f) steht bei der im Cash Poolsystem nicht der<br />

Befreiungs- oder Erstattungsanspruch der Gesellschaft im Vordergrund, sondern<br />

ihr Anspruch auf Versorgung mit der täglich benötigten Liquidität (oben<br />

Rn 39). Zu seiner Erfüllung tragen die von der abhängigen Gesellschaft mitbesicherten<br />

Rechtsbeziehungen der herrschenden <strong>zu</strong> außenstehenden Kreditinstituten<br />

mit bei. Mithin sind diese Sicherheiten Teil des Cash Poolsystems<br />

und müssen innerhalb des Rahmenvertrages gewürdigt werden.<br />

Vollwertig muss daher in erster Linie der Anspruch der Gesellschaft sein, die<br />

gestellten Sicherheiten frei<strong>zu</strong>geben, sobald jene aus dem Cash Poolsystem<br />

ausscheidet –sei es im Wege ordentlicher oder außerordentlicher Beendigung.<br />

Im Interesse der Effektivität muss der Freigabeanspruch auch direkt gegenüber<br />

den Sicherungsnehmern begründet werden. Das jedoch wird sich in<br />

den wenigsten Fällen durchsetzen lassen: Das außenstehende Kreditinstitut<br />

wird gerade in dem Moment, in dem die abhängige Gesellschaft das Cash<br />

Poolsystem verlassen will, Wert auf die Kreditsicherheit und ggf auf ihre Verwertung<br />

legen.<br />

Allerdings ist der Freigabeanspruch der abhängigen Gesellschaft dann und insoweit<br />

„vollwertig“ iSv §30Abs. 1Satz 2, wenn die Sicherheitenverwertung<br />

von vornherein in dem Maße eingeschränkt wird, dass das Stammkapital von<br />

ihr unberührt bleibt (limitation language) 2 ;ggf muss ein Teil des Verwer-<br />

1 Henze WM 2005, 726; Vetter/Stadler<br />

Haftungsrisiken beim konzernweiten<br />

Cash Pooling, 2003, S. 115.<br />

2Da<strong>zu</strong> Wand/Tillmann/Heckenthaler<br />

AG 2009, 155.<br />

694 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

tungserlöses in das Vermögen der Gesellschaft <strong>zu</strong>rückfließen, um ihr Stammkapital<br />

entsprechend auf<strong>zu</strong>stocken. Wenn dies im Rahmenvertrag verankert<br />

wird, ist der „Freigabeanspruch“ der abhängigen Gesellschaft „vollwertig“.<br />

Im Interesse der Effektivität muss diese jedoch den Sicherungsnehmern diese<br />

Einschränkung ihrer Verwertungsbefugnisse auch direkt, also ohne Einschaltung<br />

der herrschenden Gesellschaft entgegenhalten können. Das hat diese in<br />

ihrer Sicherungsabrede mit den Sicherungsnehmern <strong>zu</strong> vereinbaren (Einschränkung<br />

<strong>zu</strong>gunsten <strong>Dr</strong>itter). –Alternativ kommt für die Sicherungsnehmer<br />

ein mittelbarer Zugriff auf das Tochtervermögen auf dem Weg über die<br />

Verpfändung oder Sicherungsübertragung der Beteiligung in Betracht, welche<br />

die konzernherrschende Gesellschaft an der abhängigen hält, verbunden mit<br />

der Abrede, dass die abhängige Gesellschaft <strong>Dr</strong>itten keine Sicherheiten einräumt.<br />

e) Fehlt für das Cash Poolsystem ein Rahmenvertrag,soist für die Vollwertigkeit<br />

iSd §30Abs. 1Satz 2der Darlehensanspruch der Gesellschaft gegen die<br />

konzernherrschende im Augenblick der Liquiditätsabfuhr maßgeblich. Die<br />

Vollwertigkeit ist also täglich <strong>zu</strong> überprüfen. Denn der Weisung der konzernherrschenden<br />

Gesellschaft oder auch ihrer bloßen Veranlassung, die Liquidität<br />

ab<strong>zu</strong>führen, kann und muss sich der Geschäftsführer der abhängigen entziehen,<br />

wenn die Abfuhr mangels Vollwertigkeit des kompensierenden<br />

Darlehensanspruchs (oben Rn 25) <strong>zu</strong> einem Verstoß gegen das Auszahlungsverbot<br />

aus §30Abs. 1Satz 1führen würde. Die abhängige Gesellschaft ist<br />

nicht durch eine vorangehende Verpflichtung, funktional vergleichbar einer<br />

Kredit<strong>zu</strong>sage (oben Rn 26 aE), gebunden.<br />

Auf diese tägliche Prüfung sind die Informationen aus<strong>zu</strong>richten, die die konzernherrschende<br />

Gesellschaft dem Geschäftsführer der abhängigen für diesen<br />

Zweck gewähren muss (oben Rn 40 f); sie sind regelmäßig sehr zeitnah bei<strong>zu</strong>stellen.<br />

Hierauf ist der abhängigen Gesellschaft ein Anspruch <strong>zu</strong> gewähren.<br />

Ohne ihn ist der kompensierende Darlehensanspruch nicht vollwertig,<br />

darf sich der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft auf die angesonnene<br />

Liquiditätsabfuhr unter Haftungsandrohung (§ 43 Abs. 2/3) nicht einlassen. –<br />

Gleiches gilt für das Recht der abhängigen Gesellschaft, das ggf entstandene<br />

Darlehensguthaben bei Gefährdung seiner Einbringlichkeit sofort <strong>zu</strong>rückfordern<br />

<strong>zu</strong> können; das Recht <strong>zu</strong>r außerordentlichen Kündigung des Darlehens<br />

muss mit der Verpflichtung der konzernherrschenden Gesellschaft abredegemäß<br />

verbunden werden, die Darlehensvaluta auf erstes Anfordern der abhängigen<br />

Gesellschaft sogleich <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>gewähren. – Sicherheiten <strong>zu</strong>gunsten außenstehender<br />

Sicherungsnehmer darf die konzernabhängige Gesellschaft nur<br />

unter der Vorausset<strong>zu</strong>ng gewähren, dass jene ihre Verwertungsbefugnis in einem<br />

Versprechen direkt <strong>zu</strong>gunsten der abhängigen Gesellschaft auf deren<br />

Vermögen oberhalb des Stammkapitals beschränken (oben Rn 44).<br />

45<br />

46<br />

Hommelhoff | 695


§30 Kapitalerhaltung<br />

47<br />

48<br />

49<br />

10. Weitere Durchbrechungen des Auszahlungsverbots<br />

a) Das Kapitalerhaltungssystem mit dem Auszahlungsverbot des §30Abs. 1<br />

Satz 1inseinem Zentrum kommt nicht <strong>zu</strong>m Zuge, wenn die Gesellschaft einen<br />

Beherrschungs- oder einen Gewinnabführungsvertrag entsprechend<br />

§291 Abs. 1AktG abgeschlossen hat und deshalb in ihrem Interesse, in dem<br />

ihrer Gläubiger und in dem ihrer außenstehenden Gesellschafter durch den<br />

Anspruch auf Verlustausgleich entsprechend §302 AktG geschützt wird 1 .<br />

Das war schon vor dem MoMiG geltendes Recht 2 und ist nun in §30Abs. 1<br />

Satz 2ausdrücklich verlautbart. Eigenständigen Gehalt hat die Neuregelung<br />

jedoch insofern, als die Leistungen der Gesellschaft bei Bestehen eines solchen<br />

Unternehmensvertrages freigestellt sind und nicht bloß wie <strong>zu</strong>vor auf<br />

Grund eines solchen Vertrages. Damit sind nicht allein Leistungen der Gesellschaft<br />

an den Vertragspartner, das herrschenden Unternehmen, dem Auszahlungsverbot<br />

des §30Abs. 1Satz 1entzogen, sondern weitergehend ebenfalls<br />

Leistungen an andere Unternehmen, die mit dem herrschenden gemäß<br />

§§ 15 ff AktG verbunden sind 3 ,also zB an die Konzernschwester der Gesellschaft.<br />

Diese erweiterte Freistellung findet ihre Rechtfertigung darin, dass<br />

das herrschende Unternehmen auch für solche Leistungen das Einstandsrisiko<br />

trägt, wenn sie <strong>zu</strong> einem Verlust bei der Gesellschaft führen.<br />

Diese verdrängende Freistellung aus §30Abs. 1Satz 2findet ihre immanente<br />

Grenze zwar im vertragskonzernrechtlichen Verbot existenzgefährdender<br />

Weisungen 4 ,aber nicht in der Unfähigkeit des herrschenden Unternehmens,<br />

den jahresperiodischen Verlust der Gesellschaft aus<strong>zu</strong>gleichen 5 .Solange der<br />

Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag nicht auf der Grundlage des<br />

§297 Abs. 1AktG gekündigt ist, bleibt die Freistellung bei Bestand. Das erfordert<br />

das Gebot der Rechtssicherheit. Deshalb kommt auch kein suspendierendes<br />

Leistungsverweigerungsrecht wegen voraussichtlicher Ausgleichsunfähigkeit<br />

des herrschenden Unternehmens in Betracht; Vorausset<strong>zu</strong>ng einer<br />

Suspension ist die außerordentliche Kündigung.<br />

Von der Freistellung aus §30Abs. 1Satz 2unberührt bleibt die Verpflichtung<br />

des Geschäftsführers, fortlaufend <strong>zu</strong> prüfen, ob die Vorausset<strong>zu</strong>ngen für eine<br />

1BGH 168, 285.<br />

2Zutreffender Hinweis bei Goette Einführung<br />

in das neue GmbH-Recht,<br />

2008, Einführung, Rn 53; <strong>zu</strong>r alten<br />

Rechtslage vor dem MoMiG Scholz/<br />

H.P. Westermann §30Rn51f mwN.<br />

3Enger wohl Bormann/Urlichs in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 47 f: dem Gesellschafter<br />

gleichgestellter <strong>Dr</strong>itter.<br />

4OLG Düsseldorf AG 1990, 492;<br />

Schmolke Kapitalerhaltung, S. 70<br />

(Rn 168); K. <strong>Schmidt</strong>/Lutter/Langenbucher<br />

§308 AktG Rn 31 mwN.<br />

5AABormann/Urlichs in Römermann/<br />

Wachter, GmbH-Beratung nach dem<br />

MoMiG, GmbHR-Sonderheft 2008,<br />

S. 47; Wand/Tillmann/Heckenthaler<br />

AG 2009, 154.<br />

696 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

außerordentliche Kündigung des Unternehmensvertrages nach §297 Abs. 1<br />

AktG eingetreten sind, ob also das herrschende Unternehmen voraussichtlich<br />

nicht in der Lage sein wird, den Verlustausgleich an die Gesellschaft <strong>zu</strong><br />

leisten 1 .Sobald die Vorausset<strong>zu</strong>ngen nach der pflichtgemäß <strong>zu</strong> bildenden<br />

Überzeugung des Geschäftsführers eingetreten sind, muss er die Kündigung<br />

aussprechen und ggf alle weiteren Leistungen seiner Gesellschaft trotz Streits<br />

über die Wirksamkeit der Kündigung vorerst verweigern. –Umvom Kündigungsrecht<br />

ggf Gebrauch machen <strong>zu</strong> können, muss sich der Geschäftsführer<br />

anhand ihm <strong>zu</strong>gänglicher Quellen informiert halten. Die Einrichtung eines<br />

Informations- und Frühwarnsystems wie beim Cash Pooling (oben Rn 40f)<br />

wird allerdings in der Regel nicht erforderlich sein.<br />

b) Nach §30 Abs. 1 Satz 3 findet das Auszahlungsverbot aus §30 Abs. 1<br />

Satz 1 keine Anwendung auf die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen<br />

und wirtschaftlich entsprechende Handlungen. Damit hat das MoMiG mitsamt<br />

dem Eigenkapitalersatzrecht auch dessen bisherige sog Rechtsprechungsregeln<br />

außer Kraft setzen wollen. Tilgungsgrenzen enthält nunmehr<br />

allein §64Satz 3.<br />

11. Rechtsfolgen<br />

In erster Linie wendet sich §30Abs. 1andie Geschäftsführer; sie dürfen<br />

keine verbotenen Auszahlungen vornehmen (§ 43 Abs. 1, 3); erst wenn diesem<br />

vorbeugenden Gebot <strong>zu</strong>widergehandelt worden ist, kommt die Ausgleichsregelung<br />

des §31Abs. 1<strong>zu</strong>m Zuge, nämlich die Pflicht <strong>zu</strong>r Rückerstattung<br />

der Auszahlung an die Gesellschaft. Nicht geregelt ist die Frage,<br />

welche Wirkung das Auszahlungsverbot auf das Versprechen einer Leistung<br />

und auf die Erfüllung des Leistungsversprechens hat.<br />

a) Liegt die verbotswidrige Auszahlung in der Eingehung einer Verbindlichkeit<br />

gegenüber einem Gesellschafter, soist diese Verbindlichkeit zwar keineswegs<br />

nichtig 2 –und zwar selbst dann nicht, wenn die Beteiligten auf Umgehung<br />

des Kapitalschutzes abzielen 3 . Vielmehr ist die Verbindlichkeit<br />

durchaus entstanden, aber gehemmt: Solange und soweit die Verbindlichkeit<br />

<strong>zu</strong> einer Unterbilanz führt oder diese vertieft, können und müssen die Geschäftsführer<br />

die Erfüllung verweigern 4 .Das ist im Prozess von Amts wegen<br />

<strong>zu</strong> berücksichtigen. Sollte sich dagegen die Lage der Gesellschaft so verbes-<br />

50<br />

51<br />

52<br />

1Zutreffend Bormann/Urlichs in Römermann/Wachter,<br />

GmbH-Beratung<br />

nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft<br />

2008, S. 47.<br />

2 B/H/Hueck/Fastrich §30Rn32mwN;<br />

Scholz/H.P. Westermann §30Rn12;<br />

Joost ZHR 148 (1984), 30 ff.<br />

3BGH GmbHR 1997, 791 f.<br />

4 B/H/Hueck/Fastrich §30Rn32;<br />

Scholz/H.P. Westermann §30Rn13<br />

(genuin gesellschaftsrechtliches Leistungshindernis);<br />

Henze S. 151; anders<br />

der Lösungsvorschlag von Joost ZHR<br />

148 (1984), 32: Rangrücktritt.<br />

Hommelhoff | 697


§30 Kapitalerhaltung<br />

53<br />

54<br />

55<br />

56<br />

sern, dass sich die verbindlichkeitsbedingte Unterbilanz auflöst, so wird der<br />

Anspruch des Gesellschafters ungehemmt und darf erfüllt werden. Allerdings<br />

steht er, solange er nicht erfüllt ist, unter der <strong>Dr</strong>ohung wieder eintretender<br />

Unterbilanz; demnach besteht die Verbindlichkeit der Gesellschaft<br />

zwar während der Unterbilanz, darf jedoch nicht erfüllt werden 1 .–Vom Wegfall<br />

des Auszahlungsverbots nach §30ist der Wegfall eines bereits entstandenen<br />

Erstattungsanspruchs gemäß §31<strong>zu</strong>unterscheiden. Letzterer geht nach<br />

<strong>zu</strong>treffender Rspr des BGH auch bei „nachhaltiger Wiederherstellung“ des<br />

Stammkapitals nicht wieder unter 2 .<br />

b) Geht die Gesellschaft (entgegen dem Eingehungsverbot oben Rn 52) eine Verbindlichkeit<br />

gegenüber einem <strong>Dr</strong>itten ein, dann ist diese einwendungsfrei wirksam<br />

3 .Denn das Auszahlungsverbot richtet sich an die Gesellschafter, nicht<br />

aber an <strong>Dr</strong>itte (oben Rn 2f); deshalb darf diese kein Nachteil treffen 4 .<strong>Dr</strong>itten<br />

gegenüber ist eine Verbindlichkeit allein unter der Vorausset<strong>zu</strong>ng unwirksam<br />

(s. aber auch unten Rn 55), dass der <strong>Dr</strong>itte mit dem Gesellschafter bewusst<br />

<strong>zu</strong>m Schaden der Gesellschaft oder ihrer Gläubiger <strong>zu</strong>sammengewirkt hat 5 .<br />

Wirksam ist die verbotswidrige Verbindlichkeit aber nur im Verhältnis <strong>zu</strong>m<br />

<strong>Dr</strong>itten, nicht jedoch im Verhältnis <strong>zu</strong>m beteiligten Gesellschafter; erist<br />

nach §31Abs. 1sofort verpflichtet, unter allen Umständen die Entlassung<br />

seiner Gesellschaft aus der Verbindlichkeit gegenüber dem <strong>Dr</strong>itten herbei<strong>zu</strong>führen.<br />

In diesem Verhältnis besteht somit eine rechtshemmende Einwendung<br />

6 .Für einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich ist neben dem speziellen<br />

§31Abs. 1kein Raum 7 .<br />

Nicht wie eine Verbindlichkeit gegenüber einem <strong>Dr</strong>itten, sondern wie die gegenüber<br />

einem Gesellschafter sind <strong>Dr</strong>ittschulden <strong>zu</strong> behandeln, wenn der<br />

<strong>Dr</strong>itte als Familienangehöriger oder als verbundenes Unternehmen dem Gesellschafter<br />

nahesteht (oben Rn 22). In einem solchen Fall ist das verbotswidrige<br />

<strong>Dr</strong>ittgeschäft einwendungsbehaftet (oben Rn 52).<br />

c) Hat sich die Gesellschaft <strong>zu</strong> einer verbotswidrigen Leistung an ihren Gesellschafter<br />

verpflichtet, so ist das dingliche Erfüllungsgeschäft wirksam, obwohl<br />

die Unterbilanz der Gesellschaft dadurch möglicherweise noch weiter<br />

1Vgl Meister WM 1980, 394 f.<br />

2BGH 144, 336; da<strong>zu</strong> §31Rn12.<br />

3Soauch Steinbeck WM 1999, 888 ff: es<br />

sei denn, Missbrauch der Vertretungsmacht,<br />

unten §35Rn22.<br />

4AABerg S. 108 f.<br />

5Zum Ganzen BGH WM 1982, 1402; LG<br />

Frankfurt ZIP 1997, 1464; Abramenko<br />

GmbHR 1997, 878 ff; Mülbert ZGR<br />

1995, 612; Sonnenhof/Stützle WM<br />

1983, 3, 5; aA öOGH AG 1996, 574:<br />

grobe Fahrlässigkeit; Schön ZHR 159<br />

(1995), 366 für den Fall, dass der Gesellschaftsgläubiger<br />

sich die Haftungsmassen<br />

des Gesellschafters und der<br />

Gesellschaft <strong>zu</strong>gleich erschließt; dagegen<br />

BGH ZIP 1998, 796; Sonnenhol/<br />

Groß ZHR 159 (1995), 412.<br />

6S.Berg S. 174.<br />

7BGH GmbHR 1997, 792.<br />

698 | Hommelhoff


Kapitalerhaltung §30<br />

verschlechtert wird. Denn der Rückgewähranspruch aus §31 Abs. 1 und<br />

seine Absicherung durch die Solidarhaftung nach §31Abs. 3sichern das Gesellschaftsvermögen<br />

und schützen damit die Gläubiger spezialgesetzlich und<br />

<strong>zu</strong>dem in ausreichendem Maße 1 ; <strong>zu</strong>sätzliche Vindikationsansprüche sind<br />

nicht erforderlich.<br />

d) Eine einwendungsbehaftete Verpflichtung (oben Rn 52) dürfen die Geschäftsführer<br />

nicht erfüllen; sie haben das Recht und die Pflicht (§ 43 Abs. 3),<br />

die versprochene Leistung <strong>zu</strong> verweigern. Eine solche Verweigerungspflicht<br />

besteht nicht, wenn die Verpflichtung bei ihrer Begründung unterbilanzneutral<br />

war (s. oben Rn 26 aE).<br />

Ist die Verpflichtung einem <strong>Dr</strong>itten gegenüber eingegangen worden und deshalb<br />

wirksam, so können die Geschäftsführer ihm gegenüber die Leistung<br />

nicht verweigern 2 .Sie müssen jedoch vom beteiligten Gesellschafter verlangen,<br />

dass dieser die Unterbilanz, welche die Gesellschaft durch die Eingehung<br />

der Verbindlichkeit und durch deren Erfüllung erlitten hat und noch<br />

erleiden würde, durch eigene Maßnahmen ausgleicht; hierauf haben die Geschäftsführer<br />

mit geeigneten Maßnahmen nachdrücklich hin<strong>zu</strong>wirken.<br />

Sollte der <strong>Dr</strong>itte gegen die Gesellschaft gar klagen, so hat diese einen Freistellungsanspruch<br />

gegen ihren Gesellschafter.<br />

e) Zum Erstattungsanspruch der Gesellschaft, seinem Gegner und seinem Inhalt<br />

s. §31Rn3ff.<br />

12. Die GmbH &CoKG<br />

a) In der GmbH &CoKGkönnen Auszahlungen aus dem KG-Vermögen an<br />

einen Kommanditisten das Gesellschaftsvermögen sowohl der KG als auch<br />

das ihrer Komplementär-GmbH verkürzen 3 .Denn eine Schmälerung des KG-<br />

Vermögens kann die GmbH da<strong>zu</strong> zwingen, ihre KG-Beteiligung außerordentlich<br />

ab<strong>zu</strong>schreiben, und außerdem führt das möglicherweise gesteigerte Risiko,<br />

von den KG-Gläubigern nach §§ 161 Abs. 2, 128 HGB in Anspruch<br />

genommen <strong>zu</strong> werden, <strong>zu</strong>m Zwang, eine Rückstellung <strong>zu</strong> passivieren, falls<br />

der Ersatzanspruch der GmbH gegen die KG (§ 110 HGB) wirtschaftlich gefährdet<br />

erscheint. Diese Wertveränderungen im GmbH-Vermögen können<br />

bei ihr <strong>zu</strong> einer Unterbilanz führen. Deshalb können Auszahlungen an Kommanditisten<br />

nicht nur <strong>zu</strong>m Wiederaufleben der Kommanditisten-Haftung<br />

führen (§ 172 Abs. 4Satz 1HGB), sondern daneben gegen §30verstoßen.<br />

Beide Haftungsordnungen kommen nebeneinander <strong>zu</strong>m Zuge 4 .<br />

57<br />

58<br />

59<br />

60<br />

1BGH GmbHR 1997, 792; B/H/Hueck/<br />

Fastrich §30Rn32; Joost ZHR 148<br />

(1984), 42.<br />

2 Sonnenhol/Stützle WM 1983, 3f im<br />

Anschluss an BGH WM 1982, 1402.<br />

3Eingehend Ulmer/Habersack §30<br />

Rn 102; Scholz/H.P. Westermann §30<br />

Rn 57 ff.<br />

4BGH 60, 327 f.<br />

Hommelhoff | 699


61<br />

62<br />

63<br />

64<br />

65<br />

66<br />

§30 Kapitalerhaltung<br />

Wegen des möglichen Rückstellungszwangs ist ein Durchschlag auf das<br />

GmbH-Vermögen selbst dann möglich, wenn die GmbH an der KG keine Kapitalbeteiligung<br />

hält.<br />

b) Würde die Auszahlung aus dem KG-Vermögen <strong>zu</strong> einer GmbH-Unterbilanz<br />

in einer GmbH &CoKGführen, in welcher der empfangende Kommanditist<br />

<strong>zu</strong>gleich als GmbH-Gesellschafter beteiligt ist, so handelt es sich<br />

um eine nach §30verbotene Auszahlung; die Geschäftsführer der geschäftsführenden<br />

GmbH müssen in der KG die Auszahlung unterlassen. Ob die<br />

Leistung dem Empfänger in seiner Rolle als Kommanditist oder als GmbH-<br />

Gesellschafter <strong>zu</strong>fließen würde, ist gleichgültig. –Für Leistungen aus dem<br />

KG-Vermögen an <strong>Dr</strong>itte gilt das für die GmbH Bemerkte (oben Rn 52ff, 58)<br />

entsprechend.<br />

Hält die KG sämtliche Anteile an der Komplementär-GmbH (Einheitsgesellschaft),<br />

so gilt das Auszahlungsverbot gegenüber den Kommanditisten, obwohl<br />

sie nicht an der GmbH beteiligt sind 1 .Ein Verbotsverstoß kann insbesondere<br />

dann vorliegen, wenn die GmbH den KG-Anteil von ihrem<br />

Gesellschafter erwirbt und die Gegenleistung an den Kommanditisten dem<br />

KG-Vermögen entnommen wird.<br />

Ist der empfangende Kommanditist nicht an der GmbH beteiligt, ohne dass<br />

eine Einheitsgesellschaft vorliegt, so gilt ihm gegenüber dennoch das Auszahlungsverbot<br />

aus §30 2 ;denn <strong>zu</strong>m einen sind die Kommanditisten in einer<br />

solchen Organisationsform mit beschränktem Haftungsfonds für dessen Erhaltung<br />

mitverantwortlich 3 ,und zwar unabhängig von bloßem Anlegerinteresse<br />

oder von fehlender Einflussmacht auf die Geschäftsführer 4 .Zum anderen<br />

könnten die Geschäftsführer ohne das Auszahlungsverbot <strong>zu</strong> einer Auszahlung<br />

gezwungen werden, ohne dass den Gläubigern in §172 Abs. 4Satz 1<br />

HGB ein hinreichender Ausgleich gewährt würde 5 .–Zur Erstreckung auf<br />

Stille oben Rn 21f.<br />

c) Zur Erstattungspflicht des Kommanditisten: §31Rn3,10.<br />

13. Nachschüsse<br />

Dem Auszahlungsverbot (§ 30 Abs. 1) unterliegen gleichfalls die eingezahlten<br />

Nachschüsse; sie dürfen an die Gesellschafter nur unter der Vorausset<strong>zu</strong>ng<br />

<strong>zu</strong>rückgezahlt werden, dass dadurch keine Unterbilanz entsteht oder vertieft<br />

1 Ulmer/Habersack §30Rn105;<br />

Scholz/H.P. Westermann §30Rn60.<br />

2BGH 110, 355 ff; OLG Celle NZG 2004,<br />

183; Schmolke Kapitalerhaltung, S. 90<br />

(Rn 229); Scholz/H.P. Westermann §30<br />

Rn 59 mwN.<br />

3 Berg S. 165; Hunscha GmbHR 1973,<br />

260 f.<br />

4BGH 110, 355; enger Ulmer/Habersack<br />

§30Rn105: nur bei qualifiziertem Informationsrecht<br />

des Kommanditisten.<br />

5Vgl schon BGH 60, 327 f.<br />

700 | Hommelhoff


Erstattung verbotener Rückzahlungen §31<br />

wird (arg §30Abs. 2Satz 1). Über das allgemeine Auszahlungsverbot hinaus<br />

gibt §30Abs. 2für das Nachschusskapital noch eine <strong>zu</strong>sätzliche Sicherung,<br />

die Platz greift, falls die Nachschussrückzahlung nicht gegen das Auszahlungsverbot<br />

verstößt. Damit trägt das Gesetz der besonderen Rechtsqualität<br />

des Nachschusskapitals Rechnung, das zwar kein Stammkapital, aber dennoch<br />

unternehmerisches Risikokapital ist (vgl §42Abs. 2Satz 3; s. auch §26<br />

Rn 2).<br />

§30Abs. 2unterliegen nur die Nachschüsse, <strong>zu</strong> denen sich die Gesellschafter<br />

im Gesellschaftsvertrag verpflichtet haben und die tatsächlich erbracht<br />

worden sind. Für den obligatorischen und seit dem JKomG gemäß §12bekannt<strong>zu</strong>machenden<br />

Rückzahlungsbeschluss der Gesellschafter (§ 46 Nr. 3 1 )<br />

gelten materielle Beschlussvorausset<strong>zu</strong>ngen 2 ,und er darf erst nach einer dreimonatigen<br />

Sperrfrist vollzogen werden. –Nachschüsse, die im Einklang mit<br />

§30Abs. 1/2 <strong>zu</strong>rückgezahlt worden sind, gelten als nicht eingefordert 3 .<br />

67<br />

Erstattung verbotener Rückzahlungen<br />

31<br />

(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des §30 <strong>zu</strong>wider geleistet<br />

sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.<br />

(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit<br />

verlangt werden, als sie <strong>zu</strong>r Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich<br />

ist.<br />

(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht <strong>zu</strong> erlangen, so haften für den<br />

<strong>zu</strong> erstattenden Betrag, soweit er <strong>zu</strong>r Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger<br />

erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile.<br />

Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht <strong>zu</strong> erlangen<br />

sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigenverteilt.<br />

(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen <strong>zu</strong> leisten<br />

sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.<br />

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1in<br />

zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3infünf Jahren. Die Verjährung<br />

beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung<br />

beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1findet<br />

§19Abs. 6Satz 2entsprechende Anwendung.<br />

(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3geleistete Erstattung einer Zahlung<br />

sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleis-<br />

1Zuihm näher Schmolke Kapitalerhaltung,<br />

S. 85 f(Rn 214 ff).<br />

2Näher Scholz/H.P. Westermann §30<br />

Rn 68.<br />

3Näher Ulmer/Habersack §30Rn127.<br />

Hommelhoff | 701

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