Leseprobe zu Lenski/Steinberg, Kommentar zum ...

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otto.schmidt.de
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Gewerbeverlust Anm. 100–101 § 10a nen Handel mit Verlustvortrågen zu unterbringen (s. Anm. 210), nichts mehr gemein hat: Der von § 8c KStG sanktionierte Erwerb einer Beteiligung von mehr als 25 % bzw. 50 % der Anteile an einer KÇrperschaft durch einen Erwerber ist – selbst bei pauschalierender Betrachtung – keinesfalls missbråuchlich. § 8c KStG ist damit eine reine Fiskalzwecknorm zur Gegenfinanzierung der UntStReform 2008 (Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/Klapdor, Unt- StRefG, § 8c KStG Rn. 6 f; RÇdder, Beihefter zu DStR 2007, Heft 40, 12). Der rein fiskalische Charakter der Norm zeigt sich mE auch daran, dass der mehrfachen Kritik des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren des Unt- StRefG 2008, dass „fÅr wirtschaftlich sinnvolle Transaktionen HÅrden aufgestellt“ werden, „die zur Abwehr des Handels mit Verlustmånteln unnÇtig sind“, keinerlei Beachtung geschenkt wurde (s. dazu auch Anm. 121; Gleiches galt fÅr die erneute Kritik des Bundesrates in dessen Stellungnahme zum JStG 2009, s. BR-Drucks. 545/08, 49; zur ebenfalls unberÅcksichtigt gebliebenen Kritik der Sachverståndigen im Rahmen der Çffentlichen AnhÇrung im Finanzausschuss zum UntStRefG 2008 vgl. von Freeden in Schaumburg/RÇdder, Unternehmensteuerreform 2008, MÅnchen 2007, S. 523). Ein Åber diesen Fiskalzweck hinausgehender objektivierter, dh. im Gesetzeswortlaut des § 8c KStG angedeuteter Wille des Gesetzgebers war mE – zumindest bis zur Ønderung der Norm durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz – nicht bestimmbar. Dies gilt zunåchst fÅr die Ûberlegung, dass das Gesetz den Erwerb von Anteilen an einer KÇrperschaft als AnknÅpfungspunkt fÅr den Untergang von Verlustvortrågen wåhlt, weil Verlustvortråge der KÇrperschaft wirtschaftlich betrachtet ihren Anteilseignern zugute kommen mit der Folge, dass von diesem Vorteil grundsåtzlich nur derjenige Gesellschafter profitieren soll, der wirtschaftlich auch die Nachteile aus dem Verlust erlitten hat (vgl. dazu Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 11). Wenngleich dieser Gedanke nahe liegt, wurde er nicht konsequent umgesetzt. Dies zeigt sich u.a. daran, dass die Vorschrift bei einer AnteilsÅbertragung wirtschaftlich auch die in der Gesellschaft verbleibenden, unbeteiligten Gesellschafter trifft (s. auch Anm. 103) und im Ûbrigen Åber den Tatbestand der StimmrechtsÅbertragung auch Sachverhalte erfasst, bei denen sich nur die Stimmrechtsverhåltnisse åndern (dazu Anm. 112 f.). Schließlich låsst sich § 8c KStG mE auch nicht dahingehend interpretieren, dass AnknÅpfungspunkt fÅr den Verlustuntergang die mit der gesellschaftsrechtlichen Stellung verbundene MÇglichkeit zur Beherrschung der Gesellschaft sei (so MeiÌsel/Bokeloh, BB 2008, 808; åhnlich Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008, 172 [186]; Zerwas/FrÇhlich, DStR 2007, 1933, die eine Einflussnahme auf die Willensbildung der KÇrperschaft als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ansehen). Dagegen spricht u.a., dass die vom Gesetzgeber gewåhlte 25 %-Grenze gerade keinen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft begrÅndet und im Åbrigen auch noch unter der – im Hinblick auf die geringe Hauptversammlungspråsenz bei bÇrsennotierten Unternehmen – ohnehin schon niedrigen 30 %-Grenze des Kontrollerwerbs nach § 29 Abs. 2 WpÛG liegt (Wiese, DStR 2007, 741 [744]). Die Norm stellte vielmehr – zumindest bis zu ihrer Ønderung durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz – eine reine Verlustvernichtungsregelung dar, die die Eingehung oder Erweiterung eines wirtschaft- LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp | 63 101

§ 10a Anm. 101–103 Gewerbeverlust lichen Engagements zum Anlass nahm, die Verlustverrechnung zu versagen (vgl. auch Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261, vgl. auch BFH v. 26.8.2010 – I B 49/10, BFH/NV 2010, 2356: nicht ohne weiteren Missbrauchsvermeidungszweck). Dies machte eine teleologische Auslegung der Norm grundsåtzlich unmÇglich (zutreffend Sistermann/Brinkmann, DStR 2008, 897; zum gleichgelagerten Problem bei § 8 Abs. 4 KStG vgl. Anm. 210). Aufgrund der gesetzgeberischen Nachbesserungen im Wachstumsbeschleunigungsgesetz (EinfÅhrung der sog. Konzernklausel in § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG (s. Anm. 184a ff.) sowie der sog. Verschonungsregelung in § 8c Abs. 1 Såtze 6 bis 9 KStG (s. Anm. 199 ff.)) bewegt sich die Vorschrift jedoch „in Richtung Missbrauchsvermeidung“ (so zu Recht Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11 [15]; Sistermann/ Brinkmann, DStR 2009, 2633 [2635]; weitergehend Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561 [561 f.]; Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 73 [76 f.]; Eisgruber zitiert bei Viskorf, DStR 2010, Beihefter zu Heft 7, 1 [2]), wonach die Vorschrift aufgrund dieser Ausnahmen nunmehr erkennbar (wieder) als Mantelkaufregelung den Handel mit Verlustvortråge zu unterbinden beabsichtigt; vgl. dazu kritisch Bien/Wagner, BB 2009, 2626 [2630]). 102 Die Vorschrift des § 8c KStG ist steuersystematisch mit Blick auf das Trennungsprinzip nicht zu rechtfertigen, denn die wirtschaftliche Leistungsfåhigkeit und SteuerwÅrdigkeit der KÇrperschaft wird nicht durch ihren Anteilseignerkreis determiniert. Vgl. zu der hieraus resultierenden systematischen und rechtspolitischen Kritik insbesondere Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 5 ff. Auch die im Schrifttum (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 15; DÇtsch/Pung, DB 2008, 1703) gezogenen Parallelen zum Kriterium der Unternehmeridentitåt bei Personengesellschaften gehen fehl: § 10a Satz 4, 5 GewStG stellt bei Personengesellschaften auf die Identitåt des Unternehmers ab mit der Folge, dass bei dessen Ausscheiden der Fehlbetrag anteilig entfållt. An die Stelle dieser Åbertragerbezogenen Sichtweise setzt § 8c KStG eine erwerberbezogene Betrachtung, indem die Vereinigung von mehr als 25 % bzw. 50 % der Anteile in der Hand eines Erwerberkreises sanktioniert wird, und bezieht darÅber hinaus auch mittelbare Anteilserwerbe ein. Schließlich låsst § 8c KStG – auch insoweit anders als § 10a GewStG – den Verlustvortrag bei einem Erwerb von nicht mehr als 25% unberÅhrt, wåhrend es beim Erwerb von mehr als 50 % zu einem vollståndigen Untergang såmtlicher Fehlbetråge kommt (vgl. zu weiteren Unterschieden Wehrheim/Haussmann, StuW 2008, 317 [320 f.]). Die einzige Gemeinsamkeit beider Vorschriften besteht darin, dass jeweils Rechtsfolgen an Vorgånge auf Anteilseignerebene geknÅpft werden. Dies sollte mE nicht zum Anlass einer gemeinsamen systematischen Einordnung genommen werden. 103 Wirtschaftlich treffen die Rechtsfolgen des § 8c KStG – neben dem Erwerber, der sich hierauf aber ggf. (zB durch eine Kaufpreisanpassung) einstellen kann – vor allem die nicht am schådlichen Beteiligungserwerb beteiligten Gesellschafter. Diese kÇnnen sich nur durch eine entsprechende Anpassung des Gesellschaftsvertrag schÅtzen (vgl. Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 4; dazu mit Formulierungsbeispiel Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008, 172 [194 f.]). Bei bÇrsennotierten Unternehmen dÅrften entsprechende Vereinbarung zwar grundsåtzlich ausgeschlossen sein 64 | Kleinheisterkamp

Gewerbeverlust Anm. 100–101 § 10a<br />

nen Handel mit Verlustvortrågen <strong>zu</strong> unterbringen (s. Anm. 210), nichts mehr<br />

gemein hat: Der von § 8c KStG sanktionierte Erwerb einer Beteiligung von<br />

mehr als 25 % bzw. 50 % der Anteile an einer KÇrperschaft durch einen Erwerber<br />

ist – selbst bei pauschalierender Betrachtung – keinesfalls missbråuchlich.<br />

§ 8c KStG ist damit eine reine Fiskalzwecknorm <strong>zu</strong>r Gegenfinanzierung der<br />

UntStReform 2008 (Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/Klapdor, Unt-<br />

StRefG, § 8c KStG Rn. 6 f; RÇdder, Beihefter <strong>zu</strong> DStR 2007, Heft 40, 12). Der<br />

rein fiskalische Charakter der Norm zeigt sich mE auch daran, dass der mehrfachen<br />

Kritik des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren des Unt-<br />

StRefG 2008, dass „fÅr wirtschaftlich sinnvolle Transaktionen HÅrden aufgestellt“<br />

werden, „die <strong>zu</strong>r Abwehr des Handels mit Verlustmånteln unnÇtig<br />

sind“, keinerlei Beachtung geschenkt wurde (s. da<strong>zu</strong> auch Anm. 121; Gleiches<br />

galt fÅr die erneute Kritik des Bundesrates in dessen Stellungnahme <strong>zu</strong>m<br />

JStG 2009, s. BR-Drucks. 545/08, 49; <strong>zu</strong>r ebenfalls unberÅcksichtigt gebliebenen<br />

Kritik der Sachverståndigen im Rahmen der Çffentlichen AnhÇrung im Finanzausschuss<br />

<strong>zu</strong>m UntStRefG 2008 vgl. von Freeden in Schaumburg/RÇdder,<br />

Unternehmensteuerreform 2008, MÅnchen 2007, S. 523).<br />

Ein Åber diesen Fiskalzweck hinausgehender objektivierter, dh. im Gesetzeswortlaut<br />

des § 8c KStG angedeuteter Wille des Gesetzgebers war mE – <strong>zu</strong>mindest<br />

bis <strong>zu</strong>r Ønderung der Norm durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz<br />

– nicht bestimmbar. Dies gilt <strong>zu</strong>nåchst fÅr die Ûberlegung, dass das Gesetz den<br />

Erwerb von Anteilen an einer KÇrperschaft als AnknÅpfungspunkt fÅr den Untergang<br />

von Verlustvortrågen wåhlt, weil Verlustvortråge der KÇrperschaft<br />

wirtschaftlich betrachtet ihren Anteilseignern <strong>zu</strong>gute kommen mit der Folge,<br />

dass von diesem Vorteil grundsåtzlich nur derjenige Gesellschafter profitieren<br />

soll, der wirtschaftlich auch die Nachteile aus dem Verlust erlitten hat (vgl.<br />

da<strong>zu</strong> Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 11). Wenngleich dieser Gedanke<br />

nahe liegt, wurde er nicht konsequent umgesetzt. Dies zeigt sich u.a.<br />

daran, dass die Vorschrift bei einer AnteilsÅbertragung wirtschaftlich auch die<br />

in der Gesellschaft verbleibenden, unbeteiligten Gesellschafter trifft (s. auch<br />

Anm. 103) und im Ûbrigen Åber den Tatbestand der StimmrechtsÅbertragung<br />

auch Sachverhalte erfasst, bei denen sich nur die Stimmrechtsverhåltnisse åndern<br />

(da<strong>zu</strong> Anm. 112 f.). Schließlich låsst sich § 8c KStG mE auch nicht dahingehend<br />

interpretieren, dass AnknÅpfungspunkt fÅr den Verlustuntergang die<br />

mit der gesellschaftsrechtlichen Stellung verbundene MÇglichkeit <strong>zu</strong>r Beherrschung<br />

der Gesellschaft sei (so MeiÌsel/Bokeloh, BB 2008, 808; åhnlich<br />

Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008, 172<br />

[186]; Zerwas/FrÇhlich, DStR 2007, 1933, die eine Einflussnahme auf die Willensbildung<br />

der KÇrperschaft als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ansehen).<br />

Dagegen spricht u.a., dass die vom Gesetzgeber gewåhlte 25 %-Grenze<br />

gerade keinen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft begrÅndet und<br />

im Åbrigen auch noch unter der – im Hinblick auf die geringe Hauptversammlungspråsenz<br />

bei bÇrsennotierten Unternehmen – ohnehin schon niedrigen<br />

30 %-Grenze des Kontrollerwerbs nach § 29 Abs. 2 WpÛG liegt (Wiese,<br />

DStR 2007, 741 [744]). Die Norm stellte vielmehr – <strong>zu</strong>mindest bis <strong>zu</strong> ihrer Ønderung<br />

durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz – eine reine Verlustvernichtungsregelung<br />

dar, die die Eingehung oder Erweiterung eines wirtschaft-<br />

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