Leseprobe zu Lenski/Steinberg, Kommentar zum ...

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Gewerbeverlust Anm. 26–27 § 10a Solange die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 EStG (durchgehend) erfÅllt sind, sind mE daher såmtliche im einheitlichen Gewerbebetrieb der Personengesellschaft entstandene Fehlbetråge – soweit Unternehmeridentitåt besteht – unabhångig vom Vorliegen eines sachlichen Zusammenhangs zwischen den von der Gesellschaft ausgeÅbten Tåtigkeiten weiterhin nutzbar (ebenso Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 46; Deloitte/Brauer/Sonnenschein, GewStG, § 10a Rn. 96, 111 f.). Den Verlustabzug unter Hinweis auf eine partiell fehlende Unternehmensidentitåt zu versagen, ist nicht mÇglich (aA BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, DStR 2008, 2014; dazu Anm. 27). Unternehmensidentitåt ist damit insbesondere in den folgenden Fållen zu bejahen: Aufgabe einer von mehreren gewerblichen Tåtigkeiten (vgl. BFH v. 15.3.1994 – XI R 60/89, BFH/ NV 1994, 899; vgl. auch BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65); Aufnahme einer weiteren gewerblichen Tåtigkeit und nachfolgende Aufgabe der vorherigen Tåtigkeit (BlÅmich/Obermeier, § 2 GewStG Rz. 51); AusÅbung verschiedener gewerblicher Tåtigkeiten nacheinander ohne zeitliche Unterbrechung (vgl. Bethmann, StuW 1979, 332 [339]; s. aber BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425). Auf den sachlichen Zusammenhang der ausgeÅbten Tåtigkeiten kommt es demgegenÅber an, wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 EStG nicht vorliegen, beispielsweise wenn eine nicht gewerblich geprågte Personengesellschaft vor der Aufnahme einer neuen Tåtigkeit ihre ursprÅngliche Tåtigkeit einstellt. In diesem Fall ist Unternehmensidentitåt nur zu bejahen, wenn die neue Tåtigkeit in einem sachlichen Zusammenhang mit der ursprÅnglichen Tåtigkeit steht (vgl. BlÅmich/Obermeier, § 2 GewStG Rz. 51; dazu auch BFH v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666: Einstellung der ursprÅnglichen Tåtigkeit am 31.12.1970, Aufnahme der neuen Tåtigkeit am 8.4.1971). Ebenfalls ist auf den sachlichen Zusammenhang der Tåtigkeiten abzustellen, wenn § 15 Abs. 3 EStG fÅr die Beurteilung der Unternehmensidentitåt unergiebig ist, beispielsweise wenn es um die Frage geht, ob der im Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft entstandene Fehlbetrag bei Anwachsung der Gesellschaft auf eine andere Personengesellschaft von der aufnehmenden Gesellschaft geltend gemacht werden kann (dazu BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 sowie Anm. 35). Die Rechtsprechung des BFH war zu der Frage, ob Unternehmensidentitåt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 EStG stets zu bejahen ist, mE allerdings lange Zeit nicht eindeutig (vgl. einerseits BFH v. 15.3.1994 – XI R 60/89, BFH/NV 1994, 899; BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65; andererseits BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425) und wurde auch im Schrifttum uneinheitlich interpretiert (vgl. BlÅmich/v. Twickel, § 10a GewStG Rz. 72; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 6. Aufl. 2006, § 10a Anm. 9). In seinem Urteil v. 7.8.2008 (BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, DStR 2008, 2014 m. Anm. Salzmann) spricht sich der IV. Senat des BFH nunmehr inzident gegen eine Anwendung des § 15 Abs. 3 EStG im Rahmen der PrÅfung der Unternehmensidentitåt aus (dazu Kleinheisterkamp, FR 2009, 522). Im entschiedenen Fall betrieb eine GmbH & Co. KG zwei Teilbetriebe (Gewebeherstellung und Recycling), in denen jeweils Verluste entstanden waren. Nachdem die GmbH & Co. KG den Teilbetrieb Gewebeherstellung (ertragsteuerlich begÅnstigt) veråußert hatte, behandelte das Finanzamt die im veråußerten Teil- LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp | 23 26 27

§ 10a Anm. 27–28 Gewerbeverlust betrieb entstandenen Verluste als nicht gemåß § 10a GewStG vortragsfåhig. Der IV. Senat folgte dieser Einschåtzung unter Hinweis auf die durch die Veråußerung des Teilbetriebs entfallene (Teil-)Unternehmensidentitåt: „Die weitgehende Verselbståndigung des Teilbetriebs im Rahmen des gesamten Gewerbetriebs ist maßgebliche Rechtfertigungsgrundlage dafÅr, Gewinne aus der Aufgabe oder Veråußerung eines Teilbetriebs nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen und damit den Gewinnen aus der Aufgabe oder Veråußerung des Gesamtbetriebs gleichzustellen. [...] Diese Verselbståndigung des Teilbetriebs bei der Beurteilung der VergÅnstigung eines Veråußerungs- oder Aufgabegewinns muss dann aber gleichermaßen fÅr die Beurteilung der Unternehmensidentitåt iS des § 10a GewStG gelten. Dies fÅhrt im Ergebnis dazu, dass das Merkmal der Unternehmensidentitåt auch im Hinblick auf den jeweiligen Teilbetrieb zu prÅfen ist. Mit der Aufgabe bzw. der Veråußerung eines Teilbetriebs verliert der ursprÅngliche Betrieb daher seine (Teil-)Unternehmensidentitåt, da dadurch der wirtschaftliche Zusammenhang der fortgefÅhrten mit der bisherigen (umfassenderen) gewerblichen Tåtigkeit teilweise aufgegeben wird. [...] Liegt eine Teilbetriebsveråußerung vor, stehen Verluste, soweit sie auf den veråußerten Teilbetrieb entfallen, daher mangels (Teil-)Unternehmensidentitåt nicht fÅr eine KÅrzung von Gewerbeertrågen in spåteren Erhebungszeitråumen zur VerfÅgung.“ Die in ihrer Reichweite noch nicht absehbare Entscheidung des IV. Senats wirft zahlreiche Folgefragen auf (vgl. dazu auch Salzmann, DStR 2008, 2016 ff. sowie eingehend Kleinheisterkamp, FR 2009, 522 ff.). Die UrteilsgrÅnde lassen sich so interpretieren, dass das vom IV. Senat neu geschaffene Kriterium der Teil-Unternehmensidentitåt lediglich ein Sonderrecht bei der Veråußerung bzw. Aufgabe von Teilbetrieben darstellt, dem außerhalb von Veråußerungsfållen oder bei der Veråußerung von Betriebsteilen, die nicht als Teilbetrieb qualifizieren, keine Bedeutung zukommt. FÅr eine solche Beschrånkung auf Veråußerungsfålle kÇnnte sprechen, dass der IV. Senat die MÇglichkeit eines Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Teilbetrieben obiter dicta ausdrÅcklich bejaht, „soweit und solange sie demselben Unternehmer zuzurechnen sind“, dh. offenbar ungeachtet des Bestehens oder Fehlens eines sachlichen Zusammenhangs zwischen den einzelnen Teilbetrieben. Allerdings unterlåsst der IV. Senat den Hinweis, ob außerhalb von Veråußerungsfållen auch ein Verlustabzug zwischen Teilbetrieben ungeachtet des Kriteriums der Teilunternehmeridentitåt (weiterhin) mÇglich ist. Dies ist auf Grundlage der Entscheidung keineswegs mehr selbstverståndlich. Denn wie ein Verlustausgleich bzw. -abzug in den genannten Fållen mÇglich sein soll, wenn man – wie der IV. Senat – die Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs der Personengesellschaft nicht aus § 15 Abs. 3 EStG ableitet, bleibt offen (vgl. auch Anm. 18: § 10a GewStG beseitigt mE nur solche Beschrånkungen der Verlustnutzung, die aus dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung folgen). Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung des IV. Senats es als fragwÅrdig erscheinen låsst, ob der BFH an der bisher anerkannten Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs der Kapitalgesellschaft kraft gesetzlicher Fiktion (§ 2 Abs. 2 GewStG) uneingeschrånkt festhalten wird. MÇgliche Auswirkungen kann die Entscheidung ggf. auch auf sonstige Formen der (steuerbegÅnstigten) Ûbertragung von Teilbetrieben haben, vgl. Anm. 88 sowie Kleinheisterkamp, FR 2009, 522. 28 In der Literatur wird zum Teil argumentiert, dass § 15 Abs. 3 EStG nur den Umfang des jeweiligen Gewerbebetriebs, nicht aber seine Identitåt im Zeitablauf 24 | Kleinheisterkamp

Gewerbeverlust Anm. 26–27 § 10a<br />

Solange die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 15 Abs. 3 EStG (durchgehend) erfÅllt sind,<br />

sind mE daher såmtliche im einheitlichen Gewerbebetrieb der Personengesellschaft<br />

entstandene Fehlbetråge – soweit Unternehmeridentitåt besteht – unabhångig<br />

vom Vorliegen eines sachlichen Zusammenhangs zwischen den von<br />

der Gesellschaft ausgeÅbten Tåtigkeiten weiterhin nutzbar (ebenso Schnitter<br />

in Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 46; Deloitte/Brauer/Sonnenschein,<br />

GewStG, § 10a Rn. 96, 111 f.). Den Verlustab<strong>zu</strong>g unter Hinweis auf eine partiell<br />

fehlende Unternehmensidentitåt <strong>zu</strong> versagen, ist nicht mÇglich (aA BFH v.<br />

7.8.2008 – IV R 86/05, DStR 2008, 2014; da<strong>zu</strong> Anm. 27). Unternehmensidentitåt<br />

ist damit insbesondere in den folgenden Fållen <strong>zu</strong> bejahen: Aufgabe einer von<br />

mehreren gewerblichen Tåtigkeiten (vgl. BFH v. 15.3.1994 – XI R 60/89, BFH/<br />

NV 1994, 899; vgl. auch BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65);<br />

Aufnahme einer weiteren gewerblichen Tåtigkeit und nachfolgende Aufgabe<br />

der vorherigen Tåtigkeit (BlÅmich/Obermeier, § 2 GewStG Rz. 51); AusÅbung<br />

verschiedener gewerblicher Tåtigkeiten nacheinander ohne zeitliche Unterbrechung<br />

(vgl. Bethmann, StuW 1979, 332 [339]; s. aber BFH v. 12.1.1983 – IV R<br />

177/80, BStBl. II 1983, 425). Auf den sachlichen Zusammenhang der ausgeÅbten<br />

Tåtigkeiten kommt es demgegenÅber an, wenn die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des<br />

§ 15 Abs. 3 EStG nicht vorliegen, beispielsweise wenn eine nicht gewerblich<br />

geprågte Personengesellschaft vor der Aufnahme einer neuen Tåtigkeit ihre<br />

ursprÅngliche Tåtigkeit einstellt. In diesem Fall ist Unternehmensidentitåt nur<br />

<strong>zu</strong> bejahen, wenn die neue Tåtigkeit in einem sachlichen Zusammenhang mit<br />

der ursprÅnglichen Tåtigkeit steht (vgl. BlÅmich/Obermeier, § 2 GewStG<br />

Rz. 51; da<strong>zu</strong> auch BFH v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666: Einstellung<br />

der ursprÅnglichen Tåtigkeit am 31.12.1970, Aufnahme der neuen Tåtigkeit<br />

am 8.4.1971). Ebenfalls ist auf den sachlichen Zusammenhang der Tåtigkeiten<br />

ab<strong>zu</strong>stellen, wenn § 15 Abs. 3 EStG fÅr die Beurteilung der Unternehmensidentitåt<br />

unergiebig ist, beispielsweise wenn es um die Frage geht, ob<br />

der im Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft entstandene Fehlbetrag<br />

bei Anwachsung der Gesellschaft auf eine andere Personengesellschaft von<br />

der aufnehmenden Gesellschaft geltend gemacht werden kann (da<strong>zu</strong> BFH v.<br />

14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 sowie Anm. 35).<br />

Die Rechtsprechung des BFH war <strong>zu</strong> der Frage, ob Unternehmensidentitåt bei<br />

Vorliegen der Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 15 Abs. 3 EStG stets <strong>zu</strong> bejahen ist, mE<br />

allerdings lange Zeit nicht eindeutig (vgl. einerseits BFH v. 15.3.1994 – XI R<br />

60/89, BFH/NV 1994, 899; BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65;<br />

andererseits BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425) und wurde<br />

auch im Schrifttum uneinheitlich interpretiert (vgl. BlÅmich/v. Twickel, § 10a<br />

GewStG Rz. 72; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 6. Aufl. 2006, § 10a<br />

Anm. 9). In seinem Urteil v. 7.8.2008 (BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, DStR 2008,<br />

2014 m. Anm. Salzmann) spricht sich der IV. Senat des BFH nunmehr inzident<br />

gegen eine Anwendung des § 15 Abs. 3 EStG im Rahmen der PrÅfung der Unternehmensidentitåt<br />

aus (da<strong>zu</strong> Kleinheisterkamp, FR 2009, 522). Im entschiedenen<br />

Fall betrieb eine GmbH & Co. KG zwei Teilbetriebe (Gewebeherstellung<br />

und Recycling), in denen jeweils Verluste entstanden waren. Nachdem<br />

die GmbH & Co. KG den Teilbetrieb Gewebeherstellung (ertragsteuerlich begÅnstigt)<br />

veråußert hatte, behandelte das Finanzamt die im veråußerten Teil-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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