Leseprobe zu Lenski/Steinberg, Kommentar zum ...

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Gewerbeverlust Anm. 237–239 § 10a „jedenfalls dann“ auch das UmlaufvermÇgen einzubeziehen sei, „wenn es zu einer Ønderung des Unternehmensgegenstands (Branchenwechsel) gekommen ist und deshalb die WirtschaftsgÅter des UmlaufvermÇgens prågend sind.“ Der BFH begrÅndet seine Auffassung damit, dass die von § 8 Abs. 4 KStG geforderte wirtschaftliche Identitåt nicht nur vom AnlagevermÇgen eines Unternehmens bestimmt werde, sondern ebenfalls durch dessen UmlaufvermÇgen. Auch wenn zum UmlaufvermÇgen nur WirtschaftsgÅter gehÇren, die nicht dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschåftsbetrieb zu dienen (vgl. § 247 Abs. 2 HGB), kann dennoch den dort erfolgenden Verånderungen „jedenfalls im Falle eines Branchenwechsels“ wesentliche Bedeutung fÅr das Gepråge eines Unternehmens zukommen (BFH aaO.; vgl. auch FG Berlin-Brandenburg v. 6.5.2009 – 12 K 8142/06 B, DStRE 2009, 1384, rkr.: UmlaufvermÇgen nur bei Branchenwechsel maßgebend; FG Berlin-Brandenburg v. 14.1.2009 – 12 K 8489/05 B, EFG 2009, 683); BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494: steuerliche Qualifikation als Anlage- oder UmlaufvermÇgen ist grundsåtzlich irrelevant, jedoch sind solche Mehrungen des UmlaufvermÇgens aus dem Tatbestand auszuklammern, die sich als Ergebnis eines fortlaufenden Wirtschaftens mit nåmlichem BetreibsvermÇgen darstellen bzw. sich auf ein nicht die wirtschaftliche Identitåt prågendes UmlaufvermÇgen beziehen; vgl. auch FG MÅnchen v. 22.10.2010 – 7 K 1793/08, rkr., BeckRS 2011, 94058: ZufÅhrung von Barmitteln grundsåtzlich unschådlich). Die Finanzverwaltung wendet die Entscheidung Åber den entschiedenen Einzelfall hinaus an (BMF v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003, BStBl. I 2008, 1033). Die ursprÅngliche Beschrånkung des BetriebsvermÇgensbegriffs auf das AnlagevermÇgen wurde im Schrifttum Åberwiegend abgelehnt. Eingewandt 238 wurde zum einen, dass eine Beschrånkung auf das AnlagevermÇgen nicht vom Gesetzeswortlaut gedeckt sei (Frotscher, DStR 2002, 10 [12]; Biermann/ Rau, GmbHR 2002, 509 [513]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188a; Brendt in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 8 Abs. 4 KStG aF/Anh § 8c KStG Rz. 72). Zum anderen wurde vorgebracht, eine Beschrånkung auf das AnlagevermÇgen sei mit Sinn und Zweck des § 8 Abs. 4 KStG unvereinbar. Denn sie ermÇgliche es, der Gesellschaft nach einem schådlichen Anteilseignerwechsel flÅssige Mittel in beliebiger HÇhe zuzufÅhren, ohne den Hauptanwendungsfall zu verwirklichen. DarÅber hinaus benachteilige die NichtberÅcksichtigung des UmlaufvermÇgens Unternehmen, die (branchenbedingt) mit wenig AnlagevermÇgen arbeiten (Frotscher, DStR 2002, 10 [12]; Neyer, BB 2002, 754 [757]; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1273.1.2.1). Die Einwånde gegen die Rechtsprechung waren mE nicht zwingend. Das AnlagevermÇgen stellt ebenso wie das AktivvermÇgen eine Teilmenge des Be- 239 triebsvermÇgens iS der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 Satz 1 EStG (als WirtschaftsgÅter zu bilanzierende Aktiva und Passiva) bzw. eine Erweiterung des BetriebsvermÇgensbegriffs des § 4 Abs. 1 EStG (Eigenkapital) dar. Eine Betrachtung sowohl des AktivvermÇgens als auch des AnlagevermÇgens ist mE daher vom mÇglichen Wortsinn des Gesetzes gedeckt (ebenso Herzberg, DStR 2002, 1290 [1291]; BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986: Begriff des BetriebsvermÇgens låsst unterschiedliche Deutungen zu; aA BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988: mit dem Begriff des BetriebsvermÇgens ist eine generelle LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp | 137

§ 10a Anm. 239 Gewerbeverlust Einschrånkung auf das AnlagevermÇgen nicht zu vereinbaren). Auch teleologische Erwågungen sprechen mE nicht gegen ein Abstellen allein auf das AnlagevermÇgen: Folgt man der in den Urteilen v. 20.8.2003 (I R 61/01 und I R 81/02, BStBl. II 2004, 616 [614]) vertretenen Auffassung des BFH, dass Ønderungen der wirtschaftlichen Identitåt ungeachtet der Motive der Beteiligten zu einer Versagung des Verlustabzugs fÅhren (s. Anm. 209), ist mE entscheidend darauf abzustellen, dass die wirtschaftliche Identitåt einer Kapitalgesellschaft in erster Linie durch ihren Unternehmensgegenstand und ihr verfÅgbares BetriebsvermÇgen bestimmt wird (vgl. BFH v. 20.8.2003 – I R 61/01, BStBl. II 2002, 616; kritisch Orth, FR 2004, 613 [621 f.]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 184). Identitåtsstiftende Funktion hat grundsåtzlich allein das AnlagevermÇgen, da nur das AnlagevermÇgen dazu bestimmt ist, dauernd dem Geschåftsbetrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). DemgegenÅber hat das UmlaufvermÇgen aufgrund seiner Zweckbestimmung, geringeren Verweildauer und den eher zufålligen Schwankungen, denen es unterliegt, grundsåtzlich keine das Unternehmen prågende Funktion (Herzberg, DStR 2002, 1290 [1291]; Gosch/Roser, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8 KStG Rz. 1431; åhnlich Lenz/Behnes,BB 2005, 2219 [2222]; DÇtsch in FS Wassermeyer, 2005, 113 [126 ff.]; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 77: abzustellen ist auf prågendes VermÇgen). Im Rahmen der von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG angestellten typisierenden Betrachtung kann sich die wirtschaftliche Identitåt einer Gesellschaft daher grundsåtzlich nicht durch die ZufÅhrung von UmlaufvermÇgen åndern, sondern erst, wenn die Gesellschaft mit dem zugefÅhrten UmlaufvermÇgen AnlagevermÇgen erwirbt (s. Anm. 248 ff.). Die Ausklammerung des UmlaufvermÇgens bei der Anwendung des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG ist mE auch dann sachgerecht, wenn man § 8 Abs. 4 KStG – mit Teilen der Literatur (Anm. 208), aber entgegen der ursprÅnglichen BFH-Rechtsprechung (Anm. 209 aE) – als Missbrauchstatbestand ansieht, der eine Verlagerung ertragbringenden VermÇgens auf die Verlustgesellschaft verhindern soll. Denn bei typisierender Betrachtung ist davon auszugehen, dass das ertragbringende VermÇgen in irgendeiner Form als Gebrauchsgut in den Leistungsprozess der Verlustgesellschaft einbezogen wird und damit AnlagevermÇgen darstellt. Dass die NichtberÅcksichtigung von UmlaufvermÇgen bei Gesellschaften, die einschließlich ihres Firmenwerts (dazu s. Anm. 242) nur Åber unwesentliches AnlagevermÇgen verfÅgen, schon bei VermÇgenszufÅhrungen in geringer HÇhe zu einem Identitåtsverlust fÅhren kann, ist mE nicht angreifbar: Denn wenn der VermÇgenswert einer Gesellschaft dem Wert ihres UmlaufvermÇgens entspricht, liegt mE ein typischer Verlustmantel vor (ebenso Herzberg, DStR 2002, 1290 [1292]), bei dem VermÇgenszufÅhrungen selbst bei Interpretation des § 8 Abs. 4 KStG als Missbrauchstatbestand schådlich sein mÅssten. Die jÅngsten Entscheidungen des BFH fÅgen sich mE ohne weiteres in das hier vertretene Konzept ein. Entscheidend ist nach Auffassung des BFH, welches VermÇgen die wirtschaftliche Identitåt der Gesellschaft prågt. Dies ist grundsåtzlich das AnlagevermÇgen, kann aber auch das UmlaufvermÇgen sein, wenn der Austausch von UmlaufvermÇgen im Einzelfall RÅckschlÅsse auf die Identitåt der Gesellschaft erlaubt. Hiervon kann – wie der BFH (BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = BB 2008, 31 m. Anm. Altrichter-Herz- 138 | Kleinheisterkamp

Gewerbeverlust Anm. 237–239 § 10a<br />

„jedenfalls dann“ auch das UmlaufvermÇgen ein<strong>zu</strong>beziehen sei, „wenn es <strong>zu</strong><br />

einer Ønderung des Unternehmensgegenstands (Branchenwechsel) gekommen<br />

ist und deshalb die WirtschaftsgÅter des UmlaufvermÇgens prågend<br />

sind.“ Der BFH begrÅndet seine Auffassung damit, dass die von § 8 Abs. 4<br />

KStG geforderte wirtschaftliche Identitåt nicht nur vom AnlagevermÇgen eines<br />

Unternehmens bestimmt werde, sondern ebenfalls durch dessen UmlaufvermÇgen.<br />

Auch wenn <strong>zu</strong>m UmlaufvermÇgen nur WirtschaftsgÅter gehÇren,<br />

die nicht da<strong>zu</strong> bestimmt sind, dauernd dem Geschåftsbetrieb <strong>zu</strong> dienen (vgl.<br />

§ 247 Abs. 2 HGB), kann dennoch den dort erfolgenden Verånderungen „jedenfalls<br />

im Falle eines Branchenwechsels“ wesentliche Bedeutung fÅr das Gepråge<br />

eines Unternehmens <strong>zu</strong>kommen (BFH aaO.; vgl. auch FG Berlin-Brandenburg<br />

v. 6.5.2009 – 12 K 8142/06 B, DStRE 2009, 1384, rkr.: UmlaufvermÇgen<br />

nur bei Branchenwechsel maßgebend; FG Berlin-Brandenburg v. 14.1.2009 –<br />

12 K 8489/05 B, EFG 2009, 683); BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494:<br />

steuerliche Qualifikation als Anlage- oder UmlaufvermÇgen ist grundsåtzlich<br />

irrelevant, jedoch sind solche Mehrungen des UmlaufvermÇgens aus dem Tatbestand<br />

aus<strong>zu</strong>klammern, die sich als Ergebnis eines fortlaufenden Wirtschaftens<br />

mit nåmlichem BetreibsvermÇgen darstellen bzw. sich auf ein nicht die<br />

wirtschaftliche Identitåt prågendes UmlaufvermÇgen beziehen; vgl. auch FG<br />

MÅnchen v. 22.10.2010 – 7 K 1793/08, rkr., BeckRS 2011, 94058: ZufÅhrung von<br />

Barmitteln grundsåtzlich unschådlich). Die Finanzverwaltung wendet die Entscheidung<br />

Åber den entschiedenen Einzelfall hinaus an (BMF v. 4.12.2008 – IV<br />

C 7 - S 2745/07/10003, BStBl. I 2008, 1033).<br />

Die ursprÅngliche Beschrånkung des BetriebsvermÇgensbegriffs auf das AnlagevermÇgen<br />

wurde im Schrifttum Åberwiegend abgelehnt. Eingewandt<br />

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wurde <strong>zu</strong>m einen, dass eine Beschrånkung auf das AnlagevermÇgen nicht<br />

vom Gesetzeswortlaut gedeckt sei (Frotscher, DStR 2002, 10 [12]; Biermann/<br />

Rau, GmbHR 2002, 509 [513]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188a;<br />

Brendt in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 8 Abs. 4 KStG aF/Anh § 8c KStG<br />

Rz. 72). Zum anderen wurde vorgebracht, eine Beschrånkung auf das AnlagevermÇgen<br />

sei mit Sinn und Zweck des § 8 Abs. 4 KStG unvereinbar. Denn sie<br />

ermÇgliche es, der Gesellschaft nach einem schådlichen Anteilseignerwechsel<br />

flÅssige Mittel in beliebiger HÇhe <strong>zu</strong><strong>zu</strong>fÅhren, ohne den Hauptanwendungsfall<br />

<strong>zu</strong> verwirklichen. DarÅber hinaus benachteilige die NichtberÅcksichtigung<br />

des UmlaufvermÇgens Unternehmen, die (branchenbedingt) mit wenig<br />

AnlagevermÇgen arbeiten (Frotscher, DStR 2002, 10 [12]; Neyer, BB 2002, 754<br />

[757]; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1273.1.2.1).<br />

Die Einwånde gegen die Rechtsprechung waren mE nicht zwingend. Das AnlagevermÇgen<br />

stellt ebenso wie das AktivvermÇgen eine Teilmenge des Be-<br />

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triebsvermÇgens iS der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 Satz 1 EStG (als WirtschaftsgÅter<br />

<strong>zu</strong> bilanzierende Aktiva und Passiva) bzw. eine Erweiterung des BetriebsvermÇgensbegriffs<br />

des § 4 Abs. 1 EStG (Eigenkapital) dar. Eine Betrachtung sowohl<br />

des AktivvermÇgens als auch des AnlagevermÇgens ist mE daher vom<br />

mÇglichen Wortsinn des Gesetzes gedeckt (ebenso Herzberg, DStR 2002, 1290<br />

[1291]; BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986: Begriff des BetriebsvermÇgens<br />

låsst unterschiedliche Deutungen <strong>zu</strong>; aA BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06,<br />

BStBl. II 2008, 988: mit dem Begriff des BetriebsvermÇgens ist eine generelle<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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