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Leseprobe zu Lenski/Steinberg, Kommentar zum ...

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<strong>Leseprobe</strong> <strong>zu</strong><br />

<strong>Lenski</strong>/<strong>Steinberg</strong><br />

<strong>Kommentar</strong> <strong>zu</strong>m Gewerbesteuergesetz, Grundwerk <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng<br />

Loseblattwerk, Grundwerk in 2 Ordnern,<br />

ISBN 978-3-504-25104-8<br />

159.00 € (inkl. MwSt.)<br />

Preis gilt bei einem Abonnement für mindestens 2 Jahre<br />

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Datum/Unterschrift<br />

40800101<br />

Verlag Dr. Otto Schmidt KG • Postfach 51 10 26 • 50946 Köln • AG Köln • HRA 5237


Gewerbeverlust<br />

§ 10a<br />

§ 10a<br />

Gewerbeverlust<br />

1<br />

Der maßgebende Gewerbeertrag wird bis <strong>zu</strong> einem Betrag in HÇhe von 1<br />

Million Euro um die Fehlbetråge gekÅrzt, die sich bei der Ermittlung des<br />

maßgebenden Gewerbeertrags fÅr die vorangegangenen Erhebungszeitråume<br />

nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbetråge<br />

nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags fÅr die vorangegangenen<br />

Erhebungszeitråume berÅcksichtigt worden sind. 2 Der 1 Million Euro<br />

Åbersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis <strong>zu</strong> 60 vom Hundert um<br />

nach Satz 1 nicht berÅcksichtigte Fehlbetråge der vorangegangenen Erhebungszeitråume<br />

<strong>zu</strong> kÅrzen. 3 Im Fall des § 2 Abs. 2 Satz 2 kann die Organgesellschaft<br />

den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um Fehlbetråge kÅrzen,<br />

die sich vor dem rechtswirksamen Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags<br />

ergeben haben. 4 Bei einer Mitunternehmerschaft ist der sich fÅr die<br />

Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag den Mitunternehmern<br />

entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden GewinnverteilungsschlÅssel<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht <strong>zu</strong><br />

berÅcksichtigen. 5 FÅr den Ab<strong>zu</strong>g der den Mitunternehmern <strong>zu</strong>gerechneten<br />

Fehlbetråge nach Maßgabe der Såtze 1 und 2 ist der sich fÅr die Mitunternehmerschaft<br />

insgesamt ergebende maßgebende Gewerbeertrag sowie der<br />

HÇchstbetrag nach Satz 1 den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus<br />

dem Gesellschaftsvertrag fÅr das Ab<strong>zu</strong>gsjahr ergebenden allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssel<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht <strong>zu</strong><br />

berÅcksichtigen. 6 Die HÇhe der vortragsfåhigen Fehlbetråge ist gesondert<br />

fest<strong>zu</strong>stellen. 7 Vortragsfåhige Fehlbetråge sind die nach der KÅr<strong>zu</strong>ng des<br />

maßgebenden Gewerbeertrags nach Satz 1 und 2 <strong>zu</strong>m Schluss des Erhebungszeitraums<br />

verbleibenden Fehlbetråge. 8 Im Fall des § 2 Abs. 5 kann der<br />

andere Unternehmer den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um die Fehlbetråge<br />

kÅrzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags<br />

des Åbergegangenen Unternehmens ergeben haben. 9 § 8 Abs. 8 und 9<br />

Satz 5 bis 7 des KÇrperschaftsteuergesetzes ist entsprechend an<strong>zu</strong>wenden.<br />

10<br />

Auf die Fehlbetråge ist § 8c des KÇrperschaftsteuergesetzes entsprechend<br />

an<strong>zu</strong>wenden; dies gilt auch fÅr den Fehlbetrag einer Mitunternehmerschaft,<br />

soweit dieser<br />

1. einer KÇrperschaft unmittelbar oder<br />

2. einer Mitunternehmerschaft, soweit an dieser eine KÇrperschaft unmittelbar<br />

oder mittelbar Åber eine oder mehrere Personengesellschaften<br />

beteiligt ist,<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist.<br />

(Abschn. 10a GewStR 2009)<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

1


§ 10a Gewerbeverlust<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Anm.<br />

I. Rechtsentwicklung .......................................... 1<br />

II. Allgemeines<br />

1. Bedeutung der Vorschrift ..................................... 2<br />

2. Ûberblick Åber die Regelung ................................. 6<br />

3. Verhåltnis <strong>zu</strong> anderen Vorschriften ........................... 9<br />

4. Verfassungsrechtliche Aspekte . . . ............................ 13<br />

III. Vorausset<strong>zu</strong>ngen fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g ...................... 17<br />

1. Unternehmensidentitåt<br />

a) Herleitung . ............................................... 18<br />

b) Beurteilungsmaßstab<br />

aa) Allgemeines . . . ...................................... 19<br />

bb) Besonderheiten bei Personengesellschaften . . ......... 24<br />

cc) Besonderheiten bei KÇrperschaften ................... 29<br />

c) Einzelfålle<br />

aa) Einzelunternehmen . ................................. 30<br />

bb) Personengesellschaften . . ............................ 33<br />

(1) Ûbergang des (Verlust-)Unternehmens der Personengesellschaft<br />

. . . ............................ 34<br />

(2) Ûbergang eines Unternehmens auf die Personengesellschaft<br />

..................................... 41<br />

cc) KÇrperschaften . ...................................... 43<br />

2. Unternehmeridentitåt<br />

a) Herleitung . ............................................... 44<br />

b) Beurteilungsmaßstab<br />

aa) Allgemeines . . . ...................................... 48<br />

bb) Besonderheiten bei Personengesellschaften<br />

(1) Mitunternehmer als Tråger des Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

. ...................................... 49<br />

(2) Umfang der Unternehmerstellung/des Rechts auf<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g . . ................................. 54<br />

cc) Besonderheiten bei KÇrperschaften ................... 56<br />

c) Einzelfålle<br />

aa) Einzelunternehmen . ................................. 57<br />

bb) Personengesellschaften . . ............................ 59<br />

(1) Ûbergang des (Verlust-)Unternehmens der Personengesellschaft<br />

. . . ............................ 60<br />

(2) Ûbergang eines (Verlust-)Unternehmens auf die<br />

Personengesellschaft ........................... 65<br />

(3) Ønderung der Beteiligungsverhåltnisse bei Personengesellschaften<br />

............................ 69<br />

2<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust<br />

§ 10a<br />

Anm.<br />

(4) Entsprechende Anwendung des § 8c KStG bei<br />

Beteiligung von KÇrperschaften, § 10a Satz 10<br />

2. Halbsatz GewStG ............................ 77<br />

cc) KÇrperschaften . ...................................... 85<br />

3. Entsprechende Anwendung des § 8c KStG/§ 8 Abs. 4 KStG . . . 91<br />

a) Hintergrund der Regelung ................................ 92<br />

b) Rechtsentwicklung/zeitlicher Anwendungsbereich ........ 94<br />

c) Die Vorschrift des § 8c KStG im Einzelnen<br />

aa) Gesetzeszweck/Grenzen der teleologischen Auslegung/wirtschaftliche<br />

Bedeutung . ................... 100<br />

bb) Verfassungsrechtliche Aspekte ....................... 104<br />

cc) Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

(1) PersÇnlicher Anwendungsbereich . .............. 106<br />

(2) Schådlicher Beteiligungserwerb . . . .............. 107<br />

(a) Gegenstand der Ûbertragung . .............. 108<br />

(b) Begriff der Ûbertragung . . ................... 115<br />

(c) Mittelbare und unmittelbare Ûbertragung . . . 120<br />

(d) Person des Erwerbers/Erwerberkreis ........ 125<br />

(aa) Nahe stehende Personen . ................... 127<br />

(bb) Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten<br />

Interessen . ................................. 132<br />

(e) Ûbertragung von mehr als 25% bzw. mehr als<br />

50% ........................................ 143<br />

(f) Zusammenrechnung von Erwerben innerhalb<br />

eines FÅnf-Jahres-Zeitraums . . ......... 152<br />

(3) KapitalerhÇhungen . ............................ 160<br />

(4) Vergleichbare Sachverhalte . . ................... 165<br />

(5) Nichtvorliegen eines schådlichen Beteiligungserwerbs<br />

bei bestimmten konzerninternen Erwerben,<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG (sog. Konzernklausel)<br />

. . . .......................................... 184a<br />

(a) Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

(aa) Ûbertragender und Åbernehmender Rechtstråger<br />

. ...................................... 184b<br />

(bb) Beteiligung „derselben Person“ am Åbertragenden<br />

und Åbernehmenden Rechtstråger . . 184e<br />

(cc) Beteiligung von jeweils 100% . .............. 184j<br />

(b) Rechtsfolge ................................. 184p<br />

dd) Ausnahmen vom Untergang des Verlustvortrags<br />

(1) Besonderheiten bei Erwerben unter Beteiligung<br />

von Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften<br />

(§ 8c Abs. 2 KStG) . . . ............................ 185<br />

(2) Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz ......... 197<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

3


§ 10a Gewerbeverlust<br />

Anm.<br />

(3) Fortbestehen des Verlustab<strong>zu</strong>gs in HÇhe der stillen<br />

Reserven, § 8c Abs. 1 Såtze 6-8 KStG (sog.<br />

Verschonungsregelung) . ....................... 199<br />

(a) Vorausset<strong>zu</strong>ngen ........................... 199a<br />

(aa) Ermittlung des maßgeblichen Eigenkapitals . 199b<br />

(bb) Ermittlung des gemeinen Werts der Anteile<br />

bzw. des BetriebsvermÇgens . . .............. 199d<br />

(cc) BerÅcksichtigung von stillen Reserven und<br />

bei inlåndischer Steuerpflicht . .............. 199i<br />

(dd) Anteilige bzw. vollståndige BerÅcksichtigung<br />

der stillen Reserven ................... 199m<br />

(ee) Zeitpunkt der Ermittlung . ................... 199n<br />

(b) Rechtsfolge ................................. 199p<br />

(4) Sanierungsklausel . . ............................ 200<br />

(a) Vorausset<strong>zu</strong>ngen ........................... 200a<br />

(aa) Beteiligungserwerb . . ....................... 200b<br />

(bb) Beteiligungserwerb „<strong>zu</strong>m Zweck der Sanierung“<br />

. ...................................... 200c<br />

(aaa) Verhinderung/Beseitigung der Zahlungsunfåhigkeit<br />

oder Ûberschuldung . . . ......... 200d<br />

(bbb) Maßnahme <strong>zu</strong>m Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen<br />

............................ 200i<br />

(ccc) Nichtvorliegen einer Sanierung bei wirtschaftlicher<br />

NeugrÅndung (§ 8c Abs. 1a<br />

Satz 4 KStG) ................................ 200m<br />

(ddd) Besonderheiten bei mittelbarem Beteiligungserwerb<br />

. . ............................ 200r<br />

(b) Rechtsfolge ................................. 200w<br />

ee) Rechtsfolge .......................................... 201<br />

d) Die Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG im Einzelnen<br />

aa) Gesetzeszweck/Grenzen der teleologischen Auslegung<br />

............................................... 208<br />

bb) Verfassungsrechtliche Aspekte ....................... 211<br />

cc) Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen . . ....................... 214<br />

(1) Hauptanwendungsfall des Verlusts der wirtschaftlichen<br />

Identitåt, § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG . .... 215<br />

(a) Ûbertragung von mehr als 50 % der Anteile<br />

(aa) Anteilsbegriff . . . ............................ 216<br />

(bb) Ûbertragung von Anteilen .................. 219<br />

(cc) Ermittlung der 50 %-Grenze . . . .............. 228<br />

(dd) Schrittweise AnteilsÅbertragung und AnteilsÅbertragungen<br />

an verschiedene Erwerber<br />

......................................... 232<br />

4<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust<br />

§ 10a<br />

Anm.<br />

(b) FortfÅhrung oder Wiederaufnahme des Geschåftsbetriebs<br />

mit Åberwiegend neuem BetriebsvermÇgen<br />

(aa) BetriebsvermÇgen<br />

(aaa) Beschrånkung auf AktivvermÇgen (AnlagevermÇgen)<br />

. ................................. 236<br />

(bbb) Umfang des BetriebsvermÇgens ............. 240<br />

(bb) Neues BetriebsvermÇgen/Begriff der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

(aaa) Beschrånkung auf ZufÅhrungen von außen? . 247<br />

(bbb) VermÇgensverbesserung ohne Auswirkungen<br />

auf das AnlagevermÇgen . .............. 254<br />

(ccc) Neues VermÇgen der Kapitalgesellschaft/<br />

VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung an Tochter- bzw. Muttergesellschaften<br />

............................ 256<br />

(cc) Ûberwiegen des neuen BetriebsvermÇgens . . 260<br />

(aaa) VergleichsgrÇße I ........................... 261<br />

(bbb) VergleichsgrÇße II . . . ....................... 263<br />

(ccc) Besonderheiten bei Ønderung des steuerlichen<br />

Status einer Tochtergesellschaft sowie<br />

bei Umwandlungsmaßnahmen .............. 268<br />

(dd) Zeitpunkt der ZufÅhrung . ................... 273<br />

(ee) Wiederaufnahme oder FortfÅhrung des Geschåftsbetriebs<br />

. . ............................ 275<br />

(c) Zusammenhang zwischen AnteilsÅbertragung<br />

und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung . .... 277<br />

(2) Verlust der wirtschaftlichen Identitåt außerhalb<br />

des Hauptanwendungsfalls . . ................... 281<br />

(a) Abweichende zeitliche Reihenfolge von AnteilsÅbertragung<br />

und VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung . 283<br />

(b) Der AnteilsÅbertragung wirtschaftlich vergleichbare<br />

Sachverhalte<br />

(aa) Mittelbare Anteilseignerwechsel . . . ......... 285<br />

(bb) Anteilseignerwechsel durch gesellschaftsoder<br />

umwandlungsrechtliche Maßnahmen . . 287<br />

(cc) Verånderungen des personalen Substrats<br />

ohne AnteilsÅbergang . . . ................... 292<br />

(c) Der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung wirtschaftlich<br />

vergleichbare Sachverhalte<br />

(aa) BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung an Tochtergesellschaften<br />

................................. 296<br />

(bb) Maßnahmen ohne Auswirkung auf das BetriebsvermÇgen<br />

. ............................ 298<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

5


§ 10a Gewerbeverlust<br />

Anm.<br />

dd) Unschådliche BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung in Sanierungsfållen<br />

. .......................................... 303<br />

(1) Begriff des verlustverursachenden Geschåftsbetriebs<br />

. . . ...................................... 304<br />

(2) Sanierung ...................................... 306<br />

(a) SanierungsbedÅrftigkeit . ................... 307<br />

(b) Sanierungseignung . . ....................... 308<br />

(3) Alleinige Sanierungsabsicht – Verbot der Ûbersanierung<br />

. . . ...................................... 313<br />

(4) FortfÅhrung des Geschåftsbetriebs in einem nach<br />

dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhåltnisse<br />

vergleichbaren Umfang . . . ................... 316<br />

(a) Rechtsfolge ................................. 322<br />

4. Organschaft . . ............................................... 328<br />

a) Innerorganschaftliche Verluste ............................ 330<br />

b) Außerorganschaftliche Verluste ........................... 331<br />

c) MehrmÅtterorganschaft . . ................................. 336<br />

5. Besonderheiten bei Betrieben gewerblicher Art und Eigengesellschaften,<br />

§ 10a Satz 9 GewStG ............................ 339<br />

IV. DurchfÅhrung des Verlustab<strong>zu</strong>gs ............................ 344<br />

1. Ermittlung der Fehlbetråge im Entstehungsjahr und des maßgebenden<br />

Gewerbeertrags im Anrechnungsjahr .............. 345<br />

2. KÅr<strong>zu</strong>ng des maßgebenden Gewerbeertrags des Anrechnungsjahres<br />

a) Grundsatz . ............................................... 353<br />

b) Besonderheiten bei Personengesellschaften<br />

aa) Maßgeblichkeit des GewinnverteilungsschlÅssels . .... 358<br />

bb) Besonderheiten bei unterjåhrigen Ereignissen ........ 368<br />

c) Besonderheiten bei KÇrperschaften<br />

aa) § 8c KStG . . .......................................... 371<br />

bb) § 8 Abs. 4 KStG . ...................................... 377<br />

3. Verfahrensrecht<br />

a) Gesonderte Feststellung (seit EZ 1990) . . ................... 380<br />

b) Rechtslage bis EZ 1989 . . . ................................. 388<br />

c) Feststellungslast .......................................... 390<br />

6<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust<br />

§ 10a<br />

Erlåuterungen <strong>zu</strong> § 10a<br />

Schrifttum: -en-, Verluste von Organgesellschaften bei der Gewerbesteuer,<br />

DB 1968, 2060; Weingart, Der gewerbesteuerliche Verlustab<strong>zu</strong>g bei Personengesellschaften,<br />

DB 1976, 1081; Schwendy, Der BFH <strong>zu</strong>r Frage der Abziehbarkeit<br />

von Gewerbeverlusten bei Einbringung eines Unternehmens in eine Personengesellschaft,<br />

DStZ 1978, 238; Schmidt, Ertragsteuerrechtliche Probleme<br />

des Gesellschafterwechsels bei Personengesellschaften, FR 1978, 353; Bethmann,<br />

Die Problematik der gewerbesteuerlichen Verlustkompensation, StuW<br />

1979, 332; Orth, Interperiodische Verlust-Kompensation im Gewerbesteuerrecht,<br />

1980; Heinicke, KÅr<strong>zu</strong>ng von Gewerbeverlusten bei Personengesellschaften:<br />

Personenidentitåt nach wie vor erforderlich, FR 1985, 651; Weßling,<br />

Der Gewerbeverlust gem. § 10a GewStG bei Wechsel der Gesellschafter einer<br />

Personengesellschaft, DB 1986, 1894; Orth, Unternehmeridentitåt und Gewerbeverlust.<br />

Zur Rechtslage nach dem StBereinigungsG 86, FR 1986, 81; Sturm,<br />

Das Steuerbereinigungsgesetz 1986, WM-Sonderbeilage 7/1986; Weßling,Erneut:<br />

Der Gewerbeverlust gemåß § 10a GewStG bei Wechsel der Gesellschafter<br />

einer Personengesellschaft, DB 1987, 1321; Pauka, Erwiderung <strong>zu</strong> Weßling<br />

(DB 1987, 1321), DB 1987, 1322; Pauka, Verånderungen bei der Gewerbesteuer<br />

in der Zeit von 1984 bis 1986 (Teil II), DB 1987, 655; Unvericht, Zum Gewerbeertrag<br />

und Gewerbekapital der atypisch stillen Gesellschaft, DStR 1987,<br />

413; Kraushaar, Wegfall der Unternehmeridentitåt als Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr den<br />

gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrag nach § 10a GewStG, DStZ 1987,<br />

255; Autenrieth/Haug, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg und Verlustvortrag<br />

fÅr Erhebungszeitråume bis 1985, DStZ 1987, 279; Autenrieth, Nochmals:<br />

Unternehmeridentitåt und gewerbesteuerlicher Verlustvortrag, DStZ<br />

1987, 412; Schumacher, Mehrheit von Gewerbebetrieben einer natÅrlichen<br />

Person im Gewerbesteuerrecht, StuW 1987, 111; Weßling, Zur Auslegung des<br />

§ 10a Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes, BB 1988, 1641; Schnådter, Die Belastungen<br />

durch die Gewerbesteuer und die MÇglichkeiten, sie <strong>zu</strong> vermeiden, BB<br />

1988, 313; Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Bonn, „GrÅner Brief“ Nr. 279:<br />

Zur Anerkennung von Gewerbeverlusten beim Wechsel von Gesellschaftern<br />

einer Personengesellschaft (vgl. DB 1988, 2014); Pauka, Ønderungen des Gewerbesteuerrechts<br />

durch das StRefG 1990 (Teil II), DB 1988, 2275; Bahlau, Der<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g nach dem Steuerreformgesetz 1990, FR 1988, 565; Korn, Gewerbeverlust<br />

bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen im Falle des<br />

Gesellschafter- und Unternehmerwechsels, 1988, KÚSDI 1988, 7314; Streck/<br />

Schwedhelm, Verlustab<strong>zu</strong>g und Mantelkauf nach der Steuerreform, FR 1989,<br />

153; Jonas, Keine Mitnahme von Organschaftsverlusten, DB 1990, 2394; Finkbeiner,<br />

Verlustverrechnung nach § 10a GewStG bei wechselnden Gesellschaftern<br />

einer Personenhandelsgesellschaft, DStZ 1990, 529; SchÅtzeberg, Gewerbesteuerlicher<br />

Verlustvortrag bei Gesellschafterwechsel im Bereich von Personengesellschaften,<br />

DB 1991, 619; Bohnenblust/Menger/ZÇchling, Verlustverrechnung<br />

im Ertragsteuerrecht, Rechtsvergleich Deutschland – Ústerreich<br />

– Schweiz, 1991, DStR 1991, 433, 497; StÇcker, Unternehmensgleichheit bei<br />

Gleichartigkeit der gewerblichen Betåtigung und Identitåt der dabei eingesetzten<br />

såchlichen Mittel, DStZ 1990, 60; Woring, Verlustab<strong>zu</strong>g nach § 10a<br />

GewStG bei Personengesellschaften trotz Gesellschafterwechsels – Kontro-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

7


§ 10a Gewerbeverlust<br />

verse Ansichten, DB 1992, 2005; Meyer-Scharenberg, Ønderung der Rechtsprechung<br />

<strong>zu</strong>r BerÅcksichtigungsfåhigkeit von Gewerbeverlusten nach dem<br />

Ein- und Austritt von Personengesellschaften?, DStR 1992, 855; Finkbeiner,<br />

Gewerbesteuerliche Verlustverrechnung bei wechselnden Gesellschaftern einer<br />

Personenhandelsgesellschaft im Lichte der Entscheidung des Großen Senats<br />

<strong>zu</strong>r doppelstÇckigen Personengesellschaft, DStZ 1992, 309; Carl , Gesellschafterwechsel<br />

bei Personengesellschaften im Zivil- und Steuerrecht, KÚSDI<br />

1992, 8868; Gosch, Rechtsprechung <strong>zu</strong>r Gewerbesteuer, StuW 1992, 350;<br />

Braun, Die Personenhandelsgesellschaft im Gewerbesteuerrecht, BB 1993,<br />

1055; Braun, Zweifelsfragen im Gewerbesteuerrecht, BB 1993, 1122; Braun,<br />

Gewerbesteuerlicher Verlustab<strong>zu</strong>g beim Wechsel der Gesellschafter einer<br />

Personenhandelsgesellschaft, BB 1993, 85; Finkbeiner, Verfassungsrechtliche<br />

Aspekte des Beschlusses des Großen Senats des BFH <strong>zu</strong>m gewerbesteuerlichen<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g bei Personengesellschaften nach § 10a GewStG, DB 1993,<br />

2201; Robisch, Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag, BB 1994, 1683; Baumhoff,<br />

Verlustverwertungsstrategien bei Personengesellschaften, StJB 1993/94, 267;<br />

Orth, Gewerbeverlustvortrag nach einem Gesellschafterwechsel in Personengesellschaften,<br />

DB 1994, 1313; SÇffing, Verlustab<strong>zu</strong>g nach § 10a GewStG bei<br />

mehrstÇckigen Personengesellschaften, DB 1994, 1488; Halfar/Winkeljohann,<br />

Gewerbesteuerliche VorzÅge der GmbH & atypisch still, DB 1994, 2471; SÇffing,<br />

Gedanken <strong>zu</strong>m Fehlbetragsbeschluss des Großen Senats, DB 1994, 747;<br />

Gschwendtner, Verlustausgleich und Steuerpflicht bei Personengesellschaften<br />

im Gewerbesteuerrecht, DStR 1994, 1109; W.-G., Zur Berechnung des Verlustab<strong>zu</strong>gs<br />

nach § 10a GewStG bei Personengesellschaften, DStR 1994, 579;<br />

Bordewin, Verlustausgleich und Verlustab<strong>zu</strong>g bei Personengesellschaften/<br />

insbesondere nach neuester Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStR<br />

1994, 673; Schmidt, Steuerrechtliche Gewinnermittlung und -<strong>zu</strong>rechnung bei<br />

doppelstÇckigen Personengesellschaften – Versuch einer Bestandsaufnahme<br />

fÅr die Praxis, FS Moxter 1994, 1109; Weßling, Der Gewerbeverlust bei Wechsel<br />

im Gesellschafterbestand und Umwandlung von Personengesellschaften,<br />

INF 1994, 686; Gosch, Gewerbesteuerlicher Verlustab<strong>zu</strong>g des Erben, StBp<br />

1994, 126; ders., Gewerbesteuerrechtlicher Verlustab<strong>zu</strong>g, StBp 1994, 148;<br />

Pyszka, DStR-Fachliteratur- Auswertung: Bilanzen und Gewinnermittlung,<br />

DStR 1995, 1823; Bordewin, Ab<strong>zu</strong>g des Gewerbeverlustes bei Personengesellschaften<br />

– Alte und neue Erkenntnisse nach dem Beschluss des Großen Senats<br />

des BFH v. 3.5.1993, GrS 3/92, DStR 1995, 313; Mahlow, Der gewerbesteuerliche<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g bei Personengesellschaften – Anmerkungen <strong>zu</strong> Bordewin in<br />

DStR 1995, 313 ff., DStR 1995, 1986; Bordewin, Der gewerbesteuerliche Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

bei Personengesellschaften – Erwiderung <strong>zu</strong> Mahlow, DStR 1995,<br />

1988; Weßling, Gewerbeverlustvortrag gem. § 10a GewStG bei Umschichtung<br />

der Anteile unter den Gesellschaftern einer Personengesellschaft, INF 1995,<br />

489; Herzig/FÇrster/FÇrster, Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei Wechseln<br />

im Gesellschafterbestand und Umstrukturierung von Personengesellschaften,<br />

DStR 1996, 1025; Bordewin, Gewerbesteuerlicher Verlustab<strong>zu</strong>g bei<br />

Umwandlung einer einstÇckigen in eine doppelstÇckige Kommanditgesellschaft,<br />

DStR 1996, 1594; Kempermann, Bei teilweisem Gesellschafterwechsel<br />

wåhrend des Jahres kein abgekÅrzter Erhebungszeitraum, FR 1996, 641;<br />

8<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust<br />

§ 10a<br />

Prinz, Gestaltungsmaßnahmen <strong>zu</strong>r steuerlichen Verlustnut<strong>zu</strong>ng, FR 1996, 769;<br />

Orth, Phasengleiche Verlustverrechnung nach Umwandlungen?, StuW 1996,<br />

306; Finkbeiner, Verlustvortrag nach § 10a GewStG bei wechselnden Gesellschaftern<br />

einer Personenhandelsgesellschaft, BB 1997, 230; Pyszka, Gewerbesteuerlicher<br />

Verlustvortrag bei „stufenweisem“ Gesellschafterwechsel in<br />

Personengesellschaften, DStR 1997, 1073; Weßling, Stufenweiser Gesellschafterwechsel<br />

in Personengesellschaften und Verlustvortrag bei der Gewerbesteuer,<br />

INF 1997, 167; Strahl, Verlustab<strong>zu</strong>g im Einkommen-, KÇrperschaftund<br />

Gewerbesteuerrecht, KÚSDI 1997, 11357; Grotherr, Steht der Verlustvorund<br />

-rÅcktrag steuerpolitisch <strong>zu</strong>r Disposition?, BB 1998, 2337, 2392; Schumacher,<br />

Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag einer KG & atypisch Still, DStR 1998,<br />

840; Gosch, Einige aktuelle und <strong>zu</strong>gleich grundsåtzliche Bemerkungen <strong>zu</strong>r<br />

Gewerbesteuer, DStZ 1998, 327; Madauß, Gewerbesteuerlicher Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

bei Personengesellschaften und mitunternehmerbezogene Betrachtung, StBp.<br />

1998, 268; Orth, Umwandlung durch Anwachsung, DStR 1999, 1011, 1053;<br />

HG, Verlustverrechnung gemåß § 10a GewStG bei mittelbarer Beteiligung,<br />

DStR 1999, 1854; -sch., DStR 1999, 2073; Prinz/Ommerborn, Neue „Organschaftsfalle“<br />

bei Verlusten: Abschn. 68 Abs. 5 GewStR 1998, FR 1999, 993;<br />

Wienands, Gewerbesteuerliche Behandlung von Umwandlungen, GmbHR<br />

1999, 462; Eckart/Kneip/Rieke, Aktuelle Fragen <strong>zu</strong>r Gewerbesteuer nach Verabschiedung<br />

des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 und der GewStR<br />

1998, INF 1999, 225; Siebert, Gewerbesteuerprobleme bei Unternehmensumstrukturierungen,<br />

DStR 2000, 758; Patt/Stimpel, Verlustverwertung im<br />

Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft, FR 2000, 705; Prinz/Ommerborn,<br />

Nochmals: Verwaltungsseitige „Organschaftsfalle“ <strong>zu</strong> Recht beseitigt!<br />

(Erwiderung <strong>zu</strong> Patt/Stimpel), FR 2000, 708; Scholten, Nut<strong>zu</strong>ng von gewerbesteuerlichen<br />

Verlustvortrågen bei „doppelstÇckigen Personengesellschaften“,<br />

ZinsO 2000, 202; Fey/Neyer, Verlustnut<strong>zu</strong>ng nach Umstrukturierung im<br />

Konzern: Auswahl des Reorganisationspfades unter steuerlichen Gesichtspunkten,<br />

GmbHR 2000, 705; Kirchhof/Raupach, Die Un<strong>zu</strong>låssigkeit einer<br />

rÅckwirkenden gesetzlichen Ønderung der MehrmÅtterorganschaft, DB-Beilage<br />

3/2001; RÇdder, Verlustverrechnung im gewerbesteuerlichen Organkreis,<br />

DStR 2001, 780; Braun, VerlustrÅcktrag nach § 10 d EStG beiESt/KSt-Veranlagungen<br />

der Vorjahre bewirkt keine gleichgerichtete Ønderungsveranlagung<br />

des vorjåhrigen Gewerbesteuermessbetrags gem. § 35 b GewStG, EFG 2001,<br />

586; Wendt, Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei doppelstÇckiger Personengesellschaft,<br />

FR 2001, 79; Kempermann, Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag<br />

bei Wechsel von unmittelbarer <strong>zu</strong> mittelbarer Beteiligung an einer Personengesellschaft,<br />

HFR 2001, 262; Hettler, Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag<br />

bei doppelstÇckiger Personengesellschaft, KFR 2001, 127; Gosch, Zum<br />

Vortrag von Gewerbeverlusten bei doppelstÇckigen Mitunternehmerschaften,<br />

StBp 2001, 24; Gosch, Erneut <strong>zu</strong>m gewerbesteuerlichen Verlustab<strong>zu</strong>g, StBp.<br />

2001, 80; Hierstetter/Schwarz, Ûbertragung einer verlustbehafteten KG-Beteiligung<br />

zwischen Kapitalgesellschaften durch Verschmel<strong>zu</strong>ng oder Spaltung,<br />

DB 2002, 1963; Stegemann, Abspaltung von Beteiligungen an Organgesellschaften,<br />

DStR 2002, 1549; FÅger/Rieger, Veråußerung von Mitunternehmeranteilen<br />

und Gewerbesteuer, DStR 2002, 933; Kempermann, Mitunternehmer-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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9


§ 10a Gewerbeverlust<br />

schaft, Mitunternehmer und Mitunternehmeranteil – steuerrechtliche Probleme<br />

der Personengesellschaft aus der Sicht des BFH, GmbHR 2002, 200;<br />

DÇtsch, Regierungsentwurf eines StVergAbG: Gravierende Verschlechterungen<br />

bei der kÇrperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Verlustnut<strong>zu</strong>ng,<br />

DStZ 2003, 25; Schiffers, Umstrukturierung mittelståndischer Personengesellschaftsgruppen,<br />

GmbHStB 2003, 353; Lindauer, BB-Forum: Anmerkungen<br />

<strong>zu</strong>r Mindestbesteuerung 2004, BB 2004, 2720; DÇtsch/Pung, Die Neuerungen<br />

bei der KÇrperschaftsteuer und bei der Gewerbesteuer durch das<br />

Steuergesetzgebungspaket vom Dezember 2003, DB 2004, 151; Intemann/Nacke,<br />

Verlustverrechnung nach den SteuerånderungenfÅr 2003/2004, DStR<br />

2004, 1149; Braun/Troost, Neue FG-Rechtsprechung <strong>zu</strong>m Maßgeblichkeitsgrundsatz<br />

bei Verschmel<strong>zu</strong>ngen-Auswirkungenauf Nut<strong>zu</strong>ng von Verlustvortrågen,<br />

DStR 2004, 1862; RÇdder/Schumacher, Ertragsteuerliche Ønderungen<br />

fÅr Unternehmen <strong>zu</strong>m Jahreswechsel 2003/2004 – Die wesentlichen Verånderungen<br />

der verabschiedeten Gesetze gegenÅber den RegierungsentwÅrfen,<br />

DStR 2004, 207; Winkeljohann/Stegemann, Postakquisitorischer Formwechsel<br />

in eine Kapitalgesellschaft als steuerliches Gestaltungsinstrument, DStR 2004,<br />

544; Fey/Neyer, Unbegrenzter Verlustab<strong>zu</strong>g trotz Mindestbesteuerung: Umwandlung<br />

mit steuerlicher RÅckwirkung, DStR 2004, 986; Forst/Frings, Die<br />

neue Mindestbesteuerung ab 1.1.2004 – MÇglichkeiten <strong>zu</strong>r optimalen Nut<strong>zu</strong>ng<br />

von Verlustvortrågen, EStB 2004, 80; Lehner (Hrsg.), Verluste im nationalen<br />

und Internationalen Steuerrecht, 2004; Weber-Grellet, Mindestbesteuerung/Verlustverrechnung,<br />

Stbg. 2004, 75; Herzig/Wagner, Mindestbesteuerung<br />

durch die Begren<strong>zu</strong>ng der Verrechnung von Verlustvortrågen, Wpg.<br />

2004, 53; Lang/Englisch, Zur Verfassungswidrigkeit der neuen Mindestbesteuerung,<br />

2005, StuW 2005, 3; Thill, Der Ûbergang von Verlustvortrågen<br />

bei Anwachsung einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft, FR<br />

2006, 407; Hackmann, Verfassungswidrigkeit der neuen Mindestbesteuerung?<br />

– Anmerkungen <strong>zu</strong>r Abhandlung von J. Lang und J. Englisch, StuW<br />

2005, 3, StuW 2006, 124; Prinz/Hick, Transfer gewerbesteuerlicher VerlustabzÅge<br />

einer Personengesellschaft durch Anwachsung auf eine Organgesellschaft,<br />

GmbHR 2006, 841; DÇtsch/Pung, JStG 2007: Die Ønderungen des KStG<br />

und des GewStG, DB 2007, 11; Fischer, Grenzen der Verlustvortragsbeschrånkung<br />

nach § 10d Abs. 2 EStG bei Kapitalgesellschaften, FR 2007, 281;<br />

Kratzsch, Untergang des Gewerbeverlustes beim „Ortswechsel“ eines Franchisenehmers,<br />

GStB 2007, 195; GÅnther, Gewerbesteuerlichen Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

bei Personengesellschaften optimal nutzen, GStB 2007, 281; Wehrheim/<br />

Haussmann, Die gewerbesteuerliche Verlustnut<strong>zu</strong>ng von Personenunternehmen<br />

und KÇrperschaften: Eine vergleichende Analyse, StuW 2008, 317;<br />

DÇtsch/Pung, JStG 2008: Die Ønderungen des KStG, des UmwStG und des<br />

GewStG, DB 2007, 2669; Behrendt/Arjes/Nogens, § 8c KStG – Struktur <strong>zu</strong>m<br />

Erhalt gewerbesteuerlicher Verlustvortråge, BB 2008, 397; Behrend/Arjes, Gewerbesteuerliche<br />

Unternehmeridentitåt bei Verschmel<strong>zu</strong>ng von Kapitalgesellschaften,<br />

DStR 2008, 811; Loose/Suck, Die Bindungswirkung des § 10a<br />

GewStG im Rahmen von Gesellschafterwechseln bei Personengesellschaften,<br />

FR 2008, 846; Crezelius, Aktuelle Steuerrechtsfragen in Krise und Insolvenz –<br />

September/Oktober 2008, NZI 2008, 727; Suchanek/Herbst, Zweifelsfragen<br />

10<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 1 § 10a<br />

und jÅngste Entwicklungen im Zusammenhang mit der Anwachsung,<br />

Ubg 2008, 669, Hoffmann, Weitere Verlustverrichtung im JStG 2009, DStR<br />

2009, 257; Suchanek, Ertragsteuerliche Ønderungen im Jahressteuergesetz<br />

2009 <strong>zu</strong>r Verhinderung von Gestaltungen in Zusammenhang mit § 8c KStG –<br />

Die „Verlustverrichtung“ geht weiter, Ubg 2009, 178; Beinert/Benecke, Ønderungen<br />

der Unternehmensbesteuerung im Jahressteuergesetz 2009, Ubg<br />

2009, 169; Hey, KÇrperschaft- und Gewerbesteuer und objektives Nettoprinzip,<br />

Beihefter <strong>zu</strong> DStR 2009, Heft 34, 109; Heger, KÇrperschaft- und Gewerbesteuer<br />

und objektives Nettoprinzip, Beihefter <strong>zu</strong> DStR 2009, Heft 34, 117;<br />

Kutt/MÇllmann, Verlustnut<strong>zu</strong>ng bei unterjåhrigem Beteiligungserwerb,<br />

DB 2009, 2564; Jacobsen, Die Generierung und Koordination steuerlicher Teilgestaltungen<br />

im Rahmen der Umstrukturierung von Unternehmen, BB 2009,<br />

1955; GrÅtzner, Ausgewåhlte Regelungen der neuen Gewerbesteuerrichtlinien<br />

2009, BBK 2010, 357; Honert/Obser, Gewerbesteuerliche Verluste bei Mitunternehmerschaften,<br />

EStB 2009, 404; Forst/Busch/Kubiak, Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

innerhalb einer Unternehmensgruppe, EStB 2009, 361; Kleinheisterkamp, Gewerbeverlust<br />

und Zinsvortrag bei Ûbergang und Aufgabe von Teilbetrieben,<br />

FR 2009, 522; Ropohl/Freck, Die Anwachsung als rechtliches und steuerliches<br />

Gestaltungsinstrument, GmbHR 2009, 1076; Schießl, Gewerbesteuerliche<br />

Fehlbetråge bei Verschmel<strong>zu</strong>ng und Auf- bzw. Abspaltung von Kapitalgesellschaften,<br />

StuB 2010, 17; Kutt/MÇllmann, Rechtsformabhångige Verlustnut<strong>zu</strong>ngsmÇglichkeiten<br />

beim (unterjåhrigen) Beteiligungserwerb, DB 2010, 1150;<br />

StÅmper, Das Schicksal steuerlicher Verlustvortråge in Anwachsungsfållen,<br />

GmbHR 2010, 129; Heinz/Wilke, Sicherung der Verlustverwertung im Unternehmenskonzern<br />

durch Einschaltung von Personengesellschaften, GmbHR<br />

2010, 360; Prinz, Kuriositåten des gewerbesteuerlichen Verlustab<strong>zu</strong>gs – Systematische<br />

Leitlinien fehlen!, DB 20/2010, M1; Fuhrmann, Streif<strong>zu</strong>g durch die<br />

neuen Gewerbesteuer-Richtlinien 2009, KÚSDI 2010, 16970; Weber, Nut<strong>zu</strong>ng<br />

des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaftskonzernen<br />

bei Umstrukturierung und Veråußerung, Ubg 2010,<br />

201; Hierstetter, (Mit-)Unternehmeridentitåt bei Verschmel<strong>zu</strong>ng bzw. Spaltung<br />

einer KapGes., DB 2010, 1089; Patt, Einbringung betrieblicher Einheiten<br />

durch Kapitalgesellschaften, EStB 2010, 146; SchÇneborn, Gewerbeverluste<br />

gem. § 10a GewStG bei Personengesellschaften – Auswirkungen des § 8c<br />

KStG bei „darÅber hångenden“ Kapitalgesellschaften, NWB 2011, 366.<br />

I. Rechtsentwicklung<br />

Das GewStG v. 1.12.1936 (RGBl. I 1936, 979 = RStBl. 1936, 1149) enthielt keine 1<br />

Regelungen Åber den Ab<strong>zu</strong>g von Verlusten frÅherer EZ.<br />

Zur gesetzlichen EinfÅhrung des Verlustab<strong>zu</strong>gs kam es erstmals durch § 19<br />

der Dritten GewStDV v. 31.1.1940 (RGBl. I 1940, 284): Hiernach war der Gewerbeertrag<br />

bei Gewerbetreibenden, die BÅcher nach den Vorschriften des<br />

HGB fÅhren, grundsåtzlich um Fehlbetråge der beiden vorangegangenen<br />

Wirtschaftsjahre <strong>zu</strong> kÅrzen.<br />

Diese Regelung wurde durch Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes <strong>zu</strong>r Ønderung des Gewerbesteuerrechts<br />

v. 27.12.1951 (BGBl. I 1951, 996 = BStBl. I 1952, 2) modifi-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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11


§ 10a Anm. 1 Gewerbeverlust<br />

ziert und als § 10a in das GewStG Åbernommen. Die Modifikationen betrafen<br />

die Person des Ab<strong>zu</strong>gsberechtigten („Gewerbetreibende, die den Gewinn<br />

nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 des Einkommensteuergesetzes auf Grund ordnungsmåßiger<br />

BuchfÅhrung ermitteln“), die EinfÅhrung der zeitlichen Be<strong>zu</strong>gsgrÇße<br />

des vorangegangenen „Erhebungszeitraums“ (anstelle des Wirtschaftsjahres)<br />

sowie die Erweiterung des Zeitraums fÅr den Ab<strong>zu</strong>g des Gewerbeverlusts<br />

von zwei auf drei vorangegangene EZ. Die Vorschrift galt erstmals<br />

im EZ 1950.<br />

Art. 8 Nr. 4 des Gesetzes <strong>zu</strong>r Neuordnung von Steuern v. 16.12.1954 (BGBl. I<br />

1954, 373 = BStBl. I 1954, 575) verlångerte den Ab<strong>zu</strong>gszeitraum – wie bei der<br />

ESt – von drei auf fÅnf Jahre und beschrånkte die Ab<strong>zu</strong>gsmÇglichkeit durch<br />

Streichung der Verweisung auf § 4 Abs. 1 EStG auf Gewerbetreibende mit Gewinnermittlung<br />

aufgrund ordnungsmåßiger BuchfÅhrung nach § 5 EStG. Die<br />

Vorschrift galt insoweit fÅr den EZ 1955 bis <strong>zu</strong>m EZ 1974.<br />

Durch Art. 6 Nr. 8 des Steuerånderungsgesetzes 1961 v. 13.7.1961 (BGBl. I<br />

1961, 981 = BStBl. I 1961, 444) wurde die Regelung des § 5 Abs. 2 GewStG in<br />

§ 2 Abs. 5 GewStG Åbernommen und in § 10a GewStG ein Satz 2 angefÅgt<br />

(heutiger Satz 8), wonach der Verlustvortrag im Fall des § 2 Abs. 5 GewStG,<br />

dh. bei Ûbergang des Gewerbebetriebs im Ganzen auf einen anderen Unternehmer,<br />

entfållt. Die Ønderungen waren erstmals im EZ 1961 anwendbar.<br />

Mit Art. 1 Nr. 1 des EinfÅhrungsgesetzes <strong>zu</strong>m Einkommensteuerreformgesetz<br />

v. 21.12.1974 (BGBl. I 1974, 3656 = BStBl. I 1975, 2) entfielen in § 10a Satz 1<br />

GewStG die Worte „auf Grund ordnungsmåßiger BuchfÅhrung“. Diese Erleichterung<br />

bei der Geltendmachung von Gewerbeverlusten galt erstmals fÅr<br />

Fehlbetråge, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags<br />

fÅr den EZ 1975 ergaben (§ 36 Abs. 2 GewStG idF des Art. 1 Nr. 3 EG-<br />

EStRefG).<br />

Durch Art. 10 Nr. 7 des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 v. 19.12.1985<br />

(BGBl. I 1985, 2436 = BStBl. I 1985, 735) wurden in § 10a Satz 1 GewStG die<br />

Worte „bei Gewerbetreibenden, die den Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes<br />

ermitteln“ gestrichen. Dadurch kam es – in Angleichung an<br />

§ 10d EStG – <strong>zu</strong> einer Erweiterung des Anwendungsbereichs der Norm auf<br />

Gewerbetreibende, die ihren Gewinn durch Ûberschussrechnung nach § 4<br />

Abs. 3 EStG ermitteln. Die Neuregelung galt gemåß § 36 Abs. 3 GewStG idF<br />

des Art. 10 Nr. 14 des StBereinG 1986 rÅckwirkend ab EZ 1975.<br />

Durch Art. 3 Nr. 4 des Steuerreformgesetzes 1990 v. 25.7.1988 (BGBl. I 1988,<br />

1093 = BStBl. I 1988, 224) wurde – ebenso wie in § 10d EStG – die zeitliche Beschrånkung<br />

des Verlustvortrags durch Streichung der Worte „fÅnf“ und „vier“<br />

in Satz 1 aufgehoben sowie die gesonderte Feststellung der HÇhe der vortragsfåhigen<br />

Fehlbetråge durch EinfÅgung eines neuen Satzes 2 (heutiger Satz 6)<br />

vorgeschrieben. § 10a GewStG idF des StReformG 1990 war insoweit erstmals<br />

auf Fehlbetråge des EZ 1985 an<strong>zu</strong>wenden (§ 36 Abs. 5 idF des StReformG<br />

1990). Durch das StReformG 1990 wurde Åberdies mit Satz 4 (heutiger Satz 10)<br />

die Verweisung auf den ebenfalls neu eingefÅgten § 8 Abs. 4 KStG angefÅgt,<br />

der den Verlustab<strong>zu</strong>g bei KÇrperschaften von ihrer wirtschaftlichen Identitåt<br />

abhångig macht. § 10a Satz 4 idF des StReformG 1990 war grundsåtzlich erst-<br />

12<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 1 § 10a<br />

mals fÅr den EZ 1990 an<strong>zu</strong>wenden (§ 36 Abs. 1 GewStG idF des StReformG<br />

1990). Wurden die Rechtsgeschåfte, die <strong>zu</strong>m Verlust der wirtschaftlichen Identitåt<br />

gefÅhrt haben, jedoch nach dem 23.6.1988 abgeschlossen, ordnete § 36<br />

Abs. 6 GewStG idF des StReformG 1990 eine Anwendbarkeit der Neufassung<br />

auch fÅr EZ vor 1990 an (da<strong>zu</strong> Bahlau, FR 1990, 565).<br />

Nach § 36 Abs. 5a GewStG idF des Einigungsvertragsgesetzes v. 23.9.1990<br />

(BGBl. II 1990, 885 [978] = BStBl. I 1990, 654 [673]) ist § 10a GewStG bei Betriebsståtten<br />

im beigetretenen Teil Deutschlands erstmals auf Gewerbeverluste<br />

des EZ 1990 an<strong>zu</strong>wenden.<br />

Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes <strong>zu</strong>r Ønderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer<br />

Gesetze vom 23.12.2003 (BGBl. I 2003, 2922 = BStBl. I 2004, 20) schrånkte<br />

den Verlustab<strong>zu</strong>g – ebenso wie beim neu gefassten § 10d Abs. 2 EStG – betragsmåßig<br />

ein: Nach der Neufassung des Satzes 1 ist ein betragsmåßig unbegrenzter<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g nur bis <strong>zu</strong> einem Gewerbeertrag von 1 Mio. E mÇglich;<br />

ein Åberschießender Gewerbeertrag kann nach dem neuen Satz 2 nur noch bis<br />

<strong>zu</strong> 60 % gekÅrzt werden. Neu eingefÅgt wurde ferner Satz 3, der den Ab<strong>zu</strong>g<br />

vororganschaftlicher Fehlbetråge einer Organgesellschaft versagt. Die bisherigen<br />

Såtze 2 bis 4 wurden Såtze 4 bis 6. Die Neufassung war erstmals im EZ<br />

2004 an<strong>zu</strong>wenden.<br />

Durch Art. 5 Nr. 4 des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007) v. 13.12.2006<br />

(BGBl. I 2006, 2878 = BStBl. I 2007, 28) wurden nach Satz 3 die Såtze 4 und 5<br />

eingefÅgt. Hierdurch wurde die bisherige Verwaltungsauffassung festgeschrieben,<br />

wonach Fehlbetråge bei Mitunternehmerschaften nach Maßgabe<br />

des allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssels und ungeachtet etwaiger<br />

Vorabgewinnanteile <strong>zu</strong> berÅcksichtigen sind (s. da<strong>zu</strong> Anm. 358 ff.). Gemåß<br />

§ 36 Abs. 9 GewStG idF des Art. 5 Nr. 6 Buchst. g JStG 2007 soll der neu gefasste<br />

§ 10a Satz 4 und 5 GewStG auch fÅr EZ vor 2007 an<strong>zu</strong>wenden sein (<strong>zu</strong> insoweit<br />

bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken s. Anm. 362). Die bisherigen<br />

Såtze 4 bis 6 wurden Såtze 6 bis 8.<br />

Mit Art. 3 Nr. 3 des Unternehmensteuerreformgesetzes v. 14.8.2007 (BGBl. I<br />

2007, 1912 = BStBl. I 2007, 630) wurde das Zitat in Satz 8 angepasst und dadurch<br />

der neue § 8c KStG mit Wirkung fÅr EZ ab 2008 fÅr entsprechend anwendbar<br />

erklårt (<strong>zu</strong>r zeitlich befristeten Fortgeltung der entsprechenden Anwendung<br />

des § 8 Abs. 4 KStG vgl. Anm. 99).<br />

Mit Art. 5 Nr. 2 des Jahressteuergesetzes 2008 (JStG 2008) v. 20.12.2007<br />

(BGBl. I 2007, 3150 = BStBl. I 2008, 218) wurde nach Satz 6 ein neuer Satz 7<br />

eingefÅgt, der klarstellt, dass vortragsfåhige Fehlbetråge die nach der KÅr<strong>zu</strong>ng<br />

des maßgebenden Gewerbeertrags nach Satz 1 und 2 <strong>zu</strong>m Schluss des<br />

EZ verbleibenden Fehlbetråge sind. Die bisherigen Såtze 7 und 8 wurden Såtze<br />

8 und 9. Die Regelung gilt gemåß § 36 Abs. 9 Satz 7 GewStG idF des Art. 5<br />

Nr. 4 Buchst. c JStG 2008 auch fÅr EZ vor 2007.<br />

Durch Art. 4 Nr. 4 des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) v. 19.12.2008<br />

(BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74) wurde nach Satz 8 ein neuer Satz 9 eingefÅgt,<br />

der den ebenfalls mit dem JStG 2009 neu eingefÅgten § 8 Abs. 8 und 9<br />

Såtze 5 bis 7 KStG fÅr entsprechend anwendbar erklårt. Der bisherige Satz 9<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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13


§ 10a Anm. 1–4 Gewerbeverlust<br />

wurde Satz 10. Die Neuregelung gilt erstmals fÅr den EZ 2009, vgl. § 36 Abs. 9<br />

Satz 8 GewStG idF des Art. 4 Nr. 8 Buchst. h JStG 2009. DarÅber hinaus wurde<br />

Satz 10 (bisheriger Satz 9) neu gefasst. Nach dem durch die Neufassung angefÅgten<br />

zweiten Halbsatz ist auf Fehlbetråge einer Mitunternehmerschaft § 8c<br />

KStG an<strong>zu</strong>wenden, soweit der Fehlbetrag einer KÇrperschaft unmittelbar oder<br />

mittelbar einer Mitunternehmerschaft, an der eine KÇrperschaft (unmittelbar<br />

bzw. mittelbar Åber eine oder mehrere Personengesellschaften) beteiligt ist,<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist. Die Neufassung des Satzes 10 ist gemåß § 36 Abs. 9 Satz 10<br />

GewStG idF des Art. 4 Nr. 8 Buchst. h JStG 2009 erstmals auf schådliche Beteiligungserwerbe<br />

nach dem 28.11.2008 (Datum der dritten Lesung des<br />

JStG 2009) an<strong>zu</strong>wenden, deren såmtliche Erwerbe und gleichgestellte Rechtsakte<br />

nach dem 28.11.2008 stattfinden.<br />

II. Allgemeines<br />

1. Bedeutung der Vorschrift<br />

2 Die GewSt folgt ebenso wie die ESt und KSt dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung,<br />

nach dem die Besteuerungsgrundlage fÅr jeden Steuerabschnitt<br />

neu und ungeachtet vorangegangener Steuerabschnitte <strong>zu</strong> ermitteln ist (vgl.<br />

§§ 10, 14 GewStG). Der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung steht im Spannungsverhåltnis<br />

<strong>zu</strong>m Grundsatz des abschnittsÅbergreifenden Nettoprinzips,<br />

das als Ausfluss des (objektiven) Leistungsfåhigkeitsprinzips die steuerliche<br />

BerÅcksichtigung von Betriebsausgaben grundsåtzlich unabhångig davon gebietet,<br />

ob sie in Gewinn- oder Verlustperioden getåtigt werden (s. Anm. 13).<br />

In diesem Spannungsverhåltnis stellt § 10a GewStG eine Durchbrechung des<br />

Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung dar, indem er die KÅr<strong>zu</strong>ng des maßgebenden<br />

Gewerbeertrags eines EZ um Gewerbeverluste vorangegangener<br />

EZ anordnet und damit einen zeitlich unbeschrånkten, aber betragsmåßig begrenzten<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g ermÇglicht (<strong>zu</strong> verfassungsrechtlichen Aspekten s.<br />

Anm. 16).<br />

3 § 10a GewStG betrifft den interperiodischen Verlustab<strong>zu</strong>g, dh. die Verrechnung<br />

des negativen Gewerbeertrags eines (oder mehrerer) EZ mit dem positiven<br />

Gewerbeertrag eines anderen EZ. Nicht ausdrÅcklich geregelt ist in § 10a<br />

GewStG demgegenÅber der intraperiodische Verlustausgleich, dh. die Frage,<br />

ob Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen innerhalb desselben EZ miteinander<br />

verrechnet werden kÇnnen (vgl. da<strong>zu</strong> Anm. 369). Soweit ein intraperiodischer<br />

Verlustausgleich mÇglich ist, kommt es <strong>zu</strong> einer Verminderung<br />

des maßgebenden Gewerbeertrags im EZ. Der Verlustausgleich hat daher Vorrang<br />

vor dem Verlustab<strong>zu</strong>g.<br />

4 Mit der ErmÇglichung des abschnittsÅbergreifenden Verlustab<strong>zu</strong>gs trifft der<br />

Gesetzgeber eine SteuerwÅrdigkeitsentscheidung. § 10a GewStG ist insofern<br />

Fiskalzwecknorm, nicht SteuervergÅnstigung (Orth, Interperiodische Verlust-<br />

Kompensation im Gewerbesteuerrecht, 1980, 116 ff.; ebenso fÅr § 10d EStG<br />

Grotherr, BB 1998, 2337 [2341 f.]; von Groll in Kirchhof/SÇhn/Mellinghoff,<br />

§ 10d EStG Rz. A 43; kritisch GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl.<br />

14<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 4–7 § 10a<br />

2009, § 10a Anm. 1; <strong>zu</strong>r Terminologie vgl. Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 18.<br />

Aufl. 2005, § 4 Rz. 19 ff.).<br />

Der durch § 10a GewStG ermÇglichte Verlustvortrag låuft dem Objektsteuercharakter<br />

der GewSt nicht <strong>zu</strong>wider (so noch RFH v. 10.7.1935 – IV A 33/35,<br />

RFHE 38, 120). Die Einordnung als Objektsteuer beruht darauf, dass der Gewerbebetrieb<br />

und nicht das Einkommen oder VermÇgen einer Person Steuerobjekt<br />

ist (§§ 2 Abs. 1, 35 a Abs. 1 GewStG). Diese Einordnung pråjudiziert weder<br />

die technische Frage, fÅr welche Zeitabschnitte die Bemessungsgrundlage<br />

ermittelt wird, noch die daran anschließende SteuerwÅrdigkeitsentscheidung,<br />

inwiefern hierbei periodenÅbergreifende Faktoren <strong>zu</strong> berÅcksichtigen sind<br />

(vgl. Orth, Interperiodische Verlust-Kompensation im Gewerbesteuerrecht,<br />

1980, 119 f.).<br />

5<br />

2. Ûberblick Åber die Regelung<br />

Såtze 1 und 2 der Vorschrift bestimmen die KÅr<strong>zu</strong>ng des maßgebenden Gewerbeertrags<br />

des Anrechnungsjahres um Fehlbetråge vorangegangener EZ<br />

6<br />

(der Entstehungsjahre) und legen <strong>zu</strong>dem die betragsmåßigen Grenzen dieser<br />

KÅr<strong>zu</strong>ng fest. Die MÇglichkeit eines VerlustrÅcktrags besteht – anders als bei<br />

§ 10d Abs. 1 EStG – nicht. Satz 3 versagt in Anlehnung an § 15 Satz 1 Nr. 1<br />

KStG den Ab<strong>zu</strong>g vororganschaftlicher Fehlbetråge von Organgesellschaften.<br />

Durch Satz 4 wird festgeschrieben, dass Fehlbetråge einer Mitunternehmerschaft<br />

den Mitunternehmern allein nach Maßgabe des allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssels<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen sind. Satz 5 enthålt eine entsprechende<br />

Regelung fÅr die VerlustberÅcksichtigung im Anrechnungsjahr. Satz 6 bestimmt<br />

in verfahrensrechtlicher Hinsicht, dass die HÇhe der vortragsfåhigen<br />

Fehlbetråge gesondert fest<strong>zu</strong>stellen ist. Satz 7 bestimmt klarstellend, dass vortragsfåhige<br />

Fehlbetråge solche Fehlbetråge sind, die nach der KÅr<strong>zu</strong>ng des<br />

maßgebenden Gewerbeertrags nach Såtze 1 und 2 <strong>zu</strong>m Schluss des EZ verbleiben.<br />

Satz 8 schließt den Verlustab<strong>zu</strong>g im Fall des § 2 Abs. 5 GewStG<br />

(Ûbergang des Gewerbebetriebs im Ganzen auf einen anderen Unternehmer)<br />

durch den neuen Unternehmer aus. Durch Satz 9 werden die in § 8 Abs. 8<br />

und 9 Såtze 5 bis 7 KStG enthaltenen Verlustverrechnungsbeschrånkungen<br />

fÅr Dauerverlustgeschåfte bei Betrieben gewerblicher Art und Eigengesellschaften<br />

fÅr entsprechend anwendbar erklårt. Schließlich ist nach Satz 10<br />

1. Halbsatz die Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG bzw. – fÅr EZ ab 2008 – § 8c KStG<br />

auf Fehlbetråge von KÇrperschaften entsprechend anwendbar. Satz 10<br />

2. Halbsatz erklårt § 8c KStG darÅber hinaus auf bestimmte Fehlbetråge von<br />

Mitunternehmerschaften, an denen KÇrperschaften unmittelbar oder mittelbar<br />

beteiligt sind, fÅr entsprechend anwendbar.<br />

Der in der amtlichen Ûberschrift verwandte Begriff des Gewerbeverlusts ist 7<br />

gleichbedeutend mit dem des Fehlbetrags und bezeichnet negative maßgebende<br />

Gewerbeertråge iS der §§ 7, 10 GewStG aus vorangegangenen EZ.<br />

Der Gewerbeverlust unterscheidet sich vom Verlustab<strong>zu</strong>g iS des § 10d EStG<br />

dadurch, dass seine HÇhe durch die Hin<strong>zu</strong>rechnungen und KÅr<strong>zu</strong>ngen nach<br />

§§ 8 und 9 GewStG beeinflusst wird (vgl. Abschn. 10a.1 Abs. 1 GewStR 2009).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

15


§ 10a Anm. 8–13 Gewerbeverlust<br />

8<br />

Die mit Wirkung <strong>zu</strong>m EZ 2004 eingefÅhrte betragsmåßige Beschrånkung des<br />

Verlustab<strong>zu</strong>gs entspricht derjenigen des neu gefassten § 10d Abs. 2 EStG und<br />

fÅhrt bei Gewerbeertrågen von Åber 1 Mio. E ungeachtet der HÇhe bestehender<br />

Fehlbetråge <strong>zu</strong> einer Mindestbesteuerung (da<strong>zu</strong> s. Anm. 355).<br />

3. Verhåltnis <strong>zu</strong> anderen Vorschriften<br />

9 Die Vorschrift knÅpft terminologisch wie inhaltlich an den nach § 10 GewStG<br />

im Anrechnungsjahr ermittelten maßgebenden Gewerbeertrag an. Ist der<br />

maßgebende Gewerbeertrag negativ, entsteht bzw. erhÇht sich der vor<strong>zu</strong>tragende<br />

Gewerbeverlust. Ist der maßgebende Gewerbeertrag positiv und bestehen<br />

Fehlbetråge vorangegangener EZ, bewirken diese gemåß § 10a GewStG<br />

eine Minderung des Gewerbeertrags. Der entsprechend gekÅrzte Gewerbeertrag<br />

ist Grundlage fÅr die Ermittlung des Steuermessbetrags nach § 11<br />

GewStG. Gewerbeverluste wirken sich damit – unter den Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

und im Rahmen der betragsmåßigen Grenzen des § 10a GewStG – auf die Bemessungsgrundlage<br />

(§ 14 GewStG), die HÇhe der Gewerbesteuer (§ 16<br />

GewStG) und damit mittelbar grundsåtzlich auch auf Gewerbesteuervorauszahlungen<br />

im folgenden EZ (§ 19 Abs. 2 GewStG) aus.<br />

10 Aufgrund der AnknÅpfung an den Begriff des Gewerbeertrags haben Gewinne<br />

und Verluste, die wåhrend des Bestehens einer Steuerbefreiung nach § 3<br />

GewStG erzielt werden, keinen Einfluss auf die HÇhe des Gewerbeverlusts<br />

(da<strong>zu</strong> auch Anm. 347).<br />

11 GegenÅber § 10d EStG stellt § 10a GewStG eine Spezialregelung dar. Insbesondere<br />

bewirkt ein RÅcktrag eines Verlusts iS des § 15 EStG im Rahmen<br />

der ESt nach § 10d Abs. 1 EStG keine entsprechende Ønderung des Gewerbeertrags<br />

nach § 35b GewStG (FG KÇln v. 25.10.2000 – 11 K 2324/95, EFG<br />

2001, 586 m. Anm. Braun). Die Vorschriften der § 15 Abs. 4 EStG und § 15a<br />

EStG sind auf die Ermittlung des Gewerbeertrags nicht an<strong>zu</strong>wenden (vgl.<br />

Abschn. 7.1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, 5 GewStR 2009). Sie haben auch fÅr den Verlustvortrag<br />

nach § 10a GewStG keine Bedeutung (<strong>zu</strong> § 15a EStG vgl. BFH v.<br />

28.5.1997 – VIII R 39/97, BFH/NV 1997, 857).<br />

12 Das UmwStG enthålt <strong>zu</strong>m Teil Sondervorschriften gegenÅber § 10a GewStG,<br />

vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG (s. Anm. 87), § 19 Abs. 2 UmwStG (s. Anm. 86),<br />

§ 23 Abs. 5 UmwStG (s. Anm. 88).<br />

4. Verfassungsrechtliche Aspekte<br />

13 Durch den Verlustvortrag trågt der Gesetzgeber dem abschnittsÅbergreifenden<br />

Nettoprinzip Rechnung, das Ausfluss des Leistungsfåhigkeitsprinzips ist<br />

und in seiner objektiven Ausprågung auch fÅr die GewSt gilt (vgl. BFH v.<br />

31.7.1990 – I R 62/86, BStBl. II 1990, 1083; Wendt, BB 1987, 1257 [1260 ff.];<br />

Gosch, DStZ 1998, 327 [328 f.]; Lang/Englisch, StuW 2005, 3 [14 f.]). Das Leistungsfåhigkeitsprinzip<br />

wird verfassungsrechtlich in erster Linie aus dem allgemeinen<br />

Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitet: Soweit der Gesetzgeber<br />

eine Besteuerung nach der Leistungsfåhigkeit vornimmt, hat er die einmal<br />

getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig um<strong>zu</strong>setzen. Ausnahmen<br />

16<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 13–15 § 10a<br />

bedÅrfen eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes (vgl. BVerfG v.<br />

4.12.2002 – 2 BvR 400/98, BVerfGE 107, 27; v. 7.12.1999 – 2 BvR 301/98, BStBl. II<br />

2000, 162; vgl. <strong>zu</strong>r (auch freiheitsrechtlichen) Konkretisierung des Leistungsfåhigkeitsprinzips<br />

Lehner in Lehner, Verluste im nationalen und Internationalen<br />

Steuerrecht, 2004, 1 mwN). Das abschnittsÅbergreifende Nettoprinzip gebietet<br />

idealiter eine durch zeitliche Zåsuren unbeeinflusste Besteuerung des<br />

Totalgewinns (vgl. BFH v. 11.2.1998 – I R 81/97, BStBl. II 1998, 485 [486]; Lang<br />

in Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005, § 9 Rz. 44).<br />

Da § 10a GewStG keinen VerlustrÅcktrag <strong>zu</strong>låsst und – seit EZ 2004 – den Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

betragsmåßig beschrånkt, stellt sich die Frage nach der verfas-<br />

14<br />

sungsrechtlichen Zulåssigkeit dieser Einschrånkungen der Verlustnut<strong>zu</strong>ng.<br />

In seiner <strong>zu</strong>r Verfassungsmåßigkeit des § 10d Satz 4 EStG 1976 ergangenen<br />

Entscheidung hat das BVerfG festgestellt, dass ein Spannungsverhåltnis zwischen<br />

dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung und dem abschnittsÅbergreifenden<br />

Nettoprinzip als Ausfluss des Leistungsfåhigkeitsprinzips bestehe.<br />

Dieses Spannungsverhåltnis sei nicht einseitig <strong>zu</strong>gunsten des Nettoprinzips<br />

<strong>zu</strong> lÇsen: Vielmehr existiere ein Widerstreit zwischen zwei rechtsstaatlichen<br />

Prinzipien, nåmlich dem Gebot materieller Steuergerechtigkeit einerseits<br />

und dem durch den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung vermittelten Prinzip<br />

der Rechtssicherheit andererseits. Die vom Gesetzgeber in diesem Spannungsverhåltnis<br />

getroffene Entscheidung sei nicht angreifbar, wenn einem<br />

Prinzip willkÅrfrei der Vorrang gegeben wird (vgl. BVerfG v. 22.7.1991 – 1 BvR<br />

313/88, DStR 1991, 1278; BFH v. 31.3.2004 – X R 25/03, BFH/NV 2004, 1212; allgemein<br />

<strong>zu</strong>r AuflÇsung des Widerstreits zwischen materieller Gerechtigkeit<br />

und Rechtssicherheit BVerfG v. 26.2.1969 – 3 BvL 15, 23/68, BVerfGE 25, 269<br />

[290 f.]). Ausgehend hiervon hat das BVerfG die zeitliche Begren<strong>zu</strong>ng des Verlustvortrags<br />

nach § 10d Satz 4 EStG 1976 (ein Jahr VerlustrÅcktrag, fÅnf Jahre<br />

Verlustvortrag) nicht beanstandet (BVerfG v. 22.7.1991 – 1 BvR 313/88, DStR<br />

1991, 1278; kritisch von Groll in Kirchhof/SÇhn/Mellinghoff, § 10d EStG Rz. A<br />

70). Einzelheiten der Zulåssigkeit einer Beschrånkung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

sind jedoch ungeklårt. Offen ist insbesondere, ob die Regelungen <strong>zu</strong>r Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

<strong>zu</strong>mindest im Kern der gesetzgeberischen Disposition entzogen sind<br />

(dafÅr beispielsweise von Groll in Kirchhof/SÇhn/Mellinghoff, § 10d EStG Rz.<br />

A 43, A 70 mwN; vgl. auch BVerfG v. 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88<br />

[96 ff.]; aA noch BVerfG v. 8.3.1978 – 1 BvR 117/78, HFR 1978, 293).<br />

Ûbertrågt man diese Rechtsprechung auf § 10a GewStG, so ist die Versagung 15<br />

des VerlustrÅcktrags verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber<br />

hat sich von der Erwågung leiten lassen, dass die hebeberechtigte Gemeinde<br />

im Fall der EinfÅhrung eines VerlustrÅcktrags nicht nur auf Gewerbesteuereinnahmen<br />

verzichten, sondern auch bereits vereinnahmte (und ggf. verausgabte)<br />

Gewerbesteuern wieder <strong>zu</strong>rÅckzahlen mÅsste (BT-Drucks. 7/4604, 3 sowie<br />

7/4705, 1 ff.). Diese BerÅcksichtigung kommunaler Haushaltsinteressen<br />

ist von der grundsåtzlich bestehenden gesetzgeberischen Einschåt<strong>zu</strong>ngsprårogative<br />

gedeckt (BFH v. 31.7.1990 – I R 62/86, BStBl. II 1990, 1083; v. 9.11.1990<br />

– III R 54/89, BFH/NV 1991, 766; FG Hamburg v. 23.9.1999 – II 144/97, rkr., Lexinform<br />

0552904).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

17


§ 10a Anm. 16 Gewerbeverlust<br />

16<br />

Nach Auffassung des BFH bestehen auch an der verfassungsrechtlichen Zulåssigkeit<br />

der betragsmåßigen Beschrånkung des Verlustab<strong>zu</strong>gs (Mindestbesteuerung)<br />

keine ernstlichen Zweifel (BFH v. 27.1.2006 – VIII B 179/05, BFH/<br />

NV 2006, 1150). Unter Hinweis auf seine BeschlÅsse <strong>zu</strong>r Verfassungsmåßigkeit<br />

des § 2 Abs. 3 EStG idF des StEntlG 1999/2000/2002 (BFH v. 9.5.2001 – XI B<br />

151/00, BStBl. II 2001, 552; v. 6.3.2003 – XI B 76/02, BStBl. II 2003, 523; v.<br />

6.3.2003 – XI B 7/02, BStBl. II 2003, 516; v. 29.4.2005 – XI B 127/04, BB 2005,<br />

1549) geht der BFH davon aus, dass das Leistungsfåhigkeitsprinzip von Verfassungs<br />

wegen nicht notwendigerweise in jedem einzelnen – aus rein erhebungstechnischen<br />

GrÅnden gewåhlten – VZ <strong>zu</strong> verwirklichen sei. Vielmehr<br />

sei es ausreichend, dass Verluste Åberhaupt, sei es auch in einem anderen VZ,<br />

steuerlich berÅcksichtigt werden. Daher sei eine zeitliche Streckung des Verlustausgleichs<br />

verfassungsrechtlich nicht <strong>zu</strong> beanstanden. Die Pråmisse des<br />

BFH, eine VerlustberÅcksichtigung irgendwann in der Zukunft genÅge den<br />

Anforderungen des Leistungsfåhigkeitsprinzips, wird im Schrifttum kritisiert<br />

(vgl. ua. Holdorf, BB 2001, 2085 [2087 ff.]; Hergarten, DStR 2001, 1876 [1877]).<br />

Ungeachtet dessen ist in tatsåchlicher Hinsicht <strong>zu</strong> beachten, dass die Mindestbesteuerung<br />

nicht nur <strong>zu</strong> einer zeitlichen Streckung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng fÅhrt<br />

(so aber die GesetzesbegrÅndung, BT-Drucks. 15/1518, 13), mit der Zinseffekte<br />

einhergehen, sondern – beispielsweise bei Unternehmen, die als Projektentwicklungsgesellschaften<br />

oder Joint Venture Vehikel nur fÅr eine bestimmte<br />

Zeit gegrÅndet werden – auch eine endgÅltige Vereitelung des Nettoprinzips<br />

bewirken kann (vgl. <strong>zu</strong> den Auswirkungen der Mindestbesteuerung Lang/<br />

Englisch, StuW 2005, 3 [21 ff.]; Herzig/Wagner, Wpg 2004, 53). Nach Auffassung<br />

des BFH ist bei summatischer PrÅfung jedenfalls die in der GesetzesbegrÅndung<br />

(BT-Drucks. 15/1518, 13) angefÅhrte Verstetigung des Steueraufkommens<br />

zwar als hinreichend gewichtiger sachlicher Grund fÅr die betragsmåßige<br />

Beschrånkung des Verlustab<strong>zu</strong>gs an<strong>zu</strong>sehen (BFH v. 27.1.2006 – VIII B<br />

179/05, BFH/NV 2006, 1150), es bestehen jedoch ernstliche Zweifel an der<br />

Verfassungskonformitåt der Mindestbesteuerung, wenn eine Verlustverrechnung<br />

in spåteren Veranlagungszeitråumen aus rechtlichen GrÅnden<br />

endgÅltig ausgeschlossen ist (BFH v. 26.8.2010 – I B 49/10, BB 2010, 3131; åhnlich<br />

FG Hess. v. 26.7.2010 – 8 V 938/10, BeckRS 2010, 26029552; FG Hess. v.<br />

20.9.2010 – 8 K 2285/09, DStRE 2011, 305 – Rev. IV R 43/10; FG MÅnchen v.<br />

31.7.2008 – 8 V 1588/08, rkr., EFG 2008, 1736; da<strong>zu</strong> BMF, Schr. v. 5.1.2009 – IV<br />

C 7 - G 1427/0). Diese Zweifel werden in der Literatur Åberwiegend geteilt<br />

(vgl. Lang/Englisch, StuW 2005, 3; von Groll in Lehner, Verluste im nationalen<br />

und Internationalen Steuerrecht, 2004, 23 [34]; Lehner in Lehner, Verluste im<br />

nationalen und Internationalen Steuerrecht, 2004, 1 [20 f.]; Raupach in Lehner,<br />

Verluste im nationalen und Internationalen Steuerrecht, 2004, 53 [61]; Weber-<br />

Grellet, Stbg. 2004, 75 [82]; Lindauer, BB 2004, 2720 [2723 f.]; Herzig/Wagner,<br />

Wpg. 2004, 53 [63]; Herzig/Wagner, DStR 2003, 225 [233]; Deloitte/Brauer/<br />

Sonnenschein GewStG § 10a Rn. 34; Hey, Beihefter <strong>zu</strong> DStR 2009, Heft 34, 109<br />

[117]; kritisch auch die Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drucks. 15/1665, 2;<br />

aA Intemann/Nacke, DStR 2004, 1149 [1151]: kein Verstoß gegen WillkÅrverbot;<br />

Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 14); åhnlich FG MÅnchen<br />

v. 4.8.2010 – 1 K 608/07, BeckRS 2010, 26030113 – Rev. IV R 36/10; FG Berlin-<br />

18<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 16–19 § 10a<br />

Brandenburg v. 16.9.2010 – 12 K 8212/06 B, BeckRS 2011, 95436 – Rev. I R 9/11).<br />

Zur Frage, ob in der Mindestbesteuerung bei Erkennbarkeit eines endgÅltigen<br />

Ausschlusses des Verlustausgleichs aus tatsåchlichen oder rechtlichen GrÅnden<br />

eine sachliche Unbilligkeit iS des §§ 163 Satz 1, 227 AO liegen kann, s. FG<br />

Berlin-Brandenburg v. 15.6.2010 – 6 K 6216/06 B, DStRE 2011, 182 – Rev. IV R<br />

29/10.<br />

III. Vorausset<strong>zu</strong>ngen fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

Der Verlustab<strong>zu</strong>g erfordert Unternehmensidentitåt (s. Anm. 18 ff.) und Unternehmeridentitåt<br />

(s. Anm. 44 ff.). Bei KÇrperschaften ist der Verlustab<strong>zu</strong>g gemåß<br />

§ 10a Satz 10 GewStG (<strong>zu</strong>dem) durch § 8 Abs. 4 KStG bzw. – fÅr EZ ab<br />

2008 – § 8c KStG beschrånkt (s. Anm. 91 ff.). Zum Verlustab<strong>zu</strong>g im Organkreis<br />

s. Anm. 328 ff.<br />

1. Unternehmensidentitåt<br />

a) Herleitung<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g ist, dass der Gewerbebetrieb im Anrechnungs-<br />

und Entstehungsjahr identisch ist (sog. Unternehmensidentitåt oder<br />

18<br />

Unternehmensgleichheit, vgl. ua. BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993,<br />

616; v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764; Abschn. 10a.1 Abs. 3 Satz 3<br />

sowie 10a.2, 10a.3 GewStR 2009; BlÅmich/v. Twickel, § 10a GewStG Rz. 64 ff.;<br />

GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 8 ff.).<br />

Das Erfordernis der Unternehmensidentitåt wird mit dem Objektsteuercharakter<br />

der GewSt begrÅndet, der es nicht <strong>zu</strong>låsst, Verluste eines Unternehmens<br />

bei einem anderen Unternehmen <strong>zu</strong> berÅcksichtigen (vgl. ua. BFH v.<br />

28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666 mwN; BlÅmich/v. Twickel, § 10a<br />

GewStG Rz. 65; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a<br />

Anm. 8). Gesetzestechnisch folgt das Erfordernis der Unternehmensidentitåt<br />

aus der sachlichen Selbståndigkeit eines jeden Gewerbebetriebs. Nach §§ 2,<br />

35a GewStG ist jeder Gewerbebetrieb – auch wenn er von demselben Unternehmer<br />

betrieben wird – ein eigener Steuergegenstand und als solcher selbståndig<br />

<strong>zu</strong>r GewSt heran<strong>zu</strong>ziehen (s. § 2 Anm. 1696 ff.). Daher kommt ein Ausgleich<br />

von Fehlbetrågen eines Gewerbebetriebs mit positiven Gewerbeertrågen<br />

eines anderen Gewerbebetriebs innerhalb eines EZ grundsåtzlich nicht in<br />

Betracht. Gleiches gilt fÅr den periodenÅbergreifenden Verlustab<strong>zu</strong>g. § 10a<br />

GewStG beseitigt allein Beschrånkungen der Verlustnut<strong>zu</strong>ng, die aus dem<br />

Grundsatz der Abschnittsbesteuerung folgen.<br />

b) Beurteilungsmaßstab<br />

aa) Allgemeines<br />

Ob zwischen dem Gewerbebetrieb im Anrechnungsjahr und dem im Entstehungsjahr<br />

Unternehmensidentitåt besteht, ist nach denselben Grundsåtzen <strong>zu</strong><br />

19<br />

beurteilen, die fÅr die Frage maßgebend sind, ob mehrere gewerbliche Betåti-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

19<br />

17


§ 10a Anm. 19–21 Gewerbeverlust<br />

gungen, die ein Unternehmer gleichzeitig oder nacheinander ausÅbt, je fÅr<br />

sich genommen verschiedene sachlich selbståndige Gewerbebetriebe oder<br />

<strong>zu</strong>sammen einen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellen (vgl. BFH v.<br />

12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV<br />

2003, 81; v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65). Vorbehaltlich rechtsformspezifischer<br />

Besonderheiten (s. Anm. 24 ff.; Anm. 29) liegt ein einheitlicher<br />

Gewerbebetrieb dann vor, wenn zwischen den verschiedenen gleichzeitig<br />

oder nacheinander ausgeÅbten gewerblichen Betåtigungen nach Maßgabe<br />

des Gesamtbildes der Verhåltnisse im Einzelfall und unter BerÅcksichtigung<br />

der Verkehrsanschauung ein sachlicher, insbesondere wirtschaftlicher, finanzieller<br />

und organisatorischer Zusammenhang besteht (vgl. ua. BFH v.<br />

14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764; v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II<br />

1983, 425; v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961,65; RFH v. 21.12.1938 – VI<br />

730/38, RStBl. 1939, 372; BlÅmich/v. Twickel, § 10a GewStG Rz. 64; GÅroff in<br />

Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 8). Unter Hinweis auf<br />

das Wesen der GewSt fordert der BFH darÅber hinaus auch die Identitåt der<br />

eingesetzten såchlichen Mittel und schließt den Verlustab<strong>zu</strong>g aus, wenn der<br />

betriebliche Organismus, in dem der Fehlbetrag entstanden ist, nicht mehr<br />

besteht (BFH v. 5.9.1990 – X R 20/89, BStBl. II 1991, 25).<br />

20 Die hM beurteilt anhand der folgenden Kriterien, ob ein sachlicher Zusammenhang<br />

besteht (vgl. RFH v. 21.12.1938 – VI 730/38, RStBl. 1939, 372; BFH v.<br />

12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II<br />

1983, 425; v. 19.11.1985 – VIII R 310/83, BStBl. II 1986, 719; v. 9.8.1989 – X R<br />

130/87, BStBl. II 1989, 901; v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764; v.<br />

25.4.1989 – VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261; Abschn. 10a.2 GewStR 2009; BlÅmich/v.<br />

Twickel, § 10a GewStG Rz. 66; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG,<br />

7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 8):<br />

– Art der gewerblichen Betåtigung (s. Anm. 21)<br />

– Kunden- und Lieferantenkreis<br />

– Arbeitnehmerschaft<br />

– Geschåftsleitung (s. Anm. 22)<br />

– Organisation des betrieblichen Rechnungswesen (s. Anm. 22)<br />

– Umfang, Zusammenset<strong>zu</strong>ng und Finanzierung des AktivvermÇgens (s.<br />

Anm. 22 f.)<br />

– Betriebsståtten/råumliche Unterbringung (s. Anm. 23)<br />

– Organisation des Einkaufs von Waren und Betriebsmitteln<br />

– Vorhandensein einer wirtschaftlichen Abhångigkeit der einzelnen Tåtigkeiten.<br />

21 Die genannten Kriterien sind nach der Verkehrsanschauung einzelfallbezogen<br />

<strong>zu</strong> gewichten. Im Einzelnen gilt Folgendes:<br />

Große Bedeutung kommt der Gleich- bzw. Ungleichartigkeit der Betåtigung<br />

<strong>zu</strong> (vgl. BFH v. 17.3.1981 – VIII R 149/76, BStBl. II 1981, 746). Entscheidend ist<br />

das Gesamtbild der tatsåchlichen Verhåltnisse, weshalb insbesondere bei Anpassungen<br />

des Umfangs der ausgeÅbten Tåtigkeit kein kleinlicher Maßstab<br />

20<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 21–23 § 10a<br />

an<strong>zu</strong>legen ist (vgl. BFH v. 15.3.1994 – XI R 60/89, BFH/NV 1994, 899: sachlicher<br />

Zusammenhang bei Aufgabe des Herstellungsbereichs unter FortfÅhrung der<br />

Vertriebståtigkeit; v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791: sachlicher Zusammenhang<br />

bei Erweiterung des Warensortiments; vgl. auch GÅroff in Glanegger/GÅroff,<br />

GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 10). Allerdings kann auch<br />

bei ungleichartigen Tåtigkeiten ein einheitlicher Gewerbebetrieb an<strong>zu</strong>nehmen<br />

sein, wenn die Tåtigkeiten sachlich, insbesondere wirtschaftlich, organisatorisch<br />

und finanziell <strong>zu</strong>sammenhången. So ist Unternehmensidentitåt <strong>zu</strong><br />

bejahen zwischen einem Tabakwareneinzelhandel und einer Toto- und Lotto-<br />

Annahmestelle, die in demselben Geschåftslokal untergebracht sind, fÅr die<br />

gemeinsame BÅcher gefÅhrt werden und bei denen derselbe Arbeitnehmerkreis<br />

eingesetzt wird (BFH v. 19.11.1985 – VIIIR 310/83, BStBl. II 1986, 719).<br />

Unternehmensidentitåt ist ebenfalls gegeben bei einem Wechsel von einem<br />

Speiserestaurant <strong>zu</strong> einer Imbissstube, wenn Identitåt der GeschåftsfÅhrung<br />

besteht, ein Teil der Arbeitnehmer weiterbeschåftigt wird, ein Teil des AnlagevermÇgens<br />

(KÅcheneinrichtung) weiterbenutzt wird und die kaufmånnische<br />

Organisation aufrecht erhalten wird (BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II<br />

1983, 425). Umgekehrt kÇnnen auch bei gleichartigen Tåtigkeiten sachlich<br />

selbståndige Gewerbebetriebe vorliegen, wenn Verflechtungen der genannten<br />

Art zwischen den einzelnen Tåtigkeiten nicht bestehen. So hat der BFH<br />

Unternehmensidentitåt in einem Fall verneint, in dem zwei Tankstellen in einer<br />

Gemeinde in unterschiedlichen Straßen betriebenen wurden, wobei fÅr<br />

beide Tankstellen eine getrennte BuchfÅhrung erfolgte, eigenståndige JahresabschlÅsse<br />

aufgestellt wurden und unterschiedliches Personal eingesetzt wurde,<br />

ohne dass es <strong>zu</strong>m Austausch von Arbeitskråften und betriebsnotwendigem<br />

Material kam (BFH v. 25.4.1989 – VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261).<br />

Eine betriebsbedingte oder strukturelle Anpassung der gewerblichen Betåtigung<br />

an verånderte wirtschaftliche Gegebenheiten stellt die wirtschaftliche<br />

22<br />

Identitåt eines gewerblichen Unternehmens nicht in Frage (BFH v. 12.1.1983 –<br />

IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425: Umstellung auf Selbstbedienung; BlÅmich/v.<br />

Twickel, § 10a GewStG Rz. 67). Der BFH misst insbesondere Verånderungen in<br />

der Geschåftsleitung sowie im betrieblichen Rechnungswesen kein entscheidendes<br />

Gewicht bei, soweit sie durch eine derartige Anpassung hervorgerufen<br />

sind (BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764: organisatorische Verånderungen<br />

nach Verschmel<strong>zu</strong>ng zweier Personengesellschaften). Gleiches<br />

gilt fÅr die Finanzierung des AktivvermÇgens (BFH v. 12.1.1978 – IV R 26/73,<br />

BStBl. II 1978, 348: Verbesserung der Finanzierung als notwendige Folge des<br />

Eintritts eines Kommanditisten).<br />

Auch das Kriterium der råumlichen Nåhe von Betriebsteilen ist nur ein Untermerkmal<br />

im Rahmen der PrÅfung des sachlichen Zusammenhangs (vgl. BFH v.<br />

23<br />

21.1.2005 – XI B 23/04, BFH/NV 2005, 1134). Je nach Art der wirtschaftlichen<br />

Betåtigung ist daher die Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs auch bei Verlegung<br />

des Betriebs denkbar, wenn nach dem Gesamtbild der Verhåltnisse der<br />

alte und der neue Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und unter BerÅcksichtigung<br />

der Verkehrsauffassung wirtschaftlich identisch sind (vgl. BFH v.<br />

7.11.2006 – VIII R 30/05, BStBl. II 2007, 723: die Nut<strong>zu</strong>ng der gleichen Franchisestruktur<br />

ist nicht ausreichend, wenn die personellen und sachlichen Mittel<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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21


§ 10a Anm. 23–25 Gewerbeverlust<br />

nicht weiter genutzt werden und auch Kundenkreis und Warensortiment nicht<br />

beibehalten werden [Verlegung der Verkaufsstelle eines bundesweit agierenden<br />

Franchisebetriebs um 600 km]). Auch der Verkauf eines BetriebsgrundstÅcks<br />

steht der Annahme von Unternehmensidentitåt nicht entgegen, wenn<br />

der Gewerbebetrieb an einen anderen Ort verlegt wird und wenn er strukturell<br />

an verånderte wirtschaftliche Gegebenheiten an<strong>zu</strong>passen ist (BFH v. 16.4.2002<br />

– VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81).<br />

bb) Besonderheiten bei Personengesellschaften<br />

24 Ûbt eine Personengesellschaft verschiedenartige Tåtigkeiten aus, besteht gemåß<br />

§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG iVm. § 15 Abs. 3 EStG ein einheitlicher Gewerbebetrieb,<br />

wenn die Gesellschaft gewerblich geprågt oder (<strong>zu</strong>mindest teils)<br />

gewerblich tåtig ist (<strong>zu</strong>r Anwendbarkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG im Rahmen<br />

der GewSt vgl. BFH v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464). In diesem<br />

Fall liegt daher nur ein Besteuerungsgegenstand vor, sofern die Unternehmensaktivitåten<br />

nicht durch verschiedene Personengesellschaften ausgeÅbt<br />

werden (s. § 2 Anm. 1688 ff., § 2 Anm. 1697; BFH v. 25.6.1996 – VIII R 28/94,<br />

BStBl. II 1997, 202).<br />

25 Besteht zivilrechtlich nur eine Personengesellschaft, ist der Gewerbeertrag fÅr<br />

alle ausgeÅbten Tåtigkeiten einheitlich <strong>zu</strong> ermitteln. Unter den Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

des § 15 Abs. 3 EStG kommt es daher innerhalb desselben EZ <strong>zu</strong> einem<br />

Verlustausgleich auch zwischen sachlich nicht <strong>zu</strong>sammenhångenden Unternehmensteilen.<br />

Es wåre mE daher folgerichtig, auch die fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

nach § 10a GewStG erforderliche Unternehmensidentitåt immer dann <strong>zu</strong> bejahen,<br />

wenn die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 15 Abs. 3 EStG vorliegen (aA BFH v.<br />

7.8.2008 – IV R 86/05, DStR 2008, 2014, da<strong>zu</strong> Anm. 27; wie hier Montag in Tipke/Lang,<br />

Steuerrecht, 19. Aufl. 2008, § 12 Rz. 12; Schnitter in Frotscher/Maas,<br />

§ 10a GewStG Rz. 46; Deloitte/Brauer/Sonnenschein, GewStG, § 10a Rn. 96,<br />

111 f.; åhnlich Gschwendtner, DStR 1994, 1109 [1110], dort auch <strong>zu</strong>r Vereinbarkeit<br />

dieser Annahme mit dem Objektsteuercharakter der GewSt; vgl. <strong>zu</strong> § 2<br />

Abs. 2 GewStG idF bis <strong>zu</strong>m StBereinG 1986 auch Schumacher, StuW 1987, 111<br />

[120]). Auch wenn bei Anwendung der in Anm. 20 aufgefÅhrten Kriterien in<br />

tatsåchlicher Hinsicht keine Einheitlichkeit zwischen den Unternehmen besteht,<br />

fingiert § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG iVm. § 15 Abs. 3 EStG die rechtliche<br />

Einheitlichkeit des Unternehmens. Diese Sichtweise entspricht mE auch den<br />

Schlussfolgerungen, die der BFH aus der Fiktion des § 2 Abs. 2 GewStG fÅr<br />

den Umfang des Gewerbebetriebs von Kapitalgesellschaften zieht (s.<br />

Anm. 29). Die Tatsache, dass die Rechtsfolge des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nur<br />

eintritt, wenn die (nicht gewerblich geprågte) Personengesellschaft Åberhaupt<br />

eine gewerbliche Tåtigkeit ausÅbt, vermag aufgrund der identischen Rechtsfolgen<br />

von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG einerseits und § 2 Abs. 2 GewStG andererseits<br />

mE keine unterschiedliche Behandlung von Personen- und Kapitalgesellschaft<br />

<strong>zu</strong> rechtfertigen (fÅr eine Gleichbehandlung von Mitunternehmerschaften<br />

und Kapitalgesellschaften auch Crezelius, NZI 2008, 727 [729]; vgl. aber<br />

BFH v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666; v. 29.10.1986 – I R<br />

318-319/83, BStBl. II 1987, 310).<br />

22<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 26–27 § 10a<br />

Solange die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 15 Abs. 3 EStG (durchgehend) erfÅllt sind,<br />

sind mE daher såmtliche im einheitlichen Gewerbebetrieb der Personengesellschaft<br />

entstandene Fehlbetråge – soweit Unternehmeridentitåt besteht – unabhångig<br />

vom Vorliegen eines sachlichen Zusammenhangs zwischen den von<br />

der Gesellschaft ausgeÅbten Tåtigkeiten weiterhin nutzbar (ebenso Schnitter<br />

in Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 46; Deloitte/Brauer/Sonnenschein,<br />

GewStG, § 10a Rn. 96, 111 f.). Den Verlustab<strong>zu</strong>g unter Hinweis auf eine partiell<br />

fehlende Unternehmensidentitåt <strong>zu</strong> versagen, ist nicht mÇglich (aA BFH v.<br />

7.8.2008 – IV R 86/05, DStR 2008, 2014; da<strong>zu</strong> Anm. 27). Unternehmensidentitåt<br />

ist damit insbesondere in den folgenden Fållen <strong>zu</strong> bejahen: Aufgabe einer von<br />

mehreren gewerblichen Tåtigkeiten (vgl. BFH v. 15.3.1994 – XI R 60/89, BFH/<br />

NV 1994, 899; vgl. auch BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65);<br />

Aufnahme einer weiteren gewerblichen Tåtigkeit und nachfolgende Aufgabe<br />

der vorherigen Tåtigkeit (BlÅmich/Obermeier, § 2 GewStG Rz. 51); AusÅbung<br />

verschiedener gewerblicher Tåtigkeiten nacheinander ohne zeitliche Unterbrechung<br />

(vgl. Bethmann, StuW 1979, 332 [339]; s. aber BFH v. 12.1.1983 – IV R<br />

177/80, BStBl. II 1983, 425). Auf den sachlichen Zusammenhang der ausgeÅbten<br />

Tåtigkeiten kommt es demgegenÅber an, wenn die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des<br />

§ 15 Abs. 3 EStG nicht vorliegen, beispielsweise wenn eine nicht gewerblich<br />

geprågte Personengesellschaft vor der Aufnahme einer neuen Tåtigkeit ihre<br />

ursprÅngliche Tåtigkeit einstellt. In diesem Fall ist Unternehmensidentitåt nur<br />

<strong>zu</strong> bejahen, wenn die neue Tåtigkeit in einem sachlichen Zusammenhang mit<br />

der ursprÅnglichen Tåtigkeit steht (vgl. BlÅmich/Obermeier, § 2 GewStG<br />

Rz. 51; da<strong>zu</strong> auch BFH v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666: Einstellung<br />

der ursprÅnglichen Tåtigkeit am 31.12.1970, Aufnahme der neuen Tåtigkeit<br />

am 8.4.1971). Ebenfalls ist auf den sachlichen Zusammenhang der Tåtigkeiten<br />

ab<strong>zu</strong>stellen, wenn § 15 Abs. 3 EStG fÅr die Beurteilung der Unternehmensidentitåt<br />

unergiebig ist, beispielsweise wenn es um die Frage geht, ob<br />

der im Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft entstandene Fehlbetrag<br />

bei Anwachsung der Gesellschaft auf eine andere Personengesellschaft von<br />

der aufnehmenden Gesellschaft geltend gemacht werden kann (da<strong>zu</strong> BFH v.<br />

14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 sowie Anm. 35).<br />

Die Rechtsprechung des BFH war <strong>zu</strong> der Frage, ob Unternehmensidentitåt bei<br />

Vorliegen der Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 15 Abs. 3 EStG stets <strong>zu</strong> bejahen ist, mE<br />

allerdings lange Zeit nicht eindeutig (vgl. einerseits BFH v. 15.3.1994 – XI R<br />

60/89, BFH/NV 1994, 899; BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65;<br />

andererseits BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425) und wurde<br />

auch im Schrifttum uneinheitlich interpretiert (vgl. BlÅmich/v. Twickel, § 10a<br />

GewStG Rz. 72; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 6. Aufl. 2006, § 10a<br />

Anm. 9). In seinem Urteil v. 7.8.2008 (BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, DStR 2008,<br />

2014 m. Anm. Salzmann) spricht sich der IV. Senat des BFH nunmehr inzident<br />

gegen eine Anwendung des § 15 Abs. 3 EStG im Rahmen der PrÅfung der Unternehmensidentitåt<br />

aus (da<strong>zu</strong> Kleinheisterkamp, FR 2009, 522). Im entschiedenen<br />

Fall betrieb eine GmbH & Co. KG zwei Teilbetriebe (Gewebeherstellung<br />

und Recycling), in denen jeweils Verluste entstanden waren. Nachdem<br />

die GmbH & Co. KG den Teilbetrieb Gewebeherstellung (ertragsteuerlich begÅnstigt)<br />

veråußert hatte, behandelte das Finanzamt die im veråußerten Teil-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

23<br />

26<br />

27


§ 10a Anm. 27–28 Gewerbeverlust<br />

betrieb entstandenen Verluste als nicht gemåß § 10a GewStG vortragsfåhig.<br />

Der IV. Senat folgte dieser Einschåt<strong>zu</strong>ng unter Hinweis auf die durch die Veråußerung<br />

des Teilbetriebs entfallene (Teil-)Unternehmensidentitåt:<br />

„Die weitgehende Verselbståndigung des Teilbetriebs im Rahmen des gesamten Gewerbetriebs<br />

ist maßgebliche Rechtfertigungsgrundlage dafÅr, Gewinne aus der Aufgabe<br />

oder Veråußerung eines Teilbetriebs nicht der Gewerbesteuer <strong>zu</strong> unterwerfen und damit<br />

den Gewinnen aus der Aufgabe oder Veråußerung des Gesamtbetriebs gleich<strong>zu</strong>stellen.<br />

[...] Diese Verselbståndigung des Teilbetriebs bei der Beurteilung der VergÅnstigung eines<br />

Veråußerungs- oder Aufgabegewinns muss dann aber gleichermaßen fÅr die Beurteilung<br />

der Unternehmensidentitåt iS des § 10a GewStG gelten. Dies fÅhrt im Ergebnis da<strong>zu</strong>,<br />

dass das Merkmal der Unternehmensidentitåt auch im Hinblick auf den jeweiligen<br />

Teilbetrieb <strong>zu</strong> prÅfen ist. Mit der Aufgabe bzw. der Veråußerung eines Teilbetriebs verliert<br />

der ursprÅngliche Betrieb daher seine (Teil-)Unternehmensidentitåt, da dadurch der<br />

wirtschaftliche Zusammenhang der fortgefÅhrten mit der bisherigen (umfassenderen) gewerblichen<br />

Tåtigkeit teilweise aufgegeben wird. [...] Liegt eine Teilbetriebsveråußerung<br />

vor, stehen Verluste, soweit sie auf den veråußerten Teilbetrieb entfallen, daher mangels<br />

(Teil-)Unternehmensidentitåt nicht fÅr eine KÅr<strong>zu</strong>ng von Gewerbeertrågen in spåteren<br />

Erhebungszeitråumen <strong>zu</strong>r VerfÅgung.“<br />

Die in ihrer Reichweite noch nicht absehbare Entscheidung des IV. Senats wirft<br />

zahlreiche Folgefragen auf (vgl. da<strong>zu</strong> auch Salzmann, DStR 2008, 2016 ff. sowie<br />

eingehend Kleinheisterkamp, FR 2009, 522 ff.). Die UrteilsgrÅnde lassen<br />

sich so interpretieren, dass das vom IV. Senat neu geschaffene Kriterium der<br />

Teil-Unternehmensidentitåt lediglich ein Sonderrecht bei der Veråußerung<br />

bzw. Aufgabe von Teilbetrieben darstellt, dem außerhalb von Veråußerungsfållen<br />

oder bei der Veråußerung von Betriebsteilen, die nicht als Teilbetrieb<br />

qualifizieren, keine Bedeutung <strong>zu</strong>kommt. FÅr eine solche Beschrånkung auf<br />

Veråußerungsfålle kÇnnte sprechen, dass der IV. Senat die MÇglichkeit eines<br />

Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Teilbetrieben obiter dicta ausdrÅcklich<br />

bejaht, „soweit und solange sie demselben Unternehmer <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen<br />

sind“, dh. offenbar ungeachtet des Bestehens oder Fehlens eines sachlichen<br />

Zusammenhangs zwischen den einzelnen Teilbetrieben. Allerdings unterlåsst<br />

der IV. Senat den Hinweis, ob außerhalb von Veråußerungsfållen auch<br />

ein Verlustab<strong>zu</strong>g zwischen Teilbetrieben ungeachtet des Kriteriums der Teilunternehmeridentitåt<br />

(weiterhin) mÇglich ist. Dies ist auf Grundlage der Entscheidung<br />

keineswegs mehr selbstverståndlich. Denn wie ein Verlustausgleich<br />

bzw. -ab<strong>zu</strong>g in den genannten Fållen mÇglich sein soll, wenn man – wie<br />

der IV. Senat – die Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs der Personengesellschaft<br />

nicht aus § 15 Abs. 3 EStG ableitet, bleibt offen (vgl. auch Anm. 18:<br />

§ 10a GewStG beseitigt mE nur solche Beschrånkungen der Verlustnut<strong>zu</strong>ng,<br />

die aus dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung folgen). Schließlich ist darauf<br />

hin<strong>zu</strong>weisen, dass die Entscheidung des IV. Senats es als fragwÅrdig erscheinen<br />

låsst, ob der BFH an der bisher anerkannten Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs<br />

der Kapitalgesellschaft kraft gesetzlicher Fiktion (§ 2 Abs. 2<br />

GewStG) uneingeschrånkt festhalten wird. MÇgliche Auswirkungen kann die<br />

Entscheidung ggf. auch auf sonstige Formen der (steuerbegÅnstigten) Ûbertragung<br />

von Teilbetrieben haben, vgl. Anm. 88 sowie Kleinheisterkamp, FR<br />

2009, 522.<br />

28 In der Literatur wird <strong>zu</strong>m Teil argumentiert, dass § 15 Abs. 3 EStG nur den Umfang<br />

des jeweiligen Gewerbebetriebs, nicht aber seine Identitåt im Zeitablauf<br />

24<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 28–30 § 10a<br />

betreffe (BlÅmich/v. Twickel, § 10a GewStG Rz. 72) bzw. dass sachlich selbståndige<br />

Betåtigungen auch verschiedene Unternehmen darstellten (Gosch,<br />

StBp. 1994, 149; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a<br />

Anm. 11). Folgte man dieser Argumentation, kÇnnte mE allerdings auch der<br />

Rechtsprechung des BFH <strong>zu</strong>r Unternehmensidentitåt bei KÇrperschaften (s.<br />

Anm. 27; Anm. 29) nicht gefolgt werden (konsequent GÅroff in Glanegger/<br />

GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 15).<br />

cc) Besonderheiten bei KÇrperschaften<br />

Die Tåtigkeit einer Kapitalgesellschaft gilt nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets<br />

und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Kapitalgesellschaften kÇnnen daher<br />

nur einen Betrieb unterhalten, und zwar unabhångig davon, ob sie Tåtigkeiten<br />

verschiedenen Inhalts ausÅben. Daraus ergibt sich, dass es bei Kapitalgesellschaften<br />

auf das Merkmal der Unternehmensidentitåt nicht ankommen<br />

kann (BFH v. 29.10.1986 – I R 318-319/83, BStBl. II 1987, 310 unter ausdrÅcklicher<br />

Aufgabe der gegenteiligen Auffassung im Urteil v. 19.12.1984 – I R<br />

165/80, BStBl. II 1985, 403; da<strong>zu</strong> Anm. 93; vgl. auch BFH v. 22.8.1990 – I R<br />

67/88, BStBl. II 1991, 250; da<strong>zu</strong> Gosch, StuW 1992, 350; aA GÅroff in Glanegger/GÅroff,<br />

GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 15: § 2 Abs. 2 GewStG sei nur<br />

<strong>zu</strong> entnehmen, dass auch bei einer Ønderung der Betåtigung stets ein Gewerbebetrieb<br />

der Kapitalgesellschaft vorliegt, nicht jedoch, dass dies derselbe Gewerbebetrieb<br />

sei). Aufgrund der Entscheidung des IV. Senats des BFH<br />

v. 7.8.2008 (IV R 86/05, DStR 2008, 2014 m. Anm. Salzmann) ist allerdings nicht<br />

aus<strong>zu</strong>schließen, dass der BFH von der Fiktion eines einheitlichen Gewerbebetriebs<br />

Ausnahmen <strong>zu</strong>låsst (s. da<strong>zu</strong> Anm. 27; ebenso Deloitte/Brauer/Sonnenschein,<br />

GewStG, § 10a Rn. 113; aA Patt, EStB 2010, 146 [146 f.]). Als Reaktion<br />

auf die Urteile des BFH v. 29.10.1986 wurde fÅr KÇrperschaften <strong>zu</strong>nåchst<br />

das Kriterium der wirtschaftlichen Identitåt als Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr die Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

eingefÅhrt, vgl. § 10a Satz 10 GewStG iVm. § 8 Abs. 4 KStG; durch<br />

die Unternehmensteuerreform 2008 wurde § 8 Abs. 4 KStG durch § 8c KStG<br />

ersetzt, da<strong>zu</strong> im einzelnen Anm. 83 ff. Das Erfordernis der Unternehmensidentitåt<br />

kann mE allerdings fÅr Fehlbetråge Bedeutung erlangen, die in einem auf<br />

die KÇrperschaft Åbergegangenen Gewerbebetrieb entstanden sind (vgl.<br />

Anm. 43; ebenso Deloitte/Brauer/Sonnenschein, GewStG, § 10a Rn. 103).<br />

29<br />

c) Einzelfålle<br />

aa) Einzelunternehmen<br />

Ûbt ein Einzelunternehmer nacheinander oder gleichzeitig mehrere Tåtigkeiten<br />

aus, die nach den in Anm. 20 dargestellten Kriterien als sachlich selbståndige<br />

Gewerbebetriebe <strong>zu</strong> behandeln sind, scheidet mangels Unternehmensidentitåt<br />

ein Verlustab<strong>zu</strong>g zwischen den verschiedenen Unternehmen aus.<br />

Denn es liegen jeweils eigenståndige Steuergegenstånde iS des § 2 Abs. 1 vor<br />

(aA Schumacher, StuW 1987, 111; gegen ihn BFH v. 9.8.1989 – X R 130/87,<br />

BStBl. II 1989, 901).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

25<br />

30


§ 10a Anm. 31–34 Gewerbeverlust<br />

31<br />

32<br />

Ist ein Einzelunternehmer gleichzeitig Gesellschafter einer Personengesellschaft,<br />

kÇnnen Verluste der Gesellschaft nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags<br />

des Einzelunternehmens abgezogen werden und umgekehrt (BFH<br />

v. 14.11.1968 – I R 16/66, BStBl. II 1969, 169). Das gilt grundsåtzlich auch dann,<br />

wenn der Gesellschafter seinen Anteil an der Personengesellschaft in seinem<br />

BetriebsvermÇgen hålt. Eine Verlustverrechnung zwischen Einzelunternehmen<br />

und Personengesellschaft ist nicht mÇglich, was auch im Hinblick auf § 8<br />

Nr. 8 GewStG folgerichtig ist (BlÅmich/v. Twickel, § 10a GewStG Rz. 71). Unternehmensidentitåt<br />

wird demgegenÅber bejaht, wenn das zivilrechtlich von<br />

der Personengesellschaft betriebene Unternehmen steuerlich dem Gesellschafter<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist, wie beispielsweise bei fehlender Mitunternehmerstellung<br />

der Mitgesellschafter, weil diese ihren Gesellschaftsanteil treuhånderisch<br />

fÅr den Hauptgesellschafter halten (BlÅmich/Obermeier, § 2 GewStG<br />

Rz. 55; <strong>zu</strong>r Ablehnung des sog. Treuhandmodells fÅr Zwecke der GewSt durch<br />

die Finanzverwaltung vgl. OFD Hannover v. 22.3.2005 – G 1400 -430- StO 254,<br />

FR 2005, 559 m. Anm. Suchanek; dagegen BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07,<br />

BStBl. II 2010, 751: Personengesellschaften, an denen nur ein Gesellschafter<br />

mituntenehmerisch beteiligt ist, unterliegen nicht der Gewerbesteuer).<br />

Zu weiteren Einzelfållen s. Anm. 21 ff. sowie § 2 Anm. 1704 ff., § 2 Anm. 1715.<br />

Zur Unternehmensidentitåt bei Ûbergang eines Einzelunternehmens auf eine<br />

Personengesellschaft s. Anm. 41 ff. Geht ein Einzelunternehmen auf eine KÇrperschaft<br />

Åber, ist ein Verlustab<strong>zu</strong>g mangels Unternehmeridentitåt nicht mÇglich,<br />

s. Anm. 85 ff.<br />

bb) Personengesellschaften<br />

33 Verschiedene Personengesellschaften stellen jeweils selbståndige Unternehmen<br />

dar. Das gilt auch, wenn es sich um beteiligungsidentische Personengesellschaften<br />

handelt (vgl. GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009,<br />

§ 10a Anm. 11). Auch Besitzpersonengesellschaft und Betriebs(kapital)gesellschaft<br />

im Rahmen einer Betriebsaufspaltung unterhalten keinen einheitlichen<br />

Gewerbebetrieb (BFH v. 7.3.1973 – I R 119/71, BStBl. II 1973, 562).<br />

Bei einem Ûbergang von Unternehmen unter Beteiligung von Personengesellschaften<br />

ist <strong>zu</strong> unterscheiden, ob das Unternehmen der Personengesellschaft<br />

auf einen Dritten (s. Anm. 34 ff.) oder das Unternehmen eines Dritten auf die<br />

Personengesellschaft Åbergeht (s. Anm. 41 f.):<br />

(1) Ûbergang des (Verlust-)Unternehmens der Personengesellschaft<br />

34 Bestehen bei einer Personengesellschaft nicht berÅcksichtigte Fehlbetråge<br />

und geht das Unternehmen dieser Personengesellschaft auf einen Dritten<br />

Åber, macht das Kriterium der Unternehmensidentitåt einen Vergleich des Unternehmens<br />

vor und nach seinem Ûbergang erforderlich. Da Vorausset<strong>zu</strong>ng<br />

fÅr eine Nut<strong>zu</strong>ng des im Åbergehenden Unternehmen entstandenen Gewerbeverlusts<br />

neben der Unternehmensidentitåt auch die Unternehmeridentitåt<br />

ist (s. Anm. 44 ff.), kommt eine Verlustnut<strong>zu</strong>ng grundsåtzlich nur dann in Betracht,<br />

wenn das Unternehmen der Personengesellschaft auf einen Gesell-<br />

26<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 34–36 § 10a<br />

schafter (Mitunternehmer) der Personengesellschaft oder auf eine (<strong>zu</strong>mindest<br />

teilweise) beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft Åbergeht.<br />

FÅr die Unternehmensidentitåt gilt hierbei Folgendes:<br />

Bei einem Ûbergang eines Unternehmens liegt Unternehmensidentitåt vor, 35<br />

wenn der Erwerber das Åbergehende Unternehmen fortfÅhrt. Weder beim<br />

Verkauf des Unternehmens noch bei der Anwachsung ist dabei erforderlich,<br />

dass das Åbergehende Unternehmen vom Erwerber als Teilbetrieb fortgefÅhrt<br />

wird oder dass es dem neuen Gesamtbetrieb das Gepråge gibt (BFH v.<br />

14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764: Verschmel<strong>zu</strong>ng von zwei Personengesellschaften<br />

durch Einbringung såmtlicher Anteile an der einen Gesellschaft<br />

in die andere; BFH v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81: Verkauf<br />

eines Unternehmens (bei gleichzeitiger Betriebseinstellung durch den<br />

Veråußerer) an eine Schwesterpersonengesellschaft). Im Falle des Ûbergangs<br />

des (Verlust-)Unternehmens einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft<br />

genÅgt jeweils, dass die Identitåt des Åbergehenden Betriebs<br />

innerhalb der Gesamttåtigkeit der aufnehmenden Personengesellschaft<br />

gewahrt bleibt; dies beurteilt sich danach, ob die Tåtigkeit im Rahmen<br />

der aufnehmenden Gesellschaft sich nach den das Gesamtbild prågenden<br />

Merkmalen wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell als die Fortset<strong>zu</strong>ng<br />

der bisherigen Tåtigkeit darstellt (BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II<br />

1994, 764; BFH v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81). Der Umstand,<br />

dass es durch den Ûbergang des Gewerbebetriebs <strong>zu</strong>r Entstehung eines grÇßeren<br />

wirtschaftlichen Organismus kommt, steht der Annahme der Unternehmensidentitåt<br />

dabei nicht entgegen (Bordewin, DStR 1995, 313 [317]). Die gleichen<br />

Grundsåtze gelten mE, wenn das Unternehmen auf eine natÅrliche Person<br />

oder eine KÇrperschaft Åbertragen wird (so fÅr die Anwachsung einer GbR<br />

auf den Mehrheitsgesellschafter FG MÅnster v. 25.9.2009 – 4 K 2374/07 F,<br />

BeckRS 2009, 26028059). Zum ErlÇschen einer GmbH und atypisch Still durch<br />

Verschmel<strong>zu</strong>ng der GmbH auf die atypisch still beteiligte Persongesellschaft<br />

vgl. Anm. 76.<br />

Die vom BFH geforderte tatsåchliche FortfÅhrung des Åbergegangenen Betriebs<br />

(s. Anm. 35) bedeutet mE fÅr die Anwachsung, dass es nicht ausreicht,<br />

36<br />

dass das Åbergehende Unternehmen im Zeitpunkt der Anwachsung aufgrund<br />

des Ûbergangs såmtlicher Aktiva und Passiva unveråndert bestehen bleibt.<br />

Vielmehr sind noch nicht verbrauchte Fehlbetråge mangels Unternehmensidentitåt<br />

nicht mehr nutzbar, wenn das Åbergegangene Unternehmen nach<br />

der Anwachsung eingestellt wird oder es nicht fortgefÅhrt werden kann (wie<br />

beispielsweise nach Anwachsung der Willensbildungs-GbR einer MehrmÅtterorganschaft,<br />

s. Anm. 38; ebenso Deloitte/Brauer/Sonnenschein, GewStG,<br />

§ 10a Rn. 115: der Verlust verursachende Betrieb muss bis <strong>zu</strong>r vollståndigen<br />

Verrechnung der Fehlbetråge weitergefÅhrt werden). Dies mÅsste mE auch<br />

dann gelten, wenn das Verlustunternehmen auf eine Kapitalgesellschaft oder<br />

eine gewerblich geprågte oder gewerblich tåtige Personengesellschaft Åbergegangen<br />

ist (aA FG DÅsseldorf v. 28.10.2010 – 11 K 3637/09 F, EFG 2011, 477).<br />

Die Tatsache, dass der Gewerbebetrieb der aufnehmenden Gesellschaft gemåß<br />

§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG (s. Anm. 29) bzw. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG<br />

iVm. § 15 Abs. 3 EStG (s. Anm. 24 ff.) ungeachtet einer etwaigen Verschieden-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

27


§ 10a Anm. 36–39 Gewerbeverlust<br />

heit der ausgeÅbten Tåtigkeiten als einheitlicher Gewerbebetrieb gilt, hat mE<br />

keine Bedeutung fÅr die Frage, ob der (einheitliche) Gewerbebetrieb der aufnehmenden<br />

Gesellschaft im Anrechnungsjahr mit dem Åbergegangenen Unternehmen<br />

im Entstehungsjahr identisch war. Anders als fÅr die originår bei<br />

der aufnehmenden Gesellschaft entstandenen Fehlbetråge kommt es fÅr die<br />

im Åbergehenden Unternehmen entstandenen Fehlbetråge somit auf die tatsåchliche<br />

FortfÅhrung des verlustverursachenden Unternehmens an. Zur Reihenfolge<br />

der Verlustnut<strong>zu</strong>ng in diesen Fållen s. Anm. 357.<br />

37 Die dargestellten Grundsåtze gelten auch fÅr den Fall, dass eine Betriebsaufspaltung<br />

durch Anwachsung der Betriebspersonengesellschaft auf das Besit<strong>zu</strong>nternehmen<br />

beendet wird: Dabei bejaht die Rechtsprechung die Unternehmensidentitåt<br />

unter Hinweis auf den grundsåtzlich bestehenden inneren<br />

Zusammenhang zwischen der Tåtigkeit der Besitz- und Betriebsgesellschaft.<br />

Daher hat der BFH einen Ab<strong>zu</strong>g von im Åbergehenden Unternehmen entstandenen<br />

Fehlbetrågen <strong>zu</strong>gelassen, wenn die Gesellschafter einer GbR, die Besitzgesellschaft<br />

im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ist, ihre Anteile in eine<br />

KG einbringen, die aufgrund der Anwachsung in den Pachtvertrag eintritt,<br />

auch wenn die aufnehmende KG Besitzgesellschaft im Rahmen einer weiteren<br />

Betriebsaufspaltung ist (BFH v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477 =<br />

StBp. 1994, 148 m. Anm. Gosch). Ebenso wird Unternehmensidentitåt bejaht,<br />

wenn es durch Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus einer Personengesellschaft<br />

<strong>zu</strong>r Anwachsung des Betriebsunternehmens beim Besit<strong>zu</strong>nternehmen<br />

kommt (Niedersåchsisches FG v. 7.9.1994 – IX 836/89, EFG 1995,<br />

230, rkr.).<br />

38 Bei Anwachsung einer Organtråger-Personengesellschaft (Willensbildungs-<br />

GbR) einer bis <strong>zu</strong>m EZ 2002 <strong>zu</strong>låssigen (s. Anm. 217) – MehrmÅtterorganschaft<br />

besteht keine Unternehmensidentitåt zwischen dem verbleibenden Gesellschafter<br />

und der Willensbildungs-GbR (BFH v. 14.3.2006 – I R 1/04, DStR<br />

2006, 890; BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2270 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 Tz. 20;<br />

die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht <strong>zu</strong>r Entscheidung<br />

angenommen, vgl. BVerfG v. 10.7.2009 – 1 BvR 1416/06, BFH/NV 2009,<br />

1768). Denn die Willensbildungs-GbR gilt lediglich kraft gesetzlicher Fiktion<br />

als gewerbliches Unternehmen, und dieses fingierte Unternehmen kann nach<br />

Beendigung der Willensbildungs-GbR nicht fortgefÅhrt werden. Vgl. allgemein<br />

<strong>zu</strong>r Behandlung von Fehlbetrågen bei der MehrmÅtterorganschaft s.<br />

Anm. 336 ff.<br />

39 Im Fall einer Realteilung, bei der verschiedene Geschåftsbereiche einer Personengesellschaft<br />

auf zwei von ihren bisherigen Gesellschaftern gegrÅndete<br />

Einzelunternehmen Åbertragen werden, verneinte das FG MÅnster mangels<br />

„unternehmenseinheitlicher“ FortfÅhrung des bisherigen Unternehmens einen<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g (FG MÅnster v. 9.3.1982 – VI 3856/78, EFG 1982, 578). In einem<br />

åhnlichen Fall, in dem ein Gesellschafter einer OHG, deren Gewerbebetrieb<br />

mehrere Betriebszweige umfasste, einen Betriebszweig im Wege der<br />

Realteilung Åbernahm und als Einzelunternehmen fortfÅhrte, versagte der<br />

BFH den Verlustab<strong>zu</strong>g unter Hinweis auf das Nichtfortbestehen des betrieblichen<br />

Organismus (BFH v. 5.9.1990 – X R 20/89, BStBl. II 1991, 25).<br />

28<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 40–42 § 10a<br />

In den <strong>zu</strong>r Realteilung entschiedenen Fållen wurde ein anteiliger Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

bei partieller Unternehmensidentitåt deshalb nicht <strong>zu</strong>gelassen, weil<br />

durch die Realteilung Wirtschaftsbereiche Åbertragen wurden, die jeweils<br />

nicht als Teilbetriebe an<strong>zu</strong>sehen waren. Wird ein Unternehmen demgegen-<br />

Åber in seine Teilbetriebe real geteilt, deren Rechenwerke im jeweiligen Jahr<br />

der Verlustentstehung erkennen ließen, welche Organisationseinheit welches<br />

Ergebnis erwirtschaftet hat, steht das Erfordernis der Unternehmensidentitåt<br />

einem Ab<strong>zu</strong>g des im jeweiligen Teilbetrieb entstandenen Verlustanteils nicht<br />

entgegen (vgl. BFH v. 5.9.1990 – X R 20/89, BStBl. II 1991, 25; FG MÅnster v.<br />

9.3.1982 – VI 3856/78, EFG 1982, 578; Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 7<br />

GewStR 2009 und Abschn. 10a.3 Abs. 3 GewStH 2009 „Realteilung“; Herzig/<br />

FÇrster/FÇrster, DStR 1996, 1025 [1030]; StÇcker, DStZ 1991, 61; Schnitter in<br />

Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 50, 64); weitere Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

ist in diesen Fållen mE, dass der Erwerber den Åbergehenden Unternehmensteil<br />

fortfÅhrt (s. Anm. 35 f.). ME sollte eine partielle Unternehmensidentitåt<br />

unabhångig von der ErfÅllung der Teilbetriebsvorausset<strong>zu</strong>ngen immer<br />

dann als ausreichend angesehen werden, wenn die real geteilten Wirtschaftseinheiten<br />

ohne die Fiktion des § 15 Abs. 3 EStG als selbståndige<br />

Gewerbebetriebe <strong>zu</strong> behandeln wåren und der Gewerbeverlust des Gesamtunternehmens<br />

aufgrund entsprechender BuchfÅhrung sachlich zweifelsfrei<br />

<strong>zu</strong>geordnet werden kann. Denn nach Beendigung der Personengesellschaft<br />

findet § 15 Abs. 3 EStG keine Anwendung mehr, so dass es folgerichtig wåre,<br />

das Vorliegen von Unternehmensidentitåt anhand der tatsåchlichen Verhåltnisse<br />

<strong>zu</strong> beurteilen (ebenso Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a GewStG<br />

Rz. 50). Ferner wird durch das Erfordernis der Zuordenbarkeit der entstandenen<br />

Verlust vermieden, dass ein Unternehmensbereich, der im Rahmen des<br />

Gesamtunternehmens Gewinne erzielt hat, nach der Realteilung in den Genuss<br />

des Verlustab<strong>zu</strong>gs gelangt (da<strong>zu</strong> BFH v. 5.9.1990 – X R 20/89, BStBl. II<br />

1991, 25). Zur Unternehmeridentitåt nach Realteilung s. Anm. 62.<br />

40<br />

(2) Ûbergang eines Unternehmens auf die Personengesellschaft<br />

Geht ein Unternehmen auf eine Personengesellschaft Åber und bestehen Fehlbetråge<br />

im Åbergehenden Unternehmen, ist – neben der Unternehmeridenti-<br />

41<br />

tåt – Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr die Nut<strong>zu</strong>ng der im Åbergehenden Unternehmen entstandenen<br />

Fehlbetråge, dass die Personengesellschaft das Åbergehende Unternehmen<br />

tatsåchlich fortfÅhrt (vgl. <strong>zu</strong>r Unternehmensidentitåt bei Einbringung<br />

eines Einzelunternehmens BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995,<br />

791). Die in Anm. 35 f. dargelegten Grundsåtze gelten entsprechend.<br />

Bestehen Fehlbetråge der aufnehmenden Personengesellschaft kÇnnen diese 42<br />

auch nach dem Ûbergang eines Unternehmens auf die Personengesellschaft<br />

weiterhin genutzt werden, wenn hierdurch die Unternehmensidentitåt der<br />

aufnehmenden Gesellschaft nicht berÅhrt wird. Der Ûbergang des Betriebs<br />

steht der Aufnahme einer neuen Tåtigkeit durch die Personengesellschaft<br />

gleich. Nach den in Anm. 24 ff. dargestellten Grundsåtzen ist Unternehmensidentitåt<br />

daher mE <strong>zu</strong> bejahen, wenn die Personengesellschaft gewerblich geprågt<br />

oder (<strong>zu</strong>mindest teils) gewerblich tåtig ist. Die Einstellung einzelner Tå-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

29


§ 10a Anm. 42–45 Gewerbeverlust<br />

tigkeiten nach dem Ûbergang des Betriebs wåre hiernach grundsåtzlich unschådlich.<br />

Der BFH hat darÅber hinaus einen einheitlichen Gewerbebetrieb<br />

der aufnehmenden Gesellschaft bejaht, wenn im Zusammenhang mit der Beendigung<br />

einer Betriebsaufspaltung die Betriebs-GmbH auf die Besitz-Personengesellschaft<br />

(OHG) im Wege der Åbertragenden Umwandlung Åbergeht:<br />

Zwischen der Verpachtung des AnlagevermÇgens an die Betriebsgesellschaft<br />

und der FortfÅhrung des Betriebs der Betriebsgesellschaft besteht der<br />

fÅr die Bejahung der Unternehmensidentitåt erforderliche Zusammenhang<br />

(BFH v. 28.5.1968 – IV 340/64, BStBl. II 1968, 688). Zum Untergang etwaiger<br />

Fehlbetråge der Betriebs-GmbH bei Umwandlung auf die Besitz-Personengesellschaft<br />

s. Anm. 87.<br />

cc) KÇrperschaften<br />

43 Das Kriterium der Unternehmensidentitåt hat fÅr KÇrperschaften grundsåtzlich<br />

keine Bedeutung (s. Anm. 29). Geht jedoch ein gewerbliches Unternehmen,<br />

bei dem nicht verbrauchte Fehlbetråge bestehen, auf eine KÇrperschaft<br />

Åber (beispielsweise das Unternehmen einer Personengesellschaft im Wege<br />

der Anwachsung), ist mE neben der Unternehmeridentitåt (s. Anm. 44 ff.) Vorausset<strong>zu</strong>ng<br />

fÅr einen Verlustab<strong>zu</strong>g, dass die aufnehmende KÇrperschaft das<br />

Åbergehende Unternehmen tatsåchlich fortfÅhrt (ebenso Deloitte/Brauer/Sonnenschein,<br />

GewStG, § 10a Rn. 104). Die in Anm. 35 f. dargelegten Grundsåtze<br />

gelten mE entsprechend.<br />

2. Unternehmeridentitåt<br />

a) Herleitung<br />

44 Steuergegenstand der GewSt ist der Gewerbebetrieb als solcher. Wer Inhaber<br />

des Betriebs (Unternehmer) im Entstehungs- bzw. Anrechnungsjahr ist, dÅrfte<br />

demnach keinen Einfluss auf die Verlustnut<strong>zu</strong>ng haben. Gleichwohl bestimmt<br />

§ 10a Satz 8 iVm. § 2 Abs. 5 GewStG, dass bei Ûbergang des Gewerbebetriebs<br />

im Ganzen auf einen anderen Unternehmer der andere Unternehmer den<br />

maßgebenden Gewerbeertrag nicht um Fehlbetråge kÅrzen kann, die sich bei<br />

der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags des Åbergegangenen Unternehmens<br />

ergeben haben.<br />

45 DarÅber hinaus, dh. auch wenn kein UnternehmensÅbergang im Ganzen vorliegt,<br />

ist es gefestigte Rechtsprechung des BFH und Auffassung der Finanzverwaltung,<br />

dass Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g die sog. Unternehmeridentitåt<br />

ist, dh. dass der Steuerpflichtige, der den Verlustab<strong>zu</strong>g in Anspruch<br />

nimmt, den Gewerbeverlust <strong>zu</strong>vor in eigener Person erlitten haben muss (BFH<br />

v. 3.5.1993 – GrS 3/93, BStBl. II 1993, 616 mwN; Abschn. 10a.3 Abs. 1 GewStR<br />

2009; BlÅmich/v. Twickel, § 10a GewStG Rz. 79; vgl. <strong>zu</strong> § 19 der Dritten<br />

GewStDV RFH v. 26.8.1942 – VI 236/42, RStBl. 1942, 1024). Der Steuerpflichtige<br />

muss danach sowohl im Entstehungsjahr als auch im Anrechnungsjahr Unternehmensinhaber<br />

gewesen sein. Soweit dies nicht der Fall ist, dh. soweit ein<br />

Unternehmerwechsel vorliegt, ist ein Ab<strong>zu</strong>g des im Åbergegangenen Unternehmen<br />

entstandenen Verlusts auch dann nicht mÇglich, wenn das Unterneh-<br />

30<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 45–47 § 10a<br />

men als solches von dem neuen Inhaber unveråndert fortgefÅhrt wird. Dabei<br />

ist es unerheblich, ob der Unternehmerwechsel entgeltlich oder unentgeltlich<br />

bzw. durch Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge erfolgt.<br />

Die Bindung des Gewerbeverlusts an die Person des Unternehmers wurde bis 46<br />

<strong>zu</strong>r Ønderung des § 10a Satz 1 GewStG durch das Steuerbereinigungsgesetz<br />

1986 damit begrÅndet, dass das Gesetz die Ab<strong>zu</strong>gsfåhigkeit von Fehlbetrågen<br />

nur „Gewerbetreibenden, die den Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes<br />

ermitteln“ <strong>zu</strong>gesteht (åhnlich die BegrÅndung des RFH v. 26.8.1942 – VI<br />

236/42, RStBl. 1942, 1024 <strong>zu</strong> § 19 der Dritten GewStDV). Nach Streichung dieser<br />

Worte wird im Schrifttum Åberwiegend die Auffassung vertreten, dass das<br />

Kriterium der Unternehmeridentitåt einer positiv-rechtlichen Grundlage entbehre<br />

(vgl. die Nachweise in BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/93, BStBl. II 1993, 616 unter<br />

C.II.3.); dieser Befund muss mE nach EinfÅgung der Verlustverrechnungsvorschriften<br />

fÅr Mitunternehmerschaften (vgl. § 10a Såtze 4 und 5 GewStG idF<br />

des JStG 2007) revidiert werden (s. Anm. 358 ff.). Mit der Frage nach der<br />

Rechtsgrundlage fÅr das Kriterium der Unternehmeridentitåt musste sich der<br />

Große Senat des BFH auf Vorlage des VIII. Senats in seinem sog. Fehlbetragsbeschluss<br />

auseinandersetzen (BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/93, BStBl. II 1993, 616).<br />

Er vertrat die Auffassung, dass das Steuerbereinigungsgesetz 1986 lediglich<br />

die Beschrånkung des Verlustab<strong>zu</strong>gs auf Gewinnermittler nach § 5 EStG aufheben<br />

wollte. Die Bindung des Gewerbeverlusts an die Person des Unternehmers<br />

ergebe sich weiterhin aus § 10a Satz 8 iVm. § 2 Abs. 5 GewStG (ebenso<br />

bereits BFH v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 19.12.1984 – I R<br />

165/80, BStBl. II 1985, 403): Aus der Tatsache, dass der Gewerbeverlust bei einem<br />

Ûbergang des Unternehmens im Ganzen auch dann entfållt, wenn das<br />

Unternehmen als solches von dem neuen Inhaber unveråndert fortgefÅhrt<br />

wird, lasse sich die gesetzliche Wertung ableiten, dass die bloße Unternehmensidentitåt<br />

fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g nicht ausreiche, sondern auch die Identitåt<br />

des Unternehmers erforderlich sei (vgl. BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/93, BStBl. II<br />

1993, 616 mwN; ebenso BlÅmich/v. Twickel, § 10a GewStG Rz. 79; ObermÅller,<br />

§ 10a GewStG Anm. 6). Die BerÅcksichtigung der Person des Unternehmers<br />

sei auch mit dem Objektsteuercharakter der GewSt vereinbar, da Tråger des<br />

Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>g nach § 10a Satz 8 iVm. § 2 Abs. 5 GewStG nicht der<br />

Gewerbebetrieb, sondern der Unternehmer sei: Er verwirkliche mit den sachlichen<br />

und personellen Mitteln des Betriebs die Sachverhalte, die <strong>zu</strong>r Entstehung<br />

eines Gewerbeertrags fÅhren, und sei auch Schuldner der sich daraus ergebenden<br />

GewSt (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Schließlich sei es wertungswidersprÅchlich,<br />

den Verlustab<strong>zu</strong>g zwar im Fall des Wechsels aller Mitunternehmer<br />

gånzlich entfallen <strong>zu</strong> lassen, ihn aber bei einem partiellen<br />

Unternehmerwechsel voll <strong>zu</strong><strong>zu</strong>lassen. Beide Fålle unterscheiden sich nach<br />

Auffassung des BFH nicht qualitativ, sondern nur quantitativ.<br />

Das Festhalten am Erfordernis der Unternehmeridentitåt wurde im Åberwiegenden<br />

Schrifttum bis <strong>zu</strong>r EinfÅgung von § 10a Satz 4 und 5 GewStG durch<br />

47<br />

das JStG 2007 <strong>zu</strong> Recht kritisiert (vgl. nur Robisch, BB 1994, 1683; Finkbeiner,<br />

BB 1997, 230; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a<br />

Anm. 90): Einfluss auf die Nåmlichkeit des Gewerbesteuerobjekts konnten<br />

grundsåtzlich nur Ønderungen des Gewerbebetriebs haben. Eine Durchbre-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

31


§ 10a Anm. 47–49 Gewerbeverlust<br />

chung erfuhr dieser Grundsatz durch § 2 Abs. 5 lediglich fÅr den Sonderfall<br />

des Ûbergangs des Unternehmens im Ganzen. Ein allgemeiner Grundsatz,<br />

dass ein Verlustab<strong>zu</strong>g stets in dem Umfang <strong>zu</strong> versagen ist, in dem es <strong>zu</strong> einem<br />

Unternehmerwechsel kommt, hatte im Gesetz bis <strong>zu</strong>r EinfÅgung der Såtze 4<br />

und 5 in § 10a GewStG durch das JStG 2007 keinen Niederschlag gefunden.<br />

Die Ableitung einer solchen Wertung aus § 10a Satz 8 iVm. § 2 Abs. 5 GewStG<br />

war methodisch bedenklich und lief auf einen Analogieschluss <strong>zu</strong> Lasten des<br />

Steuerpflichtigen hinaus (aA BFH v. 12.6.1996 – IV B 133/95, BStBl. II 1997, 82<br />

unter 1.b aa: Auslegung nach Wortlaut und Sinn; Bordewin, DStR 1994, 673<br />

[678 f.]: am Gesetzeszweck orientierte Auslegung; dagegen SÇffing, DB 1994,<br />

747 [748]; Finkbeiner, DB 1993, 2201 [2202 ff.]; Finkbeiner, BB 1997, 230<br />

[233 ff.]). Keine Rechtfertigung konnte die BFH-Rechtsprechung jedenfalls<br />

darin finden, dass anderenfalls bei Personengesellschaften der Handel mit<br />

Verlustvortrågen ermÇglicht wÅrde (so aber BlÅmich/v. Twickel, § 10a GewStG<br />

Rz. 83). Gerade die aufgrund der Mantelkaufproblematik eingefÅhrte Regelung<br />

des § 10a Satz 8 GewStG iVm. § 8 Abs. 4 KStG (vgl. jetzt § 10a Satz 10<br />

GewStG iVm. § 8c KStG) belegt, dass eine Einschrånkung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

nur aufgrund einer ausdrÅcklichen gesetzlichen Regelung mÇglich ist.<br />

Der BFH hat die vorgebrachten Bedenken schon im Fehlbetragsbeschluss<br />

nicht geteilt. FÅr die Praxis ergibt sich daraus, dass ein Verlustab<strong>zu</strong>g nur bei<br />

Unternehmeridentitåt mÇglich sein wird (vgl. die ZurÅckweisung der Nicht<strong>zu</strong>lassungsbeschwerde<br />

durch BFH v. 12.6.1996 – IV B 133/95, BStBl. II 1997,<br />

82). FÅr Mitunternehmerschaften hat diese Sichtweise durch EinfÅgung der<br />

Såtze 4 und 5 in § 10a GewStG durch das JStG 2007 erstmals eine (mittelbare)<br />

gesetzliche Grundlage gefunden (s. Anm. 358 ff.; ebenso GÅroff in Glanegger/<br />

GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 93).<br />

b) Beurteilungsmaßstab<br />

aa) Allgemeines<br />

48 Inwieweit Unternehmeridentitåt vorliegt, hångt davon ab, wer jeweils im Entstehungs-<br />

und Anrechnungsjahr Unternehmer und damit Tråger des Unternehmens<br />

ist. Unternehmer ist gemåß § 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG derjenige, fÅr<br />

dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird.<br />

bb) Besonderheiten bei Personengesellschaften<br />

(1) Mitunternehmer als Tråger des Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

49 Nach ståndiger Rechtsprechung des BFH (BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/93, BStBl. II<br />

1993, 616; v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436; v. 12.1.1978 – IV R<br />

26/73, BStBl. II 1978, 348; ebenso Abschn. 10a.3 Abs. 3 GewStR 2009) sind die<br />

Gesellschafter, wenn sie Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative<br />

ausÅben kÇnnen, auch in gewerbesteuerlicher Hinsicht als Mitunternehmer<br />

und damit als Unternehmer des Betriebs an<strong>zu</strong>sehen. Dies wurde durch<br />

EinfÅgung der Såtze 4 und 5 in § 10a GewStG durch das JStG 2007 mittelbar<br />

beståtigt (s. Anm. 358 ff.). Die Parallele <strong>zu</strong>m Einkommensteuerrecht wurde<br />

32<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 49–52 § 10a<br />

schon vor dem JStG 2007 vor allem mit Hinweis auf § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG<br />

begrÅndet, wonach als Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen iS des<br />

EStG an<strong>zu</strong>sehen ist. Beståtigt werde dies nach Auffassung des BFH dadurch,<br />

dass gemåß § 7 GewStG fÅr die Ermittlung des Gewerbeertrags von dem nach<br />

den Vorschriften des EStG bzw. KStG <strong>zu</strong> ermittelnden Gewinn aus Gewerbebetrieb<br />

aus<strong>zu</strong>gehen ist. Damit wird entsprechend der einkommensteuerrechtlichen<br />

Behandlung auch der SonderbetriebsvermÇgensbereich in die Ermittlung<br />

des Gewerbeertrags einbezogen, was nach Ansicht des BFH einer<br />

Rechtsgrundlage entbehrte, wenn die Gesellschafter fÅr Zwecke der GewSt<br />

nicht auch als (Mit-)Unternehmer an<strong>zu</strong>sehen seien. Schließlich weist der BFH<br />

darauf hin, dass die Regelung <strong>zu</strong>r Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft<br />

in § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ÅberflÅssig wåre, wenn die Personengesellschaft<br />

Unternehmerin sei (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Vgl. im Einzelnen<br />

die BegrÅndung bei BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/93, BStBl. II 1993, 616 unter<br />

C.III.6. mwN; <strong>zu</strong>stimmend Bordewin, DStR 1994, 673 [678 f.]; ablehnend<br />

Braun, BB 1993, 1055 [1056 ff.]; SÇffing, DB 1994, 747 [748 f.]).<br />

Ist eine KÇrperschaft Mitunternehmerin, ist die KÇrperschaft als solche Trågerin<br />

des Unternehmens. Ønderungen des Anteilseignerkreises der KÇrper-<br />

50<br />

schaft beeinflussen daher die Unternehmeridentitåt der Mitunternehmerschaft<br />

nicht. Gleichwohl kann es in diesen Fållen gemåß § 10a Satz 10 2. Halbsatz<br />

GewStG iVm. § 8c KStG <strong>zu</strong> einem Untergang von Fehlbetrågen der Mitunternehmerschaft<br />

kommen; gleiches gilt, wenn die KÇrperschaft mittelbar<br />

Åber eine oder mehrere Personengesellschaften an der Mitunternehmerschaft<br />

beteiligt ist. Vgl. da<strong>zu</strong> Anm. 77 ff. Tråger des Unternehmens der Mitunternehmerschaft<br />

ist die KÇrperschaft auch dann, wenn sie Organgesellschaft einer<br />

gewerbesteuerlichen Organschaft ist. Die Tatsache, dass die Organgesellschaft<br />

gemåß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsståtte des Organtrågers<br />

gilt, steht dem aufgrund der von der Rechtsprechung bejahten fortbestehenden<br />

Selbståndigkeit der Organgesellschaft nicht entgegen (vgl. BFH v.<br />

10.11.1983 – IV R 56/80, BStBl. II 1984, 150).<br />

Bei doppelstÇckigen Personengesellschaften, dh. in Konstellationen, in denen<br />

eine Personengesellschaft (Obergesellschaft) Gesellschafterin einer ande-<br />

51<br />

ren Personengesellschaft (Untergesellschaft) ist, geht der BFH in ståndiger<br />

Rechtsprechung davon aus, dass sowohl fÅr Zwecke des Einkommensteuerrechts<br />

(grundlegend BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691) als auch<br />

des Gewerbesteuerrechts (BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter<br />

C. III. 6.a cc; v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 unter 3.) die Obergesellschaft,<br />

nicht deren Gesellschafter, als Mitunternehmerin und damit als Trågerin<br />

des Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>g an<strong>zu</strong>sehen ist.<br />

Nach Auffassung des BFH hat hieran auch die Ønderung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 52<br />

EStG durch das StØndG 1992 v. 25.2.1992 (BGBl. I 1992, 297 = BStBl. I 1992,<br />

146) grundsåtzlich nichts geåndert: Zwar seien die Gesellschafter der Obergesellschaft<br />

hiernach neben der Obergesellschaft auch Mitunternehmer, der<br />

Zweck der Vorschrift beschrånke sich aber darauf, die nur mittelbar beteiligten<br />

Gesellschafter hinsichtlich ihrer Tåtigkeits- und Nut<strong>zu</strong>ngsvergÅtungen<br />

und des SonderbetriebsvermÇgens einem unmittelbar beteiligten Gesellschaf-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

33


§ 10a Anm. 52–53 Gewerbeverlust<br />

53<br />

ter gleich<strong>zu</strong>stellen (BFH v. 31.8.1999 – VIII B 74/99, BStBl. II 1999, 794; v.<br />

6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731 = HFR 2001, 262 m. Anm. Kempermann<br />

= StBp. 2001, 24 m. Anm. Gosch; v. 11.4.2001 – VIII B 99/00, BFH/NV<br />

2001, 1447; ebenso Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 GewStR 2009; <strong>zu</strong>stimmend<br />

Kempermann, GmbHR 2002, 200 [199 f.]; SÇffing, DB 1994, 1488; BlÅmich/v.<br />

Twickel, § 10a GewStG Rz. 89; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG,<br />

7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 102; Widmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG<br />

Rz. 408; aA Herzig/FÇrster/FÇrster, DStR 1996, 1025 [1031 f.]). Der BFH nimmt<br />

damit im Hinblick auf die Konkurrenz zweier Mitunternehmer eine Aufteilung<br />

der Berechtigung <strong>zu</strong>m Verlustvortrag vor und beschrånkt den Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

des Gesellschafters der Obergesellschaft auf diejenigen Verluste, die in seinem<br />

SonderbetriebsvermÇgensbereich entstanden sind (Kempermann, HFR<br />

2001, 263; Kempermann, GmbHR 2002, 200 [199 f.]). Eine Verlust<strong>zu</strong>rechnung<br />

an Gesellschafter der Obergesellschaft ist jedoch seit Inkrafttreten des § 10a<br />

Satz 4 GewStG idF des JStG 2007 nicht mehr mÇglich; ebenso schließt § 10a<br />

Satz 5 GewStG idF des JStG 2007 mE einen Ab<strong>zu</strong>g derartiger Verluste aus (s.<br />

Anm. 53 aE, Anm. 358 ff.). Ob die Obergesellschaft (und nicht deren Gesellschafter)<br />

auch dann als Tråger des Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>g angesehen werden<br />

kann, wenn die Obergesellschaft lediglich vermÇgensverwaltend tåtig ist, erschien<br />

mit Blick auf das <strong>zu</strong> § 15 EStG ergangene Urteil des IX. Senats v.<br />

6.10.2004 (IX R 53/01, BStBl. II 2005, 383; da<strong>zu</strong> BMF-Schreiben [Nichtanwendungserlass]<br />

v. 18.5.2005 – IV B 2 - S 2241 - 34/05, BStBl. I 2005, 698; Heuermann,<br />

DB 2004, 2548; Groh, DB 2005, 2430) bis <strong>zu</strong>r Ønderung des § 15 Abs. 3<br />

Nr. 1 EStG durch das JStG 2007 ungeklårt. Hiernach fÅhrte allein das Erzielen<br />

von EinkÅnften nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG durch die ansonsten vermÇgensverwaltende<br />

Obergesellschaft nicht da<strong>zu</strong>, dass die gesamten EinkÅnfte<br />

der Obergesellschaft als EinkÅnfte aus Gewerbebetrieb gelten. Nach Auffassung<br />

des IX. Senats sollte die Anwendung der Abfårberegelung des § 15<br />

Abs. 3 Nr. 1 EStG auch nicht erforderlich sein um <strong>zu</strong> gewåhrleisten, dass die<br />

Obergesellschaft ihre als Mitunternehmerin der Untergesellschaft erzielten<br />

gewerblichen EinkÅnfte an ihre Gesellschafter „weiterleiten“ kann. Denn der<br />

Gewinnanteil der Obergesellschaft am Gesamtgewinn der Untergesellschaft<br />

werde „den Obergesellschaftern als ,mittelbaren Mitunternehmern’ der Untergesellschaft<br />

unmittelbar <strong>zu</strong>gerechnet“ (BFH, aaO; kritisch Groh, DB 2005,<br />

2430 [2432 f.]). Auf Grundlage einer solchen unmittelbaren Zurechnung war<br />

es mE gerechtfertigt, die Gesellschafter der Obergesellschaft auch hinsichtlich<br />

der ihnen <strong>zu</strong>gerechneten Verluste des Gesamthandsbereichs der Untergesellschaft<br />

als Tråger des Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>g an<strong>zu</strong>sehen und einen Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

auch insoweit <strong>zu</strong><strong>zu</strong>lassen. Allerdings sind aufgrund der Ønderung des<br />

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG durch das JStG 2007 nunmehr auch solche Oberpersonengesellschaften<br />

als Mitunternehmerschaften an<strong>zu</strong>sehen, die EinkÅnfte<br />

nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG beziehen. Damit scheidet eine Differenzierung<br />

nach der Art der Tåtigkeit der Obergesellschaft aus.<br />

Die Rechtsprechung des BFH, wonach bei doppelstÇckigen Personengesellschaften<br />

grundsåtzlich die Obergesellschaft Trågerin des Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

ist, wird im Schrifttum kritisiert (vgl. Bordewin, DStR 1995, 313<br />

[314 f.]; Bordewin, DStR 1996, 1594 [1595 f.]; Herzig/FÇrster/FÇrster, DStR<br />

34<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 53–56 § 10a<br />

1996, 1025 [1031 f.]; Reiß in Kirchhof, EStG, 5. Aufl. 2005, § 15 Rz. 421 f.), da sie<br />

da<strong>zu</strong> fÅhrt, dass eine Personengesellschaft zwar nicht Unternehmerin ihres eigenen<br />

Betriebs sein kann, wohl aber (Mit-)Unternehmerin des Betriebs einer<br />

anderen Personengesellschaft. Ferner wird kritisiert, dass die vom BFH vorgenommene<br />

teleologische Reduktion des Wortlauts des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2<br />

EStG im Ergebnis bewirkt, dass die Verlustnut<strong>zu</strong>ng nicht mehr an die Person<br />

gebunden ist, die den Verlust wirtschaftlich <strong>zu</strong> tragen hat: Denn der Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

wird außerhalb des SonderbetriebsvermÇgensbereichs auch dann versagt,<br />

wenn der ursprÅnglich unmittelbar beteiligte Mitunternehmer seine Beteiligung<br />

fortan nur noch mittelbar Åber eine Personengesellschaft hålt; um gekehrt<br />

bleibt der Verlustab<strong>zu</strong>g bei einem Gesellschafterwechsel in der Obergesellschaft<br />

erhalten (da<strong>zu</strong> jeweils Anm. 75). Mit EinfÅgung des § 10a Satz 4<br />

GewStG idF des JStG 2007 bleibt fÅr eine Zuweisung von Fehlbetrågen an Gesellschafter<br />

der Obergesellschaft mE kein Raum, da der Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft<br />

entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden<br />

allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssel <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist. Aus<br />

dem gleichen Grund scheidet mE ein Ab<strong>zu</strong>g von derartigen Fehlbetrågen aus<br />

(§ 10a Satz 5 GewStG idF des JStG 2007; ebenso Deloitte/Brauer/Sonnenschein,<br />

GewStG, § 10a Rn. 136 f.). Im Einzelnen s. Anm. 358 ff.<br />

(2) Umfang der Unternehmerstellung/des Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

Der Umfang der Unternehmerstellung bestimmt sich anhand des allgemeinen<br />

Gewinn- und VerlustverteilungsschlÅssels im Entstehungs- bzw. Anrechnungsjahr<br />

(vgl. § 10a Satz 4, 5 GewStG idF des JStG 2007). Ausnahmen hiervon<br />

sind denkbar, soweit der allgemeine Gewinn- und VerlustverteilungsschlÅssel<br />

nicht den Beitrågen der Gesellschafter <strong>zu</strong>r Erreichung des Gesellschaftszwecks<br />

entspricht und durch außerbetriebliche Erwågungen – wie beispielsweise<br />

die nur vorÅbergehende ErmÇglichung der Verrechnung eines<br />

hÇheren Gewerbeverlusts – beeinflusst ist (s. Anm. 358; BFH v. 12.1.1978 – IV<br />

R 26/73, BStBl. II 1978, 348 unter 2.3; BFH v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II<br />

1990, 436; FG Hamburg v. 24.10.1991 – I 343/87, EFG 1992, 682; <strong>zu</strong>r Zulåssigkeit<br />

einer Verlustverteilung durch Individualabreden vor EinfÅgung der Såtze<br />

4 und 5 in § 10a GewStG durch das JStG 2007 vgl. Gosch, StBp. 1994, 150).<br />

Ungeachtet des Umfangs der Unternehmerstellung nahm der BFH vor EinfÅgung<br />

der Såtze 4 und 5 in § 10a GewStG durch das JStG 2007 die konkrete<br />

Verlustverrechnung auf Grundlage einer mitunternehmerbezogenen Berechnung<br />

unter Einbeziehung von Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebseinnahmen<br />

vor. Dieser Rechtsprechung ist durch das JStG 2007 die Grundlage<br />

entzogen worden. Vgl. da<strong>zu</strong> im Einzelnen Anm. 358 ff. sowie <strong>zu</strong> verfassungsrechtlichen<br />

Bedenken an der durch § 36 Abs. 9 GewStG idF des JStG 2007 angeordneten<br />

(echten) RÅckwirkung Anm. 362.<br />

cc) Besonderheiten bei KÇrperschaften<br />

Unternehmerin einer KÇrperschaft ist die KÇrperschaft als solche. Ønderungen<br />

des Anteilseignerkreises der KÇrperschaft kÇnnen allerdings Åber § 10a<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

35<br />

54<br />

55<br />

56


§ 10a Anm. 56–60 Gewerbeverlust<br />

Satz 10 1. Halbsatz GewStG iVm. § 8 Abs. 4 KStG bzw. – ab EZ 2008 – § 8c<br />

KStG Auswirkungen auf Fehlbetråge der KÇrperschaft haben (s. Anm. 91 ff.).<br />

Zu den Folgen schådlicher Beteiligungserwerbe bei KÇrperschaften auf Fehlbetråge<br />

von Mitunternehmerschaften, an denen die KÇrperschaft unmittelbar<br />

bzw. mittelbar Åber eine oder mehrere Personengesellschaft beteiligt ist, vgl.<br />

Anm. 77 ff.<br />

c) Einzelfålle<br />

aa) Einzelunternehmen<br />

57 Wird ein Einzelunternehmen auf einen anderen Einzelunternehmer, auf eine<br />

Kapitalgesellschaft oder auf eine Personengesellschaft, an der der bisherige<br />

Einzelunternehmer nicht beteiligt ist, Åbertragen, so gehen Fehlbetråge, die<br />

bei dem bisherigen Inhaber entstanden waren, gem. § 10a Satz 8 iVm. § 2<br />

Abs. 5 GewStG mit dem Unternehmerwechsel unter (vgl. BFH v. 3.5.1993 –<br />

GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter C.III.3.; Abschn. 10a.3 Abs. 2 GewStH<br />

2009). Das gilt unabhångig davon, auf welchem Rechtsgrund der Unternehmerwechsel<br />

beruht, ob Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge vorliegt, ob der<br />

Unternehmerwechsel entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt und ob der erwerbende<br />

Unternehmer den erworbenen Betrieb mit einem bestehenden Betrieb<br />

vereinigt. Daher ist auch bei Ûbergang des Unternehmens im Wege der gesetzlichen<br />

oder gewillkÅrten Erbfolge (vgl. BFH v. 23.7.1958 – I 139/57 U,<br />

BStBl. III 1958, 426; v. 14.1.1965 – IV 173/64 S, BStBl. III 1965, 115; v. 3.5.1993 –<br />

GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter C.III.3.) oder der vorweggenommenen Erbfolge<br />

eine Geltendmachung der im Åbergehenden Unternehmen entstandenen<br />

Fehlbetråge nicht mÇglich (BlÅmich/v. Twickel, § 10a GewStG Rz. 90; anders<br />

noch das durch § 10a Satz 8 iVm. § 2 Abs. 5 GewStG Åberholte Urteil des<br />

BFH v. 21.6.1954 – I 37/54, BStBl. III 1954, 243).<br />

58 Zur Einbringung des Betriebs eines Einzelunternehmers in eine Personengesellschaft<br />

sowie <strong>zu</strong>r FortfÅhrung eines Einzelunternehmens als Personengesellschaft<br />

s. Anm. 66 f. Zum umgekehrten Fall der FortfÅhrung einer Personengesellschaft<br />

durch einen Einzelunternehmer s. Anm. 61 ff. Zu VermÇgens-<br />

Åbertragungen zwischen Einzelunternehmern und KÇrperschaften s.<br />

Anm. 87 f.<br />

bb) Personengesellschaften<br />

59 Bei Personengesellschaften sind die Gesellschafter (Mitunternehmer) Inhaber<br />

des Unternehmens und Tråger des Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>g (s. Anm. 49 ff.). Soweit<br />

die Inhaber des Unternehmens im Anrechnungsjahr nicht identisch sind<br />

mit denjenigen im Entstehungsjahr, fehlt es an der Unternehmeridentitåt.<br />

Es lassen sich folgende Fallgruppen unterscheiden:<br />

(1) Ûbergang des (Verlust-)Unternehmens der Personengesellschaft<br />

60 Bestehen bei einer Personengesellschaft noch nicht verbrauchte Fehlbetråge,<br />

gehen diese mangels Unternehmeridentitåt verloren, wenn der Betrieb der<br />

36<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 60–61 § 10a<br />

Personengesellschaft auf einen Einzelunternehmer, der an der Personengesellschaft<br />

nicht beteiligt ist, oder auf eine Kapitalgesellschaft oder auf eine andere<br />

Personengesellschaft, an der kein Gesellschafter der bisherigen Personengesellschaft<br />

beteiligt ist, Åbertragen wird (BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92,<br />

BStBl. II 1993, 616 unter C.III.3. und 5.).<br />

DarÅber hinaus gilt Folgendes (vgl. auch die Darstellung bei Weßling, INF<br />

1994, 686):<br />

Bei Ûbergang des Gewerbebetriebs einer Personengesellschaft auf einen 61<br />

Gesellschafter liegt Unternehmeridentitåt in dem Umfang vor, in dem der Gesellschafter<br />

im Entstehungsjahr an der Personengesellschaft beteiligt war.<br />

Wird daher nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters und der Anwachsung<br />

des GesellschaftsvermÇgens beim verbleibenden „Gesellschafter“<br />

der Gewerbebetrieb von diesem als Einzelunternehmen fortgefÅhrt, bleibt ein<br />

bei der Gesellschaft entstandener Fehlbetrag – sofern Unternehmensidentitåt<br />

besteht (s. Anm. 35 f.) – insoweit erhalten, als der Fehlbetrag entsprechend<br />

dem Gewinn- und VerlustverteilungsschlÅssel im Entstehungsjahr auf den jetzigen<br />

Einzelunternehmer entfiel. Denn insoweit war der jetzige Einzelunternehmer<br />

bereits als Gesellschafter Tråger des Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>gs und hat<br />

ihn der Verlust der Personengesellschaft tatsåchlich belastet (vgl. ua. BFH v.<br />

14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 unter 6.b; v. 3.5.1993 – GrS 3/92,<br />

BStBl. II 1993, 616 unter C.III.9.c; v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348;<br />

v. 28.5.1968 – IV 340/64, BStBl. II 1968, 668; Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 4<br />

GewStR 2009; aA FG MÅnchen v. 22.9.1982 – IX 43/60, EFG 1983, 569: § 2<br />

Abs. 5 GewStG). Das gilt auch dann, wenn der verbleibende Gesellschafter<br />

eine Kapitalgesellschaft ist (BFH v. 19.12.1984 – I R 165/80, BStBl. II 1985, 403;<br />

v. 2.3.1983 – I R 16/66, BStBl. II 1983, 427). Der auf die ausscheidenden Gesellschafter<br />

im Entstehungsjahr entfallende noch nicht berÅcksichtigte Fehlbetrag<br />

geht endgÅltig unter, und zwar unabhångig davon, ob der Åbernehmende<br />

Gesellschafter privatrechtlich gegenÅber den ausscheidenden Gesellschaftern<br />

<strong>zu</strong>r VerlustÅbernahme verpflichtet ist oder er die Verluste tatsåchlich<br />

– beispielsweise als persÇnlich haftender Gesellschafter – getragen hat (BFH v.<br />

2.3.1983 – I R 16/66, BStBl. II 1983, 427). Bei einer doppelstÇckigen Personengesellschaft<br />

fÅhrt die Anwachsung des Unternehmens der Unter- bei der<br />

Obergesellschaft unter Zugrundelegung der Rechtsprechungsgrundsåtze des<br />

BFH (s. Anm. 51 ff.) grundsåtzlich <strong>zu</strong> einem vollståndigen Unternehmerwechsel.<br />

Gleichwohl geht die Finanzverwaltung in diesem Fall davon aus, dass<br />

nach der Anwachsung vom Gewerbeertrag der Mutterpersonengesellschaft<br />

ein verbleibender Fehlbetrag der (angewachsenen) Tochterpersonengesellschaft<br />

insoweit abgezogen werden kann, als dieser Betrag entsprechend dem<br />

sich aus dem maßgeblichen Gesellschaftsvertrag ergebenden GewinnverteilungsschlÅssel<br />

der Entstehungsjahre auf die Mutterpersonengesellschaft entfållt<br />

(Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 Satz 6 GewStR 2009; <strong>zu</strong>r Anwachsung<br />

der Obergesellschaft auf deren Gesellschafter s. Anm. 75). Zum Ûbergang der<br />

Gewerbeverluste infolge einer durch Verschmel<strong>zu</strong>ng des vorletzten Gesellschafters<br />

ausgelÇsten Anwachsung (sog. Anwachsungsmodell) s. Anm. 74.<br />

Die fÅr die Anwachsung geltenden Grundsåtze sind mE auch dann anwendbar,<br />

wenn die Personengesellschaft im Wege der Tochter-Mutter-Verschmel-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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37


§ 10a Anm. 61–63 Gewerbeverlust<br />

<strong>zu</strong>ng (upstream) auf einen ihrer Gesellschafter verschmolzen wird. Auch in<br />

diesem Fall bleibt der Verlustab<strong>zu</strong>g in dem Umfang erhalten, in dem die aufnehmende<br />

Gesellschaft im Entstehungsjahr am Gewinn der Åbertragenden<br />

Personengesellschaft beteiligt war. Das gilt mE auch dann, wenn auf eine Kapitalgesellschaft<br />

verschmolzen wird (so nun auch Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9<br />

Nr. 4 Satz 2 iVm. Nr. 5 Satz 4 GewStR 2009).<br />

62 Wird der Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft im Wege der Realteilung<br />

auf ihre Gesellschafter Åbertragen, kann jeder Inhaber des aus der Realteilung<br />

hervorgegangenen Betriebs vortragsfåhige Fehlbetråge der Personengesellschaft<br />

insoweit abziehen, als ihm diese entsprechend dem Gewinn- und<br />

VerlustverteilungsschlÅssel im Entstehungsjahr <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen waren (Abschn.<br />

10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 7 GewStR 2009). Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr einen Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

ist jedoch auch die Unternehmensidentitåt zwischen dem Gewerbebetrieb der<br />

Personengesellschaft und den hieraus im Wege der Realteilung hervorgegangenen<br />

Betrieben der Gesellschafter. Daher ist ein Verlustab<strong>zu</strong>g nur mÇglich,<br />

wenn Teilbetriebe real geteilt werden und sich die Zuordnung der Fehlbetråge<br />

<strong>zu</strong> den jeweiligen Teilbetrieben aus der BuchfÅhrung ergibt (s. Anm. 40). Der<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g in den aus der Realteilung hervorgegangenen Unternehmen ist<br />

somit in zweifacher Hinsicht beschrånkt: Zum einen kann maximal der dem<br />

Gesellschafter aufgrund des Gewinn- und VerlustverteilungsschlÅssels im<br />

Entstehungsjahr <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnende Teil des Gesamtverlusts der Gesellschaft abgezogen<br />

werden, <strong>zu</strong>m anderen ist dies aber nur mÇglich, soweit dieser Betrag<br />

nicht den im Åbernommenen Teilbetrieb entstandenen Verlust Åbersteigt (vgl.<br />

Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 7 GewStR 2009; ebenso Mahlow, DStR 1995,<br />

1986 [1987]; Herzig/FÇrster/FÇrster, DStR 1996, 1025 [1031]; aA Bordewin,<br />

DStR 1995, 313 [317]; Bordewin, DStR 1995, 1988: Anteil am Gewerbeverlust<br />

des Teilbetriebs). Die skizzierten Grundsåtze gelten unabhångig davon, ob die<br />

Realteilung zivilrechtlich durch EinzelÅbertragung aller VermÇgensgegenstånde<br />

oder durch eine Abspaltung oder Aufspaltung erfolgt.<br />

63 Die Ûbertragung des Gewerbebetriebs der Personengesellschaft auf Nichtgesellschafter<br />

fÅhrt grundsåtzlich <strong>zu</strong> einem Untergang des Gewerbeverlusts.<br />

Geht der Betrieb auf eine andere Personengesellschaft Åber, gilt dies aber nur,<br />

wenn an der aufnehmenden Personengesellschaft kein Gesellschafter der Ûbertrågerin<br />

beteiligt ist (vgl. BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter<br />

C.III.5.). Werden alle Mitunternehmer der Åbertragenden Gesellschaft auch<br />

Mitunternehmer der aufnehmenden Personengesellschaft, wie beispielsweise<br />

bei einem verschmel<strong>zu</strong>ngsbedingten Ûbergang des Betriebs auf eine Schwesterpersonengesellschaft,<br />

bleibt der Verlustab<strong>zu</strong>g der Ûbertrågerin vollumfånglich<br />

erhalten (vgl. Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 GewStR 2009; BFH<br />

v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764; da<strong>zu</strong> Gschwendtner, DStR 1994,<br />

1109). Gleiches gilt bei der Einbringung des Betriebs einer GbR in eine KG, soweit<br />

die Gesellschafter (Mitunternehmer) der GbR auch Gesellschafter (Mitunternehmer)<br />

der KG sind (BFH v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477;<br />

vgl. aber auch FG MÅnchen v. 23.4.2008 – 10 K 1965/06, DStR 2010, 420 –<br />

Rev. IV R 3/09: angeblich keine Unternehmeridentitåt, wenn der <strong>zu</strong> 100 % an<br />

der Ausgangs-KG beteiligte Kommanditist seinen Gesellschaftsanteil gegen<br />

Gewåhrung von Gesellschafterrechten an die Nachfolge-KG abtritt und die<br />

38<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 63–65 § 10a<br />

Komplementår-GmbH zeitgleich aus der Ausgangs-KG ausscheidet, da in diesem<br />

Fall die Nachfolge-KG <strong>zu</strong>mindest fÅr eine jurisitsche Sekunde Kommanditistin<br />

der Ausgangs-KG geworden sein soll). Bei abweichenden Beteiligungsverhåltnissen<br />

kann der Fehlbetrag des Åbergehenden Betriebs allerdings<br />

nur von dem Teil des Gewerbeertrags abgezogen werden, der entsprechend<br />

dem Gewinn- und VerlustverteilungsschlÅssel der aufnehmenden<br />

Gesellschaft auf solche Mitunternehmer entfållt, die bereits an der Ûbertragerin<br />

beteiligt waren. Dadurch kommt es <strong>zu</strong> einer zeitlichen Streckung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

(s. Anm. 65 ff.; BFH v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477;<br />

Herzig/FÇrster/FÇrster, DStR 1996, 1025 [1029 f.]). Bei einer Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />

der Verlustpersonengesellschaft auf ihre Tochterpersonengesellschaft sind<br />

vortragsfåhige Fehlbetråge der Ûbertrågerin bei der Ûbernehmerin mE weiterhin<br />

nutzbar, sofern alle Gesellschafter der Ûbertrågerin an der aufnehmenden<br />

Gesellschaft beteiligt werden. Fehlbetråge der aufnehmenden Gesellschaft<br />

mÅssten demgegenÅber bei Anwendung der Rechtsprechungsgrundsåtze<br />

des BFH aufgrund des hiernach an<strong>zu</strong>nehmenden Unternehmerwechsels<br />

untergehen, s. Anm. 51 ff. Bringt die Obergesellschaft einer doppelstÇckigen<br />

Personengesellschaft ihren Gewerbebetrieb in die Tochterpersonengesellschaft<br />

ein, håtte dies bei Anwendung der BFH-Rechtsprechung einen vollståndigen<br />

Unternehmerwechsel <strong>zu</strong>r Folge, da die (Mit-)Unternehmer der Obergesellschaft<br />

nicht Unternehmer der Untergesellschaft sind (vgl. aber auch<br />

Anm. 61). Keine Unternehmensidentitåt liegt bei einer Verschmel<strong>zu</strong>ng einer<br />

Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft, die nicht an der Personengesellschaft<br />

beteiligt ist, vor (vgl. Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 Satz 4<br />

GewStR 2009). Gleiches gilt bei einer Sacheinlage des Betriebs der Personengesellschaft<br />

in eine Kapitalgesellschaft gemåß § 20 UmwStG (vgl. § 23 Abs. 5<br />

UmwStG bzw. § 22 Abs. 4 UmwStG aF, s. Anm. 88) und damit auch bei einer<br />

Verschmel<strong>zu</strong>ng der Mutterpersonengesellschaft auf eine Tochterkapitalgesellschaft.<br />

Bei einem Formwechsel der Personengesellschaft ist <strong>zu</strong> unterscheiden: Ein<br />

Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft fÅhrt <strong>zu</strong> einem vollståndigen Verlust<br />

der Unternehmeridentitåt (vgl. §§ 25, 23 Abs. 5 UmwStG bzw. 22 Abs. 4<br />

UmwStG aF). Formwechsel in eine Personengesellschaft anderer Rechtsform<br />

(beispielsweise von der GbR durch Aufnahme einer gewerblichen Tåtigkeit in<br />

eine OHG und von dieser in eine KG) berÅhren die Unternehmeridentitåt nicht<br />

(Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 Satz 3 GewStR 2009), soweit sie nicht mit einem<br />

Ønderung des Gesellschafterkreises verbunden sind (beispielsweise<br />

Formwechsel der OHG in eine KG durch Hin<strong>zu</strong>treten von Kommanditisten).<br />

64<br />

(2) Ûbergang eines (Verlust-)Unternehmens auf die Personengesellschaft<br />

Der Ûbergang des Betriebs eines Dritten auf die Personengesellschaft fÅhrt <strong>zu</strong><br />

einem Untergang des Verlustab<strong>zu</strong>gs, wenn der Dritte nicht Mitunternehmer<br />

der Personengesellschaft ist bzw. wird (BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II<br />

1993, 616 unter C.III.3.). Ist der Dritte an der Personengesellschaft beteiligt, ist<br />

der im Åbergehenden Betrieb entstandene Fehlbetrag demgegenÅber weiterhin<br />

in voller HÇhe nutzbar. Das gilt auch dann, wenn neben dem Dritten wei-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

39<br />

65


§ 10a Anm. 65–68 Gewerbeverlust<br />

66<br />

67<br />

68<br />

tere (Mit-)Unternehmer an der Personengesellschaft beteiligt sind. § 2 Abs. 5<br />

GewStG ist auf einen sog. partiellen Unternehmerwechsel nicht anwendbar<br />

(vgl. BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 unter 2.b; v. 14.12.1989<br />

– IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 unter 6.a). Der Fehlbetrag kann allerdings nur<br />

von demjenigen Teil des Gewerbeertrags der Personengesellschaft abgezogen<br />

werden, der nach dem Gewinn- und VerlustverteilungsschlÅssel auf den Dritten<br />

entfållt (vgl. Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 2 GewStR 2009). Dies fÅhrt <strong>zu</strong><br />

einer zeitlichen Streckung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng. Zur konkreten Berechnung s.<br />

Anm. 358 ff.<br />

Im Einzelnen gilt Folgendes (vgl. auch die Darstellung bei Weßling, INF 1994,<br />

686):<br />

Bei Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft bleibt der Einbringende<br />

insoweit Inhaber des Unternehmens, als er (nach der Einbringung)<br />

aufgrund der Gewinn- und Verlustverteilungsabrede am Ergebnis der aufnehmenden<br />

Personengesellschaft beteiligt ist (BFH v. 14.12.1989 – IV R 117/88,<br />

BStBl. II 1990, 436 unter 6.a; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter<br />

C.III.9.c; Herzig/FÇrster/FÇrster, DStR 1996, 1025 [1028 f.]). Das gilt unabhångig<br />

davon, ob der Betrieb durch einen Einzelunternehmer oder eine KÇrperschaft<br />

eingebracht wird und ob die Einbringung zivilrechtlich im Wege der<br />

Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge erfolgt. Zum Ûbergang des Betriebs von<br />

Personengesellschaften, s. Anm. 60 ff. Geht ein Betrieb im Wege einer Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />

auf eine Personengesellschaft als aufnehmende Gesellschaft<br />

Åber, liegt ein Unternehmerwechsel insoweit nicht vor, als Åbertragende und<br />

aufnehmende Gesellschaft unternehmeridentisch sind, was mE nur denkbar<br />

ist, wenn die Åbertragende Gesellschaft ihrerseits eine Personengesellschaft<br />

mit (teil-)identischem Gesellschafterkreis ist. Auch bei Ûbergang eines Betriebs<br />

auf eine Personengesellschaft im Wege der Spaltung nach § 123 UmwG<br />

ist maßgebend, ob die Spaltungsmasse denselben Unternehmern <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen<br />

ist. Das dÅrfte im Falle der Ausgliederung auf eine Personengesellschaft<br />

stets der Fall sein, bei einer Auf- bzw. Abspaltung demgegenÅber nur, wenn<br />

der Åbertragende Rechtstråger seinerseits eine (beteiligungsidentische) Personengesellschaft<br />

ist (verhåltniswahrende Spaltung), s. Anm. 63.<br />

Die gleichen Grundsåtze gelten, wenn ein Einzelunternehmen nach Eintritt<br />

einer oder mehrerer Personen als Personengesellschaft fortgefÅhrt wird. FÅr<br />

den Umfang der Verlustnut<strong>zu</strong>ng ist es unerheblich, ob der bisherige Einzelunternehmer<br />

in der neuen Personengesellschaft eine beherrschende Stellung<br />

einnimmt und den weitaus Åberwiegenden Teil des Gesellschaftskapitals besitzt.<br />

Unter diesen Vorausset<strong>zu</strong>ngen hatte BFH v. 25.11.1958 – I 159/58 U,<br />

BStBl. III 1959, 115 die Fehlbetråge des ehemaligen Einzelunternehmens noch<br />

in voller HÇhe vom Gewerbeertrag der Personengesellschaft abgezogen. Die<br />

Entscheidung ist Åberholt (vgl. BFH v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978,<br />

348; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, s. § 10a Anm. 96).<br />

Ein Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Personengesellschaft<br />

anderer Rechtsform stellt grundsåtzlich keinen Unternehmerwechsel dar (s.<br />

Anm. 64). Der Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft fÅhrt<br />

40<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 68–72 § 10a<br />

<strong>zu</strong> einem vollståndigen Unternehmerwechsel (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2<br />

UmwStG).<br />

(3) Ønderung der Beteiligungsverhåltnisse bei Personengesellschaften<br />

Tråger des Unternehmens einer Personengesellschaft sind die Mitunternehmer<br />

entsprechend ihrer Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft.<br />

69<br />

Daher fÅhren Gesellschafterwechsel und vertragliche Ønderungen des Gewinn-<br />

und VerlustverteilungsschlÅssels <strong>zu</strong> einem teilweisen Verlust der Unternehmeridentitåt<br />

(vgl. auch die Beispiele in Abschn. 10a.3 Abs. 3 GewStH<br />

2009).<br />

Im Einzelnen gilt Folgendes:<br />

Das Ausscheiden eines Gesellschafters fÅhrt in dem Umfang <strong>zu</strong> einem Untergang<br />

von Fehlbetrågen, in dem der Gewerbeverlust im Entstehungsjahr auf<br />

70<br />

den ausscheidenden Gesellschafter entfiel (Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 1<br />

GewStR 2009; BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter C. III. 9.c; v.<br />

12.6.1996 – IV B 133/95, BStBl. II 1997, 82); <strong>zu</strong>r mitunternehmerbezogenen Berechnung<br />

durch den BFH vor Inkrafttreten des JStG 2007 s. Anm. 358 ff. Das<br />

gilt auch dann, wenn die verbleibenden Gesellschafter privatrechtlich <strong>zu</strong>r VerlustÅbernahme<br />

verpflichtet sind, s. Anm. 61.<br />

Die Aufnahme eines neuen Gesellschafters hat keinen Einfluss auf die HÇhe 71<br />

des insgesamt abziehbaren Fehlbetrags. Allerdings kann der Fehlbetrag nach<br />

Eintritt des Neugesellschafters nur von dem Teil des Gewerbeertrags abgezogen<br />

werden, der entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden<br />

Gewinn- und VerlustverteilungsschlÅssel auf bereits im Entstehungsjahr<br />

beteiligte Gesellschafter entfållt (BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II<br />

1993, 616 unter C.III.9.c; v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 unter<br />

II.2.e aa; v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477 unter 3.; Abschn. 10a.3<br />

Abs. 3 Satz 9 Nr. 2 GewStR 2009). Zur mitunternehmerbezogenen Berechnung<br />

durch den BFH vor Inkrafttreten des JStG 2007 s. Anm. 358 ff. Das Hin<strong>zu</strong>treten<br />

neuer Gesellschafter fÅhrt damit lediglich <strong>zu</strong> einer zeitlichen Streckung der<br />

Verlustverwertung.<br />

Im Falle des Ûbergangs eines Mitunternehmeranteils auf einen Neugesellschafter<br />

gelten die in Anm. 70 und Anm. 71 dargestellten Grundsåtze entspre-<br />

72<br />

chend: Ungeachtet seiner zivilrechtlichen Gestaltung wird der AnteilsÅbergang<br />

wie ein Ausscheiden des Altgesellschafters (mit der Folge eines anteiligen<br />

Untergangs des Fehlbetrags) und ein Hin<strong>zu</strong>treten des Neugesellschafters<br />

(mit der Folge einer eingeschrånkten KÅr<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>kÅnftiger<br />

Gewerbeertråge) behandelt (vgl. Abschn. 10a Abs. 3 Satz 9 Nr. 3 GewStR<br />

2009; BFH v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 unter 7.). Dies gilt<br />

auch dann, wenn der ausgeschiedene Gesellschafter Åber eine Organgesellschaft<br />

(BFH v. 29.8.2000 – VIII R 1/00, BStBl. II 2001, 114 = StBp. 2001, 80 m.<br />

Anm. Gosch; v. 8.1.1963 – I 237/61 U, BStBl. III 1963, 188) oder eine Personengesellschaft<br />

(s. Anm. 75) mittelbar an der Gesellschaft beteiligt bleibt. Wird<br />

nur ein Teil eines Mitunternehmeranteils Åbertragen, dh. bleibt der Åbertragende<br />

Mitunternehmer an der Gesellschaft beteiligt, liegt ein der Aufnahme<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

41


§ 10a Anm. 72–74 Gewerbeverlust<br />

eines Neugesellschafters vergleichbarer Fall vor mit der Folge einer zeitlichen<br />

Streckung des Verlustab<strong>zu</strong>gs (vgl. auch BFH v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, DStR<br />

2006, 461: Unternehmeridentitåt fordert nicht auch Beteiligungsidentitåt; Herzig/FÇrster/FÇrster,<br />

DStR 1996, 1025 [1028]). Zu einem vollståndigen Untergang<br />

des Verlustab<strong>zu</strong>gs kommt es bei Ûbergang såmtlicher Mitunternehmeranteile<br />

auf vorher nicht beteiligte Personen (vollståndiger Unternehmerwechsel).<br />

Dies ergibt sich mE unmittelbar aus § 2 Abs. 5 GewStG. Liegt demgegen-<br />

Åber lediglich ein partieller Unternehmerwechsel vor, findet § 2 Abs. 5<br />

GewStG keine Anwendung (vgl. BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995,<br />

791 unter 2.b; v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 unter 6.a). Von einem<br />

nur partiellen Unternehmerwechsel soll auch dann aus<strong>zu</strong>gehen sein,<br />

wenn der <strong>zu</strong> 100 % am VermÇgen (und Gewinn und Verlust) einer GmbH &<br />

Co. KG beteiligte Kommanditist seinen Mitunternehmeranteil Åbertrågt, sofern<br />

die Komplementår-GmbH Mitunternehmerin bleibt (BFH v. 26.6.1996 –<br />

VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 unter 2.a, bb). Die AnteilsÅbertragung auf einen<br />

Altgesellschafter wird wie das Ausscheiden eines Gesellschafters behandelt:<br />

Der auf den ausgeschiedenen Gesellschafter entfallende Verlustanteil<br />

geht verloren (s. Anm. 70).<br />

73 Die Grundsåtze <strong>zu</strong>m Gesellschafterwechsel finden auch beim Tod eines Gesellschafters<br />

Anwendung (BFH v. 23.7.1958 – I 139/57 U, BStBl. III 1958, 426):<br />

Der auf den Verstorbenen entfallende Fehlbetrag geht unter. Das gilt selbst<br />

dann, wenn die verbliebenen Gesellschafter Erben des Verstorbenen sind<br />

(BFH v. 4.2.1966 – VI 272/63, BStBl. III 1966, 374; v. 7.12.1993 – VIII R 160/86,<br />

BStBl. II 1994, 331 = StBp. 1994, 126 m. Anm. Gosch; v. 26.6.1997 – VIII B 70/96,<br />

BFH/NV 1997, 897; BlÅmich/v. Twickel, § 10a GewStG Rz. 88; zweifelnd GÅroff<br />

in Glanegger/GÅroff, GewStG, 6. Aufl. 2006, § 10a Anm. 97). Handelt es sich<br />

bei den Erben um vorher nicht beteiligte Gesellschafter, kommt es <strong>zu</strong> einer<br />

zeitlichen Streckung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng (s. Anm. 71).<br />

74 Wird eine Kapitalgesellschaft, die Mitunternehmerin einer Personengesellschaft<br />

ist, auf eine andere Kapitalgesellschaft verschmolzen, war bis <strong>zu</strong>r Neubekanntmachung<br />

des UmwStG durch das SEStEG (s. Anm. 85 f.) nahe<strong>zu</strong> unstrittig<br />

(aA fÅr die Spaltung FG NÅrnberg v. 26.11.2008 – III 262/2005, Lexinform<br />

5007628, rkr.), dass der auf die Ûbertragerin entfallende Fehlbetrag<br />

nicht verloren ging, da die Unternehmerstellung der Ûbertragerin auf die aufnehmende<br />

Gesellschaft Åberging. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ergab<br />

sich dieses Ergebnis aus einer analogen Anwendung des § 19 Abs. 2<br />

UmwStG aF iVm. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG aF (Abschn. 68 Abs. 3 Satz 7<br />

Nr. 6 GewStR 1998; ebenso Widmann in Widmann/Mayer, § 19 UmwStG<br />

Rz. 30: § 19 Abs. 2 UmwStG ist lex specialis), wåhrend im Schrifttum <strong>zu</strong>m Teil<br />

§ 19 Abs. 1 UmwStG aF iVm. § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG aF angewendet wurde<br />

(Hierstetter/Schwarz, DB 2002, 1963 [1964]; ebenso FG MÅnster v.<br />

17.5.2006 – 7 K 5976/02 F, EFG 2006, 1536, rkr.). Folgte man der Auffassung der<br />

Finanzverwaltung, konnte der Fehlbetrag nachtråglich (anteilig) entfallen,<br />

wenn der Betrieb bzw. Betriebsteil der Mitunternehmerschaft nicht gemåß<br />

§§ 19 Abs. 2, 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG aF fortgefÅhrt wird (Widmann in Widmann/Mayer,<br />

§ 19 UmwStG Rz. 44). Die gleichen Grundsåtze galten entsprechend<br />

fÅr den Ûbergang eines Mitunternehmeranteils im Wege der Spaltung<br />

42<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 74–75 § 10a<br />

(Hierstetter/Schwarz, DB 2002, 1963 [1965 f.]). Im sog. Anwachsungsmodell<br />

(Verschmel<strong>zu</strong>ng der beiden letzten Gesellschafter einer Personengesellschaft<br />

mit der Folge der Anwachsung der Personengesellschaft bei der Ûbernehmerin)<br />

fÅhrte der Ûbergang des anteiligen Fehlbetrags auf die aufnehmende Gesellschaft<br />

da<strong>zu</strong>, dass der Gewerbeverlust grundsåtzlich erhalten blieb (da<strong>zu</strong><br />

Eckert/Kneip/Rieke, INF 1999, 225 [229 f.]; <strong>zu</strong>r Anwachsung durch Ausscheiden<br />

eines Gesellschafters vgl. Anm. 61).<br />

Seit der Neubekanntmachung des UmwStG durch das SEStEG ist der Ûbergang<br />

von Verlusten des Åbertragenden auf den Åbernehmenden Rechtstråger<br />

ausgeschlossen (s. Anm. 85 f.). Da die Finanzverwaltung weiterhin § 19 Abs. 2<br />

UmwStG analog anwendet, fÅhrt die Åbertragende Umwandlung einer Kapitalgesellschaft,<br />

die Mitunternehmerin einer Personengesellschaft ist, <strong>zu</strong> einem<br />

anteiligen Untergang der Fehlbetråge der Mitunternehmerschaft<br />

(Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 6 GewStR 2009; ebenso Trossen in RÇdder/<br />

Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2007, § 19 Rz. 32; DÇtsch in DÇtsch/Patt/<br />

Pung/MÇhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 6. Aufl. 2007, § 19 UmwStG<br />

Rz. 9). Allerdings låuft dies – anders iRd UmwStG aF – auf eine analoge Anwendung<br />

der §§ 19 Abs. 2, 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG <strong>zu</strong>m Nachteil<br />

des Steuerpflichtigen hinaus. Denn die genannten Vorschriften betreffen –<br />

Åber den Verweis in § 19 Abs. 2 UmwStG – nur den eigenen Gewerbeverlust<br />

der Ûbertragerin, und es ist zweifelhaft, ob von ihrer Anwendung auch der anteilig<br />

auf die Ûbertragerin entfallende Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft,<br />

dessen Trågerin die Ûbertragerin ist (vgl. Anm. 49), erfasst ist (bejahend GÅroff<br />

in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 98; aA. wohl BFH<br />

v. 6.8.2000 – IV R 69/99, DStR 2000, 2125 unter 3.b)). Denn das Gesetz bezeichnet<br />

diesen Fehlbetrag als Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft (vgl. § 10a<br />

Satz 10 2. Halbsatz GewStG) und geht davon aus, dass ein Untergang der nicht<br />

genutzten Gewerbeverluste einer KÇrperschaft gemåß §§ 10a Satz 10 1. Halbsatz<br />

GewStG, 8c KStG nicht auch die dieser KÇrperschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden<br />

Fehlbetråge der Mitunternehmerschaft erfasst; anderenfalls håtte es der Vorschrift<br />

des § 10a Satz 10 2. Halbsatz Nr. 1 GewStG nicht bedurft. Entscheidend<br />

sollte daher sein, ob die Tatsache, dass die Ûbernehmerin gemåß §§ 19 Abs. 1,<br />

12 Abs. 3 UmwStG in die steuerliche Rechtsstellung der Ûbertragerin eintritt<br />

und daher hinsichtlich des Åbergehenden VermÇgens keine Anschaffung vorliegt<br />

(vgl. nur Widmann in Widmann/Mayer, § 4 UmwStG Rz. 860), <strong>zu</strong> einem<br />

Fortbestehen der Unternehmeridentitåt fÅhrt mit der Folge, dass ein auf die<br />

Ûbertragerin entfallender anteiliger Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft<br />

nicht untergeht (dagegen insbesondere Schießl, StuB 2010, 17 [18 f.]; Schmitt<br />

in Schmitt/HÇrtnagl/Stratz, UmwG UmwStG, 5. Aufl. 2009, § 19 UmwStG Rn.<br />

17; Wisniewski in Haritz/Menner, UmwStG, 3. Aufl. 2009, § 19 Rn. 35; bejahend<br />

Behrend/Arjes, DStR 2008, 811; Hierstetter, DB 2010, 1089 [1090 f.]; BlÅmich/Klingenberg,<br />

§ 19 UmwStG, Rz. 14). Unabhångig von dieser Frage ist jedoch<br />

<strong>zu</strong> beachten, dass es unter den Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 10a Satz 10<br />

2. Halbsatz GewStG <strong>zu</strong> einem Untergang der Fehlbetråge kommen kann, s.<br />

da<strong>zu</strong> Anm. 77 ff. und Anm. 170.<br />

Bei einer doppelstÇckigen Personengesellschaft ist nach Auffassung des BFH 75<br />

die Obergesellschaft, nicht deren Gesellschafter, Trågerin des Unternehmens<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

43


§ 10a Anm. 75–76 Gewerbeverlust<br />

76<br />

der Untergesellschaft (s. Anm. 51 ff.). Ûbertrågt ein Gesellschafter (Mitunternehmer)<br />

einer Personengesellschaft seinen Anteil auf eine andere Personengesellschaft,<br />

fÅhrt dies daher selbst dann <strong>zu</strong> einem (teilweisen) Verlust der Unternehmeridentitåt,<br />

wenn der Åbertragende Mitunternehmer an der erwerbenden<br />

Personengesellschaft beteiligt ist (BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95,<br />

BStBl. II 1997, 179 mit abl. Anm. Bordewin, DStR 1996, 1594; FG Hamburg v.<br />

27.5.2010 – 2 K 200/08, rkr., GmbHR 2010, 1052). Die Unternehmeridentitåt ist<br />

nach der Ûbertragung auf den SonderbetriebsvermÇgensbereich beschrånkt,<br />

so dass der Verlustab<strong>zu</strong>g nur hinsichtlich solcher Fehlbetråge unbeschrånkt<br />

mÇglich ist, die im SonderbetriebsvermÇgensbereich des Åbertragenden Mitunternehmers<br />

entstanden sind (s. Anm. 52; BFH v. 6.9.2000 – IV R 69/99,<br />

BStBl. II 2001, 731; v. 31.8.1999 – VIII B 74/99, BStBl. II 1999, 794 = DStR 1999,<br />

1854 m. Anm. HG; v. 29.8.2000 – VIII R 1/00, BStBl. 2001, 114; v. 11.4.2001 – VIII<br />

B 99/00, BFN/NV 2001, 1447). Mit Inkrafttreten des JStG 2007 ist eine BerÅcksichtigung<br />

von Verlusten, die Gesellschaftern der Obergesellschaft entstanden<br />

sind, jedoch mE nach § 10a Satz 5 GewStG ausgeschlossen (s. Anm. 52 f.).<br />

Ein Gesellschafterwechsel bei der Obergesellschaft berÅhrt die Unternehmeridentitåt<br />

der Untergesellschaft demgegenÅber nicht (Abschn. 10a.3 Abs. 3<br />

Satz 9 Nr. 8 Satz 2 GewStR 2009), kann jedoch in den Fållen des § 10a Satz 10<br />

2. Halbsatz GewStG iVm. § 8c KStG <strong>zu</strong> einem Untergang der Fehlbetråge sowohl<br />

der Ober- als auch der Untergesellschaft fÅhren (s. Anm. 77 ff.). Sieht<br />

man mit dem BFH die Obergesellschaft selbst als Trågerin des Unternehmens<br />

der Untergesellschaft an, ist es auch folgerichtig, einem Formwechsel der<br />

Obergesellschaft in eine Kapitalgesellschaft keine Bedeutung fÅr die Unternehmeridentitåt<br />

der Untergesellschaft bei<strong>zu</strong>messen (so OFD DÅsseldorf v.<br />

12.10.2000 – G 1422 A St 131, DB 2000, 2247). Kommt es durch Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />

der beiden einzigen Gesellschafter der Obergesellschaft <strong>zu</strong> einem (anwachsungsåhnlichen)<br />

Ûbergang des VermÇgens der Obergesellschaft auf den<br />

(Åbernehmenden) Gesellschafter oder einer Anwachsung der Obergesellschaft<br />

beim (Åbernehmenden) Gesellschafter, geht der auf die Obergesellschaft<br />

entfallende Anteil am Verlustvortrag der Untergesellschaft nach Auffassung<br />

des BFH mangels Unternehmeridentitåt unter (BFH v. 3.2.2010 – IV R<br />

59/07, GmbHR 2010, 886 = HFR 2010, 390 m. Anm. Wocher; Abschn. 10a.3<br />

Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 Satz 3 f. GewStR 2009; GÅroff in Glanegger/GÅroff,<br />

GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 101; aA. noch die Vorinstanz FG Sachsen<br />

v. 9.8.2007 – 3 K 2094/06, EFG 2008, 1403 mit <strong>zu</strong>st. Anm. WÅllenkemper:<br />

Rechtstrågerwechsel sollte wertungsmåßig wie ein Gesellschafterwechsel der<br />

Obergesellschaft behandelt werden; <strong>zu</strong>r Anwachsung der Untergesellschaft<br />

bei der Obergesellschaft s. Anm. 61).<br />

FÅr Wechsel im Bestand einer atypisch stillen Gesellschaft gelten die allgemeinen<br />

Grundsåtze (vgl. BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685<br />

unter 3.a; BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFH/NV 2009 = FR 2009, 831 m. Anm.<br />

Kempermann = BB 2009, 1165 m. Anm. Behrens;aAWinkeljohann/Halfar,DB<br />

1994, 2471 [2474]): Das Ausscheiden eines stillen Gesellschafters fÅhrt <strong>zu</strong> einem<br />

Untergang des auf ihn entfallenden Fehlbetrags (s. Anm. 70), das Hin<strong>zu</strong>treten<br />

neuer stiller Gesellschafter bewirkt eine zeitliche Streckung der Verlustverrechnung<br />

(s. Anm. 71). Das gilt auch bei einem Wechsel von einer un-<br />

44<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 76–77 § 10a<br />

mittelbaren atypisch stillen Beteiligung <strong>zu</strong> einer mittelbaren atypisch stillen<br />

Beteiligung (BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFH/NV 2009, 843). Zu beachten<br />

ist allerdings, dass bei einer KG und atypisch Still grundsåtzlich – neben den<br />

stillen Gesellschaftern – die KG als solche und nicht deren Gesellschafter Trågerin<br />

des Unternehmens ist. Ein Gesellschafterwechsel bei der KG låsst daher<br />

– auf Grundlage der Rechtsprechung <strong>zu</strong>r doppelstÇckigen Personengesellschaft<br />

(s. Anm. 51 ff.) – die Unternehmeridentitåt der atypisch stillen Gesellschaft<br />

unberÅhrt (Schumacher, DStR 1998, 840 [841]; GÅroff in Glanegger/GÅroff,<br />

GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 102). Ist eine Personengesellschaft atypisch<br />

still am Handelsgewerbe einer GmbH beteiligt und erlischt die atypisch<br />

stille Gesellschaft durch Verschmel<strong>zu</strong>ng der GmbH auf Personengesellschaft,<br />

ist fÅr das Vorliegen von Unternehmeridentitåt mE die in Anm. 74 diskutierten<br />

Frage entscheidend, ob der Eintritt der Personengesellschaft in die steuerliche<br />

Rechtsstellung der GmbH (§§ 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, 4 Abs. 2 Satz 1<br />

UmwStG) <strong>zu</strong> einem Fortbestehen der Unternehmeridentitåt fÅhrt (vgl. aber<br />

auch FG Schl.-Holst. v. 14.7.2009 – 5 K 268/06, EFG 2009, 1796 – Rev. IV R<br />

38/09, m. Anm. WÅllenkemper, das einen vollståndigen Wegfall der Unternehmensidentitåt<br />

annimmt). Die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG (s.<br />

da<strong>zu</strong> Anm. 87) steht demgegenÅber der Annahme von Unternehmensidentitåt<br />

nicht entgegen, da hiervon mE nur eigene Fehlbetråge des Gewerbebetriebs<br />

der GmbH erfasst werden.<br />

(4) Entsprechende Anwendung des § 8c KStG bei Beteiligung von KÇrperschaften,<br />

§ 10a Satz 10 2. Halbsatz GewStG<br />

Durch das JStG 2009 ist § 10a Satz 10 GewStG um einen zweiten Halbsatz ergånzt<br />

worden. Die Ergån<strong>zu</strong>ng sollte ursprÅnglich als Missbrauchsvermei-<br />

77<br />

dungsnorm konzipiert werden, der der folgende Gedanke <strong>zu</strong>grunde lag: Ist<br />

eine KÇrperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, ist die KÇrperschaft<br />

als solche Trågerin des Unternehmens der Mitunternehmerschaft. Daher<br />

hatten Anteilseignerwechsel bei der KÇrperschaft vor der Neufassung des<br />

§ 10a Satz 10 GewStG durch das JStG 2009 keine Auswirkungen auf Fehlbetråge<br />

der Mitunternehmerschaft (s. Anm. 50). Dies erÇffnete GestaltungsmÇglichkeiten<br />

in Fållen, in denen es aufgrund eines bevorstehenden Anteilseignerwechsel<br />

bei der KÇrperschaft nach § 10a Satz 10 GewStG iVm. § 8<br />

Abs. 4 KStG bzw. § 8c KStG <strong>zu</strong> einem Wegfall der Verlustvortråge der KÇrperschaft<br />

kommen wÅrde. Eine dieser GestaltungsmÇglichkeiten bestand darin,<br />

vor dem Anteilseignerwechsel den Verlustbetrieb der KÇrperschaft (gemåß<br />

§ 24 UmwStG steuerneutral) auf eine Personengesellschaft aus<strong>zu</strong>gliedern.<br />

Dies hatte <strong>zu</strong>r Folge, dass die Fehlbetråge auf die Personengesellschaft „Åbergingen“<br />

(s. Anm. 41, Anm. 66) und vom spåteren Anteilseignerwechsel bei der<br />

KÇrperschaft unberÅhrt blieben. Derartige Gestaltungen erfreuten sich insbesondere<br />

nach der Verschårfung des Verlustab<strong>zu</strong>gsverbots in § 8c KStG besonderer<br />

Beliebtheit. Nachdem sie dem Gesetzgeber insbesondere dank Ver-<br />

Çffentlichungen in der Beraterliteratur (Behrend/Arjes/Nogens, BB 2008, 367)<br />

bekannt wurden, regte der Bundesrat eine Verschårfung des § 10a GewStG<br />

an, die sich gezielt gegen eine „Abschirmung“ von Fehlbetrågen durch das<br />

beschriebene Einbringungsmodell wenden sollte (s. da<strong>zu</strong> den Formulierungs-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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45


§ 10a Anm. 77–81 Gewerbeverlust<br />

vorschlag in der Stellungnahme des Bundesrates <strong>zu</strong>m Entwurf des JStG 2009<br />

v. 19.9.2008, BT-Drucks. 16/10494, 20).<br />

78 Im Finanzausschuss des Bundestags wurde allerdings von der Aufnahme einer<br />

zielgenauen Missbrauchsvermeidungsnorm Abstand genommen und stattdessen<br />

§ 10a Satz 10 GewStG durch AnfÅgung eines 2. Halbsatzes dahingehend<br />

ergånzt, dass jeder schådliche Beteiligungserwerb iS des § 8c KStG<br />

bei KÇrperschaften, die (unmittelbar oder mittelbar) an einer Mitunternehmerschaft<br />

beteiligt sind, auf die der KÇrperschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden Fehlbetråge<br />

der Mitunternehmerschaft „durchschlagen“ soll. Damit wurde § 10a Satz 10<br />

2. Halbsatz GewStG <strong>zu</strong> einer ausschließlich fiskalisch motivierten Verlustvernichtungsvorschrift.<br />

Der Bericht des Finanzausschusses (BT-<br />

Drucks. 16/11108, 37) erlåutert hier<strong>zu</strong>, dass § 8c KStG <strong>zu</strong> einem „gesetzlich angeordneten<br />

Wechsel in der Unternehmeridentitåt“ fÅhre (kritisch da<strong>zu</strong><br />

Anm. 102) und dies durch die Ønderung des § 10a GewStG auf die Behandlung<br />

des Verlustvortrags von Personengesellschaften, an der unmittelbar oder<br />

mittelbar Kapitalgesellschaften beteiligt sind, Åbertragen werden solle. Die<br />

Neufassung ist gemåß § 36 Abs. 9 Satz 10 GewStG erstmals auf schådliche Beteiligungserwerbe<br />

nach dem 28.11.2008 (Datum der dritten Lesung des<br />

JStG 2009) an<strong>zu</strong>wenden, deren såmtliche Erwerbe und gleichgestellte Rechtsakte<br />

nach dem 28.11.2008 stattfinden.<br />

79 In seiner Neufassung ordnet § 10a Satz 10 2. Halbsatz Nr. 1 GewStG eine entsprechende<br />

Anwendung des § 8c KStG auf den Fehlbetrag einer Mitunternehmerschaft<br />

an, soweit dieser einer KÇrperschaft unmittelbar <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist<br />

(KÇrperschaft als Mitunternehmerin). Wåhrend die von § 10a Satz 10 1. Halbsatz<br />

GewStG angeordnete entsprechende Anwendung des § 8c KStG die<br />

Rechtsfolge des § 8c KStG auf die – bei einer direkten Anwendung der Norm<br />

nicht erfassten – gewerbesteuerlichen Verlustvortråge der KÇrperschaft ausdehnt,<br />

ist die Verweisung in § 10a Satz 10 2. Halbsatz GewStG komplexer.<br />

Denn die Rechtsfolge des entsprechend an<strong>zu</strong>wendenden § 8c KStG soll sich<br />

hiernach auf den Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft beziehen (soweit dieser<br />

der KÇrperschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist), wåhrend die Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen,<br />

dh. der von § 8c KStG sanktionierte schådliche Beteiligungserwerb, offenbar<br />

nicht bei der Mitunternehmerschaft, sondern auf Ebene der KÇrperschaft<br />

als Mitunternehmerin erfÅllt sein mÅssen (vgl. auch Abschn. 10a.1<br />

Abs. 3 Satz 5 GewStR 2009). Ein Erwerb von Anteilen an der Mitunternehmerschaft<br />

unterliegt daher nach wie vor (nur) den allgemeinen Regeln (insbesondere<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ng der Unternehmeridentitåt, s. Anm. 69 ff.).<br />

80 Einstweilen frei.<br />

81 Kommt es somit bei einer KÇrperschaft <strong>zu</strong> einem schådlichen Beteiligungserwerb<br />

iS des § 8c Abs. 1 KStG, gehen die dieser KÇrperschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden<br />

Fehlbetråge der Mitunternehmerschaft quotal (in den Fållen des § 8c<br />

Abs. 1 Satz 1 KStG) bzw. vollståndig (in den Fållen des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG)<br />

unter. Wohl nicht vom Abgren<strong>zu</strong>ngsverbot erfasst ist demgegenÅber der (laufende)<br />

Gewerbeverlust im Ûbertragungsjahr (Suchanek, Ubg 2009, 178 [184];<br />

s. da<strong>zu</strong> auch Anm. 371). Welcher Fehlbetrag der KÇrperschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen<br />

ist, bestimmt sich nach allgemeinen Regeln. Er entspricht grundsåtzlich dem<br />

46<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 81–82 § 10a<br />

der KÇrperschaft aufgrund des GewinnverteilungsschlÅssels des Entstehungsjahres<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden Fehlbetrag (§ 10a Satz 4 GewStG) abzÅglich<br />

dessen Verbrauch im Anrechnungsjahr (§ 10a Satz 5 GewStG) (s.<br />

Anm. 358 ff.). Soweit der bei der Mitunternehmerschaft bestehende Fehlbetrag<br />

anderen Mitunternehmern <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist als derjenigen Mitunternehmer-KÇrperschaft,<br />

bei der der schådliche Beteiligungserwerb stattfindet,<br />

bleibt der Fehlbetrag erhalten, da insoweit § 8c KStG keine Anwendung findet.<br />

HierfÅr spricht neben dem Gesetzeswortlaut auch die in Anm. 78 dargestellte<br />

Intention des Gesetzgebers, den durch § 8c KStG angeblich gesetzlich<br />

angeordneten Wechsel in der Unternehmeridentitåt auf die Personengesellschaft<br />

<strong>zu</strong> Åbertragen; bei einem unmittelbaren Wechsel der Unternehmeridentitåt<br />

bezogen auf die Beteiligung der KÇrperschaft an der<br />

Personengesellschaft gingen auch stets nur die der KÇrperschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden<br />

Verlustvortråge der Mitunternehmerschaft verloren, ohne dass Fehlbetråge<br />

betroffen wåren, die auf andere Mitunternehmer entfallen (vgl. Anm. 70 fÅr<br />

das Ausscheiden von Gesellschaftern aus Personengesellschaften).<br />

Nicht ganz eindeutig ist demgegenÅber die LÇsung von Fållen, in denen bei<br />

der KÇrperschaft die Ûbertragung des nåmlichen Anteils <strong>zu</strong> einem mehrfachen<br />

schådlichen Beteiligungserwerb iS des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG fÅhrt<br />

(da<strong>zu</strong> Anm. 150 f.).<br />

Beispiel:<br />

A ist mit einem Geschåftsanteil <strong>zu</strong> 30 % am Stammkapital der A-GmbH beteiligt. Die<br />

A-GmbH hålt 50 % des Festkapitals der Verlust-KG. Auf die A-GmbH entfallen Fehlbetråge<br />

i.H.v. 1 Mio. Euro. A Åbertrågt seinen Anteil <strong>zu</strong>nåchst an X, der ihn anschließend<br />

(kein nach Anm. 151 unbeachtlicher Zwischenerwerb) an Y Åbertrågt. – Geht man davon<br />

aus, dass die mehrfache Ûbertragung des nåmlichen Anteils jeweils erneut die Rechtsfolgen<br />

des § 8c KStG aus<strong>zu</strong>lÇsen vermag (da<strong>zu</strong> Anm. 150), spricht die entsprechende Anwendung<br />

des § 8c KStG auf die der A-GmbH <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden Fehlbetråge der Verlust-<br />

KG dafÅr, dass eine zweimalige Ûbertragung desselben 30 %-Anteils (<strong>zu</strong>nåchst von A auf<br />

X, dann von X auf Y) <strong>zu</strong> einem Untergang von zweimal 30 % der der KÇrperschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden<br />

Fehlbetråge der Verlust-KG fÅhrt (so SchÇneborn, NWB 2011, 366 [373] mit<br />

dem <strong>zu</strong>treffenden Hinweis, dass in diesem Fall nicht ein Verlust von 600.000 Euro untergeht,<br />

sondern nur ein Verlust von 300.000 Euro [30 % von 1 Mio. Euro] zzgl. 210.000 Euro<br />

[30 % der verbleibenden 700.000 Euro] = 510.000 Euro). Nimmt man demgegenÅber den<br />

Bericht des Finanzausschusses beim Wort (BT-Drucks. 16/11108, 37), wonach § 8c KStG<br />

<strong>zu</strong> einem gesetzlich angeordneten Wechsel der Unternehmeridentitåt fÅhrt und dieser<br />

Grundsatz auf die Behandlung des Verlustvortrags der Personengesellschaft Åbertragen<br />

werden soll, so ließe sich auch die Meinung vertreten, dass die MehrfachÅbertragung des<br />

nåmlichen Anteils nur einmal schådlich sein kann (so Deloitte/Brauer/Sonnenschein,<br />

GewStG § 10a Rn. 160). Denn soweit hinsichtlich A-GmbH aufgrund der ersten Ûbertragung<br />

keine Unternehmeridentitåt mehr besteht, kann diese nicht ein zweites Mal verloren<br />

gehen.<br />

Nach § 10a Satz 10 2. Halbsatz Nr. 2 GewStG ist § 8c KStG auch entsprechend 82<br />

an<strong>zu</strong>wenden auf den Fehlbetrag einer (Unter-)Mitunternehmerschaft, der einer<br />

(Ober-)Mitunternehmerschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist, soweit an dieser<br />

(Ober-)Mitunternehmerschaft eine KÇrperschaft unmittelbar oder mittelbar<br />

Åber eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist (mittelbare Beteiligung<br />

einer KÇrperschaft). Die Formulierung, die insbesondere doppelstÇckige<br />

Personengesellschaften erfasst, ist derjenigen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2<br />

Satz 2 EStG entlehnt (<strong>zu</strong>r Auslegung vgl. beispielsweise Råtke in HHR, § 15<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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47


§ 10a Anm. 82–84 Gewerbeverlust<br />

EStG Anm. 615 ff.). Bei doppelstÇckigen Personengesellschaften ist die Obergesellschaft<br />

Trågerin des Rechts auf Verlustab<strong>zu</strong>g ist, so dass dieser die Verlustvortråge<br />

der Untergesellschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen sind (vgl. Anm. 51 f.). Ist eine<br />

KÇrperschaft (unmittelbar oder mittelbar Åber eine oder mehrere Personengesellschaften)<br />

an der Obergesellschaft beteiligt und findet bei dieser KÇrperschaft<br />

ein schådlicher Beteiligungserwerb statt, geht der der Oberpersonengesellschaft<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnende Fehlbetrag der Unterpersonengesellschaft quotal<br />

(§ 8c Abs. 1 Satz 1 KStG) bzw. vollståndig (§ 8c Abs. 1 Satz 2 KStG) unter, wobei<br />

hierbei – aufgrund des Gesetzeswortlautes („soweit an dieser eine KÇrperschaft<br />

[. . .] beteiligt ist“) – mE auf die durchgerechnete Beteiligung der KÇrperschaft<br />

an der Unterpersonengesellschaft ab<strong>zu</strong>stellen ist (<strong>zu</strong>treffend Beinert/Benecke,<br />

Ubg 2009, 169 [173]; ebenso Abschn. 10.3 Abs. 3 GewStH 2009;<br />

Honert/Obser, EStB 2010, 404 [405 f.]; aA Hoffmann, DStR 2009, 257 [258];<br />

Suchanek, Ubg 2009, 178 [183]: in den Fållen des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG Verlustuntergang<br />

in HÇhe der Beteiligung der Ober- an der Unterpersonengesellschaft).<br />

In der Literatur wird <strong>zu</strong>m Teil darÅber hinaus verlangt, dass es nur<br />

dann <strong>zu</strong> einem Verlustuntergang kommt, wenn mittelbar mehr als 25 % der<br />

Anteile an der Unterpersonengesellschaft erworben werden, da der Regelungsbereich<br />

des § 8c KStG erst mit der Ûbertragung von mehr als 25 % erÇffnet<br />

sei (so Deloitte/Brauer/Sonnenschein, GewStG, § 10a Rn. 158 f.: wirtschaftlich<br />

vertretbar, daher Klarstellung im Erlasswege sinnvoll); dies ist mE<br />

ab<strong>zu</strong>lehnen , da der Tatbestand des § 8c KStG auf Ebene der A-GmbH <strong>zu</strong> prÅfen<br />

ist (s. Anm. 79).<br />

Beispiel (nach Suchanek, Ubg 2009, 178 [183]):<br />

Die A-GmbH hålt 50 % des Festkapitals der Oberpersonengesellschaft, die wiederum<br />

40 % des Festkapitals der Verlust-KG hålt. Werden mehr als 50 % der Anteile an der<br />

A-GmbH auf einen Erwerber Åbertragen, so gehen mE 50 % mal 40 % = 20 % der Fehlbetråge<br />

der Verlust-KG unter (ebenso die LÇsung des Beispiels in Abschn. 10a.3 Abs. 3<br />

GewStH 2009). Denn § 8c KStG findet nur auf die der Oberpersonengesellschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden<br />

Fehlbetråge der Verlust-KG Anwendung, „soweit an dieser“ die A-GmbH<br />

beteiligt ist; nur insoweit kommt es im Beispiel daher <strong>zu</strong>m vollståndigen Verlustuntergang<br />

nach § 10a Satz 10 2. Halbsatz Nr. 2 GewStG, § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG. Nach anderer<br />

Auffassung (Suchanek, Ubg 2009, 178 [183]; Hoffmann, DStR 2009, 257 [258]) kåme es <strong>zu</strong><br />

einem Untergang von 40 % der Fehlbetråge der Verlust-KG. Stellte man sich schließlich<br />

auf den Standpunkt, dass es nur dann <strong>zu</strong> einem Untergang von Fehlbetrågen der Verlust-<br />

KG kommt, wenn mittelbar mehr als 25 % der Anteile an der Verlust-KG von einem Erwerber<br />

erworben werden (Deloitte/Brauer/Sonnenschein, GewStG, § 10a Rn. 158 f.), ergåben<br />

sich bei einer Ûbetragung von Geschåftsanteilen der A-GmbH keinerlei Auswirkungen,<br />

da hierdurch durchgerechnet nie mehr als 20 % der Anteile an der Verlust-KG<br />

erworben werden kÇnnen.<br />

83 Einstweilen frei.<br />

84 Erfolgt in Konzernstrukturen ein schådlicher Beteiligungserwerb iS des § 8c<br />

Abs. 1 KStG, kann die Vorschrift des § 10a Satz 10 GewStG aufgrund des weiten<br />

Anwendungsbereich des § 8c KStG da<strong>zu</strong> fÅhren, dass Fehlbetråge såmtlicher<br />

Konzern-Personengesellschaften untergehen.<br />

Beispiel:<br />

Die A-AG ist Konzernmutter des A-Konzerns. Ûber mehrere Beteiligungsebenen hålt die<br />

A-AG (durchgerechnet) såmtliche Anteile an der X-GmbH. Die X-GmbH ist am Festkapital<br />

der operativ tåtigen Y-KG <strong>zu</strong> 100 % beteiligt, die wiederum <strong>zu</strong> 100 % am Festkapital<br />

der ebenfalls operativ tåtigen Z-KG beteiligt ist. – Werden nun beispielsweise 51% der<br />

48<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 84–84b § 10a<br />

Anteile an der A-AG Åbertragen, fÅhrt dies <strong>zu</strong> einem Untergang såmtlicher kÇrperschaftsteuerlicher<br />

und gewerbesteuerlicher Verlustvortråge der A-AG sowie derer 100 %iger<br />

Tochtergesellschaften. Dies gilt auch fÅr etwaige Fehlbetråge der Y-KG und der Z-KG: Da<br />

im Hinblick auf die X-GmbH ein (mittelbarer) schådlicher Beteiligungserwerb vorliegt,<br />

gehen die Fehlbetråge der Y-KG nach § 10a Satz 10 2. Halbsatz Nr. 1 GewStG und die der<br />

Z-KG nach § 10a Satz 10 2. Halbsatz Nr. 2 GewStG unter. Mit der ursprÅnglich vom Bundesrat<br />

intendierten Abwehr von Ausweichgestaltungen hat dies nichts mehr <strong>zu</strong> tun.<br />

Auch konzerninterne Umstrukturierungen kÇnnen <strong>zu</strong> einem Untergang 84a<br />

såmtlicher Fehlbetråge der Konzern-Personengesellschaften fÅhren. Dies galt<br />

fÅr Beteiligungserwerben vor dem 1.1.2010 grundsåtzlich uneingeschrånkt,<br />

da § 8c KStG <strong>zu</strong>nåchst keine Konzernausnahme vorsah (vgl. Anm. 121 f.). FÅr<br />

Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 ist jedoch die durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz<br />

v. 22.12.2009 (BGBl. I 2009, 3950 = BStBl. I 2010,<br />

2) eingefÅhrte sog. Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG <strong>zu</strong> beachten.<br />

Danach liegt ein schådlicher Beteiligungserwerb dann nicht vor, wenn an dem<br />

Åbertragenden und an dem Åbernehmenden Rechtstråger dieselbe Person <strong>zu</strong><br />

jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. Zu Einzelheiten s.<br />

Anm. 184a ff. Auch fÅr Zwecke der entsprechenden Anwendung des § 8c<br />

Abs. 1 Satz 5 KStG im Rahmen des § 10a Satz 10 2. Halbsatz GewStG sind<br />

Åbertragender und Åbernehmender Rechtstråger iS der Vorschrift diejenigen,<br />

die die Anteile an der (unmittelbar bzw. mittelbar an der Mitunternehmerschaft<br />

beteiligten) KÇrperschaft Åbertragen bzw. Åbernehmen. Denn die Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

des § 8c KStG sind auf Ebene dieser KÇrperschaft<br />

<strong>zu</strong> prÅfen (s. Anm. 79).<br />

Fraglich ist demgegenÅber, ob fÅr Zwecke der entsprechenden Anwendung 84b<br />

der sog. Verschonungsregel des § 8c Abs. 1 Satz 6-8 KStG im Rahmen des<br />

§ 10a Satz 10 2. Halbsatz GewStG hinsichtlich des Bestehens stiller Reserven<br />

auf die KÇrperschaft oder die Mitunternehmerschaft ab<strong>zu</strong>stellen ist. Bei der<br />

unmittelbaren Anwendung des § 8c Abs. 1 Satz 6-8 KStG auf den kÇrperschaftsteuerlichen<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g sowie seiner durch § 10a Satz 10 1. Halbsatz<br />

GewStG angeordneten entsprechenden Anwendung auf Fehlbetråge der KÇrperschaft<br />

sind die (kÇrperschaft- bzw. gewerbesteuerpflichtigen) stillen Reserven<br />

„der KÇrperschaft“ maßgebend, dh. es wird auf die stillen Reserven im BetriebsvermÇgen<br />

desjenigen Steuerpflichtigen abgestellt, bei dem es nach dem<br />

Grundtatbestand des § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG <strong>zu</strong> einem Verlustuntergang<br />

kommen wÅrde. Dies gilt unstreitig auch beim schådlichen Beteiligungserwerb<br />

an einer Muttergesellschaft mit nachgeschalteten Tochterkapitalgesellschaften:<br />

Hier sind die stillen Reserven fÅr jede der betroffenen Kapitalgesellschaften<br />

eigenståndig <strong>zu</strong> ermitteln und die Anwendbarkeit der Verschonungsregel<br />

sodann auf jeder Ebene gesondert <strong>zu</strong> prÅfen (s. Anm. 199 f). Im<br />

Rahmen der von § 10a Satz 10 2. Halbsatz GewStG angeordneten entsprechenden<br />

Anwendung des § 8c KStG auf die Fehlbetråge „einer Mitunternehmerschaft“<br />

ist mE dem<strong>zu</strong>folge auf die gewerbesteuerpflichtigen stillen Reserven<br />

im BetriebsvermÇgen der Mitunternehmerschaft ab<strong>zu</strong>stellen. Denn die<br />

Tatsache, dass dieser Fehlbetrag den Mitunternehmern (und damit auch der<br />

Kapitalgesellschaft, auf dessen Ebene die Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen des<br />

§ 8c Abs. 1 KStG <strong>zu</strong> prÅfen sind, vgl. Anm. 79) <strong>zu</strong>gerechnet wird (§ 10a Satz 4,<br />

5 GewStG), åndert nichts daran, dass das Gesetz den Fehlbetrag als einen sol-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

49


§ 10a Anm. 84b–85 Gewerbeverlust<br />

84c<br />

84d<br />

chen der Mitunternehmerschaft ansieht (s. <strong>zu</strong>m åhnlich gelagerten Problem<br />

bei der (analogen) Anwendung des § 19 Abs. 2 UmwStG Anm. 74). Anderenfalls<br />

håtte es auch der Anordnung einer entsprechenden Anwendung des § 8c<br />

KStG durch § 10a Satz 10 2. Halbsatz Nr. 1 GewStG nicht bedurft.<br />

Ob auch fÅr Zwecke der entsprechenden Anwendung der Sanierungsklausel<br />

des § 8c Abs. 1a KStG auf eine Sanierung der Mitunternehmerschaft ab<strong>zu</strong>stellen<br />

ist, ist streitig. Nach Auffassung der OFD MÅnster und Rheinland ist dies<br />

der Fall (OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131,<br />

DStR 2010, 929, Tz. 11); danach wåre beispielsweise im Rahmen des § 8c<br />

Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG das steuerliche BetriebsvermÇgen der Mitunternehmerschaft<br />

maßgebend, so dass mE auch Einlagen in das SonderbetriebsvermÇgen<br />

oder ein Erlass von Verbindlichkeiten des SonderbetriebsvermÇgens<br />

<strong>zu</strong>r Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen fÅhren kann.<br />

DemgegenÅber befÅrworten Teile der Literatur, bei Anwendung der Sanierungsklausel<br />

nicht auf den verlustverursachenden Geschåftsbetrieb der Personengesellschaft,<br />

sondern auf den der Åbergeordneten KÇrperschaft ab<strong>zu</strong>stellen<br />

(Suchanek/Herbst, Ubg 2009, 525 [528]; Suchanek in HHR § 8c Anm. 15<br />

mit dem Hinweis, dass die Fehlbetråge der Mitunternehmerschaft aufgrund<br />

der Anordnung in § 10a GewStG <strong>zu</strong> Verlusten der KÇrperschaft werden und<br />

daher nur eine Sanierung der KÇrperschaft den Untergang von Gewerbeverlusten<br />

der nachgeschalteten Mitunternehmerschaft verhindere; vgl. da<strong>zu</strong><br />

auch Anm. 74).<br />

ME ist – wie im Rahmen der unmittelbaren Anwendung des § 8c Abs. 1a KStG<br />

bei unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungserwerben (Anm. 200r ff.) – <strong>zu</strong><br />

differenzieren: Nach dem Gesetzeswortlaut wåren die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des<br />

§ 8c Abs. 1a KStG mE auf Ebene der Mitunternehmerschaft <strong>zu</strong> prÅfen, da im<br />

Rahmen der durch § 10a Satz 10 2. Halbsatz KStG angeordneten entsprechenden<br />

Anwendung der Norm ein Untergang bzw. Erhalt der Fehlbetråge der<br />

Mitunternehmerschaft in Frage steht, dh. das Erfordernis der Sanierung „der<br />

KÇrperschaft“ bei entsprechender Anwendung durch das der Sanierung „der<br />

Mitunternehmerschaft“ <strong>zu</strong> ersetzen wåre. Allerdings spricht eine teleologische<br />

Auslegung mE dafÅr, einen Beteiligungserwerb <strong>zu</strong>m Zwecke der Sanierung<br />

der Mitunternehmer-KÇrperschaft dann fÅr den Erhalt der Fehlbertråge<br />

der (dieser KÇrperschaft <strong>zu</strong>gerechneten) Fehlbetråge der Mitunternehmerschaft<br />

genÅgen <strong>zu</strong> lassen, wenn die Mitunternehmerschaft selbst nicht sanierungsbedÅrftig<br />

ist. Ist die Mitunternehmerschaft demgegenÅber sanierungsbedÅrftig,<br />

ist es mE sachgerecht, entsprechend den Folgerungen aus dem Gesetzeswortlaut<br />

die Sanierungsklausel auf Ebene der Mitunternehmerschaft <strong>zu</strong><br />

prÅfen.<br />

85<br />

cc) KÇrperschaften<br />

Trågerin des Unternehmens einer KÇrperschaft ist die KÇrperschaft als solche.<br />

Daher fÅhrt der Ûbergang eines Unternehmens von einer bzw. auf eine KÇrperschaft<br />

grundsåtzlich <strong>zu</strong> einem Unternehmerwechsel mit der Folge, dass bestehende<br />

Fehlbetråge des Åbertragenden Rechtstrågers untergehen. Etwas<br />

50<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 85–86 § 10a<br />

anderes gilt fÅr den Ûbergang des Unternehmens einer Personengesellschaft<br />

auf eine KÇrperschaft, soweit die KÇrperschaft Mitunternehmerin der Personengesellschaft<br />

ist (s. Anm. 61 ff.). DarÅber hinaus sah das UmwStG idF der<br />

Bekanntmachung v. 15.10.2002 (BGBl. I 2002, 4133; BGBl. I 2003, 738)<br />

(UmwStG aF), geåndert durch Art. 3 des Gesetzes v. 16.5.2003 (BGBl. I 2003,<br />

660) unter den in Anm. 86 ff. dargestellten Vorausset<strong>zu</strong>ngen einen Ûbergang<br />

der Fehlbetråge des Åbertragenden auf den aufnehmenden Rechtstråger vor.<br />

Mit der Neubekanntmachung des UmwStG durch das Gesetz Åber steuerliche<br />

Begleitmaßnahmen <strong>zu</strong>r EinfÅhrung der Europåischen Gesellschaft und <strong>zu</strong>r<br />

Ønderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) v. 7.12.2006<br />

(BGBl. I 2006, 2782 = BStBl. I 2007, 4) wurde der VerlustÅbergang ausgeschlossen,<br />

und zwar unabhångig davon, ob der VermÇgensÅbergang auf eine andere<br />

KÇrperschaft (vgl. § 19 Abs. 2 iVm. §§ 12 Abs. 3, 15 Abs. 3 UmwStG) oder eine<br />

Personengesellschaft (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG) erfolgt; Gleiches gilt<br />

fÅr den Fall des Formwechsels. Die Neufassung ist gemåß § 27 Abs. 1 UmwStG<br />

erstmals auf Umwandlungen und Einbringungen an<strong>zu</strong>wenden, bei denen die<br />

Anmeldung und Eintragung in das fÅr die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs<br />

maßgebende Çffentliche Register nach dem 12.12.2006 erfolgte. FÅr<br />

Einbringungen, deren Wirksamkeit keine Eintragung in ein Çffentliches Register<br />

voraussetzt, ist die Neufassung erstmals an<strong>zu</strong>wenden, wenn das wirtschaftliche<br />

Eigentum an den eingebrachten WirtschaftsgÅtern nach dem<br />

12.12.2006 Åberging.<br />

Vor Inkrafttreten des SEStEG galten gemåß § 19 Abs. 2 UmwStG aF bei einem<br />

(vom Dritten Teil des UmwStG aF bzw. von § 15 UmwStG aF erfassten) VermÇgensÅbergang<br />

von einer KÇrperschaft auf eine andere KÇrperschaft, dh.<br />

insbesondere im Falle der Verschmel<strong>zu</strong>ng, Aufspaltung oder Abspaltung von<br />

einer KÇrperschaft auf eine andere KÇrperschaft, fÅr den Gewerbeverlust die<br />

Vorschriften der § 12 Abs. 3 Satz 2, Abs. 5 Satz 3, § 15 Abs. 4 und § 16 Satz 3<br />

UmwStG aF entsprechend. § 19 Abs. 2 UmwStG aF war lex specialis gegen-<br />

Åber § 2 Abs. 5 GewStG (vgl. <strong>zu</strong>r Rechtslage vor Inkrafttreten des UmwStG<br />

BFH v. 17.7.1991 – I R 74-75/90, BStBl. II 1991, 899 unter 2.). In der Fassung des<br />

StEntlG 1999/2000/2002 war § 19 Abs. 2 UmwStG aF erstmals auf Umwandlungen<br />

an<strong>zu</strong>wenden, deren jeweilige Eintragung nach dem 5.8.1997 beantragt<br />

wurde (da<strong>zu</strong> Wienands, GmbHR 1999, 462 [466 f.]); <strong>zu</strong>r erstmaligen Anwendung<br />

der Neufassung s. Anm. 85. § 19 Abs. 2 UmwStG aF fÅhrte bei einer<br />

vor dem 13.12.2006 <strong>zu</strong>r Eintragung in das Register des aufnehmenden Rechtstrågers<br />

angemeldeten Verschmel<strong>zu</strong>ng von KÇrperschaften da<strong>zu</strong>, dass die<br />

Ûbernehmerin Fehlbetråge der Ûbertragerin unter den Vorausset<strong>zu</strong>ngen der<br />

§§ 19 Abs. 2, 12 Abs. 3 Satz 2, Abs. 5 Satz 3 UmwStG aF nutzen konnte<br />

(Abschn. 68 Abs. 4 Satz 2 GewStR 1998; <strong>zu</strong>m Ûbergang von „laufenden“ Verlusten<br />

der Ûbertragerin und <strong>zu</strong>m Verhåltnis von Verlustausgleich und Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

im KSt-Recht vgl. BFH v. 29.11.2006 – I R 16/05, BFH/NV 2007, 1062;<br />

v. 31.5.2005 – I R 68/03, DStR 2005, 1182; da<strong>zu</strong> Orth, FR 2005, 963; DÇtsch, Konzern<br />

2005, 511). Nach der Neufassung der §§ 19 Abs. 2, 12 Abs. 3, 4 Abs. 2<br />

Satz 2 UmwStG ist bei Verschmel<strong>zu</strong>ngen, deren Anmeldung <strong>zu</strong>r Eintragung in<br />

das Register der Ûbernehmerin nach dem 12.12.2006 erfolgte (vgl. § 27 Abs. 1<br />

UmwStG), ein Ûbergang vortragsfåhiger Fehlbetråge der Ûbertragerin aus-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

51<br />

86


§ 10a Anm. 86–87 Gewerbeverlust<br />

87<br />

geschlossen. Bei einer vor dem 13.12.2006 <strong>zu</strong>r Eintragung in das Register der<br />

Ûbertragerin angemeldeten Abspaltung oder Aufspaltung auf eine KÇrperschaft<br />

war der bei der Ûbertragerin vorhandene Fehlbetrag gemåß §§ 19<br />

Abs. 2, 15 Abs. 4 UmwStG aF unter den beteiligten KÇrperschaften auf<strong>zu</strong>teilen<br />

(Abschn. 68 Abs. 4 Satz 3 GewStR 1998). Dabei war nicht entscheidend, ob der<br />

Betrieb abgespalten wird, in dem der Gewerbeverlust entstanden ist (Widmann<br />

in Widmann/Mayer, § 19 UmwStG Rz. 45, § 15 UmwStG Rz. 1008 ff.).<br />

Soweit VermÇgen einer KÇrperschaft durch Abspaltung oder Aufspaltung auf<br />

eine Personengesellschaft Åberging, war der Ûbergang des Gewerbeverlusts<br />

gemåß § 19 Abs. 2 iVm. § 16 Satz 3 UmwStG aF ausgeschlossen und minderte<br />

sich der verbleibende Fehlbetrag der Ûbertragerin insoweit, als er nach dem<br />

VerteilungsschlÅssel des § 15 Abs. 4 UmwStG aF auf die Personengesellschaft<br />

entfallen wÅrde (Widmann in Widmann/Mayer, § 16 UmwStG Rz. 132, § 19<br />

UmwStG Rz. 39 f.; Abschn. 68 Abs. 4 Satz 4 GewStR 1998). Die Neufassung<br />

der §§ 19 Abs. 2, 15 Abs. 4 UmwStG sieht nunmehr auch fÅr Abspaltungen<br />

oder Aufspaltungen auf KÇrperschaften vor, dass sich der Fehlbetrag der Ûbertragerin<br />

im Verhåltnis des gemeinen Werts des Åbergehenden <strong>zu</strong>m verbleibenden<br />

VermÇgens mindert; ein Ûbergang von Fehlbetrågen auf den aufnehmenden<br />

Rechtstråger ist damit ausgeschlossen. Die Neuregelung gilt fÅr Abspaltungen<br />

und Aufspaltungen, die nach dem 12.12.2006 <strong>zu</strong>m Register des<br />

Åbertragenden Rechtstrågers angemeldet werden (§ 27 Abs. 1 UmwStG). Zur<br />

analogen Anwendung des § 19 Abs. 2 UmwStG bei Verschmel<strong>zu</strong>ng einer Kapitalgesellschaft,<br />

die Mitunternehmerin einer Personengesellschaft ist, s.<br />

Anm. 74.<br />

Bei einem (vom Zweiten Teil des UmwStG bzw. von § 16 UmwStG erfassten)<br />

VermÇgensÅbergang von einer KÇrperschaft auf eine Personengesellschaft<br />

oder natÅrliche Person, dh. insbesondere im Falle der Umwandlung einer KÇrperschaft<br />

auf eine Personengesellschaft oder natÅrliche Person oder der Aufoder<br />

Abspaltung einer KÇrperschaft auf eine Personengesellschaft, sowie bei<br />

einem Formwechsel einer KÇrperschaft in eine Personengesellschaft tritt der<br />

Åbernehmende Rechtstråger gemåß § 18 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 4 Abs. 2 Satz 1<br />

UmwStG auch fÅr die Ermittlung des Gewerbeertrags in die steuerliche<br />

Rechtsstellung der Åbertragenden KÇrperschaft ein. Gleichwohl kann der Gewerbeertrag<br />

des Åbernehmenden Rechtstrågers gemåß § 18 Abs. 1 Satz 2<br />

UmwStG nicht um Fehlbetråge der Åbertragenden KÇrperschaft gekÅrzt werden.<br />

Hieran hat sich durch die Neufassung des UmwStG nichts geåndert. Das<br />

gilt trotz des nicht eindeutigen Wortlauts („Åbernehmende“ Personengesellschaft)<br />

auch fÅr den Fall des Formwechsels (Widmann in Widmann/Mayer,<br />

§ 18 UmwStG Rz. 36; Abschn. 10a.3 Abs. 4 Satz 5 GewStR 2009). War die Åbertragende<br />

KÇrperschaft Mitunternehmerin einer Personengesellschaft, soll<br />

auch ein auf die KÇrperschaft entfallender Fehlbetrag der Personengesellschaft<br />

untergehen (Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 39 mwN).<br />

Auch bei der Auf- oder Abspaltung einer KÇrperschaft auf eine Personengesellschaft<br />

war ein anteiliger Ûbergang des Fehlbetrags auf die Personengesellschaft<br />

bereits vor Inkrafttreten des SEStEG ausgeschlossen; das SEStEG<br />

schließt nunmehr den Ûbergang von Fehlbetrågen auch insoweit aus, als der<br />

VermÇgensÅbergang auf eine KÇrperschaft erfolgt (s. Anm. 86).<br />

52<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 88–92 § 10a<br />

Die Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs in eine Kapitalgesellschaft<br />

nach § 20 UmwStG fÅhrt <strong>zu</strong> einem Unternehmerwechsel. Der Ûbergang des<br />

Gewerbeverlusts ist gemåß § 23 Abs. 5 UmwStG ausgeschlossen. Dies ergab<br />

sich vor Inkrafttreten des SEStEG aus § 22 Abs. 4 UmwStG aF, und zwar selbst<br />

dann, wenn die Einbringung im Wege einer Umwandlung nach dem UmwG<br />

erfolgte. Der Gewerbeverlust verbleibt grundsåtzlich in voller HÇhe beim Einbringenden<br />

(vgl. Abschn. 10a.3 Abs. 4 Satz 6 GewStR 2009 fÅr den Fall der<br />

Ausgliederung) und steht dort nach allgemeinen Grundsåtzen auch dann fÅr<br />

den Verlustab<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>r VerfÅgung, wenn die Fehlbetråge im eingebrachten Betrieb<br />

bzw. Teilbetrieb entstanden sind. Ob das BFH-Urteil v. 7.8.2008 (IV R<br />

86/05, DStR 2008, 2014, da<strong>zu</strong> Anm. 27) eine Neubewertung erforderlich<br />

macht, wenn der Fehlbetrag im eingebrachten Teilbetrieb entstanden ist,<br />

bleibt ab<strong>zu</strong>warten.<br />

Der Formwechsel einer KÇrperschaft in eine KÇrperschaft anderer Rechtsform<br />

berÅhrt die Unternehmeridentitåt nicht (vgl. Abschn. 10a.3 Abs. 4 Satz 1<br />

GewStR 2009).<br />

Das Erfordernis der Unternehmeridentitåt soll bei der Zusammenfassung von<br />

Betrieben gewerblicher Art entsprechend gelten (GÅroff in Glanegger/GÅroff,<br />

GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 104; <strong>zu</strong>m Verlustab<strong>zu</strong>g nach KStG vgl.<br />

BFH v. 4.12.1991 – I R 74/89, BStBl. II 1992, 432): Eine juristische Person des Çffentlichen<br />

Rechts ist wegen jedes einzelnen ihrer Betriebe gewerblicher Art<br />

Steuersubjekt, weshalb eine Verlustverrechnung zwischen ihren verschiedenen<br />

Betrieben nicht <strong>zu</strong>låssig ist. Auch nach der Zusammenfassung von Betrieben<br />

gewerblicher Art sollen Gewerbeverluste daher den Gewerbeertrag nur<br />

insoweit mindern kÇnnen, als sie durch dieselbe Tåtigkeit entstanden sind, die<br />

auch <strong>zu</strong> dem <strong>zu</strong> mindernden Gewerbeertrag gefÅhrt hat. Zu den durch das<br />

JStG 2009 eingefÅhrten Verlustverrechnungsbeschrånkungen bei Betrieben<br />

gewerblicher Art und Eigengesellschaften vgl. § 10a Satz 9 iVm. § 8 Abs. 8<br />

und 9 Satz 5 bis 7 KStG (da<strong>zu</strong> Anm. 339 ff.).<br />

3. Entsprechende Anwendung des § 8c KStG/§ 8 Abs. 4 KStG<br />

Gemåß § 10a Satz 10 1. Halbsatz GewStG ist auf die Fehlbetråge § 8c KStG 91<br />

entsprechend an<strong>zu</strong>wenden, der bei direkter Anwendung nur die kÇrperschaftsteuerlichen<br />

Verlustvortråge (und weitere nicht genutzte Verluste) der<br />

KÇrperschaft erfassen wÅrde. Zur Ønderung der Verweisung durch das Unt-<br />

StRefG 2008 und (befristeten) Fortgeltung der entsprechenden Anwendung<br />

des § 8 Abs. 4 KStG vgl. Anm. 99.<br />

a) Hintergrund der Regelung<br />

Ein Verlustab<strong>zu</strong>g setzt auch bei KÇrperschaften voraus, dass zwischen dem 92<br />

Steuerpflichtigen, der den Verlustab<strong>zu</strong>g geltend macht, und demjenigen, der<br />

den Verlust erlitten hat, Personenidentitåt besteht. Im Rahmen seiner sog.<br />

Mantelkauf-Rechtsprechung hatte der BFH entschieden, dass wirtschaftlich<br />

bedeutungslose Kapitalgesellschaften, die durch ZufÅhrung neuen VermÇgens<br />

von neu eintretenden Gesellschaftern eine anders geartete Zweck-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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53<br />

88<br />

89<br />

90


§ 10a Anm. 92–94 Gewerbeverlust<br />

93<br />

bestimmung und Organisation erhalten, bestehende Verlustvortråge nach ihrer<br />

„Wiederbelebung“ nicht mehr nutzen kÇnnen. Der BFH verwehrte den<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>nåchst unter Hinweis auf das Vorliegen eines Missbrauchs<br />

steuerlicher GestaltungsmÇglichkeiten (BFH v. 8.1.1958 – I 131/57 U,<br />

BStBl. III 1958, 97). Spåter stellte er darauf ab, dass die fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

erforderliche Personenidentitåt nur vorliege, wenn eine KÇrperschaft nicht nur<br />

rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit derjenigen KÇrperschaft identisch<br />

ist, die den Verlust erlitten hat (BFH v. 15.2.1966 – I 112/63, BStBl. III 1966, 289;<br />

<strong>zu</strong>r Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Dieterlen/Schaden, BB 1998, 820).<br />

Die wirtschaftliche Identitåt einer KÇrperschaft bestimmte der BFH anhand<br />

ihrer Geschåftsgrundlagen und ihres Unternehmenszwecks (sog. sachliches<br />

Substrat) sowie ihres Gesellschafterkreises (sog. personales Substrat). Allerdings<br />

fÅhrte nicht schon die Umstellung des Unternehmens durch die neuen<br />

Gesellschafter <strong>zu</strong> einem Wegfall der Personenidentitåt. Erforderlich war vielmehr,<br />

dass eine (inaktive) Kapitalgesellschaft ihre bisherigen VermÇgenswerte<br />

im Wesentlichen verloren hatte, dh. abwicklungs- und lÇschungsreif war, in<br />

dieser Lage neue Gesellschafter eintraten, diese der Gesellschaft neue Mittel<br />

<strong>zu</strong>fÅhrten und sie wirtschaftlich neu belebten. Nach Auffassung des BFH lag<br />

unter diesen Vorausset<strong>zu</strong>ngen ein der AuflÇsung und NeugrÅndung der Gesellschaft<br />

vergleichbarer Fall vor, so dass die Gesellschaft in ihrer neuen Verfasstheit<br />

trotz Fortbestehens ihrer RechtspersÇnlichkeit nicht personengleich<br />

iS des § 10d EStG war (BFH v. 19.12.1973 – I R 137/71, BStBl. II 1974, 181; v.<br />

15.2.1966 – I 112/63, BStBl. III 1966, 289). Dieser Rechtsgedanke war auch der<br />

Auslegung des § 10a GewStG <strong>zu</strong>grunde <strong>zu</strong> legen: Mangels Unternehmensidentitåt<br />

war ein Verlustab<strong>zu</strong>g ausgeschlossen, wenn die KÇrperschaft ihren<br />

Geschåftsbetrieb umstellte und zwischen den nacheinander ausgeÅbten Tåtigkeiten<br />

kein sachlicher Zusammenhang bestand (vgl. BFH v. 19.12.1984 – I R<br />

165/80, BStBl. II 1985, 403).<br />

Mit Urteilen vom 29.10.1986 gab der BFH diese Rechtsprechung auf (vgl. BFH<br />

v. 29.10.1986 – I R 202/82, BStBl. II 1987, 308; v. 29.10.1986 – I R 318-319/83,<br />

BStBl. II 1987, 310; v. 29.10.1986 – I R 271/83, BFH/NV 1987, 266): Das Erfordernis<br />

der wirtschaftlichen Identitåt kÇnne weder Wortlaut noch Zweck des § 10 d<br />

EStG entnommen werden; Åberdies sei der Begriff der wirtschaftlichen Identitåt<br />

durch die Rechtsprechung inhaltlich nicht nåher konkretisiert worden. Das<br />

gelte auch fÅr das Gewerbesteuerrecht. Zwar sei nach § 10a GewStG die Unternehmensidentitåt<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ng der Verlustnut<strong>zu</strong>ng, die Einheitlichkeit<br />

des Unternehmens werde bei KÇrperschaften aber durch § 2 Abs. 2 GewStG<br />

fingiert (BFH v. 29.10.1986 – I R 318-319/83, BStBl. II 1987, 310; s. Anm. 29).<br />

94<br />

b) Rechtsentwicklung/zeitlicher Anwendungsbereich<br />

Als Reaktion auf die Aufgabe der Mantelkauf-Rechtsprechung wurde § 8<br />

Abs. 4 KStG durch das Steuerreformgesetz 1990 v. 25.7.1988 (BGBl. I 1988,<br />

1093 = BStBl. I 1988, 224) eingefÅgt, der Åber den ebenfalls eingefÅgten § 10a<br />

Satz 4 GewStG (heutiger Satz 10) auch fÅr die GewSt gilt. Nach der bis heute<br />

unverånderten Generalklausel des Satzes 1 ist der Verlustab<strong>zu</strong>g von der wirtschaftlichen<br />

Identitåt der KÇrperschaft abhångig, die insbesondere unter den<br />

54<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 94–97 § 10a<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG (sog. Hauptanwendungsfall)<br />

nicht vorliegt.<br />

In der Fassung des Steuerreformgesetzes 1990 setzte der Hauptanwendungsfall<br />

voraus, dass mehr als drei Viertel der Anteile an der Gesellschaft Åbertra-<br />

95<br />

gen werden und die Gesellschaft danach ihren Geschåftsbetrieb mit Åberwiegend<br />

neuem BetriebsvermÇgen wieder aufnimmt. Mit dieser Formulierung,<br />

insbesondere mit dem Erfordernis der Wiederaufnahme des Geschåftsbetriebs,<br />

das die vorherige vollståndige Einstellung der werbenden Tåtigkeit<br />

voraussetzte, wollte der Gesetzgeber die Åberholte Mantelkauf-Rechtsprechung<br />

kodifizieren (vgl. BT-Drucks. 11/2157, 171; HÇrger/Kemper, DStR 1989,<br />

15 [19]). Da nicht erforderlich war, dass die Gesellschaft vermÇgenslos war,<br />

ging die gesetzliche Regelung allerdings schon damals Åber die Mantelkauf-<br />

Rechtsprechung hinaus (Singbartl/DÇtsch/Hundt, DB 1988, 1767 [1769]: Vermeidung<br />

von Umgehungen).<br />

Das Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997 96<br />

(BGBl. I 1997, 2590 = BStBl. I 1997, 928) fÅhrte die Sanierungsklausel des Satzes<br />

3 ein, schrånkte den Verlustab<strong>zu</strong>g ansonsten aber weiter ein (da<strong>zu</strong> FÅger/<br />

Rieger, DStR 1998, 1153): Nach der Neufassung kommt es insbesondere schon<br />

dann <strong>zu</strong> einem Verlust der wirtschaftlichen Identitåt, wenn mehr als die Hålfte<br />

der Anteile an der Gesellschaft Åbertragen werden und die Gesellschaft ihren<br />

Geschåftsbetrieb mit Åberwiegend neuem BetriebsvermÇgen fortfÅhrt oder<br />

wieder aufnimmt. Anders als unter der Mantelkauf-Rechtsprechung ist die-<br />

Einstellung des Geschåftsbetriebs damit keine Vorausset<strong>zu</strong>ng mehr fÅr die<br />

Versagung des Verlustab<strong>zu</strong>gs, so dass auch werbende Unternehmen von § 8<br />

Abs. 4 KStG erfasst werden. Grund fÅr diese Erweiterung war offenbar die BefÅrchtung,<br />

dass Verlustmåntel auf Sparflamme weiter betrieben und damit das<br />

Tatbestandsmerkmal der (Einstellung und) Wiederaufnahme des Geschåftsbetriebs<br />

unterlaufen werden kÇnnte (vgl. Neyer, BB 2001, 173; Orth, FR 2004,<br />

613 [617]). Gesetzesmaterialien liegen <strong>zu</strong>r Neufassung der Norm nicht vor, dadie<br />

Neuregelung auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses <strong>zu</strong>stande kam<br />

(s. Anm. 211).<br />

In der durch das Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng der Unternehmenssteuerreform verschårften<br />

Fassung ist § 8 Abs. 4 KStG gemåß § 54 Abs. 6 KStG idF des Gesetzes<br />

97<br />

<strong>zu</strong>r Finanzierung eines <strong>zu</strong>såtzlichen Bundes<strong>zu</strong>schusses <strong>zu</strong>r gesetzlichen Rentenversicherung<br />

v. 19.12.1997 (BGBl. I 1997, 3121 = BStBl. I 1998, 7) sowie gemåß<br />

§ 34 Abs. 6 KStG idF des StSenkG 2000/2001 grundsåtzlich erstmals fÅr<br />

den EZ 1997 an<strong>zu</strong>wenden; allerdings gilt die Neufassung erstmals im EZ 1998,<br />

wenn der „Verlust der wirtschaftlichen Identitåt erstmals im Jahr 1997 vor dem<br />

6. August eingetreten“ ist. Die Auslegung dieser Ûbergangsregelung ist umstritten<br />

(<strong>zu</strong>m Meinungsstand vgl. BFH v. 19.12.2001 – I R 58/01, BStBl. II 2002,<br />

395 mwN; v. 8.10.2008 – I R 95/04, DStR 2009, 161). Die Finanzverwaltung wendet<br />

die Neufassung grundsåtzlich auf alle im EZ 1997 ab<strong>zu</strong>ziehenden Verluste<br />

an und versagt deren BerÅcksichtigung auch dann, wenn es – gemessen an § 8<br />

Abs. 4 KStG nF – bereits vor dem 1.1.1997 <strong>zu</strong> einem Verlust der wirtschaftlichen<br />

Identitåt gekommen ist (ebenso BFH v. 8.10.2008 – I R 95/04, DStR 2009,<br />

161; FG MÅnchen v. 27.4.2001 – 6 K 5198/99, EFG 2001, 1237, rkr.; vgl. auch<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

55


§ 10a Anm. 97–99 Gewerbeverlust<br />

98<br />

99<br />

Niedersåchsisches FG v. 8.12.2005 – 6 K 252/02, StE 2006, 342, rkr.: keine Anwendung<br />

der Neufassung bei <strong>zu</strong> Unrecht festgestelltem Verlust, s. Anm. 386).<br />

Treffen in solchen Fållen Verluste aus der Zeit vor und nach dem Wegfall der<br />

wirtschaftlichen Identitåt mit Gewinnen <strong>zu</strong>sammen, die in der Zeit zwischen<br />

dem Wegfall der wirtschaftlichen Identitåt und dem Beginn des EZ 1997 erzielt<br />

wurden, sollen <strong>zu</strong>erst die ålteren Verluste mit den Gewinnen der Folgejahre<br />

verrechnet werden (dh. Anwendung des FIFO-Prinzips, vgl. OFD Frankfurt v.<br />

19.3.2001 – S 2745 A - 22 - St II 10, GmbHR 2001, 482; Deloitte/Brauer/Sonnenschein,<br />

GewStG, § 10a Rn. 20, 61; aA Neyer, BB 2001, 173 [179]: Wahlrecht der<br />

KÇrperschaft; s. Anm. 233). Nur wenn die wirtschaftliche Identitåt nach dem<br />

31.12.1996 aber vor dem 6.8.1997 verloren ging, wendet die Finanzverwaltung<br />

die Neufassung erstmals fÅr den EZ 1998 an (ebenso BFH v. 8.10.2008 – I R<br />

95/04, DStR 2009, 161; kritisch ua. FÅger/Rieger, DStR 1998, 1153 [1154]: Anwendung<br />

des § 8 Abs. 4 KStG aF, wenn es – gemessen an § 8 Abs. 4 KStG nF –<br />

vor dem 1.1.1997 <strong>zu</strong> einem Verlust der wirtschaftlichen Identitåt gekommen<br />

ist). Zu Einzelfållen, insbesondere bei zeitlich gestreckter Verwirklichung des<br />

Hauptanwendungsfalls, vgl. BMF-Schreiben v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 -<br />

12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 35. Der BFH (v. 8.10.2008 – I R 95/04, DStR 2009,<br />

161) sieht in der Ungleichbehandlung von KÇrperschaften, die – gemessen an<br />

der Neufassung – ihre Identitåt vor dem 1.1.1997 verloren hatten, und solchen,<br />

bei denen der Identitåtsverlust in 1997 vor dem 6. August eintrat, einen Verfassungsverstoß.<br />

Da<strong>zu</strong> Anm. 211 ff.<br />

Seine vorlåufig letzte Ønderung erfuhr § 8 Abs. 4 KStG durch das StØndG<br />

2001 v. 20.12.2001 (BGBl. I 2001, 3794 = BStBl. I 2002, 4), durch das Satz 3 redaktionell<br />

angepasst wurde.<br />

Durch das UntStReformG 2008 v. 14.8.2007 (BGBl. I 2007, 1912 = BStBl. I 2007,<br />

630) wurde § 8c KStG als Nachfolgeregelung von § 8 Abs. 4 KStG eingefÅgt.<br />

Die Vorschrift findet Åber den Verweis in § 10a Satz 10 1. Halbsatz GewStG<br />

auch auf den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag von KÇrperschaften Anwendung<br />

(<strong>zu</strong>r Anwendung auf Fehlbetråge von Mitunternehmerschaften, an denen<br />

KÇrperschaften unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind, vgl. Anm. 77 ff.).<br />

Im Gegensatz <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG verzichtet § 8c KStG auf das in seiner Auslegung<br />

umstrittene (vgl. Anm. 236 ff.) Tatbestandsmerkmal der FortfÅhrung<br />

oder Wiederaufnahme des Geschåftsbetriebs „mit Åberwiegend neuem BetriebsvermÇgen“<br />

und stellt allein auf den (qualifizierten) Beteiligungserwerb<br />

als maßgebliches Kriterium fÅr die Versagung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng ab (s. da<strong>zu</strong><br />

auch Anm. 100). Gemåß § 34 Abs. 7b KStG findet § 8c KStG erstmals fÅr den<br />

EZ 2008 „und“ auf AnteilsÅbertragungen nach dem 31.12.2007 Anwendung.<br />

Die ungenaue gesetzliche Formulierung soll nicht bedeuten, dass bei abweichenden,<br />

im EZ 2008 endenden Wirtschaftsjahren eine AnteilsÅbertragung<br />

vor dem 1.1.2008 tatbestandlich sein kann. Vielmehr findet die Neuregelung<br />

nur Anwendung, wenn die AnteilsÅbertragung nach dem 31.12.2007 stattgefunden<br />

hat (BMF, Schr. v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I<br />

2008, 736, Tz. 35; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 13). Umwandlungen<br />

des Anteilseigners, denen ein steuerlicher Ûbertragungsstichtag vor dem<br />

1.1.2008 <strong>zu</strong>grunde liegt, kÇnnen nach hM nicht <strong>zu</strong>r Anwendung des § 8c KStG<br />

56<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 99 § 10a<br />

fÅhren (Schumacher/HagebÇke, DB 2008, 493; aA BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 15).<br />

Nach § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG idF des JStG 2009 ist § 8 Abs. 4 KStG in der am<br />

23.12.2001 geltenden Fassung neben § 8c KStG letztmalig an<strong>zu</strong>wenden,<br />

wenn mehr als die Hålfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft innerhalb eines<br />

Zeitraums von fÅnf Jahren Åbertragen werden, der vor dem 1.1.2008 beginnt,<br />

und der Verlust der wirtschaftlichen Identitåt vor dem 1.1.2013 eintritt.<br />

Eine inhaltsgleiche Regelung trifft § 36 Abs. 9 Satz 2 GewStG fÅr die Verweisungsnorm<br />

des § 10a Satz 8 GewStG idF JStG 2007 (jetziger § 10a Satz 10<br />

1. Halbsatz GewStG). Da § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG eine Fortgeltung des § 8<br />

Abs. 4 KStG „in der am 23. Dezember 2001 geltenden Fassung“ anordnet,<br />

wird mit dieser Zeitgrenze mE nicht die in Tz. 6 des BMF, Schr. v. 16.4.1999 enthaltene<br />

FÅnf-Jahres-Frist fÅr die Zusammenrechnung von Anteilserwerben<br />

(s. Anm. 233 f.) gesetzlich festgeschrieben (so aber Zerwas/FrÇhlich,<br />

DStR 2007, 1933 [1938 f.]; Suchanek/Herbst, FR 2007, 863 [871 f.]; dass die Finanzverwaltung<br />

an der FÅnf-Jahres-Frist festhålt, verdeutlicht das Beispiel in<br />

Tz. 38 des BMF, Schr. v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008,<br />

736). Vielmehr bestimmt die Ûbergangsregelung lediglich den Zeitraum, innerhalb<br />

dessen die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 4 KStG – in seiner durch § 34<br />

Abs. 6 Satz 3 KStG nicht beeinflussten Auslegung – geprÅft wird (<strong>zu</strong>treffend<br />

Neumann/Stimpel, GmbHR 2007, 1194; ebenso wohl MÇhlenbrock in RÇdder/<br />

MÇhlenbrock, Ubg 2008, 595 [606 f.]). WÅrde man die FÅnf-Jahres-Frist des<br />

BMF-Schreibens <strong>zu</strong>grunde legen, kÇnnte es im Einzelfall erforderlich sein, die<br />

Sanierungsklausel des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG bis Ende 2017 <strong>zu</strong> Åberwachen<br />

(vgl. das Beispiel im BMF, Schr. v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I<br />

2008, 736, Tz. 37). Die Ûbergangsvorschrift des § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG fÅhrt<br />

<strong>zu</strong> einer vorÅbergehenden Parallelgeltung von § 8 Abs. 4 KStG und § 8c<br />

KStG. Liegen die Vorausset<strong>zu</strong>ngen sowohl des § 8 Abs. 4 KStG als auch des § 8<br />

Abs. 4 KStG vor, finden beide Vorschriften Anwendung (Gesetzeskonkurrenz).<br />

Durch Art. 4 des Gesetzes <strong>zu</strong>r Modernisierung der Rahmenbedingungen fÅr<br />

Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) v. 12.8.2008 (BGBl. I 2008, 1672 =<br />

BStBl. I 2008, 854) wurde mit Wirkung <strong>zu</strong>m EZ 2008 ein Abs. 2 an § 8c KStG<br />

angefÅgt, wodurch Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften nach dem<br />

WKBG privilegiert werden sollen (da<strong>zu</strong> Anm. 185 ff.). Diese Neuregelung<br />

stand gemåß Art. 8 Abs. 2 MoRaKG unter dem Vorbehalt, dass die Europåische<br />

Kommission im Rahmen des von der Bundesregierung eingeleiteten Notifizierungsverfahrens<br />

nach Art. 88 Abs. 3 EG (jetzt Art. 108 Abs. 2, 3 AEUV) die Vereinbarkeit<br />

der Regelung mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt. Die Europåische<br />

Kommission stellte jedoch mit Entscheidung vom 30.9.2009 (K (2009)<br />

7387 – ABl. L 6 v. 9.1.2010, S. 32) die Unvereinbarkeit der Regelung mit dem<br />

Gemeinsamen Markt fest. Daher trat § 8 Abs. 2 KStG idF des MoRaKG nie in<br />

Kraft (s. da<strong>zu</strong> auch Roser, EStB 2010, 265, der die Frage aufwirft, ob die Einwendungen<br />

der Kommission aufgrund der neu eingefÅhrten und allen KÇrperschaften<br />

<strong>zu</strong>gånglichen Verschonungsregelung des § 8c Abs. 1 Såtze 6 bis 9<br />

KStG neu <strong>zu</strong> bewerten sind).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

57


§ 10a Anm. 99 Gewerbeverlust<br />

Durch Art. 7 des BÅrgerentlastungsgesetz Krankenversicherung v. 16.7.2009<br />

(BGBl. I 2009, 1959 = BStBl. I 2009, 782) wurde nach § 8c Abs. 1 KStG ein neuer<br />

Abs. 1a angefÅgt, wonach fÅr Zwecke des Abs. 1 ein Beteiligungserwerb <strong>zu</strong>m<br />

Zwecke der Sanierung des Geschåftsbetriebs der KÇrperschaft unbeachtlich<br />

ist. Dieses sog. Sanierungsprivileg hatte gemåß § 34 Abs. 7c KStG idF des BÅrgerentlastungsgesetz<br />

Krankenversicherung <strong>zu</strong>nåchst eine auf zwei Jahre beschrånkte<br />

Anwendungszeit, jedoch wurde diese Beschrånkung durch eine<br />

entsprechende Neufassung des § 34 Abs. 7c KStG durch Art. 2 Abs. 3 lit. c) des<br />

Wachstumsbeschleunigungsgesetzes v. 22.12.2009 (BGBl. I 2009, 3950 =<br />

BStBl. I 2010, 2) aufgehoben. Allerdings hat die Europåische Kommission mit<br />

Beschluss vom 26.1.2011 (C7/2010 – Volltext der Entscheidung abrufbar unter<br />

http://ec.europa.eu/competition/index_en.html) entschieden, dass die Sanierungsklausel<br />

eine staatliche Beihilferegelung darstellt, die Deutschland unter<br />

Verlet<strong>zu</strong>ng von Art. 103 Abs. 3 AEUV rechtswidrig gewåhrt hat, und die daher<br />

mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist (s. <strong>zu</strong>r beihilferechtlichen Problematik<br />

einerseits de Weerth, DB 2010, 1205: gemeinschaftsrechtlich un<strong>zu</strong>låssige Beihilfe;<br />

andererseits Marquart, IStR 2011, im Erscheinen; Breuninger/Ernst,<br />

GmbHR 2010, 561 [564 f.]: keine verbotene Beihilfe). Als Folge des Beschlusses<br />

hat Deutschland die nach Auffassung der Europåischen Kommission unvereinbaren<br />

Behilfen einschließlich Zinsen <strong>zu</strong>rÅck<strong>zu</strong>fordern. Das BMF hatte<br />

bereits nach ErÇffnung des fÇrmlichen PrÅfverfahrens mit BMF, Schr.<br />

v. 30.4.2010 – IV C 2 - S 2745-a/08/1005, BStBl. I 2010, 482 die Anwendbarkeit<br />

der Sanierungsklausel ausgesetzt. Die Bundesrepublik hat inzwischen gegen<br />

den Beschluss der Kommission Nichtigkeitsklage vor dem Gericht der Europåischen<br />

Union erhoben. Diese Klage hat jedoch keine aufschiebende Wirkung.<br />

Durch Art. 2 des Wachstumsbeschleunigungsgesetz v. 22.12.2009<br />

(BGBl. I 2009, 3950 = BStBl. I 2010, 2) werden dem § 8c Abs. 1 KStG die Såtze 5<br />

bis 8 angefÅgt. Danach gelten bestimmte (konzerninterne) Beteiligungserwerbe<br />

nicht als schådliche Beteiligungserwerbe (Satz 5 – sog. Konzernklausel)<br />

und wird ein Verlustab<strong>zu</strong>g auch bei Vorliegen eines schådlichen Beteiligungserwerbs<br />

<strong>zu</strong>gelassen, soweit der Verlust die stillen Reserven des inlåndischen<br />

BetriebsvermÇgens der KÇrperschaft nicht Åbersteigt (Såtze 6 bis 8 – sog. Verschonungsregelung).<br />

Mit gleichem Gesetz wurde <strong>zu</strong>dem § 8c Abs. 1a Satz 3<br />

Nr. 3 Satz 5 KStG neu gefasst, um der nun unbeschrånkten zeitlichen Anwendung<br />

der durch das BÅrgerentlastungsgesetz Krankenversicherung eingefÅhrten<br />

Sanierungsklausel Rechnung <strong>zu</strong> tragen.<br />

Die letzte Ønderung erfuhr § 8c KStG durch das Jahressteuergesetz 2010 v.<br />

8.12.2010 (BGBl. I 2010, 1768 = BStBl. I 2010, 1394), durch das die mit dem<br />

Wachstumsbeschleunigungsgesetz eingefÅgte sog. Verschonungsregelung<br />

<strong>zu</strong>m einen dahingehend modifiziert wurde, dass fÅr den Verlusterhalt nicht<br />

mehr die stillen Reserven des inlåndischen BetriebsvermÇgens, sondern die im<br />

Inland steuerpflichtigen stillen Reserven entscheidend sind (Ønderung des<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 6 KStG). Zum anderen wurde durch EinfÅgung eines neuen<br />

Satz 8 eine Sonderregelung fÅr die Berechnung der fÅr den Verlusterhalt maßgebenden<br />

stillen Reserven bei einem negativen Eigenkapital der KÇrperschaft<br />

aufgenommen; der bisherige Satz 8 wurde neuer Satz 9. Beide Neuregelungen<br />

58<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 99 § 10a<br />

sind gemåß § 34 Abs. 1 KStG erstmals fÅr den VZ 2010 anwendbar (<strong>zu</strong> verfassungsrechtlichen<br />

Bedenken aufgrund der ggf. belastenden Wirkung des neuen<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 8 KStG Brinkmann, Ubg 2011, 94 [100]).<br />

c) Die Vorschrift des § 8c KStG im Einzelnen<br />

Schrifttum: PflÅger, Unternehmensteuerreform 2008 – Auswirkungen auf die Beratungspraxis,<br />

IWW Sonderdruck; Barth, Unternehmensteuerreform 2008, Baden-Baden, 2007;<br />

Ernst & Young/BDI, Die Unternehmensteuerreform 2008, Berlin, 2007; Schaumburg/RÇdder,<br />

Unternehmensteuerreform 2008, MÅnchen, 2007; Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform<br />

2008, KÇln 2008; Groß/Klein, Kein Untergang von Verlusten nach § 8c<br />

KStG beim BÇrsengang, AG 2007, 896; Lenz/Ribbrock, Versagung des Verlustab<strong>zu</strong>gs bei<br />

Anteilseignerwechsel – kritische Analyse des § 8c KStG in der Fassung des Referentenentwurfs<br />

<strong>zu</strong>r Unternehmensteuerreform 2008, BB 2007, 587; Neyer, Verlustnut<strong>zu</strong>ng nach<br />

AnteilsÅbertragung: Die Neuregelung des Mantelkaufs durch § 8c KStG n.F., BB 2007,<br />

1415; Beußer, Die Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung gem. § 8c KStG im Unternehmenssteuerreformgesetz<br />

2008, DB 2007, 1549; Viskorf/Michel, StimmrechtsÅbertragungen und vergleichbare<br />

Sachverhalte im Rahmen des § 8c KStG, DB 2007, 2561; Wiese, Der Untergang<br />

des Verlust- und Zinsvortrages bei KÇrperschaften, DStR 2007, 741; RÇdder, Unternehmensteuerreformgesetz<br />

2008, Beihefter <strong>zu</strong> DStR 2007, Heft 40; Zerwas/FrÇhlich, §8c<br />

KStG – Auslegung der neuen Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung, DStR 2007, 1933; Lang, Die<br />

Neuregelung der Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung gemåß § 8c KStG durch das Unternehmensteuerreformgesetz<br />

2008, DStZ 2007, 652; Hans, Unternehmensteuerreform 2008:<br />

Kritik der Neuregelung Åber die Nut<strong>zu</strong>ng kÇrperschaftsteuerlicher Verluste (§ 8c KStG),<br />

FR 2007, 775; Suchanek/Herbst, Unternehmensteuerreform 2008: fatale Wirkungen des<br />

neuen § 8c KStG <strong>zu</strong>r Verlustnut<strong>zu</strong>ng bei KÇrperschaften und der Auslaufvorschrift <strong>zu</strong> § 8<br />

Abs. 4 KStG, FR 2007, 863; Centrale fÅr GmbH Dr. Otto Schmidt, Stellungnahme vom<br />

26.3.2007 <strong>zu</strong>m Gesetzesentwurf der Bundesregierung eines Unternehmensteuerreformgesetzes<br />

2008 vom 14.3.2007, GmbHR 2007, 421; DÇrfler/Wittkowski, Verschårfung der<br />

Verlustnut<strong>zu</strong>ng bei Kapitalgesellschaften: Wie § 8c KStG-E das Kinde mit dem Bade ausschÅttet,<br />

GmbHR 2007, 513; Dieterlen/Winkler, Konzernsachverhalte im Rahmen der<br />

neuen „Mantelkauf“-Regelung des § 8c KStG, GmbHR 2007, 815; Neumann/Stimpel,<br />

Ausgewåhlte Zweifelsfragen <strong>zu</strong>r neuen Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung nach § 8c KStG,<br />

GmbHR 2007, 1194; Korn, Beratungsbrennpunkt Steuerånderungsgesetze 2007/2008,<br />

KÚSDI 2007, 59; GrÅtzner, Verschårfung der bisherigen Einschrånkungen beim Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

nach § 8 Abs. 4 KStG durch § 8c KStG-E, StuB 2007, 339; Markmann, Die Neuregelung<br />

des Mantelkaufs in § 8c KStG, SaarbrÅcken, 2008; Behrendt/Arjes/Nogens,§8c<br />

KStG – Struktur <strong>zu</strong>m Erhalt gewerbesteuerlicher Verlustvortråge, BB 2008, 367; Sedemund/Fischenich,<br />

Die neuen Mantelkaufregelungen und Grunderwerbsteuer als verfassungs-<br />

und europarechtlich bedenkliche Bremse von internationalen Umstrukturierungen,<br />

BB 2008, 535; MeiÌsel/Bokeloh, Anmerkungen <strong>zu</strong>m Entwurf des BMF-Schreibens <strong>zu</strong><br />

§ 8c KStG, BB 2008, 808; Sistermann/Brinkmann, Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkungen nach<br />

§ 8c KStG – Anmerkungen <strong>zu</strong>m BMF-Schreiben vom 4.7.2008, BB 2008, 1928; Rolf/Pankoke,<br />

Gewinnrealisierung und Aufwandsentlastung als Gegenmaßnahme <strong>zu</strong>r Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung<br />

innerhalb von Konzernstrukturen, BB 2008, 2274; Schumacher/HagebÇke,<br />

Umwandlungssteuerrechtliche RÅckwirkungsfiktion und Ûbertragung von Anteilen<br />

im Rahmen des § 8c KStG, DB 2008, 493; Pohl, Die Auswirkung eines Forderungsverzichts<br />

mit Besserungsschein im Rahmen des § 8c KStG, DB 2008, 1531; DÇtsch/Pung,§8c<br />

KStG: Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung fÅr KÇrperschaften, DB 2008, 1703; Schick/Franz,<br />

Verlustnut<strong>zu</strong>ng bei Umwandlungen trotz § 8c KStG?, DB 2008, 1987; Klemt, Keine Auswirkungen<br />

des § 8c KStG auf Venture-Capital-Investitionen durch vermÇgensverwaltende<br />

Fonds?, DB 2008, 2100; Thonemann, Verlustbeschrånkung und Zinsschranke in der<br />

Unternehmensnachfolgeplanung, DB 2008, 2156; Roser, Verlust- (und Zins-) Nut<strong>zu</strong>ng<br />

nach § 8c KStG, DStR 2008, 77; Wild/Sustmann/Papke, Gefåhrdet § 8c KStG bei einem<br />

BÇrsengang die steuerlichen Verlustvortråge der emittierenden Gesellschaft?, DStR 2008,<br />

851; Sistermann/Brinkmann, Verlustuntergang aufgrund konzerninterner Umstrukturie-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

59


§ 10a Anm. 99 Gewerbeverlust<br />

rungen, DStR 2008, 897; Roser, VerlustabzÅge nach § 8c KStG – ein ernÅchterndes Anwendungsschreiben,<br />

DStR 2008, 1561; Sistermann/Brinkmann, RÅckwirkende Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

nach dem JStG 2009, DStR 2008, 2455; Lang, Das BMF-Schreiben <strong>zu</strong>r Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung<br />

fÅr KÇrperschaften (§ 8c KStG) vom 4.7.2008, DStZ 2008, 549; van Lishaut,<br />

Grenzfragen <strong>zu</strong>m „Mantelkauf“ (§ 8c KStG), FR 2008, 789; Suchanek, Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung<br />

fÅr KÇrperschaften (§ 8c Abs. 1 KStG): Das BMF-Schreiben vom<br />

4.7.2008 aus Beratersicht, FR 2008, 904; Suchanek, Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung fÅr KÇrperschaften<br />

– Anmerkungen <strong>zu</strong>m Entwurf eines BMF-Schreibens vom 20.2.2008 <strong>zu</strong> § 8c<br />

KStG, GmbHR 2008, 292; DrÅen, Rechtsformneutralitåt der Unternehmensbesteuerung<br />

als verfassungsrechtlicher Imperativ?, GmbHR 2008, 393; Schwedhelm, Die Neuregelung<br />

des Mantelkaufs in § 8c KStG – verfassungs- und steuersystematische WÅrdigung,<br />

GmbHR 2008, 404; Altrichter-Herzberg, Untergang der steuerlichen Verlustvortråge<br />

nach § 8c KStG – Auch unter BerÅcksichtigung des BMF-Schreibens <strong>zu</strong>r Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung<br />

fÅr KÇrperschaften (§ 8c KStG) vom 4.7.2008, GmbHR 2008, 857; Harle/<br />

Geiger, GestaltungsmÇglichkeiten innerhalb des Verlustab<strong>zu</strong>gs bei KÇrperschaften nach<br />

dem BMF-Schreiben vom 4.7.2008 <strong>zu</strong> § 8c KStG, GmbHR 2008, 873; Kußmaul/Richter/<br />

Tcherveniachki, Ausgewåhlte praktische Problemfelder im Kontext des § 8c KStG – Zugleich<br />

Anmerkungen <strong>zu</strong>m BMF-Schreiben vom 4.7.2008, GmbHR 2008, 1009; Siebert/<br />

Frank, Erhaltung von Verlustvortrågen im Sanierungsfall Gestaltungsoptionen fÅr<br />

GmbH-Berater durch einen Insolvenzplan, GmbH-StB 2008, 243; Neumann, Die neue<br />

Mantelkaufregelung in § 8c KStG Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkungen nach der Unternehmensteuerreform<br />

2008, GmbH-StB 2008, 249; Fleischer, Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung fÅr<br />

KÇrperschaften (§ 8c KStG), MittBayNot 2008, 456; DÇrr, Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung fÅr<br />

KÇrperschaften nach § 8c KStG – BMF-Schreiben v. 4.7.2008 wirft neue Fragen auf, NWB<br />

2008, 5339; Strunk, Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkungen fÅr KÇrperschaften gemåß § 8c KStG<br />

– Erste Analyse des Entwurfs eines BMF-Schreibens vom 20.2.2008, Stbg 2008, 192;<br />

GrÅtzner, Die Einschrånkungen des Verlustab<strong>zu</strong>gs durch § 8c KStG, StuB 2008, 617;<br />

Lenz, Der neue § 8c KStG aus Unternehmenssicht, Ubg 2008, 24; Breuninger/Schade,<br />

Entwurf eines BMF-Schreibens <strong>zu</strong> § 8c KStG – „Verlustvernichtung“ ohne Ende?, Ubg<br />

2008, 261; Schmidt-Fehrenbacher, Zinsschranke und „Mantelkauf“ aus der Sicht der Praxis,<br />

Ubg 2008, 469; RÇdder/MÇhlenbrock, Die Neuregelung des § 8c KStG betr. Verluste<br />

von Kapitalgesellschaften bei Beteiligungserwerben, Ubg 2008, 595; Hannes/von Freeden,<br />

Der Abschluss eines erbschaftsteuerlich motivierten Poolvertrags unter BerÅcksichtigung<br />

von § 8c KStG, Ubg 2008, 624; Frotscher, Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung, § 8c KStG,<br />

und Organschaft, Der Konzern 2008, 548; Altvater, Die Bankenkrise im Steuerrecht,<br />

DB 2008, 2612; Gocksch/GrÇger/Schuck, Steuerliche Aspekte bei der Inanspruchnahme<br />

von Rettungsmaßnahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes, DB 2008, 2669; Kollruss/Weißert/Ilin,<br />

Die KGaA im Lichte der Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung des § 8c KStG<br />

und der Zinsschranke, DStR 2009, 88; Pohl, Gesplittete AnteilsÅbertragung und § 8c<br />

KStG – Ein neuer Anwendungsfall der Gesamtplanrechtsprechung, GmbHR 2009, 132;<br />

Suchanek, Ertragsteuerliche Ønderungen im Jahressteuergesetz 2009 <strong>zu</strong>r Verhinderung<br />

von Gestaltungen im Zusammenhang mit § 8c KStG – Die „Verlustvernichtung“ geht weiter,<br />

Ubg 2009, 78; Hoffmann, Weitere Verlustvernichtung im JStG 2009, DStR 2009, 257;<br />

Neyer, Verlustnut<strong>zu</strong>ng nach AnteilsÅbertragung – Zum Umfang des Verlustverwertungsverbots<br />

gem. § 8c KStG, BB 2009, 415; Mertes, Mantelkauf, GmbH-Steuerpraxis 2009,<br />

367; Rodewald, Die steuerlichen Auswirkungen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes,<br />

BB 2009, 356; Berg, Internationale steuerliche Aspekte des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes,<br />

IStR 2009, 156; Berg, Materiell-rechtliche Konsequenzen einer mÇglichen Europarechtswidrigkeit<br />

von § 14 des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes, IStR 2009,<br />

459; Wittkowski/Hielscher, Praxishinweise <strong>zu</strong>r Beachtung der Sanierungsklausel mit<br />

Blick auf die Aufnahme neuer Investoren, BRZ 2009, 421; DÇrfler/Rautenstrauch/Adrian,<br />

Das Jahressteuergesetz 2009 – Ausgewåhlte Aspekte der Unternehmensbesteuerung, BB<br />

2009, 580; Schildknecht/Riehl, Untergang von Verlust- und Zinsvortrågen beim Gesellschafterwechsel<br />

in der Kapitalgesellschaft – Ausgestaltung und Quantifizierung des Ausgleichsanspruchs,<br />

DStR 2009, 117; DorfmÅller, Die praktische Anwendung des Verlustab<strong>zu</strong>gs<br />

nach § 8c KStG bei Umwandlungen im Ausland, IStR 2009, 411; RÇdder/SchÇnfeld,<br />

Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Auslegung von § 2 Abs. 4 UmwStG i.d.F. des<br />

60<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 99 § 10a<br />

JStG 2009, DStR 2009, 560; Honert/Obser, Steuerlich nicht genutzte Verluste und/oder<br />

Zinsvortråge in der Gesellschaft – Vorsicht beim Abschluss von Stimmrechtsvereinbarungen,<br />

BB 2009, 1161; Kutt/MÇllmann, Verlustnut<strong>zu</strong>ng bei unterjåhrigem Beteiligungserwerb,<br />

DB 2009, 2564; Sistermann/Brinkmann, Die neue Sanierungsklausel in § 8c KStG<br />

– VorÅbergehende Entschårfung der Mantelkaufregelung fÅr Unternehmen in der Krise,<br />

DStR 2009, 1453; Ziegenhagen/Thewes, Die neue Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a<br />

KStG, BB 2009, 2116; Sistermann/Brinkmann, Wachstumsbeschleunigungsgesetz: Die<br />

Ønderungen bei der Mantelkaufregelung – Entschårfung der Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkungen<br />

durch Konzernklausel und Verschonung in HÇhe der stillen Reserven, DStR 2009,<br />

2633; Trossen, Die neue Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG, GmbH-StB 2009, 227;<br />

Bien/Wagner, Erleichterungen bei der Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung und der Zinsschranke<br />

nach dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, BB 2009, 2626; Ballwieser/Frase, Zur<br />

(Un-)Anwendbarkeit von § 8c KStG bei konzerninternen Umstrukturierungen – oder: Die<br />

Jurisprudenz als „verstehende Wissenschaft“, BB 2009, 1502; Braun/Geist, Zur Steuerfreiheit<br />

von Sanierungsgewinnen – Bestandsaufnahme und Empfehlungen, BB 2009,<br />

2508; Scheunemann/Dennisen, Unternehmensbesteuerung 2010 – Ûberblick Åber die im<br />

Wachstumsbeschleunigungsgesetz vorgesehenen Ønderungen, BB 2009, 2564; Imschweiler/Geimer,<br />

EinfÅhrung einer Sanierungsklausel in § 8c KStG, EStB 2009, 324;<br />

Suchanek/Jansen, Umfang und Grenzen der Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsaufklårung<br />

im Rahmen von § 8c KStG, GmbHR 2009, 412; Elicker/Zillmer, BÇses Erwachen<br />

beim KÇrperschaftsteuerbescheid – Was tun, wenn Poolvertråge vermeintlich Verlust-<br />

und Zinsvortråge zerstÇrt haben, BB 2009, 2620; Herzig/Bohn, Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz<br />

als Umset<strong>zu</strong>ng des Sofortprogramms der Koalitionsparteien <strong>zu</strong>m<br />

Unternehmensteuerrecht, DStR 2009, 2341; Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, Mantelkauf:<br />

Passt nicht, immer noch <strong>zu</strong> weit! Zweifelsfragen und LÇsungsansåtze im Zusammenhang<br />

mit der Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a KStG, DStR 2009, 2173; Neyer, Sanierungsprivileg<br />

gem. § 8c Abs. 1a KStG – Qualifizierte ZufÅhrung von BetriebsvermÇgen als Verlustrettungsmaßnahme,<br />

BB 2009, 2284; Altrichter-Herzberg, Die mÇgliche EinfÅhrung eines<br />

Sanierungsprivilegs in § 8c KStG, GmbHR 2009, 466; MÅckl/Remplik, Die neue Sanierungsklausel<br />

gem. § 8c Abs. 1a KStG n.F., FR 2009, 689; Neumann/Stimpel, Die Sanierungsklausel<br />

in § 8c KStG – erste Ûberlegungen, Der Konzern 2009, 409; Lang, Die neue<br />

Sanierungsklausel in § 8c KStG, DStZ 2009, 751; Suchanek/Herbst, Die neue Sanierungsklausel<br />

gemåß § 8c Abs. 1a KStG n.F., Ubg 2009, 525; Viskorf, Bericht <strong>zu</strong>m 1. MÅnchener<br />

Unternehmenssteuerforum: „Sofortprogramm krisenentschårfende Maßnahmen – Die<br />

Entschårfung der Verlust- und Zinsab<strong>zu</strong>gsbeschrånkungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz“,<br />

DStR 2010, Beihefter <strong>zu</strong> Heft 7, 1; Scheunemann/Dennisen/<br />

Behrens, Steuerliche Ønderungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, BB<br />

2010, 23; Bien/Wagner, Die Konzernklausel bei § 8c KStG, BB 2010, 923; Neyer, Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

nach AnteilsÅbertragung: Anwendung der neuen Verschonungsregeln auf Konzernsachverhalte,<br />

BB 2010, 1055; Frey/MÅckl, Konzeption und Systematik der Ønderungen<br />

beim Verlustab<strong>zu</strong>g (§ 8c KStG) – Chancen und Risiken fÅr die Gestaltungspraxis,<br />

GmbHR 2010, 71; Cortez/Brucker, Ønderungen der Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkungsregelung<br />

des § 8c KStG durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009, BB<br />

2010, 734; Scheipers/Linn, Ønderungen des § 8c KStG durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz,<br />

Ubg 2010, 8; Schmiel, § 8c KStG in der Kritik: Ungleichmåßigkeit der Besteuerung<br />

durch Verlustverrechnungsbeschrånkungen beim Mantelkauf und anderen<br />

AnteilsÅbertragungen, BB 2010, 151; StÅmper, Das Schicksal steuerlicher Verlustvortråge<br />

in Anwachsungsfållen, GmbHR 2010, 129; Wittkowski/Hielscher, Ønderungen des § 8c<br />

KStG durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, DB 2010, 11; DÇrr, Wachstumsbeschleunigung<br />

durch den neuen § 8c KStG, NWB 2010, 184; Bron, Verlustnut<strong>zu</strong>ngsrestriktionen<br />

des § 8c KStG und erbschaft- und schenkungsteuerlich motiviertes Stimmrechtspooling,<br />

FR 2010, 208; Franz, Enge oder weite Auslegung der „Konzernklausel“ in<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG?, BB 2010, 991; Watermeyer, Ønderungen des § 8c KStG ab VZ<br />

2010, GmbH-StB 2010, 132; Haßa/Gosmann, Zweifelsfragen <strong>zu</strong> Konzernklausel und Verschonungsregel<br />

des § 8c KStG, DB 2010, 1198; Felten, Erbschaft- und schenkungsteuerlich<br />

motivierte Poolvertråge als Verlustfalle?, DStR 2010, 1261; de Weerth, Die Sanierungsklausel<br />

des § 8c KStG und europåisches Beihilferecht, DB 2010, 1205; Breuninger/<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

61


§ 10a Anm. 100 Gewerbeverlust<br />

Ernst, Der Beitritt eines rettenden Investors als (stiller) Gesellschafter und der „neue“ § 8c<br />

KStG – Droht jetzt das Ende der Sanierungsklausel durch das EU-Beihilfeverbot?,<br />

GmbHR 2010, 561; Roser, Quantitative Verlusterhaltung nach § 8c Abs. 1 Såtze 6-8 KStG<br />

– Rettung vor dem „Abgrund“ oder selbst ein Abgrund?, EStB 2010, 265; Neyer, Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

nach unterjåhrigem Anteilserwerb: Verwertungsverbot und Verschonungsregeln,<br />

DStR 2010, 1600; Kroniger/Braun, Nåmlichkeit von Anteilen bei mehrfachen Ûbertragungsvorgången<br />

nach § 8c KStG, BB 2010, 2336; Heinz, Steuereffiziente Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

als Bestandteil einer steuerzentrierten Sanierungsberatung, FR 2010, 1134; Waitz,<br />

Disquotale Gewinnverteilung als Kompensation fÅr den Wegfall von ertragsteuerlichen<br />

Verlustvortrågen durch Gesellschafterwechsel bei einer GmbH, BB 2010, 2535; Altrichter/Herzberg,<br />

Steuerliche Verlustvortråge: Der FÅnf-Jahres-Zeitraum iS des § 8c KStG,<br />

GmbHR 2010, 801; Brinkmann, Die Stille-Reserven-Klausel des § 8c KStG – bisherige gesetzliche<br />

Regelung und Ønderungen durch das JStG 2010, Ubg 2011, 94; Suchanek/Jansen,<br />

Ønderungen bei der Stille-Reserven-Klausel des § 8c KStG durch das Jahressteuergesetz<br />

2010, GmbHR 2011, 174; Wagner, § 8c KStG: Verschonungsregelung bei stillen Reserven,<br />

DB 2010, 2751; Neyer, Die Konzernklausel fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g – Problembereiche<br />

der Verschonungsregel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG, GmbHR 2010, 1132; Wagner,<br />

Zweifelsfragen <strong>zu</strong>r Anwendbarkeit der Konzernklausel des § 8c KStG, PIStB 2011, 45; Eilers/Schwan,<br />

StrukturÅberlegungen <strong>zu</strong> Secondary Buy-outs, DB 2011, 837; Knipping, Der<br />

sachliche Anwendungsbereich des § 8c KStG, Konzern 2011, 25; Tschesche/Hofmann,<br />

Die BerÅcksichtigung von Minderheitsaktionåren im Rahmen des § 8c KStG bei der Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />

bÇrsennotierter Aktiengesellschaften, BB 2011, 279; Eisgruber/Schaden,<br />

Vom Sinn und Zweck des § 8c KStG – Ein Beitrag <strong>zu</strong>r Auslegung der Norm, Ubg 2010, 73;<br />

RÇdder/von Freeden, Stille Reserven fÅr Zwecke des § 8c KStG bei unmittelbarem und<br />

<strong>zu</strong>gleich mittelbarem (mehrstufigem) Beteiligungserwerb, Ubg 2010, 551; MÇhlenbrock,<br />

Perspektiven der Verlustnut<strong>zu</strong>ng bei KÇrperschaften und deren Anteilseignern, Ubg<br />

2010, 256; Stollenwerk/Scherff, Verwertung steuerlicher Verlustvortråge trotz schådlichen<br />

Beteiligungserwerbs, GmbH-StB 2011, 76; GrÇger, Verlustnut<strong>zu</strong>ng in Folge eines<br />

Sanierungserwerbs in 2010, BB 2010, 2926; Ehmann, Beihilferechtliche Zulåssigkeit des<br />

§ 8c Abs. 1a KStG, DStR 2011, 5; DÇrr, Steuerliche Sanierung gescheitert: EU-Kommission<br />

kippt § 8c Abs. 1a KStG, NWB 2011, 690; DrÅen, Die Sanierungsklausel des § 8c KStG als<br />

europarechtswidrige Beihilfe, DStR 2011, 289; Marquart, Die MÇglichkeit der Verlustverrechnung<br />

als selektive BegÅnstigung sanierungsbedÅrftiger Unternehmen?, IStR 2011,<br />

im Erscheinen.<br />

Verwaltungsanweisung: BMF, Schr. v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I<br />

2008, 736<br />

aa) Gesetzeszweck/Grenzen der teleologischen Auslegung/wirtschaftliche<br />

Bedeutung<br />

100 Die Erset<strong>zu</strong>ng des § 8 Abs. 4 KStG durch § 8c KStG erfolgte, um eine „einfachere<br />

und zielgenauerer Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung“ <strong>zu</strong> erreichen (BT-<br />

Drucks. 16/4841, 74 und 75 ff.). Der Vorschrift des § 8c KStG soll nach der GesetzesbegrÅndung<br />

(BT-Drucks. 16/4841, 76) der Gedanke <strong>zu</strong>grunde liegen,<br />

dass sich die wirtschaftliche Identitåt einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche<br />

Engagement eines anderen Anteilseigners åndere. Hierdurch entsteht<br />

der un<strong>zu</strong>treffende Eindruck, dass der AnknÅpfungspunkt des § 8c KStG dem<br />

des § 8 Abs. 4 KStG entspricht. Dies widerspricht <strong>zu</strong>m einen der Rechtsprechung<br />

des BFH <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG, wonach die wirtschaftliche Identitåt der<br />

KÇrperschaft im Wesentlichen durch ihren Unternehmensgegenstand und ihr<br />

verfÅgbares BetriebsvermÇgen, aber grundsåtzlich nicht durch ihre Gesellschafter<br />

bestimmt wird (vgl. Anm. 209). Zum anderen verdeckt die Formulierung<br />

der GesetzesbegrÅndung, dass § 8c KStG mit dem ursprÅnglichen Anliegen<br />

des § 8 Abs. 4 KStG, den vom Gesetzgeber als missbråuchlich angesehe-<br />

62<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 100–101 § 10a<br />

nen Handel mit Verlustvortrågen <strong>zu</strong> unterbringen (s. Anm. 210), nichts mehr<br />

gemein hat: Der von § 8c KStG sanktionierte Erwerb einer Beteiligung von<br />

mehr als 25 % bzw. 50 % der Anteile an einer KÇrperschaft durch einen Erwerber<br />

ist – selbst bei pauschalierender Betrachtung – keinesfalls missbråuchlich.<br />

§ 8c KStG ist damit eine reine Fiskalzwecknorm <strong>zu</strong>r Gegenfinanzierung der<br />

UntStReform 2008 (Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/Klapdor, Unt-<br />

StRefG, § 8c KStG Rn. 6 f; RÇdder, Beihefter <strong>zu</strong> DStR 2007, Heft 40, 12). Der<br />

rein fiskalische Charakter der Norm zeigt sich mE auch daran, dass der mehrfachen<br />

Kritik des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren des Unt-<br />

StRefG 2008, dass „fÅr wirtschaftlich sinnvolle Transaktionen HÅrden aufgestellt“<br />

werden, „die <strong>zu</strong>r Abwehr des Handels mit Verlustmånteln unnÇtig<br />

sind“, keinerlei Beachtung geschenkt wurde (s. da<strong>zu</strong> auch Anm. 121; Gleiches<br />

galt fÅr die erneute Kritik des Bundesrates in dessen Stellungnahme <strong>zu</strong>m<br />

JStG 2009, s. BR-Drucks. 545/08, 49; <strong>zu</strong>r ebenfalls unberÅcksichtigt gebliebenen<br />

Kritik der Sachverståndigen im Rahmen der Çffentlichen AnhÇrung im Finanzausschuss<br />

<strong>zu</strong>m UntStRefG 2008 vgl. von Freeden in Schaumburg/RÇdder,<br />

Unternehmensteuerreform 2008, MÅnchen 2007, S. 523).<br />

Ein Åber diesen Fiskalzweck hinausgehender objektivierter, dh. im Gesetzeswortlaut<br />

des § 8c KStG angedeuteter Wille des Gesetzgebers war mE – <strong>zu</strong>mindest<br />

bis <strong>zu</strong>r Ønderung der Norm durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz<br />

– nicht bestimmbar. Dies gilt <strong>zu</strong>nåchst fÅr die Ûberlegung, dass das Gesetz den<br />

Erwerb von Anteilen an einer KÇrperschaft als AnknÅpfungspunkt fÅr den Untergang<br />

von Verlustvortrågen wåhlt, weil Verlustvortråge der KÇrperschaft<br />

wirtschaftlich betrachtet ihren Anteilseignern <strong>zu</strong>gute kommen mit der Folge,<br />

dass von diesem Vorteil grundsåtzlich nur derjenige Gesellschafter profitieren<br />

soll, der wirtschaftlich auch die Nachteile aus dem Verlust erlitten hat (vgl.<br />

da<strong>zu</strong> Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 11). Wenngleich dieser Gedanke<br />

nahe liegt, wurde er nicht konsequent umgesetzt. Dies zeigt sich u.a.<br />

daran, dass die Vorschrift bei einer AnteilsÅbertragung wirtschaftlich auch die<br />

in der Gesellschaft verbleibenden, unbeteiligten Gesellschafter trifft (s. auch<br />

Anm. 103) und im Ûbrigen Åber den Tatbestand der StimmrechtsÅbertragung<br />

auch Sachverhalte erfasst, bei denen sich nur die Stimmrechtsverhåltnisse åndern<br />

(da<strong>zu</strong> Anm. 112 f.). Schließlich låsst sich § 8c KStG mE auch nicht dahingehend<br />

interpretieren, dass AnknÅpfungspunkt fÅr den Verlustuntergang die<br />

mit der gesellschaftsrechtlichen Stellung verbundene MÇglichkeit <strong>zu</strong>r Beherrschung<br />

der Gesellschaft sei (so MeiÌsel/Bokeloh, BB 2008, 808; åhnlich<br />

Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008, 172<br />

[186]; Zerwas/FrÇhlich, DStR 2007, 1933, die eine Einflussnahme auf die Willensbildung<br />

der KÇrperschaft als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ansehen).<br />

Dagegen spricht u.a., dass die vom Gesetzgeber gewåhlte 25 %-Grenze<br />

gerade keinen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft begrÅndet und<br />

im Åbrigen auch noch unter der – im Hinblick auf die geringe Hauptversammlungspråsenz<br />

bei bÇrsennotierten Unternehmen – ohnehin schon niedrigen<br />

30 %-Grenze des Kontrollerwerbs nach § 29 Abs. 2 WpÛG liegt (Wiese,<br />

DStR 2007, 741 [744]). Die Norm stellte vielmehr – <strong>zu</strong>mindest bis <strong>zu</strong> ihrer Ønderung<br />

durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz – eine reine Verlustvernichtungsregelung<br />

dar, die die Eingehung oder Erweiterung eines wirtschaft-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

63<br />

101


§ 10a Anm. 101–103 Gewerbeverlust<br />

lichen Engagements <strong>zu</strong>m Anlass nahm, die Verlustverrechnung <strong>zu</strong> versagen<br />

(vgl. auch Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261, vgl. auch BFH v. 26.8.2010 – I B<br />

49/10, BFH/NV 2010, 2356: nicht ohne weiteren Missbrauchsvermeidungszweck).<br />

Dies machte eine teleologische Auslegung der Norm grundsåtzlich<br />

unmÇglich (<strong>zu</strong>treffend Sistermann/Brinkmann, DStR 2008, 897; <strong>zu</strong>m gleichgelagerten<br />

Problem bei § 8 Abs. 4 KStG vgl. Anm. 210). Aufgrund der gesetzgeberischen<br />

Nachbesserungen im Wachstumsbeschleunigungsgesetz (EinfÅhrung<br />

der sog. Konzernklausel in § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG (s. Anm. 184a ff.)<br />

sowie der sog. Verschonungsregelung in § 8c Abs. 1 Såtze 6 bis 9 KStG (s.<br />

Anm. 199 ff.)) bewegt sich die Vorschrift jedoch „in Richtung Missbrauchsvermeidung“<br />

(so <strong>zu</strong> Recht Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11 [15]; Sistermann/<br />

Brinkmann, DStR 2009, 2633 [2635]; weitergehend Breuninger/Ernst, GmbHR<br />

2010, 561 [561 f.]; Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 73 [76 f.]; Eisgruber zitiert bei<br />

Viskorf, DStR 2010, Beihefter <strong>zu</strong> Heft 7, 1 [2]), wonach die Vorschrift aufgrund<br />

dieser Ausnahmen nunmehr erkennbar (wieder) als Mantelkaufregelung den<br />

Handel mit Verlustvortråge <strong>zu</strong> unterbinden beabsichtigt; vgl. da<strong>zu</strong> kritisch<br />

Bien/Wagner, BB 2009, 2626 [2630]).<br />

102 Die Vorschrift des § 8c KStG ist steuersystematisch mit Blick auf das Trennungsprinzip<br />

nicht <strong>zu</strong> rechtfertigen, denn die wirtschaftliche Leistungsfåhigkeit<br />

und SteuerwÅrdigkeit der KÇrperschaft wird nicht durch ihren Anteilseignerkreis<br />

determiniert. Vgl. <strong>zu</strong> der hieraus resultierenden systematischen und<br />

rechtspolitischen Kritik insbesondere Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG<br />

Rz. 5 ff. Auch die im Schrifttum (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG<br />

Rz. 15; DÇtsch/Pung, DB 2008, 1703) gezogenen Parallelen <strong>zu</strong>m Kriterium der<br />

Unternehmeridentitåt bei Personengesellschaften gehen fehl: § 10a Satz 4, 5<br />

GewStG stellt bei Personengesellschaften auf die Identitåt des Unternehmers<br />

ab mit der Folge, dass bei dessen Ausscheiden der Fehlbetrag anteilig entfållt.<br />

An die Stelle dieser Åbertragerbezogenen Sichtweise setzt § 8c KStG eine erwerberbezogene<br />

Betrachtung, indem die Vereinigung von mehr als 25 % bzw.<br />

50 % der Anteile in der Hand eines Erwerberkreises sanktioniert wird, und bezieht<br />

darÅber hinaus auch mittelbare Anteilserwerbe ein. Schließlich låsst § 8c<br />

KStG – auch insoweit anders als § 10a GewStG – den Verlustvortrag bei einem<br />

Erwerb von nicht mehr als 25% unberÅhrt, wåhrend es beim Erwerb von mehr<br />

als 50 % <strong>zu</strong> einem vollståndigen Untergang såmtlicher Fehlbetråge kommt<br />

(vgl. <strong>zu</strong> weiteren Unterschieden Wehrheim/Haussmann, StuW 2008, 317<br />

[320 f.]). Die einzige Gemeinsamkeit beider Vorschriften besteht darin, dass jeweils<br />

Rechtsfolgen an Vorgånge auf Anteilseignerebene geknÅpft werden.<br />

Dies sollte mE nicht <strong>zu</strong>m Anlass einer gemeinsamen systematischen Einordnung<br />

genommen werden.<br />

103 Wirtschaftlich treffen die Rechtsfolgen des § 8c KStG – neben dem Erwerber,<br />

der sich hierauf aber ggf. (zB durch eine Kaufpreisanpassung) einstellen kann<br />

– vor allem die nicht am schådlichen Beteiligungserwerb beteiligten Gesellschafter.<br />

Diese kÇnnen sich nur durch eine entsprechende Anpassung des Gesellschaftsvertrag<br />

schÅtzen (vgl. Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 4; da<strong>zu</strong><br />

mit Formulierungsbeispiel Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform<br />

2008, 172 [194 f.]). Bei bÇrsennotierten Unternehmen dÅrften<br />

entsprechende Vereinbarung zwar grundsåtzlich ausgeschlossen sein<br />

64<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 103–106 § 10a<br />

(vgl. Wiese, DStR 2007, 741 [745]), allerdings ist auch hier eine Verpflichtung<br />

des Anteilserwerbers <strong>zu</strong>m Ausgleich der aus dem Verlustuntergang resultierenden<br />

finanziellen Nachteile durchaus denkbar (so beispielsweise bei der<br />

Ûbernahme der Continental AG durch die Schaeffler Gruppe, vgl. die Pressemitteilung<br />

der Continental AG v. 21.8.2008).<br />

bb) Verfassungsrechtliche Aspekte<br />

In der Literatur wird § 8c KStG <strong>zu</strong>m Teil fÅr verfassungswidrig gehalten. BegrÅndet<br />

wird dies damit, dass die Vorschrift in willkÅrlicher Weise in das ob-<br />

104<br />

jektive Nettoprinzip als Ausprågung des Leistungsfåhigkeitsprinzips eingreife<br />

und damit gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße (Suchanek<br />

in HHR, § 8c KStG Anm. 5 mwN; Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform<br />

2008, 172 [201]; Schwedhelm, GmbHR 2008, 404;<br />

Lenz/Ribbrock, BB 2007, 587; Lenz, Ubg 2008, 24 [25]; Hans, FR 2007, 775<br />

[779 ff.]; Suchanek/Herbst, FR 2007, 863 [869 f.]; kritisch auch Gosch/Roser,<br />

KStG, 2. Aufl. 2009, § 8c Rz. 26 unter Hinweis auf die verfassungsrechtlichen<br />

Anforderungen an einen <strong>zu</strong>låssigen Systemwechsel gemåß BVerfG v.<br />

9.12.2008 – 2 BvL 1-2/07 und 1-2/08, FR 2009, 74 = DStR 2008, 2460 (Pendlerpauschale);<br />

vgl. auch Sedemund/Fischenich, BB 2008, 535 [536 f.] sowie Suchanek/Jansen,<br />

GmbHR 2009, 412 [417]: strukturelles Voll<strong>zu</strong>gsdefizit aufgrund<br />

Einbeziehung mittelbarer Anteilserwerbe im Ausland; s. aber auch Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 11: nicht schlechthin sachwidrig; <strong>zu</strong>r allgemeinen<br />

verfassungsrechtlichen Zulåssigkeit einer Beschrånkung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

s. Anm. 13 ff.).<br />

Auch werden im Hinblick auf die erforderliche Normenklarheit Bedenken an 105<br />

der Verfassungskonformitåt des § 8c KStG geåußert. Dem ist nicht <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen.<br />

Zwar sind die Tatbestandsmerkmale <strong>zu</strong>m Teil juristisch unpråzise und –<br />

wohl auch bewusst – unscharf formuliert, jedoch jeweils einer Auslegung <strong>zu</strong>gånglich.<br />

Dies gilt insbesondere fÅr den Tatbestand des „vergleichbaren Sachverhalts“<br />

(da<strong>zu</strong> Anm. 166 ff.; wie hier Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 28;<br />

aA Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008,<br />

172 [194]; Hans, FR 2007, 775 [780 f.]).<br />

cc) Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

(1) PersÇnlicher Anwendungsbereich<br />

Die Vorschrift des § 8c KStG ist auf unbeschrånkt steuerpflichtige KÇrperschaften<br />

und auf (im Inland veranlagte) beschrånkt steuerpflichtige KÇrper-<br />

106<br />

schaften anwendbar. Die Finanzverwaltung bejaht darÅber hinaus ihre Anwendbarkeit<br />

auf Personenvereinigungen und VermÇgensmassen iS des § 1<br />

Abs. 1 KStG und will dadurch auch Anstalten und Stiftungen dem Anwendungsbereich<br />

des § 8c KStG unterwerfen (vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 1). Das widerspricht dem Gesetzeswortlaut<br />

(Lang, DStZ 2008, 549 [549 f.]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG<br />

Rz. 18; Suchanek, GmbHR 2008, 292; ders. in HHR, § 8c KStG Anm. 10 mwN;<br />

vgl. auch FG Nds. v. 12.11.2009 – 6 K 31/09, EFG 2010, 577 – Rev. I R 112/09,<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

65


§ 10a Anm. 106–109 Gewerbeverlust<br />

das eine Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG aF auf Anstalten des Çffentlichen<br />

Rechts mangels mitgliedschaftlich ausgelegter Organisationsform ablehnt).<br />

Auch die Annahme eines vergleichbaren Sachverhalts wird <strong>zu</strong>mindest dann<br />

ausscheiden, wenn die betreffenden KÇrperschaftsteuersubjekte keine Anteilseigner<br />

bzw. Beteiligten haben (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG<br />

Rz. 18, 64; fÅr eine Einbeziehung von Anstalten und Stiftungen Åber die Annahme<br />

eines vergleichbaren Sachverhalts aber van Lishaut, FR 2008, 789<br />

[790]).<br />

107<br />

(2) Schådlicher Beteiligungserwerb<br />

§ 8c KStG setzt voraus, dass innerhalb eines Zeitraums von fÅnf Jahren mittelbar<br />

oder unmittelbar mehr als 25 % (Satz 1) bzw. mehr als 50 % (Satz 2) des gezeichneten<br />

Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der<br />

Stimmrechte an einer KÇrperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende<br />

Personen Åbertragen werden oder dass ein vergleichbarer Sachverhalt<br />

vorliegt. Derartige Ûbertragungen bzw. vergleichbare Sachverhalte definiert<br />

das Gesetz aus dem Blickwinkel des Erwerbers als schådlichen Beteiligungserwerb.<br />

(a) Gegenstand der Ûbertragung<br />

108 Anders als § 8 Abs. 4 KStG knÅpft § 8c Abs. 1 KStG nicht an die Ûbertragung<br />

von „Anteilen“ (<strong>zu</strong>r Auslegung dieses Begriffs vgl. Anm. 216 ff.) an, sondern<br />

enthålt eine Aufzåhlung von Rechten, deren Erwerb tatbestandsmåßig sein<br />

kann. Dem Gesetzgeber ging es offenbar darum, mit einer mÇglichst breit gefåcherten<br />

Terminologie såmtliche Rechtsbeziehungen zwischen KÇrperschaft<br />

und Anteilseigner <strong>zu</strong> erfassen und dadurch insbesondere eine Umgehung der<br />

Vorschrift durch Trennung von Verwaltungs- und VermÇgensrechten <strong>zu</strong> vermeiden<br />

(Hans, FR 2007, 775). Im einzelnen soll die Ûbertragung der folgenden<br />

Positionen erfasst sein:<br />

109 – Gezeichnetes Kapital<br />

Gezeichnetes Kapital ist nach der Legaldefinition des § 272 Abs. 1 Satz 1<br />

HGB das Kapital, auf das die Haftung der Gesellschafter fÅr Verbindlichkeiten<br />

der Kapitalgesellschaft gegenÅber den Glåubigern beschrånkt ist. Da<br />

das gezeichnete Kapital nicht Åbertragbar ist, kann mit der gesetzlichen Formulierung<br />

sinnvollerweise nur die Ûbertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften,<br />

dh. der insbesondere durch Aktien und Geschåftsanteile vermittelten<br />

Beteiligung am gezeichneten Kapital, gemeint sein. Die Be<strong>zu</strong>gnahme<br />

auf das gezeichnete Kapital dÅrfte damit im Wesentlichen der <strong>zu</strong> § 8<br />

Abs. 4 KStG von der hM vertretenen Auslegung des Anteilsbegriffs entsprechen;<br />

auch dort wurde verlangt, dass der „Anteil“ eine Beteiligung am<br />

Nennkapital der Gesellschaft vermittelt (vgl. Anm. 216). Das Gesetz verlangt<br />

nicht, dass die Beteiligung am gezeichneten Kapital auch Stimmrechte<br />

verleiht, so dass insbesondere auch die Ûbertragung stimmrechtsloser Vor<strong>zu</strong>gsaktien<br />

tatbestandsmåßig sein kann (s. Anm. 113).<br />

66<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 110 § 10a<br />

– Mitgliedschaftsrechte<br />

110<br />

Mitgliedschaftsrechte sind (ebenso wie Beteiligungsrechte, vgl. Anm. 111)<br />

in erster Linie die fÅr die Ûbertragung maßgebende Be<strong>zu</strong>gsgrÇße bei KÇrperschaften,<br />

die kein gezeichnetes Kapital haben. Als Mitgliedschaftsrechte<br />

erfasst sind beispielsweise die Rechte aus der Mitgliedschaft in einem<br />

Verein, einem VVaG, einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft oder<br />

einer SCE. Allerdings kann es bei Vereinen nur dann <strong>zu</strong> einer Ûbertragung<br />

von Mitgliedschaftsrechten kommen, wenn § 38 Satz 1 BGB abbedungen ist<br />

(vgl. § 40 BGB); im Falle eines Ein- und Austritts von Vereinsmitgliedern<br />

liegt allenfalls ein vergleichbarer Sachverhalt vor (van Lishaut, FR 2008, 789<br />

[793]).<br />

DarÅber hinaus wird der Betriff des Mitgliedschaftsrechts (wie auch der des<br />

Beteiligungsrechts) zivilrechtlich als Oberbegriff fÅr die in der Mitgliedschaft<br />

vereinigten Rechte verwandt (vgl. zB § 38 Satz 2 BGB, § 243 Abs. 4<br />

Satz 1 AktG, § 342 Abs. 1 Satz 3 HGB). Diese Mitgliedschaftsrechte werden<br />

Åblicherweise in Verwaltungsrechte (insbesondere Teilnahmerecht, Einsichts-<br />

und Auskunftsrecht, Stimmrecht, ggf. Anfechtungsrecht) und VermÇgensrechte<br />

(insbesondere Gewinnbe<strong>zu</strong>gsrecht, Recht auf LiquidationserlÇs,<br />

Be<strong>zu</strong>gsrecht bei Ausgabe neuer Anteile) eingeteilt. Nach nationalem<br />

Recht kÇnnen diese Rechte als akzessorischer Bestandteil der Mitgliedschaft<br />

gesellschaftsrechtlich (steuerlich gilt ggf. § 41 Satz 1 AO) grundsåtzlich<br />

nicht gesondert Åbertragen werden (sog. Abspaltungsverbot). Daher<br />

stellt sich die Frage, ob die Ûbertragung von Mitgliedschaftsrechten bei Kapitalgesellschaften<br />

einen Anwendungsbereich haben kann, der Åber denjenigen<br />

der Ûbertragung der Beteiligung am gezeichneten Kapital hinausgeht.<br />

Denkbar wåre dies beispielsweise bei einer Ûbertragung von Anteilen,<br />

die – gemessen an der Beteiligung am Nominalkapital – Åberproportional<br />

Mitgliedschaftsrechte vermitteln. In diesem Fall ließe sich erwågen, bei<br />

der Ermittlung der Åbertragenen Quote nicht auf die Beteiligung am Nennkapital<br />

ab<strong>zu</strong>stellen, sondern auf die weitergehende Ûbertragung von Mitgliedschaftsrechten<br />

(s. <strong>zu</strong>r åhnlichen Problematik bei Stimmrechten<br />

Anm. 112 und Anm. 145).<br />

Bei einer derart weiten Auslegung wåre jedoch die gesonderte Nennung<br />

von Stimmrechten in der Aufzåhlung tauglicher Ûbertragungsgegenstånde<br />

iS des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ÅberflÅssig. In der Literatur wird daher mE <strong>zu</strong>recht<br />

vertreten, dass der Begriff des Mitgliedschaftsrechts (und des Beteiligungsrechts)<br />

ausschließlich die Funktion hat, die Anwendung der Vorschrift<br />

auf andere KÇrperschaften als Kapitalgesellschaften ab<strong>zu</strong>decken.<br />

Daher hat eine Ûbertragung von Mitgliedschaftsrechten grundsåtzlich keinen<br />

eigenståndigen Anwendungsbereich gegenÅber der Ûbertragung der<br />

Beteiligung selbst, dh. insbesondere bei Kapitalgesellschaften ist sie bedeutungslos<br />

(vgl. BlÅmich/Brandis, § 8c KStG, Rz. 40; Sistermann/Brinkmann,<br />

BB 2008, 1928 [1929]; MeiÌsel/Bokeloh, BB 2008, 808 [809]; Benz/Rosenberg<br />

in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008, 172 [175]). Demnach<br />

ist beispielsweise bei der Ûbertragung von Anteilen mit Vor<strong>zu</strong>gsrechten (zB<br />

einem Dividendenvor<strong>zu</strong>g) grundsåtzlich nur auf die Beteiligung am gezeichneten<br />

Kapital ab<strong>zu</strong>stellen (s. Anm. 145). Ausnahmen gelten allerdings<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

67


§ 10a Anm. 110–112 Gewerbeverlust<br />

bei Anteilen mit Mehrstimmrechten, da das Stimmrecht in der Aufzåhlung<br />

des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ausdrÅcklich erwåhnt ist (vgl. die Beispiele bei<br />

Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008,<br />

172 [176]). Auch die Finanzverwaltung scheint dieser engen Auslegung <strong>zu</strong><br />

folgen (vgl. van Lishaut, FR 2008, 789 [792]).<br />

111 – Beteiligungsrechte<br />

Mit dem Begriff der Beteiligungsrechte wird (gleichbedeutend mit dem Begriff<br />

der Mitgliedschaftsrechte, s. Anm. 110) die Be<strong>zu</strong>gsgrÇße fÅr KÇrperschaften<br />

geschaffen, die nicht Åber ein gezeichnetes Kapital verfÅgen<br />

(Suchanek, GmbHR 2008, 292 [293]). DarÅber hinaus wird der Begriff – wie<br />

auch der Begriff der Mitgliedschaftsrechte – gemeinhin verwandt, um die<br />

Rechte eines Gesellschafters <strong>zu</strong> umschreiben, die sich aus seiner Gesellschafterstellung<br />

ergeben (Hans, FR 2007, 775 [776] mwN; vgl. auch BFH<br />

v. 10.8.2005 – VIII R 26/03, DStR 2005, 1807: „in den eingezogenen Aktien<br />

verkÇrperte Beteiligungsrechte“). Ein eigenståndiger Anwendungsbereich<br />

gegenÅber der Ûbertragung der Beteiligung an der KÇrperschaft selbst<br />

kommt dem Begriff allerdings nicht <strong>zu</strong>. Die <strong>zu</strong> den Mitgliedschaftsrechten<br />

gemachten AusfÅhrungen gelten entsprechend (s. Anm. 110).<br />

Von Teilen der Literatur werden demgegenÅber unter den Begriff des Beteiligungsrechts<br />

solche Rechte subsumiert, die denen der Beteiligung am gezeichneten<br />

Kapital bzw. den Mitgliedschaftsrechten vergleichbar sind. Danach<br />

sollen – anders als noch bei § 8 Abs. 4 KStG (vgl. Anm. 217) – insbesondere<br />

Genussrechte iS des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als Beteiligungsrechte an<strong>zu</strong>sehen<br />

sein (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 21; åhnlich DÇtsch<br />

in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 37: vergleichbarer Sachverhalt),<br />

obwohl diese keine gesellschaftsrechtliche Position vermitteln (ablehnend<br />

daher Neumann, GmbH-StB 2007, 249; Roser, DStR 2008, 1561 [1563]). Das<br />

BMF sieht in der Ûbertragung beteiligungsåhnlicher Genussrechte einen<br />

vergleichbaren Sachverhalt (da<strong>zu</strong> nåher bei Anm. 168).<br />

112 – Stimmrechte<br />

Stimmrechte sind privatrechtlich Teil der mit der Gesellschafterstellung verbundenen<br />

Verwaltungsrechte (s. Anm. 110). Nach nationalem Recht kÇnnen<br />

sie gesellschaftsrechtlich (steuerlich gilt ggf. § 41 Satz 1 AO) grundsåtzlich<br />

nicht dauerhaft von der Beteiligung abgespalten werden (Abspaltungsverbot;<br />

<strong>zu</strong>m Sonderfall des Nießbrauchs s. Anm. 118). Auch die Zurechnung<br />

von Stimmrechten nach § 22 WpHG beruht grundsåtzlich nicht auf einer<br />

StimmrechtsÅbertragung. Einer eigenståndigen Bedeutung gegenÅber AnteilsÅbertragungen<br />

kommt dem Tatbestand der StimmrechtsÅbertragung<br />

daher <strong>zu</strong>nåchst nur bei einer Ûbertragung von Anteilen mit Mehrstimmrechten<br />

<strong>zu</strong> (Viskorf/Michel, DB 2007, 2561; s. Anm. 144). DemgegenÅber<br />

wird beim Abschluss von Stimmrechtsvereinbarungen, Stimmrechtsbindungen<br />

sowie bei einem Stimmrechtsverzicht mangels einer Ûbertragung<br />

(da<strong>zu</strong> Anm. 118 aE) allenfalls ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegen<br />

(Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 35; vgl. auch BlÅmich/Brandis,<br />

§ 8c KStG, Rz. 45; Roser, DStR 2008, 77 [78]; da<strong>zu</strong> Anm. 169).<br />

68<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 113–116 § 10a<br />

Nach dem Gesetzeswortlaut sind die Vorausset<strong>zu</strong>ngen eines schådlichen Beteiligungserwerbs<br />

erfÅllt, wenn eine der genannten Positionen Åbertragen<br />

wird. Es ist daher insbesondere nicht erforderlich, dass die Åbertragene Beteiligung<br />

am Nennkapital auch Stimmrechte verleiht, denn mit der Nennung der<br />

Stimmrechte wollte der Gesetzgeber den Tatbestand offensichtlich nicht einschrånken,<br />

sondern erweitern. Daher kann beispielsweise auch eine Ûbertragung<br />

stimmrechtsloser Vor<strong>zu</strong>gsanteile schådlich sein (Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8c KStG Rz. 20, 65; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 36;<br />

BlÅmich/Brandis, § 8c KStG, Rz. 40; Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/<br />

Klapdor, UntStRefG, § 8c KStG Rn. 40 f.; aA zB Lang in Ernst & Young, § 8c<br />

Rz. 18.2; aA zB Lenz, Ubg 2008, 24 [26]; Streck/Olbing, KStG, 7. Aufl. 2008,<br />

§ 8c Rz. 11). Eine teleologische Reduktion der Vorschrift kåme insoweit nur<br />

dann in Betracht, wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung<br />

(s. Anm. 101) – davon ausginge, dass der Gesetzgeber die MÇglichkeit der Beherrschung<br />

der KÇrperschaft als AnknÅpfungspunkt fÅr den Untergang der<br />

Verlustvortråge sieht.<br />

Grundsåtzlich nicht von § 8c KStG erfasst ist beispielsweise die BegrÅndung<br />

oder Ûbertragung von nicht beteiligungsåhnlichen Genussrechten, Darlehen<br />

(auch wenn sie partiarisch oder eigenkapitalersetzend sind oder unter § 8b<br />

Abs. 3 Satz 4 ff. KStG fallen), stillen Gesellschaften und Unterbeteiligungen<br />

(soweit es nicht <strong>zu</strong>m Ûbergang wirtschaftlichen Eigentums hinsichtlich der fÅr<br />

§ 8c KStG tatbestandlichen Beteiligungsrechte kommt) sowie Be<strong>zu</strong>gsrechten.<br />

In den genannten Fållen liegt jeweils grundsåtzlich auch kein vergleichbarer<br />

Sachverhalt vor. Da<strong>zu</strong> im einzelnen Anm. 167 ff.<br />

(b) Begriff der Ûbertragung<br />

Eine Ûbertragung bzw. ein Erwerb liegt nach Auffassung des BMF vor, wenn 115<br />

das wirtschaftliche Eigentum durch Rechtsgeschåft unter Lebenden Åbergeht,<br />

wobei der Rechtsgrund der Ûbertragung unbeachtlich ist (BMF v.<br />

4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 6, 13; DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 44 ff.; aA Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 27; Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/Klapdor, UntStRefG,<br />

§ 8c KStG Rn. 43: Wechsel der zivilrechtlichen Inhaberschaft). Dies widerspricht<br />

der vom BFH <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG entwickelten zivilrechtlichen Betrachtungsweise<br />

(BFH v. 20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 614). Vgl. da<strong>zu</strong> und <strong>zu</strong><br />

den Auswirkungen auf die Anwendung des § 39 AO (insbesondere bei der<br />

Vereinbarungstreuhand und bei Ûbertragungen auf Personengesellschaften)<br />

Anm. 221 ff.<br />

Da das BMF auf das wirtschaftliche Eigentum abstellt, ist es konsequent, bei 116<br />

vermÇgensverwaltenden, nicht gewerblich geprågten Personengesellschaften<br />

eine anteilige Zurechnung an deren Gesellschafter nach § 39 Abs. 2 Nr. 2<br />

AO vor<strong>zu</strong>nehmen (so BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I<br />

2008, 736, Tz. 24; <strong>zu</strong> Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften, die als Personengesellschaft<br />

organisiert sind, vgl. Anm. 185 ff.). Die Tatsache, dass die<br />

Gesellschafter der Personengesellschaft <strong>zu</strong>sammen einen gemeinsamen<br />

Zweck verfolgen (§ 705 BGB), scheint nach Auffassung des BMF in diesem<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

69<br />

113<br />

114


§ 10a Anm. 116–118 Gewerbeverlust<br />

Fall offenbar irrelevant <strong>zu</strong> sein. Daher kÇnnen die Gesellschafter mE nicht allein<br />

aufgrund ihres Zusammenschlusses als einander nahestehende Personen<br />

oder Erwerber mit gleichgerichteten Interessen angesehen werden (da<strong>zu</strong> insbesondere<br />

Anm. 134 ff.; aA DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG<br />

Rz. 30). Bedeutung hat dies insbesondere fÅr Fondsgesellschaften (da<strong>zu</strong><br />

Klemt, DB 2008, 2100 [2101 f.]), die in der Regel als vermÇgensverwaltende<br />

Personengesellschaften organisiert sind.<br />

117 Nicht von § 8c KStG erfasst sein soll nach Auffassung des BMF der Ûbergang<br />

der Beteiligung durch Erbfall (insoweit liegt schon keine Ûbertragung vor) sowie<br />

durch unentgeltliche Erbauseinanderset<strong>zu</strong>ng, dies allerdings jeweils nur,<br />

wenn der Erwerber eine natÅrliche Person ist. Wenn der BegÅnstigte eine juristische<br />

Person oder Personengesellschaft ist oder wenn die Erbauseinanderset<strong>zu</strong>ng<br />

(in auch nur geringem Umfang) entgeltlich erfolgt, kann nach dem<br />

Wortlaut des BMF-Schreibens ein schådlicher Beteiligungserwerb vorliegen<br />

(BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 4; kritisch<br />

Thonemann, DB 2008, 2156; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 29;<br />

<strong>zu</strong>r abweichenden Rechtslage bei § 8 Abs. 4 KStG, vgl. da<strong>zu</strong> Anm. 219). Die<br />

gleichen Grundsåtze wendet das BMF auf die vorweggenommenen Erbfolge<br />

an: Diese soll nur dann nicht von § 8c KStG erfasst sein, wenn natÅrliche Personen<br />

vollståndig unentgeltlich erwerben (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 4).<br />

118 Da der Ûbergang des wirtschaftlichen Eigentums die Ûbertragung der umfassenden<br />

Herrschaftsbefugnisse am <strong>zu</strong> Åbertragenen Recht voraussetzt, liegt<br />

eine Ûbertragung in der Regel nur dann vor, wenn dem Erwerber die Rechtsposition<br />

in einer Weise eingeråumt wird, dass er sie aus eigenem Recht und unabhångig<br />

vom Ûbertragenden ausÅben kann. Keine Ûbertragung liegt daher<br />

vor, wenn lediglich Erwerbsrechte hinsichtlich der Anteile etc. begrÅndet werden,<br />

wie zB bei der Einråumung einer Option <strong>zu</strong>m Erwerb einer Beteiligung<br />

(DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 38). Dies kann <strong>zu</strong> Gestaltungen<br />

eingesetzt werden, den Zeitpunkt der AnteilsÅbertragung bzw. des Ûbergangs<br />

der schådlichen Quote <strong>zu</strong> verlagern (vgl. auch van Lishaut, FR 2008, 789<br />

[794], der aber auf § 42 AO hinweist). Mangels eines Ûbergangs des Vollrechts<br />

stellt auch die BegrÅndung oder Ûbertragung einer dinglichen Belastung keine<br />

Ûbertragung dar. Daher ist insbesondere die Verpfåndung von Anteilen unschådlich<br />

(DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 44 f.). Gleiches sollte<br />

fÅr die Bestellung eines Nießbrauchs gelten, und zwar selbst dann, wenn<br />

man davon ausgeht, dass dem Nießbraucher – bei entsprechender Ausgestaltung<br />

des Nießbrauchs – das Stimmrecht aus den belasteten Anteilen bei BeschlÅssen<br />

Åber laufende Angelegenheiten <strong>zu</strong>steht (s. da<strong>zu</strong> BFH v. 1.3.1994 –<br />

VIII R 35/92, BStBl. II 1995, 241). Eine StimmrechtsÅbertragung ist hierin mE<br />

deshalb nicht <strong>zu</strong> sehen, da dem Nießbraucher dort keine Stimmrechte <strong>zu</strong>stehen,<br />

wo es um die Substanz des Rechts, dh. den Kernbereich der Mitgliedschaft<br />

geht (vgl. Bayer in MÅnchener <strong>Kommentar</strong> <strong>zu</strong>m AktG, 3. Aufl. 2008,<br />

§ 16 Rn. 28 mwN). Schließlich stellen auch Stimmrechtsvereinbarungen,<br />

Stimmrechtsbindungen sowie ein Stimmrechtsverzicht keine Ûbertragung<br />

dar, da es nicht <strong>zu</strong>m Ûbergang des Stimmrechts kommt (Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 35; <strong>zu</strong>r Frage, ob ein vergleichbarer Sachverhalt<br />

70<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 118–121 § 10a<br />

vorliegt, s. Anm. 169). Zum Ûbergang von Anteilen durch gesellschafts- oder<br />

umwandlungsrechtliche Maßnahmen s. Anm. 171.<br />

Der Ûbergang des wirtschaftlichen Eigentums ist nach Auffassung des BMF<br />

auch fÅr die Bestimmung des Zeitpunkts des Erwerbs maßgebend (BMF v.<br />

4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 13). Dies soll auch<br />

bei der Umwandlung des Anteilseigners der VerlustkÇrperschaft gelten (da<strong>zu</strong><br />

Anm. 171), dh. nach Auffassung des BMF scheidet ein steuerlicher RÅckbe<strong>zu</strong>g<br />

des Beteiligungserwerbs beispielsweise nach § 2 UmwStG aus (BMF v.<br />

4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 15; aA Schumacher/HagebÇke,<br />

DB 2008, 493; DÇtsch/Pung, DB 2008, 1703 [1705 f.]; Schick/<br />

Franz, DB 2008, 1987 [1992 f.]; Sistermann/Brinkmann, BB 2008, 1928 [1932];<br />

differenzierend DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 49). Bei KapitalerhÇhungen<br />

(da<strong>zu</strong> Anm. 160 ff.) soll – entsprechend dem zivilrechtlichen<br />

Entstehen der neuen Anteile – auf die Eintragung ins Handelsregister ab<strong>zu</strong>stellen<br />

sein (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736,<br />

Tz. 14 unter Hinweis auf BFH v. 14.3.2006 – VIII R 49/04, BStBl. II 2006, 746).<br />

Zum Zeitpunkt des Ûbergangs wirtschaftlichen Eigentums beim Unternehmenskauf<br />

vgl. Kleinheisterkamp/Schell, DStR 2010, 833.<br />

119<br />

(c) Mittelbare und unmittelbare Ûbertragung<br />

Anders als § 8 Abs. 4 KStG (vgl. Anm. 218, Anm. 285 f.) sanktioniert § 8c KStG 120<br />

auch mittelbare Ûbertragungen. Dies gilt ungeachtet der Långe der Beteiligungskette<br />

und auch dann, wenn unmittelbar Anteile an einer auslåndischen<br />

Gesellschaft Åbertragen werden (DÇtsch/Pung, DB 2008, 1703 [1706]; DÇtsch<br />

in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 52 ff.; Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 37 f.; aA Lang, DStZ 2007, 652 [656]; kritisch auch Gosch/Roser,<br />

KStG, 2. Aufl. 2009, § 8c Rz. 63). Dies kann <strong>zu</strong> Voll<strong>zu</strong>gsdefiziten fÅhren (Sedemund/Fischenich,<br />

BB 2008, 535 [536 f.]).<br />

Grundsåtzlich kÇnnen – und zwar bei Beteiligungserwerben bis <strong>zu</strong>m 121<br />

31.12.2009 uneingeschrånkt – auch AnteilsÅbertragungen im Konzern <strong>zu</strong> einem<br />

schådlichen Beteiligungserwerb fÅhren (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 11; ebenso die Auslegung des § 8<br />

Abs. 4 KStG vgl. Anm. 225). Das gilt nach dem Gesetzeswortlaut eindeutig fÅr<br />

Fålle, in denen die unmittelbare Beteiligung Åbertragen wird, und zwar auch<br />

dann, wenn durch VerkÅr<strong>zu</strong>ng der Beteiligungskette an die Stelle einer mittelbaren<br />

Beteiligung eine unmittelbare Beteiligung tritt (Neumann/Stimpel,<br />

GmbHR 2007, 1194 [1200]: Verånderung des wirtschaftlichen Engagements).<br />

Der Gesetzgeber hatte eine Konzernklausel <strong>zu</strong>nåchst ausdrÅcklich abgelehnt<br />

(s. aber Anm. 184a ff. <strong>zu</strong>r sog. Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG).<br />

Auch wurde der vom Bundesrat unterbreitete Vorschlag (vgl. BR-<br />

Drucks. 220/07, 21; BT-Drucks. 16/5377, Anlage 5, S. 34) <strong>zu</strong>nåchst nicht umgesetzt,<br />

die Anwendung des § 8c KStG bei mittelbaren Erwerben „zielsicher <strong>zu</strong><br />

begrenzen“ und solche mittelbare Anteilserwerbe unberÅcksichtigt <strong>zu</strong> lassen,<br />

bei denen Anteile an einer KÇrperschaft Åbertragen werden, deren gemeiner<br />

Wert deutlich hÇher ist als der gemeine Wert der mittelbar Åbertragenen Ver-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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71


§ 10a Anm. 121–122 Gewerbeverlust<br />

122<br />

lustkÇrperschaft (s. aber Anm. 199 ff. <strong>zu</strong>r sog. Verschonungsregelung des § 8c<br />

Abs. 1 Satz 6-8 KStG). Dem Vorschlag lag der Gedanke <strong>zu</strong>grunde, dass in derartigen<br />

Fållen offensichtlich kein Handel mit Verlustvortrågen im Vordergrund<br />

steht. Er wurde mit der BegrÅndung abgelehnt, dass seine Umset<strong>zu</strong>ng<br />

wegen der dann erforderlichen Unternehmensbewertungen „administrativ<br />

aufwåndig“ wåre (vgl. BT-Drucks. 16/4841, 76; BT-Drucks. 220/07, 126). Gerade<br />

im Hinblick auf die tatbestandliche BerÅcksichtigung såmtlicher Beteiligungsebenen<br />

oberhalb der VerlustkÇrperschaft und die ebenfalls mit dem<br />

UntStRefG eingefÅhrte Escape-Klausel im Rahmen der Zinsschranke wirkt<br />

der Hinweis auf den Verwaltungsaufwand gerade<strong>zu</strong> zynisch. Dem Gesetzgeber<br />

ging es, wie Frotscher <strong>zu</strong>treffend feststellt, allein darum, den Verfall von<br />

Verlustvortrågen in grÇßtmÇglichem Umfang sicher<strong>zu</strong>stellen (Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 46).<br />

In der Literatur wurde allerdings – auch fÅr Beteiligungserwerbe vor dem<br />

1.1.2010 (fÅr Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 s. Anm. 184a ff.) – diskutiert,<br />

ob Ønderungen mittelbarer Beteiligungsverhåltnisse, die ohne Einfluss<br />

auf die durchgerechnete mittelbare Beteiligung der Konzernspitze sind,<br />

Åberhaupt tatbestandsmåßig sind. Das Vorliegen eines schådlichen Beteiligungserwerbs<br />

wird hier <strong>zu</strong>m Teil mit dem Argument verneint, dass weder unmittelbar<br />

noch mittelbar Anteile Åbertragen werden (Suchanek in HHR, § 8c<br />

KStG Anm. 22; Lang, DStR 2008, 549 [553]; Benz/Rosenberg in Blumenberg/<br />

Benz, Unternehmensteuerreform 2008, 172 [180]; vgl. auch Ballwieser/Frase,<br />

BB 2009, 1502 [1505]; Sistermann/Brinkmann, BB 2008, 1928 [1932]: kein „Erwerb“<br />

einer mittelbaren Beteiligung bei up- oder down-stream Verschmel<strong>zu</strong>ngen<br />

auf einer Åbergeordneten Beteiligungsebene). Dies betrifft insbesondere<br />

den Fall der VerkÅr<strong>zu</strong>ng der Beteiligungskette, bei dem bisweilen auch eine<br />

teleologische Reduktion des § 8c KStG vorgeschlagen wird, da es bei wirtschaftlicher<br />

Betrachtungsweise <strong>zu</strong> keinem neuen Engagement eines anderen,<br />

fremden Dritten komme (Schick/Franz, DB 2008, 1987 [1989]; Dieterlen/Winkler,<br />

GmbHR 2007, 815 [816]; åhnlich Lenz, Ubg 2008, 24 [26], jeweils auch unter<br />

Hinweis auf die BFH-Rechtsprechung <strong>zu</strong>r Anteilsverstårkung im GrESt-<br />

Recht). Aber auch bei einer Verlångerung der Beteiligungskette wird ein Beteiligungserwerb<br />

„<strong>zu</strong>mindest dann“ verneint, wenn eine reine Holdinggesellschaft<br />

zwischengeschaltet wird und dies nicht <strong>zu</strong> einer operativen<br />

Verånderung der Konzernstruktur fÅhrt (Lang, DStR 2008, 549 [553 f.]).<br />

Die Finanzverwaltung hat – vor EinfÅgung des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG<br />

(s. Anm. 184a ff.) – auch in den genannten Fållen eine „Ausnahme“ von der<br />

Anwendung des § 8c KStG abgelehnt (vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 11; ebenso DÇtsch/Pung, DB 2008,<br />

1703 [1707]; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 56 ff.; Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 42), und zwar offenbar nach umfangreicher,<br />

auch politischer Diskussion und „mit deutlicher Mehrheit“ (van Lishaut,<br />

FR 2008, 789 [795]). Rechtspolitisch ist diese Sichtweise der Finanzverwaltung<br />

<strong>zu</strong> kritisieren. Im Hinblick auf den Wortlaut der Norm war mE indes – vor EinfÅgung<br />

des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG (s. Anm. 184a ff.) – wie folgt <strong>zu</strong> differenzieren:<br />

FÅhrt die konzerninterne Umstrukturierung da<strong>zu</strong>, dass eine (Konzern-)<br />

72<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 122–124 § 10a<br />

Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar an der Verlustgesellschaft beteiligt<br />

wird, die vor der Umstrukturierung noch nicht an der Verlustgesellschaft beteiligt<br />

war, so kann ein schådlicher Beteiligungserwerb vorliegen. Dies betrifft<br />

beispielsweise den Fall der Verlångerung der Beteiligungskette oder eine (unmittelbare<br />

oder mittelbare) Ûbertragung der Beteiligung auf eine Schwestergesellschaft<br />

des Anteilseigners. Eine teleologische Reduktion ist in diesen Fållen<br />

mE grundsåtzlich nicht mÇglich (s. Anm. 101), <strong>zu</strong>mal das wirtschaftliche<br />

Engagement eines vorher nicht beteiligten Erwerbers begrÅndet wird. Erfolgt<br />

die Umstrukturierung demgegenÅber in der Weise, dass Anteile an einem mittelbaren<br />

Gesellschafter der Verlustgesellschaft innerhalb der Beteiligungskette<br />

auf einen Erwerber Åbergehen, der bereits vor der Ûbertragung mittelbar an<br />

der VerlustkÇrperschaft beteiligt war (dh. VerkÅr<strong>zu</strong>ng der Beteiligungskette<br />

ohne Ûbertragung der unmittelbaren Beteiligung), ist es mE sachgerecht und<br />

vom Wortlaut her naheliegend, das Vorliegen eines Erwerbs einer mittelbaren<br />

Beteiligung an der Verlustgesellschaft <strong>zu</strong> verneinen, soweit sich die durchgerechnete<br />

mittelbare Beteiligungsquote des (vermeintlichen) Erwerbers im<br />

Hinblick auf die Verlustgesellschaft nicht erhÇht hat: Zwar liegt eine Ûbertragung<br />

der vom Ûbertragenden gehaltenen mittelbaren Beteiligung an der VerlustkÇrperschaft<br />

vor, diese kann jedoch in dem Umfang nicht <strong>zu</strong> einem mittelbaren<br />

Erwerb bezogen auf die Verlustgesellschaft fÅhren, in dem der potentielle<br />

Erwerber bereits mittelbar an der Verlustgesellschaft beteiligt war. Es<br />

gibt insoweit folglich keinen vom Gesetzeswortlaut geforderten „Erwerber“<br />

der mittelbaren Beteiligung an der VerlustkÇrperschaft.<br />

Zur (konzerninternen) Umstrukturierung der (unmittelbaren oder mittelbaren)<br />

Beteiligung an der Verlustgesellschaft durch Vorgånge, die in den Anwendungsbereich<br />

des UmwStG fallen vgl. Anm. 171.<br />

S. <strong>zu</strong> der durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz fÅr schådliche Beteiligungserwerbe<br />

nach dem 31.12.2009 (vgl. § 34 Abs. 7b Satz 2 KStG) eingefÅhrten<br />

sog. Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG Anm. 184a ff.<br />

FÅr Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) bestehen keine Sonderregelungen.<br />

Daher kann die Ûbertragung aus dem Gesamthands- in das<br />

SonderbetriebsvermÇgen ebenso schådlich sein wie der Erwerb von mehr als<br />

25 % der Anteile an der VerlustkÇrperschaft durch eine Mitunternehmerschaft,<br />

an der die bisherigen Gesellschafter der VerlustkÇrperschaft beteiligt<br />

sind (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 11).<br />

Die steuerliche Transparenz der Personengesellschaft ist insoweit – wie schon<br />

bei § 8 Abs. 4 KStG (Anm. 221) – unbeachtlich (kritisch Dieterlen/Winkler,<br />

GmbHR 2007, 815 [817]). Ein mittelbarer Beteiligungserwerb kann folglich<br />

auch durch den Erwerb eines Mitunternehmeranteils erfolgen, wenn die Mitunternehmerschaft<br />

unmittelbar oder mittelbar an der VerlustkÇrperschaft beteiligt<br />

ist. GehÇren die Anteile an der VerlustkÇrperschaft demgegenÅber <strong>zu</strong>m<br />

SonderbetriebsvermÇgen der bisherigen Mitunternehmer, stellt der Erwerb eines<br />

Gesamthandsanteils keinen mittelbaren Erwerb der Anteile an der VerlustkÇrperschaft<br />

dar (Lang, DStZ 2008, 549 [554]). Zur Behandlung vermÇgensverwaltender<br />

Personengesellschaften vgl. Anm. 116.<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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73<br />

123<br />

123a<br />

124


§ 10a Anm. 125–128 Gewerbeverlust<br />

125<br />

126<br />

(d) Person des Erwerbers/Erwerberkreis<br />

Erwerber kann jede natÅrliche Person, juristische Person oder Mitunternehmerschaft<br />

sein (BMF-Schreiben v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001,<br />

BStBl. I 2008, 736, Tz. 24). Unerheblich ist, ob und in welchem Umfang der Erwerber<br />

bereits an der VerlustkÇrperschaft beteiligt ist. Die VerlustkÇrperschaft<br />

selbst kann – etwa beim Erwerb eigener Anteile – nicht Erwerberin iS des § 8c<br />

KStG sein (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 23: kein wirtschaftlicher<br />

Ûbergang von Verlustvortrågen auf andere Gesellschafter), allerdings kann<br />

der Erwerb eigener Anteile als ein vergleichbarer Sachverhalt an<strong>zu</strong>sehen sein<br />

(s. Anm. 175).<br />

Schådlich ist nur der Erwerb durch einen (einzigen) Erwerber, wo<strong>zu</strong> gemåß<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 3 KStG auch eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten<br />

Interessen zåhlt, oder durch diesem nahe stehende Personen (sog. Erwerberkreis).<br />

Die Ûbertragung von bis <strong>zu</strong> 25% auf mehrere einander nicht nahestehende<br />

Erwerber ohne gleichgerichtete Interessen ist daher unschådlich.<br />

127<br />

128<br />

(aa) Nahe stehende Personen<br />

Die Auslegung des Begriffs der „nahe stehenden Person“ ist nach allgemeinen<br />

Grundsåtzen vor<strong>zu</strong>nehmen. Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 AStG findet mangels<br />

einer speziellen Verweisung – wie beispielsweise in § 8a Abs. 3 KStG – keine<br />

Anwendung findet (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 48; BlÅmich/<br />

Brandis, § 8c KStG, Rz. 51; aA Zerwas/FrÇhlich, DStR 2007, 1933 [1934]; MeiÌsel/Bokeloh,<br />

BB 2008, 808 [812]).<br />

Das BMF will <strong>zu</strong>r BegrÅndung des „Nahe Stehens“ auf die <strong>zu</strong>m Recht der verdeckten<br />

GewinnausschÅttung entwickelten Grundsåtze <strong>zu</strong>rÅckgreifen (BMF<br />

v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 25 unter Hinweis<br />

auf Abschn. 36 KStH 2006 „Nahe stehende Person – Kreis der nahe stehenden<br />

Personen“; <strong>zu</strong>stimmend Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 26). Nach<br />

Abschn. 36 KStH 2006 „Nahe stehende Person – Kreis der nahe stehenden Personen“<br />

soll <strong>zu</strong>r BegrÅndung des Nahestehens grundsåtzlich jede familienrechtliche,<br />

gesellschaftsrechtliche, schuldrechtliche oder auch rein tatsåchliche<br />

Beziehung eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft <strong>zu</strong> einer anderen<br />

Person genÅgen, die den Schluss <strong>zu</strong>låsst, sie habe die Vorteils<strong>zu</strong>wendung<br />

der Kapitalgesellschaft an die andere Person beeinflusst. Dass die Hinweise<br />

die Vorteils<strong>zu</strong>wendung in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen, erklårt<br />

sich aus dem Regelungsziel des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, Vorteils<strong>zu</strong>wendungen<br />

der Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner steuerlich <strong>zu</strong> erfassen. Wenn der<br />

Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft „seine“ Kapitalgesellschaft <strong>zu</strong>r Zuwendung<br />

von Vorteilen veranlasst, macht es hiernach keinen Unterschied, ob<br />

der Vorteil ihm oder einer ihm nahestehenden Person <strong>zu</strong>kommt. Im Rahmen<br />

des § 8c KStG spielt dieser Gesichtspunkt keine Rolle, so dass dem Verweis im<br />

BMF-Schreiben auf Abschn. 36 KStH 2006 nicht entnommen werden kann,<br />

auf welchen Umstand die zwischen dem Erwerber und der ihm potentiell nahe<br />

74<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 128–131 § 10a<br />

stehenden Person bestehende Beziehung RÅckschlÅsse <strong>zu</strong>lassen soll. Daher<br />

sind die <strong>zu</strong>r Bestimmung des nahe verdeckten GewinnausschÅttung entwickelten<br />

Kriterien insoweit nicht ohne weiteres auf § 8c KStG Åbertragbar<br />

(Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 48).<br />

Mit der Einbeziehung nahe stehender Personen in den Erwerberkreis verfolgte<br />

der Gesetzgeber offenbar den Zweck, eine Umgehung des § 8c KStG durch<br />

formale Aufspaltungen des Erwerbs auf mehrere Personen <strong>zu</strong> vermeiden (s.<br />

da<strong>zu</strong> auch Anm. 132). Legt man diesen Gesichtspunkt der Auslegung <strong>zu</strong>grunde<br />

und berÅcksichtigt ferner, dass nach dem Gesetzeszweck stets der Erwerber<br />

im Vordergrund steht und die nahe stehenden Personen „diesem“ Erwerber<br />

nahe stehen mÅssen, so ist mit Frotscher <strong>zu</strong> fordern, dass wirtschaftlich betrachtet<br />

ein Erwerb durch einen Erwerber vorliegen muss (Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 49 f.): Wåhrend formal mehrere Erwerbe(r)<br />

vorliegen, handelt es sich wirtschaftlich um das Engagement nur einer Person<br />

(des Haupterwerbers), wåhrend die anderen Personen im Interesse dieser Person<br />

auftreten. Die in Abschn. 36 KStH genannten Beziehungen familienrechtlicher,<br />

gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder tatsåchlicher Art mÅssen<br />

daher den RÅckschluss darauf <strong>zu</strong>lassen, dass diese anderen Personen im<br />

Zeitpunkt ihres Erwerbs im wirtschaftlichen Interesse des Haupterwerbers<br />

handeln. Frotscher (aaO.) formuliert <strong>zu</strong>treffend, dass der (formale) Erwerb<br />

durch die nahestehenden Personen aus sich allein heraus nicht verståndlich<br />

erscheint, sondern erst verståndlich wird, wenn man die Beziehung zwischen<br />

dem Haupterwerber und den nahe stehenden Personen bei der Betrachtung<br />

berÅcksichtigt. Fehlt es daher an einem Haupterwerber, zB weil die jeweiligen<br />

Personen ihr Verhalten abstimmen, aber jeder im eigenen Interesse handelt,<br />

sind die Personen einander nicht nahestehend; allerdings kann in diesem Fall<br />

ein Gruppe von Erwerbern iS des § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG vorliegen (da<strong>zu</strong><br />

Anm. 132 ff.).<br />

Ob die zwischen dem Haupterwerber und den weiteren Personen bestehenden<br />

Beziehungen den RÅckschluss <strong>zu</strong>lassen, dass diese Personen im Interesse<br />

des Haupterwerbers handeln, ist eine Frage des Einzelfalls. Dies kann beispielsweise<br />

<strong>zu</strong> bejahen sein, wenn die anderen Personen fÅr Rechnung des<br />

Haupterwerbers handeln (ohne dass dieser wirtschaftliches Eigentum erlangt).<br />

Frotscher (in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 51) zieht als Auslegungshilfe<br />

mE <strong>zu</strong>treffend die Fålle der Stimmrechts<strong>zu</strong>rechnung nach § 30 WpÛG heran.<br />

Hier<strong>zu</strong> gehÇren insbesondere Fålle, bei denen Anteile an der Verlustgesellschaft<br />

durch eine vom (Haupt-)Erwerber beherrschte Kapitalgesellschaft<br />

erworben werden. Allerdings genÅgt eine Beteiligung von mehr als 25 % an<br />

der erwerbenden Kapitalgesellschaft – mangels Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2<br />

AStG – nicht, die Kapitalgesellschaft <strong>zu</strong> einer nahe stehenden Person <strong>zu</strong> machen.<br />

Maßgebender Zeitpunkt fÅr die Beurteilung des Nahestehens ist der des jeweiligen<br />

Erwerbs (ebenso van Lishaut, FR 2008, 789 [798]: folgerichtig bei Anlegung<br />

der Grundsåtze <strong>zu</strong> § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Dies folgt mE bereits daraus,<br />

dass der Erwerb durch das Nahestehen veranlasst sein muss.<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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75<br />

129<br />

130<br />

131


§ 10a Anm. 132–134 Gewerbeverlust<br />

132<br />

133<br />

134<br />

(bb) Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen<br />

Nach § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG gilt auch eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten<br />

Interessen als ein Erwerber. Mit dieser erst gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens<br />

aufgenommenen Erweiterung soll die Norm ausweislich<br />

der GesetzesbegrÅndung gegen „Umgehungsgestaltungen“ in Form sog.<br />

QuartettlÇsungen abgesichert werden, bei denen zB vier einander nicht nahestehende<br />

Personen abgestimmt jeweils 25% der Anteile an der VerlustkÇrperschaft<br />

erwerben, „um eine Anwendung des § 8c KStG <strong>zu</strong> vermeiden“ (so ausdrÅcklich<br />

BT-Drucks. 16/5491, 53; vgl. auch BR-Drucks. 220/07, 20; nach der<br />

GesetzesbegrÅndung soll allerdings eine gemeinsame Beherrschung der Verlustgesellschaft<br />

bereits Indiz fÅr gleichgerichtete Interessen sein). Dieser gesetzgeberische<br />

Wille der Sanktionierung von Umgehungen ist durch das Regel-Ausnahme-Verhåltnis<br />

des Grundtatbestandes (Erwerb durch einen Erwerber)<br />

<strong>zu</strong> Satz 3 mE hinreichend deutlich <strong>zu</strong>m Ausdruck gekommen und ist daher<br />

im Rahmen einer systematischen und teleologischen Auslegung des<br />

Satzes 3 der Norm <strong>zu</strong> berÅcksichtigen (<strong>zu</strong> den Grenzen einer teleologischen<br />

Auslegung im Åbrigen vgl. Anm. 101). Daher ist die Vorschrift gegenÅber dem<br />

Grundtatbestand der Såtze 1 und 2 eine eng aus<strong>zu</strong>legende Ausnahmevorschrift.<br />

Von einem Erwerb durch einen (Haupt-)Erwerber und diesem nahe stehende<br />

Personen unterscheiden sich Erwerbe durch Personen mit gleichgerichteten<br />

Interessen mE dadurch, dass nahe stehende Personen nach der hier vertretenen<br />

Konzeption jeweils im Interesse des Haupterwerbers handeln (s.<br />

Anm. 129), wåhrend gleichgerichtete Interessen iS des § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG<br />

jeweils eigene wirtschaftliche Interessen der Erwerber sind. Eine dem Haupterwerber<br />

nahe stehende Person (iS des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG) kann mE daher<br />

keine mit diesem gleichgerichteten Interessen iS des § 8c Abs. 1 Satz 3<br />

KStG haben. Ein Konkurrenzverhåltnis von Satz 1, 2 und Satz 3 stellt sich daher<br />

grundsåtzlich nicht (vgl. aber Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 46: Satz 3<br />

ist gegenÅber dem Grundtatbestand der Såtze 1 und 2 subsidiår).<br />

Nach Auffassung des BMF ist von einer Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten<br />

Interessen regelmåßig aus<strong>zu</strong>gehen, wenn eine Abstimmung zwischen<br />

den Erwerbern stattgefunden hat. Die Verfolgung eines gemeinsamen<br />

Zwecks iS des § 705 BGB soll <strong>zu</strong>r BegrÅndung gleichgerichteter Interessen<br />

ausreichen (anders offenbar bei vermÇgensverwaltenden Personengesellschaften,<br />

vgl. Anm. 116), aber nicht Vorausset<strong>zu</strong>ng sein. Nach Auffassung des<br />

BMF soll es allerdings nicht erforderlich sein, dass sich die gleichgerichteten<br />

Interessen auf den Erhalt des Verlustvortrags der KÇrperschaft richten (BMF v.<br />

4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 27). Als Beispiel<br />

fÅhrt das BMF-Schreiben an, dass die Erwerber <strong>zu</strong>r einheitlichen Willensbildung<br />

<strong>zu</strong>sammenwirken. In Ûbereinstimmung mit der GesetzesbegrÅndung<br />

(s. Anm. 132) soll auch die gemeinsame Beherrschung der KÇrperschaft ein Indiz<br />

gleichgerichteter Interessen sein, wobei das BMF auf Abschn. 36 KStH<br />

2006 „Beherrschender Gesellschafter – gleichgerichtete Interessen“ verweist<br />

(BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 27).<br />

76<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 135–137 § 10a<br />

Die AusfÅhrungen des BMF Åberzeugen nicht. Aufgrund der Verschiedenheit 135<br />

der Zielrichtungen von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG einerseits (Vermeidung von VermÇgensverschiebungen<br />

<strong>zu</strong>gunsten des Gesellschafters) und § 8c Abs. 1 Satz 3<br />

KStG andererseits (Vermeidung einer Umgehung des Erwerbs durch „einen“<br />

Erwerber) ist es mE kaum mÇglich, RÅckschlÅsse aus dem Recht der verdeckten<br />

GewinnausschÅttungen fÅr Zwecke des § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG <strong>zu</strong> ziehen<br />

(Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/Klapdor, UntStRefG, § 8c KStG Rn. 28;<br />

Streck/Olbing, KStG, 7. Aufl. 2008, § 8c Rz. 17). DarÅber hinaus schließt<br />

Abschn. 36 KStH 2006 aus dem Zusammenwirken von Gesellschaftern mit<br />

gleichgerichteten Interessen auf eine beherrschende Stellung und nicht, wie<br />

das BMF, aus der gemeinsamen Beherrschung auf das Vorliegen gleichgerichtete<br />

Interessen. Schließlich erlåutert Abschn. 36 KStH 2006 den Begriff des<br />

gleichgerichteten Interesses lediglich fÅr den Sonderfall der Zubilligung von<br />

Tantiemen und setzt ihn im Ûbrigen voraus. Daher låsst der Verweis auf<br />

Abschn. 36 KStH 2006 nur vage Vermutungen <strong>zu</strong>, beispielsweise ob das BMF<br />

bereits das wirtschaftliche Interesse auf Tantiemebe<strong>zu</strong>g als gleichgerichtetes<br />

Interesse fÅr Zwecke des § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG ansehen mÇchte (vgl. Lang,<br />

DStZ 2008, 549 [558]), dem Rechtsanwender ist hiermit jedoch nicht geholfen.<br />

Das gilt auch fÅr die weiteren AusfÅhrungen in Tz. 27 des BMF-Schreibens<br />

(<strong>zu</strong>treffend Roser, DStR 2008, 1561 [1565]: Leerformel), denen sich mE nur entnehmen<br />

låsst, dass eine gemeinsame Zweckverfolgung, ein Zusammenwirkung<br />

<strong>zu</strong>r einheitlichen Willensbildung oder eine gemeinsame Beherrschung<br />

ggf. tatbestandsmåßig sein kann. Worauf diese Zweckverfolgung bzw. das gemeinsame<br />

Interesse gerichtet sein muss, ob die Beherrschung punktuell oder<br />

umfassend sein muss oder vielleicht sogar die bloße MÇglichkeit der Beherrschung<br />

ausreichen kann und ob und welche weiteren Vorausset<strong>zu</strong>ngen hin<strong>zu</strong>treten<br />

mÅssen, bleibt offen.<br />

Ausgangspunkt der Auslegung des Abs. 1 Satz 3 muss mE sein, dass § 8c 136<br />

Abs. 1 Satz 3 KStG eine eng aus<strong>zu</strong>legende Ausnahmevorschrift <strong>zu</strong>r Vermeidung<br />

von Umgehungen ist (s. Anm. 132). Da der Grundtatbestand des § 8c<br />

Abs. 1 Satz 1, 2 KStG die Beschrånkung des Verlustab<strong>zu</strong>gs an die BegrÅndung<br />

bzw. ErhÇhung des – wie auch immer gearteten – wirtschaftlichen Engagements<br />

eines Erwerbers knÅpft, kann Satz 3 mE nur Umgehungs-Sachverhalte<br />

erfassen, bei denen zwar formal mehrere Erwerbe vorliegen, diese Erwerbe<br />

aber aufgrund des Interessengleichlaufs ein einheitliches wirtschaftliches Engagement<br />

darstellen.<br />

Be<strong>zu</strong>gspunkt der gleichgerichteten Interessen muss mE die unternehmerische<br />

Tåtigkeit der VerlustkÇrperschaft sein. Das jedem Beteiligungserwerb in-<br />

137<br />

newohnende Interesse an wirtschaftlicher WertschÇpfung, das stets auch darauf<br />

gerichtet ist, dass die Gesellschaft ihre Verlustvortråge mÇglichst umfassend<br />

nutzen kann, ist fÅr sich genommen nicht ausreichend, den Tatbestand<br />

des § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG <strong>zu</strong> erfÅllen. Anderenfalls wÅrde das Erfordernis<br />

des Erwerbs durch einen Erwerber ins Leere laufen und damit die Grundkonzeption<br />

des Satz 1 durch den – nur <strong>zu</strong>r Vermeidung von Umgehung eingefÅgten<br />

– Satz 3 <strong>zu</strong>nichte gemacht (vgl. van Lishaut, FR 2008, 789 [799]; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 87 f.; Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 47;<br />

Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/Klapdor, UntStRefG, § 8c KStG Rn. 28).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

77


§ 10a Anm. 137–139 Gewerbeverlust<br />

In der Literatur wird mit Blick auf die GesetzesbegrÅndung sogar gefordert,<br />

dass die gleichgerichteten Interessen – <strong>zu</strong>mindest Åberwiegend – auf den Erhalt<br />

und die Nut<strong>zu</strong>ng der Verlustvortråge der Gesellschaft gerichtet sein mÅssen<br />

(Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 47; Sistermann/Brinkmann, BB 2008,<br />

1928 [1934] mwN; Lang, DStZ 2008, 549 [558]; dies. in Ernst & Young, § 8c<br />

Rz. 84.4; aA BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736,<br />

Tz. 27; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 86a).<br />

138 Von einer Gleichrichtung der Interessen ist mE nur dann aus<strong>zu</strong>gehen, wenn<br />

die unternehmerische Tåtigkeit der VerlustkÇrperschaft den Erwerbern – unter<br />

BerÅcksichtigung ihrer ggf. unterschiedlichen BeteiligungshÇhe – in åhnlicher<br />

Weise <strong>zu</strong>gute kommt. Ein einheitliches wirtschaftliches Engagement<br />

liegt dabei nur dann vor, wenn die Erwerber im Zeitpunkt des Erwerbs (vgl.<br />

Anm. 141) vereinbaren, koordiniert unternehmerisch auf die Gesellschaft<br />

ein<strong>zu</strong>wirken, dh. insbesondere ihre Stimmrechte – soweit gesellschaftsrechtlich<br />

<strong>zu</strong>låssig – in unternehmerischen Fragen und bei der Beset<strong>zu</strong>ng der GeschåftsfÅhrung<br />

der Gesellschaft einheitlich aus<strong>zu</strong>Åben (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 87; Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 47: konkrete<br />

Abreden, die auf eine Poolung der Interessen ausgerichtet sind; Streck/Olbing,<br />

KStG, 7. Aufl. 2008, § 8c Rz. 17: gleichgerichtetes Interesse muss auf die<br />

dauerhafte und abgestimmte Beeinflussung der KÇrperschaft gerichtet sein).<br />

Die bei einem Zusammenwirken aller Gesellschaft immer gegebene MÇglichkeit<br />

<strong>zu</strong>r Beherrschung der Gesellschaft reicht demgegenÅber nicht aus, einen<br />

Interessengleichlauf <strong>zu</strong> begrÅnden (Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 85; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 87 f.).<br />

139 Ein Indiz fÅr das Vorliegen gleichgerichteter Interessen kann der Abschluss<br />

von Stimmbindungsvertrågen sein, die nicht nur punktueller Natur sind.<br />

Auch Beteiligungsvereinbarungen zwischen den Erwerbern, nach der diese<br />

sich bezÅglich der AusÅbung ihres Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung<br />

(im voraus) umfassend abstimmen und darauf hinwirken, dass die<br />

Verlustgesellschaft ihr operatives Geschåft entsprechend den Vorgaben eines<br />

von den Gesellschaftern aufgestellten Businessplans umstrukturiert, kann<br />

gleichgerichtete Interessen begrÅnden (vgl. Benz/Rosenberg in Blumenberg/<br />

Benz, Unternehmensteuerreform 2008, 172 [185]). Entscheidend ist dabei mE<br />

die vorherige umfassende inhaltliche Abstimmung der Gesellschafter in unternehmerischen<br />

und personellen Fragen; die bloße Einråumung gegenseitiger<br />

Vorkaufsrechte, Vinkulierungen und Mitverkaufsrechte und -pflichten reicht<br />

demgegenÅber nicht (Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform<br />

2008, 172 [185]). Auch der bloße Zusammenschluss von Investoren<br />

in einer vermÇgensverwaltenden Personengesellschaft genÅgt nicht (vgl.<br />

da<strong>zu</strong> bereits Anm. 116: Bruchteilsbetrachtung). Indizielle Bedeutung fÅr das<br />

Vorliegen gleichgerichteter Interessen kann es auch haben, wenn die Erwerber<br />

in Gesellschafterversammlungen tatsåchlich stets einheitlich abstimmen.<br />

Allerdings ist dieses Indiz widerlegbar, denn die gemeinsame Beherrschung<br />

kann stets nur das Mittel der Durchset<strong>zu</strong>ng von Interessen sein, wåhrend<br />

gleichgerichtete Interessen auf eine (bestimmte) wirtschaftliche Zielerreichung<br />

gerichtet sein mÅssen (vgl. Roser, DStR 2008, 77 [79]). Ein weiteres Indiz<br />

kann sein, dass das Zusammenwirken von Gesellschaftern besondere Berichts-<br />

78<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 139–142 § 10a<br />

pflicht ausgelÇst werden (IAS 24.5, DRUCKS. 13) oder ein besonderer Schutz<br />

der anderen Gesellschafter begrÅndet wird (§§ 30 WpÛG, 22 WpHG; „Grundsåtze<br />

des acting in concert“, vgl. Roser, DStR 2008, 1561 [1565 f.]). Auch eine<br />

einheitliche Vertretung verschiedener Erwerber beim Erwerb <strong>zu</strong> denselben<br />

rechtlichen wie wirtschaftlichen Konditionen und verbunden mit einer gemeinsamen<br />

Finanzierung des Kaufpreises kann ein Indiz fÅr eine Abstimmung<br />

der Erwerber sein. Stets kommt es aber auf den Einzelfall an.<br />

Fehlt es an einer vorherigen umfassenden inhaltlichen Abstimmung zåhlen 140<br />

mE Co-Investoren und Beteiligte eines Management-Beteiligungsprogrammes<br />

nicht <strong>zu</strong>m Erwerberkreis; das bloße Interesse an der Wertsteigerung der<br />

VerlustkÇrperschaft reicht fÅr sich genommen nicht aus, gleichgerichtete Interessen<br />

iS des § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG <strong>zu</strong> begrÅnden. Bei Joint-Venture-Partnern<br />

einer Verlustgesellschaft wird es auf den jeweiligen Einzelfall ankommen:<br />

Soweit die Partner jeweils eigene operative Zwecke im Hinblick auf die<br />

von ihnen beherrschte Verlustgesellschaft verfolgen und ihr Verhalten im Hinblick<br />

auf die Verlustgesellschaft nicht (umfassend) abgestimmt haben, liegen<br />

mE keine gleichgerichteten Interessen vor (åhnlich Reitsam in Breithecker/<br />

FÇrster/FÇrster/Klapdor, UntStRefG, § 8c KStG Rn. 29). Grenzfålle kÇnnen<br />

sich demgegenÅber ergeben, wenn bei Joint Ventures oder in Sanierungsfållen<br />

(da<strong>zu</strong> Anm. 204) die Erwerber in schuldrechtlichen Vertrågen Rahmenbedingungen<br />

fÅr das gemeinsame Halten der Beteiligungen regeln. Schließlich<br />

sollte mE auch die Poolung von Anteilen fÅr Zwecke des § 13 b Abs. 1 Nr. 3<br />

Satz 2 ErbStG unschådlich sein, wenn die Gesellschafter sich lediglich darauf<br />

beschrånken, ihr Stimmrecht gegenÅber nicht gebundenen Gesellschaftern –<br />

nach vorheriger Abstimmung unter den gepoolten Gesellschaftern – einheitlich<br />

aus<strong>zu</strong>Åben, ohne jedoch in der Poolvereinbarung bereits umfassende inhaltliche<br />

Vorgaben fÅr die Stimmabgabe <strong>zu</strong> machen (Bron, FR 2010, 208 [211];<br />

Elicker/Zillmer, BB 2009, 2620; Felten, DStR 2010, 1261 [1264 ff.]; kritisch auch<br />

Honert/Obser, BB 2009, 1161; aA wohl DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c<br />

KStG Rz. 40).<br />

Hinsichtlich des Zeitpunktes, <strong>zu</strong> dem das Vorliegen gleichgerichteter Interessen<br />

<strong>zu</strong> beurteilen ist, ist auf den Zeitpunkt des in Frage stehenden Betei-<br />

141<br />

ligungserwerbs ab<strong>zu</strong>stellen (DÇtsch/Pung, DB 2008, 1703 [1708]; Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 93). Die Bildung einer Erwerbergruppe nach<br />

vorangegangenem Erwerb ist daher grundsåtzlich unschådlich, dh. ein Beteiligungserwerb<br />

unterhalb der Schådlichkeitsgrenzen wird nicht dadurch<br />

schådlich, dass der Erwerber spåter Mitglied einer Erwerbergruppe iS des § 8c<br />

Abs. 1 Satz 3 KStG wird (von Freeden in Schaumburg/RÇdder, Unternehmensteuerreform<br />

2008, MÅnchen 2007, S. 533). Scheidet ein Erwerber innerhalb<br />

des FÅnf-Jahres-Zeitraums aus dem Erwerberkreis aus, sind dessen Erwerbe<br />

bei der Ermittlung der Schådlichkeitsquote dieses Erwerberkreises (fortan)<br />

nicht (mehr) <strong>zu</strong> berÅcksichtigen (vgl. Sistermann/Brinkmann, BB 2008, 1928<br />

[1933]).<br />

Nach dem Gesetzeswortlaut gilt eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten<br />

Interessen als ein Erwerber. Daher wird in der Literatur vertreten, dass<br />

142<br />

Ûbertragungen zwischen diesen Personen irrelevant seien (Frotscher in Frot-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

79


§ 10a Anm. 142–145 Gewerbeverlust<br />

scher/Maas, § 8c KStG Rz. 86; Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/Klapdor,<br />

UntStRefG, § 8c KStG Rn. 30; Sistermann/Brinkmann, BB 2008, 1928 [1933 f.];<br />

aA Neumann/Stimpel, GmbHR 2007, 1194 [1198]; DÇtsch in DÇtsch/Jost/<br />

Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 63; BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001,<br />

BStBl. I 2008, 736, Tz. 22 B4). HierfÅr spricht, dass definitionsgemåß bereits ein<br />

einheitliches wirtschaftliches Engagement der Beteiligten vorliegt, das sich<br />

durch weitere Ûbertragung zwischen diesen Personen nicht veråndern kann.<br />

Allerdings fÅhrte diese Auslegung da<strong>zu</strong>, dass aufgrund von § 8c Abs. 1 Satz 3<br />

KStG oftmals gÅnstigere Rechtsfolgen eintreten, als sich nach dem Grundfall<br />

ergeben. Ob eine solche Auslegung mit der Zweckrichtung des § 8c Abs. 1<br />

Satz 3 KStG und dessen Charakter als Ausnahmevorschrift (s. Anm. 132) vereinbar<br />

ist, erscheint fraglich.<br />

(e) Ûbertragung von mehr als 25 % bzw. mehr als 50 %<br />

143 Der Beteiligungserwerb ist nur dann als schådlich an<strong>zu</strong>sehen, wenn er (<strong>zu</strong>sammen<br />

mit weiteren Erwerben innerhalb des maßgebenden FÅnf-Jahres-<br />

Zeitraums, da<strong>zu</strong> Anm. 152 ff.) <strong>zu</strong> einem Ûberschreiten der maßgeblichen<br />

Schådlichkeitsgrenzen von 25% (bzw. 50 %) fÅhrt. Abhångig vom Gegenstand<br />

der Ûbertragung bezieht sich die Schådlichkeitsgrenze auf die Beteiligung am<br />

Nennkapital, an den Mitgliedschafts- bzw. Beteiligungsrechten oder den<br />

Stimmrechten. Dabei ist nach Auffassung des BMF grundsåtzlich auf die Ûbertragung<br />

ab<strong>zu</strong>stellen, die die weitestgehende Anwendung des § 8c KStG erlaubt<br />

(BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 5).<br />

Wenn damit lediglich gemeint sein soll, dass § 8c KStG anwendbar ist, wenn<br />

seine Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen vorliegen (vgl. das Beispiel bei Anm. 145),<br />

ist dem <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen, ansonsten nicht. Im Einzelnen:<br />

144 – Werden Anteile Åbertragen, die keine Vor<strong>zu</strong>gsrechte vermitteln, ist allein<br />

auf die Beteiligung am gezeichneten Kapital (unabhångig davon, ob dieses<br />

eingezahlt ist) ab<strong>zu</strong>stellen, wobei die durch eigene Anteile der VerlustkÇrperschaft<br />

vermittelte Beteiligung vom Nennkapital ab<strong>zu</strong>ziehen ist (vgl.<br />

auch BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 7;<br />

Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 67, 56; ebenso die hM <strong>zu</strong> § 8<br />

Abs. 4 KStG, vgl. Anm. 230).<br />

145 – Werden Anteile Åbertragen, die mit weitergehenden disquotalen Vor<strong>zu</strong>gsrechten<br />

ausgestattet sind, ist <strong>zu</strong> differenzieren:<br />

Nach der hier vertretenen Auffassung (Anm. 110 f.) hat die MitÅbertragung<br />

von (disquotalen) Mitgliedschaftsrechten grundsåtzlich keinen eigenståndigen<br />

Anwendungsbereich. Hieraus folgt, dass zB Vor<strong>zu</strong>gsdividendenrechte<br />

bei der Ermittlung der Åbertragenen Quote unberÅcksichtigt bleiben<br />

(BlÅmich/Brandis, § 8c KStG, Rz. 55).<br />

Eine Ausnahme gilt nur fÅr die Ûbertragung von Anteile mit Mehrstimmrechten.<br />

Werden solche Anteile Åbertragen, liegt sowohl eine Ûbertragung<br />

der Beteiligung am Nennkapital als auch eine (weitergehende) Ûbertragung<br />

von Stimmrechten vor, die jeweils getrennt voneinander <strong>zu</strong> beurteilen<br />

sind. Soweit daher Anteile Åbertragen werden, die mehr als 25 % der<br />

Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung vermitteln, liegt ein schåd-<br />

80<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 145–148 § 10a<br />

licher Beteiligungserwerb auch dann vor, wenn die Åbertragene Beteiligung<br />

am Nennkapital 25 % nicht Åbersteigt (vgl. BlÅmich/Brandis, § 8c KStG,<br />

Rz. 55; Streck/Olbing, KStG, 7. Aufl. 2008, § 8c Rz. 28; Sistermann/Brinkmann,<br />

BB 2008, 1928 [1929]). Bestehen neben Stammaktien auch stimmrechtslose<br />

Vor<strong>zu</strong>gsaktien, ist bei der Ermittlung der Quote der Åbertragenen<br />

Anteile fÅr die Stammaktien grundsåtzlich nur auf das stimmberechtigte<br />

Kapital und fÅr die (stimmrechtslosen) Vor<strong>zu</strong>gsaktien auf das gesamte<br />

Stammkapital ab<strong>zu</strong>stellen. Dies wird in der Literatur <strong>zu</strong>m Teil mit dem Argument<br />

kritisiert, dass die Betrachtung der Stimmrechte nur dort einen eigenståndigen<br />

Anwendungsbereich hat, wo die anderen Be<strong>zu</strong>gsgrÇßen nicht<br />

oder nicht in entsprechendem Maße Åbertragen werden; daher sei bei der<br />

Ûbertragung von Stammaktien das gesamte Grundkapital der Gesellschaft<br />

(einschließlich stimmrechtsloser Vor<strong>zu</strong>gsaktien) ein<strong>zu</strong>beziehen (Suchanek,<br />

GmbHR 2008, 292 [293]; vgl. auch Centrale fÅr GmbH Dr. Otto Schmidt,<br />

GmbHR 2008, 421 [423]).<br />

Beispiel (nach BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 8):<br />

Die Anteile der A-AG entfallen <strong>zu</strong> 70 % auf Stammaktien und <strong>zu</strong> 30 % auf stimmrechtslose<br />

Vor<strong>zu</strong>gsaktien. Es werden 10 %-Punkte der Vor<strong>zu</strong>gsaktien (entspricht 10 % des<br />

Grundkapitals) und 14%-Punkte der Stammaktien (entspricht 14% des Grundkapitals<br />

und 20 % der Stimmrechte) Åbertragen. § 8c KStG ist nicht einschlågig, da nur 24%<br />

des gezeichneten Kapitals und nur 20 % der Stimmrechte Åbertragen wurden (vgl.<br />

BMF aaO.). Werden demgegenÅber <strong>zu</strong>såtzlich <strong>zu</strong> den Stammaktien – beispielsweise<br />

durch eine Stimmrechtsvereinbarung (vgl. Anm. 169) – noch (weitere) 30,1% der<br />

Stimmrechte Åbertragen, liegt ein der Ûbertragung von insgesamt 50,1% der Stimmrechte<br />

vergleichbarer Sachverhalt vor, und der Verlustvortrag der A-AG ginge in voller<br />

HÇhe unter (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 63).<br />

Sieht man die Ûbertragung von beteiligungsåhnlichen Genussrechten als tatbestandsmåßig<br />

an (da<strong>zu</strong> Anm. 111 und Anm. 195), ist insoweit auf die Betei-<br />

146<br />

ligung am Gewinn und LiquidationserlÇs ab<strong>zu</strong>stellen (Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8c KStG Rz. 67).<br />

Bei mittelbaren Ûbertragungen ist auf die durchgerechnete Beteiligungsquote<br />

an der VerlustkÇrperschaft ab<strong>zu</strong>stellen (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

147<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 12), und zwar auch dann, wenn hinsichtlich<br />

der Åbertragenen unmittelbaren Beteiligung isoliert betrachtet kein<br />

schådlicher Beteiligungserwerb vorliegt, dh. die nach Satz 1 bzw. Satz 2<br />

schådlichen Quoten insoweit nicht Åberschritten sind (aA Suchanek/Herbst,<br />

FR 2007, 863 [864 f.]; Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 23, 41: teleologische<br />

Reduktion; Streck/Olbing, KStG, 7. Aufl. 2008, § 8c Rz. 32).<br />

Nicht eindeutig ist demgegenÅber, wie die durchgerechnete Beteiligungsquote<br />

<strong>zu</strong> berechnen ist, wenn auf den verschiedenen Beteiligungsebenen unter-<br />

148<br />

schiedliche „Beteiligungsrechte“ bestehen oder auf einer hÇheren Beteiligungsebene<br />

(lediglich) ein vergleichbarer Sachverhalt erfÅllt ist. Bei der Ermittlung<br />

der Quote der mittelbar erworbenen Be<strong>zu</strong>gsgrÇße kommt auf den verschiedenen<br />

Beteiligungsebenen mE nur eine BerÅcksichtigung solcher<br />

Be<strong>zu</strong>gsgrÇßen in Betracht, die auch unmittelbar erworben wurden.<br />

Beispiel:<br />

Die A-GmbH ist <strong>zu</strong> 50 % am Stammkapital der V-GmbH (Verlustgesellschaft) beteiligt,<br />

ihr stehen allerdings aufgrund von Mehrstimmrechten 60 % der Stimmrechte an der<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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81


§ 10a Anm. 148–151 Gewerbeverlust<br />

V-GmbH <strong>zu</strong>. Såmtliche Anteile an der A-GmbH werden von A gehalten, der die A-GmbH<br />

<strong>zu</strong>dem Åber ein beteiligungsåhnliches Genussrecht, das eine Beteiligung in HÇhe von<br />

50 % am Gewinn und LiquidationserlÇs der A-GmbH vermittelt, finanziert hat. A Åbertrågt<br />

dieses Genussrecht auf E.<br />

WÅrde man argumentieren, dass die unmittelbare Ûbertragung von 50 % (der durch das<br />

Genussrecht vermittelten Beteiligung am Gewinn und LiquidationserlÇs) auf Ebene der<br />

A-GmbH <strong>zu</strong> einer mittelbaren Ûbertragung von 60 % (der Stimmrechte) bei der V-GmbH<br />

fÅhrt, låge mit Blick auf die V-GmbH ein schådlicher Beteiligungswerb in HÇhe von 50 %<br />

mal 60 % = 30 % vor. Das ist jedoch ab<strong>zu</strong>lehnen: Eine „Durchrechnung der Beteiligungsquoten“<br />

kann mE immer nur im Hinblick auf dieselbe Be<strong>zu</strong>gsgrÇße erfolgen. Im Beispiel<br />

wåre daher die durch die Be<strong>zu</strong>gsrechtsÅbertragung ausgelÇste mittelbare Ûbertragung<br />

der Beteiligung am Gewinn und LiquidationserlÇs der V-GmbH <strong>zu</strong> berechnen. Diese wird<br />

durch die Beteiligung der A-GmbH am Stammkapital der V-GmbH vermittelt, so dass<br />

mittelbar nur 50 % mal 50 % Åbertragen werden und kein schådlicher Beteiligungserwerb<br />

vorliegt. Eine mittelbare Ûbertragung von Stimmrechten liegt demgegenÅber<br />

nicht vor, da die Genussrechte auf Ebene der A-GmbH keine Stimmrechte vermitteln.<br />

149 Liegen sowohl unmittelbare als auch mittelbare Ûbertragungen vor, sind diese<br />

– entgegen des auch insoweit unpråzisen Gesetzeswortlauts (mittelbar<br />

„oder“ unmittelbar) – nach hM <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>rechnen (Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8c KStG Rz. 40; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 70).<br />

Wird allerdings mit einer unmittelbaren Ûbertragung einer VerlustkÇrperschaft<br />

gleichzeitig im Erwerberkreis auch eine mittelbare Ûbertragung verwirklicht,<br />

soll bei der Ermittlung der Åbertragenen Quote grundsåtzlich nur<br />

die unmittelbare Beteiligung berÅcksichtigt werden (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 -<br />

S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 22; vgl. da<strong>zu</strong> die Erlåuterung von<br />

MÇhlenbrock in RÇdder/MÇhlenbrock, Ubg 2008, 595 [602]; s. auch DÇtsch/<br />

Pung, DB 2008, 1703 [1710]; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG<br />

Rz. 41).<br />

150 Nach dem Gesetzwortlaut kann die mehrfache Ûbertragung des nåmlichen<br />

Anteils grundsåtzlich <strong>zu</strong> einer mehrfachen Anwendung des § 8c KStG fÅhren<br />

(BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 22; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 30; anders im Rahmen des § 8 Abs. 4<br />

KStG, vgl. Anm. 233; gegen eine Anwendung des § 8c KStG, wenn die KÇrperschaft<br />

zwischen den Ûbertragungen Gewinne erzielt Reitsam in Breithecker/<br />

FÇrster/FÇrster/Klapdor, UntStRefG, § 8c KStG Rn. 80 f.). Dies gilt auch bei<br />

Ûbertragungen innerhalb desselben Erwerberkreises (soweit man diese als<br />

tatbestandlich ansieht, s. Anm. 142; vgl. auch BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 22: jeweiliger quotaler Untergang der<br />

Verluste, wenn eine Tochtergesellschaft 30 % der Anteile an der Verlust-Enkelgesellschaft<br />

erwirbt und die Anteile anschließend an die Muttergesellschaft<br />

abtritt; s. aber auch Neumann/Stimpel, GmbHR 2007, 1194 [1198]: keine<br />

Mehrfachzåhlung desselben Anteils innerhalb desselben Erwerberkreises<br />

fÅr Zwecke der Berechnung der 50 %-Grenze nach Satz 2, wenn der Åbertragene<br />

Anteil die 50 %-Grenze nicht Åbersteigt; Kroniger/Braun, BB 2010, 2336).<br />

Eine teleologische Reduktion der Vorschrift kommt auch bei einer Mehrfach-<br />

Åbertragung mE grundsåtzlich nicht in Betracht (da<strong>zu</strong> allgemein Anm. 101<br />

und sogleich Anm. 151).<br />

151 Eine teleologische Reduktion der Vorschrift erscheint jedoch ggf. erwågenswert,<br />

soweit der Erwerber weder wirtschaftlich an den Verlustvortrågen par-<br />

82<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 151–154 § 10a<br />

tizipieren noch Kontrolle Åber die Gesellschaft ausÅben kann. Dies kann insbesondere<br />

bei bestimmten „Durchgangserwerben“ der Fall sein (Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 30, 58; vgl. auch Streck/Olbing, KStG, 7. Aufl.<br />

2008, § 8c Rz. 58 fÅr den Fall der RÅckabwicklung des ursprÅnglichen Erwerbsvorgangs).<br />

Den Forderungen im Schrifttum folgend, hålt das BMF den<br />

Zwischenerwerb durch eine Emissionsbank im Rahmen eines BÇrsenganges<br />

iS des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KWG fÅr unbeachtlich (BMF-Schreiben v.<br />

4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 6; fÅr eine teleologische<br />

Reduktion Groß/Klein, AG 2007, 896; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c<br />

KStG Rz. 28; vgl. auch DÇrr, NWB 31/2007, Fach 4, 5181 [5195]; Beußer, DB<br />

2007, 1549 [1550])). Dies wird allerdings nur dann relevant, wenn die Emissionsbank<br />

Åberhaupt wirtschaftliches Eigentum erlangt (da<strong>zu</strong> Wild/Sustmann/Papke,<br />

DStR 2008, 851). Offen bleibt, wie die Finanzverwaltung andere<br />

Zwischenerwerbe behandeln will, die allein aus abwicklungstechnischen<br />

GrÅnden erfolgen (vgl. Roser, DStR 2008, 1561 [1563]).<br />

(f) Zusammenrechnung von Erwerben innerhalb eines FÅnf-Jahres-Zeitraums<br />

Ein schådlicher Beteiligungserwerb liegt nur dann vor, wenn die maßgebenden<br />

Quoten innerhalb eines Zeitraums von fÅnf Jahren erworben werden. Ob<br />

152<br />

zwischen den Erwerben ein sachlicher Zusammenhang besteht, ist – anders<br />

als im Rahmen des § 8 Abs. 4 KStG (vgl. Anm. 277 ff.) – grundsåtzlich unbeachtlich<br />

(vgl. aber Anm. 159 bei Vorliegen eines Gesamtplanes zwischen den<br />

Ûbertragungen).<br />

Mehrere Erwerbe kÇnnten nach dem Gesetzeswortlaut ggf. selbst dann <strong>zu</strong>sammengerechnet<br />

werden, wenn die durch einen Erwerb erworbene Quote<br />

153<br />

im Zeitpunkt der weiteren Erwerbe nicht mehr vorhanden ist (beispielsweise<br />

weil die <strong>zu</strong>nåchst erworbene Beteiligung vor dem nåchsten Erwerb bereits<br />

wieder veråußert wurde). Allerdings spricht die erwerberbezogene Sichtweise<br />

der Norm ebenso wie die AnknÅpfung an die BegrÅndung oder Erweiterung<br />

des wirtschaftlichen Engagements eines Erwerbers (Anm. 100 f.) mE gegen<br />

eine solche Auslegung. Eine erworbene Quote sollte mE nur dann mit Folgeerwerben<br />

<strong>zu</strong>sammengerechnet werden, wenn sie im Zeitpunkt der Folgeerwerbe<br />

noch <strong>zu</strong> einer Vereinigung von 25% (bzw. 50 %) der Anteile bzw.<br />

Stimmrechte in der Hand eines Erwerberkreises fÅhren kann, d.h. wenn der<br />

von § 8c KStG sanktionierte „Erfolg“ (wirtschaftliches Engagement von mehr<br />

als 25% bzw. 50 %) eintreten kann (s. aber Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c<br />

KStG Rz. 74a: sachliche Unbilligkeit, die nach § 163 AO <strong>zu</strong> korrigieren ist).<br />

Beispiel:<br />

A erwirbt im Jahr 01 eine Beteiligung von 20 % an der Verlustgesellschaft, die er im Jahr<br />

02 an einen Dritten veråußert. Im Jahr 03 erwirbt A 15% der Anteile an der Verlustgesellschaft.<br />

– Da A im Jahr 03 nicht mehr als 25% der Anteile hålt, liegt mE kein Fall des § 8c<br />

Abs. 1 Satz 1 KStG vor, da der „Erfolg“ des Erwerbs (wirtschaftliches Engagement von<br />

mehr als 25%) nicht eingetreten ist.<br />

FÅr jeden Erwerberkreis ist ein gesonderter FÅnf-Jahres-Zeitraum <strong>zu</strong>grunde 154<br />

<strong>zu</strong> legen. Der (jeweilige) FÅnf-Jahres-Zeitraum beginnt mit jedem (unmittel-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

83


§ 10a Anm. 154–157 Gewerbeverlust<br />

baren oder mittelbaren) Beteiligungserwerb an der VerlustkÇrperschaft durch<br />

den betreffenden Erwerberkreis von neuem. Daher kann es fÅr jeden Erwerberkreis<br />

<strong>zu</strong> mehreren, sich Åberschneidenden Zeitråumen kommen (fließende<br />

Frist, vgl. auch Anm. 233 <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG). Ob <strong>zu</strong> Beginn des FÅnf-Jahres-<br />

Zeitraums ein Verlustvortrag der (spåteren) VerlustkÇrperschaft vorhanden<br />

ist, spielt nach den Gesetzeswortlaut keine Rolle (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 17; s. aber Altrichter-Herzberg,<br />

GmbHR 2010, 799: Fristbeginn erst nach Entstehung eines Verlusts; s. auch<br />

Anm. 203). AnteilsÅbertragungen vor dem 1.1.2008 bleiben unberÅcksichtigt,<br />

vgl. Anm. 99.<br />

155 Der FÅnf-Jahres-Zeitraum endet nach fÅnf Zeitjahren. Die Fristberechnung<br />

erfolgt nach § 108 Abs. 1 AO iVm. §§ 187 ff. BGB. Allerdings finden § 108<br />

Abs. 3 AO, § 193 BGB keine Anwendung. Eine Verlångerung der Frist ist in<br />

keinem Fall denkbar, auch nicht unter Heranziehung des Gesamtplangedankens<br />

(ebenso van Lishaut, FR 2008, 789 [797]).<br />

156 Wird durch einen Erwerberkreis innerhalb eines FÅnf-Jahres-Zeitraums die<br />

25 %-Grenze des Satzes 1 Åberschritten mit der Folge, dass es <strong>zu</strong> einem quotalen<br />

Untergang nicht genutzter Verluste kommt (da<strong>zu</strong> Anm. 201), beginnt fÅr<br />

diesen Erwerberkreis mit dem nåchsten Beteiligungserwerb grundsåtzlich ein<br />

neuer FÅnf-Jahres-Zeitraum iS des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG (BMF v. 4.7.2008 –<br />

IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 18). Einmal berÅcksichtigte<br />

Anteilserwerbe kÇnnen daher im Rahmen des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG – anders<br />

als im Rahmen des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG (vgl. Anm. 157) – nicht <strong>zu</strong>sammen<br />

mit weiteren Ûbertragungen AnknÅpfungspunkt fÅr eine (nochmalige) quotale<br />

Versagung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng sein. Es kommt somit <strong>zu</strong> einem Sanktionsverbrauch.<br />

Ausnahmen kÇnnen allenfalls dann gelten, wenn dem Beteiligungserwerb,<br />

der <strong>zu</strong>m Ûberschreiten der 25 %-Grenze fÅhrt, und dem ihm<br />

nachfolgenden Beteiligungserwerb ein schådlicher Gesamtplan <strong>zu</strong>grunde<br />

liegt (da<strong>zu</strong> Anm. 159). Dies will die Finanzverwaltung widerlegbar vermuten,<br />

wenn die Erwerbe innerhalb eines Jahres erfolgen (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 19).<br />

Beispiel:<br />

Werden an einen Erwerber 26% der Anteile an der VerlustkÇrperschaft im Jahr 01 und<br />

weitere 24% im Jahr 03 Åbertragen, so gehen im Jahr 01 26% der Verluste unter. Zu einem<br />

Untergang weiterer 24% kommt es grundsåtzlich nicht, da hinsichtlich der bereits berÅcksichtigten<br />

26% ein Sanktionsverbrauch eingetreten ist mit der Folge, dass im Jahr 03<br />

eine neuer FÅnf-Jahres-Zeitraums fÅr Zwecke des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG beginnt, fÅr<br />

den die 25%-Schwelle (noch) nicht Åberschritten ist. Wåren die Erwerbe demgegenÅber<br />

in umgekehrter Reihenfolge erfolgt (dh. Erwerb von 24% in 01 und von 26% in 03), fÅhrte<br />

dies im Jahr 03 <strong>zu</strong> einem Untergang von 50 % der Verluste.<br />

157 DemgegenÅber hat der Eintritt der Rechtsfolge des Satzes 1 aufgrund des<br />

Wortlautes von § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG („unabhångig von Satz 1“) keine Auswirkungen<br />

auf die Beurteilung der Frage, ob die 50 %-Grenze des Satzes 2<br />

Åberschritten ist. Daher ist § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG ein eigener FÅnf-Jahres-<br />

Zeitraum <strong>zu</strong>grunde <strong>zu</strong> legen, dh. der quotale Verlustuntergang nach Satz 1<br />

lÇst keinen neuen FÅnf-Jahres-Zeitraum fÅr Zwecke des Satzes 2 KStG aus<br />

(BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 20). Erwerbsvorgånge,<br />

die im Rahmen des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG berÅcksichtigt<br />

84<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 157–159 § 10a<br />

worden sind, werden daher im Rahmen des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG nochmals<br />

berÅcksichtigt, und zwar auch dann, wenn sie bereits die Rechtsfolge des § 8c<br />

Abs. 1 Satz 1 KStG ausgelÇst haben. Nur wenn (auch) die 50 %-Grenze des<br />

Satzes 2 Åberschritten wird, beginnt fÅr den betreffenden Erwerberkreis ein<br />

neuer FÅnf-Jahres-Zeitraum iS des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG (so BMF v. 4.7.2008<br />

– IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 20), der allerdings fÅr den<br />

betreffenden Erwerberkreis regelmåßig nicht <strong>zu</strong>r nochmaligen Tatbestandsverwirklichung<br />

fÅhren kann, da dieser Erwerberkreis bereits mehr als 50 % erworben<br />

hat (ablehnend daher Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 74).<br />

Beispiel:<br />

Ein Erwerber erwirbt 26% der Anteile im Jahr 01 und weitere 25% der Anteile im Jahr 03.<br />

Dadurch kommt es im Jahr 01 <strong>zu</strong> einem Untergang von 26% der Verluste, und es beginnt<br />

fÅr Zwecke des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ein neuer FÅnf-Jahres-Zeitraum. Hingegen låuft<br />

der im Jahr 01 begonnene FÅnf-Jahres-Zeitraum fÅr Zwecke des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG<br />

unabhångig hiervon weiter (kein Sanktionsverbrauch). Daher wird im Jahr 03 die 50<br />

%-Schwelle des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG Åberschritten und der im Jahr 03 verbleibende<br />

Verlust (vgl. Anm. 202) geht vollståndig unter.<br />

Aus dem Zusammenspiel der unterschiedlichen FÅnf-Jahres-Zeitråume und 158<br />

dem durch § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ausgelÇsten Sanktionsverbrauch ergeben<br />

sich – vorbehaltlich § 42 AO (da<strong>zu</strong> Anm. 159) – gewisse GestaltungsmÇglichkeiten.<br />

Wer bis <strong>zu</strong> 50 % der Anteile an einer VerlustkÇrperschaft <strong>zu</strong> erwerben<br />

beabsichtigt, sollte den Erwerb, wie im Beispiel bei Anm. 156 dargestellt, in<br />

Tranchen vornehmen. Aber auch wenn ein Erwerb von 100 % der Anteile geplant<br />

ist, kann es sich – soweit wirtschaftlich vertretbar – ggf. empfehlen, <strong>zu</strong>nåchst<br />

nur einen Teil (maximal 50 %) der Anteile <strong>zu</strong> erwerben und bis <strong>zu</strong>m Erwerb<br />

der weiteren Anteile fÅnf Jahre verstreichen <strong>zu</strong> lassen. Der Erwerb der<br />

weiteren Anteile kann dabei ggf. durch Put- und Call-Optionen abgesichert<br />

werden, wobei <strong>zu</strong> beachten ist, dass dies weder <strong>zu</strong>m Ûbergang des wirtschaftlichen<br />

Eigentums fÅhren noch einen vergleichbarer Sachverhalt auslÇsen darf<br />

(s. da<strong>zu</strong> Anm. 178 und Anm. 184). Hierdurch kann unter Umstånden die Anwendung<br />

des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG vollståndig vermieden werden (Erwerb<br />

von zweimal 50 % im Abstand von mehr als fÅnf Jahren) oder – abhångig von<br />

der erwarteten Ertragslage der Verlustgesellschaft und unter BerÅcksichtigung<br />

der Mindestbesteuerung – <strong>zu</strong>mindest ein Teil der Verluste bis <strong>zu</strong>m Eintritt<br />

der Rechtsfolgen des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG genutzt werden (Erwerb von<br />

<strong>zu</strong>nåchst weniger als 50 % und Erwerb der restlichen Anteile nach Verbrauch<br />

der verbliebenen Verluste).<br />

Nach Auffassung der Finanzverwaltung gilt eine Mehrzahl von Erwerben als 159<br />

ein Erwerb, wenn ihnen ein Gesamtplan <strong>zu</strong>grunde liegt (BMF v. 4.7.2008 – IV<br />

C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 19; vgl. auch Lang, DStZ 2008,<br />

549 [556]: Gesamtplan <strong>zu</strong> bejahen, wenn bereits beim ersten AnteilsÅbergang<br />

die weiteren Ûbertragungen auf den identischen Erwerberkreis explizit oder<br />

latent feststehen). Dies sei widerleglich <strong>zu</strong> vermuten, wenn die Erwerbe innerhalb<br />

eines Jahres erfolgen. In der Literatur wird demgegenÅber die Auffassung<br />

vertreten, dass die aufeinanderfolgende Ûbertragung von Anteilen unter<br />

Beachtung der gesetzlichen Schwellenwerte und Zeitgrenzen keinen Gestaltungsmissbrauch<br />

darstellen kann (zB BlÅmich/Brandis, § 8c KStG, Rz. 49). Insbesondere<br />

wird argumentiert, dass der Gesamtplangedanke angesichts der ty-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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85


§ 10a Anm. 159–163 Gewerbeverlust<br />

pisierenden Regelung des § 8c KStG nicht herangezogen werden kann: „Wer<br />

mit dem Gedanken der Typisierung Hårten rechtfertigen will, sollte auch typisierungsbedingte<br />

Gestaltungsvorteile hinnehmen“ (so ausdrÅcklich van Lishaut,<br />

FR 2008, 789 [797]); åhnlich Pohl, GmbHR 2009, 132 [134 f.]).<br />

(3) KapitalerhÇhungen<br />

160 Nach § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG steht eine KapitalerhÇhung der Ûbertragung<br />

„des gezeichneten Kapitals“ gleich, soweit sie <strong>zu</strong> einer Verånderung der Beteiligungsquoten<br />

am Kapital der KÇrperschaft fÅhrt. Der Anlass der KapitalerhÇhung<br />

ist irrelevant, so dass auch KapitalerhÇhungen im Rahmen von Umwandlungsmaßnahmen<br />

erfasst sind (s. da<strong>zu</strong> auch Anm. 170 f.). Nach Auffassung<br />

der Finanzverwaltung soll § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG darÅber hinaus – entgegen<br />

dem anderslautenden Gesetzeswortlaut – auch den Fall erfassen, dass<br />

nicht das Kapital, sondern andere Beteiligungsrechte „erhÇht“ werden (vgl.<br />

BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 9, 5); Åberzeugender,<br />

wenngleich ohne Auswirkung auf das Ergebnis, wåre in solchen<br />

Fållen die Annahme eines vergleichbaren Sachverhalts.<br />

161 Die KapitalerhÇhung fÅhrt <strong>zu</strong> einem schådlichen Beteiligungserwerb, wenn<br />

nach der KapitalerhÇhung entweder ein neu hin<strong>zu</strong>tretender Erwerberkreis<br />

<strong>zu</strong> mehr als 25 % an der VerlustkÇrperschaft beteiligt ist oder ein bereits beteiligter<br />

Erwerberkreis – aufgrund einer disquotalen KapitalerhÇhung – <strong>zu</strong> mehr<br />

als 25 % hÇher beteiligt ist als vor der KapitalerhÇhung (enger offenbar BMF v.<br />

4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 9; da<strong>zu</strong> Lang,<br />

DStZ 2008, 549 [552]). Zu Einzelheiten vgl. auch die <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG entwickelten<br />

Grundsåtze (Anm. 288 f.).<br />

162 Bei der PrÅfung, ob es durch die KapitalerhÇhung <strong>zu</strong> einer tatbestandlichen<br />

Verschiebung von Beteiligungsquoten kommt, ist grundsåtzlich auf die Beteiligung<br />

am Nominalkapital vor und nach der KapitalerhÇhung ab<strong>zu</strong>stellen.<br />

Dies gilt mE auch dann, wenn es durch die KapitalerhÇhung <strong>zu</strong> Wertverschiebungen<br />

zwischen den Gesellschaftern kommt, beispielsweise weil ein Gesellschafter<br />

im Zuge der KapitalerhÇhung eine geringere Beteiligung am Nominalkapital<br />

eingeråumt bekommt, als ihm aufgrund seiner Einlage wertmåßig<br />

<strong>zu</strong>stehen wÅrde. Ein hierdurch ausgelÇstes Ûberspringen stiller Reserven beurteilt<br />

sich nach allgemeinen Regeln, kann mE jedoch grundsåtzlich nicht die<br />

Rechtsfolgen des § 8c KStG auslÇsen (ebenso Neumann/Stimpel,<br />

GmbHR 2007, 1194 [1199 f.]).<br />

163 Da § 8c KStG auch mittelbare Ûbertragungen erfasst, sollen auch KapitalerhÇhungen<br />

bei (unmittelbaren oder mittelbaren) Anteilseignern der VerlustkÇrperschaft<br />

ein<strong>zu</strong>beziehen sein (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001,<br />

BStBl. I 2008, 736, Tz. 10). Dies ist mit dem Wortlaut des § 8c Abs. 1 Satz 4<br />

KStG, der darauf abstellt, dass die KapitalerhÇhung <strong>zu</strong> einer Verånderung der<br />

Beteiligungsquoten am Kapital „der KÇrperschaft“ (dh. der VerlustkÇrperschaft)<br />

fÅhrt, nicht <strong>zu</strong> vereinbaren (Sistermann/Brinkmann, BB 2008, 1928<br />

[1931]). Allerdings liegt in solchen Fållen mE die Annahme eines vergleichbaren<br />

Sachverhalts nahe, da man wohl nicht argumentieren kann, dass § 8c<br />

Abs. 1 Satz 4 KStG fÅr KapitalerhÇhungen eine lex specialis darstellt.<br />

86<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 164–166 § 10a<br />

Beim Zusammentreffen einer KapitalerhÇhung mit frÅheren Anteilserwerben<br />

ist die HÇhe des insgesamt vorliegenden Anteilserwerbs auf Grundlage<br />

des <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt jeweils bestehenden Nennkapitals <strong>zu</strong> ermitteln (Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 97; aA BlÅmich/Brandis, § 8c KStG,<br />

Rz. 46). Allerdings beseitigt eine KapitalerhÇhung nicht die Rechtsfolgen vorrangegangener<br />

schådlicher Beteiligungserwerbe.<br />

Beispiele (in Anlehnung an Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 97):<br />

(1) Die A-GmbH, deren Alleingesellschafter A ist, verfÅgt Åber ein Stammkapital von<br />

EUR 1 Mio. A Åbertrågt im Jahr 01 10 % der Geschåftsanteile auf E. Im Jahr 03 wird das<br />

Kapital der A-GmbH um EUR 1 Mio. auf EUR 2 Mio. erhÇht. Von den neuen Stammeinlagen<br />

Åbernehmen A EUR 600.000 und E EUR 400.000.<br />

Im Jahr 01 liegt ein – isoliert betrachtet unschådlicher – Anteilserwerb durch E iHv 10 %<br />

vor. Die KapitalerhÇhung im Jahr 03 steht einer Ûbertragung von 20 % des gezeichneten<br />

Kapitals auf E gleich (§ 8c Abs. 1 Satz 4 KStG). Es wåre un<strong>zu</strong>treffend, das Vorliegen eines<br />

schådlichen Beteiligungserwerbs aufgrund einer Addition der von E erworbenen Quoten<br />

(10 % im Jahr 01 und 20 % im Jahr 03) <strong>zu</strong> bejahen. Denn im Ergebnis erwarb E eine Beteiligung<br />

von EUR 500.000 entsprechend 25 % des nach der KapitalerhÇhung insgesamt<br />

EUR 2 Mio. umfassenden Nennkapitals. Der Beteiligungserwerb Åberschritt daher nicht<br />

die Schådlichkeitsgrenze des Satzes 1.<br />

(2) Die A-GmbH, deren Alleingesellschafter A ist, verfÅgt Åber ein Stammkapital von<br />

EUR 1 Mio. A Åbertrågt im Jahr 01 40 % der Geschåftsanteile auf E. Im Jahr 03 wird das<br />

Kapital der A-GmbH um EUR 1 Mio. auf EUR 2 Mio. erhÇht. Von den neuen Stammeinlagen<br />

Åbernehmen A EUR 900.000 und E EUR 100.000.<br />

Im Jahr 01 liegt ein schådlicher Beteiligungserwerb iS des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG vor, der<br />

<strong>zu</strong> einem quotalen Untergang der Verlustvortråge in HÇhe von 40 % fÅhrt. Hieran åndert<br />

die Tatsache nichts, dass E nach der KapitalerhÇhung – wie in Fall (1) – nur <strong>zu</strong> 25 % an der<br />

A-GmbH beteiligt ist.<br />

(4) Vergleichbare Sachverhalte<br />

Auch solche Sachverhalte fÅhren <strong>zu</strong> einem (quotalen) Untergang des Verlustvortrags,<br />

die der Ûbertragung von 25 % (bzw. 50 %) „des gezeichneten Kapi-<br />

165<br />

tals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte“ an<br />

einen Erwerberkreis vergleichbar sind. Diese wohl bewusst unscharfe Formulierung<br />

(so Beußer, DB 2007, 1549 [1551]) wurde offenbar aus Sorge vor Umgehungen<br />

aufgenommen (vgl. auch Wiese, DStR 2007, 741 [742]: im Rahmen der<br />

Eingriffsverwaltung un<strong>zu</strong>låssige Angstklausel).<br />

Da § 8c KStG – anders als § 8 Abs. 4 KStG – nicht mehr die Ønderung der wirtschaftlichen<br />

Identitåt einer KÇrperschaft sanktioniert (s. Anm. 100 f.), ist die<br />

166<br />

Vergleichbarkeit des Sachverhalts ausschließlich an den in Satz 1 genannten<br />

Ûbertragungen <strong>zu</strong> messen (vgl. Lang, DStZ 2008, 549 [551]). Ein Sachverhalt<br />

ist vergleichbar, wenn der potentielle Erwerber wirtschaftlich eine Stellung erlangt,<br />

die der des Erwerbers einer der in Satz 1 genannten Rechten entspricht,<br />

ohne dass das wirtschaftliche Eigentum an diesem Recht Åbergeht. Erforderlich<br />

ist damit ein Typenvergleich der vom potentiellen Erwerber erlangten<br />

Rechtsstellung mit der des Erwerbers wirtschaftlichen Eigentums der in Satz 1<br />

genannten Be<strong>zu</strong>gsgrÇßen (vgl. Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/Klapdor,<br />

UntStRefG, § 8c KStG Rn. 39). Da ein solcher Typenvergleich mÇglich ist,<br />

verstÇßt die Sanktionierung von „vergleichbaren Sachverhalten“ mE nicht gegen<br />

den Bestimmtheitsgrundsatz (s. Anm. 105).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

87<br />

164


§ 10a Anm. 167–169 Gewerbeverlust<br />

167 Anlass fÅr die PrÅfung der Vergleichbarkeit kann bestehen, wenn zwar eine<br />

Abrede oder Rechtsånderung hinsichtlich einer der in Satz 1 genannten<br />

Rechtsposition vorliegt, es hierdurch aber nicht <strong>zu</strong> einer „Ûbertragung“<br />

kommt, oder wenn zwar eine Ûbertragung vorliegt, das Åbertragene Recht<br />

aber in Satz 1 nicht genannt ist (vgl. auch Suchanek in HHR, § 8c KStG<br />

Anm. 28). Im Einzelnen werden die folgenden Fålle als vergleichbarer Sachverhalt<br />

diskutiert (vgl. ergånzend die in Anm. 287 ff. dargestellten Fålle):<br />

168 – Ob die Ûbertragung von (beteiligungsåhnlichen) Genussrechten iS des § 8<br />

Abs. 3 Satz 2 KStG einen vergleichbarer Sachverhalt darstellt, wird unterschiedlich<br />

beurteilt (bejahend BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001,<br />

BStBl. I 2008, 736, Tz. 7; Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/Klapdor,<br />

UntStRefG, § 8c KStG Rn. 41; ablehnend Lang, DStR 2008, 549 [551]; Suchanek,<br />

GmbHR 2008, 292 [294]). Beteiligungsåhnliche Genussrechte sind mE<br />

mit der Beteiligung am gezeichneten Kapital vergleichbar, da sie durch die<br />

Teilhabe am Gewinn und LiquidationserlÇs vergleichbare VermÇgensrechte<br />

vermitteln. Das Fehlen jeglicher Verwaltungsrechte (insbesondere Stimmrechte)<br />

ist unschådlich, wenn man auch die Ûbertragung stimmrechtsloser<br />

(Vor<strong>zu</strong>gs-)Anteile dem Anwendungsbereich des § 8c KStG unterwirft (da<strong>zu</strong><br />

Anm. 113).<br />

169 – Ob und unter welchen Vorausset<strong>zu</strong>ngen der Abschluss von Stimmrechtsvereinbarungen<br />

oder Stimmrechtsbindungen oder die Vereinbarung eines<br />

Stimmrechtsverzicht einen vergleichbaren Sachverhalt darstellt, wird unterschiedlich<br />

beurteilt (bejahend BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 7; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c<br />

KStG Rz. 61; Suchanek/Herbst, FR 2007, 863 [867] sowie Suchanek in HHR,<br />

§ 8c KStG Anm. 30 (fÅr den dauerhaften Stimmrechtsverzicht in einer zweigliedrigen<br />

KÇrperschaft); ablehnend Sistermann/Brinkmann, BB 2008, 1928<br />

[1930]; Hans, FR 2007, 775 [777] (fÅr den Verzicht auf die AusÅbung von Gesellschaftsrechten);<br />

differenzierend Suchanek, GmbHR 2008, 292 [294]:<br />

Stimmrechtsverzicht ja, Stimmbindung bzw. Stimmrechtsvereinbarung<br />

nein). BerÅcksichtigt man, dass eine dingliche Ûbertragung von Stimmrechten<br />

aufgrund des Abspaltungsverbots in der Regel nicht mÇglich ist<br />

(Anm. 112), låsst sich der Aufnahme der Tatbestandsvariante der „Ûbertragung<br />

von Stimmrechten“ in Abs. 1 Satz 1 mE nur die Bedeutung beimessen,<br />

dass der Gesetzgeber solche Sachverhalte einbeziehen wollte, bei denen einem<br />

anderen als dem Anteilseigner im wirtschaftlichen Ergebnis (wenn<br />

auch ggf. nur schuldrechtlich) ein Einfluss auf die VerlustkÇrperschaft eingeråumt<br />

wird, der dem eines Inhabers von mehr als 25 % bzw. 50 % der<br />

Stimmrechte entspricht. Dies kann mE – abhångig vom jeweiligen Einzelfall,<br />

insbesondere vom konkreten Inhalt der Vereinbarung – bei einem<br />

Stimmrechtsverzicht oder einer umfassenden Stimmrechtsbindung (beispielsweise<br />

in der Form einer Verpflichtung <strong>zu</strong>r Abstimmung entsprechend<br />

den Weisungen des BegÅnstigten) der Fall sein. Maßgebend wird aber immer<br />

der konkrete Inhalt der getroffenen Vereinbarung sein. So kÇnnen<br />

punktuelle Stimmbindungen oder die Verpflichtung mehrerer Gesellschafter<br />

<strong>zu</strong>r bloßen Koordination ihrer Stimmabgabe (beispielsweise Poolvereinbarungen<br />

<strong>zu</strong>r Abstimmung entsprechend dem Mehrheitsbeschluss eines<br />

88<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 169–170 § 10a<br />

Familienstammes) mE keinen vergleichbaren Sachverhalt begrÅnden. Vgl.<br />

<strong>zu</strong>m Abschluss eines Poolvertrags fÅr Zwecke des § 13b Abs.1 Nr. 3 Satz 2<br />

ErbStG auch Hannes/von Freeden, Ubg 2008, 624.<br />

Im Schrifttum wird eine Vergleichbarkeit mit der von Satz 1 vorausgesetzten<br />

„Ûbertragung“ von Stimmrechten demgegenÅber <strong>zu</strong>m Teil mit dem Argument<br />

verneint, dass derartige schuldrechtliche Vereinbarungen nie da<strong>zu</strong><br />

fÅhren kÇnnen, dass der Rechtsinhaber dauerhaft von der Wahrnehmung<br />

seiner Rechte ausgeschlossen wird, der (vermeintliche) „Erwerber“ mithin<br />

keine gesicherte Rechtsposition erlangen kÇnne (Viskorf/Michel, DB 2007,<br />

2561 [2564]; Sistermann/Brinkmann, BB 2008, 1928 [1930]; Lang, DStR 2008,<br />

549 [552]). Bei einem solchen Normverståndnis håtte die Erwåhnung von<br />

Stimmrechten in Satz 1 nur Bedeutung fÅr die Ermittlung der Schådlichkeitsquote<br />

bei der Ûbertragung von Mehrstimmrechtsanteilen (da<strong>zu</strong><br />

Anm. 145).<br />

Liegt eine Ûbertragung von Anteilen vor, bei der (auch unter BerÅcksichtigung<br />

etwaiger Mehrstimmrechte) die Schådlichkeitsgrenzen nicht Åberschritten<br />

sind, scheidet die (<strong>zu</strong>såtzliche) Annahme eines vergleichbaren<br />

Sachverhalts mE grundsåtzlich aus. Daher wåre es beispielsweise unschådlich,<br />

wenn – zB im Zusammenhang mit der Ûbertragung einer 20 %-Beteiligung<br />

– die Mehrheitserfordernisse fÅr Abstimmungen insoweit veråndert<br />

werden, dass dem Erwerber faktisch ein Vetorrecht eingeråumt wird, zB<br />

durch EinfÅhrung qualifizierter Mehrheitserfordernisse oder des Einstimmigkeitsprinzips<br />

(vgl. Viskorf/Michel, DB 2007, 2561 [2562 f.]; BlÅmich/<br />

Brandis, § 8c KStG, Rz. 55; Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform<br />

2008, 172 [176 f.]). Ebenso wenig kann ein vergleichbarer<br />

Sachverhalt daraus abgeleitet werden, dass einem Erwerber aufgrund<br />

der Pråsenz in der Hauptversammlung faktisch ein hÇherer Stimmrechtsanteil<br />

<strong>zu</strong>steht.<br />

– Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll ein vergleichbarer Sachverhalt<br />

vorliegen, wenn bei einer Umwandlung auf die VerlustkÇrperschaft sowie<br />

bei Einbringungen in die VerlustkÇrperschaft als aufnehmende Gesellschaft<br />

das Kapital der VerlustkÇrperschaft erhÇht wird (BMF v. 4.7.2008 – IV<br />

C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 7). Zutreffend, wenngleich<br />

ohne Auswirkung auf das Ergebnis, erscheint es, derartige Fålle unter § 8c<br />

Abs. 1 Satz 4 KStG <strong>zu</strong> subsumieren (Sistermann/Brinkmann, BB 2008, 1928<br />

[1930]; nach Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 27, 34 liegt eine<br />

Ûbertragung vor; ebenso Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 27).<br />

Ein vergleichbarer Fall kann allerdings bei einer Mutter-Tochter-Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />

auf die Verlustgesellschaft vorliegen, wenn die Åbertragende<br />

Muttergesellschaft <strong>zu</strong> mehr als 25% an der Verlustgesellschaft beteiligt ist,<br />

da in diesem Fall die Anteile an der Verlustgesellschaft auf den bzw. die Gesellschafter<br />

der Ûbertragerin Åbergehen. Dies gilt allerdings nur, soweit<br />

man Ûbertragungen innerhalb der Beteiligungskette Åberhaupt als tatbestandlich<br />

ansieht (da<strong>zu</strong> Anm. 121 f.). DemgegenÅber kann die Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />

einer 100 %igen Tochtergesellschaft der Verlustgesellschaft<br />

auf die Verlustgesellschaft mangels Anteilsgewåhrung (§ 54 Abs. 1 Nr. 1<br />

UmwG) nicht <strong>zu</strong>r Anwendung des § 8c KStG fÅhren. Auch eine Umwand-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

89<br />

170


§ 10a Anm. 170–174 Gewerbeverlust<br />

171<br />

172<br />

173<br />

174<br />

lung der Verlustgesellschaft als Åbertragende Gesellschaft ist nicht von § 8c<br />

KStG erfasst (vgl. aber §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, § 15 Abs. 3<br />

UmwStG).<br />

Die Finanzverwaltung, die den Anwendungsbereich des § 8c KStG nicht<br />

nur auf KÇrperschaften beschrånken will (s. Anm. 106), bejaht einen vergleichbaren<br />

Fall auch bei der Fusion von Anstalten des Çffentlichen Rechts,<br />

soweit hierdurch bei der aufnehmenden Anstalt des Çffentlichen Rechts mit<br />

nicht genutzten Verlusten ein Tråger Beteiligungsrechte an der Anstalt hin<strong>zu</strong><br />

erwirbt (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008,<br />

736, Tz. 7; aA Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 30).<br />

– Der AnteilsÅbergang durch Umwandlung des (unmittelbaren oder mittelbaren)<br />

Anteilseigners der VerlustkÇrperschaft kann einen vergleichbaren<br />

Sachverhalt darstellen (vgl. <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG Anm. 290), wenn und soweit<br />

man eine entsprechende rechtsgeschåftliche Ûbertragung der Beteiligung<br />

als tatbestandsmåßig ansieht (da<strong>zu</strong> Anm. 121 f.).<br />

Dies soll selbst dann gelten, wenn bei Umwandlungen der Åbernehmende<br />

Rechtstråger gemåß §§ 4 Abs. 2 Satz 1, 12 Abs. 3 UmwStG in die steuerliche<br />

Rechtsstellung des Åbertragenden Rechtstrågers eintritt (Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 45; zweifelnd Neumann/Stimpel, GmbHR 2007,<br />

1194 [1200]). Anders als noch fÅr § 8 Abs. 4 KStG enthålt das BMF-Schreiben<br />

(offenbar bewusst, vgl. MÇhlenbrock in RÇdder/MÇhlenbrock, Ubg<br />

2008, 595 [597]) keine Ausnahmen fÅr mittelbare Anteilseignerwechsel innerhalb<br />

verbundener Unternehmen im Rahmen einer Verschmel<strong>zu</strong>ng oder<br />

Einbringung <strong>zu</strong> Buchwerten (fÅr eine Einschrånkung mit Blick auf Tz. 28<br />

des BMF, Schreibens v. 16.4.1999 (s. Anm. 291) Neumann/Stimpel,<br />

GmbHR 2007, 1194 [1200]).<br />

– Ein Formwechsel des Anteilseigners der VerlustkÇrperschaft iS des § 190<br />

Abs. 1 UmwG oder ein vergleichbarer auslåndischer Vorgang (da<strong>zu</strong> DorfmÅller,<br />

IStR 2009, 411 [413]) bewirkt keine mittelbare Ûbertragung der Anteile<br />

an einer nachgeordneten KÇrperschaft (BMF v. 4.7.2008 IV C 7 - S 2745<br />

- a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 11) und stellt auch keinen vergleichbarer<br />

Sachverhalt dar. Dies gilt nicht nur fÅr den (steuerlich unbeachtlichen)<br />

Formwechsel einer KÇrperschaft in eine KÇrperschaft anderer Rechtsform,<br />

sondern auch fÅr den Formwechsel einer KÇrperschaft in eine Personengesellschaft<br />

(und umgekehrt).<br />

– Unter Hinweis auf die Unschådlichkeit des Formwechsels wird bei der Aufnahme<br />

einer gewerblichen Tåtigkeit durch bzw. bei der gewerblichen Prågung<br />

einer <strong>zu</strong>vor nur vermÇgensverwaltenden, nicht gewerblich geprågten<br />

Personengesellschaft in der Literatur eine Anwendbarkeit des § 8c KStG<br />

verneint, soweit es nicht <strong>zu</strong> einem Rechtstrågerwechsel kommt (Lang, DStZ<br />

2008, 549 [555]; van Lishaut, FR 2008, 789 [797]). Gleiches gilt fÅr den umgekehrten<br />

Fall der Aufgabe jeglicher gewerblicher Tåtigkeit bzw. der gewerblichen<br />

Entprågung einer Personengesellschaft.<br />

– Auch der AnteilsÅbergang durch Anwachsung einer Personengesellschaft<br />

(Mitunternehmerschaft) kann grundsåtzlich schådlich sein (Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 59; MÇhlenbrock in RÇdder/MÇhlenbrock,<br />

90<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 174–178 § 10a<br />

Ubg 2008, 595 [598]; <strong>zu</strong>r Kritik bei einer bloßen VerkÅr<strong>zu</strong>ng der Beteiligungskette<br />

vgl. Anm. 121 f.). Ausnahmen sollten mE <strong>zu</strong>mindest dann gelten,<br />

wenn die Anwachsung durch das Ausscheiden eines kapitalmåßig<br />

nicht beteiligten Gesellschafters ausgelÇst wird (vgl. OFD Berlin<br />

v. 19.7.2002 – St 122 - S 2241 - 2/02, DStR 2002, 1811; van Lishaut, FR 2008,<br />

789 [795]; weitergehend Sistermann/Brinkmann, DStR 2008, 897 [902]: unschådlich<br />

im Umfang der Beteiligung an der Personengesellschaft). Geht<br />

das VermÇgen einer Personengesellschaft, die keine Mitunternehmerschaft<br />

ist, durch Anwachsung Åber, liegt nur insoweit eine Ûbertragung vor,<br />

als dem verbleibenden Gesellschafter die Anteile an der VerlustkÇrperschaft<br />

nicht schon vor der Anwachsung gemåß § 39 AO <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen waren<br />

(Sistermann/Brinkmann, BB 2008, 1928 [1932]; dies., DStR 2008, 897 [902]).<br />

– Der Erwerb eigener Anteile oder die Einziehung von Anteilen durch die 175<br />

VerlustkÇrperschaft stellt einen vergleichbaren Sachverhalt dar, wenn sich<br />

hierdurch die Beteiligungsquoten åndern (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 7; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c<br />

KStG Rz. 56; vgl. auch Anm. 220 <strong>zu</strong>r gleichgelagerten Problematik bei § 8<br />

Abs. 4 KStG; <strong>zu</strong>r Schaffung und Einziehung von Anteilen mit Mehrstimmrechten<br />

vgl. Viskorf/Michel, DB 2007, 1561 [2562]; gegen die Annahme eines<br />

vergleichbaren Sachverhalts Lang, DStR 2007, 652 [655]; Sistermann/<br />

Brinkmann, BB 2008, 1928 [1930]; dies., DStR 2008, 897 [899 f.]). Erfolgt der<br />

Erwerb eigener Anteile nur vorÅbergehend und aus „AbwicklungsgrÅnden“,<br />

beispielsweise um kurzfristig neue Gesellschafter auf<strong>zu</strong>nehmen,<br />

wåre eine teleologische Reduktion der Vorschrift sachgerecht (vgl.<br />

Anm. 151).<br />

– Quotenverånderungen im Hinblick auf die durch die Beteiligung vermittelten<br />

VermÇgens- bzw. Verwaltungsrechte kÇnnen sich auch durch Sat<strong>zu</strong>ngs-<br />

176<br />

ånderungen bei der VerlustkÇrperschaft ergeben, beispielsweise durch<br />

Vereinbarung einer disquotalen Gewinnverteilungsabrede. In der Literatur<br />

werden derartige Maßnahmen, die lediglich reflexiv <strong>zu</strong> einer Quotenverånderung<br />

fÅhren, grundsåtzlich nicht als vergleichbarer Sachverhalt angesehen<br />

(so generell Sistermann/Brinkmann, DStR 2008, 897 [900]). BegrÅndet<br />

wird dies <strong>zu</strong>m Teil damit, dass in § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG ausdrÅcklich<br />

nur Quotenverånderungen durch KapitalerhÇhung geregelt sind und diese<br />

Vorschrift anderenfalls entbehrlich sei, wenn die KapitalerhÇhung (oder die<br />

sonstige gesellschaftsrechtliche Maßnahme) bereits als ein der AnteilsÅbertragung<br />

vergleichbarer Fall an<strong>zu</strong>sehen wåre.<br />

– Die Ûbertragung von Be<strong>zu</strong>gsrechten ist grundsåtzlich nicht mit der Ûbertragung<br />

von Anteilen vergleichbar, da Be<strong>zu</strong>gsrechte lediglich ein Recht auf<br />

177<br />

den Erwerb einer Beteiligung vermitteln (vgl. <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG Anm. 217;<br />

Lang, DStR 2008, 549 [551 f.]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 24;<br />

ebenso nun auch DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 38).<br />

– Der Erwerb oder die BegrÅndung einer Kauf- oder Verkaufsoption ist nicht 178<br />

mit einem Anteilserwerb vergleichbar, soweit es nicht ausnahmsweise <strong>zu</strong>m<br />

Ûbergang wirtschaftlichen Eigentums kommt (vgl. von Freeden in Schaumburg/RÇdder,<br />

Unternehmensteuerreform 2008, MÅnchen 2007, S. 534).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

91


§ 10a Anm. 179–184 Gewerbeverlust<br />

179 – Der Abschluss eines Beherrschungsvertrags stellt keinen vergleichbaren<br />

Sachverhalt dar (Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 30; Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 35). Insbesondere ist keine Vergleichbarkeit mit<br />

einer StimmrechtsÅbertragung gegeben, da die Stimmrechte der Mitgesellschafter<br />

unberÅhrt bleiben und nur das GeschåftsfÅhrungsorgan der VerlustkÇrperschaft<br />

Weisungen des herrschenden Unternehmens Folge leisten<br />

muss (§ 308 Abs. 2 AktG). Auch der Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags<br />

ist fÅr Zwecke des § 8c KStG unschådlich.<br />

180 – Ein (personeller) Wechsel in der GeschåftsfÅhrung kann nicht <strong>zu</strong>r Anwendbarkeit<br />

des § 8c KStG fÅhren (Viskorf/Michel, DB 2007, 2561 [2563]).<br />

181 – Eine hybride Finanzierung der VerlustkÇrperschaft oder der Erwerb von<br />

strukturierten Finanzinstrumenten, die die Verlustgesellschaft emittiert<br />

hat, stellt grundsåtzlich keinen vergleichbaren Sachverhalt dar, soweit die<br />

Finanzierung nicht so ausgestaltet ist, dass sie – beispielsweise åhnlich den<br />

beteiligungsåhnlichen Genussrechten – typische Charakteristika von Anteilen<br />

aufweist (vgl. auch Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 30; vgl. auch<br />

von Freeden in Schaumburg/RÇdder, Unternehmensteuerreform 2008,<br />

MÅnchen 2007, S. 534: EinzelfallprÅfung erforderlich). Gleiches gilt fÅr den<br />

Erwerb von (typischen) Gewinnobligationen oder Wandelanleihen. Bei<br />

Wandelanleihen kann es daher grundsåtzlich erst mit AusÅbung des Wandlungsrechts<br />

<strong>zu</strong> einem schådlichen Beteiligungserwerb kommen. Auch die<br />

Gewåhrung bzw. der Erwerb von Forderungen aus partiarischen Darlehen,<br />

Finanzplankrediten oder eigenkapitalersetzenden bzw. in den Anwendungsbereich<br />

des § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG fallenden Darlehen ist grundsåtzlich<br />

unschådlich.<br />

182 – Ob die BegrÅndung einer (atypisch) stillen Gesellschaft einen vergleichbaren<br />

Sachverhalt darstellt, wird unterschiedlich beurteilt (ablehnend Breuninger/Ernst,<br />

GmbHR 2010, 561 [566]; Suchanek in HHR, § 8c KStG<br />

Anm. 30: der stille Gesellschafter erwerbe steuerlich kein Beteiligungsrecht<br />

an der VerlustkÇrperschaft, sondern an einer Mitunternehmerschaft; ablehnend<br />

nun auch DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 38; differenzierend<br />

MÇhlenbrock in RÇdder/MÇhlenbrock, Ubg 2008, 595 [599]: allenfalls<br />

bei atypisch stillen Gesellschaften auf Ebene des unmittelbaren oder<br />

mittelbaren Anteilseigners). Zu den sich hieraus ggf. ergebenden GestaltungsmÇglichkeiten<br />

s. Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561.<br />

183 – Die Ûbertragung bzw. BegrÅndung der Beteiligung des persÇnlich haftenden<br />

Gesellschafters einer KGaA ist nicht mit der Ûbertragung von Anteilen<br />

vergleichbar (van Lishaut, FR 2008, 789 [793]: die rechtsformbedingten Unterschiede<br />

hinsichtlich GeschåftsfÅhrungsbefugnis und Vertretung fÅhren<br />

nicht <strong>zu</strong> Anwendung des § 8c KStG; Kollruss/Weißert/Ilin, DStR 2009, 88).<br />

184 Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll auch die Kombination verschiedener<br />

Sachverhalte <strong>zu</strong> einem schådlichen Beteiligungserwerb fÅhren kÇnnen<br />

(BMF v. 4.7.2008 IV C 7 - S 2745 - a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 7 mit Verweis<br />

auf BFH v. 22.10.2003 – I R 18/02, BStBl. II 2004, 468). Offenbar will das<br />

BMF Åber den Verweis auf das Urteil des BFH v. 22.10.2003 solche Fålle erfassen,<br />

in denen die schådlichen Beteiligungsquoten nicht Åberschritten sind, der<br />

92<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 184–184b § 10a<br />

Anteilseigner aber wirtschaftlich eine Stellung erlangt, die der eines <strong>zu</strong> mehr<br />

als 25% bzw. 50 % Beteiligten vergleichbar ist (<strong>zu</strong>r åhnlichen Problematik im<br />

Rahmen des § 8 Abs. 4 KStG vgl. Anm. 292 ff.). Es ist damit <strong>zu</strong> rechnen, dass<br />

die Finanzverwaltung insbesondere solche Vorgånge aufgreifen wird, in denen<br />

eine (fÅr sich genommen unschådliche) AnteilsÅbertragung mit der Einråumung<br />

von Optionen und/oder Sat<strong>zu</strong>ngsånderungen und/oder (hybriden)<br />

Finanzierungen der Verlustgesellschaft <strong>zu</strong>sammentrifft (vgl. auch Lang, DStR<br />

2008, 549 [552]).<br />

(5) Nichtvorliegen eines schådlichen Beteiligungserwerbs bei bestimmten<br />

konzerninternen Erwerben, § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG (sog. Konzernklausel)<br />

Gemåß der durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz v. 22.12.2009<br />

(BGBl. I 2009, 3950 = BStBl. I 2010, 2) eingefÅgten sog. Konzernklausel des<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG liegt ein schådlicher Beteiligungserwerb nicht vor,<br />

wenn an dem Åbertragenden und an dem Åbernehmenden Rechtstråger dieselbe<br />

Person <strong>zu</strong> jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. Die Vorschrift<br />

ist gemåß § 34 Abs. 7b Satz 2 KStG auf schådliche Beteiligungserwerbe<br />

nach dem 31.12.2009 an<strong>zu</strong>wenden (s. auch Anm. 184q). Ausweislich der GesetzesbegrÅndung<br />

(BT-Drucks. 17/15, 19) sollen durch die Regelung „alle Umstrukturierungen,<br />

die ausschließlich innerhalb eines Konzerns vorgenommen<br />

werden, an dessen Spitze <strong>zu</strong> 100 Prozent eine einzelne Person oder Gesellschaft<br />

steht“, privilegiert werden. Die sog. Konzernklausel soll auf Fålle beschrånkt<br />

sein, „in denen die Verschiebung von Verlusten auf Dritte ausgeschlossen<br />

ist.“ Der Gesetzeswortlaut setzt diesen Gedanken indes nur un<strong>zu</strong>reichend<br />

um, und es ist <strong>zu</strong>dem bedauerlich, dass der Gesetzgeber im Umwandlungssteuerrecht<br />

keine dieses Regelungsziel umsetzende<br />

Parallelregelung getroffen hat.<br />

184a<br />

(a) Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

(aa) Ûbertragender und Åbernehmender Rechtstråger<br />

Da der Grundtatbestand des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG auf die Ûbertragung wirtschaftlichen<br />

Eigentums abstellt (s. Anm. 115, 119), kann Rechtstråger iS des<br />

184b<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG jeder sein, der Inhaber wirtschaftlichen Eigentums<br />

sein und dieses daher „Åbertragen“ und „Åbernehmen“ kann. Trotz der Verwendung<br />

der umwandlungs(steuer)rechtlichen Begriffe „Åbertragender“ und<br />

„Åbernehmender“ Rechtstråger (vgl. §§ 3 Abs. 1, 122b UmwG) ist nicht auf<br />

das umwandlungs(steuer)rechtliche Begriffsverståndnis ab<strong>zu</strong>stellen, sondern<br />

davon aus<strong>zu</strong>gehen, dass der Gesetzgeber mit dieser Formulierung den Grundfall<br />

der Ûbertragung von Anteilen vom Ûbertrager auf den Ûbernehmer umschreiben<br />

wollte (Bien/Wagner, BB 2010, 923 [924]; BB 2009, 2626 [2628]; Wittkowski/Hielscher,<br />

DB 2010, 11 [13]). Auch bei Umwandlungsvorgången ist daher<br />

der Åbernehmende und Åbertragende Rechtstråger unabhångig von der<br />

umwandlungs(steuer)rechtlichen Einordnung <strong>zu</strong> bestimmen (vgl. da<strong>zu</strong> Beispiel<br />

(4) bei Anm. 184g). Als Åbernehmender und Åbertragender Rechtstråger<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

93


§ 10a Anm. 184b–184e Gewerbeverlust<br />

184c<br />

184d<br />

kommen inlåndische und auslåndische (natÅrliche und juristische) Personen<br />

sowie VermÇgensmassen und Personengesellschaften in Betracht, wobei bei<br />

vermÇgensverwaltenden, nicht gewerblich geprågten Personengesellschaften<br />

anteilig auf deren Gesellschafter ab<strong>zu</strong>stellen ist (s. da<strong>zu</strong> Anm. 116; aA.<br />

Bien/Wagner, BB 2010, 923; DÇrr, NWB 2009, 184 [186]: zivilrechtliche Betrachtung).<br />

Auch natÅrliche Personen kÇnnen zwar grundsåtzlich Åbertragende bzw.<br />

Åbernehmende Rechtstråger sein, jedoch kann insoweit das weitere Tatbestandsmerkmal,<br />

dass dieselbe Person an dem Åbertragenden bzw. Åbernehmenden<br />

Rechtstråger beteiligt ist (da<strong>zu</strong> Anm. 184e ff.), nicht erfÅllt sein. In der<br />

Literatur wird eine solche „Einschrånkung“ der Konzernklausel <strong>zu</strong>m Teil abgelehnt.<br />

Da der Sinn und Zweck der Konzernklausel darin bestehe, alle Umstrukturierungen<br />

<strong>zu</strong> begÅnstigen, bei denen es nicht <strong>zu</strong> einem VerlustÅbergang<br />

auf einen Dritten kommt (s. Anm. 184a), und es <strong>zu</strong>dem dem allgemeinen<br />

Verståndnis im Konzernrecht entspreche, dass auch natÅrliche Personen an<br />

der Spitze eines Konzerns stehen kÇnnen, sind nach dieser Auffassung auch<br />

natÅrliche Personen taugliche Rechtstråger fÅr Zwecke der Konzernklausel<br />

(Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 73 [79]; Scheunemann/Dennisen/Behrens,BB<br />

2010, 23 [25]; DÇrr, NWB 2009, 184 [186]; Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 120).<br />

Die Rechtstråger sind Åbertragend bzw. Åbernehmend iS der Vorschrift bei<br />

såmtlichen von § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG erfassten Beteiligungserwerben und<br />

vergleichbaren Sachverhalten, dh. unabhångig davon, ob Anteile oder Stimmrechte<br />

erworben werden, der betreffende Erwerb entgeltlich oder unentgeltlich,<br />

durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge, derivativ oder im Wege der<br />

KapitalerhÇhung, durch einen Erwerber, mehrere nahestehende Personen<br />

oder eine Erwerbergruppe erfolgt (vgl. <strong>zu</strong> Einzelfållen Franz, BB 2010, 991<br />

[993]).<br />

184e<br />

(bb) Beteiligung „derselben Person“ am Åbertragendem und Åbernehmenden<br />

Rechtstråger<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr die Anwendung des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG ist eine (mittelbare<br />

oder unmittelbare) Beteiligung „derselben Person“ am Åbertragenden<br />

und Åbernehmenden Rechtstråger. Als „Person“ iS der Vorschrift kommen unstreitig<br />

<strong>zu</strong>mindest solche Rechtstråger in Betracht, die gemåß § 8c Abs. 1<br />

Satz 1, 2 KStG erwerben kÇnnen, dh. neben natÅrlichen Personen und KÇrperschaften<br />

auch VermÇgensmassen und Mitunternehmerschaften (Scheunemann/Dennisen/Behrens,<br />

BB 2010, 23 [26 f.]; Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 108 ff.; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 59b).<br />

Umstritten ist allerdings, ob bei Personengesellschaften, die keine Mitunternehmerschaften<br />

sind, entsprechend der zivilrechtlichen Betrachtung auf die<br />

Gesellschaft oder entsprechend der Bruchteilsbetrachtung auf deren Gesellschafter<br />

ab<strong>zu</strong>stellen ist. Hier wird in der Literatur bisweilen eine zivilrechtliche<br />

Betrachtung befÅrwortet (Franz, BB 2010, 991 [997]; Scheunemann/Dennisen/<br />

Behrens, BB 2010, 23 [26 f.]; Frey/MÅckl, GmbHR 2010, 71 [72]; Watermeyer,<br />

GmbH-StB 2010, 132 [134]; ebenso wohl Bien/Wagner, BB 2010, 923 [925]; aA<br />

94<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 184e–184g § 10a<br />

wohl DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 59b, 30 und DÇrr, NWB<br />

2009, 184 [189]: Parallelwertung <strong>zu</strong>r Erwerbereigenschaft, da „dieselbe Person“<br />

nichts anderes ist als ein mittelbarer Erwerber). Dies entspricht der Rechtsprechung<br />

des BFH <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG aF. (s. Anm. 221). Folgt man dem, so<br />

wåre der Begriff der „Person“ anders aus<strong>zu</strong>legen als der des (Åbertragenden<br />

bzw. Åbernehmenden) „Rechtstrågers“, was gewisse Gestaltungsspielråume<br />

erÇffnete (da<strong>zu</strong> Beispiel (2) bei Anm. 184g).<br />

Da das Gesetz auf „dieselbe Person“ abstellt, wåren MehrmÅtterkonstruktionen<br />

nach dem Wortlaut nicht begÅnstigt. Danach reichte es nicht aus, wenn<br />

184f<br />

dieselben Personen im gleichen Beteiligungsverhåltnis am Åbertragenden<br />

und Åbernehmenden Rechtstrågern beteiligt sind, obwohl es auch in diesem<br />

Fall nicht <strong>zu</strong> einer wirtschaftlichen Ûbertragung von Verlusten kommt (Bien/<br />

Wagner, BB 2009, 2627 [2629]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG<br />

Rz. 106). Nicht begÅnstigt wåren daher insbesondere Ûbertragungen an oder<br />

durch die Konzernspitze. Leitbild der Konzernklausel ist somit eine Anteils-<br />

Åbertragung zwischen Schwestergesellschaften mit einem Alleingesellschafter<br />

in einem (mindestens) dreistufigen Konzernaufbau, da neben der Verlustgesellschaft<br />

und dem Åbertragenden und Åbernehmenden Rechtstråger <strong>zu</strong>såtzlich<br />

noch „dieselbe Person“ an dem Åbertragenden und Åbernehmenden<br />

Rechtstrågern <strong>zu</strong> 100 % beteiligt sein muss. Das Fehlen einer BegÅnstigung<br />

bei AnteilsÅbertragungen unter Beteiligung der Konzernspitze wird in der Literatur<br />

Åberwiegend als unbewusste LÅcke angesehen, die aufgrund des gesetzgeberischen<br />

Willens (s. Anm. 184a) im Wege einer teleologischen Auslegung<br />

bzw. Analogie <strong>zu</strong> schließen sei, wenn eine Verschiebung von Verlusten<br />

auf Dritte ausgeschlossen ist (Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 73 [78]; Eisgruber<br />

zitiert nach Viskorf, DStR 2010, Beihefter <strong>zu</strong> Heft 7, 1 [2]; Scheipers/Linn, Ubg<br />

2010, 9; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633; DÇrr, NWB 2009, 184 [188];<br />

Neyer, BB 2010, 1055 [1057]; Franz, BB 2010, 991 [998 f.]; Haßa/Gosmann,DB<br />

2010, 1198 [1199]; Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561 [563]; Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 107; aA DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c<br />

KStG Rz. 59h; Bien/Wagner, BB 2010, 923 [930 f.]; Lang in Ernst & Young, § 8c<br />

Rz. 120 ff.).<br />

Beispiele:<br />

184g<br />

(1) Konzernspitze ist die bÇrsennotierte A-AG, deren Anteile sich <strong>zu</strong>m Teil im Streubesitz<br />

befinden. Die A-AG ist <strong>zu</strong> 100 % an der X-GmbH und 60 % an einer Verlust-GmbH beteiligt.<br />

Ûbertrågt die A-AG die Verlust-GmbH an die X-GmbH, wåre dies aufgrund der Beteiligung<br />

von mehr als einer Person am Åbertragenden Rechtstråger (A-AG) nicht vom<br />

Wortlaut des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG erfasst. Die Åberwiegende Literatur bejaht jedoch<br />

eine Anwendung der Konzernklausel (s. Anm. 184f).<br />

(2) Wie (1), jedoch ist Konzernspitze die AB-GmbH, die von A und B gehalten wird. Auch<br />

in diesem Fall wåre die Konzernklausel nach dem Gesetzeswortlaut nicht anwendbar.<br />

Ginge man jedoch davon aus, dass als „dieselbe Person“ aufgrund einer zivilrechtlichen<br />

Betrachtung auch eine vermÇgensverwaltende Personengesellschaft in Betracht kommt<br />

(da<strong>zu</strong> Anm. 184e), ließe sich ein schådlicher Beteiligungserwerb vermeiden, wenn <strong>zu</strong>nåchst<br />

A und B ihre Beteiligung an der AB-GmbH auf eine vermÇgensverwaltende, nicht<br />

gewerbliche geprågte Personengesellschaft als neue Konzernspitze Åbertragen (hierin<br />

sollte kein schådlicher Beteiligungserwerb liegen, da das wirtschaftliche Eigentum bei A<br />

und B verbleibt, s. Anm. 116), und erst danach die AB-GmbH die Verlust GmbH an die<br />

X-GmbH Åbertrågt.<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

95


§ 10a Anm. 184g–184j Gewerbeverlust<br />

184h<br />

184i<br />

(3) (nach Scheipers/Linn, Ubg 2010, 8 [9 ff.]): Konzernspitze ist die bÇrsennotierte A-AG,<br />

die je 100 % der Anteile an der B-GmbH und der C-GmbH hålt. Die B-GmbH hålt die Verlust-GmbH.<br />

Sollen die Anteile an der B-GmbH auf die C-GmbH Åbertragen werden, ist<br />

die Konzernklausel nach dem Gesetzeswortlaut aufgrund der Beteiligung von mehr als<br />

einer Person am Åbertragenden Rechtstråger (A-AG) nicht anwendbar. Vom Gesetzeswortlaut<br />

erfasst wåre jedoch eine Gestaltung, bei der die B-GmbH die Verlustgesellschaft<br />

<strong>zu</strong>nåchst auf die C-GmbH Åbertrågt, die A-AG sodann die Beteiligung an der B-GmbH in<br />

die C-GmbH einbringt, und anschließend die C-GmbH die Anteile an der Verlustgesellschaft<br />

<strong>zu</strong>rÅck auf die B-GmbH Åbertrågt.<br />

(4) Konzernspitze ist die bÇrsennotierte A-AG, die 100 % der Anteile an der B-GmbH hålt.<br />

Die B-GmbH ist alleinige Gesellschafterin der C-GmbH ist, die såmtliche Anteile an der<br />

Verlust-GmbH hålt. Zur VerkÅr<strong>zu</strong>ng der Beteiligungskette sollen B-GmbH und C-GmbH<br />

verschmolzen werden: Bei einer Mutter-Tochter-Verschmel<strong>zu</strong>ng der B-GmbH auf die<br />

C-GmbH gehen die Anteile an der C-GmbH ohne Durchgangserwerb auf die A-AG Åber,<br />

an der nicht nur eine Person <strong>zu</strong> 100 % beteiligt ist (vgl. Sistermann/Brinkmann, DStR<br />

2009, 2633 [2634]; Scheipers/Linn, Ubg 2010, 8 [10 f.]); dass umwandlungs(steuer)rechtlich<br />

die B-GmbH Åbertragender und die C-GmbH Åbernehmender Rechtstråger ist, steht<br />

dem mE nicht entgegen (s. Anm. 184b). Wird demgegenÅber die C-GmbH auf die<br />

B-GmbH verschmolzen, findet § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG Anwendung, da in diesem Fall die<br />

B-GmbH (auch fÅr Zwecke des § 8c KStG) Åbernehmender Rechtstråger ist.<br />

Die jeweils <strong>zu</strong> 100 % beteiligte Person muss nicht selbst Konzernspitze sein,<br />

dh. an ihr kÇnnen eine oder mehrere Personen beteiligt sein. Somit genÅgt es,<br />

wenn auf eine Ebene des Konzerns eine Person existiert, die am Åbertragenden<br />

und Åbernehmenden Rechtstråger <strong>zu</strong> jeweils 100 % beteiligt ist (Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 108).<br />

Unklar ist, ob auch dann von einer 100 %-Beteiligung „derselben“ Person ausgegangen<br />

werden kann, wenn die Beteiligung durch mehrere nahestehende<br />

Personen oder eine Gruppe von Personen mit gleichgerichteten Interessen<br />

gehalten wird. Nach dem Wortlaut ist dies nicht der Fall, und auch aus § 8c<br />

Abs. 1 Satz 3 KStG låsst sich wohl nichts anderes ableiten, da die Gleichstellung<br />

der Erwerbergruppe hier nur mit einem Erwerber iS der Såtze 1 und 2 erfolgt.<br />

Hieran dÅrfte die Tatsache, dass die beteiligte Person <strong>zu</strong>gleich immer<br />

auch mittelbarer Erwerber ist, wohl nichts åndern. Selbst wenn der schådliche<br />

Beteiligungserwerb durch nahestehende Personen oder eine Erwerbergruppe<br />

mit gleichgerichteten Interessen erfolgt, kÇnnen daher die nahestehenden<br />

Personen bzw. Mitglieder der Erwerbergruppe wohl nicht als „eine“ Person<br />

angesehen werden. § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG wåre in solchen Fållen somit nur<br />

anwendbar, wenn „eine“ Person an jeder nahestehenden Person bzw. an jedem<br />

Mitglied der Erwerbergruppe beteiligt ist (Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 116; Franz, BB 2010, 991 [999]; aA Lang in Ernst & Young, § 8c<br />

Rz. 124.2 f.).<br />

(cc) Beteiligung von jeweils 100 %<br />

184j Dieselbe Person muss am Åbertragenden und Åbernehmenden Rechtstråger<br />

„<strong>zu</strong> jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt“ sein. Liegen unmittelbare<br />

und mittelbare Beteiligungen vor, sind diese mE trotz des ungenauen<br />

Wortlauts <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>rechnen (Frey/MÅckl, GmbHR 2010, 71 [72]; Franz,BB<br />

2010, 991 [995]; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11 [13]; vgl. auch bereits<br />

Anm. 149). Das Gesetz verlangt eine Beteiligung von 100 %, dh. jede noch sei<br />

96<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 184j–184n § 10a<br />

geringe Beteiligung einer anderen Person ist schådlich, eine Bagatellgrenze<br />

existiert nicht (kritisch de lege ferenda Frey/MÅckl, GmbHR 2010, 71 [72]). Irrelevant<br />

ist demgegenÅber die HÇhe der Beteiligung an der VerlustkÇrperschaft<br />

und ob diese vollumfånglich oder nur teilweise Åbertragen wird (Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 104).<br />

Maßgebend ist die Beteiligung am gezeichneten Kapital, wobei auf das wirtschaftliche<br />

Eigentum an den diese Beteiligung vermittelnden Anteilen ab<strong>zu</strong>-<br />

184k<br />

stellen ist. Ist ein gezeichnetes Kapital nicht vorhanden, ist die Beteiligung am<br />

VermÇgen (bei Kreditanstalten des Çffentlichen Rechts), dem Geschåftsguthaben<br />

(bei Genossenschaften), den Mitgliedschaftsrechten (bei Vereinen) bzw.<br />

den sonstigen Beteiligungsrechten maßgebend (Franz, BB 2010, 991 [994 f.]).<br />

Die HÇhe der Stimmrechte oder sonstigen Beteiligungs- oder Mitgliedschaftsrechte<br />

ist ohne Bedeutung, da § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG– anders als Ab-<br />

184l<br />

satz 1 Satz 1, 2 – auf diese nicht abstellt (ebenso Franz, BB 2010, 991 [994]; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 113). Dies gilt mE auch dann, wenn die<br />

Schådlichkeit eines Erwerbs der Stimmrechte infrage steht (ebenso Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 113). HierfÅr spricht nicht nur der insoweit<br />

eindeutige Gesetzeswortlaut und ein Vergleich von Satz 5 mit Satz 1, sondern<br />

auch der gesetzgeberische Wille (s. Anm. 184a). Denn die Verteilung der<br />

Stimmrechte ist fÅr die Frage, ob Verluste wirtschaftlich auf einen Dritten Åbergehen,<br />

unbeachtlich.<br />

Bestehen beteiligungsåhnliche Genussrechte und sieht man deren Erwerb als 184m<br />

tatbestandsmåßig an (da<strong>zu</strong> Anm. 111 und Anm. 195), stellt sich die Frage, ob<br />

das Genussrechtskapital bei der Ermittlung der BeteiligungshÇhe <strong>zu</strong> berÅcksichtigen<br />

ist. FÅr die Frage, ob beim Erwerb von beteiligungsåhnlichen Genussrechten<br />

die Schådlichkeitsgrenzen des § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG Åberschritten<br />

sind, wird auf die Beteiligung am Gewinn und LiquidationserlÇs abgestellt<br />

(s. Anm. 146). Dies sowie die Tatsache, dass beteiligungsåhnliche Genussrechte<br />

wirtschaftlich als Beteiligung eines Dritten an den Verlusten der<br />

VerlustkÇrperschaft einordnen lassen, kÇnnte es nahe legen, die fÅr § 8c Abs. 1<br />

Satz 5 KStG maßgebende Beteiligung unter Einbeziehung des Genussrechtskapitals<br />

<strong>zu</strong> bestimmen (so Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 121).<br />

Auf Grundlage dieser Auffassung wåre § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG allerdings<br />

schon dann unanwendbar, wenn ein Nichtgesellschafter beteiligungsåhnliche<br />

Genussrechte am Åbertragenden und Åbernehmenden Rechtstråger hålt. Mit<br />

dem Gesetzeswortlaut ist diese Ansicht mE nur schwer <strong>zu</strong> vereinbaren.<br />

Bei der Berechnung der HÇhe einer mittelbaren Beteiligung gelten keine Besonderheiten.<br />

Eine mittelbare Beteiligung von 100 % liegt daher nur vor, wenn<br />

184n<br />

såmtliche die Beteiligung vermittelnde Rechtstråger von „derselben Person“<br />

jeweils <strong>zu</strong> 100 % gehalten werden. Wird die Beteiligung Åber Personengesellschaften<br />

vermittelt, kommt es insoweit auf die Beteiligung am Gewinn und<br />

Auseinanderset<strong>zu</strong>ngsgutaben (sog. vermÇgensmåßige Beteiligung) an, dh.<br />

die Beteiligung eines am VermÇgen nicht beteiligten Gesellschafters (wie beispielsweise<br />

einer Komplementår-GmbH einer GmbH & Co. KG) steht der Annahme<br />

einer 100 %-Beteiligung des vermÇgensmåßig allein beteiligten Gesellschafters<br />

nicht entgegen (Franz, BB 2010, 991 [995]; Scheunemann/Denni-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

97


§ 10a Anm. 184n–184q Gewerbeverlust<br />

184o<br />

sen/Behrens, BB 2010, 23 [26]; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11 [13]; Bien/<br />

Wagner, BB 2010, 923 [925 f.]).<br />

Die jeweils 100 %ige Beteiligung muss im Zeitpunkt des (schådlichen) Beteiligungserwerbs<br />

nach § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG bzw. – wenn bei gestaffelten<br />

Erwerben die Unbeachtlichkeit des konkreten Einzelerwerbs in Frage steht –<br />

dem jeweiligen Erwerbstatbestand vorliegen (Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 114; <strong>zu</strong> gestaffelten Erwerben s. auch Anm. 184p). Maßgebend<br />

ist der Zeitpunkt, <strong>zu</strong> dem das wirtschaftliche Eigentum Åbergeht. Da die Konzernklausel<br />

keine Vor- oder Nachhaltefristen vorsieht, ist ein Herabsinken<br />

der Beteiligungsquote nach oder eine Aufstockung der Beteiligung vor dem<br />

Beteiligungserwerb grundsåtzlich unschådlich (vgl. Franz, BB 2010, 991<br />

[996]). Die steuerliche RÅckwirkung von Umwandlungsvorgången ist <strong>zu</strong> berÅcksichtigen,<br />

da die Frage, ob eine 100 %-Beteiligung besteht, die Zurechnung<br />

von VermÇgen betrifft. Dem steht weder § 8c Abs. 1 Satz 9 KStG entgegen<br />

(da<strong>zu</strong> Anm. 199o) noch die die Verechnung des Ûbertragungsgewinn<br />

betreffende Vorschrift des § 2 Abs. 4 UmwStG (Franz, BB 2010, 991 [995]; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 117; vgl. jedoch Anm. 119 <strong>zu</strong>r Auffassung<br />

der Finanzverwaltung, wonach im Rahmen des § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG<br />

ein steuerlicher RÅckbe<strong>zu</strong>g des Anteilserwerbs ausscheidet).<br />

(b) Rechtsfolge<br />

184p Die Vorschrift stellt eine Ausnahme <strong>zu</strong> såmtlichen, nach Maßgabe des Grundtatbestandes<br />

des § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG schådlichen Beteiligungserwerben<br />

dar: Unter den Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG liegt entgegen<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG kein schådlicher Beteiligungserwerb vor. Der<br />

konkrete Erwerb ist weder fÅr sich genommen noch <strong>zu</strong>sammen mit anderen,<br />

zeitlich vorausgehenden oder nachfolgenden Erwerben schådlich. Wenn im<br />

Zeitpunkt des Ûbergang des wirtschaftlichen Eigentums (da<strong>zu</strong> Anm. 1847o)<br />

die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG vorliegen, wird der Beteiligungserwerb<br />

daher fÅr Zwecke der Zusammenrechnung mit frÅheren und<br />

spåteren Erwerbsakten fÅr Zwecke der Anwendung des § 8c Abs. 1 KStG<br />

ignoriert (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 127; DÇtsch in DÇtsch/<br />

Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 59a f.; Bien/Wagner, BB 2010, 923 [927 f.]; Frey/<br />

MÅckl, GmbHR 2010, 71 [73]; Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 125.2). Bei gestaffelten<br />

Erwerben innerhalb des FÅnf-Jahres-Zeitraums bedeutet dies insbesondere,<br />

dass ein Wegfall der Vorausset<strong>zu</strong>ngen der Konzernklausel vor einem<br />

der Erwerbe nicht da<strong>zu</strong> fÅhrt, dass die <strong>zu</strong>vor erfolgten Erwerbe mit<br />

diesem <strong>zu</strong>sammengerechnet werden und dadurch einen schådlichen Beteiligungserwerb<br />

auslÇsen kÇnnen. Denn § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG verlangt nicht,<br />

dass die Beteiligung „derselben Person“ im Zeitpunkt des Ûberschreitens der<br />

Schådlichkeitsgrenze vorliegt (aA DÇrr, NWB 2009, 184 [192] unter Hinweis<br />

auf den unterschiedlichen Wortlaut des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG einerseits und<br />

des § 8c Abs. 1a KStG andererseits).<br />

184q Die Vorschrift ist gemåß § 34 Abs. 7b Satz 2 KStG auf schådliche Beteiligungserwerbe<br />

nach dem 31.12.2009 an<strong>zu</strong>wenden. Liegen bei einer schrittweisen<br />

Ûbertragung von Anteilen Erwerbsakte sowohl vor dem 1.1.2010 als auch<br />

98<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 184q–197 § 10a<br />

nach dem 31.12.2009, sind gemåß § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG iVm. § 34 Abs. 7b<br />

Satz 2 KStG nur diejenigen fÅr Zwecke des § 8c Abs. 1 KStG unbeachtlich, die<br />

nach dem 31.12.2009 erfolgen. Werden daher beispielsweise 31 % der Anteile<br />

vor dem 1.1.2010 erworben und weitere 30 % nach dem 31.12.2009, sind 31 %<br />

der Verluste nicht mehr abziehbar, es kommt jedoch nicht <strong>zu</strong> einem (weiteren<br />

und vollståndigen) Verlustuntergang, da die der Anteilserwerb nach dem<br />

31.12.2009 gemåß § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG nicht <strong>zu</strong> berÅcksichtigen ist. Maßgebend<br />

ist dabei der Ûbergang des wirtschaftlichen Eigentums (da<strong>zu</strong><br />

Anm. 184o, 115 ff.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 103).<br />

dd) Ausnahmen vom Untergang des Verlustvortrags<br />

(1) Besonderheiten bei Erwerben unter Beteiligung von Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften<br />

(§ 8c Abs. 2 KStG)<br />

Die durch das MoRaKG (s. Anm. 99) eingefÅgte Vorschrift des § 8c Abs. 2 185<br />

KStG sollte eine punktuelle Ausnahme vom Verlustab<strong>zu</strong>gsverbot nach Abs. 1<br />

darstellen. Danach sollte ein nach § 8c Abs. 1 KStG nicht abziehbarer Verlust<br />

bei bestimmten Erwerben unter Beteiligung von Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften<br />

zeitlich gestreckt anteilig abgezogen werden kÇnnen, soweit er<br />

auf stille Reserven des steuerpflichtigen inlåndischen BetriebsvermÇgens der<br />

Zielgesellschaft entfållt. Die Vorschrift trat jedoch nicht in Kraft, da die Europåische<br />

Kommission in ihr eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare<br />

Beihilfe sah (s. Anm. 99). Das galt uneingeschrånkt auch fÅr die Anwendung<br />

des § 8c Abs. 2 KStG idF des MoRaKG im Rahmen der Gewerbesteuer. Der<br />

Auffassung von Roser (EStB 2010, 265), der die Stille-Reserven-Klausel des<br />

MoRaKG als fÅr die Gewerbesteuer beachtlich ansieht, ist mE nicht <strong>zu</strong> folgen.<br />

Zwar weist Roser <strong>zu</strong>recht darauf hin, dass Art. 8 Abs. 2 MoRaKG lediglich das<br />

Inkrafttreten der Regelung des Art. 4 MoRaKG, nicht aber die des Art. 5 Mo-<br />

RaKG von einer Entscheidung der Kommission abhångig gemacht hat. Art. 5<br />

MoRaKG betrifft aber die durch die Ønderung des § 36 Abs. 9 GewStG angeordnete<br />

eingeschrånkte Weitergeltung des § 8 Abs. 4 KStG aF (da<strong>zu</strong><br />

Anm. 323). RÅckschlÅsse auf die Anwendung des § 8c Abs. 2 KStG idF des<br />

MoRaKG lassen sich hieraus mE nicht ableiten.<br />

Einstweilen frei.<br />

186–196<br />

(2) Finanzmarkstabilisierungsfondsgesetz<br />

Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes <strong>zu</strong>r Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds<br />

(Finanzmarkstabilisierungsfondsgesetz – FMStFG) v.<br />

17.10.2008 (BGBl. I 2008, 1982), <strong>zu</strong>letzt geåndert durch Art. 10 des BÅrgerentlastungsgesetz<br />

Krankenversicherung v. 16.7.2009 (BGBl. I 2009, 1959 =<br />

BStBl. I 2009, 782), sind § 8c KStG und § 10a letzter Satz GewStG bei Erwerb<br />

von Stabilisierungselementen durch den Finanzmarktstabilisierungsfonds<br />

oder deren RÅckÅbertragung durch den Fonds nicht an<strong>zu</strong>wenden. Gleiches<br />

gilt gemåß § 14 Abs. 3 Satz 2 FMStFG fÅr den Erwerb von Stabilisierungselementen<br />

oder deren RÅckÅbertragung durch eine andere inlåndische Gebiets-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

99<br />

197


§ 10a Anm. 197–199 Gewerbeverlust<br />

198<br />

kÇrperschaft oder eine von dieser errichteten, mit dem Fonds vergleichbaren<br />

Einrichtung, wenn die Stabilisierungsmaßnahmen innerhalb der in § 13 Abs. 1<br />

FMStFG genannten Frist durchgefÅhrt werden. Ebenso ist § 14 Abs. 3 Satz 1<br />

FMStFG auf Maßnahmen iS des RettungsÅbernahmegesetzes entsprechend<br />

an<strong>zu</strong>wenden (vgl. § 14 Abs. 3 Satz 3 FMStFG). Rettungsmaßnahmen auslåndicher<br />

Staaten, die <strong>zu</strong> einem mittelbaren Beteiligungserwerb an der deutschen<br />

VerlustkÇrperschaft fÅhren, sind nicht begÅnstigt (vgl. Berg, IStR 2009, 156<br />

[158 f.]: sowohl europarechtlich als auch nach den Diskriminierungsverboten<br />

in DBA sehr bedenklich; <strong>zu</strong> Rechtsfolgen einer etwaigen Europarechtswidrigkeit<br />

vgl. Berg, IStR 2009, 459).<br />

Die Beschrånkung auf eine „RÅckÅbertragung“ låsst sich mE wohl nur so interpretieren,<br />

dass nur die Ûbertragung an den ursprÅnglichen Inhaber der Stabilisierungselemente<br />

begÅnstigt ist. Bei einem originåren Erwerb von Stabilisierungselementen<br />

(zB im Rahmen einer KapitalerhÇhung) wåre daher eine<br />

BegÅnstigung der spåteren Ûbertragung wohl grundsåtzlich ausgeschlossen<br />

(abgesehen vom Fall des AktienrÅckkaufs oder ggf. einer Einziehung der im<br />

Rahmen der KapitalerhÇhung geschaffenen Anteile, vgl. da<strong>zu</strong> auch Gocksch/<br />

GrÇger/Schenke, DB 2008, 2668 [2669 f.]). In der Literatur wird daher gefordert,<br />

§ 14 Abs. 3 FMStFG so aus<strong>zu</strong>legen, dass jede Veråußerung durch den<br />

SoFFin privilegiert ist (Rodewald, BB 2009, 356).<br />

199<br />

(3) Fortbestehen des Verlustab<strong>zu</strong>gs in HÇhe der stillen Reserven, § 8c Abs. 1<br />

Såtze 6-8 KStG (sog. Verschonungsregelung)<br />

Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz v. 22.12.2009 (BGBl. I 2009,<br />

3950 = BStBl. I 2010, 2) wurde § 8c Abs. 1 KStG um die sog. Verschonungsregelung<br />

der Såtze 6 bis 8 erweitert, die gemåß § 34 Abs. 7b Satz 2 KStG erstmals<br />

auf schådliche Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 anwendbar ist. Zur<br />

Ønderung der Verschonungsregelung durch das JStG 2010 (Ønderung des<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 6 KStG und EinfÅgung eines neuen § 8c Abs. 1 Satz 8 KStG)<br />

mit Wirkung vom VZ 2010 s. Anm. 99. Nach der Verschonungsreglung kann<br />

ein nicht abziehbarer nicht genutzter Verlust abweichend von Satz 1 und<br />

Satz 2 abgezogen werden, soweit er die (anteiligen) im Inland steuerpflichtigen<br />

stillen Reserven des BetriebsvermÇgens der KÇrperschaft nicht Åbersteigt.<br />

Die Grundidee der Neuregelung geht auf den durch das MoRaKG eingefÅgten,<br />

aber wegen der versagten Genehmigung durch die EU-Kommission nicht<br />

in Kraft getretenen § 8c Abs. 2 KStG (da<strong>zu</strong> Anm. 185) <strong>zu</strong>rÅck. Sie soll offenbar<br />

berÅcksichtigen, dass die stillen Reserven auch vor dem Beteiligungserwerb<br />

håtten realisiert und mit bestehenden Verlustvortrågen – unter Beachtung der<br />

Beschrånkungen der sog. Mindestbesteuerung (Anm. 355) – verrechnet werden<br />

kÇnnen (<strong>zu</strong>m mÇglichen Hintergrund der Verschonungsregelung vgl.<br />

Bien/Wagner, BB 2009, 2627 [2630]; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633<br />

[2635]). Die genauen gesetzgeberischen Motive sind jedoch nicht eindeutig,<br />

da die GesetzesbegrÅndung lediglich davon spricht, dass bei einem auf vorhandene<br />

stille Reserven begrenzten Verlustab<strong>zu</strong>g kein <strong>zu</strong>såtzliches Verlustverrechnungspotential<br />

Åbergeht (BT-Drucks. 17/15, 19).<br />

100<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 199a–199e § 10a<br />

(a) Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

Ungeachtet des Vorliegens eines schådlichen Beteiligungserwerbs låsst § 8c 199a<br />

Abs. 1 Satz 6 KStG den Verlustab<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>, soweit der Verlust die im Zeitpunkt<br />

des schådlichen Beteiligungserwerbs vorhandenen und im Inland steuerpflichtigen<br />

stillen Reserven des BetriebsvermÇgens der KÇrperschaft nicht<br />

Åbersteigt. Stille Reserven sind in § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG definiert als der Unterschiedsbetrag<br />

zwischen dem (anteiligen) Eigenkapital der KÇrperschaft<br />

und dem auf dieses Eigenkapital jeweils entfallenden gemeinen Wert der Anteile<br />

an der KÇrperschaft, soweit diese im Inland steuerpflichtig sind. Diese Definition<br />

gilt allerdings nur, wenn das Eigenkapital der KÇrperschaft nicht negativ<br />

ist. Im Falle eines negativen Eigenkapitals bestimmt der durch das JStG<br />

2010 neu eingefÅgte § 8c Abs. 1 Satz 8 KStG, dass stille Reserven der Unterschiedsbetrag<br />

zwischen dem (anteiligen) Eigenkapital und dem diesem Anteil<br />

entsprechenden gemeinen Wert des BetriebsvermÇgens der KÇrperschaft<br />

sind.<br />

(aa) Ermittlung des maßgeblichen Eigenkapitals<br />

Gemåß § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG ist auf das in der steuerlichen Gewinnermittlung<br />

ausgewiesene Eigenkapital der VerlustkÇrperschaft ab<strong>zu</strong>stellen, dh. re-<br />

199b<br />

gelmåßig auf das in der Steuerbilanz ausgewiesene bzw. – wenn die KÇrperschaft<br />

keine Steuerbilanz aufstellt – auf das ausgehend von der Handelsbilanz<br />

unter BerÅcksichtigung steuerlicher Gewinnermittlungsvorschriften nach<br />

§ 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV ermittelte Eigenkapital (DÇrr, NWB 2010, 184 [195];<br />

Frey/MÅckl, GmbHR 2010, 71 [75]). Zu Einzelheiten vgl. Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 132 f. Gleiches gilt fÅr Zwecke des § 8c Abs. 1<br />

Satz 8 KStG, dh., auch hier kommt es allein auf das steuerliche Eigenkapital<br />

an.<br />

Einstweilen frei.<br />

199c<br />

(bb) Ermittlung des gemeinen Werts der Anteile bzw. des<br />

BetriebsvermÇgens<br />

Wenn das Eigenkapital der KÇrperschaft nicht negativ ist, sind die stillen Reserven<br />

dadurch <strong>zu</strong> ermitteln, dass dem (anteiligen) Eigenkapital der Verlust-<br />

199d<br />

kÇrperschaft der „auf dieses Eigenkapital jeweils entfallende“ gemeine Wert<br />

der Anteile an der KÇrperschaft gegenÅber<strong>zu</strong>stellen ist, „soweit diese im Inland<br />

steuerpflichtig sind“. Ab<strong>zu</strong>stellen ist somit nicht auf die Differenz zwischen<br />

den Verkehrs- und Buchwerten der WirtschaftsgÅter des BetriebsvermÇgens<br />

der KÇrperschaft, was § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG nahe legen wÅrde, sondern<br />

auf die Differenz zwischen dem Wert der Anteile und dem maßgeblichen<br />

Eigenkapital der KÇrperschaft.<br />

Der gemeine Wert der Anteile ist gemåß § 9 Abs. 2 BewG der Preis, der im gewÇhnlichen<br />

Geschåftsverkehr bei einer Veråußerung <strong>zu</strong> erzielen wåre. Er låsst<br />

199e<br />

sich beim Erwerb der Anteile im Wege des Kaufs regelmåßig aus dem Kaufpreis<br />

ableiten (§ 11 Abs. 2 BewG; BT-Drucks. 17/15, 19; vgl. aber auch Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 135: Kaufpreis unbeachtlich, soweit bei<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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101


§ 10a Anm. 199e–199h Gewerbeverlust<br />

der Kaufpreisfindung ein Steuervorteil aus den Verlusten berÅcksichtigt wurde).<br />

Ist ein Kaufpreis nicht vorhanden oder entspricht dieser nicht dem Drittvergleichspreis<br />

(und ist daher fÅr die von § 11 Abs. 2 BewG geforderte Wertableitung<br />

untauglich), ist <strong>zu</strong>r Ermittlung des gemeinen Werts eine Unternehmensbewertung<br />

erforderlich. Diese hat mE nach den allgemeinen Grundsåtzen<br />

des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG <strong>zu</strong> erfolgen, da das Gesetz keine<br />

anderweitigen Anhaltspunkte gibt (vgl. auch Sistermann/Brinkmann, DStR<br />

2009, 2633 [2636]; Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 130.5: aus VereinfachungsgrÅnden<br />

Wertermittlung nach dem sog. OFD-Leitfaden <strong>zu</strong>r Bewertung von<br />

Anteilen an Kapitalgesellschaften fÅr ertragsteuerliche Zwecke, da<strong>zu</strong> OFD<br />

Rheinland v. 15.11.2007 – S 2244 - 1008 - St 14, GmbHR 2008, 112).<br />

199f Fållt der unmittelbare Beteiligungserwerb <strong>zu</strong>gleich mit einem mittelbaren Beteiligungserwerb<br />

<strong>zu</strong>sammen und sind daher die stillen Reserven mehrerer<br />

Stufen <strong>zu</strong> ermitteln, sieht die GesetzesbegrÅndung (BT-Drucks. 17/15, 19) vor,<br />

dass die Summe der stillen Reserven der Tochter-Kapitalgesellschaften nicht<br />

hÇher sein darf als die stillen Reserven der Anteile an der erworbenen Mutter-<br />

Kapitalgesellschaft. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die Muttergesellschaft<br />

Åber keinerlei stillen Reserven verfÅgt, zB weil sie, nicht aber ihre<br />

Tochtergesellschaften, Åber ein hohes Eigenkapital verfÅgt oder weil sie<br />

(auch) Beteiligungen an Gesellschaften mit stillen Lasten hålt. Die von der GesetzesbegrÅndung<br />

geforderte Einschrånkung ist ab<strong>zu</strong>lehnen. Sie ist weder<br />

sachgerecht noch im Gesetzeswortlaut angedeutet (ablehnend auch RÇdder/<br />

von Freeden, Ugb 2010, 551 [553]; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633<br />

[2636]; Scheipers/Linn, Ubg 2010, 8 [14 f.]; Lang in Ernst & Young, § 8c<br />

Rz. 132).<br />

199g Ist das steuerliche Eigenkapital der KÇrperschaft negativ, sind die stillen Reserven<br />

abweichend von § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG nicht durch einen Vergleich<br />

des (anteiligen) Eigenkapitals mit dem Anteilswert <strong>zu</strong> ermitteln, sondern gemåß<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 8 KStG dadurch, dass dem (anteiligen) Eigenkapital der<br />

VerlustkÇrperschaft der „diesem Anteil entsprechende“ gemeine Wert des BetriebsvermÇgens<br />

der KÇrperschaft gegenÅber <strong>zu</strong> stellen ist. Diese Regelung<br />

wurde durch das JStG 2010 eingefÅhrt mit dem Ziel, aus Sicht des Gesetzgebers<br />

unerwÅnschte Verlustnut<strong>zu</strong>ngen <strong>zu</strong> verhindern, die sich aus der typisierten<br />

Ermittlung der stillen Reserven durch § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG ggf. håtten<br />

ergeben kÇnnen (vgl. BT-Drucks. 17/3549, 25; da<strong>zu</strong> Suchanek/Jansen,<br />

GmbHR 2010, 174 [176]).<br />

199h Der gemeine Wert des BetriebsvermÇgens låsst sich <strong>zu</strong>m einen durch eine<br />

Einzelbewertung såmtlicher (bilanzierte und nicht bilanzierte) WirtschaftsgÅter<br />

ermitteln, bei der mE auch ein originårer Firmenwert <strong>zu</strong> berÅcksichtigen<br />

ist (Wagner, DB 2010, 2751 [2753]; Suchanek/Jansen, GmbHR 2011, 174 [177]).<br />

Zum anderen sollte der Wert des BetriebsvermÇgens mE auch aus einer Unternehmensbewertung<br />

oder sogar aus einem etwaigen Anteilskaufpreis ableitbar<br />

sein (insoweit zweifelnd Suchanek/Jansen, GmbHR 2011, 174 [177]; ablehnend<br />

BT-Drucks. 17/3549, 25), wenn man diese Werte nicht schematisch Åbertrågt,<br />

sondern berÅcksichtigt, dass der Verlustvortrag kein Wirtschaftsgut des<br />

BetriebsvermÇgens ist und daher beispielsweise ein Kaufpreis, der (auch) fÅr<br />

102<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 199h–199k § 10a<br />

den Verlustvortrag gezahlt wird, bei der Ableitung des Werts des BetriebsvermÇgens<br />

entsprechend angepasst wird (s. da<strong>zu</strong> auch Wagner, DB 2010, 2751<br />

[2753]).<br />

(cc) BerÅcksichtigung von stillen Reserven nur bei inlåndischer Steuerpflicht<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 6 KStG stellt auf die „im Inland steuerpflichtigen“ stillen Reserven<br />

des BetriebsvermÇgens der KÇrperschaft ab. Zudem definiert § 8c Abs. 1<br />

199i<br />

Satz 6 KStG den Begriff der stillen Reserven – bei nicht negativem Eigenkapital<br />

der KÇrperschaft – als den Unterschiedsbetrag zwischen dem Eigenkapital<br />

der KÇrperschaft und dem gemeinen Wert der Anteile an der KÇrperschaft,<br />

„soweit diese im Inland steuerpflichtig sind“. Das Demonstrativpronomen<br />

„diese“ bezieht sich dabei auf die stillen Reserven als Subjekt des Satzes, nicht<br />

auf die Anteile (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 139, DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 76n: wÅrde sich „diese“ auf die Anteile<br />

beziehen, liefe § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG regelmåßig leer, da die Anteile bzw.<br />

ihre Veråußerung gemåß § 8b Abs. 2 KStG im Inland gerade nicht steuerpflichtig<br />

ist). Obgleich bei der Ermittlung der HÇhe stillen Reserven <strong>zu</strong>nåchst nicht<br />

auf die WirtschaftsgÅter der KÇrperschaft abgestellt wird (s. Anm. 199d), sind<br />

die EinzelwirtschaftsgÅter somit gleichwohl fÅr die Begren<strong>zu</strong>ng der BerÅcksichtigungsfåhigkeit<br />

der stillen Reserven relevant. Dies gilt auch fÅr Zwecke<br />

des § 8c Abs. 1 Satz 8 KStG, dh. bei negativem Eigenkapital der VerlustkÇrperschaft:<br />

Zwar enthålt § 8c Abs. 1 Satz 8 KStG – anders als § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG<br />

– keine Einschrånkung, dass die stillen Reserven im Inland steuerpflichtig sein<br />

mÅssen, jedoch folgt diese Beschrånkung aus der Grundregel des § 8c Abs. 1<br />

Satz 6 KStG (ebenso Wagner, DB 2010, 2751 [2753 f.]; Brinkmann, Ubg 2011,<br />

94 [99]).<br />

Ob eine inlåndische Steuerpflicht besteht, beurteilt sich danach, ob der Gewinn<br />

aus einer Veråußerung der WirtschaftsgÅter, die die stillen Reserven<br />

199j<br />

enthalten, im Inland steuerpflichtig wåre. FÅr eine Steuerpflicht im Inland ist<br />

es nach hM nicht ausreichend, dass dem Grunde nach ein deutsches Besteuerungsrecht<br />

besteht, wie beispielsweise bei inlåndischen EinkÅnften iS der beschrånkten<br />

Steuerpflicht. Vielmehr sollen stille Reserven nur solcher WirtschaftsgÅter<br />

<strong>zu</strong> berÅcksichtigen sein, bei deren Veråußerung ein Veråußerungsgewinn<br />

nicht steuerfrei gestellt ist. Erforderlich ist somit eine Steuerpflicht<br />

dem Grunde und der HÇhe nach. Keine inlåndische Steuerpflicht soll<br />

daher wegen § 8b Abs. 2 KStG grundsåtzlich bei stillen Reserven in Anteilen<br />

an Kapitalgesellschaften bestehen (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG<br />

Rz. 139, DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 76n; RegBegr DT-<br />

Drucks. 17/15, 19; aA Bien/Wagner, BB 2009, 2627 [2629]; Sistermann/Brinkmann,<br />

DStR 2009, 2622 [2636]; Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 23<br />

[28]; Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561 [565]; Lang in Ernst & Young, § 8c<br />

Rz. 134: 5 % der stillen Reserven seien wegen § 8b Abs. 3 KStG <strong>zu</strong> berÅcksichtigen).<br />

Daher kommt eine Erhaltung von Verlustvortrågen nach § 8c Abs. 1 Satz 6 199k<br />

KStG insbesondere bei Organtråger-Holdinggesellschaften regelmåßig nicht<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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103


§ 10a Anm. 199k–199l Gewerbeverlust<br />

199l<br />

in Betracht, da der Verlustvortrag wåhrend der Organschaft auf Ebene des Organtrågers<br />

entsteht, wåhrend die stillen Reserven oftmals Åberwiegend in den<br />

(operativen) Beteiligungen ruhen. Der Untergang des Verlustvortrags ließe<br />

sich hiernach nur vermeiden, wenn die Organgesellschaft vor dem Beteiligungserwerb<br />

auf den Organtråger verschmolzen wird (vgl. auch Scheipers/<br />

Linn, Ubg 2010, 8 [15]). Dieses Ergebnis wird Åberwiegend kritisiert, ua. auch<br />

deshalb, da der Gewinn aus einer Realisierung stiller Reserven der Organgesellschaft<br />

vor dem Beteiligungserwerb auf Ebene des Organtrågers mit dessen<br />

Verlustvortrågen håtte verrechnet werden kÇnnen (Bien/Wagner, BB 2009,<br />

2626 [2631]; s. da<strong>zu</strong> auch Anm. 199). Entsprechend der Verwaltungspraxis <strong>zu</strong>r<br />

Zurechnung von BetriebsvermÇgen im Rahmen des § 8 Abs. 4 KStG aF (s.<br />

Anm. 245) fordert die hM daher, nicht auf die stillen Reserven in den Anteilen<br />

an den Organgesellschaften abs<strong>zu</strong>stellen, sondern auf die in den WirtschaftsgÅtern<br />

der Organgesellschaften ruhenden stillen Reserven (Bien/Wagner, BB<br />

2009, 2626 [2631]; Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 23 [28 f.]; Frey/<br />

MÅckl, GmbHR 2010, 71 [76]; DÇrr, NWB 2010, 184 [196 f.]; Breuninger/Ernst,<br />

GmbHR 2010, 561 [565]; Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 136.1; Brendt in Erle/<br />

Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 8c Rz. 72; vgl. auch Sistermann/Brinkmann,<br />

DStR 2009, 2633 [2636): „sachgerecht“; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c<br />

KStG Rz. 140: „sinnvoll“), und zwar ungeachtet der HÇhe der Beteiligung des<br />

Organtrågers an der Organgesellschaft (Frey/MÅckl, GmbHR 2010, 71 [76)).<br />

Folgt man dem, kann es empfehlenswert sein, im Wirtschaftsjahr des schådlichen<br />

Beteiligungserwerbs eine Organschaft <strong>zu</strong> begrÅnden. Dass die Organschaft<br />

in diesem Fall bereits fÅr den Zeitraum vor Eintragung des GewinnabfÅhrungsvertrags<br />

gilt, fÅhrt nicht <strong>zu</strong>r Anwendung des § 8c Abs. 1 Satz 9<br />

KStG (Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561 [565]).<br />

Bei der hier relevanten entsprechenden Anwendung des § 8c KStG fÅr Zwecke<br />

der Gewerbesteuer ist auf die gewerbesteuerpflichtigen stillen Reserven<br />

ab<strong>zu</strong>stellen (s. bereits Anm. 199h; DÇrr, NWB 2010, 184 [196]). Daher ist <strong>zu</strong>m<br />

einen das Territorialitåtsprinzip der Gewerbesteuer <strong>zu</strong> beachten, wonach der<br />

Gewerbebetrieb nur insoweit der Gewerbesteuer unterliegt, als er im Inland<br />

betrieben wird (vgl. § 9 Nr. 3 GewStG; BFH v. 7.6.2005 – VIII R 72/02, BFH/NV<br />

06, 363). Folglich sind stille Reserven in WirtschaftsgÅtern auslåndischer Betriebsståtten<br />

auch dann unberÅcksichtigt <strong>zu</strong> lassen, wenn kein Doppelbesteuerungsabkkommen<br />

besteht bzw. ein solches die Anrechnungsmethode<br />

vorsieht (Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11 [16]; vgl. auch Haßa/Gosmann,<br />

DB 2010, 1198 [1202]); insoweit fÅhrte die Streichung der Beschrånkung auf<br />

„inlåndisches BetriebsvermÇgen“ durch das JStG 2010 fÅr Gewerbesteuerzwecke<br />

nicht <strong>zu</strong> einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Norm. Zum<br />

anderen sind stille Reserven in WirtschaftsgÅtern inlåndischer Mitunternehmerschaften<br />

aufgrund § 9 Nr. 2 GewStG bei der Ermittlung der stillen Reserven<br />

des Mitunternehmers nicht <strong>zu</strong> berÅcksichtigen (Frey/MÅckl,<br />

GmbHR 2010, 71 [77]; Wagner, DB 2010, 2751 [2756 f.]; DÇtsch in DÇtsch/Jost/<br />

Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 76m). Zur PrÅfung der Verschonungsregel im Rahmen<br />

der entsprechenden Anwendung des § 8c KStG auf Fehlbetråge einer<br />

Mitunternehmerschaft, die einer KÇrperschaft als Mitunternehmerin <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen<br />

sind, vgl. Anm. 84b.<br />

104<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 199m–199p § 10a<br />

(dd) Anteilige bzw. vollståndige BerÅcksichtigung der stillen Reserven<br />

Abhångig davon, ob der schådliche Beteiligungserwerb nach der Grundregel<br />

des § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG <strong>zu</strong> einem anteiligen oder vollståndigen Untergang<br />

nicht abziehbarer Verluste fÅhren wÅrde, fließt das anteilige bzw. gesamte<br />

Eigenkapital der VerlustkÇrperschaft in die Vergleichsrechnung <strong>zu</strong>r Ermittlung<br />

der stillen Reserven ein. Gleiches gilt fÅr den gemeinen Wert der Anteile<br />

(§ 8c Abs. 1 Satz 7 KStG) bzw. den gemeinen Wert des BetriebsvermÇgens<br />

(§ 8c Abs. 1 Satz 8 KStG), da die Vergleichsrechnung lediglich den „auf dieses<br />

Eigenkapital jeweils entfallenden“ gemeinen Wert der Anteile bzw. den „diesem<br />

Anteil entsprechenden“ gemeinen Wert des BetriebsvermÇgens berÅcksichtigt.<br />

Bei der Vergleichsrechnung sind daher Eigenkapital und gemeiner<br />

Wert der Anteile bzw. des BetriebsvermÇgens jeweils mit dem gleichen Prozentsatz<br />

<strong>zu</strong> berÅcksichtigen.<br />

199m<br />

(ee) Zeitpunkt der Ermittlung<br />

Die Ermittlung der stillen Reserven erfolgt nach dem Wortlaut des § 8c Abs. 1 199n<br />

Satz 6 KStG <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des schådlichen Beteiligungserwerbs. Bei einem<br />

unterjåhrigem Erwerb ist <strong>zu</strong>r Ermittlung des (anteiligen) Eigenkapitals daher<br />

regelmåßig die Aufstellung einer Zwischenbilanz erforderlich. Aufgrund der<br />

hiermit verbundenen praktischen Schwierigkeiten wird in der Literatur eine<br />

Schåt<strong>zu</strong>ng auf Basis des letzten Jahresabschlusses fÅr ausreichend angesehen<br />

(Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 154) oder aus VereinfachungsgrÅnden<br />

<strong>zu</strong>gelassen, das Vorjahres-Eigenkapital um den durch ZwÇlftelung<br />

ermittelten anteiligen laufenden Gewinn bzw. Verlust des Folgejahres fort<strong>zu</strong>schreiben<br />

(DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 76f.; Bien/Wagner,<br />

BB 2009, 2627 [2631]; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633 [2636];<br />

Scheipers/Linn, Ubg 2010, 8 [13]; vgl. auch Anm. 372).<br />

Liegt der schådliche Beteiligungserwerb in einer (Sach-) KapitalerhÇhung (s. 199o<br />

Anm. 160 ff.) und kommt es durch die KapitalerhÇhung <strong>zu</strong> einer ErhÇhung<br />

der stillen Reserven (zB im Falle einer SachkapitalerhÇhung gegen Einbringung<br />

eines Teilbetreibs, wenn die aufnehmende Gesellschaft das Åbergehende<br />

VermÇgen gemåß § 20 UmwStG mit dem Buchwert ansetzt), dann soll nach<br />

DÇtsch die ErhÇhung der stillen Reserven eine juristische Sekunde nach dem<br />

Anteilserwerb erfolgen und damit im Rahmen des § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG<br />

nicht <strong>zu</strong> berÅcksichtigen sein (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG<br />

Rz. 76k). Dies ist nicht nachvollziehbar, da Sacheinlagen vollståndig <strong>zu</strong> leisten<br />

sind, bevor die Anmeldung der KapitalerhÇhung <strong>zu</strong>m Handelsregister erfolgen<br />

kann (§ 7 Abs. 3 GmbHG, § 36a Abs. 2 AktG; Roser, EStB 2010, 265) und<br />

fÅr Zwecke des § 8c KStG die neuen Anteile erst mit ihrer gesellschaftsrechtlichen<br />

Entstehung als erworben gelten (s. Anm. 119).<br />

Gemåß § 8c Abs. 1 Satz 9 KStG ist bei der Ermittlung der stillen Reserven das 199p<br />

BetriebsvermÇgen <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, das der KÇrperschaft ohne steuerliche<br />

RÅckwirkung (dh. insbesondere ohne Anwendung des § 2 Abs. 1 UmwStG)<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist. Die gesetzliche Regelung betrifft vor allem Umwandlungen,<br />

an denen die Verlust-KÇrperschaft beteiligt ist und bei denen in der Zeit zwi-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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105


§ 10a Anm. 199p–199s Gewerbeverlust<br />

schen dem steuerlichen Ûbertragungsstichtag und der Eintragung der Umwandlung<br />

ins Handelsregister ein schådlicher Beteiligungserwerb erfolgt. Bei<br />

Anwendung des § 2 Abs. 1 UmwStG wåre das im Zuge der Umwandlung Åbergehende<br />

VermÇgen (einschließlich etwaiger hierin ruhender stiller Reserven)<br />

der Verlust-KÇrperschaft schon <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen (Verlust-KÇrperschaft als aufnehmender<br />

Rechtråger) bzw. noch <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen (Verlust-KÇrperschaft als<br />

Åbertragender Rechtstråger). Gerade im letzten Fall kann die Regelung des<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 9 KStG daher auch <strong>zu</strong>gunsten des Steuerpflichtigen wirken<br />

(zB wenn dem Anteilserwerb eine steuerlich rÅckwirkende Ausgliederung eines<br />

Teilbetriebs der VerlustkÇrperschaft nachfolgt). Im Ergebnis fÅhrt der Ausschluss<br />

der steuerlichen RÅckwirkung da<strong>zu</strong>, dass in Umwandlungsfållen der<br />

handelsrechtliche VermÇgensÅbergang fÅr die Ermittlung der stillen Reserven<br />

maßgebend ist: Liegt der schådliche Beteiligungserwerb nach diesem Zeitpunkt,<br />

sind die VermÇgenseffekte der Umwandlung <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, da<br />

dann die Zurechnung nicht mehr auf einer steuerlichen RÅckwirkung beruht<br />

(Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 147).<br />

(b) Rechtsfolge<br />

199q Die Vorschrift stellt eine Ausnahme <strong>zu</strong> såmtlichen, nach der Grundvorschrift<br />

des § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG schådlichen Beteiligungserwerben dar, die<br />

nach dem 31.12.2009 stattfinden (§ 34 Abs. 7b Satz 2 KStG). Soweit die nach<br />

§ 8c Abs. 1 Satz 7 bzw. Satz 8 KStG ermittelten stillen Reserven der Verlust-<br />

KÇrperschaft mindestens dem nach § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG nicht abziehbare<br />

Verlust entsprechen, bleibt der Verlust nutzbar.<br />

199r Beispiel (nach Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 149):<br />

Die A-AG erwirbt 40 % der Anteile an der Verlust-GmbH <strong>zu</strong> einem Kaufpreis von 100.<br />

Die Verlust-GmbH weist ein Eigenkapital von 80 und Verluste von 200 aus. Da eine Beteiligung<br />

von 40 % erworben wurde, ordnet § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG einen Untergang der<br />

Verluste in HÇhe von 40 % von 200, dh. 80 an. Hinsichtlich dieser 80 ist ein Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

gemåß § 8c Abs. 1 Satz 6 ff. KStG weiterhin mÇglich, soweit der Verlust die anteiligen stillen<br />

Reserven nicht Åbersteigt. Anteilige stille Reserven sind gemåß § 8c Abs. 1 Satz 7<br />

KStG der Unterschiedsbetrtag zwischen dem anteiligen Eigenkapital (hier 40 % von 80 =<br />

32) und dem hierauf entfallenden gemeinen Wert der erworbenen Anteile (hier 100), d.h.<br />

100-32 = 68. Daher ist trotz des schådlichen Beteiligungserwerbs ein Verlustab<strong>zu</strong>g in<br />

HÇhe von 68 weiterhin mÇglich, dh. im Beispiel sind gemåß § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG Verluste<br />

in HÇhe von 12 nicht mehr abziehbar.<br />

199s Die fortbestehende Ab<strong>zu</strong>gsfåhigkeit des Verlusts åndert jedoch nichts daran,<br />

dass der <strong>zu</strong>grunde liegende Erwerb als solcher ein schådlicher Beteiligungserwerb<br />

iS des § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG ist. Daher kann ein Erwerb, der nach<br />

Satz 6 nicht <strong>zu</strong>m Verlustuntergang fÅhrt, <strong>zu</strong>sammen mit spåteren Erwerben<br />

<strong>zu</strong>m Untergang von Verlusten fÅhren. Bedeutung hat dies beispielsweise<br />

dann, wenn <strong>zu</strong>nåchst – bei Vorhandensein ausreichender stiller Reserven –<br />

30 % erworben werden und anschließend innerhalb von fÅnf Jahren weitere<br />

30 % hin<strong>zu</strong>erworben werden, ohne dass <strong>zu</strong> diesem spåteren Zeitpunkt ausreichend<br />

stille Reserven vorhanden sind. In diesem Fall kåme es zwar im Zeitpunkt<br />

des ersten Erwerbs nicht <strong>zu</strong> einem anteiligen, mit Ûberschreiten der<br />

50 %-Grenze jedoch <strong>zu</strong> einem vollståndigen Verlustuntergang (vgl. Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 130). Anders liegt der Fall jedoch mE dann,<br />

106<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 199s–200b § 10a<br />

wenn nach dem Ûberschreiten der 25 % Grenze (bei Vorhandensein stiller Reserven)<br />

innerhalb der FÅnf-Jahres-Frist vom gleichen Erwerber(kreis) weitere<br />

Anteile hin<strong>zu</strong>erworben werden, dieser Hin<strong>zu</strong>erwerb jedoch <strong>zu</strong>sammen mit<br />

dem Vorerwerb die 50 %-Grenze nicht Åbersteigt. Denn hinsichtlich dieses Erwerberkreises<br />

ist es aufgrund des Ûberschreitens der 25 %-Grenze <strong>zu</strong> einem<br />

Sanktionsverbrauch gekommen (s. Anm. 156).<br />

(4) Sanierungsklausel<br />

Durch das BÅrgerentlastungsgesetz Krankenversicherung v. 16.7.2009<br />

(BGBl. I 2009, 1959 = BStBl. I 2009, 782) wurde nach § 8c Abs. 1 KStG ein neuer<br />

Abs. 1a angefÅgt. Danach ist fÅr die Anwendung des Abs. 1 ein Beteiligungserwerb<br />

<strong>zu</strong>m Zwecke der Sanierung des Geschåftsbetriebs der KÇrperschaft<br />

unbeachtlich. Die Vorschrift wurde „<strong>zu</strong>r Beseitigung der globalen Finanz- und<br />

Wirtschaftskrise“ eingefÅgt und soll „vergleichbar dem insolvenzrechtlichen<br />

Sanierungsprivileg (§ 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG aF, § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO)<br />

das freiwillige Engagement des Neugesellschafters belohnen“ (BT-<br />

Drucks. 16/13429, 50). Die Regelung war gemåß § 34 Abs. 7c KStG <strong>zu</strong>nåchst<br />

fÅr den EZ 2008 und auf AnteilsÅbertragungen anwendbar, die nach dem<br />

31.12.2007 und vor dem 1.1.2010 stattfanden. Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz<br />

v. 22.12.2009 (BGBl. I 2009, 3950 = BStBl. I 2010, 2) wurde die<br />

zeitliche Beschrånkung auf AnteilsÅbertragungen vor dem 1.1.2010 aufgehoben.<br />

Die Sanierungsklausel ist (derzeit) nicht anwendbar: Mit Beschluss vom<br />

26.1.2011 hat die Europåische Kommission entschieden, dass § 8c Abs. 1a<br />

KStG mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist (s. Anm. 99). Hiergegen hat die<br />

Bundesrepublik Deutschland vor dem Europåischen Gericht Nichtigkeitsklage<br />

erhoben, die jedoch keine aufschiebende Wirkung hat. Aufgrund des vorangegangenen<br />

PrÅfverfahrens der EU-Kommission nach Artikel 108 Abs. 2<br />

AEUV hatte die Finanzverwaltung die Vorschrift bereits <strong>zu</strong>vor nicht mehr angewendet,<br />

vgl. BMF, Schr. v. 30.4.2010 – IV C 2 - S 2745-a/08/10005/002,<br />

BStBl. I 2010, 482.<br />

(a) Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

Gemåß § 8c Abs. 1a Satz 1 KStG ist fÅr die Anwendung des Abs. 1 ein Beteiligungserwerb<br />

<strong>zu</strong>m Zwecke der Sanierung des Geschåftsbetriebs der KÇrperschaft<br />

unbeachtlich.<br />

200<br />

200a<br />

(aa) Beteiligungserwerb<br />

Die Sanierungsklausel knÅpft an einen Beteiligungserwerb an. Erfasst werden<br />

såmtliche Sachverhalte, die fÅr sich genommen oder in Zusammenrechnung<br />

mit anderen Erwerben innerhalb der FÅnf-Jahres-Frist einen schådlichen Beteiligungserwerb<br />

darstellen kÇnnen, dh. neben dem unmittelbaren und mittelbaren<br />

Erwerb von Anteilen auch der unmittelbare und mittelbare Erwerb von<br />

Mitgliedschaftsrechten, Beteiligungsrechten und Stimmrechten sowie Kapi-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

107<br />

200b


§ 10a Anm. 200b–200e Gewerbeverlust<br />

talerhÇhungen und die ErfÅllung vergleichbarer Sachverhalte (OFD MÅnster<br />

und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 3;<br />

MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [690]; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453;<br />

Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173 [2174]; Suchanek/Herbst, Ubg<br />

2009, 525 [526]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 181; DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 106; Suchanek in HHR, § 8c KStG<br />

Anm. 59a).<br />

(bb) Beteiligungserwerb „<strong>zu</strong>m Zweck der Sanierung“<br />

200c Der Beteiligungserwerb muss <strong>zu</strong>m Zweck der Sanierung erfolgen, dh. – nach<br />

der Legaldefinition des § 8c Abs. 1a Satz 2 KStG – <strong>zu</strong>m Zweck (der DurchfÅhrung)<br />

einer Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfåhigkeit oder<br />

Ûberschuldung <strong>zu</strong> verhindern oder <strong>zu</strong> beseitigen und <strong>zu</strong>gleich die wesentlichen<br />

Betriebsstrukturen <strong>zu</strong> erhalten.<br />

(aaa) Verhinderung/Beseitigung der Zahlungsunfåhigkeit oder Ûberschuldung<br />

200d Ob der Beteiligungserwerb darauf gerichtet ist, die Zahlungsfåhigkeit oder<br />

Ûberschuldung <strong>zu</strong> verhindern oder <strong>zu</strong> beseitigen, bestimmt sich anhand der<br />

sog. Sanierungsabsicht (im engeren Sinne). Da der Beteiligungserwerb als solcher<br />

keine Sanierung bewirken kann, ist eine mittelbare Kausalitåt ausreichend,<br />

dh. der Beteiligungserwerb muss ein Element des beabsichtigten Sanierungskonzeptes<br />

sein (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 180).<br />

Nicht erforderlich ist, dass die Sanierung der alleinige Zweck des Beteiligungserwerbs<br />

ist (Fey/Neyer, DB 2009, 1368).<br />

Die Sanierungsabsicht muss sich in der ErfÅllung der folgenden Sanierungskriterien<br />

manifestieren:<br />

200e – SanierungsbedÅrftigkeit: Nach der GesetzesbegrÅndung (BT-Drucks.<br />

16/13429, 50 f.) kann ein Beteiligungserwerb (nur dann) <strong>zu</strong>m Zweck der Sanierung<br />

erfolgen, wenn er <strong>zu</strong>m bzw. nach dem Zeitpunkt des Eintritts der<br />

„Krise“ nach den Grundsåtzen des Eigenkapitalersatzrechts vor MoMiG<br />

stattfindet (ebenso OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007<br />

- St 131, DStR 2010, 929, Tz. 4, die <strong>zu</strong>r Bestimmung des Krisenbeginns auf<br />

die Grundsåtze des BMF, Schr. v. 8.6.1999 – IV C 2 - S 2244 - 12/99, DStR<br />

1999, 1151 abstellen). Auf Anteilserwerbe vor diesem Zeitpunkt soll die Sanierungsklausel<br />

nicht anwendbar sein (OFD MÅnster und Rheinland<br />

v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, Tz. 4, DStR 2010, 929; DÇtsch in DÇtsch/<br />

Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 113).<br />

Diese Auffassung wird in der Literatur mE <strong>zu</strong> Recht als <strong>zu</strong> restriktiv kritisiert<br />

(vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 186; Cortez/Brucker, BB<br />

2010, 734 [736]; Suchanek/Herbst, Ubg 2009, 525 [527]; Suchanek in HHR,<br />

§ 8c KStG Anm. 59c; s. auch Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561 [564]: frÅhes<br />

Krisenstadium ausreichend; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453<br />

[1454]: Beteiligungserwerb innerhalb von 12 Monaten vor der Krise privilegiert).<br />

Denn das Gesetz definiert als Sanierung ua. auch Maßnahmen, die<br />

108<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 200e § 10a<br />

darauf gerichtet sind, die Zahlungsunfåhigkeit bzw. Ûberschuldung <strong>zu</strong> verhindern,<br />

und es fehlen Anhaltspunkte dafÅr, dass dies ausschließlich erst<br />

nach dem Beginn der Krise (nach dem Eigenkapitalersatzrecht vor MoMiG)<br />

geschehen kann. Zudem war im Rahmen der Auslegung sowohl des § 3<br />

Nr. 66 EStG aF als auch des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG aF anerkannt, dass ein<br />

Schulderlass bzw. eine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung (bereits) dann „<strong>zu</strong>m<br />

Zwecke der Sanierung“ vorgenommen werden konnte, wenn die KÇrperschaft<br />

sanierungsbedÅrftig war (s. <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG aF Anm. 306 f.<br />

sowie fÅr § 3 Nr. 66 EStG aF BFH v.16.5.2002 – IV R 11/01, BStBl. II 2002,<br />

854). Hiervon war bereits dann aus<strong>zu</strong>gehen, wenn das Unternehmen ohne<br />

die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung iS des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG aF objektiv<br />

ex ante nicht rentabel fortgefÅhrt werden konnte (s. <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 Satz 3<br />

KStG aF Anm. 307) bzw. ohne die Sanierung die fÅr eine erfolgreiche WeiterfÅhrung<br />

des Betriebs und die Abdeckung der bestehenden Verpflichtungen<br />

erforderliche Betriebssubstanz nicht erhalten werden kÇnnte (s. <strong>zu</strong> § 3<br />

Nr. 66 EStG aF BFH v.16.5.2002 – IV R 11/01, BStBl. II 2002, 854; <strong>zu</strong> den maßgebenden<br />

Beurteilungskriterien vgl. OFD Hannover v. 11.2.2009 – S 2140 - 8<br />

- StO 241, DStR 2009, 532). Auf das Vorliegen dieser SanierungsbedÅrftigkeit<br />

sollte mE auch im Rahmen des § 8c Abs. 1a KStG abgestellt werden, wobei<br />

aufgrund der in § 8c Abs. 1a KStG verwendeten insolvenzrechtlichen<br />

Begriffe der Zahlungsunfåhigkeit bzw. Ûberschuldung mE danach <strong>zu</strong> fragen<br />

ist, ob ohne die beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen (da<strong>zu</strong><br />

Anm. 200f) der Eintritt der genannten InsolvenzgrÅnde objektiv droht, dh.<br />

derart wahrscheinlich ist, dass Maßnahmen <strong>zu</strong>m Erhalt des Unternehmens<br />

erforderlich scheinen (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 186).<br />

Eine so verstandene SanierungsbedÅrftigkeit kann dabei nach Auffassung<br />

einer in der Literatur vertretenen Meinung auch dann vorliegen, wenn zwar<br />

die Passiva die Aktiva der KÇrperschaft fÅr Zwecke des Ûberschuldungsstatus<br />

Åbersteigen, eine FortfÅhrung der KÇrperschaft jedoch Åberwiegend<br />

wahrscheinlich ist mit der Folge, dass es gemåß § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht<br />

<strong>zu</strong>r Insolvenz kommt (vgl. Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453 [1454];<br />

Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 158; aA Neumann/Stimpel, Konzern 2009,<br />

409 [411]: bei positiver FortfÅhrungsprognose kann Beteiligungserwerb<br />

nicht <strong>zu</strong>r Verhinderung oder Beseitigung einer Ûberschuldung erfolgen).<br />

Das ist mE <strong>zu</strong>mindest dann <strong>zu</strong>treffend, wenn die positive FortfÅhrungsprognose<br />

auf den im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb beabsichtigten<br />

Sanierungsmaßnahmen beruht (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c<br />

KStG Rz. 188). WÅrde man in einem solchen Fall davon ausgehen, dass aufgrund<br />

einer positiven FortfÅhrungsprognose die Sanierungsklausel unanwendbar<br />

wåre, liefe dies darauf hinaus, dass die Sanierungsklausel – <strong>zu</strong>mindest<br />

hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Ûberschuldung – meist leerliefe:<br />

Denn bei positiver FortfÅhrungsprognose wåre § 8c Abs. 1a KStG hiernach<br />

unanwendbar, wåhrend es bei negativer FortfÅhrungsprognose<br />

oftmals an der weiteren Vorausset<strong>zu</strong>ng der Sanierungsfåhigkeit (da<strong>zu</strong><br />

Anm. 200f) fehlte (vgl. auch MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [692]). Øhnliches<br />

gilt mE in Konstellationen, bei denen die KÇrperschaft mit Gesellschafterdarlehen<br />

mit vertraglichem RangrÅcktritt finanziert ist. Auch soweit diese<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

109


§ 10a Anm. 200e–200f Gewerbeverlust<br />

200f<br />

im insolvenzrechtlichen Ûberschuldungsstatus nicht <strong>zu</strong> berÅcksichtigen<br />

sind, ist mE von einer SanierungsbedÅrftigkeit aus<strong>zu</strong>gehen, wenn die KÇrperschaft<br />

darlegt, dass sie lediglich Åber weitere Gesellschafterdarlehen imstande<br />

ist, ihren Finanzierungsbedarf <strong>zu</strong> decken. Anderenfalls wåre der Gesellschafter<br />

gezwungen, die Ûberschuldung „kÅnstlich“ herbei<strong>zu</strong>fÅhren,<br />

indem er – soweit Åberhaupt rechtlich mÇglich – den RangrÅcktritt widerruft<br />

bzw. die neuen Darlehen ohne RangrÅcktritt gewåhrt.<br />

– Sanierungsfåhigkeit und -eignung: In wÇrtlicher Anlehnung an das Urteil<br />

des BGH v. 21.11.2005 (BGH v. 21.11.2005 – II ZR 277/03, NJW 2006, 1283)<br />

<strong>zu</strong> § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG aF, der einen Anteilserwerb „in der Krise [...]<br />

<strong>zu</strong>m Zwecke der Ûberwindung der Krise“ voraussetzte, formuliert die GesetzesbegrÅndung<br />

(BT-Drucks. 16/13429, 50 f.), dass ein Beteiligungserwerb<br />

<strong>zu</strong>m Zwecke der Sanierung voraussetzt, dass die KÇrperschaft nach<br />

der pflichtgemåßen Einschåt<strong>zu</strong>ng eines objektiven Dritten im Augenblick<br />

des Anteilserwerbs sanierungsfåhig ist und die fÅr ihre Sanierung konkret<br />

in Angriff genommenen Maßnahmen <strong>zu</strong>sammen objektiv geeignet sind, die<br />

Gesellschaft in Åberschaubarer Zeit durchgreifend <strong>zu</strong> sanieren. Ob die Sanierung<br />

demgegenÅber tatsåchlich erfolgreich ist, ist unbeachtlich (BT-<br />

Drucks. 16/13429, 51). Dem ist <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen. Die gleichen Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

bestanden fÅr die Anwendung des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG aF (da<strong>zu</strong><br />

Anm. 308 ff.) sowie des § 3 Nr. 66 EStG aF (da<strong>zu</strong> BFH v.16.5.2002 – IV R<br />

11/01, BStBl. II 2002, 854 mwN).<br />

Sanierungseignung liegt allgemein vor, wenn die jeweils beabsichtigen<br />

Maßnahmen objektiv geeignet erscheinen, das sanierungsbedÅrftige Unternehmen<br />

vor dem Zusammenbruch <strong>zu</strong> bewahren (s. Anm. 308). Mit Blick<br />

auf die vom Gesetz verwendeten insolvenzrechtlichen Begriffe muss die<br />

Eignung einer Maßnahme mE konkret daran gemessen werden, ob sie die<br />

Zahlungsunfåhigkeit bzw. Ûberschuldung nachhaltig beseitigen oder verhindern<br />

kann (vgl. BT-Drucks. 16/13429, 50 f., 77; vgl. aber auch OFD MÅnster<br />

und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 6:<br />

„aus der Krise fÅhren“). Als Maßnahmen kommen såmtliche Handlungen in<br />

Betracht, die auf die Verhinderung oder Abwendung der Zahlungsunfåhigkeit<br />

bzw. Ûberschuldung ausgerichtet sind, wie beispielsweise Maßnahmen<br />

<strong>zu</strong>r Kostenreduzierung, Umstrukturierung der geschåftlichen Tåtigkeit<br />

oder <strong>zu</strong>r Erschließung von Finanzierungsquellen (OFD MÅnster und Rheinland<br />

v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 7; Neumann/<br />

Stimpel, Konzern 2009, 409 [410]). Nicht erforderlich ist, dass der erwerbende<br />

Gesellschafter einen eigenen Finanzierungsbeitrag leistet (OFD MÅnster<br />

und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 7;<br />

Neumann/Stimpel, Konzern 2009, 409 [410]) oder dass die Maßnahmen das<br />

inlåndische BetriebsvermÇgen der KÇrperschaft betreffen. Ein Erwerb <strong>zu</strong>m<br />

Zwecke der Sanierung soll nach Auffassung der OFD MÅnster und Rheinland<br />

allerdings grundsåtzlich nicht mehr vorliegen, wenn die Sanierungsmaßnahmen<br />

spåter als ein Jahr nach dem Anteilserwerb ergriffen werden<br />

(OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR<br />

2010, 929, Tz. 7). Mehr als eine Indizwirkung fÅr die Zweckrichtung des Beteiligungserwerbs<br />

kann dem zeitlichen Zusammenhang zwischen Betei-<br />

110<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 200f–200j § 10a<br />

ligungserwerb und Sanierungsmaßnahmen mE jedoch nicht beigemessen<br />

werden.<br />

Ob die Sanierungskriterien vorliegen, beurteilt sich anhand einer Prognose,<br />

die regelmåßig auf Grundlage eine dokumentierten Sanierungsplans erfolgen<br />

wird (BT-Drucks. 16/13429, 51; <strong>zu</strong>m Soll-Inhalt: IDW S6, IDW-FN 2009, 578 sowie<br />

DÇrr NWB 2009, 2050 [2054]). Zwingend ist dies jedoch nicht, dh. die KÇrperschaft<br />

kann die Sanierungsabsicht auch anderweitig nachweisen, wie beispielsweise<br />

durch einen (den Glåubigern vorgelegten und von diesen akzeptierten)<br />

Plan, der darstellt, wie die Ertragsfåhigkeit des Unternehmens wieder<br />

hergestellt werden kann (Janssen, DStR 2003, 1057) oder durch einen Insolvenzplan<br />

(MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [693]). Das Gesetz enthålt keine Beschrånkungen,<br />

wie die KÇrperschaft ihrer insoweit bestehenden Darlegungslast<br />

(s. da<strong>zu</strong> Anm. 392) nachkommen kann.<br />

Die Sanierungsabsicht (im engeren Sinne) muss im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs<br />

vorliegen. Bei schrittweisen Beteiligungserwerben, die <strong>zu</strong>sammengerechnet<br />

die 25 %- bzw. 50 %-Grenze Åberschreiten, ist mE auf den<br />

jeweiligen Beteiligungserwerb ab<strong>zu</strong>stellen, dh. nicht erst auf den Beteiligungserwerb,<br />

mit dem die Schådlichkeitsgrenze Åberschritten wird. Dies ergibt<br />

sich mE daraus, dass die Sanierungsklausel „Beteiligungserwerbe“ fÅr<br />

unbeachtlich erklårt und damit nicht an das Vorliegen eines schådlichen Beteiligungserwerbs<br />

anknÅpft (s. auch Anm. 200w).<br />

(bbb) Maßnahme <strong>zu</strong>m Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen<br />

Der Beteiligungserwerb muss ferner – iS einer mittelbaren Kausalitåt (s. 200i<br />

Anm. 200d) – darauf gerichtet sein, die wesentlichen Betriebsstrukturen <strong>zu</strong> erhalten.<br />

Von einer Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen – und damit<br />

mE auch von einer entsprechenden Zweckrichtung des Erwerbs – ist gemåß<br />

§ 8c Abs. 1a Satz 3 KStG aus<strong>zu</strong>gehen, wenn eine der dort genannten, nachfolgend<br />

nåher beschriebenen „Vorausset<strong>zu</strong>ngen“ vorliegt (BT-Drucks. 16/13420,<br />

51; <strong>zu</strong>r Auslegung des unklaren Wortlauts s. auch Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 197 ff.).<br />

– Befolgung einer Betriebsvereinbarung mit Arbeitsplatzregelung (§ 8c 200j<br />

Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG): Betriebsvereinbarungen sind formgebundene<br />

Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die gemåß § 77 Abs. 4<br />

BetrVG normative, dh. unmittelbar zwingende Wirkung auf die Arbeitsverhåltnisse<br />

haben. Der Wortlaut des § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG enthålt keine<br />

Vorgabe <strong>zu</strong>m Mindestinhalt der Betriebsvereinbarung oder <strong>zu</strong>m Kreis<br />

der von der Betriebsvereinbarung erfassten Arbeitnehmer. Anders als noch<br />

in der Stellungnahme des Bundesrats v. 3.4.2009 gefordert (BR-Drucks.<br />

168/09, 28), wird insbesondere nicht die Befolgung einer Betriebsvereinbarung<br />

„<strong>zu</strong>m Erhalt von Arbeitsplåtzen“ vorausgesetzt. Auch die Befolgung<br />

einer Betriebsvereinbarung, die einen Arbeitsplatzabbau beinhaltet, reicht<br />

daher aus (MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [694]; Ortmann-Babel/Bolik/Gageur,<br />

DStR 2009, 2173 [2175]; Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 59j). Eine<br />

Anwendung des § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG soll nach Auffassung der<br />

OFD MÅnster und Rheinland allerdings nur dann in Betracht kommen,<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

111<br />

200g<br />

200h


§ 10a Anm. 200j–200k Gewerbeverlust<br />

200k<br />

wenn in dem von dieser Betriebsvereinbarung betroffenen Geschåftsbereich<br />

mehr als die Hålfte aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer<br />

der KÇrperschaft (<strong>zu</strong>zÅglich der Arbeitnehmer ihrer etwaigen Organgesellschaften)<br />

tåtig ist (OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 -<br />

1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 13).<br />

Nach Åberwiegender Auffassung muss die Betriebsvereinbarung im Zusammenhang<br />

mit dem Beteiligungserwerb abgeschlossen werden, da sonst<br />

der Beteiligungserwerb nicht auf die Erhaltung der Betriebsstrukturen gerichtet<br />

sein kann (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 202; Lang,<br />

DStZ 2009, 751 [754]: enger zeitlicher Zusammenhang; Suchanek in HHR,<br />

§ 8c KStG Anm. 59k: Abschluss der Betriebsvereinbarung innerhalb eines<br />

Jahres vor oder nach dem Beteiligungserwerb). Die GesetzesbegrÅndung<br />

sieht es als ausreichend an, wenn die Betriebsvereinbarung (nach dem Beteiligungserwerb)<br />

im Rahmen der Umset<strong>zu</strong>ng von Sanierungsmaßnahmen<br />

abgeschlossen wird (BT-Drucks. 16/13429, 51; ebenso Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 202). Auch vor dem maßgeblichen Beteiligungserwerb<br />

geschlossene Vereinbarung, die im zeitlichen Zusammenhang mit<br />

dem Beteiligungserwerb stehen, sollten jedoch genÅgen (Ortmann-Babel/<br />

Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173 [2175]; vgl. aber auch OFD MÅnster und<br />

Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 15: bei<br />

vor dem Beteiligungserwerb abgeschlossener Vereinbarung „kann eine<br />

nach dem Beteiligungserwerb geschlossene Anschlussvereinbarung diesen<br />

sachlichen Zusammenhang herstellen“).<br />

Statt einer Betriebsvereinbarung sollten auch Arbeitsplatzregelungen im<br />

Rahmen eines Tarifvertrags bzw. eines Sozialplans iS von § 112 Abs. 1<br />

Satz 2 BetrVG ausreichen (vgl. OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S<br />

2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 13; vgl. DÇrr, NWB 2010, 184 [200]<br />

sowie fÅr den Sozialplan MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [694]). Ein Sozialplan<br />

hat gemåß § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG die Wirkung einer Betriebsvereinbarung,<br />

und das BAG behandelt ihn in ståndiger Rechtsprechung als „Betriebsvereinbarung<br />

besonderer Art“ (vgl. Annuß in Richardi, Betriebsverfassungsgesetz,<br />

11. Aufl., § 112 Rz. 171 mwN).<br />

VerfÅgt die betreffende KÇrperschaft Åber keinen Betriebsrat, kommt der<br />

Abschluss einer Betriebsvereinbarung nicht in Betracht. Derartigen Unternehmen<br />

bleibt daher grundsåtzlich nur die ErfÅllung des § 8c Abs. 1a Satz 3<br />

Nr. 2 oder 3 KStG (Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 168). Nach Auffassung<br />

der OFD MÅnster und Rheinland (OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010<br />

– S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 14) kann die KÇrperschaft gleichwohl<br />

mit ihren Arbeitnehmern individuelle Vereinbarungen treffen, die den<br />

Anforderungen des §8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG entsprechen, wenn von<br />

diesen Vereinbarungen mehr als die Hålfte der sozialversicherungspflichtigen<br />

Arbeitnehmer betroffen sind. Welchen Inhalt diese Vereinbarung haben<br />

sollen, lassen die OFD MÅnster und Rheinland offen.<br />

– Kein wesentliches Abschmelzen der Lohnsumme (§ 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 2<br />

KStG): Von einer Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen ist auch<br />

aus<strong>zu</strong>gehen, wenn die Summe der maßgebenden jåhrlichen Lohnsummen<br />

der KÇrperschaft innerhalb von fÅnf Jahren nach dem Beteiligungserwerb<br />

112<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 200k–200l § 10a<br />

400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet. Die FÅnf-Jahres-Frist<br />

beginnt im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs, dh. mit dem Ûbergang<br />

des wirtschaftlichen Eigentums. Bei sukzessiven Beteiligungserwerben<br />

ist der Lohnsummenvergleich mE bezÅglich jedes einzelnen Beteiligungserwerbs<br />

an<strong>zu</strong>stellen, da die Sanierungsklausel auch unschådliche<br />

Beteiligungserwerbe fÅr unbeachtlich erklårt (Sistermann/Brinkmann,<br />

DStR 2009, 1453 [1455]; s. auch Anm. 200w). FÅr die Ermittlung der Ausgangslohnsumme<br />

findet § 13a Abs. 1 Satz 3 und 4 und Abs. 4 ErbStG entsprechende<br />

Anwendung, dh. Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche<br />

Lohnsumme der letzten fÅnf vor dem Beteiligungserwerb endenden<br />

Wirtschaftsjahre. Nach dem Gesetzeswortlaut sind auch ArbeitslÇhne solcher<br />

Unternehmensteile <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, die innerhalb von fÅnf Jahren<br />

vor dem Beteiligungserwerb veråußert oder stillgelegt wurden (kritisch Sistermann/Brinkmann,<br />

DStR 2009, 1453 [1455] mit dem <strong>zu</strong>treffenden Hinweis,<br />

dass im Einzelfall sogar LohnerhÇhungen bzw. Neueinstellungen erforderlich<br />

sein kÇnnen, um das Lohnsummenkriterium <strong>zu</strong> erfÅllen). Auch Lohnsummen<br />

auslåndischer Betriebsteile der Verlustgesellschaft sowie unmittelbarer<br />

und mittelbarer Beteiligungen von mehr als 25 % sind in die Vergleichsrechnung<br />

ein<strong>zu</strong>beziehen (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG<br />

Rz. 209; kritisch Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173 [2176]).<br />

Da § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 auch § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG fÅr entsprechend<br />

anwendbar erklårt, ist die Anwendung des Lohnsummenkriteriums<br />

ausgeschlossen, wenn die Ausgangslohnsumme null Euro betrågt oder der<br />

Betrieb nicht mehr als 20 Beschåftigte hat. In der Literatur (Fey/Neyer, DB<br />

2009, 1368 [1373]; Trossen, GmbH-StB 2009, 227 [229]; Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 207; Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 59m)<br />

wird die Auffassung vertreten, dass in diesem Fall auf eine Erhaltung der<br />

wesentlichen Betriebsstrukturen insgesamt verzichtet werden kann, dh. die<br />

Sanierungsklausel schon bei Vorliegen der Sanierungsabsicht im engeren<br />

Sinne (s. Anm. 200d ff.) erfÅllt sei. Dies wird ua. damit begrÅndet, dass eine<br />

Anwendung des § 8c Abs. 1a Nr. 1 KStG in dieser Situation oftmals ebenfalls<br />

ausgeschlossen sein dÅrfte und ein Zwang <strong>zu</strong>r ErfÅllung des § 8c Abs. 1a<br />

Nr. 3 KStG unverhåltnismåßig sei (aA. OFD MÅnster und Rheinland<br />

v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 18: Tatbestandsmerkmal<br />

der Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen kann in diesem<br />

Fall nur Åber § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 oder Nr. 3 KStG erfÅllt werden;<br />

ebenso Neumann/Stimpel, Konzern 2009, 409 [413]; Lang, DStZ 2009, 751<br />

[754]; Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 175; s. auch MÅckl/Remplik, FR 2009,<br />

689 [695]).<br />

– ZufÅhrung wesentlichen BetriebsvermÇgens durch Einlagen (§ 8c Abs. 1a 200l<br />

Satz 3 Nr. 3 KStG): Von einer Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen<br />

ist schließlich auch dann aus<strong>zu</strong>gehen, wenn der KÇrperschaft durch Einlagen<br />

wesentliches BetriebsvermÇgen <strong>zu</strong>gefÅhrt wird. Eine wesentliche BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

liegt vor, wenn der KÇrperschaft innerhalb von<br />

zwÇlf Monaten nach dem Beteiligungserwerb neues BetriebsvermÇgen <strong>zu</strong>gefÅhrt<br />

wird, das mindestens 25 % des in der Steuerbilanz <strong>zu</strong>m Schluss des<br />

vorangehenden Wirtschaftsjahrs enthaltenen AktivvermÇgens entspricht.<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

113


§ 10a Anm. 200l Gewerbeverlust<br />

Wird nur ein Anteil an der KÇrperschaft erworben, dh. bei einem Beteiligungserwerb<br />

von weniger als 100 %, ist nur der entsprechende Anteil des<br />

AktivvermÇgens <strong>zu</strong><strong>zu</strong>fÅhren.<br />

Erforderlich ist eine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung durch Einlagen. Nach<br />

allgemeinen Grundsåtzen sind Einlagen durch das Gesellschaftsverhåltnis<br />

veranlasste Zuwendungen bilanzierungsfåhiger VermÇgensvorteile durch<br />

einen Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person (vgl. BFH v.<br />

23.2.2005 – I R 44/04, BStBl II 2005, 522). Nicht ausdrÅcklich genannt sind<br />

BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen durch Umwandlungsvorgånge, bei der<br />

die VerlustkÇrperschaft Åbernehmender Rechtstråger ist (zB Verschmel<strong>zu</strong>ngen<br />

oder Spaltungen auf die VerlustkÇrperschaft). Diese Vorgånge sind mE<br />

wie Einlagen <strong>zu</strong> behandeln, sofern sie ohne die Sondervorschriften des<br />

UmwStG wie (verdeckte) Einlagen besteuert wÅrden und (daher) die gleiche<br />

Wirkung haben (vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG<br />

Rz. 213 f.; ggf. weitergehend OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S<br />

2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 22: Einlage in HÇhe der ErhÇhung<br />

des steuerlichen Eigenkapitals der Åbernehmenden KÇrperschaft; Neyer,<br />

BB 2009, 2284 [2287]; Neyer, BB 2010, 1055 [1061]; Suchanek in HHR, § 8c<br />

KStG Anm. 59n). Nicht begÅnstigt ist daher mE die Tochter-Mutter-Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />

auf die VerlustkÇrperschaft, da ungeachtet der Frage, ob eine<br />

BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung vorliegt, jedenfalls keine solche „durch Einlagen“<br />

erfolgt (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 214; weitergehend<br />

offenbar OFD MÅnster und Rheinland aaO.). Die VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

durch Gewåhrung von Fremdkapital genÅgt nicht (Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 212). Dies gilt auch fÅr mit einem RangrÅcktritt<br />

versehene Gesellschafterdarlehen. Anders kann dies nur in Fållen des § 5<br />

Abs. 2a EStG sein, wenn die Verbindlichkeit nicht <strong>zu</strong> passivieren ist (DÇtsch<br />

in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 124). Die erstmalige BegrÅndung<br />

des deutschen Besteuerungsrechts stellt zwar gemåß § 4 Abs. 1 Satz 7 KStG<br />

eine Einlage dar, jedoch dÅrfte keine hierdurch bewirkte BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

vorliegen (ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c<br />

KStG Rz. 215; aA Ziegenhagen/Thewes, BB 2009, 2116 [2119]). AusdrÅcklich<br />

der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung durch Einlagen gleichgestellt ist gemåß<br />

§ 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 4 KStG der Erlass von Verbindlichkeiten<br />

durch den Erwerber oder eine diesem nahestehenden Person, soweit die<br />

Verbindlichkeiten werthaltig sind. Auch der Erlass gegen Besserungsschein<br />

ist ein Erlass iS der Vorschrift. Ein etwaiges „Wiederaufleben“ der Verbindlichkeit<br />

ist nur dann schådlich, wenn es binnen drei Jahren erfolgt (§ 8c<br />

Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Såtze 5, 6 KStG).<br />

Nach wohl hM sind nur Einlagen des Erwerbers (sowie der ihm nahestehenden<br />

Personen und anderer Personen desselben Erwerberkreises) <strong>zu</strong> berÅcksichtigen<br />

(OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St<br />

131, DStR 2010, 929, Tz. 26; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG<br />

Rz. 124; MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [700]; Neyer, BB 2009, 2284 [2287];<br />

Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 59n; vgl. auch Neumann/Stimpel, Konzern<br />

2009, 409 [414], die sogar fordern, dass Einlagen eines Erwerbers, der<br />

seine bereits bestehende Beteiligung aufstockt, nur insoweit <strong>zu</strong> berÅcksich-<br />

114<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 200l § 10a<br />

tigen sind, als sie rechnerisch auf die hin<strong>zu</strong>erworbenen Anteile entfallen).<br />

Dies soll sich aus der fÅr den Erlass von Verbindlichkeiten ausdrÅcklichen<br />

Regelung in § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 4 KStG ergeben. Folgte man dem,<br />

so wåren insbesondere Sanierungsbeitråge in Form von Einlagen der Altgesellschafter<br />

nicht <strong>zu</strong> berÅcksichtigen. Nach dem Wortlaut sind jedoch – abgesehen<br />

vom Sonderfall des Forderungsverzichts – såmtliche BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen<br />

in Form von Einlagen begÅnstigt. HierfÅr sprechen<br />

auch Sinn und Zweck der Vorschrift, Unternehmenssanierungen nicht <strong>zu</strong><br />

behindern, sowie die Tatsache, dass Alt- und Neugesellschafter gleichermaßen<br />

von einem Verlustuntergang betroffen wåren (ebenso Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 219).<br />

Das <strong>zu</strong>gefÅhrte VermÇgen muss mindestens 25 % des in der Steuerbilanz<br />

<strong>zu</strong>m Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahrs enthaltenen AktivvermÇgens<br />

entsprechen. Wird nur ein Anteil an der KÇrperschaft erworben, dh.<br />

bei einem Beteiligungserwerb von weniger als 100 %, ist nur der entsprechende<br />

Anteil des AktivvermÇgens <strong>zu</strong><strong>zu</strong>fÅhren. Bei einem Erwerb von beispielsweise<br />

80 % der Anteile ist daher nur eine VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung von<br />

20 % erforderlich. Eine „Ûbersanierung“ wird – anders als bei § 8 Abs. 4<br />

KStG aF (Anm. 314 f.) – nicht sankioniert. Auch sieht der Wortlaut grundsåtzlich<br />

keine Behaltefrist vor, dh. vorbehaltlich schådlicher Leistungen der<br />

Kapitalgesellschaft nach § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 5 KStG ist es nicht erforderlich,<br />

dass das <strong>zu</strong>gefÅhrte BetriebsvermÇgen der KÇrperschaft Åber einen<br />

bestimmten Zeitraum auch tatsåchlich <strong>zu</strong>r VerfÅgung steht (Ortmann-<br />

Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173 [2177]; Sistermann/Brinkmann, DStR<br />

2009, 1453 [1456)).<br />

FÅr die Ermittlung, ob die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung mindestens 25 %<br />

des AktivvermÇgens der KÇrperschaft entspricht, gilt folgendes: Aufgrund<br />

der Be<strong>zu</strong>gnahme auf das bilanzierte AktivvermÇgen ist mE davon aus<strong>zu</strong>gehen,<br />

dass das bestehende VermÇgen den gesamten, mit ihrem steuerlichen<br />

Buchwert bewerteten, in der Steuerbilanz bilanzierten Aktiva (dh. Anlageund<br />

UmlaufvermÇgen) der KÇrperschaft entspricht (OFD MÅnster und<br />

Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 20;<br />

MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [698]; Brendt in Erle/Sauter, KStG,<br />

3. Aufl. 2010, § 8c Rz. 94; Suchanek/Herbst, Ubg 2009, 525 [530]; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 222; aA Neumann/Stimpel, Konzern 2009,<br />

409 [413); Lang, DStZ 2009, 751 [755]; Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 181;<br />

DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 124: Umfang und Bewertung<br />

der Aktiva sind wie im Rahmen des § 8 Abs. 4 KStG aF vor<strong>zu</strong>nehmen,<br />

dh. maßgeblich sind die Teilwerte der (bilanzierten und nicht bilanzierten)<br />

WirtschaftsgÅter des AktivvermÇgens). Nicht bilanzierte WirtschaftsgÅter<br />

sind daher ebenso wenig <strong>zu</strong> erfassen wie Bilanzierungshilfen und aktive<br />

Rechnungsabgren<strong>zu</strong>ngsposten (vgl. <strong>zu</strong> Einzelheiten Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8c KStG Rz. 221; Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 59a). Mitunternehmeranteile<br />

sind mit dem gespiegelten Kapitalkonto in Ansatz <strong>zu</strong> bringen<br />

(OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR<br />

2010, 929, Tz. 20: positiv gespiegeltes Kapitalkonto). GehÇren <strong>zu</strong>m BetriebsvermÇgen<br />

Beteiligungen an Organgesellschaften oder Personengesell-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

115


§ 10a Anm. 200l Gewerbeverlust<br />

schaften, ist unklar, ob die Finanzverwaltung deren BetriebsvermÇgen – wie<br />

bei § 8 Abs. 4 KStG aF (s. Anm. 245 f.) – einbezieht.<br />

Die Bewertung der Einlage erfolgt nach wohl hM ebenfalls mit dem in der<br />

Steuerbilanz an<strong>zu</strong>setzenden Wert, dh. bei Sacheinlagen nach §§ 20, 21<br />

UmwStG entweder mit dem Buch- oder Zwischenwert oder mit dem gemeinen<br />

Wert und bei Einlagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem Teilwert<br />

(OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR<br />

2010, 929, Tz. 23; MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [698]; Ortmann-Babel/Bolik/<br />

Gageur, DStR 2009, 2173 [2177]; Brendt in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010,<br />

§ 8c Rz. 94; aA Neyer, BB 2009, 2284 [2285]; Neyer, BB 2010, 1055 [1061];<br />

Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 223 f.: Teilwert, da bei steuerlichen<br />

Wahlrechten ansonsten ggf. eine Gewinnrealisierung erforderlich ist,<br />

um den Anwendungsbereich der Sanierungsklausel <strong>zu</strong> erÇffnen; Suchanek/<br />

Herbst, Ubg 2009, 525 [530 f.]; Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 5959o:<br />

stets gemeiner Wert, um effektive Stårkung des BetriebsvermÇgens der <strong>zu</strong><br />

sanierenden KÇrperschaft dar<strong>zu</strong>stellen).<br />

Die VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung hat innerhalb von zwÇlf Monaten nach dem Beteiligungserwerb<br />

(sog. ZufÅhrungszeitraum) <strong>zu</strong> erfolgen. Sie kann sukzessiv<br />

erfolgen, muss aber vor Ablauf des ZufÅhrungszeitraums abgeschlossen<br />

sein. Der Zeitpunkt der ZufÅhrung entspricht aufgrund der gemåß § 8c<br />

Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG an<strong>zu</strong>stellenden bilanziellen Betrachtung mE dem<br />

der bilanziellen Erfassung des eingelegten Wirtschaftsgutes, so dass grundsåtzlich<br />

auf den Ûbergang des wirtschaftlichen Eigentums am <strong>zu</strong>gefÅhrten<br />

BetriebsvermÇgen ab<strong>zu</strong>stellen ist (vgl. Neyer, BB 2009, 2284 [2286]; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 217; Suchanek in HHR, § 8c KStG<br />

Anm. 59n; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 124). Auf den tatsåchlichen<br />

Zufluss kommt es – anders als bei § 27 Abs. 1 KStG – somit nicht<br />

an, so dass auch ausstehende Einlagen BerÅcksichtigung finden sollten, soweit<br />

die Einlageforderung <strong>zu</strong> aktivieren ist (Suchanek in HHR, § 8c KStG<br />

Anm. 59n; MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [700]; kritisch Neyer, BB 2009, 2284<br />

[2287]; aA OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131,<br />

DStR 2010, 929, Tz. 24; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 212, 217:<br />

tatsåchliche Einlageleistung maßgebend). Eine steuerliche RÅckwirkung<br />

(zB aufgrund § 2 Abs. 1 UmwStG) ist mE <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, da die Sondervorschriften<br />

des § 8c Abs. 1 Satz 8 KStG und des § 2 Abs. 4 UmwStG nicht<br />

anwendbar sind (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 213, 217; aA<br />

OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010,<br />

929, Tz. 25: Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Umwandlungsmaßnahme<br />

entscheidend).<br />

Nach dem Gesetzeswortlaut muss die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung dem<br />

Beteiligungserwerb nachfolgen. Offene Fragen ergeben sich insbesondere<br />

dann, wenn der schådliche Beteiligungserwerb in einer die Beteiligungsquoten<br />

åndernden KapitalerhÇhung liegt. Hier entstehen die Mitgliedschaftsrechte<br />

mit der Eintragung der Sat<strong>zu</strong>ngsånderung ins Handelsregister.<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ng der Anmeldung der Handelsregistereintragung ist jedoch,<br />

dass die Mindesteinlage ordnungsgemåß geleistet wurde. In der Literatur<br />

wird in diesem Fall eine Einlage vor der KapitalerhÇhung als fÅr<br />

116<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 200l § 10a<br />

Zwecke der Sanierungsklausel ausreichend angesehen (MÅckl/Remplik,<br />

FR 2009, 689 [699]; Neyer, BB 2009, 2284 [2287]; Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8c KStG Rz. 218 (teleologische Reduktion); ebenso OFD MÅnster<br />

und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 28:<br />

ausreichend, wenn Einlage nach dem KapitalerhÇhungsbeschluss erfolgt<br />

und KapitalerhÇhung innerhalb Jahresfrist eingetragen wird).<br />

Finden mehrere Beteiligungserwerbe innerhalb des FÅnf-Jahres-Zeitraums<br />

des Abs. 1 statt, ist nach dem Gesetzeswortlaut der ZufÅhrungszeitraum<br />

fÅr jeden Beteiligungserwerb gesondert <strong>zu</strong> ermitteln, und zwar unabhångig<br />

davon, ob der einzelne Beteiligungserwerb schådlich ist oder nicht.<br />

In der Literatur wird jedoch <strong>zu</strong>m Teil die Auffassung vertreten, dass der ZufÅhrungszeitraum<br />

erst mit Ûberschreiten der 25 %- bzw. 50 %-Grenze beginnt<br />

(Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 216; DÇtsch in DÇtsch/<br />

Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 124; vgl. die Beispiele bei Neyer, BB 2009,<br />

2284 [1186]).<br />

Gemåß § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 5 KStG mindern Leistungen der Kapitalgesellschaft,<br />

die innerhalb von drei Jahren nach der ZufÅhrung des neuen<br />

BetriebsvermÇgens (sog. Verbleibenszeitraum) erfolgen, den Wert des<br />

<strong>zu</strong>gefÅhrten BetriebsvermÇgens. Wird aufgrund dieser Minderung die erforderliche<br />

Mindest<strong>zu</strong>fÅhrung unterschritten, ist Satz 1 nicht mehr an<strong>zu</strong>wenden.<br />

Verfahrensrechtlich findet in diesem Fall § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2<br />

AO Anwendung. Der Verbleibenszeitraum entspricht drei Zeitjahren, die<br />

taggenau <strong>zu</strong> berechnen sind (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG<br />

Rz. 128, Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 216).<br />

Leistungen iS der Vorschrift sind in Anlehnung an § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG<br />

såmtliche Auskehrungen an Gesellschafter bzw. nahestehende Personen,<br />

die ihre Ursache im Gesellschaftsverhåltnis haben, dh. insbesondere offene<br />

und verdeckte GewinnausschÅttungen, KapitalrÅckzahlungen, die Auskehrung<br />

von LiquidationserlÇsen sowie Auszahlungen auf beteiligungsåhnliche<br />

Genussrechte (vgl. MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [699]; Lang, DStZ<br />

2009, 751 [756]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 229), aber auch<br />

MehrabfÅhrungen einer Organgesellschaft, die ihre Ursache in vorvertraglicher<br />

Zeit haben (Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173 [2177];<br />

Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 231). Hinsichtlich des Zeiptunktes<br />

der Leistung stellt die hM – wie bei § 27 KStG – auf den VermÇgensabfluss<br />

bei der KÇrperschaft ab (MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [699] mwN).<br />

Ûbernimmt der Erwerber nicht die Gesamtheit der Anteile, stellt sich die<br />

Frage, ob Leistungen der KÇrperschaft an Altgesellschafter ebenfalls <strong>zu</strong><br />

berÅcksichtigen sind. In der Literatur wird <strong>zu</strong>m Teil die Auffassung vertreten,<br />

dass nur Leistungen an den Erwerber selbst <strong>zu</strong> berÅcksichtigen sind (so<br />

Neyer, BB 2009, 2284 [2287 f.]; Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 59r). Allerdings<br />

spricht der Gesetzeswortlaut, das Fehlen einer Satz 3 vergleichbaren<br />

Anordnung in Satz 5 sowie Sinn und Zweck der Vorschrift, nur solche<br />

VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen <strong>zu</strong> privilegieren, bei denen das VermÇgen nachhaltig<br />

bei der KÇrperschaft verbleibt, dafÅr, dass es unerheblich ist, an wen<br />

die Leistungen erbracht werden (OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010<br />

– S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 29; Lang, DStZ 2009, 751 [756];<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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117


§ 10a Anm. 200l–200p Gewerbeverlust<br />

Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453 [1456]; Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8c KStG Rz. 229; vgl. auch die GesetzesbegrÅndung BT-<br />

Drucks. 16/13429, 51). Diese Ansicht erscheint inbesondere dann folgerichtig,<br />

wenn man davon ausgeht, dass im Rahmen der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

Einlagen sowohl des Erwerbers als auch der Altgesellschafter <strong>zu</strong><br />

berÅcksichtigen sind.<br />

Der Verbleibenszeitraum beginnt mit „der ZufÅhrung des neuen BetriebsvermÇgens“.<br />

Nach dem Gesetzeswortlaut wåre bei sukzessiven BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen<br />

auf den Tag der jeweiligen ZufÅhrung ab<strong>zu</strong>stellen.<br />

Im Schrifttum wird demgegenÅber <strong>zu</strong>m Teil auf den Tag abgestellt, an dem<br />

die Einlagen die erforderliche Quote von 25 % (bzw. die nach Satz 3 entsprechend<br />

niedrigere Quote) erreichen (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG<br />

Rz. 232; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 127a: PraktikabilitåtsgrÅnde).<br />

(ccc) Nichtvorliegen einer Sanierung bei wirtschaftlicher NeugrÅndung<br />

(§ 8c Abs. 1a Satz 4 KStG)<br />

200m Gemåß § 8c Abs. 1a Satz 4 KStG liegt eine Sanierung dann nicht vor, wenn die<br />

KÇrperschaft ihren Geschåftsbetrieb im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs<br />

bereits im Wesentlichen eingestellt hat oder innerhalb eines Zeitraumes von<br />

fÅnf Jahren nach dem Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel erfolgt. Vgl.<br />

<strong>zu</strong> diesem Kriterium bei der PrÅfung des § 8 Abs. 4 KStG aF Anm. 309 f. Dem<br />

liegt der Gedanke <strong>zu</strong>grunde, dass die Sanierungsklausel dann nicht anwendbar<br />

sein soll, wenn nur noch der leere Mantel einer unternehmenslosen KÇrperschaft<br />

vorhanden ist. Ausweislich der GesetzesbegrÅndung (BT-Drucks.<br />

16/13429, 51) knÅpft das Gesetz dabei an die Rechtsprechung des (BGH v.<br />

7.7.2003 – II ZB 4/02, BGHZ 155, 318) an, wonach die Ausstattung einer unternehmenslosen<br />

Kapitalgesellschaft mit einem neuen Geschåftsbetrieb wirtschaftlich<br />

als NeugrÅndung an<strong>zu</strong>sehen ist.<br />

200n Hinsichtlich des Zeitpunkts des Beteiligungserwerbs ist bei gestaffelten Beteiligungserwerben<br />

nach dem Gesetzeswortlaut mE nicht auf das Ûberschreiten<br />

der nach § 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG maßgebenden Schwellenwerte ab<strong>zu</strong>stellen,<br />

sondern auf den einzelnen Erwerb (vgl. da<strong>zu</strong> Anm 200h; aA DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 130: maßgebend ist Tag des schådlichen<br />

Beteiligungserwerbs).<br />

200o Von einer Einstellung des Geschåftsbetriebs ist erst dann aus<strong>zu</strong>gehen, wenn<br />

die KÇrperschaft keine ins Gewicht fallende werbende Tåtigkeit mehr ausÅbt<br />

und das Unternehmen wirtschaftlich nicht mehr aktiv erscheint (BFH v.<br />

5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG<br />

Rz. 240 ff. mwN).<br />

200p Ein Branchenwechsel liegt vor, wenn der neue Geschåftsbetrieb der KÇrperschaft<br />

in keiner wirtschaftlich gewichtbaren Weise an den bisherigen Geschåftsbetrieb<br />

anknÅpft (BGH v. 7.7.2003 – II ZB 4/02, BGHZ 155, 318). Ab<strong>zu</strong>stellen<br />

ist dabei auf die tatsåchliche wirtschaftliche Tåtigkeit der KÇrperschaft.<br />

118<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 200p–200s § 10a<br />

Indizien fÅr einen Branchenwechsel kÇnnen der Wechsel des Unternehmensgegenstand,<br />

des Kundenstamms oder des BetriebsvermÇgens sein (BFH v.<br />

13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c<br />

KStG Rz. 244).<br />

(ddd) Besonderheiten bei mittelbarem Beteiligungserwerb<br />

Die Sanierungsklausel ist auf Beteiligungserwerbe <strong>zu</strong>m Zwecke der Sanierung<br />

des Geschåftsbetriebs „der KÇrperschaft“ anwendbar. Stellt der unmittelbare<br />

Beteiligungserwerb an der Obergesellschaft <strong>zu</strong>gleich auf der Ebene einer<br />

nachgeordneten Untergesellschaft einen mittelbaren Beteiligungserwerb<br />

dar, ist fraglich, <strong>zu</strong>m Zwecke der Sanierung welcher Gesellschaft der Beteiligungserwerb<br />

<strong>zu</strong> erfolgen hat. In der GesetzesbegrÅndung heißt es einerseits,<br />

dass ein Beteiligungserwerb <strong>zu</strong> Sanierungszwecken auf der Ebene der Obergesellschaft<br />

auch auf den nachgelagerten Stufen den dadurch ausgelÇsten<br />

mittelbaren Beteiligungserwerb begÅnstigt. Andererseits wird ausgefÅhrt,<br />

dass stets auf der Ebene, auf der die Verluste erhalten bleiben sollen, eine Sanierung<br />

erfolgen muss (BT-Drucks. 16/13429, 51).<br />

Mit der Formulierung „der KÇrperschaft“ ist mE diejenige KÇrperschaft gemeint,<br />

deren Verluste nach dem Grundtatbestand des § 8c Abs. 1 KStG untergehen<br />

wÅrden. Daher sind nach dem Gesetzeswortlaut die Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

der Sanierungsklausel tatbestandlich auf Ebene jeder KÇrperschaft <strong>zu</strong> prÅfen,<br />

bei denen ein Verlustuntergang in Frage steht. Danach wåre die Sanierungsklausel<br />

bei einem mittelbaren Beteiligungserwerb beispielsweise nur dann<br />

auf die Untergesellschaft anwendbar ist, wenn der Beteiligungserwerb <strong>zu</strong>m<br />

Zwecke der Sanierung (auch) der Untergesellschaft erfolgt (Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 246 f.; Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 195 ff.; ebenso<br />

OFD MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010,<br />

929, Tz. 8: Vorausset<strong>zu</strong>ng der Sanierungsklausel eigenståndig auf Ebene der<br />

nachgelagerten Kapitalgesellschaft <strong>zu</strong> prÅfen). Eine teleologische Auslegung<br />

spricht jedoch mE dafÅr, dass ein Beteiligungserwerb <strong>zu</strong>m Zwecke der Sanierung<br />

einer Gesellschaft (zB der Obergesellschaft) <strong>zu</strong>mindest dann <strong>zu</strong>r Privilegierung<br />

auch såmtlicher dadurch ausgelÇster Beteiligungserwerbe (zB der<br />

mittelbaren Beteiligungserwerbe an den Untergesellschaften) fÅhrt, wenn lediglich<br />

die in Sanierungsabsicht erworbene Gesellschaft sanierungsbedÅrftig<br />

ist. Sinn und Zweck der Sanierungsklausel ist die BegÅnstigung von Unternehmenssanierungen<br />

bzw. – wie die GesetzesbegrÅndung es formuliert (s.<br />

Anm. 200) – die Belohnung des freiwilligen Engangement des Neugesellschafters.<br />

Dieser Gesetzeszweck ist mE im Wortlaut hinreichend angedeutet<br />

(<strong>zu</strong> diesem Erfordernis einer teleologischen Auslegung s. Anm. 210). Legt man<br />

ihn <strong>zu</strong>grunde, wåre § 8c Abs. 1a Satz 1 KStG mE in diesem Fall so lesen, dass<br />

ein Beteiligungserwerb <strong>zu</strong>m Zwecke der Sanierung „der KÇrperschaft“ fÅr die<br />

Anwendung des Absatzes 1 auch fÅr die hierdurch ausgelÇsten anderen (mittelbaren)<br />

Beteiligungserwerbe unbeachtlich ist (vgl. auch Altrichter-Herzberg,<br />

GmbHR 2009, 466 [469]; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453 [1454]; Ortmann-Babel/Bolik/Gageur,<br />

DStR 2009, 2173 [2177)).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

119<br />

200r<br />

200s


§ 10a Anm. 200t–200v Gewerbeverlust<br />

200t Es lassen sich die folgenden Fallgruppen unterscheiden:<br />

– Ist nur die Obergesellschaft, nicht aber die Untergesellschaft sanierungsbedÅrftig,<br />

fÅhrt ein Erwerb der Anteile an der Obergesellschaft <strong>zu</strong>m Zwecke<br />

deren Sanierung nach dem Gesetzeswortlaut da<strong>zu</strong>, dass die Verlustvortråge<br />

der Untergesellschaft untergehen (ebenso Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8c KStG Rz. 248 mit Kritik de lege ferenda). Eine teleologische Auslegung<br />

spricht jedoch mE fÅr den Erhalt der Verlustvortråge auch der<br />

Untergesellschaft (s. Anm. 200s).<br />

– Gleiches gilt im umgekehrten Fall, wenn die Anteile an der Obergesellschaft<br />

erworben werden, um die Untergesellschaft <strong>zu</strong> sanieren, die Obergesellschaft<br />

jedoch nicht sanierungsbedÅrftig ist. Hier gehen nach dem Gesetzeswortlaut<br />

(nur) die Verlustvortråge der Obergesellschaft unter (aA<br />

Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 249: Untergang der Verlustvortråge<br />

beider Gesellschaften). Bei teleologischer Auslegung fÅhrt eine Sanierung<br />

der Untergesellschaft mE jedoch auch <strong>zu</strong>m Erhalt der Verlustvortråge<br />

der Obergesellschaft (vgl. auch DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG<br />

Rz. 132: Sanierungsklausel ggf. sowohl auf Ober- wie Untergesellschaft anwendbar,<br />

da Erwerb der Anteile an Obergesellschaft bezogen auf beide Gesellschaften<br />

mit Sanierungsabsicht).<br />

– Sind demgegenÅber Ober- und Untergesellschaft sanierungsbedÅrftig,<br />

kann es nach dem Gesetzeswortlaut nur dann <strong>zu</strong>r Erhaltung der Verlustvortråge<br />

beider Gesellschaften kommen, wenn die Åbrigen Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

der Sanierungsklausel auf beiden Ebenen erfÅllt werden (zB indem der<br />

Obergesellschaft durch Einlagen wesentliches BetriebsvermÇgen <strong>zu</strong>gefÅhrt<br />

wird und diese das BetriebsvermÇgen an ihre Tochtergesellschaft weiterreicht,<br />

sog. mittelbare Sanierung, vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c<br />

KStG Rz. 247; weitergehend Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009,<br />

2173 [2178]; vgl. auch Roser, FR 2009, 937 [942]). Dies erscheint mE auch aufgrund<br />

des Sinn und Zwecks der Sanierungsklausel sachgerecht.<br />

200u Das Gesetz sieht keine Ausnahmen fÅr den Fall vor, dass die Obergesellschaft<br />

Organtrågerin der von ihr gehaltenen Gesellschaften ist. Gleichwohl soll nach<br />

Auffassung der OFD MÅnster und Rheinland der gesamte Organkreis als der<br />

<strong>zu</strong> sanierende Geschåftsbetrieb iS des § 8c Abs. 1a KStG an<strong>zu</strong>sehen sein (OFD<br />

MÅnster und Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929,<br />

Tz. 9). Danach wåre das Vorliegen einer Betriebsvereinbarung, die Erhaltung<br />

der Lohnsumme sowie die ZufÅhrung wesentlichen BetriebsvermÇgens mit<br />

Blick auf den Organkreis <strong>zu</strong> prÅfen (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c<br />

KStG Rz. 128b).<br />

200v Ist eine KÇrperschaft an einer Personengesellschaft beteiligt, muss <strong>zu</strong>m Erhalt<br />

der Verlustvortråge der KÇrperschaft nach Auffassung der OFD MÅnster<br />

und Rheinland (v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 10)<br />

nicht nur der Geschåftsbereich der KÇrperschaft selbst, sondern auch der der<br />

Personengesellschaft saniert werden, wenn auch die Personengesellschaft ein<br />

Sanierungsfall ist. Die OFD-VerfÅgung hat offenbar den Fall vor Augen, dass<br />

die KÇrperschaft an einer Verlust-Personengesellschaft beteiligt ist, und es<br />

durch die Ergebnis<strong>zu</strong>rechnung nach §§ 15, 15a EStG <strong>zu</strong> einer Entstehung<br />

120<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 200v–201 § 10a<br />

nicht genutzter Verluste bei der KÇrperschaft gekommen ist. Hier fordern die<br />

OFD offenbar eine Sanierung der Verlustquelle. Dem Gesetzeswortlaut låsst<br />

sich dies jedoch nicht entnehmen. FÅr die hier relevante entsprechende Anwendung<br />

des § 8c KStG auf gewerbesteuerliche Fehlbetråge ist <strong>zu</strong>dem <strong>zu</strong> beachten,<br />

dass die Fehlbetråge solche der Mitunternehmerschaft sind, so dass<br />

die Diskussion fÅr Gewerbesteuerzwecke kaum praktische Relevanz haben<br />

dÅrfte. Zum Erhalt der Fehlbetråge der Mitunternehmerschaft s. Anm. 84c.<br />

(b) Rechtsfolge<br />

Liegen die Vorausset<strong>zu</strong>ngen der Sanierungsklausel vor, ist der Beteiligungserwerb<br />

fÅr die Anwendung des Abs. 1 „unbeachtlich“. Ein solcher Beteiligungserwerb<br />

wird daher bei der PrÅfung, ob die Grenze von 25 % oder 50 %<br />

Åberschritten ist, nicht mitgezåhlt, dh. er fÅhrt auch <strong>zu</strong>sammen mit spåteren<br />

Erwerben, bei denen die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des Sanierungsprivilegs nicht vorliegen,<br />

nicht <strong>zu</strong> einem schådlichen Beteiligungserwerb (OFD MÅnster und<br />

Rheinland v. 30.3.2010 – S 2745 - 1007 - St 131, DStR 2010, 929, Tz. 2; Neumann/Stimpel,<br />

Konzern 2009, 409; MÅckl/Remplik, FR 2009, 689 [690]; Ortmann-Babel/Bolik/Gageur,<br />

DStR 2009, 2173 [2174]; Brendt in Erle/Sauter,<br />

KStG, 3. Aufl. 2010, § 8c Rz. 82; Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 204). Dies ergibt<br />

sich ohne weiteres aus dem Wortlaut, der an einen „Beteiligungserwerb“<br />

anknÅpft, nicht an einen „schådlichen Beteiligungserwerb“ (Sistermann/<br />

Brinkmann, DStR 2009, 1453 [1453 f.]; <strong>zu</strong>r Parallelproblematik im Rahmen der<br />

anders formulierten sog. Konzernklausel vgl. Anm. 184p).<br />

Gemåß § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG idF des JStG 2009 ist § 8 Abs. 4 KStG aF weiter<br />

anwendbar, wenn mehr als die Hålfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft<br />

innerhalb eines Zeitraums von fÅnf Jahren Åbertragen werden, der vor dem<br />

1.1.2008 beginnt, und der Verlust der wirtschaftlichen Identitåt vor dem<br />

1.1.2013 eintritt (s. Anm. 99). Da die Sanierungsklausel des § 8 Abs. 4 Satz 3<br />

KStG (da<strong>zu</strong> Anm. 303 ff.) und die des § 8c Abs. 1a KStG nicht aufeinander abgestimmt<br />

sind (insbesondere hinsichtlich des Merkmals der Ûbersanierung,<br />

vgl. Anm. 200n einerseits und Anm. 314 andererseits), kann die fÅr Zwecke<br />

des § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG erforderliche BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

unter Umstånden einen Verlustuntergang nach § 8 Abs. 4 KStG aF bewirken.<br />

Dies verstÇßt gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit von Gesetzen (s.<br />

da<strong>zu</strong> Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173 [2178]; aA DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 116).<br />

ee) Rechtsfolge<br />

In den Fållen des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG (dh. bei einem Erwerb von mehr als<br />

25% aber nicht mehr als 50 % der maßgebenden Be<strong>zu</strong>gsgrÇße durch einen Erwerberkreis<br />

innerhalb des FÅnf-Jahres-Zeitraums) sind die nicht genutzten<br />

Verluste „insoweit“, dh. quotal entsprechend der HÇhe des schådlichen Beteiligungserwerbs<br />

nicht mehr „abziehbar“. Die Rechtsfolgen knÅpfen an den Erwerb<br />

durch den jeweiligen Erwerberkreis an, so dass zwei getrennte Anwendungsfålle<br />

des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG vorliegen, wenn innerhalb der (jeweili-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

121<br />

200w<br />

200x<br />

201


§ 10a Anm. 201–203 Gewerbeverlust<br />

gen) FÅnf-Jahres-Zeitråume jeweils mehr als 25% der Anteile an zwei Erwerber<br />

Åbertragen werden, die nicht <strong>zu</strong>m gleichen Erwerberkreis gehÇren (vgl.<br />

DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 73).<br />

202 In den Fållen des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG (dh. bei einem Erwerb von mehr als<br />

50 % der maßgebenden Be<strong>zu</strong>gsgrÇße durch einen Erwerberkreis innerhalb<br />

des FÅnf-Jahres-Zeitraums) geht der nicht genutzte Verlust vollståndig unter.<br />

Hiervon sind grundsåtzlich såmtliche Verluste betroffen, die im Wirtschaftsjahr<br />

des Ûberschreitens der 50 %-Grenze bestehen (vgl. das Beispiel in Tz. 30<br />

des BMF, Schr. v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736;<br />

ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 81; Suchanek in HHR, § 8c<br />

KStG Anm. 42; Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 61 ff.; DÇtsch in DÇtsch/Jost/<br />

Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 77; BlÅmich/Brandis, § 8c KStG, Rz. 57; Streck/Olbing,<br />

KStG, 7. Aufl. 2008, § 8c Rz. 68). Im Schrifttum wird demgegenÅber bei<br />

zeitlich gestreckten Erwerben <strong>zu</strong>m Teil die Ansicht vertreten, dass bei Ûberschreiten<br />

der 50 %-Grenze nur derjenige Verlust (rÅckwirkend) untergeht, der<br />

im Zeitpunkt des Ûberschreitens der 25%-Grenze bereits vorhanden war, mit<br />

der Folge, dass die in der Zwischenzeit entstandenen Verluste erhalten bleiben<br />

(Reitsam in Breithecker/FÇrster/FÇrster/Klapdor, UntStRefG, § 8c KStG<br />

Rz. 87 ff.; Zerwas/FrÇhlich, DStR 2007, 1933 [1937]; Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz,<br />

Unternehmensteuerreform 2008, 172 [192 f.]). BegrÅndet wird<br />

diese Ansicht damit, dass Satz 2 von dem „bis <strong>zu</strong>m schådlichen Beteiligungserwerb“<br />

nicht genutzten Verlust spricht und Satz 1 als schådlichen Beteiligungserwerb<br />

das Ûberschreiten der 25%-Grenze definiert.<br />

Beispiel:<br />

Im Jahr 01 werden 26% und im Jahr 03 weitere 25% der Anteile auf einen Erwerber Åbertragen.<br />

Im Jahr 02 und 03 erwirtschaftet die Gesellschaft Verluste. Unstreitig gehen im<br />

Jahr 01 <strong>zu</strong>nåchst 26% der Verluste nach § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG verloren. WÅrde man die<br />

Rechtsfolgen des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG nun zeitlich auf das Ûberschreiten der<br />

25%-Grenze <strong>zu</strong>rÅckbeziehen, ginge im Jahr 03 rÅckwirkend der Verlust des Jahres 01<br />

vollståndig verloren mit der Folge, dass die Veranlagungen der Jahre 02 und 03 nach<br />

§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO <strong>zu</strong> åndern wåre. Allerdings wÅrde § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG<br />

nach dieser Auffassung nicht <strong>zu</strong> einem Untergang der Verluste der Jahre 02 und 03 fÅhren.<br />

203 Der Tatbestand des § 8c Abs. 1 KStG ist erst mit Ûberschreiten der jeweiligen<br />

Schådlichkeitsgrenze erfÅllt. Hinsichtlich des im Zeitpunkt des schådlichen<br />

Beteiligungserwerbs bestehenden Verlustes differenziert das Gesetz nicht danach,<br />

wann dieser entstanden ist. Nach dem Gesetzeswortlaut ist es bei einem<br />

zeitlich gestreckten Erwerb insbesondere nicht erforderlich, dass die <strong>zu</strong> addierenden<br />

Einzelerwerbe <strong>zu</strong> einer Zeit erfolgen, <strong>zu</strong> der die KÇrperschaft nicht genutzte<br />

Verluste aufweist (so auch BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001,<br />

BStBl. I 2008, 736, Tz. 23; vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG<br />

Rz. 77). Dies kann da<strong>zu</strong> fÅhren, dass der gesamte Verlustvortrag untergeht, obwohl<br />

seit dem Jahr der Verlustentstehung nur ein Zwerganteil Åbertragen<br />

wurde (kritisch Lang in Ernst & Young, § 8c Rz. 76; Neyer, BB 2007, 1415<br />

[1419]). Ob eine teleologische Reduktion der Vorschrift mÇglich ist, ist umstritten<br />

(s. Anm. 101; åhnlich DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz. 74,<br />

aA Lang, DStZ 2007, 652 [659]; Altrichter-Herzberg, GmbHR 2010, 799;<br />

GmbHR 2008, 857 [858 ff.]; Benz/Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unterneh-<br />

122<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 203–205 § 10a<br />

mensteuerreform 2008, 172 [188]; Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 21; BlÅmich/Brandis,<br />

§ 8c KStG, Rz. 50). Jedenfalls lassen sich aus dem <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4<br />

KStG 1996 ergangenen BFH-Urteil v. 5.6.2007 (BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06,<br />

BStBl. II 2008, 988; da<strong>zu</strong> Anm. 326), wonach Verluste zwischen AnteilsÅbertragung<br />

und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung nicht vom Ab<strong>zu</strong>gsverbot erfasst sind,<br />

mE keine Folgerungen ableiten. Der BFH begrÅndet seine Auffassung damit,<br />

dass § 8 Abs. 4 KStG 1996 den missbråuchlichen Verlusthandel unterbinden<br />

will. Hiervon kann bei § 8c KStG keine Rede sein (s. Anm. 100).<br />

Beispiel:<br />

Im Jahr 01 kauft ein Erwerber 50 % der Anteile an einer Gesellschaft, bei der keinerlei<br />

Verlustvortråge bestehen. Die Gesellschaft erleidet im Jahr 04 einen Verlust. Im Jahr 05<br />

erwirbt der Anteilseigner einen weiteren (Mini-)Anteil an der Gesellschaft. Das dadurch<br />

ausgelÇste Ûberschreiten der 50 %-Grenze fÅhrt nach dem Gesetzeswortlaut da<strong>zu</strong>, dass<br />

der gesamte Verlust verloren geht, obwohl sich die Beteiligungsverhåltnisse seit Verlustentstehung<br />

nur marginal veråndert haben.<br />

Anders als § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG enthielt § 8c KStG <strong>zu</strong>nåchst keine Sanierungsklausel.<br />

Die GesetzesbegrÅndung (BT-Drucks. 16/4841, 76; BR-Drucks.<br />

204<br />

220/07, 126) sowie das BMF-Schreiben (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S<br />

2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 34) verweisen vielmehr auf den sog.<br />

Sanierungserlass (BMF, Schr. v. 27.3.2003 – IVA 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003,<br />

240; s. da<strong>zu</strong> Anm. 348; <strong>zu</strong>r Vereinbarkeit des Sanierungserlasses mit dem<br />

Grundsatz der Gesetzmåßigkeit der Verwaltung vgl. BFH v. 14.7.2010 –<br />

X R 34/08, FR 2010, 1099 = BeckRS 2010, 24004112). Dies war rechtspolitisch<br />

<strong>zu</strong> kritisieren, <strong>zu</strong>m einen, da der Gesetzgeber die Reparatur des Gesetzes nicht<br />

der Finanzverwaltung Åberlassen sollte, wenn er die LÅckenhaftigkeit seines<br />

Werkes von Anfang an erkennt, <strong>zu</strong>m anderen, da der Sanierungserlass lediglich<br />

solche Gewinne von der Besteuerung verschont, die durch einen Forderungserlass<br />

entstehen. Sonstige Mehrsteuern, die nach dem Gesellschafterwechsel<br />

durch erfolgreiche Sanierungsmaßnahmen entstehen, blieben aufgrund<br />

des Untergangs des Verlustvortrags voll steuerpflichtig. Daher blieb<br />

eine Anwendung des Sanierungserlasses weit hinter der Sanierungsklausel<br />

des § 8 Abs. 4 KStG <strong>zu</strong>rÅck. FÅr Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2007<br />

sieht der durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz eingefÅgte § 8c<br />

Abs. 1a KStG inzwischen eine Sanierungsklausel vor (da<strong>zu</strong> Anm. 200 ff.), die<br />

jedoch nach der Entscheidung der Europåischen Kommission eine un<strong>zu</strong>låssige<br />

Beihilfe darstellt und daher (<strong>zu</strong>mindest bis <strong>zu</strong>r Entscheidung Åber die hiergegen<br />

gerichtete Nichtigkeitsklage) unanwendbar ist (s. Anm. 99, 200).<br />

Nicht erfasst vom Ab<strong>zu</strong>gsverbot des § 8c KStG sind Verluste, die nach dem 205<br />

schådlichen Beteiligungserwerb durch die Wiedereinbuchung einer Forderung<br />

entstehen, die vor dem Beteiligungserwerb gegen Besserungsschein erlassen<br />

wurde (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 82 f.; Pohl, DB 2008,<br />

1531: idR auch kein Missbrauch von GestaltungsmÇglichkeiten). Es ist jedoch<br />

<strong>zu</strong> befÅrchten, dass die Finanzverwaltung an ihrer <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG entwickelten<br />

gegenteiligen Auffassung (vgl. Anm. 301) auch im Anwendungsbereich<br />

des § 8c KStG festhålt, denn die Versagung des Betriebsausgabenab<strong>zu</strong>gs<br />

bei Wiedereinbuchung der Forderung hing nicht mit dem im Rahmen<br />

des § 8 Abs. 4 KStG maßgebenden Tatbestandsmerkmal der ZufÅhrung neuen<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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123


§ 10a Anm. 205–207 Gewerbeverlust<br />

BetriebsvermÇgens <strong>zu</strong>sammen (Neumann/Stimpel, GmbHR 2007, 1194<br />

[1201]; MÇhlenbrock in RÇdder/MÇhlenbrock, Ubg 2008, 595 [606]).<br />

206 Zur DurchfÅhrung und KÅr<strong>zu</strong>ng des Gewerbeertrags bei unterjåhrigem Beteiligungserwerb<br />

s. Anm. 371 ff.<br />

207 Seit dem JStG 2009 sind einer Nut<strong>zu</strong>ng der gemåß § 8c KStG untergehenden<br />

Verluste durch rÅckwirkende Umwandlungsmaßnahmen, deren Umwandlungsstichtag<br />

vor dem schådlichen Beteiligungserwerb liegt, durch § 2 Abs. 4<br />

UmwStG Grenzen gesetzt (da<strong>zu</strong> im einzelnen RÇdder/SchÇnfeld, DStR 2009,<br />

560).<br />

d) Die Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG im Einzelnen<br />

Schrifttum: Singbartl/DÇtsch/Hundt, Die Ønderungen des KStG durch das Steuerreformgesetz<br />

1990 (Teil I), DB 1988, 1767; HÇrger/Kemper, Mantelkauf bei Kapitalgesellschaften,<br />

DStR 1989, 15; HÇrger/Kemper, Mantelkauf bei Kapitalgesellschaften, DStR 1990,<br />

539; Thiel, Mantelkauf oder Sanierung – Zur Auslegung des § 8 Abs. 4 KStG, 1990,<br />

GmbHR 1990, 223; Fichtelmann, Die Bedeutung des § 8 Abs. 4 KStG im Rahmen der Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />

von Gesellschaften mit beschrånkter Haftung, GmbHR 1990, 305; MÅller-<br />

Gatermann, Sanierung und Mantelkauf – ein Widerspruch?, DStR 1991, 597; Roser, Einbeziehung<br />

mittelbarer Ønderungen im Gesellschafterbestand bei der Beurteilung des<br />

Verlustvortrages?, DB 1994, 1213; Rosenbach/Zieren, StrukturÅberlegungen <strong>zu</strong>r Mantelkaufproblematik,<br />

DB 1996, 1643; Orth, Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng der Unternehmenssteuerreform:<br />

Zu den Einschrånkungen der Verlustab<strong>zu</strong>gsberechtigung von Kapitalgesellschaften<br />

durch § 8 Abs. 4 KStG nF und § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG nF, DB 1997, 2242; FÅger/Rieger,<br />

Das Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng der Unternehmenssteuerreform – rÅckwirkende<br />

Ønderungen im EStG, KStG und UmwStG, DStR 1997, 1427; Prinz, Neue Rechtsprechung<br />

<strong>zu</strong>m „Mantelkauf“ – Bedeutung und Gestaltungsaspekte des BFH-Urteils v. 13.8.1997 – I<br />

R - 89/96, DStR 1997, 1963; Kreckl, Verlustab<strong>zu</strong>g im KÇrperschaftsteuerrecht, DStZ 1997,<br />

765; Prinz, Verlustnut<strong>zu</strong>ng bei Verschmel<strong>zu</strong>ng nach dem „Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng der Unternehmenssteuerreform“,<br />

FR 1997, 881; Roser, Ønderung der Verlustvortragsnut<strong>zu</strong>ng im<br />

Rahmen der Unternehmensteuerreform, GmbHR 1997, 886; KÇhler/Kuster, Zur Nut<strong>zu</strong>ng<br />

kÇrperschaftsteuerlicher Verlustvortråge in Organschaftsfållen, BB 1998, 2401; HÇrger/<br />

Endres, Verlustnut<strong>zu</strong>ng beim Mantelkauf, DB 1998, 335; Eilers/Wienands, Konzerninterne<br />

Restrukturierung im Licht des neuen § 8 Abs. 4 KStG, FR 1998, 828; Dieterlen/Schaden,<br />

Die Erweiterung des § 8 Abs. 4 KStG (Mantelkauf) um eine gesetzliche Fiktion des<br />

Verlusts der wirtschaftlichen Identitåt, BB 1998, 820; Breuninger/Frey, Erste Anmerkungen<br />

<strong>zu</strong>m Entwurf des BMF-Schreibens <strong>zu</strong>r Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG nF und § 12<br />

Abs. 3 Satz 2 UmwStG nF, GmbHR 1998, 866; FÅger/Rieger, Der zeitliche Anwendungsbereich<br />

von § 8 Abs. 4 KStG und § 50c Abs. 11 EStG, DStR 1998, 1153; KrÇner, Ûberlegungen<br />

<strong>zu</strong>r Verlustnut<strong>zu</strong>ng vor dem Hintergrund des Erlassentwurfs <strong>zu</strong> §§ 8 Abs. 4 KStG und<br />

12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG, DStR 1998, 1495; Cloppenburg/Strunk, Der Erlassentwurf <strong>zu</strong>r<br />

Verlustnut<strong>zu</strong>ng nach § 8 Abs. 4 KStG sowie § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG – Eine erste kritische<br />

WÅrdigung, BB 1998, 2446; Cloppenburg/Strunk, Erlass <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG und § 12<br />

Abs. 3 Satz 2 UmwStG, BB 1999, 1095; Neumann, Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung beim<br />

Mantelkauf, FR 1999, 682; DÇtsch, KÇrperschaftsteuerlicher Verlustab<strong>zu</strong>g-Anwendung<br />

von § 8 Abs. 4 KStG und § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG – Anmerkungen <strong>zu</strong> dem Anwendungsschreiben<br />

des BMF v. 16.4.1999, DB-Beilage 8/1999; HÅbner/Schaden, Die formelle<br />

Verfassungswidrigkeit der §§ 8 Abs. 4 KStG und 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG sowie einiger<br />

anderer Normen – Oder: Warum der Gesetzgeber nicht so hektisch sein sollte, DStR 1999,<br />

2093; Roser, HeilungsmÇglichkeiten beim Mantelkauf, GmbHR 1999, 27; Witt/Kahl, Verschårfte<br />

Regelung <strong>zu</strong>r Verlustnut<strong>zu</strong>ng beim Mantelkauf (§ 8 Abs. 4 KStG), GmbHR 1999,<br />

511; HÇrger/Endres, KÇrperschaftsteuerlicher Verlustab<strong>zu</strong>g, GmbHR 1999, 569; DÅll/<br />

Fuhrmann, Erwerb der Anteile einer Kapitalgesellschaft und anschließende Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />

auf die Muttergesellschaft – das Zusammenspiel von § 8 Abs. 4 KStG und §12 Abs. 3<br />

124<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 207 § 10a<br />

Satz 2 UmwStG, DStR 2000, 1166; Dieterlen/Strnad, §8 Abs. 4 KStG – VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

Åber Tochtergesellschaften nach dem BMF-Schreiben vom 16.04.1999, GmbHR<br />

2000, 260; Neyer, Verlustnut<strong>zu</strong>ng nach Identitåtswechsel, BB 2001, 173; Heßler/Mosebach,<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g bei Start-up-Unternehmen, DStR 2001, 813; Kraft, § 8 Abs. 4 KStG –<br />

Totengråber zahlreicher „dot.coms“ ?, DB 2001, 112; KÇhler, Erwiderung und Replik <strong>zu</strong><br />

dem Beitrag von Kraft, DB 2001, 112: § 8 Abs. 4 KStG – Totengråber zahlreicher<br />

„dot.coms“?, DB 2001, 1057; -sch, Wirtschaftliche Identitåt beim sog. Mantelkauf iS<br />

von§ 8 Abs. 4 KStG – Anmerkung <strong>zu</strong> BFH, Urteil v. 8.8.2001 – I R 29/00, DStR 2001, 1976;<br />

Herzberg, Ausgewåhlte Fragen <strong>zu</strong>r Einschrånkung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng nach § 8 Abs. 4<br />

KStG, DStR 2001, 553; RÇdder/Metzner, Verlustverbrauchsfolge bei Anwendung des § 8<br />

Abs. 4 KStG auf Altfålle, DStR 2001, 560; Janssen, Die Behandlung des Mantelkaufs nach<br />

§ 8 Abs. 4 KStG – eine Fallstudie unter besonderer BerÅcksichtigung eines Branchenwechsels,<br />

DStR 2001, 837; Roser, Weitere Unklarheiten beim Mantelkauf, GmbHR 2001,<br />

1153; Frotscher, Zur „ZufÅhrung neuen BetriebsvermÇgens“ nach § 8 Abs. 4 KStG – Anmerkungen<br />

<strong>zu</strong>m BFH-Urteil vom 8.8.2001 – I R 29/00, DStR 2002, 10; Herzberg, Der Begriff<br />

des BetriebsvermÇgens iS des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG, DStR 2002, 1290; Frey/Weißgerber,<br />

Die neue Gegenståndlichkeit des BFH bei der Verlustnut<strong>zu</strong>ng, GmbHR 2002, 135;<br />

Biermann/Rau, VergleichsgrÇßen bei der ZufÅhrung neuen BetriebsvermÇgens nach § 8<br />

Abs. 4 KStG, GmbHR 2002, 509; Neumann, Einschrånkung des Verlustab<strong>zu</strong>gs bei Kapitalgesellschaften<br />

nach § 8 Abs. 4 KStG, § 12 Abs. 3 UmwStG und § 15 Abs. 4 UmwStG,<br />

StB 2002, 246, 292; Siegels/Krauß, Verlustab<strong>zu</strong>g bei sukzessiver und mehrfacher Ûbertragung<br />

von Geschåftsanteilen?, GmbHR 2002, 828; Neyer, Die gegenståndliche Betrachtungsweise<br />

bei PrÅfung der wirtschaftlichen Identitåt gemåß § 8 Abs. 4 KStG, BB 2002,<br />

754; Neyer, Verlustab<strong>zu</strong>g nach AnteilsÅbertragung im Konzern, BB 2003, 73; RÇdder,§8<br />

Abs. 4 KStG ist gescheitert – grundlegende Ønderungen sind unabdingbar, StbJb.<br />

2002/2003, 307; Berg/Schmich, Die Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG bei AnteilsÅbertragungen<br />

im Konzern im Licht derjÅngsten Rechtsprechung, DB2003, 1291; Winter, Ab<strong>zu</strong>g<br />

von GmbH-Verlusten im Zusammenhang mit Gesellschafterwechsel und Verschmel<strong>zu</strong>ng,<br />

GmbHR 2003, 318; KÇhler, § 8 Abs. 4 KStG: Verlust der wirtschaftlichen Identitåt<br />

nur bei Åberwiegender ZufÅhrung von „neuem“ BetriebsvermÇgen, DStR 2003, 1011;<br />

Gosch, Neue Antworten und LÇsungsansåtze des BFH <strong>zu</strong> den Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkungen<br />

des § 8 Abs. 4 KStG – Anmerkungen <strong>zu</strong>m BFH-Urteil v. 20.8.2003 – I R 61/01,<br />

DStR 2003, 1917; Herzig/Wagner, Einschrånkung der VerlustberÅcksichtigung bei Kapitalgesellschaften,<br />

DStR 2003, 225; Neyer, Direkter und indirekter Gesellschafterwechsel,<br />

BB 2004, 2379; Neu/Watermeyer, Steuerlicher Handlungsbedarf <strong>zu</strong>m Jahreswechsel<br />

2004/2005 (Teil II), DStR 2004, 2128; Bacmeister, Verlust der wirtschaftlichen Identitåt<br />

und Bestandskraft der Verlustfeststellung, DStR 2004, 841; DÅll/Fuhrmann/Eberhard,<br />

Aktuelles Beratungs-Know-how mittelståndische Kapitalgesellschaften, DStR 2004, 844;<br />

Neu, Wirtschaftliche Identitåt und Verlustverrechnung, EFG 2004, 1398; Orth, Zur „wirtschaftlichen<br />

Identitåt“ einer Kapitalgesellschaft iS des § 8 Abs. 4 KStG, FR 2004, 613;<br />

Bock, Telos und Tatbestand des § 8 Abs. 4 KStG – Ist die Vorschrift wirklich gescheitert?,<br />

GmbHR 2004, 221; Lehner (Hrsg.), Verluste im nationalen und Internationalen Steuerrecht,<br />

2004; Hans, Verhindert § 8 Abs. 4 KStG die BerÅcksichtigung von Verlustvortrågen<br />

einer Åbertragenden KÇrperschaft bei der aufnehmenden KÇrperschaft nach einer Verschmel<strong>zu</strong>ng?,<br />

FR 2005, 907; DÇtsch, Ab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung fÅr kÇrperschaftsteuerliche<br />

und gewerbesteuerliche VerlustabzÅge nach § 8 Abs. 4 KStG iVm § 10a GewStG, FS<br />

Wassermeyer, 2005, 113; Lenz/Behnes, VermÇgensumschichtungen als ZufÅhrung neuen<br />

BetriebsvermÇgens iS des § 8 Abs. 4 KStG, BB 2005, 2219; Kluger/LÇhr, Internationaler<br />

Mantelkauf, DB 2005, 791; Kaeser, Der „Mantelkauf“ – ein Fall fÅr die Altkleidersammlung?,<br />

DStR 2005, 349; Grube/Altrichter-Herzberg, Aktuelles im Bereich von steuerlichen<br />

Verlustvortrågen bei KÇrperschaften im Zusammenhang mit § 8 Abs. 4 KStG, GmbHR<br />

2005, 284; LÅttge/Kuck, Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung nach § 8 Abs. 4 KStG in Verschmel<strong>zu</strong>ngsfållen<br />

mit anschließendem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 2 WpÛG?, DStR 2006,<br />

925; Engers, Schådlicher Gesellschafterwechsel iS von § 8 Abs. 4 KStG beim Zusammentreffen<br />

von kapitalveråndernden Maßnahmen und AnteilsÅbertragungen, BB 2006, 743;<br />

Stahlschmidt, Die wirtschaftliche Identitåt beim Verlustab<strong>zu</strong>g der Kapitalgesellschaft<br />

nach § 8 Abs. 4 KStG, BB 2006, 913; Krupske, Úffnung statt Sperre? Auf der Suche nach<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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125


§ 10a Anm. 208–209 Gewerbeverlust<br />

einer AlternativlÇsung <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG, GmbHR 2006, 741; Biermann/Wacke, Verlust<br />

der wirtschaftlichen Identitåt gem. § 8 Abs. 4 KStG im Rahmen der beschrånkten Steuerpflicht,<br />

GmbHR 2007, 129; Rombey/Imschweiler, Erwerb von Beteiligungen durch Verlustgesellschaften<br />

– Grenzen des § 8 Abs. 4 KStG und Plådoyer fÅr eine Neuregelung,<br />

DStR 2007, 321; Neu/MÅller, Update <strong>zu</strong> ausgewåhlten Fragen der nationalen und internationalen<br />

Verlustnut<strong>zu</strong>ng, GmbH-StB 2007, 11; Korn, Steuerliche Charakterisierung von<br />

RÅckflÅssen aus Besserungsscheinen und Ûbertragung des Geschåftsanteils, GmbHR<br />

2007, 624; Sauerland, KÇrperschaftsteuerlicher Verlustab<strong>zu</strong>g bei Verlustentstehung zwischen<br />

Anteilseignerwechsel und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung, DStZ 2007, 461; Breuninger/Frey/Schade,<br />

Erwerb neuen BetriebsvermÇgens bei innenfinanzierten Anschaffungen<br />

und Branchenwechsel, GmbHR 2007, 1163; Tiedchen, Das Merkmal der „ZufÅhrung<br />

neuen BetriebsvermÇgens“ in § 8 Abs. 4 KStG, FR 2008, 201; Prokscha, Aktuelle Rechtsprechung<br />

<strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG, BB 2008, 310; Fey/Neyer, Kriterien der schådlichen BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

gemåß § 8 Abs. 4 KStG auch nach der Unternehmensteuerreform<br />

<strong>zu</strong> beachten – Bestandsaufnahme nach den BFH-Urteilen vom 5.6.2007 – I R 106/05<br />

und I R 9/06, GmbHR 2008, 693; DÇrr, Mantelkaufregelung 1997 <strong>zu</strong>m Teil verfassungswidrig,<br />

NWB 2009, 692.<br />

Verwaltungsanweisung: BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999,<br />

455.<br />

aa) Gesetzeszweck/Grenzen der teleologischen Auslegung<br />

208 Der Gesetzeszweck des § 8 Abs. 4 KStG ist in der Literatur umstritten. Ûberwiegend<br />

wird die Vorschrift als spezielle Missbrauchsvorschrift angesehen:<br />

Es soll verhindert werden, dass neuen Anteilseignern die MÇglichkeit verschafft<br />

wird, einer Verlustkapitalgesellschaft durch gestalterische Nut<strong>zu</strong>ng ertragbringendes<br />

BetriebsvermÇgen <strong>zu</strong><strong>zu</strong>fÅhren und dadurch eine Besteuerung<br />

der Ertråge des <strong>zu</strong>gefÅhrten BetriebsvermÇgens <strong>zu</strong> umgehen (KrÇner, DStR<br />

1998, 1495 [1496]; Bock, GmbHR 2004, 221 [225]; vgl. auch Cloppenburg/<br />

Strunk, BB 1998, 2446 [2447]; Neyer, BB 2004, 2379 [2380 f.]; Kaeser, DStR<br />

2005, 349 [351]; Simon in Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht, § 13 Rz. 18;<br />

Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 403, 413; Brendt in Erle/Sauter, KStG,<br />

3. Aufl. 2010, § 8 Abs. 4 KStG aF/Anh § 8c KStG Rz. 10). Andere interpretieren<br />

die Norm als ein <strong>zu</strong>såtzliches Tatbestandsmerkmal fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g von<br />

KÇrperschaften mit der Folge, dass die wirtschaftliche Identitåt im KÇrperschaftsteuerrecht<br />

mit der Unternehmensidentitåt im Gewerbesteuerrecht korrespondiert<br />

(grundlegend Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 182a; <strong>zu</strong>stimmend<br />

Gosch, DStR 2003, 1917 [1918]; DÇtsch in FS Wassermeyer, 113<br />

[118 f.]; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 25).<br />

209 Nach Auffassung des BFH (vgl. BFH v. 20.8.2003 – I R 61/01 und I R 81/02,<br />

BStBl. II 2004, 616 und 614; jeweils noch <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG aF) ist es in erster<br />

Linie Ziel des § 8 Abs. 4 KStG, den Handel mit GmbH-Månteln und vortragsfåhigen<br />

Verlusten <strong>zu</strong> unterbinden. Aus diesem Grund stelle das Gesetz auch<br />

auf Ønderungen der Beteiligungsverhåltnisse an der KÇrperschaft ab und verlasse<br />

damit den PersÇnlichkeitsbereich der KÇrperschaft, obgleich sich die<br />

wirtschaftliche Identitåt einer KÇrperschaft als Rechtsperson „in erster Linie<br />

durch ihren Unternehmensgegenstand und ihr verfÅgbares BetriebsvermÇgen,<br />

nicht durch ihre Gesellschafter“ bestimmt (BFH aaO). Auch wenn der<br />

BFH als Regelungsziel die Unterbindung des Handels mit Verlustvortrågen<br />

126<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 209–210 § 10a<br />

ansieht, lehnte er in seinen Urteilen vom 20.8.2003 eine an diesem Regelungsziel<br />

orientierte Auslegung ab, soweit dem der Wortlaut der Norm entgegensteht:<br />

So sei die Forderung nach wirtschaftlicher Identitåt zwar „in gewisser<br />

Weise Ausdruck der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, dies jedoch verknÅpft<br />

mit bestimmten tatbestandlichen (formalen) Vorgaben“. Daher erkennt<br />

der BFH Úffnungs- oder Konzernklauseln nicht an und hålt es fÅr unbeachtlich,<br />

aus welchem Grund die AnteilsÅbertragung erfolgt:<br />

„Wåre es der Wille des Gesetzgebers gewesen, derartige Ûberlegungen und Absichten<br />

fÅr den Verlust der wirtschaftlichen Identitåt iS des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1991 als bedeutsam<br />

an<strong>zu</strong>sehen, håtte er dies im Gesetz <strong>zu</strong>m Ausdruck bringen mÅssen. Das ist jedoch<br />

– <strong>zu</strong>gunsten wie <strong>zu</strong>ungunsten der betreffenden KÇrperschaft und ihrer Anteilseigner<br />

– unterblieben, ebenso wie es hiernach nicht darauf ankommt, ob die an den Transaktionen<br />

Beteiligten subjektiv tatsåchlich mit Verlusten ,handeln’ wollen. Das Gesetz bietet<br />

deshalb auch keine Handhabe fÅr eine auf derartige ,Handelssachverhalte’<br />

teleologisch eingeschrånkte Auslegung der Regelungsvorausset<strong>zu</strong>ngen.“ (BFH v.<br />

20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 614).<br />

Aus dieser Ausblendung der Motive der Beteiligten wurde mE <strong>zu</strong>treffend abgeleitet,<br />

dass der BFH § 8 Abs. 4 KStG in den zitierten Entscheidungen nicht<br />

als Missbrauchsvorschrift ansah (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG<br />

Rz. 182a; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 25) bzw. aus einem<br />

etwaigen Missbrauchscharakter keine Folgerungen fÅr die Auslegung<br />

der Norm ableitete. Vor dem Hintergrund der AusfÅhrungen des BFH im Urteil<br />

v. 14.3.2006 (BGH v. 14.3.2006 – I R 8/05, BStBl. II 2007, 602 = BB 2006, 1426 m.<br />

Anm. Behrens) muss dieser Befund aber korrigiert werden. Denn nach Auffassung<br />

des BFH begrenze die Vorschrift den Verlustab<strong>zu</strong>g „letztlich, um missbråuchlichen<br />

Gestaltungen vor<strong>zu</strong>beugen; dass die Regelungsfolgen darÅber<br />

hinausgehen und allgemein wirken, widerspricht dem nicht“ (s. Anm. 210;<br />

ebenso BFH v. 28.5.2008 – I R 87/07, DStR 2008, 2107; v. 24.11.2009 – I R 56/09,<br />

GmbHR 2010, 654; v. 1.7.2009 – I R 101/08, BFH/NV 2009, 1838: vor allem Unterbindung<br />

des Handels mit vortragsfåhigen Verlusten; s. auch BFH v.<br />

12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494: Missbrauchsvermeidungszweck). Allerdings<br />

soll dieser Missbrauch – entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung<br />

(s. Anm. 208) – nicht darin liegen, dass Ertrags- und damit Verlustverrechnungspotential<br />

in die Gesellschaft verlagert wird. Vielmehr sollen Åber<br />

das Tatbestandsmerkmal des neuen BetriebsvermÇgens nach dem Urteil des<br />

BFH v. 5.6.2007 (I R 106/07, DStR 2007, 1765 = BB 2007, 2218 m. Anm. Behrens;<br />

ebenso BFH v. 29.4.2008 – I R 91/05, BFH/NV 2008, 1965 = GmbHR 2008, 1225<br />

m. Anm. Bock; vgl. auch BFH v. 24.11.2009 – I R 56/09, GmbHR 2010, 654) „jegliche<br />

Ønderungen der Struktur, Zusammenset<strong>zu</strong>ng und wirtschaftlichen Bedeutung<br />

des BetriebsvermÇgens erfasst werden [...], die deswegen fÅr den Verlust<br />

der wirtschaftlichen Identitåt heran<strong>zu</strong>ziehen sind, da sie typischerweise<br />

darauf schließen lassen, dass bei der AnteilsÅbertragung letztlich nicht der Geschåftsbetrieb<br />

in seiner bisherigen Form erworben werden sollte“ (BFH aaO).<br />

Die AusfÅhrungen des BFH insbesondere in seinen Urteilen vom 20.8.2003 210<br />

(BFH v. 20.8.2003 – I R 61/01 und I R 81/02, BStBl. II 2004, 616 und 614) verdeutlichen<br />

mE die Grenzen einer teleologischen Auslegung des § 8 Abs. 4 KStG:<br />

FÅr die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in dieser <strong>zu</strong>m Ausdruck<br />

kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, so wie er sich<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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127


§ 10a Anm. 210–211 Gewerbeverlust<br />

aus dem Wortlaut des Gesetzes und dem Sinn<strong>zu</strong>sammenhang ergibt. Die Entstehungsgeschichte<br />

einer Vorschrift ist fÅr die Auslegung nur insofern bedeutsam,<br />

als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsåtzen ermittelten<br />

Auslegung beståtigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg<br />

nicht ausgeråumt werden kÇnnen. Der Wille des Gesetzgebers kann bei der<br />

Auslegung nur insoweit berÅcksichtigt werden, als er im Gesetz selbst einen<br />

hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (vgl. BVerfG v. 16.12.1981 – 1<br />

BvR 898/79 ua., BVerfGE 59, 128 [153] mwN). Auch wenn mit der EinfÅhrung<br />

des § 8 Abs. 4 KStG ursprÅnglich das Ziel verfolgt wurde, die Mantelkauf-<br />

Rechtsprechung <strong>zu</strong> kodifizieren, um einen vom Gesetzgeber als missbråuchlich<br />

angesehenen Handel mit Verlustvortrågen <strong>zu</strong> unterbinden, geht § 8 Abs. 4<br />

KStG nach seiner Verschårfung durch das Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng der Unternehmenssteuerreform<br />

weit darÅber hinaus. Die Vorschrift erfasst nunmehr<br />

auch operativ tåtige Verlustunternehmen und differenziert nicht, ob die Anteile<br />

auf einen oder mehrere Erwerber Åbertragen werden, ob der Anteilserwerb<br />

<strong>zu</strong> einer (vorher nicht bestehenden, qualifizierten) EinflussnahmemÇglichkeit<br />

des Erwerber auf die Gesellschaft fÅhrt, aus welchen GrÅnden die Anteils-<br />

Åbertragung erfolgt, ob ein Entgelt gezahlt wird oder – abgesehen vom Sanierungsfall<br />

– warum die Kapitalgesellschaft ihren Geschåftsbetrieb mit Åberwiegend<br />

neuem BetriebsvermÇgen fortfÅhrt. Der objektivierte Wille des Gesetzgebers<br />

liegt daher nicht (mehr) in der Kodifizierung der Mantelkauf-Rechtsprechung,<br />

so dass der (heutige) objektive Regelungszweck des § 8 Abs. 4<br />

KStG unklar ist (vgl. nur RÇdder, StbJb. 2002/2003, 307 mwN; Gosch, DStR<br />

2003, 1917 [1919]: Missbrauchsvermeidungszweck „nur noch in Spurenelementen<br />

latent vorhanden“; Lenz/Behnes, BB 2005, 2219 [2221]; vgl. aber auch<br />

BFH v. 14.3.2006 – I R 8/05, DStR 2006, 1076 sowie da<strong>zu</strong> Anm. 209 aE). Daher<br />

ist mE eine Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 4 KStG „im<br />

Lichte der Mantelkauf-Rechtsprechung“ weder <strong>zu</strong>gunsten noch <strong>zu</strong>ungunsten<br />

des Steuerpflichtigen mÇglich (aA beispielsweise Neyer, BB 2001, 173). Vor<br />

diesem Hintergrund ist der in den Urteilen v. 20.8.2003 (I R 61/01 und I R 81/02,<br />

BStBl. II 2004, 616 [614]) <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG aF entwickelte positivistische Ansatz<br />

des BFH, den Regelungsanlass nur <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, soweit er im Gesetzeswortlaut<br />

hinreichend <strong>zu</strong>m Ausdruck kommt, dogmatisch nicht angreifbar.<br />

Soweit das vom Wortlaut vorgezeichnete Auslegungsergebnis als sachwidrig<br />

empfunden wird, ist der Gesetzgeber aufgerufen, seinen Willen eindeutig<br />

<strong>zu</strong> formulieren (vgl. auch Gosch, DStR 2003, 1917 [1918]: Es kann nicht<br />

Sache der Rechtsprechung sein, jegliche Normdefizite und -schieflagen in Eigenregie<br />

und extra legem aus<strong>zu</strong>merzen).<br />

bb) Verfassungsrechtliche Aspekte<br />

211 Nach Ûberzeugung des BFH (BFH v. 22.8.2006 – I R 25/06, BFH/NV2006, 2376<br />

= FR 2007, 39 m. Anm. Pezzer und Hans = GmbHR 2006, 1277 m. Anm. Bock)<br />

verstÇßt die Neuregelung des § 8 Abs. 4 KStG durch das Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng<br />

der Unternehmenssteuerreform gegen das Demokratieprinzip in Gestalt<br />

des Parlamentsvorbehalts (Art. 20 Abs. 3, 76 Abs. 1 GG), weil die Ønderung<br />

auf einen Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses <strong>zu</strong>rÅck<strong>zu</strong>fÅhren<br />

ist, der den Rahmen des vom Bundestag beschlossenen Anrufungsbegehrens<br />

128<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 211–214 § 10a<br />

und des ihm <strong>zu</strong>grunde liegenden Gesetzgebungsverfahrens Åberschritten<br />

hat. Die Rechtslage deckt sich nach Auffassung des BFH insofern uneingeschrånkt<br />

mit jener betreffend die ebenfalls durch das Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng<br />

der Unternehmenssteuerreform erfolgte Streichung des § 12 Abs. 2 Satz 4<br />

UmwStG aF (s. den Normenkontrollantrag in BFH v. 18.7.2001 – I R 38/99,<br />

BStBl. II 2002, 27). Hinsichtlich § 12 Abs. 2 UmwStG aF hat das BVerfG im Urteil<br />

v. 15.1.2008 (BVerfG v. 15.1.2008 – 2 BvL 12/01, DStR 2008, 556) die vom<br />

BFH in seinem Normenkontrollantrag vertretenen Rechtsauffassung geteilt,<br />

dass die Streichung des § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG aF wegen Verstoßes gegen<br />

das Demokratieprinzip in Gestalt des Parlamentsvorbehalts mit dem GG unvereinbar<br />

ist. Das BVerfG hielt die Regelung jedoch trotz des festgestellten<br />

Verfassungsverstoßes fÅr gÅltig, weil es an der nÇtigen Evidenz des Verfassungsverstoßes<br />

fehlte. Obgleich das Urteil § 12 Abs. 2 UmwStG aF betrifft,<br />

sieht sich der BFH aufgrund der identischen verfassungsrechtlichen Rechtsfrage<br />

auch fÅr die parallele Regelungslage nach § 8 Abs. 4 KStG an die Entscheidung<br />

des BVerfG gebunden (s. BFH v. 29.4.2008 – I R 91/05, BFH/NV<br />

2008, 1965 = GmbHR 2008, 1225 m. Anm. Bock; v. 27.8.2008 – I R 78/01, DStR<br />

2009, 158).<br />

Im Schrifttum werden darÅber hinaus Bedenken an der materiellen Verfassungsmåßigkeit<br />

des § 8 Abs. 4 KStG wegen einer inhaltlichen Unbestimmtheit<br />

der verwandten Rechtsbegriffe geåußert (vgl. Orth, FR 2004, 613 [619]).<br />

Die in Anm. 97 dargestellte Auffassung der Finanzverwaltung und des BFH<br />

<strong>zu</strong>m zeitlichen Anwendungsbereich der durch das Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng der<br />

Unternehmenssteuerreform verschårften Fassung des § 8 Abs. 4 KStG fÅhrt <strong>zu</strong><br />

einer Ungleichbehandlung von KÇrperschaften, die ihre wirtschaftliche Identitåt<br />

– gemessen an § 8 Abs. 4 KStG nF – erstmals im Kalenderjahr 1997 bis <strong>zu</strong>m<br />

6. August verloren haben (Verlustab<strong>zu</strong>g im EZ 1997 noch mÇglich), und solchen,<br />

die ihre Identitåt nach denselben Maßståben bereits in den Vorjahren<br />

verloren hatten (kein Verlustab<strong>zu</strong>g mehr mÇglich). Hierin sieht der BFH einen<br />

Verstoß gegen Art. 3 GG und hat die Frage dem BVerfG <strong>zu</strong>r Entscheidung vorgelegt<br />

(BFH v. 8.10.2008 – I R 95/04, DStR 2009, 161 = GmbHR 2009, 263 m.<br />

Anm. Bock). DemgegenÅber stellt die Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG keinen<br />

Verstoß gegen das RÅckwirkungsverbot dar (vgl. BFH v. 27.8.2008 – I R 78/01,<br />

DStR 2009, 158 = GmbHR 2009, 267 m. Anm. Bock; FG KÇln v. 8.2.2001 – 13 K<br />

6016/00, EFG 2001, 991 – Rev. I R 53/01; vgl. <strong>zu</strong>r Anwendbarkeit des § 8 Abs. 4<br />

KStG idF des Steuerreformgesetz 1990 BFH v. 11.2.1998 – I R 81/97, BStBl. II<br />

1998, 485).<br />

212<br />

213<br />

cc) Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

Der Begriff der wirtschaftlichen Identitåt ist nicht definiert. Der sog. Hauptanwendungsfall<br />

des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG bestimmt lediglich, dass wirtschaftliche<br />

Identitåt insbesondere dann nicht vorliegt, wenn mehr als 50 % der<br />

Anteile an der Kapitalgesellschaft Åbertragen werden und die Kapitalgesellschaft<br />

ihren Geschåftsbetrieb mit Åberwiegend neuem BetriebsvermÇgen fortfÅhrt<br />

oder wieder aufnimmt (s. Anm. 215 ff.). Die wirtschaftliche Identitåt kann<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

129<br />

214


§ 10a Anm. 214–218 Gewerbeverlust<br />

aber auch in anderen, nicht von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG erfassten Sachverhalten<br />

fehlen (s. Anm. 281 ff.).<br />

215<br />

(1) Hauptanwendungsfall des Verlusts der wirtschaftlichen Identitåt, § 8<br />

Abs. 4 Satz 2 KStG<br />

Der Hauptanwendungsfall des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG ist nur auf Kapitalgesellschaften<br />

anwendbar (vgl. BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829).<br />

Sind bei anderen KÇrperschaften die weiteren Vorausset<strong>zu</strong>ngen des Satz 2 erfÅllt,<br />

ist die Generalklausel des Satzes 1 einschlågig (s. Anm. 281).<br />

§ 8 Abs. 4 Satz 2 KStG erfordert eine Ûbertragung von mehr als 50 % der Anteile<br />

an der Kapitalgesellschaft (s. Anm. 216 ff.) und die FortfÅhrung oder Wiederaufnahme<br />

des Geschåftsbetriebs der Kapitalgesellschaft mit Åberwiegend<br />

neuem BetriebsvermÇgen (s. Anm. 236 ff.). DarÅber hinaus muss zwischen<br />

AnteilsÅbertragung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung ein sachlicher und<br />

zeitlicher Zusammenhang bestehen (s. Anm. 277 ff.).<br />

(a) Ûbertragung von mehr als 50 % der Anteile<br />

(aa) Anteilsbegriff<br />

216 Der Hauptanwendungsfall setzt voraus, dass „mehr als die Hålfte der Anteile“<br />

Åbertragen werden. Anteile an der Kapitalgesellschaft sind nach hM nur solche,<br />

die eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung am Nennkapital der Gesellschaft<br />

vermitteln (Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 445; Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8 KStG Rz. 185; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1262;<br />

Gosch/Roser, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8 KStG Rz. 1413; BlÅmich/Rengers, §8<br />

KStG Rz. 930). Da<strong>zu</strong> gehÇren Aktien bei der AG bzw. KGaA sowie Geschåftsanteile<br />

bei der GmbH.<br />

217 Die von der weiteren Legaldefinition des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG grundsåtzlich<br />

ebenfalls umfassten Genussscheine oder åhnlichen Beteiligungen und Anwartschaften<br />

(insbesondere Be<strong>zu</strong>gsrechte) auf solche Beteiligungen, unterfallen<br />

nach hM nicht dem Anteilsbegriff des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG, da sie gesellschaftsrechtlich<br />

kein Nennkapital darstellen (Schloßmacher in HHR, § 8 KStG<br />

Anm. 445; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185; Lang in Ernst &<br />

Young, § 8 KStG Rz. 1262.1; aA DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4<br />

KStG Rz. 49, 51; vgl. auch MÅller-Gatermann, DStR 1991, 597 [600]). Aus dem<br />

gleichen Grund ist die Beteiligung des persÇnlich haftenden Gesellschafters<br />

an einer KGaA fÅr § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG nicht relevant (Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8 KStG Rz. 185; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG<br />

Rz. 53; aA Brendt in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 8 Abs. 4 KStG aF/Anh<br />

§ 8c KStG Rz. 45).<br />

218 Anteile an der Kapitalgesellschaft sind nach den Entscheidungen des BFH v.<br />

20.8.2003 (I R 61/01und I R 81/02, BStBl. II 2004, 616 [614]) nur unmittelbare<br />

Beteiligungen (<strong>zu</strong>stimmend Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1291.0.1).<br />

Mittelbare AnteilsÅbertragungen, dh. die Ûbertragung von Anteilen an der<br />

(Groß-)Muttergesellschaft der Verlustgesellschaft, unterfallen weder dem Re-<br />

130<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 218–221 § 10a<br />

gelbeispiel des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG noch sind sie mit diesem wirtschaftlich<br />

vergleichbar (s. Anm. 285 f.). Eine Gleichstellung von unmittelbaren und mittelbaren<br />

Beteiligungen kommt nach Ansicht des BFH nicht Betracht, da es<br />

hier<strong>zu</strong> einer ausdrÅcklichen gesetzlichen Regelung bedurft håtte und auch<br />

der Gesetzeszweck eine solche Einbeziehung nicht gebietet. Die Finanzverwaltung<br />

hat die Entscheidungen im BStBl. verÇffentlicht; Tz. 28 des BMF-<br />

Schreibens v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 ist insoweit<br />

Åberholt (OFD MÅnchen v. 21.10.2004 – S 2745 - 17 St 42, DStR 2005, 380).<br />

(bb) Ûbertragung von Anteilen<br />

Eine AnteilsÅbertragung liegt bei jedem entgeltlichen oder unentgeltlichen 219<br />

rechtsgeschåftlichen Ûbergang von Anteilen vor (vgl. BMF, Schr. v. 16.4.1999 –<br />

IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 3). AnteilsÅbergånge durch Erbfall<br />

einschließlich der Erbauseinanderset<strong>zu</strong>ng sind von § 8 Abs. 4 KStG nicht erfasst.<br />

Hingegen ist § 8 Abs. 4 KStG bei Ûbertragungen im Wege der vorweggenommenen<br />

Erbfolge uneingeschrånkt anwendbar (BMF, Schr. v. 16.4.1999,<br />

aaO, Tz. 4; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 186; DÇtsch in DÇtsch/<br />

Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 50; aA Schloßmacher in HHR, § 8 KStG<br />

Anm. 446; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1263.1).<br />

Zum Ûbergang von Anteilen durch gesellschafts- oder umwandlungsrechtliche<br />

Maßnahmen s. Anm. 287 ff.<br />

Der Erwerb eigener Anteile durch die Kapitalgesellschaft erfÅllt nicht den Tatbestand<br />

des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG. Da eigene Anteile bei der Bestimmung der<br />

220<br />

Beteiligungsquoten außer Betracht bleiben (s. Anm. 230), ist es allerdings<br />

denkbar, dass sich die von einem Dritten ohne Ûberschreiten der 50 %-Grenze<br />

erworbene Beteiligung an der Gesellschaft auf Åber 50 % erhÇht. Dieser Vorgang<br />

fållt grundsåtzlich nicht unter § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG. Im Schrifttum wird<br />

allerdings die Generalklausel des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG bejaht, wenn der Erwerb<br />

der eigenen Anteile wirtschaftlich mit dem vorangegangenen Anteilserwerb<br />

<strong>zu</strong>sammenhångt (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185).<br />

Der BFH beurteilt das Vorliegen einer AnteilsÅbertragung formal anhand einer<br />

zivilrechtlichen Betrachtungsweise (BFH v. 20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II<br />

221<br />

2004, 614; v. 27.8.2008 – I R 78/01, DStR 2009, 158). Daher soll eine AnteilsÅbertragung<br />

grundsåtzlich auch dann vorliegen, wenn die Anteile zivilrechtlich<br />

auf eine Personengesellschaft Åbergehen. Nach Auffassung des BFH ist es in<br />

diesem Zusammenhang unbeachtlich, „dass die Personengesellschaft aus ertragsteuerlicher<br />

Sicht als ,transparent’ behandelt wird und die Beteiligung an<br />

der Untergesellschaft den Gesellschaftern der Obergesellschaft anteilig unmittelbar<br />

<strong>zu</strong>gerechnet wird (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO)“ (BFH v. 20.8.2003 – I R<br />

81/02, aaO). Diese AusfÅhrungen waren indem vom BFH entschiedenen Fall<br />

mE nicht (unmittelbar) veranlasst, da dort der Altgesellschafter (I-GmbH) der<br />

Kapitalgesellschaft die Anteile auf eine Personengesellschaft (H-KG) Åbertragen<br />

hatte, an der er nicht beteiligt war; alleiniger Kommanditist der H-KG sowie<br />

Alleingesellschafter der Komplementårin war vielmehr JS, der an der<br />

I-GmbH mittelbar Åber eine AG beteiligt war. Gleichwohl låsst sich den AusfÅhrungen<br />

entnehmen, dass der BFH eine AnteilsÅbertragung wohl auch bei<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

131


§ 10a Anm. 221–223 Gewerbeverlust<br />

Ûbergang von Anteilen auf eine Personengesellschaft bejahen will, und zwar<br />

selbst insoweit, als der (die Anteile Åbertragende) Altgesellschafter am VermÇgen<br />

der Personengesellschaft beteiligt ist (so nun BFH v. 27.8.2008 – I R<br />

78/01, DStR 2009, 158; ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185a;<br />

Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1263.0.1, 1291.6 ff.; ablehnend Schloßmacher<br />

in HHR, § 8 KStG Anm. 447). Dies hatte der BFH in seinem vorherigen<br />

Beitrittsaufforderungsbeschluss an das BMF v. 4.9.2002 (I R 78/01, BFH/NV<br />

2003, 348) betreffend die mittlerweile entschiedene (vgl. BFH v. 27.8.2008 – I R<br />

78/01, DStR 2009, 158) Revision gegen das Urteil des FG Ba.-WÅrtt. v.<br />

26.7.2001 (6 K 358/00, EFG 2002, 863: Ûbergang neuer Anteile auf eine beteiligungsidentische<br />

KG; da<strong>zu</strong> Gosch, DStR 2003, 1917 [1919]) noch offen gelassen.<br />

222 Im Urteil v. 20.8.2003 verneinte der BFH nicht den Tatbestand des § 39 Abs. 2<br />

Nr. 2 AO, der voraussetzt, dass eine getrennte Zurechnung an die Gesellschafter<br />

der Personengesellschaft „fÅr die Besteuerung erforderlich“ ist, sondern erachtete<br />

die Tatsache, dass die Personengesellschaft ertragsteuerlich transparent<br />

ist, dh. die Rechtsfolge der Vorschrift, fÅr Zwecke des § 8 Abs. 4 KStG<br />

als unbeachtlich. Folgerichtig mÅsste auch die Ûbertragung von Anteilen auf<br />

eine vermÇgensverwaltende Personengesellschaft, die keine Mitunternehmerschaft<br />

ist, ungeachtet der Beteiligungsquote des Altgesellschafters als AnteilsÅbertragung<br />

angesehen werden. Damit stellt sich die Frage, ob die Zurechnungsvorschrift<br />

des § 39 AO generell, dh. auch in den Fållen des § 39<br />

Abs. 2 Nr. 1 AO, unbeachtlich sein soll. Dies håtte <strong>zu</strong>r Folge, dass auch die zivilrechtliche<br />

Ûbertragung der Anteile auf einen Treuhånder, der die Anteile<br />

treuhånderisch fÅr den Ûbertragenden hålt (Erwerbstreuhand), ebenso wie<br />

die AuflÇsung der Treuhand durch RÅckÅbertragung der Anteile schådlich<br />

wåre. Umgekehrt wåre die BegrÅndung einer Vereinbarungstreuhand mangels<br />

zivilrechtlicher Anteilsabtretung nicht als AnteilsÅbertragung an<strong>zu</strong>sehen.<br />

223 Das Urteil v. 20.8.2003 låsst mE eine tragfåhige BegrÅndung vermissen, aus<br />

welchem Grund § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als allgemeine Vorschrift nicht anwendbar<br />

sein soll. Der Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG gibt hierfÅr nichts her.<br />

Denn eine AnteilsÅbertragung setzt <strong>zu</strong>mindest den Ûbergang der Inhaberschaft<br />

an den Anteilen voraus, was mE mangels spezieller Vorschriften grundsåtzlich<br />

nach § 39 AO <strong>zu</strong> beurteilen ist (ebenso Simon in Heckschen/Simon,<br />

Umwandlungsrecht, § 13 Rz. 22; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4<br />

KStG Rz. 51; vgl. auch Orth, FR 2004, 613 [625]; aA Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8 KStG Rz. 186, 191c: Bei Ûbertragung nur des wirtschaftlichen Eigentums<br />

ist die Generalklausel des Satzes 1 <strong>zu</strong> prÅfen). Bei Abtretung von Anteilen<br />

unter Beteiligung von Personengesellschaften wÅrde sich somit erst im<br />

Rahmen der Anwendung des § 39 AO die Frage stellen, ob die zivilrechtliche<br />

Anteilsabtretung auch fÅr Zwecke des § 8 Abs. 4 KStG als AnteilsÅbertragung<br />

<strong>zu</strong> werten ist (normspezifische Auslegung des § 39 AO). Die Antwort hierauf<br />

hångt von der Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ng des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ab, ob die<br />

Zurechnung an die Gesellschafter „fÅr die Besteuerung erforderlich“ ist. DemgegenÅber<br />

wåre in den Fållen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO eine AnteilsÅbertragung<br />

mE immer nur insoweit <strong>zu</strong> bejahen, als sich die steuerliche Zurechnung<br />

132<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 223–228 § 10a<br />

der Anteile an der Kapitalgesellschaft åndert. Die BegrÅndung bzw. AuflÇsung<br />

einer Erwerbstreuhand wåre mithin nicht als AnteilsÅbertragung an<strong>zu</strong>sehen,<br />

wohl aber die BegrÅndung bzw. AuflÇsung einer Vereinbarungstreuhand.<br />

Folgt man dagegen der zivilrechtlichen Betrachtungsweise des BFH, findet § 8<br />

Abs. 4 Satz 2 KStG grundsåtzlich keine Anwendung bei Ûbertragung von Gesellschaftsanteilen<br />

an einer Personengesellschaft, die zivilrechtliche Inhaberin<br />

der Anteile an der Kapitalgesellschaft ist. Unbeachtlich wåre, ob die Personengesellschaft<br />

eine Mitunternehmerschaft oder vermÇgensverwaltende<br />

Personengesellschaft ist (ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG<br />

Rz. 185a). Ebenso wenig låge eine AnteilsÅbertragung vor, wenn Anteile an<br />

der Kapitalgesellschaft steuerlich SonderbetriebsvermÇgen einer Personengesellschaft<br />

werden, ohne dass die Anteile zivilrechtlich Åbertragen werden<br />

(Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185a).<br />

AnteilsÅbertragungen im Konzern sind nicht begÅnstigt. Eine im Gesetzentwurf<br />

<strong>zu</strong>m StVergAbG noch enthaltene, aber nicht Gesetz gewordene (da<strong>zu</strong><br />

Herzig/Wagner, DStR 2003, 225 [230]) Úffnungs- oder Konzernklausel lehnt<br />

der BFH ausdrÅcklich ab (s. Anm. 209). Ob es in einer mehrstufigen Beteiligungskette<br />

<strong>zu</strong> Ønderungen im Anteilseignerkreis oberhalb des (unmittelbaren)<br />

Gesellschafters der Kapitalgesellschaft kommt, wird daher weder <strong>zu</strong>gunsten<br />

noch <strong>zu</strong>ungunsten des Steuerpflichtigen berÅcksichtigt (<strong>zu</strong>r Kritik<br />

vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185a mwN). Auch die VerkÅr<strong>zu</strong>ng<br />

der Beteiligungskette durch Umgestaltung einer mittelbaren Beteiligung<br />

<strong>zu</strong> einer unmittelbaren stellt unter Zugrundelegung der BFH-Auffassung eine<br />

schådliche AnteilsÅbertragung dar (Bock, GmbHR 2004, 128 [129]; ebenso bereits<br />

BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 28<br />

Satz 2; aA FG Berlin v. 3.9.2002 – 7 K 7227/01, GmbHR 2003, 237; MÅller-Gatermann,<br />

DStR 1991, 597 [602]). FÅr eine teleologische Reduktion des Tatbestandes<br />

in den genannten Fållen Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185.<br />

Sonderregelungen fÅr die Ûbertragung von Beteiligungen an Organgesellschaften<br />

bestehen nicht. Gleichwohl werden im Schrifttum Veråußerungsvorgånge<br />

innerhalb des Organkreises – in Anlehnung an die <strong>zu</strong>r BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

vertretene Einheitsbetrachtung (s. Anm. 245) – <strong>zu</strong>m Teil als<br />

unschådlich angesehen (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG<br />

Rz. 53; Gosch/Roser, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8 KStG Rz. 1417).<br />

Die nach Auffassung des BFH bestehende grundsåtzliche Maßgeblichkeit der<br />

zivilrechtlichen Betrachtung muss mE auch fÅr die Bestimmung des Zeitpunkts<br />

der AnteilsÅbertragung gelten. Ab<strong>zu</strong>stellen ist auf die zivilrechtliche<br />

Wirksamkeit des dinglichen Ûbertragungsakts. Die RÅckbeziehung von<br />

Rechtsfolgen fÅr Ertragsteuerzwecke ist mE unbeachtlich. Zu Besonderheiten<br />

s. Anm. 293.<br />

(cc) Ermittlung der 50 %-Grenze<br />

Ob mehr als die Hålfte der Anteile Åbertragen werden, bemisst sich ausschließlich<br />

nach dem Nennkapital der Kapitalgesellschaft (aA BMF, Schr. v.<br />

228<br />

16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 3: „grundsåtzlich“;<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

133<br />

224<br />

225<br />

226<br />

227


§ 10a Anm. 228–232 Gewerbeverlust<br />

229<br />

230<br />

231<br />

da<strong>zu</strong> DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 44). Ob die Anteils-<br />

Åbertragung einen beherrschenden Einfluss des Erwerbers begrÅndet, ist<br />

nach dem Gesetzeswortlaut irrelevant (vgl. Neumann, StB 2002, 246 [247 f.];<br />

kritisch ua. KrÇner, DStR 1998, 1495 [1496]). Soweit der Erwerber allerdings<br />

durch die AnteilsÅbertragung keine EinflussnahmemÇglichkeit auf die Kapitalgesellschaft<br />

erlangt, kann es im Einzelfall ggf. am erforderlichen sachlichen<br />

Zusammenhang zwischen AnteilsÅbertragung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

fehlen (s. Anm. 277 ff.).<br />

Das Gesetz bestimmt keinen Zeitpunkt, an dem die 50 %-Grenze Åberschritten<br />

sein muss. Auch unterjåhrige Beteiligungsschwankungen, die spåter wieder<br />

rÅckgångig gemacht werden, kÇnnen daher schådlich sein (DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 47; aA Gosch/Roser, KStG, 2. Aufl.<br />

2009, § 8 KStG Rz. 1417 iVm. § 8c KStG Rz. 56).<br />

Bei der Ermittlung der 50 %-Grenze sind eigene Anteile der Kapitalgesellschaft<br />

nicht <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, dh. der Umfang der Åbertragenen Anteile bemisst<br />

sich nach dem Verhåltnis dieser Anteile <strong>zu</strong> dem Betrag des um die eigenen<br />

Anteile gekÅrzten Nennkapitals der Kapitalgesellschaft (vgl. BMF, Schr. v.<br />

16.4.1999, aaO, Tz. 3; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 48;<br />

s. Anm. 220).<br />

Weicht der Anteil am Nennkapital vom Stimmrecht ab, ist die Beteiligung am<br />

Nennkapital maßgebend (Prinz, DStR 1997, 1963 [1964]; Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8 KStG Rz. 185; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1262.3; aA<br />

Thiel GmbHR 1990, 223 [225 f.]; MÅller-Gatermann, DStR 1991, 597 [600]). § 8<br />

Abs. 4 Satz 2 KStG stellt auf die Hålfte der Anteile und nicht – wie beispielsweise<br />

§ 7 Abs. 2 AStG – auf die Hålfte der „Anteile oder der Stimmrechte“ ab<br />

(Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 445). Die im Gesetzentwurf <strong>zu</strong>m StVergAbG<br />

als maßgeblich bestimmte Stimmrechtsmehrheit ist nicht Gesetz geworden<br />

(da<strong>zu</strong> Herzig/Wagner, DStR 2003, 225 [229]). Werden – ohne entsprechende<br />

Ûbertragung der Beteiligung am Nennkapital – mehr als 50 % der Stimmrechte<br />

Åbertragen, will die Finanzverwaltung „in Ausnahmefållen“ die Generalklausel<br />

des Satzes 1 anwenden (da<strong>zu</strong> s. Anm. 294).<br />

(dd) Schrittweise AnteilsÅbertragung und AnteilsÅbertragungen an verschiedene<br />

Erwerber<br />

232 Eine schådliche AnteilsÅbertragung liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung<br />

grundsåtzlich vor, wenn insgesamt mehr als 50 % der Anteile Åbertragen<br />

werden. Unerheblich soll sein, in wie vielen Erwerbsvorgången sich die Ûbertragung<br />

vollzieht, ob die Anteile auf einen oder mehrere Erwerber Åbertragen<br />

werden und wer Erwerber der Anteile ist. Auch eine AnteilsÅbertragung zwischen<br />

Altgesellschaftern kann daher schådlich sein (vgl. BMF, Schr. v.<br />

16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 5; BFH v. 17.5.2010 – I<br />

R 57/09, BFH/NV 2010, 1859; <strong>zu</strong>r frÅheren Nichtanwendung der Mantelkauf-<br />

Rechtsprechung durch die Finanzverwaltung bei Anteilserwerb durch einen<br />

bereits maßgeblich beteiligten Gesellschafter vgl. Autenrieth, DStZ 1987, 203<br />

[205]). Eine als schådlich eingestufte AnteilsÅbertragung setzt auch nicht vo-<br />

134<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 232–235 § 10a<br />

raus, dass der Erwerber durch sie <strong>zu</strong> mehr als 50 % an der Verlustgesellschaft<br />

beteiligt ist.<br />

Vollzieht sich die AnteilsÅbertragung in mehreren Schritten, rechnet die Finanzverwaltung<br />

grundsåtzlich såmtliche Ûbertragungen <strong>zu</strong>sammen, die in-<br />

233<br />

nerhalb eines Zeitraums von fÅnf Zeitjahren erfolgen; nur die mehrfache<br />

Ûbertragung desselben Anteils soll unbeachtlich sein (BMF, Schr. v. 16.4.1999,<br />

aaO, Tz. 5, 6). Dabei soll jeder Ûbertragungsakt einen neuen FÅnf-Jahres-Zeitraum<br />

in Gang setzen, so dass es <strong>zu</strong> mehreren, sich ggf. Åberschneidenden Betrachtungszeitråumen<br />

kommen kann (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8<br />

Abs. 4 KStG Rz. 47, 62: „fließende“ Frist). Da das Gesetz insoweit nicht differenziert,<br />

wåre es auf Grundlage der Verwaltungsauffassung denkbar, dass ein<br />

neuer FÅnf-Jahres-Zeitraum in Gang gesetzt wird, nachdem es bereits <strong>zu</strong> einem<br />

schådlichen Anteilserwerb gekommen ist (dagegen Janssen, DStR 2001,<br />

837).<br />

Die Zusammenrechnung von Anteilserwerben innerhalb eines FÅnf-Jahres- 234<br />

Zeitraums findet im Gesetz keine StÅtze (hieran hat auch die Formulierung der<br />

Ûbergangsregelung des § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG nichts geåndert, s. Anm. 99)<br />

und ist sachlich nicht gerechtfertigt. Dort, wo der Gesetzgeber eine Zusammenrechnung<br />

verschiedener Ûbertragungsakte innerhalb eines bestimmten<br />

Zeitraums fÅr erforderlich hålt, ist die Zusammenrechnung ausdrÅcklich angeordnet<br />

(vgl. zB § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG; §§ 1 Abs. 2 a Satz 1, 5 Abs. 3<br />

GrEStG). Fehlt eine vergleichbare Regelung, bedarf die Zusammenrechnung<br />

verschiedener Erwerbsakte einer besonderen Rechtfertigung, die mE nicht<br />

schon dann vorliegt, wenn die Ûbertragungen <strong>zu</strong>fållig innerhalb von fÅnf Jahren<br />

erfolgen. Eine Zusammenrechnung kommt vielmehr nur dann in Betracht,<br />

wenn die einzelnen Erwerbsakte sachlich <strong>zu</strong>sammenhången, beispielsweise<br />

weil sie auf einem einheitlichen Plan der Beteiligten beruhen (Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185b; åhnlich Simon in Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht,<br />

§ 13 Rz. 26; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1266.3 f.)<br />

oder weil bei Abschluss des ersten Geschåfts die wesentlichen Bedingungen<br />

der weiteren Geschåfte vereinbart werden (HÇrger/Kemper, DStR 1989, 15<br />

[17]). Die zeitliche Abfolge der Einzelakte mag Indizwirkung fÅr einen sachlichen<br />

Zusammenhang haben, auch insofern ist eine Frist von fÅnf Jahren aber<br />

<strong>zu</strong> lang (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185b: maximal zwei Jahre;<br />

<strong>zu</strong>stimmend Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 449). Vgl. darÅber hinaus<br />

<strong>zu</strong>m erforderlichen Zusammenhang zwischen AnteilsÅbertragung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

Anm. 277 ff.<br />

Voneinander unabhångige Erwerbsvorgånge Åber die BÇrse sind grundsåtzlich<br />

nicht <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>rechnen. Ein sachlicher Zusammenhang liegt mE aller-<br />

235<br />

dings vor, wenn ein Erwerber sukzessive Aktien mit dem Ziel <strong>zu</strong>kauft, die<br />

Mehrheit an der Gesellschaft <strong>zu</strong> erlangen. Gleiches gilt wohl auch dann, wenn<br />

der Erwerber nach Abgabe eines Pflichtangebotes gemåß § 29 WpÛG die Aktienmehrheit<br />

erwirbt (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG<br />

Rz. 46). Bejahte man die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG auch bei<br />

sachlich nicht <strong>zu</strong>sammenhångenden Erwerbsvorgången, stellte sich bei bÇrsennotierten<br />

Gesellschaften die verfahrensrechtliche Frage, wann von einer<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

135


§ 10a Anm. 235–237 Gewerbeverlust<br />

Ûbertragung von mehr als 50 % der Anteile ausgegangen werden kann, da<strong>zu</strong><br />

Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 186; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/<br />

Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 46. Stellungnahmen der Finanzverwaltung <strong>zu</strong>r Behandlung<br />

von Erwerbsvorgången Åber die BÇrse liegen nicht vor. Zu Besonderheiten<br />

im Zusammenhang mit der BÇrseneinfÅhrung von sog. Start-up-<br />

Unternehmen vgl. Heßler/Mosebach, DStR 2001, 813; Kraft, DB 2001, 112;<br />

KÇhler/Kraft, DB 2001, 1057.<br />

(b) FortfÅhrung oder Wiederaufnahme des Geschåftsbetriebs mit Åberwiegend<br />

neuem BetriebsvermÇgen<br />

(aa) BetriebsvermÇgen<br />

(aaa) Beschrånkung auf AktivvermÇgen (AnlagevermÇgen)<br />

236 BetriebsvermÇgen ist nach hM das AktivvermÇgen der Kapitalgesellschaft<br />

(vgl. BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 9;<br />

Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 451; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8<br />

KStG Rz. 188; ebenso im Ausgangspunkt der BFH, s. Anm. 237; kritisch DÇtsch<br />

in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 67). BegrÅndet wird dies ua. damit,<br />

dass ansonsten bei Åberschuldeten Kapitalgesellschaften bereits die ZufÅhrung<br />

geringer Werte als ZufÅhrung Åberwiegend neuen BetriebsvermÇgens<br />

an<strong>zu</strong>sehen wåre (vgl. Thiel, GmbHR 1990, 223 [226], auch mit Hinweisen<br />

auf die Entstehungsgeschichte).<br />

237 Auch der BFH lehnte von Anfang an eine Einbeziehung der Passiva der Gesellschaft<br />

ab (vgl. BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829; <strong>zu</strong>letzt beståtigt<br />

durch BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988). In seiner Entscheidung<br />

vom 8.8.2001 – I R 29/00 (BStBl. II 2002, 392; s. da<strong>zu</strong> den inzwischen aufgehobenen<br />

Nichtanwendungserlass des BMF v. 17.6.2002 – IV A 2 - S 2745 -<br />

8/02, BStBl. I 2002, 629 – aufgehoben durch BMF v. 4.12.2008 – IV C 7 - S<br />

2745/07/10003, BStBl. I 2008, 1033, da<strong>zu</strong> sogleich) engte der BFH den BetriebsvermÇgensbegriff<br />

durch die Verwendung des Klammer<strong>zu</strong>satzes „(des<br />

AnlagevermÇgens)“ weiter auf das AnlagevermÇgen der Gesellschaft ein.<br />

WirtschaftsgÅter des UmlaufvermÇgens blieben danach fÅr den Hauptanwendungsfall<br />

außer Betracht. Dass die AusfÅhrungen im Urteil v. 8.8.2001 – I R<br />

29/00 aaO in diesem Sinne <strong>zu</strong> verstehen waren (zweifelnd Frotscher, DStR<br />

2002, 10 [12]; Neyer, BB 2002, 754 [756]; vgl. demgegenÅber -sch, DStR 2001,<br />

1976), konnte nach den AusfÅhrungen im Beitrittsaufforderungsbeschluss v.<br />

19.12.2001 (BFH v. 19.12.2001 – I R 58/01, BStBl. II 2002, 395; vgl. auch BFH v.<br />

26.5.2004 – I R 112/03, BStBl. II 2004, 1085), in dem der BFH es als entscheidungserheblich<br />

bezeichnete, ob Darlehensmittel „neu <strong>zu</strong>gefÅhrtes AnlagevermÇgen<br />

darstellen“, nicht mehr zweifelhaft sein. Die Frage war hiernach lediglich,<br />

ob der BFH an seiner Auffassung festhålt, da er der im Schrifttum geåußerten<br />

Kritik (Anm. 238) grundsåtzliche Bedeutung beigemessen hatte.<br />

Wåhrend der BFH diese Frage in seinem Urteil BFH v. 26.5.2004 (I R 112/03,<br />

BStBl. II 2004, 1085) mangels Entscheidungserheblichkeit noch offen ließ,<br />

fÅhrte er im Urteil BFH v. 5.6.2007 (I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = BB 2008, 31 m.<br />

Anm. Altrichter-Herzberg) aus, dass in das <strong>zu</strong> betrachtende AktivvermÇgen<br />

136<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 237–239 § 10a<br />

„jedenfalls dann“ auch das UmlaufvermÇgen ein<strong>zu</strong>beziehen sei, „wenn es <strong>zu</strong><br />

einer Ønderung des Unternehmensgegenstands (Branchenwechsel) gekommen<br />

ist und deshalb die WirtschaftsgÅter des UmlaufvermÇgens prågend<br />

sind.“ Der BFH begrÅndet seine Auffassung damit, dass die von § 8 Abs. 4<br />

KStG geforderte wirtschaftliche Identitåt nicht nur vom AnlagevermÇgen eines<br />

Unternehmens bestimmt werde, sondern ebenfalls durch dessen UmlaufvermÇgen.<br />

Auch wenn <strong>zu</strong>m UmlaufvermÇgen nur WirtschaftsgÅter gehÇren,<br />

die nicht da<strong>zu</strong> bestimmt sind, dauernd dem Geschåftsbetrieb <strong>zu</strong> dienen (vgl.<br />

§ 247 Abs. 2 HGB), kann dennoch den dort erfolgenden Verånderungen „jedenfalls<br />

im Falle eines Branchenwechsels“ wesentliche Bedeutung fÅr das Gepråge<br />

eines Unternehmens <strong>zu</strong>kommen (BFH aaO.; vgl. auch FG Berlin-Brandenburg<br />

v. 6.5.2009 – 12 K 8142/06 B, DStRE 2009, 1384, rkr.: UmlaufvermÇgen<br />

nur bei Branchenwechsel maßgebend; FG Berlin-Brandenburg v. 14.1.2009 –<br />

12 K 8489/05 B, EFG 2009, 683); BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494:<br />

steuerliche Qualifikation als Anlage- oder UmlaufvermÇgen ist grundsåtzlich<br />

irrelevant, jedoch sind solche Mehrungen des UmlaufvermÇgens aus dem Tatbestand<br />

aus<strong>zu</strong>klammern, die sich als Ergebnis eines fortlaufenden Wirtschaftens<br />

mit nåmlichem BetreibsvermÇgen darstellen bzw. sich auf ein nicht die<br />

wirtschaftliche Identitåt prågendes UmlaufvermÇgen beziehen; vgl. auch FG<br />

MÅnchen v. 22.10.2010 – 7 K 1793/08, rkr., BeckRS 2011, 94058: ZufÅhrung von<br />

Barmitteln grundsåtzlich unschådlich). Die Finanzverwaltung wendet die Entscheidung<br />

Åber den entschiedenen Einzelfall hinaus an (BMF v. 4.12.2008 – IV<br />

C 7 - S 2745/07/10003, BStBl. I 2008, 1033).<br />

Die ursprÅngliche Beschrånkung des BetriebsvermÇgensbegriffs auf das AnlagevermÇgen<br />

wurde im Schrifttum Åberwiegend abgelehnt. Eingewandt<br />

238<br />

wurde <strong>zu</strong>m einen, dass eine Beschrånkung auf das AnlagevermÇgen nicht<br />

vom Gesetzeswortlaut gedeckt sei (Frotscher, DStR 2002, 10 [12]; Biermann/<br />

Rau, GmbHR 2002, 509 [513]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188a;<br />

Brendt in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 8 Abs. 4 KStG aF/Anh § 8c KStG<br />

Rz. 72). Zum anderen wurde vorgebracht, eine Beschrånkung auf das AnlagevermÇgen<br />

sei mit Sinn und Zweck des § 8 Abs. 4 KStG unvereinbar. Denn sie<br />

ermÇgliche es, der Gesellschaft nach einem schådlichen Anteilseignerwechsel<br />

flÅssige Mittel in beliebiger HÇhe <strong>zu</strong><strong>zu</strong>fÅhren, ohne den Hauptanwendungsfall<br />

<strong>zu</strong> verwirklichen. DarÅber hinaus benachteilige die NichtberÅcksichtigung<br />

des UmlaufvermÇgens Unternehmen, die (branchenbedingt) mit wenig<br />

AnlagevermÇgen arbeiten (Frotscher, DStR 2002, 10 [12]; Neyer, BB 2002, 754<br />

[757]; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1273.1.2.1).<br />

Die Einwånde gegen die Rechtsprechung waren mE nicht zwingend. Das AnlagevermÇgen<br />

stellt ebenso wie das AktivvermÇgen eine Teilmenge des Be-<br />

239<br />

triebsvermÇgens iS der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 Satz 1 EStG (als WirtschaftsgÅter<br />

<strong>zu</strong> bilanzierende Aktiva und Passiva) bzw. eine Erweiterung des BetriebsvermÇgensbegriffs<br />

des § 4 Abs. 1 EStG (Eigenkapital) dar. Eine Betrachtung sowohl<br />

des AktivvermÇgens als auch des AnlagevermÇgens ist mE daher vom<br />

mÇglichen Wortsinn des Gesetzes gedeckt (ebenso Herzberg, DStR 2002, 1290<br />

[1291]; BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986: Begriff des BetriebsvermÇgens<br />

låsst unterschiedliche Deutungen <strong>zu</strong>; aA BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06,<br />

BStBl. II 2008, 988: mit dem Begriff des BetriebsvermÇgens ist eine generelle<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

137


§ 10a Anm. 239 Gewerbeverlust<br />

Einschrånkung auf das AnlagevermÇgen nicht <strong>zu</strong> vereinbaren). Auch teleologische<br />

Erwågungen sprechen mE nicht gegen ein Abstellen allein auf das AnlagevermÇgen:<br />

Folgt man der in den Urteilen v. 20.8.2003 (I R 61/01 und I R<br />

81/02, BStBl. II 2004, 616 [614]) vertretenen Auffassung des BFH, dass Ønderungen<br />

der wirtschaftlichen Identitåt ungeachtet der Motive der Beteiligten <strong>zu</strong><br />

einer Versagung des Verlustab<strong>zu</strong>gs fÅhren (s. Anm. 209), ist mE entscheidend<br />

darauf ab<strong>zu</strong>stellen, dass die wirtschaftliche Identitåt einer Kapitalgesellschaft<br />

in erster Linie durch ihren Unternehmensgegenstand und ihr verfÅgbares BetriebsvermÇgen<br />

bestimmt wird (vgl. BFH v. 20.8.2003 – I R 61/01, BStBl. II 2002,<br />

616; kritisch Orth, FR 2004, 613 [621 f.]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG<br />

Rz. 184). Identitåtsstiftende Funktion hat grundsåtzlich allein das AnlagevermÇgen,<br />

da nur das AnlagevermÇgen da<strong>zu</strong> bestimmt ist, dauernd dem Geschåftsbetrieb<br />

<strong>zu</strong> dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). DemgegenÅber hat das UmlaufvermÇgen<br />

aufgrund seiner Zweckbestimmung, geringeren Verweildauer und<br />

den eher <strong>zu</strong>fålligen Schwankungen, denen es unterliegt, grundsåtzlich keine<br />

das Unternehmen prågende Funktion (Herzberg, DStR 2002, 1290 [1291];<br />

Gosch/Roser, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8 KStG Rz. 1431; åhnlich Lenz/Behnes,BB<br />

2005, 2219 [2222]; DÇtsch in FS Wassermeyer, 2005, 113 [126 ff.]; DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 77: ab<strong>zu</strong>stellen ist auf prågendes<br />

VermÇgen). Im Rahmen der von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG angestellten typisierenden<br />

Betrachtung kann sich die wirtschaftliche Identitåt einer Gesellschaft daher<br />

grundsåtzlich nicht durch die ZufÅhrung von UmlaufvermÇgen åndern,<br />

sondern erst, wenn die Gesellschaft mit dem <strong>zu</strong>gefÅhrten UmlaufvermÇgen<br />

AnlagevermÇgen erwirbt (s. Anm. 248 ff.). Die Ausklammerung des UmlaufvermÇgens<br />

bei der Anwendung des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG ist mE auch dann<br />

sachgerecht, wenn man § 8 Abs. 4 KStG – mit Teilen der Literatur (Anm. 208),<br />

aber entgegen der ursprÅnglichen BFH-Rechtsprechung (Anm. 209 aE) – als<br />

Missbrauchstatbestand ansieht, der eine Verlagerung ertragbringenden VermÇgens<br />

auf die Verlustgesellschaft verhindern soll. Denn bei typisierender Betrachtung<br />

ist davon aus<strong>zu</strong>gehen, dass das ertragbringende VermÇgen in irgendeiner<br />

Form als Gebrauchsgut in den Leistungsprozess der Verlustgesellschaft<br />

einbezogen wird und damit AnlagevermÇgen darstellt. Dass die NichtberÅcksichtigung<br />

von UmlaufvermÇgen bei Gesellschaften, die einschließlich<br />

ihres Firmenwerts (da<strong>zu</strong> s. Anm. 242) nur Åber unwesentliches AnlagevermÇgen<br />

verfÅgen, schon bei VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen in geringer HÇhe <strong>zu</strong> einem<br />

Identitåtsverlust fÅhren kann, ist mE nicht angreifbar: Denn wenn der<br />

VermÇgenswert einer Gesellschaft dem Wert ihres UmlaufvermÇgens entspricht,<br />

liegt mE ein typischer Verlustmantel vor (ebenso Herzberg, DStR 2002,<br />

1290 [1292]), bei dem VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen selbst bei Interpretation des § 8<br />

Abs. 4 KStG als Missbrauchstatbestand schådlich sein mÅssten.<br />

Die jÅngsten Entscheidungen des BFH fÅgen sich mE ohne weiteres in das<br />

hier vertretene Konzept ein. Entscheidend ist nach Auffassung des BFH, welches<br />

VermÇgen die wirtschaftliche Identitåt der Gesellschaft prågt. Dies ist<br />

grundsåtzlich das AnlagevermÇgen, kann aber auch das UmlaufvermÇgen<br />

sein, wenn der Austausch von UmlaufvermÇgen im Einzelfall RÅckschlÅsse<br />

auf die Identitåt der Gesellschaft erlaubt. Hiervon kann – wie der BFH (BFH<br />

v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = BB 2008, 31 m. Anm. Altrichter-Herz-<br />

138<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 239–242 § 10a<br />

berg) ausfÅhrt – „jedenfalls im Fall eines Branchenwechsels“ ausgegangen<br />

werden, da sich in diesem Fall eine Ønderung im Unternehmensgegenstand<br />

(ausnahmsweise) auch ausschließlich in einer Verånderung des UmlaufvermÇgens<br />

niederschlagen kann (kritisch Tiedchen, FR 2008, 201 [207]), beispielsweise<br />

wenn das fÅr den neuen Unternehmensgegenstand benÇtigte AnlagevermÇgen<br />

– wie im Streitfall – lediglich an die Gesellschaft verpachtet<br />

wird. Allerdings wird man von einem prågenden Charakter des UmlaufvermÇgens<br />

nur in Ausnahmefållen ausgehen kÇnnen. Kommt es außerhalb des<br />

Branchenwechsels aufgrund der unveråndert fortgesetzten eigenen wirtschaftlichen<br />

Tåtigkeit der Gesellschaft <strong>zu</strong> einer Umschichtung bzw. ErhÇhung<br />

von UmlaufvermÇgen, kann hierin mE keine ZufÅhrung neuen BetriebsvermÇgens<br />

gesehen werden (FG Berlin-Brandenburg v. 16.1.2008 – 12 K 8403/04<br />

B, DStRE 2008, 756, rkr.: ErhÇhung der Posten „Forderungen aus Lieferungen<br />

und Leistungen“ und „Guthaben bei Kreditinstituten“). Daher sind Vermehrungen<br />

des UmlaufvermÇgens, die das Ergebnis eines fortlaufenden Wirtschaftens<br />

mit dem nåmlichen BetriebsvermÇgen darstellen bzw. sich auf ein<br />

nicht die wirtschaftliche Identitåt prågendes UmlaufvermÇgen beziehen, aus<br />

dem Tatbestand aus<strong>zu</strong>klammern (BFH v. 1.7.2009 – I R 101/08, BFH/NV 2009,<br />

1838).<br />

(bbb) Umfang des BetriebsvermÇgens<br />

Die Ermittlung des BetriebsvermÇgens erfolgt grundsåtzlich anhand der Steuerbilanz<br />

der Gesellschaft. Ab<strong>zu</strong>stellen ist auf die WirtschaftsgÅter des Aktiv-<br />

240<br />

bzw. AnlagevermÇgens (s. Anm. 236 ff.) der Kapitalgesellschaft. Es gelten jedoch<br />

die folgenden Besonderheiten:<br />

– Bewertungsmaßstab ist der Teilwert des vorhandenen und <strong>zu</strong>gefÅhrten 241<br />

VermÇgens (BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494; BMF, Schr. v.<br />

16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 9 Satz 3; Schloßmacher<br />

in HHR, § 8 KStG Anm. 452; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG<br />

Rz. 189c; aA HÇrger/Kemper, DStR 1990, 539 [541]; Thiel, GmbHR 1990, 223<br />

[226]: gemeiner Wert).<br />

– Immaterielle WirtschaftsgÅter des AnlagevermÇgens (insbesondere der 242<br />

Firmenwert) zåhlen auch dann <strong>zu</strong>m BetriebsvermÇgen, wenn sie nicht entgeltlich<br />

erworben wurden und daher gemåß § 5 Abs. 2 EStG nicht bilanziert<br />

werden (BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494; BMF, Schr. v. 16.4.1999,<br />

aaO, Tz. 9 Satz 3; Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 452; Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188, 189; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8<br />

Abs. 4 KStG Rz. 91; aA HÇrger/Kemper, DStR 1990, 539 [541]; Thiel, GmbHR<br />

1990, 223 [226]; offen gelassen durch BFH v. 29.4.2008 – I R 91/05, DStRE<br />

2008, 1378 = GmbHR 2008, 1225 m. Anm. Bock sowie v. 24.11.2009 – I R<br />

56/09, GmbHR 2010, 654). Nach VerfÅgung der OFD Kiel v. 8.6.2000 – S<br />

2745 A St 261 (DB 2000, 1369) sind immaterielle WirtschaftsgÅter allerdings<br />

nicht <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, wenn sie als Bestandteile schwebender Vertråge<br />

nach den Grundsåtzen ordnungsmåßiger BuchfÅhrung und Bilanzierung<br />

nicht bilanziert werden, weil sich Nut<strong>zu</strong>ngsrecht und Nut<strong>zu</strong>ngsentgelt<br />

gleichwertig gegenÅberstehen.<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

139


§ 10a Anm. 243–246 Gewerbeverlust<br />

243<br />

244<br />

245<br />

246<br />

– Rechnungsabgren<strong>zu</strong>ngsposten und eingeforderte Kapitaleinlagen sind<br />

nach hM <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, nicht aber Bilanzierungshilfen sowie nicht eingeforderte<br />

Kapitaleinlagen (jeweils keine WirtschaftsgÅter) (Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188; anders wohl bei Zugrundelegung der<br />

BFH-Auffassung, s. Anm. 237).<br />

– Der steuerliche Verlustvortrag ist kein Wirtschaftsgut. Wird der Teilwert<br />

der sonstigen WirtschaftsgÅter aus den Anschaffungskosten fÅr die Beteiligung<br />

an der Kapitalgesellschaft abgeleitet, ist <strong>zu</strong> prÅfen, ob ein Teil des<br />

Kaufpreises fÅr den Verlustvortrag gezahlt wurde. In diesem Fall ist der auf<br />

den Verlustvortrag entfallende Teilbetrag unberÅcksichtigt <strong>zu</strong> lassen (vgl.<br />

DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 66, 91).<br />

– Auch Beteiligungen an Tochterkapitalgesellschaften sind grundsåtzlich<br />

mit ihrem Teilwert an<strong>zu</strong>setzen. Etwas anderes gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung<br />

bei Bestehen einer (gewerbesteuerlichen) Organschaft: Ist<br />

die Verlustgesellschaft Organtrågerin, soll ihr das BetriebsvermÇgen (dh.<br />

das Aktiv- bzw. AnlagevermÇgen) der Organgesellschaft ungeachtet der<br />

HÇhe ihrer Beteiligung an der Organgesellschaft vollumfånglich <strong>zu</strong>gerechnet<br />

werden (BMF-Schr. v. 16.4.1999, aaO, Tz. 9 Satz 2; <strong>zu</strong>stimmend Schloßmacher<br />

in HHR, § 8 KStG Anm. 454; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8<br />

Abs. 4 KStG Rz. 115; fÅr die gewerbesteuerliche Organschaft auch Orth in<br />

Herzig, Organschaft, 186; grundsåtzlich aA KÅster/KÇhler, BB 1998, 2401<br />

[2402 f.]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 189: Teilwert der Beteiligung).<br />

Die Frage der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung ist hiernach einheitlich<br />

fÅr den gesamten Organkreis <strong>zu</strong> prÅfen. Technisch wird in der Bilanz der<br />

Muttergesellschaft der Ansatz fÅr die Organbeteiligung abgezogen und<br />

durch das BetriebsvermÇgen (Aktiv- bzw. AnlagevermÇgen) der Organgesellschaft<br />

ersetzt (Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 454). Ist die Verlustgesellschaft<br />

als Organtrågerin nur mittelbar Åber eine Tochtergesellschaft<br />

an der Organgesellschaft beteiligt (sog. mittelbare Organschaft), soll auch<br />

das BetriebsvermÇgen der (nicht organschaftlich verbundenen) Tochtergesellschaft<br />

einbezogen werden (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4<br />

KStG Rz. 115).<br />

Die BerÅcksichtigung des BetriebsvermÇgens von Organgesellschaften bei<br />

der Verlustgesellschaft wird damit begrÅndet, dass es ansonsten sanktionslos<br />

(s. Anm. 256 ff.) mÇglich wåre, die Versteuerung von VermÇgensertrågen<br />

durch Einbringung des VermÇgens in eine Organgesellschaft der Verlustgesellschaft<br />

<strong>zu</strong> vermeiden (vgl. Schloßmacher in HHR, § 8 KStG<br />

Anm. 454; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 113). Eine<br />

solche Einheitsbetrachtung des Organkreises findet im Gesetzeswortlaut jedoch<br />

keine StÅtze. Sie ist mE auch auf Grundlage der vom BFH in den Urteilen<br />

v. 20.8.2003 (I R 61/01 und I R 81/02, BStBl. II 2004, 616 und 614) vertretenen<br />

Auffassung (s. Anm. 209) ab<strong>zu</strong>lehnen, denn BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen<br />

an Organgesellschaften berÅhren die Unternehmensidentitåt der<br />

Verlustgesellschaft nicht (KÅster/KÇhler, BB 1998, 2401 [2402 f.]; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 189).<br />

– Ist die Kapitalgesellschaft an einer Tochterpersonengesellschaft beteiligt,<br />

soll ihr das BetriebsvermÇgen der Personengesellschaft entsprechend ihrer<br />

140<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 246–247 § 10a<br />

Beteiligung am GesellschaftsvermÇgen <strong>zu</strong>gerechnet werden (BMF, Schr. v.<br />

16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 9 Satz 2; Schloßmacher<br />

in HHR, § 8 KStG Anm. 455; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8<br />

Abs. 4 KStG Rz. 123; kritisch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 189).<br />

Bei der entsprechenden Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG auf Fehlbetråge iS<br />

des § 10a GewStG ist dem mE nur fÅr Beteiligungen an vermÇgensverwaltenden<br />

Personengesellschaften <strong>zu</strong> folgen. Hier ist das VermÇgen der Personengesellschaft<br />

nach allgemeinen Regeln (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) in der<br />

Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft <strong>zu</strong> erfassen. Betreibt die Tochterpersonengesellschaft<br />

demgegenÅber ein gewerbliches Unternehmen, kommt<br />

eine Zurechnung ihres BetriebsvermÇgens an die Kapitalgesellschaft nicht<br />

in Betracht. Da der Gewerbeertrag der Personengesellschaft nicht im Gewerbeertrag<br />

der Kapitalgesellschaft enthalten ist (§ 9 Nr. 2 GewStG), besteht<br />

die <strong>zu</strong>m Teil als missbråuchlich angesehene MÇglichkeit, Fehlbetråge<br />

der Kapitalgesellschaft durch ZufÅhrung ertragbringenden VermÇgens an<br />

die Personengesellschaft <strong>zu</strong> nutzen, nicht (s. Anm. 245).<br />

(bb) Neues BetriebsvermÇgen/Begriff der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

(aaa) Beschrånkung auf ZufÅhrungen von außen?<br />

Der Hauptanwendungsfall verlangt, dass die Kapitalgesellschaft ihren Geschåftsbetrieb<br />

mit Åberwiegend neuem BetriebsvermÇgen fortfÅhrt bzw. wie-<br />

247<br />

der aufnimmt. Dies setzt eine ZufÅhrung vorher nicht vorhandenen BetriebsvermÇgens<br />

voraus. Eine ZufÅhrung liegt nach bisher hM nur vor, wenn VermÇgen<br />

Åber Einlagen oder Fremdmittel <strong>zu</strong>gefÅhrt bzw. finanziert wird, dh.<br />

wenn eine ZufÅhrung von außen vorliegt, die <strong>zu</strong> einer Mehrung des Aktiv<br />

bzw. AnlagevermÇgens fÅhrt (vgl. die inzwischen aufgehobene Tz. 9 Satz 1<br />

des BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455; aufgehoben<br />

durch BMF, Schr. v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003, BStBl. I 2008,<br />

1033; vgl. aber auch OFD MÅnster v. 13.8.2009 – S 2745 - 140 - St 13-33, FR<br />

2009, 973; Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 452; Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8 KStG Rz. 187b; <strong>zu</strong>r dabei erforderlichen Saldobetrachtung s.<br />

Anm. 265). Dabei ist es unbeachtlich, durch wen und auf welche Art und Weise<br />

die ZufÅhrung erfolgt. Selbst Darlehensgewåhrungen kÇnnen schådlich sein<br />

(so ausdrÅcklich BFH v. 29.4.2008 – I R 91/05, BFH/NV 2008, 1965 = GmbHR<br />

2008, 1225 m. Anm. Bock, vgl. auch BMF, Schr. v. 16.4.1999, aaO, Tz. 9; ebenso<br />

fÅr Gesellschafterdarlehen vgl. FG MÅnchen v. 27.4.2001 – 6 K 5198/99, EFG<br />

2001, 1237, rkr.; FG Berlin-Brandenburg v. 14.1.2009 – 12 K 8293/06 B, rkr.,<br />

DStRE 2009, 864). Diese Ansicht wird im Schrifttum teilweise generell abgelehnt<br />

(Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188 d, 191 k; kritisch auch<br />

DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 68), teilweise nur fÅr den<br />

Fall geteilt, dass die Darlehensgewåhrung durch den oder auf Veranlassung<br />

des (Neu-)Gesellschafters erfolgt und keinem Drittvergleich standhålt (vgl.<br />

Bock, GmbHR 2004, 221 [229]; Lenz/Behnes, BB 2005, 2219 [2223 f.]; Simon in<br />

Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht, § 13 Rz. 47; Schloßmacher in HHR,<br />

§ 8 KStG Anm. 452); der BFH ist dieser Kritik <strong>zu</strong>letzt im Urteil v. 29.4.2008 – I R<br />

91/05 (BFH/NV 2008, 1965 = GmbHR 2008, 1225 m. Anm. Bock) nicht gefolgt.<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

141


§ 10a Anm. 247–249 Gewerbeverlust<br />

Eine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung kann ferner durch såmtliche Formen der<br />

Umwandlung nach dem UmwG, bei denen die Verlustgesellschaft aufnehmender<br />

Rechtstråger ist, erfolgen (vgl. BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745<br />

- 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 11; <strong>zu</strong> Besonderheiten s. Anm. 268 ff.). Da das BetriebsvermÇgen<br />

anhand der Steuerbilanz der Verlustgesellschaft <strong>zu</strong> ermitteln<br />

ist, gilt die ZufÅhrung hierbei als <strong>zu</strong>m steuerlichen Ûbertragungsstichtag erfolgt<br />

(§§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 5 UmwStG; ebenso DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/<br />

Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 84, 126; vgl. aber auch BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09,<br />

BB 2011, 494: RÅckwirkungsfiktion steht zeitlichem Zusammenhang mit Anteilseignerwechsel<br />

nicht entgegen).<br />

248 Keine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung liegt nach bisher hM bei einem eigenfinanzierten<br />

Erwerb von BetriebsvermÇgen durch die Kapitalgesellschaft vor,<br />

was GestaltungsmÇglichkeiten Åber das sog. Zwei-Konten-Modell erÇffnet (s.<br />

Anm. 252) und eine Kapitalflussrechnung erforderlich macht (da<strong>zu</strong> DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 79, 83, 100). Etwas anderes soll nur<br />

im Fall eines Branchenwechsels gelten: Hier wird bereits dann von einer ZufÅhrung<br />

Åberwiegend neuen BetriebsvermÇgens ausgegangen, wenn fÅr die<br />

neue Tåtigkeit der Kapitalgesellschaft Åberwiegend WirtschaftsgÅter verwendet<br />

werden, die vor diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden waren (gegenståndliche<br />

Betrachtungsweise). Vorhandene, aber durch den Branchenwechsel<br />

ÅberflÅssig gewordene Gegenstånde bleiben dabei unberÅcksichtigt (vgl.<br />

BMF, Schreiben v. 16.4.1999, aaO, Tz. 10; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8<br />

KStG Rz. 189a; ablehnend Janssen, DStR 2001, 837 [839 f.]; Schloßmacher in<br />

HHR, § 8 KStG Anm. 460). Zur Frage, wann ein Branchenwechsel vorliegt vgl.<br />

DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 109 ff.<br />

249 Nach dem Urteil des BFH v. 8.8.2001 kann auch ein Aktivtausch eine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

darstellen (BFH v. 8.8.2001 – I R 29/00, BStBl. II 2002,<br />

392. s. da<strong>zu</strong> den inzwischen aufgehobenen Nichtanwendungserlass des BMF<br />

v. 17.6.2002 – IVA 2 - S 2745 - 8/02, BStBl. I 2002, 629 – aufgehoben durch BMF-<br />

Schreiben v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003, BStBl. I 2008, 1033, da<strong>zu</strong><br />

Anm. 134a; noch offen gelassen in BFH v. 26.5.2004 – I R 112/03, BStBl. II 2004,<br />

1085; da<strong>zu</strong> Neu/Watermeyer, DStR 2004, 2128 [2135]; nun ausdrÅcklich beståtigt<br />

durch BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986 = BB 2007, 2218 m.<br />

Anm. Behrens = GmbHR 2007, 1161 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade und<br />

BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = BB 2008, 31 m. Anm. Altrichter-<br />

Herzberg und BFH v. 29.4.2008 – I R 91/05, DStRE 2008, 1378 = GmbHR 2008,<br />

1225 m. Anm. Bock; BFH v. 1.7.2009 – I R 101/08, BFH/NV 2009, 1838; v.<br />

24.11.2009 – I R 56/09, GmbHR 2010, 654). Dem mit Urteil v. 8.8.2001 entschiedenen<br />

Fall lag ein Forderungstausch <strong>zu</strong>grunde: Die Kapitalgesellschaft trat<br />

eine Forderung an ihren neuen Anteilseigner ab und schloss mit ihm Åber die<br />

abgetretene Forderung einen (wohl långerfristigen) Darlehensvertrag, dh.<br />

wirtschaftlich verkaufte sie die Forderung unter Stundung des Kaufpreises.<br />

Der BFH bejahte eine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung aufgrund einer gegenståndlichen<br />

Betrachtung und hielt die Tatsache, dass sich das BetriebsvermÇgen<br />

im betragsmåßigen Saldo, dh. unter Verrechnung von Zugången und<br />

Abgången, nicht erhÇhte, fÅr unbeachtlich. Auf Grundlage dieser Entscheidung<br />

ist die Herkunft des neuen BetriebsvermÇgens nicht maßgebend, so dass<br />

142<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 249–250 § 10a<br />

selbst der eigenfinanzierte Erwerb von AnlagevermÇgen steuerschådlich sein<br />

kann (vgl. BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, DStR 2007, 1765; <strong>zu</strong>r Pråzisierung bei<br />

Ersatzbeschaffungen s. Anm. 250 aE).<br />

Die vom BFH vorgenommene gegenståndliche Betrachtung wurde im Schrifttum<br />

Åberwiegend abgelehnt (vgl. Hoffmann, GmbHR 2001, 1123 [1124]; Roser,<br />

GmbHR 2001, 1153 [1154 f.]; Frotscher, DStR 2002, 10 [13 ff.]; Simon in<br />

Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht, § 13 Rz. 62 ff.; Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8 KStG Rz. 188c; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG<br />

Rz. 79). Kritisiert wurde vor allem, dass es danach schon beim Austausch eines<br />

Wirtschaftsguts durch ein wert- und funktionsgleiches anderes Wirtschaftsgut<br />

<strong>zu</strong> einem Verlust der wirtschaftlichen Identitåt kommen kann (vgl. Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188c) und dass in dem dem Urteil v. 8.8.2001 <strong>zu</strong>grunde<br />

liegenden Sachverhalt die finanzielle Leistungsfåhigkeit der Verlustgesellschaft<br />

eher geschwåcht als gestårkt wurde (Roser, GmbHR 2001, 1153<br />

[1155]). Der BFH hatte dieser Kritik in dem inzwischen durch RevisionsrÅcknahme<br />

erledigten Beitrittsaufforderungsbeschluss v. 19.12.2001 – I R 58/01<br />

(BStBl. II 2002, 395; vgl. auch BFH v. 26.5.2004 – I R 112/03, BStBl. II 2004, 1085)<br />

grundsåtzliche Bedeutung beigemessen und die Bereitschaft geåußert, seine<br />

Auffassung <strong>zu</strong> Åberdenken. Ferner hatte der BFH im Urteil v. 26.5.2004 – I R<br />

112/03 (BStBl. II 2004, 1085 = FR 2004, 1387 m. Anm. Schloßmacher; ebenso<br />

FG Bremen v. 14.12.2004 – 1 K 88/04, EFG 2005, 730, rkr.) klargestellt, dass<br />

eine bloße Umschichtung der Finanzanlagen einer KÇrperschaft auch dann<br />

keine ZufÅhrung neuen BetriebsvermÇgens iS des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG darstellt,<br />

wenn sie bei gegenståndlicher Betrachtung eine Verånderung des bisherigen<br />

BetriebsvermÇgens <strong>zu</strong>r Folge hat. Der entschiedene Fall betraf die<br />

Umschichtung von Umlauf vermÇgen: Bankguthaben wurde teilweise <strong>zu</strong>r<br />

Schuldentilgung, teilweise fÅr die Anschaffung von Wertpapieren eingesetzt.<br />

Der BFH ließ allerdings die Frage, ob UmlaufvermÇgen in den BetriebsvermÇgensvergleich<br />

mit ein<strong>zu</strong>beziehen ist (s. Anm. 237), noch offen, was mE <strong>zu</strong>treffend<br />

dahingehend interpretiert wurde, dass der BFH fÅr Aktivtauschvorgånge<br />

im Bereich des UmlaufvermÇgens von der gegenståndlichen Betrachtungsweise<br />

abrÅckt (vgl. auch Schloßmacher, FR 2004, 1389; Lenz/Behnes,BB<br />

2005, 2219 [2223]). DarÅber hinaus wurde aus der Entscheidung des BFH eine<br />

generelle Unschådlichkeit des Aktivtauschs abgeleitet (so noch FG Berlin v.<br />

7.11.2005 – 8 K 8528/02, DStRE 2006, 610; aufgehoben durch BFH v. 5.6.2007 –<br />

I R 106/05). Dieser Interpretation hat BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05 (DStR 2007,<br />

1765 = BB 2007, 2218 m. Anm. Behrens = GmbHR 2007, 1161 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade;<br />

ebenso BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988;<br />

v. 29.4.2008 – I R 91/05, DStRE 2008, 1378 = GmbHR 2008, 1225 m. Anm. Bock)<br />

eine Absage erteilt. Danach ist die ZufÅhrung neuen BetriebsvermÇgens (weiterhin)<br />

anhand der gegenståndlichen Betrachtungsweise <strong>zu</strong> beurteilen, und es<br />

ist nicht erforderlich, dass das neue BetriebsvermÇgen von außen finanziert<br />

wird („<strong>zu</strong>mindest“ dann, wenn die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung mit einem<br />

Branchenwechsel einhergeht); <strong>zu</strong>r Frage, wann ein Branchenwechsel vorliegt,<br />

vgl. FG Hamburg v. 20.4.2010 – 3 K 65/08, rkr., BeckRS 2010, 26029376). Auch<br />

die Umschichtung von AktivvermÇgen kann daher schådlich sein (vgl. fÅr den<br />

Fall einer Tochter-Mutter-Veschmel<strong>zu</strong>ng auch BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09,<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

143<br />

250


§ 10a Anm. 250–252 Gewerbeverlust<br />

BB 2011, 494). Dies gilt – in Abgren<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> BFH v. 26.5.2004 – I R 112/03<br />

(BStBl. II 2004, 1085) – (nur) dann nicht, wenn ein vorhandenes Wirtschaftsgut<br />

(Finanzanlage) durch ein funktional gleichwertiges ersetzt wird (vgl. auch FG<br />

Berlin-Brandenburg v. 14.1.2009 – 12 K 8489/05 B, EFG 2009, 683: Unschådlichkeit<br />

einer Verånderung der Finanzierungsstruktur, wenn kein Branchenwechsel<br />

vorliegt; FG Berlin-Brandenburg v. 14.1.2009 – 12 K 8293/06 B, DStRE<br />

2009, 864, rkr.: Unschådlichkeit der ZufÅhrung von Geld in Form von Gesellschafterdarlehen,<br />

wenn kein Branchenwechsel vorliegt). Vgl. <strong>zu</strong>dem<br />

Anm. 253 und 267 <strong>zu</strong>r mE erforderlichen wertenden Beurteilung der „Neuheit“<br />

des BetriebsvermÇgens.<br />

251 Die Finanzverwaltung wendet die Urteile des BFH v. 5.6.2007 (I R 106/05, I R<br />

9/06; s. Anm. 250) grundsåtzlich Åber die entschiedenen Einzelfålle hinaus an;<br />

soweit Tz. 9 Satz 1 des BMF-Schreibens v. 16.4.1999 (IV C 6 - S 2745 - 12/99,<br />

BStBl. I 1999, 455) fÅr den Branchenwechsel oder damit vergleichbare Sachverhalte<br />

eine anderer Auslegung <strong>zu</strong> entnehmen ist, hålt das BMF hieran nicht<br />

mehr fest (BMF, Schr. v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003, BStBl. I 2008,<br />

1033; vgl. aber auch OFD MÅnster v. 13.8.2009 – S 2745 - 140 - St 13-33, FR<br />

2009, 973). Soweit allerdings die Ûbertragung von mehr als 50 % der Anteile<br />

vor dem 1.1.2009 stattgefunden hat, kann Tz. 9 (und Tz. 33, da<strong>zu</strong> Anm. 326)<br />

des BMF-Schreibens v. 16.4.1999 auf Antrag aus GrÅnden des Vertrauensschutzes<br />

weiterhin <strong>zu</strong>gunsten des Steuerpflichtigen angewendet werden. Damit<br />

kann in diesem Fall die PrÅfung der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung nach<br />

saldenmåßiger statt nach gegenståndlicher Betrachtungsweise erfolgen.<br />

252 Stellungnahme: Eine Beschrånkung auf VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen von außen,<br />

die das BetriebsvermÇgen der Kapitalgesellschaft per saldo erhÇhen, wåre<br />

sachgerecht, wenn § 8 Abs. 4 KStG eine an der Mantelkauf-Rechtsprechung<br />

angelehnte Missbrauchsvorschrift wåre (s. Anm. 208). Denn der Mantelkauf<br />

war dadurch charakterisiert, dass der Neugesellschafter die Verlustgesellschaft<br />

durch VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen wiederbelebte (s. Anm. 92). Eine an diesem<br />

Regelungszweck orientierte Auslegung mÅsste daher VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen,<br />

die dem Neugesellschafter nicht <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen sind, aus der Betrachtung<br />

ausblenden (so Simon in Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht, § 13<br />

Rz. 44; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1273.3.1; Gosch/Roser, KStG, 2.<br />

Aufl. 2009, § 8 KStG Rz. 1420). Allerdings låsst sich ein solcher Regelungszweck<br />

mE nicht aus dem Gesetzeswortlaut ableiten (s. Anm. 210). Geht man<br />

entsprechend den vom BFH in seinen Urteilen v. 20.8.2003 (I R 61/01 und I R<br />

81/02, BStBl. II 2004, 616 und 614) entwickelten Grundsåtzen (s. Anm. 209) davon<br />

aus, dass § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG jegliche Ønderungen des sachlichen<br />

Substrats (wirtschaftliche Identitåt im engeren Sinne) einer Kapitalgesellschaft<br />

erfasst, die im Zusammenhang mit einer mehrheitlichen AnteilsÅbertragung<br />

stehen, ist eine Beschrånkung des Anwendungsbereichs der Norm auf<br />

VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen von außen weder geboten noch sachgerecht. Denn<br />

das sachliche Substrat einer Gesellschaft kann auch betroffen sein, wenn die<br />

Gesellschaft in einem anderen Gewerbezweig tåtig wird oder allgemein wenn<br />

sich „Struktur, Zusammenset<strong>zu</strong>ng und wirtschaftliche Bedeutung“ des BetriebsvermÇgens<br />

in vollem Umfang åndern (BFH v. 8.8.2001 – I R 29/00,<br />

BStBl. II 2002, 392; <strong>zu</strong>letzt beståtigt durch BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BFH/<br />

144<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 252–253 § 10a<br />

NV 2007, 2200). Ob dieser Identitåtswandel Åber einen Verkauf vorhandener<br />

Aktiva, die Verwendung laufender oder thesaurierter Gewinne oder die ZufÅhrung<br />

von Eigen- oder Fremdkapital finanziert ist, ist unbeachtlich, weil die<br />

– so verstandene – wirtschaftliche Identitåt der Gesellschaft grundsåtzlich<br />

nicht durch die Mittelherkunft beeinflusst wird. Es wåre mE nicht sachgerecht,<br />

den Tatbestand des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG zwar dann <strong>zu</strong> bejahen, wenn die<br />

Anteilseigner die Anschaffung von AnlagevermÇgen durch die Verlustgesellschaft<br />

Åber Einlagen finanzieren und die Verlustgesellschaft zB ihre Lohnaufwendungen<br />

aus Eigenmitteln bestreitet, nicht aber, wenn die LÇhne Åber Einlagen<br />

und die Investitionen aus Eigenmitteln finanziert werden (sog. Zwei-<br />

Konten-Modell, vgl. DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 83;<br />

dagegen Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 189b): Das sachliche Substrat<br />

einer Kapitalgesellschaft hångt weder von der Mittelherkunft ab noch davon,<br />

ob die Gesellschaft per saldo Åber mehr VermÇgen verfÅgt. Die Gefahr einer<br />

Ausuferung der Vorschrift besteht bei dieser Auslegung mE <strong>zu</strong>mindest<br />

dann nicht, wenn man das „Ûberwiegen“ des neuen BetriebsvermÇgens nicht<br />

ausschließlich quantitativ beurteilt (s. Anm. 253) und <strong>zu</strong>dem einen engen<br />

sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen AnteilsÅbertragung und<br />

FortfÅhrung des Geschåftsbetriebs mit Åberwiegend neuem BetriebsvermÇgen<br />

fÅr erforderlich hålt (s. Anm. 277 ff.).<br />

Bestimmt man das sachliche Substrat einer Kapitalgesellschaft in Ûbereinstimmung<br />

mit den vom BFH in seinen Urteilen v. 20.8.2003 (I R 61/01 und I R 81/02,<br />

BStBl. II 2004, 616 und 614) entwickelten Grundsåtzen (s. Anm. 209) anhand<br />

der Struktur, Zusammenset<strong>zu</strong>ng und wirtschaftlichen Bedeutung des BetriebsvermÇgens,<br />

wåre es mE sachgerecht, die Frage, ob die Gesellschaft ihren<br />

Geschåftsbetrieb mit Åberwiegend neuem BetriebsvermÇgen fortfÅhrt oder<br />

wieder aufnimmt, qualitativ anhand der funktionalen Bedeutung des VermÇgens<br />

fÅr das Unternehmen der Kapitalgesellschaft <strong>zu</strong> bestimmen (so der<br />

Vorschlag von KÇhler, DStR 2003, 1011; ablehnend DÇtsch in DÇtsch/Jost/<br />

Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 78; anders auch BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09,<br />

BB 2011, 494: ist der Teilwert des <strong>zu</strong>gefÅhrten BetriebsvermÇgens auch nur geringfÅgig<br />

hÇher als das ursprÅngliche AktivvermÇgen, ist der Tatbestand des<br />

§ 8 Abs. 4 KStG erfÅllt). Neues BetriebsvermÇgen wåre hiernach nur solches<br />

VermÇgen, das gemessen an Art, Inhalt und Umfang der Geschåftståtigkeit<br />

der Kapitalgesellschaft <strong>zu</strong>m Zeitpunkt seines Erwerbs nicht benÇtigt wird, und<br />

Åberwiegend neu wåre dieses VermÇgen, wenn es die fÅr die wirtschaftliche<br />

Identitåt maßgebenden Geschåftsgrundlagen der Gesellschaft prågend veråndert<br />

(vgl. auch den Ansatz von DÇtsch in FS Wassermeyer, 2005, 113 [127]:<br />

Es kÇnnte darauf abgestellt werden, „ob das <strong>zu</strong>gefÅhrte prågende BetriebsvermÇgen<br />

dem Unternehmen ein neues Schwergewicht gibt [nicht zwingend<br />

wertmåßig].“). Anhaltspunkte hierfÅr kÇnnten die <strong>zu</strong>r Bestimmung der Unternehmensidentitåt<br />

entwickelten Kriterien liefern. Ein Wertvergleich des <strong>zu</strong>gefÅhrten<br />

mit dem bereits vorhandenen VermÇgen (s. Anm. 260 ff.) håtte demgegenÅber<br />

allenfalls eine (widerlegbare) Indizfunktion. Soweit der Kapitalgesellschaft<br />

VermÇgen <strong>zu</strong>gefÅhrt wird, das fÅr die laufende Geschåftståtigkeit<br />

erforderlich ist, handelt es sich daher nicht um neues BetriebsvermÇgen; insbesondere<br />

Ersatzbeschaffungen funktionsgleicher WirtschaftsgÅter sind da-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

145<br />

253


§ 10a Anm. 253–256 Gewerbeverlust<br />

mit stets unschådlich. Eine solche wertende Betrachtung befÅrwortet auch der<br />

BFH in seinen jÅngsten Urteilen (BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008,<br />

986; da<strong>zu</strong> Prokscha, BB 2008, 310). Dass das Gesetz in § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG<br />

die FortfÅhrung des Geschåftsbetriebs „in einem nach dem Gesamtbild der<br />

wirtschaftlichen Verhåltnisse vergleichbaren Umfang“ <strong>zu</strong>r Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr<br />

die Unschådlichkeit der ZufÅhrung Åberwiegend neuen BetriebsvermÇgens<br />

in Sanierungsfållen macht, steht dieser Auslegung mE nicht entgegen (aA<br />

Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 187a). Das gilt <strong>zu</strong>mindest dann,<br />

wenn man das FortfÅhrungserfordernis des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG <strong>zu</strong>kunftsbezogen<br />

interpretiert und verlangt, dass der Geschåftsbetrieb nach der <strong>zu</strong> Sanierungszwecken<br />

vorgenommenen BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung in einem<br />

vergleichbaren Umfang fortgefÅhrt wird (s. Anm. 318).<br />

254<br />

255<br />

(bbb) VermÇgensverbesserung ohne Auswirkungen auf das AnlagevermÇgen<br />

Eine Verbesserung der VermÇgenssituation der Kapitalgesellschaft, die sich<br />

bilanziell nicht oder nur auf der Passivseite auswirkt, stellt keine ZufÅhrung<br />

neuen BetriebsvermÇgens iS des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG dar. Das Gleiche gilt<br />

nach Auffassung des BFH, wenn UmlaufvermÇgen <strong>zu</strong>gefÅhrt wird (s.<br />

Anm. 237); neues BetriebsvermÇgen liegt danach grundsåtzlich erst dann vor,<br />

wenn die Kapitalgesellschaft mit den ihr <strong>zu</strong>gefÅhrten Mitteln AnlagevermÇgen<br />

erwirbt (s. Anm. 249), dort auch <strong>zu</strong> denkbaren Ausnahmen (insb. Branchenwechsel).<br />

Daher ist beispielsweise der Verzicht auf Gesellschafterdarlehen oder die Einråumung<br />

von Sicherheiten fÅr Bankdarlehen nicht von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG<br />

erfasst. Gleiches gilt fÅr Nut<strong>zu</strong>ngseinlagen in oder die Verpachtung lukrativer<br />

Betriebsteile an die Kapitalgesellschaft. Ebenfalls diskutiert wird in diesem<br />

Zusammenhang die Verlagerung von gewinntråchtigen Geschåften in die<br />

Verlustgesellschaft (zB durch Erteilung einer Auftragsarbeit fÅr die Muttergesellschaft)<br />

oder ein Forderungserlass gegen Besserungsschein (vgl. die Ûbersicht<br />

bei DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 67 ff. mwN). Zu<br />

prÅfen ist jedoch jeweils, ob die Maßnahmen der ZufÅhrung neuen BetriebsvermÇgens<br />

wirtschaftlich vergleichbar sind und damit ein Fall des § 8 Abs. 4<br />

Satz 1 KStG vorliegt (s. Anm. 298 ff.).<br />

256<br />

(ccc) Neues VermÇgen der Kapitalgesellschaft/VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung an<br />

Tochter- bzw. Muttergesellschaften<br />

Das BetriebsvermÇgen muss fÅr die Kapitalgesellschaft, die den Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

geltend macht, neu sein. BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen an Tochtergesellschaften<br />

der Kapitalgesellschaft sind grundsåtzlich unbeachtlich. Eine durch<br />

die ZufÅhrung an die Tochterkapitalgesellschaft ggf. ausgelÇste Wertsteigerung<br />

der Anteile an der Tochtergesellschaft stellt nach hM keine ZufÅhrung<br />

neuen BetriebsvermÇgens an die Verlustgesellschaft dar (Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8 KStG Rz. 187).<br />

146<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 257–260 § 10a<br />

VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen an Tochtergesellschaften kÇnnen jedoch schådlich<br />

sein, wenn das VermÇgen der Tochtergesellschaft der Verlustgesellschaft <strong>zu</strong>gerechnet<br />

wird. Eine solche Zurechnung nimmt die Finanzverwaltung bei Organgesellschaften<br />

und (vermÇgensverwaltenden) Tochterpersonengesellschaften<br />

vor (s. Anm. 245 f.). Auch in diesem Fall wåre die VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

an die Tochtergesellschaft allerdings unschådlich, soweit sie durch die<br />

Verlustgesellschaft erfolgt (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG<br />

Rz. 120).<br />

Die von der Finanzverwaltung befÅrwortete Zurechnung des BetriebsvermÇgens<br />

der Organgesellschaft an den Organtråger (s. Anm. 245) ist allein fÅr<br />

die Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG auf Fehlbetråge des Organtrågers von Bedeutung.<br />

FÅr die Frage, ob § 8 Abs. 4 KStG der Ab<strong>zu</strong>gsfåhigkeit vororganschaftlicher<br />

Gewerbeverluste der Organgesellschaft nach Beendigung der<br />

Organschaft entgegensteht, ist weiterhin auf das BetriebsvermÇgen der Organgesellschaft<br />

ab<strong>zu</strong>stellen (vgl. DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4<br />

KStG Rz. 116). Wird der Organgesellschaft daher von außerhalb des Organkreises<br />

BetriebsvermÇgen <strong>zu</strong>gefÅhrt, kÇnnte dies – bei Zugrundelegung der<br />

Auffassung der Finanzverwaltung – <strong>zu</strong>m Untergang von Verlustvortrågen sowohl<br />

des Organtrågers als auch der Organgesellschaft fÅhren.<br />

Unschådlich ist die ZufÅhrung von BetriebsvermÇgen an die (Groß-)Muttergesellschaft<br />

der Verlustgesellschaft. Wird daher zwischen Verlustgesellschaft<br />

und Anteilseigner eine weitere Kapitalgesellschaft installiert und diese mit<br />

neuem BetriebsvermÇgen ausgestattet, ist § 8 Abs. 4 KStG grundsåtzlich nicht<br />

anwendbar. Das gilt – vorbehaltlich § 42 AO – mE auch dann, wenn die Verlustgesellschaft<br />

anschließend upstream auf die zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft<br />

verschmolzen wird. Der Verlustvortrag war nach Maßgabe des<br />

§ 12 Abs. 3 UmwStG aF bei der Ûbernehmerin nutzbar. Seit Inkrafttreten des<br />

SEStEG sind derartige Gestaltungen nicht mehr mÇglich, da ein vortragsfåhiger<br />

Fehlbetrag der Ûbertragerin untergeht (§§ 19 Abs. 2, 12 Abs. 3, 4 Abs. 2<br />

Satz 2 UmwStG, s. Anm. 85 f.). Zur Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG bei zeitlich<br />

umgekehrter Reihenfolge (ZufÅhrung von BetriebsvermÇgen nach der<br />

Verschmel<strong>zu</strong>ng) s. Anm. 272.<br />

257<br />

258<br />

259<br />

(cc) Ûberwiegen des neuen BetriebsvermÇgens<br />

Nach bisher hM Åberwiegt das neue (<strong>zu</strong>gefÅhrte) BetriebsvermÇgen, wenn<br />

der Wert des <strong>zu</strong>gefÅhrten BetriebsvermÇgens (VergleichsgrÇße II) den Wert<br />

des vorhandenen BetriebsvermÇgens (VergleichsgrÇße I) Åbersteigt. Ausschlaggebend<br />

sollte bisher ein wertmåßiger BetriebsvermÇgensvergleich<br />

sein, der die Funktion des neuen BetriebsvermÇgens unberÅcksichtigt låsst<br />

(<strong>zu</strong>r Kritik s. Anm. 253). Allerdings geht inzwischen auch der BFH davon aus,<br />

dass eine ausschließlich wertmåßige Betrachtung des BetriebsvermÇgens der<br />

Bedeutung des Tatbestandsmerkmals „neues BetriebsvermÇgen“ nicht gerecht<br />

wird (da<strong>zu</strong> nåher Anm. 267).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

147<br />

260


§ 10a Anm. 261–262 Gewerbeverlust<br />

(aaa) VergleichsgrÇße I<br />

261 Die VergleichsgrÇße I entspricht dem Teilwert des bereits vorhandenen BetriebsvermÇgens.<br />

Nach Auffassung der Finanzverwaltung und wohl hM ist<br />

die VergleichsgrÇße I grundsåtzlich bezogen auf den Zeitpunkt der Anteils-<br />

Åbertragung <strong>zu</strong> ermitteln (BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494; BMF,<br />

Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 9 Satz 1;<br />

Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 453; Gosch/Roser, KStG, 2. Aufl. 2009,<br />

§ 8 KStG Rz. 1435; <strong>zu</strong> Ausnahmen s. Anm. 268 ff.). Erfolgt die AnteilsÅbertragung<br />

in mehreren Erwerbsvorgången, soll der Zeitpunkt maßgebend sein, <strong>zu</strong><br />

dem erstmals die 50 %-Grenze Åberschritten wird (Lang in Ernst & Young, § 8<br />

KStG Rz. 1276.3; Brendt in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 8 Abs. 4 KStG<br />

aF/Anh § 8c KStG Rz. 106; aA BlÅmich/Rengers, § 8 KStG Rz. 939), so dass VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen<br />

vor dem Ûberschreiten dieser Grenze die VergleichsgrÇße<br />

I erhÇhen (Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1276.4). Nach hM ist die VergleichsgrÇße<br />

I eine FixgrÇße. Wertverånderungen des in die VergleichsgrÇße I<br />

einfließenden BetriebsvermÇgens nach dem Zeitpunkt der AnteilsÅbertragung<br />

bleiben im Rahmen der Vergleichsrechnung unberÅcksichtigt (Schloßmacher<br />

in HHR, § 8 KStG Anm. 453; DÇtsch in DÇtsch/ Jost/Pung/Witt, § 8<br />

Abs. 4 KStG Rz. 92; vgl. aber Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1276.2: Wertminderungen<br />

sind <strong>zu</strong> berÅcksichtigen; aA Gosch/Roser, KStG, 2. Aufl. 2009,<br />

§ 8 KStG Rz. 1440a).<br />

262 FÅr die Auffassung der hM sprechen PraktikabilitåtsÅberlegungen. Sie ist jedoch<br />

nach der Neufassung des § 8 Abs. 4 KStG durch das Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng<br />

der Unternehmenssteuerreform <strong>zu</strong> hinterfragen, da hiernach nicht mehr<br />

erforderlich ist, dass die VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung dem Anteilseignerwechsel<br />

nachfolgt. Daher befÅrwortet Frotscher, der VergleichsgrÇße I das im Zeitpunkt<br />

der VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung vorhandene BetriebsvermÇgen <strong>zu</strong>grunde <strong>zu</strong><br />

legen (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 189c; vgl. <strong>zu</strong> § 8 Abs. 4 KStG<br />

aF auch BFH v. 8.8.2001 – I R 29/00, BStBl. II 2002, 392: „wenn die Neu<strong>zu</strong>fÅhrungen<br />

den Bestand des vor der ZufÅhrung vorhandenen RestaktivvermÇgens<br />

Åbersteigen“; da<strong>zu</strong> Frey/Weißgerber, GmbHR 2002, 135 [137]; Biermann/Rau,<br />

GmbHR 2002, 509 [513 ff.]). Erfolgt die VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung in mehreren<br />

Schritten, ist nach Frotscher auf den Bestand des im Zeitpunkt der ersten VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

vorhandenen VermÇgens ab<strong>zu</strong>stellen. Allerdings soll dieser<br />

Bestand <strong>zu</strong> jedem einzelnen ZufÅhrungsstichtag neu bewertet werden.<br />

Auf jeden ZufÅhrungsstichtag ist sodann der Prozentsatz des jeweils neu <strong>zu</strong>gefÅhrten<br />

VermÇgens im Verhåltnis <strong>zu</strong>m ursprÅnglich vorhandenen (neu bewerteten)<br />

VermÇgen <strong>zu</strong> ermitteln und mit den Prozentsåtzen der frÅheren ZufÅhrungen<br />

<strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>rechnen. Das neue VermÇgen Åberwiegt, wenn die Summe<br />

der so ermittelten Prozentsåtze 50 % Åbersteigt (Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8 KStG Rz. 189c). Die Auffassung von Frotscher fÅhrt <strong>zu</strong> einer<br />

Dynamisierung der VergleichsgrÇße I (vgl. da<strong>zu</strong> auch Frey/Weißgerber,<br />

GmbHR 2002, 135 [137]). Ob es dadurch „deutlich frÅher“ <strong>zu</strong> einer Verdoppelung<br />

des BetriebsvermÇgens kommen kann (so DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/<br />

Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 92), hångt davon ab, ob der Teilwert des vorhandenen<br />

VermÇgens fållt oder steigt (gegen eine BerÅcksichtigung von Wertsteigerungen<br />

allerdings Frey/Weißgerber, GmbHR 2002, 135 [137]).<br />

148<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 263–265 § 10a<br />

(bbb) VergleichsgrÇße II<br />

Die VergleichsgrÇße II entspricht dem Teilwert des neuen (<strong>zu</strong>gefÅhrten) BetriebsvermÇgens.<br />

Ab<strong>zu</strong>stellen ist nach (<strong>zu</strong>mindest bisher) hM und ursprÅng-<br />

263<br />

licher Auffassung der Finanzverwaltung auf das Åber Einlagen und Fremdmittel<br />

von außen <strong>zu</strong>gefÅhrte bzw. finanzierte AktivvermÇgen (s. Anm. 247 f.),<br />

wåhrend der BFH – und nun auch die Finanzverwaltung – den gegenståndlichen<br />

Zugang <strong>zu</strong>m AnlagevermÇgen der Kapitalgesellschaft fÅr maßgebend<br />

hålt (s. Anm. 249). Wertsteigerungen des vorhandenen VermÇgens sind bei<br />

der Ermittlung der VergleichsgrÇße II nicht <strong>zu</strong> berÅcksichtigen (vgl. Lang in<br />

Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1276.2).<br />

Nach Auffassung der Finanzverwaltung fließen såmtliche BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen<br />

in die VergleichsgrÇße II ein, die innerhalb von fÅnf Jahren nach<br />

264<br />

der schådlichen AnteilsÅbertragung erfolgen (BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6<br />

- S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 12). Dies findet im Gesetz keine StÅtze<br />

(ablehnend auch Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 453). Eine Addition<br />

einzelner VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen kann nur erfolgen, wenn diese jeweils im<br />

sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der AnteilsÅbertragung stehen<br />

(s. Anm. 277 ff.).<br />

BerÅcksichtigte man bei Ermittlung der VergleichsgrÇße II såmtliche VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen<br />

von außen, ohne Zugånge und Abgången <strong>zu</strong> saldieren<br />

265<br />

(sog. Zugangsbetrachtung), ergåben sich insbesondere dann kaum sachgerechte<br />

Ergebnisse, wenn man innerhalb des FÅnf-Jahres-Zeitraums eine taggenaue<br />

Betrachtung fÅr erforderlich hålt (s. Anm. 266) und auch UmlaufvermÇgen<br />

in den BetriebsvermÇgensvergleich einbeziehen will (s. Anm. 239).<br />

Eine Zugangsbetrachtung kÇnnte in diesem Fall <strong>zu</strong>r Folge haben, dass beispielsweise<br />

schon durch gewÇhnliche Schwankungen eines Kontokorrentkontos<br />

die schådliche ZufÅhrungsgrenze Åberschritten wird (Herzberg, DStR<br />

2001, 553 [557]; Janssen, DStR 2001, 837 [839]). Daher wird in der Literatur (<strong>zu</strong>mindest<br />

im Bereich des UmlaufvermÇgens) eine Saldierung der Zu-und Abgånge<br />

<strong>zu</strong> den einzelnen Aktivposten der Bilanz befÅrwortet (sog. Saldobetrachtung)<br />

und als BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung nur der Unterschiedsbetrag<br />

zwischen dem BetriebsvermÇgen im Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels<br />

(s. Anm. 261 f.) und demjenigen <strong>zu</strong>m jeweiligen Vergleichszeitpunkt<br />

gewertet (Janssen, DStR 2001, 837 [839]; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG<br />

Rz. 1273.1.5 ff.; Brendt in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 8 Abs. 4 KStG aF/<br />

Anh § 8c KStG Rz. 74, 112; fÅr eine Saldierung ohne Differenzierung nach Anlage-<br />

und UmlaufvermÇgen Frey/Weißgeber, GmbHR 2002, 135 [136]; Lenz/<br />

Behnes, BB 2005, 2219 [2222]; Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 453;<br />

DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 97 f.). Da es bei der Saldierung<br />

nicht darauf ankommt, ob die Zu-und Abgånge sachlich <strong>zu</strong>sammenhången,<br />

kann die Wahl des Vergleichszeitpunkts mitunter Åber das Ergebnis<br />

des BetriebsvermÇgensvergleichs entscheiden. Nach ursprÅnglicher Auffassung<br />

der Finanzverwaltung sollten in die Saldobetrachtung GewinnausschÅttungen<br />

der Kapitalgesellschaft nicht einbezogen werden, so dass beim sog.<br />

SchÅtt-aus-hol-<strong>zu</strong>rÅck-Verfahren die Einlage ungekÅrzt als ZufÅhrung <strong>zu</strong> erfassen<br />

ist (so die inzwischen aufgehobene Tz. 9 Satz 4 des BMF, Schr. v.<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

149


§ 10a Anm. 265–267 Gewerbeverlust<br />

16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455, aufgehoben durch BMF v.<br />

4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003, BStBl. I 2008, 1033, da<strong>zu</strong> Anm. 267;<br />

DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 101; aA Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188). Die AusschÅttung und Wiedereinlage von<br />

Gewinnen wurde damit anders behandelt als ihre Thesaurierung (kritisch<br />

Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1274).<br />

266 Nach hM kÇnnen auch unterjåhrige BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen schådlich<br />

sein, und zwar selbst dann, wenn das <strong>zu</strong>gefÅhrte VermÇgen am Ende des<br />

EZ nicht mehr vorhanden ist (vgl. FG MÅnchen v. 27.4.2001 – 6 K 5198/99, EFG<br />

2001, 1237, rkr.: Darlehens<strong>zu</strong>fÅhrung und RÅckzahlung innerhalb eines EZ;<br />

ablehnend Gosch/Roser, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8 KStG Rz. 1419). Die VergleichsgrÇße<br />

II ist daher grundsåtzlich fortlaufend <strong>zu</strong> ermitteln. Zur Vermeidung<br />

praktischer Probleme wird vorgeschlagen, die VergleichsgrÇße II lediglich<br />

<strong>zu</strong> den Bilanzstichtagen <strong>zu</strong> bestimmen und eine unterjåhrige Betrachtung<br />

nur bei Bedarf vor<strong>zu</strong>nehmen (vgl. DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4<br />

KStG Rz. 93, 95; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1277.2).<br />

267 Auf Grundlage der vom BFH erstmals im Urteil v. 8.8.2001 (I R 29/00, BStBl. II<br />

2002, 392; beståtigt durch BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986;<br />

v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988; v. 29.4.2008 – I R 91/05, DStRE 2008,<br />

1378 = GmbHR 2008, 1225 m. Anm. Bock; BFH v. 24.11.2009 – I R 56/09,<br />

GmbHR 2010, 654) vertretenen gegenståndlichen Betrachtungsweise ist eine<br />

reine Zugangsbetrachtung vor<strong>zu</strong>nehmen (s. Anm. 229 f.). Dieser Auffassung<br />

hat sich die Finanzverwaltung im Grundsatz angeschlossen (BMF, Schr.<br />

v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003, BStBl. I 2008, 1033); soweit allerdings<br />

die Ûbertragung von mehr als 50 % der Anteile vor dem 1.1.2009 stattgefunden<br />

hat, kann Tz. 9 des BMF-Schreibens v. 16.4.1999 auf Antrag aus GrÅnden des<br />

Vertrauensschutzes weiterhin <strong>zu</strong>gunsten des Steuerpflichtigen angewendet<br />

werden (da<strong>zu</strong> Anm. 251). Ob das neue BetriebsvermÇgen unter Verrechnung<br />

von Zugången und Abgången im betragsmåßigen Saldo hÇher ist als das ursprÅngliche<br />

BetriebsvermÇgen, ist unbeachtlich. FÅr die Frage, ob das neue<br />

BetriebsvermÇgen das vorhandene Åberwiegt, sollte mE allerdings dem Wert<br />

des <strong>zu</strong>gefÅhrten VermÇgens nur eine (widerlegbare) Indizwirkung beigemessen<br />

werden (s. Anm. 253). Auch der BFH betont in seinem Urteil v. 5.6.2007<br />

(BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986), dass eine ausschließlich wertmåßige<br />

Betrachtung des neuen BetriebsvermÇgens der Tatsache nicht gerecht<br />

wÅrde, dass Åber das Tatbestandsmerkmal des neuen BetriebsvermÇgens jegliche<br />

Ønderungen der Struktur, Zusammenset<strong>zu</strong>ng und wirtschaftlichen Bedeutung<br />

des BetriebsvermÇgens erfasst werden soll, die typischerweise darauf<br />

schließen lassen, dass bei der AnteilsÅbertragung nicht der Geschåftsbetrieb<br />

in seiner bisherigen Form erworben werden sollte. Daher fordert er eine wertende<br />

Betrachtung der Anschaffungen, wenngleich er im Urteil v. 5.6.2007 – I<br />

R 106/05 den Erwerb Åberwiegend neuen BetriebsvermÇgens mit Blick auf die<br />

Buchwerte des VermÇgens der Gesellschaft prÅft (ebenso BFH v. 24.11.2009 – I<br />

R 56/09, GmbHR 2010, 654: Bestand des AnlagevermÇgens um fast das Doppelte<br />

angestiegen; BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494). Aufgrund der<br />

mE erforderlichen wertenden Betrachtung war daher im Ergebnis auch der<br />

Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg v. 15.10.2008 – 12 K 8367/05 B, EFG<br />

150<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 267–269 § 10a<br />

2009, 216 ) <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen, dass die ErhÇhung eines (<strong>zu</strong>m AnlagevermÇgen gehÇrenden)<br />

Anspruchs aus einer RÅckdeckungsversicherung aufgrund von<br />

Pråmienzahlungen kein tatbestandliches neues BetriebsvermÇgen darstellt<br />

(im Ergebnis ebenso die Revisionsentscheidung des BFH v. 1.7.2009 – I R<br />

101/08, BFH/NV 2009, 1838: weder sachlicher Zusammenhang mit Anteils-<br />

Åbertragung noch mit dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Tåtigkeit der Kapitalgesellschaft).<br />

Zwar liegt bei gegenståndlicher Betrachtung quantitativ<br />

eine (innenfinanzierte) ErhÇhung des BetriebsvermÇgens vor, diese hat jedoch<br />

qualitativ keinerlei Auswirkung auf die wirtschaftliche Bedeutung des BetriebsvermÇgens<br />

und den Fortbestand des Geschåftsbetriebs in seiner bisherigen<br />

Form. Gleiches gilt, wenn sich das UmlaufvermÇgen einer Gesellschaft<br />

aus den Ergebnissen der laufenden BetriebsfÅhrung erhÇht, wenn die Gesellschaft<br />

ihren Geschåftsbetrieb ohne Ønderung des Unternehmensgegenstandes<br />

innerhalb derselben Branche fortsetzt (FG KÇln v. 12.2.2009 – 13 K 787/05,<br />

EFG 2009, 967 m. Anm. Herlinghaus; FG Berlin-Brandenburg v. 6.5.2009 –12 K<br />

12197/08, DStRE 2009, 1450, rkr.).<br />

(ccc) Besonderheiten bei Ønderung des steuerlichen Status einer Tochtergesellschaft<br />

sowie bei Umwandlungsmaßnahmen<br />

Bei der Ermittlung der VergleichsgrÇßen sind bei der BegrÅndung bzw. Beendigung<br />

einer Organschaft <strong>zu</strong> einer Tochtergesellschaft, beim Formwechsel ei-<br />

268<br />

ner Tochtergesellschaft sowie bei einer Verschmel<strong>zu</strong>ng der bzw. auf die Verlustgesellschaft<br />

im Betrachtungszeitraum die folgenden Besonderheiten <strong>zu</strong><br />

beachten:<br />

– BegrÅndung/Beendigung von Organschaften: Nach Auffassung der Finanzverwaltung<br />

ist der Kapitalgesellschaft das BetriebsvermÇgen ihrer Or-<br />

269<br />

gangesellschaften <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen (Anm. 245). Daher kann es bei BegrÅndung<br />

einer Organschaft im Betrachtungszeitraum rechnerisch <strong>zu</strong> einer BetriebsvermÇgensmehrung<br />

bei der Kapitalgesellschaft kommen, da an die Stelle<br />

des (auch die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft berÅcksichtigenden)<br />

Teilwerts der Anteile an der Tochtergesellschaft das BetriebsvermÇgen<br />

(dh. das Aktiv- bzw. AnlagevermÇgen) der Tochtergesellschaft tritt. Umgekehrt<br />

kann sich das BetriebsvermÇgen entsprechend bei Beendigung einer<br />

Organschaft vermindern.<br />

Die hM klammert derartige Vorgånge grundsåtzlich aus dem BetriebsvermÇgensvergleich<br />

aus, indem sie die VergleichsgrÇße I (rÅckblickend) unter<br />

der Annahme ermittelt, dass der geånderte Status von Anfang an bestanden<br />

hat (rÅckwirkende Anpassung der VergleichsgrÇße I; so Dieterlen/Strnad,<br />

GmbHR 2000, 260 [262 f.]; Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 454;<br />

DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 117 f.; Gosch/Roser,<br />

KStG, 2. Aufl. 2009, § 8 KStG Rz. 1439; aA fÅr den Fall, dass die Beteiligung<br />

an der Organgesellschaft erst nach dem schådlichen Anteilseignerwechsel<br />

erworben wurde Orth in Herzig, Organschaft, 2003, 188). Dies wird damit<br />

begrÅndet, dass keine VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung von außen vorliege bzw. dass<br />

bei eigenfinanziertem Erwerb der Beteiligung an der Organgesellschaft<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

151


§ 10a Anm. 269–272 Gewerbeverlust<br />

270<br />

271<br />

272<br />

auch die BetriebsvermÇgensmehrung durch BegrÅndung der Organschaft<br />

eigenfinanziert sei.<br />

– Formwechsel der Tochtergesellschaft: Die hM befÅrwortet eine rÅckwirkende<br />

Anpassung der VergleichsgrÇße I auch in den Fållen, in denen ein<br />

Formwechsel der Tochtergesellschaft im Betrachtungszeitraum Auswirkungen<br />

auf das BetriebsvermÇgen der Kapitalgesellschaft hat (vgl. Dieterlen/<br />

Strnad, GmbHR 2000, 260 [262]).<br />

– Verschmel<strong>zu</strong>ng auf die Verlustgesellschaft (Verlustgesellschaft als aufnehmende<br />

Gesellschaft): Eine Verschmel<strong>zu</strong>ng auf die Verlustgesellschaft stellt<br />

grundsåtzlich eine VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung an die Verlustgesellschaft dar (s.<br />

Anm. 247; BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494). Etwas anderes gilt<br />

bei einer Upstream-Verschmel<strong>zu</strong>ng einer or-ganschaftlich verbundenen<br />

Tochterkapitalgesellschaft, wenn man der Verlustgesellschaft das VermÇgen<br />

von Organgesellschaften entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung<br />

<strong>zu</strong>rechnet (s. Anm. 245). Wird eine nicht organschaftlich verbundene<br />

Tochterkapitalgesellschaft auf die Verlustgesellschaft verschmolzen,<br />

befÅrwortet DÇtsch (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG<br />

Rz. 125) aufgrund des verschmel<strong>zu</strong>ngsbedingten Untergangs der Beteiligung<br />

an der Tochtergesellschaft eine rÅckwirkende Anpassung der VergleichsgrÇße<br />

I (Erset<strong>zu</strong>ng des Beteiligungsbuchwerts durch das BetriebsvermÇgen<br />

der Tochtergesellschaft). Das ist mE zweifelhaft, da – anders als<br />

bei der BegrÅndung einer Organschaft – in diesem Fall tatsåchlich VermÇgen<br />

<strong>zu</strong>gefÅhrt wird (Dieterlen/Strnad, GmbHR 2000, 260 [263]; ebenso<br />

BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494). Downstream-Verschmel<strong>zu</strong>ngen<br />

auf die Verlustgesellschaft unterliegen im Rahmen des BetriebsvermÇgensvergleichs<br />

keinen Besonderheiten und stellen grundsåtzlich VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen<br />

dar (BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494). Gleiches<br />

gilt fÅr die Verschmel<strong>zu</strong>ng einer Schwestergesellschaft auf die Verlustgesellschaft.<br />

– Verschmel<strong>zu</strong>ng der Verlustgesellschaft (Verlustgesellschaft als Åbertragende<br />

Gesellschaft): Bei der Verschmel<strong>zu</strong>ng einer Verlustgesellschaft gehen<br />

bestehende Verlustvortråge nicht mehr auf die Ûbernehmerin Åber<br />

(§§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, s. Anm. 85 f.). FÅr Verschmel<strong>zu</strong>ngen,<br />

die vor dem 13.12.2006 <strong>zu</strong>r Eintragung ins Handelsregister der Ûbernehmerin<br />

angemeldet wurden, dh. bei denen Verluste der Ûbertragerin<br />

nach § 12 Abs. 3 UmwStG aF auf die Ûbernehmerin Åbergingen, stellt sich<br />

die Frage nach dem Verhåltnis von § 8 Abs. 4 KStG <strong>zu</strong> § 12 Abs. 3 UmwStG<br />

aF. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt ein Anwendungsfall des<br />

§ 8 Abs. 4 KStG vor, wenn eine Verlustgesellschaft, deren Anteile <strong>zu</strong> mehr<br />

als der Hålfte Åbertragen worden sind, auf eine andere Kapitalgesellschaft<br />

verschmolzen wird und der aufnehmenden Gesellschaft Åberwiegend neues<br />

BetriebsvermÇgen „von außen (außerhalb der Rechtsnachfolgerin, z.B.<br />

durch den Gesellschafter der Åbernehmenden Gesellschaft)“ <strong>zu</strong>gefÅhrt<br />

wird (BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455<br />

Tz. 49; kritisch DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 89,<br />

§ 12 UmwStG nF Rz. 103). Ungeklårt ist, ob dabei nur solche VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen<br />

schådlich sein sollen, die dem Åbergegangenen Betrieb bzw.<br />

152<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 272–275 § 10a<br />

Betriebssteil <strong>zu</strong>gute kommen (so DÅll/Fuhrmann, DStR 2000, 1166 [1169]),<br />

und wie Innenfinanzierungen des Åbergegangenen Betriebs bzw. Betriebsteils<br />

im Rahmen der aufnehmenden Gesellschaft <strong>zu</strong> behandeln sind. Die<br />

Auffassung der Finanzverwaltung wird in der Literatur <strong>zu</strong>recht abgelehnt.<br />

Lagen die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 8 Abs. 4 KStG <strong>zu</strong>m steuerlichen Ûbertragungsstichtag<br />

nicht vor, ging der Verlustvortrag auf die aufnehmende Gesellschaft<br />

Åber. Zu einem Untergang des Åbergegangenen Verlustvortrags<br />

kommt es nur und erst dann, wenn såmtliche Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 8<br />

Abs. 4 KStG bei der Ûbernehmerin erfÅllt werden oder der Åbergegangene<br />

Betrieb oder Betriebsteil nicht gemåß § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG aF fortgefÅhrt<br />

wird (vgl. ua. Hans, FR 2005, 907; Widmann in Widmann/Mayer,<br />

§ 12 UmwStG Rz. 721 mwN).<br />

(dd) Zeitpunkt der ZufÅhrung<br />

In der Fassung des Steuerreformgesetzes 1990 verlangte § 8 Abs. 4 Satz 2<br />

KStG, dass die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung nach der AnteilsÅbertragung erfolgt.<br />

Da der jetzige Wortlaut keine zeitliche Reihenfolge mehr vorschreibt, ist<br />

dies nicht mehr erforderlich (BFH v. 22.8.2006 – I R 25/06, BFH/NV, 2376 = FR<br />

2007, 39 m. Anm. Pezzer und Hans = GmbHR 2006, 1277 m. Anm. Bock; s.<br />

Anm. 211). Gleichwohl geht die Finanzverwaltung weiterhin davon aus, dass<br />

die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung der AnteilsÅbertragung nachfolgen muss<br />

(BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 12,31;<br />

Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1287 ff.). Diese Auslegung wåre naheliegend,<br />

wenn § 8 Abs. 4 KStG eine im Lichte der Mantelkauf-Rechtsprechung<br />

aus<strong>zu</strong>legende Missbrauchsvorschrift darstellte (s. Anm. 208). Bei umgekehrter<br />

Reihenfolge von AnteilsÅbertragung und VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung ist nach Auffassung<br />

der Finanzverwaltung § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG <strong>zu</strong> prÅfen (s. Anm. 283).<br />

Auch unter Geltung der Norm in der Fassung des Steuerreformgesetzes 1990<br />

ließen sich die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG nicht allein durch das<br />

zeitliche HinauszÇgern der AnteilsÅbertragung vermeiden. Auch wenn die<br />

formale AnteilsÅbertragung der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung zeitlich nach<br />

folgte, bejahte der BFH den Hauptanwendungsfall, wenn der spåtere Anteilserwerber<br />

schon im Zeitpunkt der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung bzw. Wiederaufnahme<br />

des Geschåftsbetriebs in Be<strong>zu</strong>g auf die spåter tatsåchlich Åbertragenen<br />

Anteile eine wirtschaftliche Stellung innehatte, die der eines Anteil inhabers<br />

„sehr nahe kommt“ (BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 =<br />

DStR 1997, 1843 m. Anm. -sch; ebenso obiter dictum in BFH v. 22.10.2003 – I R<br />

18/02, BStBl. II 2004, 468). S. Anm. 293.<br />

273<br />

274<br />

(ee) Wiederaufnahme oder FortfÅhrung des Geschåftsbetriebs<br />

Nach Tz. 8 des BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999,<br />

455 hat jede Kapitalgesellschaft nur einen einheitlichen Geschåftsbetrieb.<br />

Anforderungen an Inhalt oder Umfang werden nicht gestellt, so dass ein Geschåftsbetrieb<br />

auch bei Gesellschaften <strong>zu</strong> bejahen ist, deren Tåtigkeit sich da-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

153<br />

275


§ 10a Anm. 275–278 Gewerbeverlust<br />

276<br />

rauf beschrånkt, Beteiligungen an anderen Gesellschaften <strong>zu</strong> halten. Auch<br />

das Halten der Beteiligung an nur einer Kapitalgesellschaft reicht fÅr die Annahme<br />

eines Geschåftsbetriebs aus.<br />

In der Fassung des Steuerreformgesetzes 1990 setzte § 8 Abs. 4 KStG die Wiederaufnahme<br />

des Geschåftsbetriebs und damit einen vorherigen, auf Dauer<br />

angelegten Stillstand der werbenden Tåtigkeit voraus (da<strong>zu</strong> Thiel, DStR 1990,<br />

223 [224 f.]; MÅller-Gatermann, DStR 1991, 597 [599]; eingehend auch BFH<br />

v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988: Vorliegen eines der Wiederaunahme<br />

des Geschåftsbetriebs wirtschaftlich vergleichbaren Falls bei erheblicher Reduzierung<br />

des Geschåftsbetriebs und spåterer Ausweitung auf eine andersartige,<br />

sehr viel umfangreichere Tåtigkeit; vgl. auch FG NÅrnberg v. 2.12.2008<br />

– I 71/2004, Beck RS 2008, 26027811 <strong>zu</strong>r Einstellung des Geschåftsbetriebs einer<br />

Holdinggesellschaft). Von diesen engen Vorausset<strong>zu</strong>ngen ist die Neufassung<br />

abgerÅckt. Das Merkmal der FortfÅhrung oder Wiederaufnahme des Geschåftsbetriebs<br />

hat seither keine eigenståndige Bedeutung mehr (Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 191a; vgl. aber FG Meck.-Vorp. v. 6.12.2006 – 1 K<br />

676/03, EFG 2007, 443, rkr.: keine Anwendung des § 8 Abs. 4 UStG bei Erwerb<br />

einer Vorratsgesellschaft, da diese kein Gewerbe betreibe und daher kein Geschåftsbetrieb<br />

fortgefÅhrt werde).<br />

(c) Zusammenhang zwischen AnteilsÅbertragung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

277 Nach neuerer Rechtsprechung des BFH (BFH v. 15.12.2004 – I B 115/04, DStR<br />

2005, 517 = Der Konzern 2005, 250 m. Anm. DÇtsch = BB 2005, 700 m. Anm.<br />

Ackert; v. 26.5.2004 – I R 112/03, BStBl. II 2004, 1085; v. 14.3.2006 – I R 8/05,<br />

BStBl. II 2007, 602; BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494; vgl. auch Schl.-<br />

Holst. FG v. 10.6.2005 – 1 K 223/02, rkr., DStRE 2006, 420) kann die wirtschaftliche<br />

Identitåt einer KÇrperschaft „nicht deswegen verloren gehen, weil vor einer<br />

Anteilsveråußerung irgendwann und ohne einen da<strong>zu</strong> bestehenden Zusammenhang<br />

eine Verånderung im BetriebsvermÇgen der KÇrperschaft eintrat“.<br />

Auch wenn das Gesetz insoweit keine tatbestandlichen Vorgaben<br />

enthalte, sei zwischen der Ûbertragung der Geschåftsanteile einerseits und<br />

der FortfÅhrung des Betriebs mit verånderter Zielset<strong>zu</strong>ng und veråndertem<br />

BetriebsvermÇgen andererseits ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang<br />

erforderlich. In den GrÅnden des Beschlusses vom 15.12.2004 spricht der BFH<br />

sogar von einem – im Streitfall verneinten – gestalterischen und sachlichen Zusammenhang<br />

(BFH v. 15.12.2004 – I B 115/04, DStR 2005, 517 unter II.2.b aE).<br />

Damit werden im Ergebnis nur solche Ønderungen des sachlichen Substrats<br />

einer KÇrperschaft sanktioniert, die (<strong>zu</strong>mindest mittelbar) auf den gestalterischen<br />

Einfluss des Neugesellschafters <strong>zu</strong>rÅck<strong>zu</strong>fÅhren sind (s. Anm. 280).<br />

Hierdurch berÅcksichtigt der BFH den der EinfÅhrung des § 8 Abs. 4 KStG <strong>zu</strong>grunde<br />

liegenden Regelungsanlass, soweit dieser im Gesetzeswortlaut Niederschlag<br />

gefunden hat (s. Anm. 209 f.).<br />

278 DarÅber, dass zwischen AnteilsÅbertragung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

ein zeitlicher Zusammenhang bestehen muss, besteht in Literatur und<br />

154<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 278–279 § 10a<br />

Finanzverwaltung Einigkeit. Wåhrend im Schrifttum ein enger zeitlicher Zusammenhang<br />

von sechs Monaten bis <strong>zu</strong> einem Jahr verlangt wird (Lang in<br />

Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1277; vgl. auch HÇrger/Endres, DB 1998, 335<br />

[337]), ließ die Finanzverwaltung <strong>zu</strong>nåchst einen zeitlichen Zusammenhang<br />

von fÅnf Jahren genÅgen (BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 -12/99,<br />

BStBl. I 1999, 455 Tz. 12; aber s. Anm. 279: grundjåhrlicher Zwei-Jahres-Zeitraum).<br />

Der BFH ermittelt den Zusammenhang zwischen AnteilsÅbertragung<br />

und VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung wertend und nicht anhand einer starren Zeitgrenze:<br />

Da das Gesetz – anders als fÅr den Sanierungsfall – keine feste Zeitgrenze<br />

vorsieht, sei auf die Gegebenheiten des Einzelfalls ab<strong>zu</strong>stellen. Daher sei weder<br />

der (bisherigen) Auffassung der Finanzverwaltung (FÅnf-Jahres-Zeitraum)<br />

<strong>zu</strong> folgen noch der im Schrifttum vertretenen Auffassung, wonach kein<br />

zeitlicher Zusammenhang bestehe, wenn zwischen AnteilsÅbertragung und<br />

BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung mehr als ein Jahr liegt (BFH v. 14.3.2006 – I R<br />

8/05, BStBl. II 2007, 602 = BB 2006, 1426 m. Anm. Behrens). Grundsåtzlich<br />

kann daher ausnahmsweise wohl auch eine Åber mehrere Jahre gestreckte<br />

Verwirklichung der Einzelschritte schådlich sein, wenn die Einzelschritte trotz<br />

ihres gelockerten zeitlichen Zusammenhangs sachlich <strong>zu</strong>sammenhången. Die<br />

zeitliche Abfolge hat insofern nur (widerlegbare) Indizwirkung fÅr das Vorliegen<br />

des erforderlichen Zusammenhangs (so ausdrÅcklich BFH v. 14.3.2006 –<br />

I R 8/05, BStBl. II 2007, 602; Schloßmacher, FR 2004, 1389; åhnlich BMF v.<br />

2.8.2007 – IV B 7 - S 2745/0, FR 2007, 856; s. Anm. 279).<br />

DarÅber hinaus ist ein sachlicher Zusammenhang zwischen Anteilsveråußerung<br />

und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung erforderlich (Prinz, DStR 1997, 1963<br />

[1964]; HÇrger/Endres, DB 1998, 335 [336]); Schloßmacher in HHR, § 8 KStG<br />

Anm. 461; Simon in Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht, § 13 Rz. 35; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 187; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG<br />

Rz. 1280.4 f.). Dem hat sich inzwischen auch die Finanzverwaltung angeschlossen<br />

(BMF v. 2.8.2007 – IV B 7 - S 2745/0, FR 2007, 856). Danach ist „regelmåßig“<br />

von einem (zeitlichen und) sachlichen Zusammenhang aus<strong>zu</strong>gehen,<br />

wenn zwischen Anteilsveråußerung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung nicht<br />

mehr als zwei Jahre liegen; auch bei Ûberschreiten des Zwei-Jahres-Zeitraums<br />

kann ein Verlust der wirtschaftlichen Identitåt eintreten, wenn ein sachlicher<br />

Zusammenhang anhand entsprechender Umstånde dargelegt wird. Das<br />

Erfordernis des sachlichen Zusammenhangs ist zwingend, wenn man § 8<br />

Abs. 4 KStG als Missbrauchsvorschrift interpretiert, die eine Verlagerung ertragbringenden<br />

VermÇgens vom Neugesellschafter auf die Gesellschaft verhindern<br />

soll; in diesem Fall ist erforderlich, dass die VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung der<br />

gestalterischen Einflussnahme des Neugesellschafters <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist (KrÇner,<br />

DStR 1998, 1495 [1499 f.]; Bock, GmbHR 2004, 221 [224 f.]). Aber auch<br />

wenn man den Fortbestand der wirtschaftlichen Identitåt als <strong>zu</strong>såtzliche Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ng<br />

fÅr die Verlustnut<strong>zu</strong>ng ansieht, folgt aus dem Nebeneinander<br />

der Tatbestandsmerkmale, dass diese nicht beziehungslos <strong>zu</strong>einander<br />

stehen (so im Ergebnis auch Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 461;<br />

Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 187). Der BFH begrÅndet das Erfordernis<br />

des sachlichen Zusammenhangs in seiner jÅngsten Entscheidung (BFH<br />

v. 14.3.2006 – I R 8/05, BStBl. II 2007, 602; BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

155<br />

279


§ 10a Anm. 279–280 Gewerbeverlust<br />

280<br />

2011, 494; mit anderer BegrÅndung noch BFH v. 15.12.2004 – I B 115/04, DStR<br />

2005, 517; v. 26.5.2004 – I R 112/03, BStBl. II 2004, 1085) mit einer sachlich gebotenen<br />

einschrånkenden Rechtsauslegung und weist in diesem Zusammenhang<br />

darauf hin, dass die Vorschrift den Verlustab<strong>zu</strong>g letztlich deshalb begrenze,<br />

um missbråuchlichen Gestaltungen vor<strong>zu</strong>beugen (s. Anm. 209). Nach<br />

Auffassung des FG Meck.-Vorp. fehlt ein sachlicher Zusammenhang zwischen<br />

dem Erwerb einer Vorratsgesellschaft und der anschließenden BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

(FG MV v. 6.12.2006 – 1 K 676/03, EFG 2007, 443, rkr.: keine<br />

schådliche Missbrauchsgestaltung; vgl. auch Anm. 276).<br />

Die Anforderungen an den sachlichen Zusammenhang pråzisierte der BFH<br />

<strong>zu</strong>nåchst dahingehend, dass eine „Beherrschung des Geschehensablaufs<br />

durch die beteiligten (alten und neuen) Anteilseigner nach Maßgabe eines Gesamtplans“<br />

erforderlich ist (BFH v. 14.3.2006 – I R 8/05, BStBl. II 2007, 602; vgl.<br />

auch FG Berlin-Brandenburg v. 13.1.2010 – 12 K 8023/06 B, EFG 2010, 1162 –<br />

Rev. I R 8/10: Beherrschung des Geschehens durch neuen Anteilseigner nicht<br />

erforderlich). Damit schloss sich der BFH grundsåtzlich der im Schrifttum vertretenen<br />

Auffassung an, wonach ein sachlicher Zusammenhang – allerdings<br />

wohl unabhångig von der Beteiligung des alten Anteilseigners – nur dann <strong>zu</strong><br />

bejahen sei, wenn AnteilsÅbertragung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung auf<br />

einem anfånglich vorhandenen einheitlichen Plan beruhen (Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8 KStG Rz. 187; Streck/Schwedhelm, KStG, 7. Aufl. 2008, § 8<br />

Rz. 431; LÅttge/Kuck, DStR 2006, 925 [930]). Das wåre wohl nur dann der Fall,<br />

wenn AnteilsÅbertragung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung miteinander stehen<br />

und fallen oder wenn beim Anteilseignerwechsel bereits absehbar ist,<br />

dass die Gesellschaft nur mit neuem BetriebsvermÇgen fortgefÅhrt werden<br />

kann. Ein sachlicher Zusammenhang setzt dabei nicht voraus, dass die Ønderung<br />

des sachlichen Substrats durch den Neugesellschafter herbeigefÅhrt<br />

wird, sondern kann bereits dann vorliegen, wenn der Altgesellschafter aufgrund<br />

eines einheitlichen Plans der Beteiligten auf die Gesellschaft einwirkt<br />

(vgl. DÇtsch, Der Konzern 2005, 252 [253]). Erfolgt die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der AnteilsÅbertragung,<br />

ist der sachliche Zusammenhang <strong>zu</strong> vermuten (BFH v. 14.3.2006 – I R<br />

8/05, BStBl. II 2007, 602; v. 22.8.2006 – I R 25/06, BFH/NV 2006, 2376 = FR 2007,<br />

39 m. Anm. Pezzer und Hans = GmbHR 2006, 1277 m. Anm. Bock; åhnlich<br />

DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 129). Dies gilt jedoch zB<br />

dann nicht, wenn im zeitlichen Zusammenhang mit dem Anteilseignerwechsel<br />

Tochterkapitalgesellschaften, deren Anteile vom Mutterunternehmen bereits<br />

vor dem Anteilseignerwechsel gehalten wurden, auf die Muttergesellschaft<br />

verschmolzen werden (BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, BB 2011, 494). Die<br />

von DÇtsch aufgeworfene Frage, wann bei „normalen“ unternehmerisch motivierten<br />

BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen ein sachlicher Zusammenhang besteht,<br />

betrifft mE <strong>zu</strong>nåchst die Vorfrage, ob in diesem Fall Åberhaupt eine<br />

schådliche VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung bejaht werden kann (dagegen s. Anm. 253).<br />

Kein sachlicher Zusammenhang kann bei AnteilsÅbertragungen auf verschiedene<br />

Personen mit nicht gleichgerichteten Interessen angenommen werden<br />

(Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 461; Streck/Schwedhelm, KStG, 7.<br />

Aufl. 2008, § 8 KStG Rz. 431). In seinem Urteil v. 24.11.2009 (I R 56/09, GmbHR<br />

156<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 280–282 § 10a<br />

2010, 654) reduzierte der BFH jedoch die Anforderungen an den sachlichen<br />

Zusammenhang, indem er den engen sachlichen Zusammenhang im Streitfall<br />

aus einem „engen zeitlichen Zusammenhang“ (AnteilsÅbertragung durch<br />

Vertrag vom 30.6.1998, BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung bis <strong>zu</strong>m 31.12.1999) ableitete<br />

und sodann ausfÅhrte, dass „nichts dafÅr ersichtlich“ sei, „dass die die<br />

Finanzierung des BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>gangs sicherstellenden BÅrgschaften<br />

[...] etwa in gleicher Weise auch ohne die AnteilsÅbertragungen erteilt worden<br />

wåren und die zeitliche Nåhe sich nur <strong>zu</strong>fållig ergeben habe“.<br />

(2) Verlust der wirtschaftlichen Identitåt außerhalb des Hauptanwendungsfalls<br />

Die Generalklausel des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG erweitert den persÇnlichen Anwendungsbereich<br />

des § 8 Abs. 4 KStG – Åber die in Satz 2 genannten Kapitalgesellschaften<br />

hinaus – auf alle sonstigen KÇrperschaften. Liegen die Åbrigen<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ngen des Hauptanwendungsfalls vor, ist auch bei sonstigen KÇrperschaften<br />

ein Identitåtsverlust <strong>zu</strong> unterstellen. Die Ûbertragung von mehr<br />

als 50 % der Anteile bezieht sich bei sonstigen KÇrperschaften auf Beteiligungs-<br />

und Mitgliedschaftsrechte (vgl. BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S<br />

2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 24; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8<br />

Abs. 4 KStG Rz. 131; vgl. auch FG Nds. v. 12.11.2009 – 6 K 31/09, EFG 2010,<br />

577 – Rev. I R 112/09: keine Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG auf Anstalten des<br />

Çffentlichen Rechts mangels mitgliedschaftlich ausgelegter Organisationsform).<br />

Außerdem erweitert die Generalklausel den sachlichen Anwendungsbereich<br />

des § 8 Abs. 4 KStG auf alle Fålle, in denen eine Kapitalgesellschaft (oder sonstige<br />

KÇrperschaft) ihre wirtschaftliche Identitåt verliert, ohne dass die Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG vorliegen (aA Streck/Schwedhelm, FR<br />

1989,153 [156]: Satz 2 ist fÅr Kapitalgesellschaften lex specialis). Der BFH geht<br />

dabei in ståndiger Rechtsprechung davon aus, dass Satz 2 mittelbar einen<br />

Maßstab fÅr die unter Satz 1 der Vorschrift <strong>zu</strong> fassenden Fålle setzt. Ein Sachverhalt<br />

kann daher nur dann unter § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG subsumiert werden,<br />

wenn er Vorausset<strong>zu</strong>ngen erfÅllt, die mit denen des Satzes 2 wirtschaftlich<br />

vergleichbar sind (BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829; v.<br />

22.10.2003 – I R 18/02, BStBl. II 2004, 468; v. 26.5.2004 – I R 81/02, BStBl. II 2004,<br />

1085). Die wirtschaftliche Vergleichbarkeit muss hinsichtlich der Verånderung<br />

des personalen und des sachlichen Substrats vorliegen. Daran kÇnnen mE<br />

auch nach neuerer Rechtsprechung des BFH, nach der dem sachlichen Substrat<br />

bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Identitåt entscheidendes Gewicht<br />

bei<strong>zu</strong>messen ist (s. Anm. 252), keine Zweifel bestehen. Ønderungen allein<br />

des sachlichen Substrats erfÅllen daher in keinem Fall die Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

der Generalklausel (vgl. BFH v. 26.5.2004 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 1085;<br />

DÇtsch in FS Wassermeyer, 2005, 113 [134]; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt,<br />

§8 Abs. 4 KStG Rz. 39).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

157<br />

281<br />

282


§ 10a Anm. 283–286 Gewerbeverlust<br />

Im Einzelnen lassen sich folgende Fallgruppen unterscheiden:<br />

283<br />

284<br />

(a) Abweichende zeitliche Reihenfolge von AnteilsÅbertragung und VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

Nach Auffassung der Finanzverwaltung setzt der Hauptanwendungsfall voraus,<br />

dass die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung der AnteilsÅbertragung zeitlich<br />

nachfolgt (s. Anm. 273). BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen, die vor dem Zeitpunkt<br />

der AnteilsÅbertragung erfolgen, kÇnnen „im Einzelfall“ schådlich sein<br />

(BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 31; Lang<br />

in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1287 ff.). In diesem Fall ist der VergleichsgrÇße I<br />

das vor Beginn der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung vorhandene VermÇgen <strong>zu</strong>grunde<br />

<strong>zu</strong> legen.<br />

Als typischer Anwendungsfall wird in diesem Zusammenhang das kollusive<br />

Zusammenwirken von Anteilsveråußerer und Erwerber genannt (BMF-<br />

Schreiben v. 16.4.1999, aaO, Tz. 31). Erfasst sein soll auch eine VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung,<br />

die zivilrechtlich nach dem Anteilseignerwechsel erfolgt, steuerlich<br />

aber auf einen Zeitpunkt vor dem Anteilseignerwechsel <strong>zu</strong>rÅckbezogen<br />

wird (vgl. das Beispiel bei DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG<br />

Rz. 138: Wechsel des Anteilseigners am 1.5.02, anschließende Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />

des Anteilseigners auf die Verlustgesellschaft mit steuerlicher RÅckwirkung<br />

<strong>zu</strong>m 31.12.01).<br />

(b) Der AnteilsÅbertragung wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte<br />

(aa) Mittelbare Anteilseignerwechsel<br />

285 Der BFH lehnt eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit mittelbarer AnteilsÅbertragungen<br />

mit dem vom Hauptanwendungsfall geforderten Wechsel des unmittelbaren<br />

Anteilseigners ausdrÅcklich ab: Vergleichbar seien nur Vorgånge,<br />

die den Wertungen des Regelbeispiels entsprechen, hinsichtlich des Anteilseignerwechsels<br />

also ausschließlich Vorgånge der personellen Verånderung<br />

auf der unmittelbaren Anteilseignerebene der Verlustgesellschaft. Mit einer<br />

Ausdehnung auf mittelbare Verånderungen in der personalen Struktur verließe<br />

man nach Ansicht des BFH den Bereich des durch § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG<br />

gesetzten Vergleichsrahmens und wÅrde die wirtschaftlichen Identitåtserfordernisse<br />

– dem Gehalt des Regelbeispiels widersprechend – in Richtung einer<br />

allgemeinen Konzernklausel erweitern und Çffnen (BFH v. 20.8.2003 – I R<br />

61/01, BStBl. II 2004, 616; s. Anm. 209 und Anm. 218).<br />

286 Eine Gleichstellung von mittelbarer und unmittelbarer AnteilsÅbertragung<br />

verbietet sich auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung auch dann, wenn die<br />

mittelbare Beteiligung mit der Beteiligung an der Verlustgesellschaft wirtschaftlich<br />

identisch ist. Das ist mE folgerichtig, wenn man im Tatbestandsmerkmal<br />

des Anteilseignerwechsels lediglich eine formale „Anreicherung“<br />

der ansonsten wesentlich durch das sachliche Substrat der KÇrperschaft bestimmten<br />

wirtschaftlichen Identitåt sieht (so BFH v. 20.8.2003 – I R 61/01,<br />

BStBl. II 2004, 616; s. Anm. 252). Denn dann kann die – grundsåtzlich durch<br />

158<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 286–289 § 10a<br />

das sachliche Substrat der KÇrperschaft bestimmte – wirtschaftliche Identitåt<br />

definitionsgemåß nur durch unmittelbare Anteilseignerwechsel berÅhrt sein,<br />

und es bleibt kein Raum fÅr eine wirtschaftliche Betrachtung. Sieht man in Anteilseignerwechsel<br />

und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung demgegenÅber gleichgewichtige<br />

Merkmale <strong>zu</strong>r Bestimmung der wirtschaftlichen Identitåt (so Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 184, 191 f.; Orth, FR 2004, 613 [621 ff.];<br />

åhnlich DÇtsch in FS Wassermeyer, 2005, 113 [131 f.]; DÇtsch in DÇtsch/Jost/<br />

Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 37), kann die Generalklausel auch erfÅllt sein,<br />

wenn eine dem unmittelbaren Anteilseignerwechsel wirtschaftlich vergleichbare<br />

Gestaltung vorliegt. Ausgehend hiervon weist Frotscher darauf hin, dass<br />

die Ûbertragung einer Personen- bzw. Kapitalgesellschaft der Ûbertragung einer<br />

von dieser Gesellschaft gehaltenen unmittelbaren Beteiligung an der Verlustgesellschaft<br />

wirtschaftlich gleichkommt, wenn die Gesellschaft außer der<br />

Beteiligung nicht Åber einen wesentlichen eigenen Geschåftsbetrieb verfÅgt<br />

(Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 191 f.).<br />

(bb) Anteilseignerwechsel durch gesellschafts- oder umwandlungsrechtliche<br />

Maßnahmen<br />

Der Hauptanwendungsfall setzt eine rechtsgeschåftliche Ûbertragung von 287<br />

mehr als 50 % der Anteile an der Verlustgesellschaft voraus. Einer rechtsgeschåftlichen<br />

Ûbertragung wirtschaftlich vergleichbar sind såmtliche Maßnahmen,<br />

bei denen mehr als 50 % der Anteile auf Erwerber Åbergehen, die bisher<br />

nicht oder nicht in diesem Umfang an der KÇrperschaft beteiligt waren.<br />

Auch der Erwerb neuer Anteile kann schådlich sein.<br />

Einer rechtsgeschåftlichen AnteilsÅbertragung gleich<strong>zu</strong>setzen sind nach hM 288<br />

(BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 26 f.;<br />

Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 191d; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/<br />

Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 132; vgl. auch BFH v. 27.8.2008 – I R 78/01, DStR 2009,<br />

158)<br />

– KapitalerhÇhungen, nach deren DurchfÅhrung neu eintretende Gesellschafter<br />

<strong>zu</strong> mehr als 50 % beteiligt sind (FG Berlin-Brandenburg v. 6.5.2009<br />

– 12 K 8142/06 B, rkr., DStRE 2009, 1384),<br />

– Verschmel<strong>zu</strong>ngen einer anderen Kapitalgesellschaft auf die Verlustgesellschaft,<br />

wenn nach der Verschmel<strong>zu</strong>ng die an der Verlustgesellschaft <strong>zu</strong>vor<br />

nicht beteiligten Gesellschafter <strong>zu</strong> mehr als 50 % beteiligt sind,<br />

– Einbringungen in die Verlustgesellschaft, wenn nach der Einbringung neu<br />

hin<strong>zu</strong>gekommene Gesellschafter <strong>zu</strong> mehr als 50 % beteiligt sind.<br />

Die genannten Fålle gehen jeweils von einem AnteilsÅbergang auf vorher 289<br />

nicht beteiligte Gesellschafter aus. Ein der AnteilsÅbertragung vergleichbarer<br />

Fall liegt aber auch dann vor, wenn und soweit nach DurchfÅhrung der Maßnahmen<br />

anstelle von oder neben neuen Gesellschaftern Altgesellschafter <strong>zu</strong>sammen<br />

mehr als 50 %-Punkte hÇher am Nennkapital beteiligt sind als <strong>zu</strong>vor<br />

(DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 132). Unbeachtlich ist,<br />

ob die Kapitalgesellschaft neue oder bisherige (eigene) Anteile Åbertrågt<br />

(DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 132; aA Lang in Ernst &<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

159


§ 10a Anm. 289–292 Gewerbeverlust<br />

290<br />

291<br />

Young, § 8 KStG Rz. 1289 f.: Ûbertragung neuer Anteile unschådlich). In den<br />

in Anm. 288 aufgefÅhrten Fållen ist es denkbar, dass die Verånderung des personalen<br />

Substrats mit der schådlichen BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung <strong>zu</strong>sammenfållt<br />

(da<strong>zu</strong> FÅger/Rieger, DStR 1997, 1427 [1435 f.]; DÅll/Fuhrmann, DStR<br />

2000, 1166 [1168]). Kein einer AnteilsÅbertragung vergleichbarer Fall liegt vor,<br />

wenn Altgesellschafter neue Anteile erwerben, ohne dass sich die Beteiligungsverhåltnisse<br />

åndern.<br />

Eine Verschmel<strong>zu</strong>ng des Anteilseigners der Verlustgesellschaft oder der<br />

spaltungsbedingte Ûbergang der Beteiligung an der Verlustgesellschaft<br />

fÅhrt <strong>zu</strong> einem der rechtsgeschåftlichen Ûbertragung wirtschaftlich vergleichbaren<br />

AnteilsÅbergang (vgl. aber den Hinweis von Orth, FR 2004, 613 [625],<br />

dass ggf. aufgrund des Eintritts des Åbernehmenden Rechtstrågers in die<br />

Rechtsstellung der Ûbertrågerin eine Ausnahme denkbar sei). Unbeachtlich<br />

ist, ob sich die Konzern<strong>zu</strong>gehÇrigkeit der Verlustgesellschaft åndert (s.<br />

Anm. 225; kritisch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 191i). Ein der AnteilsÅbertragung<br />

vergleichbarer Fall liegt auch bei einem downstream merger<br />

auf die Verlustgesellschaft vor, da die Anteile an der Verlustgesellschaft auf<br />

die Anteilseigner der Muttergesellschaft Åbergehen (vgl. BMF, Schr. v.<br />

25.3.1998 – IV B 7 - S 1978 - 21/98 / IV B 2 - S 1909 - 33/98, BStBl. I 1998, 268, Tz.<br />

11.30). Da nach Auffassung des BFH auch die rechtsgeschåftliche Ûbertragung<br />

von Anteilen an der Verlustgesellschaft auf den <strong>zu</strong>vor nur mittelbar beteiligten<br />

Anteilseigner schådlich sein kann (s. Anm. 225), muss Gleiches fÅr<br />

den verschmel<strong>zu</strong>ngsbedingten Ûbergang der Beteiligung gelten (ebenso Middendorf/Stegemann,<br />

DStR 2005, 1082 [1086]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8<br />

KStG Rz. 191e; aA MÅller-Gatermann, DStR 1991, 597 [602]; Lang in Ernst &<br />

Young, § 8 KStG Rz. 1289.4, 1291.5).<br />

Umwandlungsmaßnahmen, die <strong>zu</strong> einem mittelbaren Anteilseignerwechsel<br />

fÅhren, sind bei Anwendung der BFH-Rechtsprechung (s. Anm. 218) unschådlich,<br />

und zwar unabhångig davon, ob die Umstrukturierung der mittelbaren<br />

Beteiligung nach Maßgabe der §§ 11 ff. und 20 ff. UmwStG erfolgsneutral innerhalb<br />

verbundener Unternehmen iS von § 271 Abs. 1 HGB erfolgt oder nicht<br />

(anders noch BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455<br />

Tz. 28 Satz 3). Dem<strong>zu</strong>folge ist § 8 Abs. 4 KStG nicht bei solchen Umwandlungsmaßnahmen<br />

einschlågig, bei denen die Muttergesellschaft des Anteilseigners<br />

Åbertragender Rechtstråger ist, wie beispielsweise bei einer Mutter-Tochter-<br />

Verschmel<strong>zu</strong>ng auf den Anteilseigner der Verlustgesellschaft (ebenso DÇtsch<br />

in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 60).<br />

(cc) Verånderungen des personalen Substrats ohne AnteilsÅbergang<br />

292 Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann eine dem Hauptanwendungsfall<br />

gleichstehende Gestaltung auch dann vorliegen, wenn seine Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

nicht vollståndig erfÅllt sind, aber durch <strong>zu</strong>såtzliche andere Maßnahmen<br />

die wirtschaftliche Identitåt der KÇrperschaft aufgegeben worden ist.<br />

Dies soll ua. dann der Fall sein, wenn zwar nicht mehr als 50 % der Anteile<br />

Åbertragen werden, ein Anteilserwerber aber eine Rechtsposition erhålt, die<br />

mit der eines Mehrheitsgesellschafters wirtschaftlich vergleichbar ist (BMF,<br />

160<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 292–295 § 10a<br />

Schr. v. 16.4.1999 – IV C6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 29 mit Hinweis<br />

auf BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829).<br />

Mit der formalen Auslegung des Tatbestandsmerkmals der AnteilsÅbertragung<br />

durch den BFH ist diese Auffassung mE nicht vereinbar (fÅr eine restrik-<br />

293<br />

tive Handhabe der Verwaltungsauffassung Lang in Ernst & Young, § 8 KStG<br />

Rz. 1290). Das von der Finanzverwaltung in Be<strong>zu</strong>g genommene Urteil des BFH<br />

v. 13.8.1997 – I R 89/96, aaO, betraf die Gesetzesfassung des Steuerreformgesetzes<br />

1990, nach der es erforderlich war, dass die AnteilsÅbertragung der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

zeitlich vorausging. Unter Geltung dieser Fassung<br />

waren viele Anteilseigner bemÅht, die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 KStG insbesondere<br />

durch HinauszÇgern der AnteilsÅbertragung <strong>zu</strong> unterlaufen. Nach<br />

Auffassung des BFH konnte dies die Anwendung der Vorschrift allerdings<br />

nicht verhindern, wenn der oder die spåteren Anteilserwerber schon im Zeitpunkt<br />

der Wiederaufnahme des Geschåftsbetriebs bzw. der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

in Be<strong>zu</strong>g auf die spåter <strong>zu</strong> Åbertragenden Anteile eine<br />

Rechtsposition innehatten, die der eines Anteilsinhabers „sehr nahe kommt“.<br />

WÇrtlich fÅhrt der BFH aus, dass es steuerlich gesehen ausreicht, „wenn die<br />

objektiv nach außen hin in Erscheinung tretenden Rechtsbeziehungen sich<br />

wirtschaftlich nur damit erklåren lassen, dass dem oder den Anteilserwerber(n)<br />

schon vor der AnteilsÅbertragung eine Rechtsposition <strong>zu</strong>kommt, die der eines<br />

Gesellschafters entspricht, der mehr als 75 % der Geschåftsanteile an der Kapitalgesellschaft<br />

hålt“ (BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829; vgl. auch<br />

BFH v. 22.10.2003 – I R 18/02, BStBl. II 2004, 468; FG KÇln v. 22.10.2008 – 13 K<br />

3113/07, rkr., EFG 2009, 286 m. Anm. Neu). Sachlich wendet der BFH damit<br />

mE § 42 AO an (ebenso Prinz, DStR 1997, 1963 [1964]). Die vom BFH entschiedenen<br />

Fålle betrafen Sachverhalte, in denen rechtlich eine schådliche Anteils-<br />

Åbertragung vorlag. Es ging allein darum, die Wirkungen der AnteilsÅbertragung<br />

zeitlich vor<strong>zu</strong>verlegen. Daher lassen die Entscheidungen mE nicht den<br />

RÅckschluss <strong>zu</strong>, dass die Generalklausel des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG auch dann<br />

anwendbar ist, wenn es nie <strong>zu</strong> einer formalen AnteilsÅbertragung kommt.<br />

Ab<strong>zu</strong>lehnen ist es daher auch, wenn die Finanzverwaltung „in Ausnahmefållen“<br />

die Ûbertragung von mehr als 50 % der Stimmrechte ohne entsprechen-<br />

294<br />

de Ûbertragung der Beteiligung am Nennkapital als schådlich ansieht (BMF-<br />

Schreiben v. 16.4.1999, aaO, Tz. 30; ablehnend auch Schloßmacher in HHR,<br />

§ 8 KStG Anm. 427; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1290.2). Ein solcher<br />

„Ausnahmefall“ liegt nach MÅller-Gatermann (DStR 1991, 597 [602 f.]) vor,<br />

wenn neben der Ûbertragung der Stimmrechte auch eine bis annåhernd an<br />

die Schådlichkeitsgrenze heranreichende Ûbertragung der kapitalmåßigen<br />

Beteiligung erfolgt.<br />

Von Teilen der Literatur wird ein mit dem Anteilseignerwechsel wirtschaftlich 295<br />

vergleichbarer Vorgang in der Einråumung von Genussrechten gesehen, die<br />

eine Beteiligung am Gewinn und am LiquidationserlÇs der Verlustgesellschaft<br />

vermitteln (Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1290.1; ebenso DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 49; aA Schloßmacher in HHR, § 8<br />

KStG Anm. 427). Auch wird die BegrÅndung einer (atypischen) stillen Beteiligung<br />

an der Verlustgesellschaft, die neben eine Anteilseignerstellung tritt,<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

161


§ 10a Anm. 295–298 Gewerbeverlust<br />

im Einzelfall fÅr schådlich gehalten (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8<br />

Abs. 4 KStG Rz. 135; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 191c: soweit<br />

der Stille Stimmrechte erhålt; aA Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1290.1).<br />

Die formale Auslegung des Tatbestandsmerkmals der AnteilsÅbertragung<br />

durch den BFH låsst mE keinen Raum fÅr derartige wirtschaftliche Betrachtungen.<br />

296<br />

297<br />

(c) Der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte<br />

(aa) BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung an Tochtergesellschaften<br />

Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann eine dem Hauptanwendungsfall<br />

gleichstehende Gestaltung darin liegen, dass nicht der Verlustgesellschaft,<br />

sondern einer Tochtergesellschaft der Verlustgesellschaft neues BetriebsvermÇgen<br />

<strong>zu</strong>gefÅhrt wird, mit deren GewinnausschÅttungen die Verlustgesellschaft<br />

ihre Verlustvortråge verrechnen will (BMF-Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S<br />

2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 32).<br />

Diese Regelung zielt auf VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen an organschaftlich nicht verbundene<br />

Tochterkapitalgesellschaften ab, deren BetriebsvermÇgen der Verlustgesellschaft<br />

auch nach Verwaltungsauffassung (s. Anm. 245 f.) nicht <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen<br />

ist. Sie hat durch EinfÅhrung der (weitgehenden) Steuerbefreiung<br />

von Dividendeneinnahmen ihren Anlass verloren (DÇtsch in DÇtsch/Jost/<br />

Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 137; Gosch/Roser, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8 KStG<br />

Rz. 1425). Ungeachtet dessen ist nicht erkennbar, aus welchen GrÅnden eine<br />

VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung an Tochtergesellschaften mit der VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

an die Verlustgesellschaft wirtschaftlich vergleichbar sein soll (kritisch auch<br />

KÅster/KÇhler, BB 1998, 2401 [2402 f.]; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG<br />

Rz. 1293.1). Auch sind MissbrauchsmÇglichkeiten nicht ersichtlich, denn die<br />

nicht organschaftlich verbundene Tochtergesellschaft versteuert ihren Gewerbeertrag<br />

unabhångig von etwaigen Fehlbetrågen ihrer Muttergesellschaft, so<br />

dass es auch im steuerlichen Ergebnis nicht <strong>zu</strong> einer Verlagerung ertragbringenden<br />

VermÇgens auf die Verlustgesellschaft kommen kann. Denkbar wåre<br />

dies allenfalls, wenn die Tochtergesellschaft das ihr <strong>zu</strong>gefÅhrte VermÇgen –<br />

beispielsweise im Wege einer Sachauskehrung – auf die Verlustgesellschaft<br />

Åbertragen wÅrde. Dann låge mE aber erst hierin die von § 8 Abs. 4 KStG erfasste<br />

BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung.<br />

(bb) Maßnahmen ohne Auswirkung auf das BetriebsvermÇgen<br />

Folgende Fålle lassen sich unterscheiden:<br />

298 – Sicherheitengestellung und Verpflichtung <strong>zu</strong>r VerlustÅbernahme <strong>zu</strong>r Sicherung<br />

von Darlehen<br />

Nach Auffassung des BFH kann die Ûbernahme von BÅrgschaften und die<br />

Einråumung sonstiger Sicherheiten fÅr Bankkredite mit der ZufÅhrung neuen<br />

BetriebsvermÇgens wirtschaftlich vergleichbar sein (BFH v. 8.8.2001 – I R<br />

29/00, BStBl. II 2002, 392; vgl. auch DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8<br />

162<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 298–299 § 10a<br />

Abs. 4 KStG Rz. 140: auch Patronatserklårungen schådlich; kritisch Schloßmacher<br />

in HHR, § 8 KStG Anm. 452). In dem vom BFH entschiedenen Fall<br />

war der Verlustgesellschaft die FortfÅhrung ihrer Geschåftståtigkeit ohne<br />

die Gestellung der Sicherheiten nicht mÇglich. Der BFH hielt es fÅr entscheidend,<br />

dass die Sicherheitsleistungen und BÅrgschaften fÅr die Verlustgesellschaft<br />

die gleiche Bedeutung hatten wie eine etwaige ZufÅhrung bilanziell<br />

aus<strong>zu</strong>weisenden AktivvermÇgens in Form liquider Mittel oder von BetriebsvermÇgen,<br />

das die Verlustgesellschaft ihrerseits fÅr die Sicherheitsleistung<br />

der Banken håtte einsetzen kÇnnen (åhnlich BFH v. 19.12.2001 – I R<br />

58/01, BStBl. II 2002, 395 fÅr den Fall einer VertragsÅberlassung). Dass die<br />

Gestellung der Sicherheiten dabei im Ergebnis <strong>zu</strong>r Finanzierung der Wareneinkåufe<br />

und damit von UmlaufvermÇgen dienten, war offenbar unbeachtlich<br />

(vgl. -sch, DStR 2001, 1976).<br />

Die Auffassung des BFH, von DÇtsch (in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4<br />

KStG Rz. 69, 140 ff.) als Kapitalsituationsverbessungstheorie bezeichnet,<br />

vermag mE nicht <strong>zu</strong> Åberzeugen. Sie ist in ihrer Allgemeinheit inkonsequent,<br />

wenn man – mit dem BFH (s. Anm. 237) – grundsåtzlich nur die ZufÅhrung<br />

von AnlagevermÇgen als schådlich ansieht. Denn in diesem Fall<br />

mÅsste man danach differenzieren, ob die gewåhrten Sicherheiten – im Falle<br />

ihrer unmittelbaren ZufÅhrung und unterstellten Aktivierbarkeit – dem<br />

Anlage- oder UmlaufvermÇgen <strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen wåren (so Roser, GmbHR 2001,<br />

1153 [1155]; Frotscher, DStR 2002, 10 [12]). DarÅber hinaus ist die Ausweitung<br />

des Tatbestands entbehrlich, wenn man – mit dem BFH (s. Anm. 249) –<br />

aufgrund einer gegenståndlichen Betrachtungsweise auch eigenfinanzierte<br />

Erwerbsvorgånge oder Ersatzbeschaffungen als schådlich ansieht. Denn<br />

dann stellt der durch Sicherheitengewåhrung ermÇglichte nachfolgende Erwerb<br />

von WirtschaftsgÅtern durch die Verlustgesellschaft eine relevante BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

dar, <strong>zu</strong>mindest soweit WirtschaftsgÅter des AnlagevermÇgen<br />

erworben werden.<br />

– Nut<strong>zu</strong>ngsÅberlassungen<br />

299<br />

Da das BetriebsvermÇgen einer Kapitalgesellschaft anhand ihrer Steuerbilanz<br />

ermittelt wird (s. Anm. 240), stellen bloße Nut<strong>zu</strong>ngsÅberlassungen<br />

von WirtschaftsgÅtern keine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung dar. Frotscher<br />

weist allerdings darauf hin, dass durch Nut<strong>zu</strong>ngsÅberlassungen ein der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

vergleichbares Ergebnis erzielt werden kann.<br />

Maßgebend sei, ob die Kapitalgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsåchlichen<br />

Verhåltnisse ihre Identitåt verloren hat, also durch Maßnahmen<br />

des Gesellschafters eine „neue“ Gesellschaft entstanden ist (Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 191k). Dem ist mE <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen, da sich das<br />

sachliche Substrat der Verlustgesellschaft auch bei FortfÅhrung des Unternehmens<br />

mit „fremden“ WirtschaftsgÅtern åndern kann; allerdings ist eine<br />

Beschrånkung auf Maßnahmen des Gesellschafters aus den in Anm. 247 ff.<br />

dargelegten GrÅnden nicht zwingend. Im Hinblick auf die in Anm. 298 dargestellte<br />

Rechtsprechung des BFH ist damit <strong>zu</strong> rechnen, dass auch die Finanzverwaltung<br />

Konstruktionen ohne bilanzielle Auswirkungen bei der<br />

Verlustgesellschaft vermehrt in Frage stellen wird (vgl. Roser, GmbHR 2001,<br />

1153 [1155]).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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163


§ 10a Anm. 300–301 Gewerbeverlust<br />

300 – Darlehensgewåhrungen<br />

Darlehensgewåhrungen werden von der wohl hM – <strong>zu</strong>m Teil mit gewissen<br />

Einschrånkungen – als BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen angesehen (s.<br />

Anm. 247). Auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung, wonach unter BetriebsvermÇgen<br />

grundsåtzlich nur das AnlagevermÇgen der Verlustgesellschaft<br />

<strong>zu</strong> verstehen ist (s. Anm. 237), ist mE <strong>zu</strong> differenzieren (vgl. auch BFH<br />

v. 19.12.2001 – I R 58/01, BStBl. II 2002, 395): Die Ausreichung von Gelddarlehen<br />

ist unschådlich, da UmlaufvermÇgen <strong>zu</strong>gefÅhrt wird (vgl. FG Berlin-<br />

Brandenburg v. 14.1.2009 – 12 K 8293/06 B, rkr., DStRE 2009, 864: Unschådlichkeit<br />

der ZufÅhrung von Geld in Form von Gesellschafterdarlehen, wenn<br />

kein Branchenwechsel vorliegt). Erst wenn die Verlustgesellschaft die Mittel<br />

<strong>zu</strong>r Anschaffung von AnlagevermÇgen verwendet, liegt hierin die ZufÅhrung<br />

von BetriebsvermÇgen (s. Anm. 249). Bei Sachdarlehen kann demgegenÅber<br />

schon die Gewåhrung des Darlehens schådlich sein, wenn WirtschaftsgÅter<br />

des AnlagevermÇgens <strong>zu</strong>gefÅhrt werden. In beiden Fållen ist<br />

fÅr die Anwendung der Generalklausel des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG mE kein<br />

Raum.<br />

Die dargestellten Grundsåtze gelten mE auch fÅr unverzinsliche Gesellschafter-Darlehen.<br />

Der sich aus einer etwaigen Abzinsung der Darlehensverbindlichkeit<br />

in der Steuerbilanz der Verlustgesellschaft und einer ggf.<br />

zinsbringenden Anlage der Åberlassenen Mittel durch die Verlustgesellschaft<br />

ergebende Ertrag kann mE daher bei Zugrundelegung der BFH-Auffassung<br />

im Rahmen der Mindestbesteuerung als Gestaltungsmittel <strong>zu</strong>m Abbau<br />

des Verlustvortrags eingesetzt werden (Frey/Weißgerber, GmbHR<br />

2000, 737 [741]; Kluger/LÇhr, DB 2005, 791; kritisch DÇtsch in DÇtsch/Jost/<br />

Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 70; vgl. auch BFH v. 17.10.2001 – I R 97/00,<br />

BFH/NV 2002, 240: kein Verstoß gegen § 42 AO). Wird das Darlehen spåter<br />

<strong>zu</strong>rÅckgezahlt oder seine Verzinsung vereinbart, sind die dadurch entstehenden<br />

Aufwendungen mE in voller HÇhe steuerlich <strong>zu</strong> berÅcksichtigen<br />

(<strong>zu</strong>r gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung bei Forderungsverzicht<br />

gegen Besserungsschein s. Anm. 301).<br />

301 – Einlagen des Anteilseigners, insbesondere Darlehensverzicht (gegen Besserungsschein)<br />

Ob Einlagen des Anteilseigners eine ZufÅhrung von BetriebsvermÇgen darstellen,<br />

ist auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung (s. Anm. 237) danach <strong>zu</strong><br />

beurteilen, ob die eingelegten WirtschaftsgÅter bei der Verlustgesellschaft<br />

Anlage- oder UmlaufvermÇgen darstellen. Bei einer Bareinlage liegt eine<br />

ZufÅhrung von BetriebsvermÇgen erst vor, wenn die Verlustgesellschaft die<br />

Mittel <strong>zu</strong>r Anschaffung von AnlagevermÇgen verwendet (s. aber auch<br />

Anm. 247 ff.).<br />

Der Erlass eines (Gesellschafter-)Darlehens berÅhrt allein die Passivseite<br />

der Bilanz und stellt daher keine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung dar. Auch<br />

fÅhrt ein Schulderlass grundsåtzlich nicht <strong>zu</strong> einer Ønderung des sachlichen<br />

Substrats der Verlustgesellschaft (s. Anm. 252), weshalb mE keine dem<br />

Hauptanwendungsfall vergleichbare Gestaltung vorliegt. Die Entwicklung<br />

der Rechtsprechung ist insbesondere vor dem Hintergrund der in Anm. 298<br />

164<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 301–303 § 10a<br />

skizzierten Kapitalsituationsverbesserungstheorie des BFH allerdings nicht<br />

ab<strong>zu</strong>sehen. Wird – zB <strong>zu</strong>r Vermeidung außerordentlicher Ertråge – statt des<br />

Forderungsverzichts eine SchuldÅbernahme unter Regressverzicht erklårt<br />

(da<strong>zu</strong> BFH v. 20.12.2001 – I B 74/01, BFH/NV 2002, 678), ist an<strong>zu</strong>nehmen,<br />

dass die Finanzverwaltung in dem <strong>zu</strong> aktivierenden Freistellungsanspruch<br />

<strong>zu</strong>gefÅhrtes BetriebsvermÇgen sieht. Auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung<br />

wåre dies mE grundsåtzlich nicht der Fall, sofern der Freistellungsanspruch<br />

nicht ausnahmsweise als AnlagevermÇgen <strong>zu</strong> bilanzieren wåre.<br />

Besonderheiten sollen nach Auffassung der Finanzverwaltung bei einem<br />

Forderungsverzicht gegen Besserungsschein gelten (BMF, Schr. v.<br />

2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl. I 2003, 648): Liegen <strong>zu</strong> einem Zeitpunkt<br />

zwischen der Ausbuchung und der „(Wieder-)Einbuchung“ der Verbindlichkeit<br />

(Eintritt des Besserungsfalls) die Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

des § 8 Abs. 4KStG vor, soll der sich aus der „(Wieder-)Einbuchung“ der Forderung<br />

ergebende steuerliche Aufwand als Aufwand <strong>zu</strong> behandeln sein,<br />

der unter die beschrånkte VerlustberÅcksichtigung nach § 8 Abs. 4 KStG<br />

fållt (ablehnend Hoffmann, DStR 2004, 293; DÅll/Fuhrmann/Eberhard,<br />

DStR 2004, 844 [847 ff.]; Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 428; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 194; Gosch/Roser, KStG, 2. Aufl. 2009,<br />

§ 8 KStG Rz. 1480; DÇtsch in FS Wassermeyer, 2005, 113 [133]: keine ZufÅhrung<br />

prågenden BetriebsvermÇgens; vgl. aber DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/<br />

Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 142: ggf. § 42 AO; siehe auch FG MÅnchen v.<br />

22.2.2011 – 6 K 1451/08, BeckRS 2011, 95153 – Rev. I R 23/11: § 42 AO, wenn<br />

die Ûbertragung der Anteile und der Forderung mit Besserungsanwartschaft<br />

lediglich den Sinn hat, den Verlustab<strong>zu</strong>g auf Ebene der Gesellschaft<br />

<strong>zu</strong> erhalten).<br />

– Ønderung des Unternehmenszwecks ohne neues BetriebsvermÇgen<br />

Kein wirtschaftlich vergleichbarer Fall liegt vor, wenn eine Kapitalgesellschaft<br />

ihre wirtschaftliche Identitåt durch Veråußerung wesentlicher Bestandteile<br />

ihres BetriebsvermÇgens verliert und mit einem Restbestand des<br />

eigenen BetriebsvermÇgens eine andersgeartete (im Streitfall: vermÇgensverwaltende)<br />

Tåtigkeit aufnimmt (BFH v. 28.5.2008 – I R 87/07, DStR 2008,<br />

2107 = FR 2009, 225 m. Anm. Suchanek). Die Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG<br />

sanktioniert nicht jede Form des Branchenwechsels, sondern nur Verånderungen<br />

der wirtschaftlichen Identitåt als Folge der Nut<strong>zu</strong>ng neuen bzw. bisher<br />

bei der Gesellschaft nicht vorhandenen BetriebsvermÇgens. Das Vorliegen<br />

neuen BetriebsvermÇgens ist daher unabdingbare Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr<br />

die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 4 KStG (da<strong>zu</strong> auch Tiedchen, FR 2008, 201<br />

[202 ff.]).<br />

302<br />

dd) Unschådliche BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung in Sanierungsfållen<br />

Nach § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG ist die ZufÅhrung neuen BetriebsvermÇgens unschådlich,<br />

wenn sie allein der Sanierung des Geschåftsbetriebs dient, der den<br />

303<br />

verbleibenden Verlustvortrag verursacht hat, und die KÇrperschaft den Geschåftsbetrieb<br />

in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhåltnisse<br />

vergleichbaren Umfang in den folgenden fÅnf Jahren fortfÅhrt. Die Vor-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

165


§ 10a Anm. 303–306 Gewerbeverlust<br />

schrift stellt eine Ausnahmeregelung <strong>zu</strong> Satz 1 und Satz 2 dar. Sie soll verhindern,<br />

dass volkswirtschaftlich erwÅnschte Sanierungen durch einen Untergang<br />

von Verlustvortrågen behindert werden.<br />

304<br />

305<br />

(1) Begriff des verlustverursachenden Geschåftsbetriebs<br />

Die ZufÅhrung des BetriebsvermÇgens muss allein der Sanierung des Geschåftsbetriebs<br />

dienen, der den verbleibenden Verlustab<strong>zu</strong>g verursacht hat.<br />

Die Auslegung des Begriffs des Geschåftsbetriebs ist im Rahmen der Sanierungsklausel<br />

umstritten. Wåhrend <strong>zu</strong>m Teil eine Sanierung der Verlustquelle,<br />

dh. desjenigen Betriebsteils bzw. Teilbetriebs, in dem der Verlust entstanden<br />

ist, fÅr erforderlich gehalten wird (Lang in Ernst & Young, § 8 KStG<br />

Rz. 1299.3.3; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 150), stellt<br />

die Gegenmeinung mE <strong>zu</strong>recht auf eine Sanierung der Kapitalgesellschaft als<br />

solche ab (FÅger/Rieger, DStR 1997, 1427 [1433 f.]; Orth, DB 1997, 2242 [2246];<br />

Neumann, StB 2002, 246 [261]; Simon in Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht,<br />

§ 13 Rz. 109 ff.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190c). HierfÅr<br />

spricht, dass eine Kapitalgesellschaft zwar mehrere Teilbetriebe bzw. Betriebsteile,<br />

aber stets nur einen einheitlich Geschåftsbetrieb haben kann (s.<br />

Anm. 275). Zudem stellt der Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG auf den „Geschåftsbetrieb“<br />

ab und verwendet nicht die in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG aF<br />

gewåhlte Formulierung „Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht<br />

hat“.<br />

Mit dem Abstellen auf die Kapitalgesellschaft als solche werden nicht nur<br />

praktische Probleme vermieden, die sich aus der ansonsten erforderlichen<br />

Aufteilung des Verlustvortrags auf einzelne Sparten der Kapitalgesellschaft<br />

ergeben wÅrden. Damit wird auch dem wirtschaftlichen Ziel der Sanierungsklausel<br />

Rechnung getragen: Denn volkswirtschaftlich erwÅnschte Sanierungsmaßnahmen<br />

hången grundsåtzlich nicht davon ab, ob die Verlustgesellschaft<br />

eine bestimmte Sparte ihres Geschåftsbetriebs im Zeitpunkt der Sanierung<br />

noch betreibt oder nicht (Simon in Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht,<br />

§ 13 Rz. 109).<br />

306<br />

(2) Sanierung<br />

Der Begriff der Sanierung ist in § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG nicht definiert. In Anlehnung<br />

an die <strong>zu</strong> § 3 Nr. 66 EStG aF entwickelten Vorausset<strong>zu</strong>ngen sind als Sanierung<br />

alle geeigneten Maßnahmen <strong>zu</strong>r finanziellen Gesundung eines notleidenden<br />

Unternehmens an<strong>zu</strong>sehen. Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr eine Sanierung sind die<br />

SanierungsbedÅrftigkeit und Sanierungseignung der Verlustgesellschaft. Anders<br />

als bei § 3 Nr. 66 EStG aF ist im Rahmen des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG allerdings<br />

kein Schulderlass als Gesamtmaßnahme aller Glåubiger erforderlich<br />

(vgl. FÅger/Rieger, DStR 1997, 1427 [1433]; Orth, DB 1997, 2242 [2245]; Schloßmacher<br />

in HHR, § 8 KStG Anm. 471; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8<br />

Abs. 4 KStG Rz. 146; Brendt in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 8 Abs. 4<br />

KStG aF/Anh § 8c KStG Rz. 178).<br />

166<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 307–310 § 10a<br />

(a) SanierungsbedÅrftigkeit<br />

Die ZufÅhrung neuen BetriebsvermÇgens kann nur dann der Sanierung dienen,<br />

wenn die Kapitalgesellschaft sanierungsbedÅrftig ist (BMF, Schr. v.<br />

16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 14). Ab<strong>zu</strong>stellen ist ua.<br />

auf die Ertragslage des Unternehmens, die HÇhe des BetriebsvermÇgens vor<br />

und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch Ertråge des Unternehmens,<br />

das Verhåltnis der flÅssigen Mittel <strong>zu</strong>r HÇhe der Schuldenlast und die<br />

Gesamtleistungsfåhigkeit des Unternehmens (so <strong>zu</strong> § 3 Nr. 66 EStG aF BFH v.<br />

21.11.1983 – VIII R 14/81, BStBl. II 1984, 472 mwN). Entscheidend ist, ob es objektiv<br />

ex ante ohne die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung mÇglich gewesen wåre,<br />

das Unternehmen auf Dauer nach kaufmånnischen Gesichtspunkten rentabel<br />

fort<strong>zu</strong>setzen (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 148). Ist<br />

ein Unternehmen bereits saniert, dient die ZufÅhrung (weiteren) BetriebsvermÇgens<br />

nicht mehr der Sanierung (s. Anm. 314).<br />

307<br />

(b) Sanierungseignung<br />

Die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung kann nur dann der Sanierung dienen, wenn 308<br />

das Unternehmen sanierungsfåhig ist (FÅger/Rieger, DStR 1997, 1427 [1433]).<br />

Das ist dann der Fall, wenn die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung objektiv geeignet<br />

erscheint, das sanierungsbedÅrftige Unternehmen vor dem Zusammenbruch<br />

<strong>zu</strong> bewahren und wieder ertragsfåhig <strong>zu</strong> machen (so <strong>zu</strong> § 3 Nr. 66 EStG<br />

aF BFH v. 7.2.1985 – IV R 177/83, BStBl. II 1985, 504). Da nach hier vertretener<br />

Auffassung (s. Anm. 304) auf die Kapitalgesellschaft als Ganzes ab<strong>zu</strong>stellen<br />

ist, kann grundsåtzlich auch die Ûbertragung gewinnbringender Beteiligungen<br />

oder Betriebsståtten auf die Verlustgesellschaft eine Sanierung darstellen<br />

(aA Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1299.3.3).<br />

Vor dem Zusammenbruch bewahrt werden kÇnnen nur solche Unternehmen, 309<br />

die noch werbend tåtig sind. Hat die Verlustgesellschaft ihren Geschåftsbetrieb<br />

endgÅltig eingestellt, kann sie daher nicht mehr iS des § 8 Abs. 4<br />

Satz 3 KStG saniert werden (BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99,<br />

BStBl. I 1999, 455 Tz. 18). VorÅbergehende Betriebsunterbrechungen oder ein<br />

vorÅbergehendes Ruhen des Geschåftsbetriebs sind allerdings unschådlich<br />

(Neumann, StB 2002, 246 [261]; Bock/Meissner, GmbHR 1999, 1069 [1070];<br />

Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190d; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/<br />

Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 171; <strong>zu</strong> eng FG KÇln v. 8.2.2001 – 13 K 6016/00, EFG<br />

2001, 991 – Rev. I R 53/01). Ob eine Betriebseinstellung vorliegt, beurteilt sich<br />

anhand des einheitlichen Geschåftsbetriebs der Kapitalgesellschaft. Daher<br />

steht die Einstellung oder Veråußerung von verlustbringenden Betriebsteilen<br />

einer Sanierung grundsåtzlich nicht entgegen, sofern die Verlustgesellschaft<br />

ihre wirtschaftliche Aktivitåt nicht insgesamt eingestellt hat.<br />

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist ein Branchenwechsel grundsåtzlich<br />

als Einstellung des Geschåftsbetriebs <strong>zu</strong> werten (BMF-Schr. v. 16.4.1999,<br />

310<br />

aaO, Tz. 18; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 162, 169 ff.).<br />

Verlustverursachender Geschåftsbetrieb iS des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG ist in<br />

diesem Fall nur der Geschåftsbetrieb nach dem Branchenwechsel, dh. der vor<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

167


§ 10a Anm. 310–314 Gewerbeverlust<br />

311<br />

312<br />

dem schådlichen Branchenwechsel unterhaltene Geschåftsbetrieb ist nicht<br />

mehr sanierungsfåhig. Ein Branchenwechsel, der ohne wesentliche Ønderung<br />

der personellen und sachlichen Ressourcen erfolgt (sog. Strukturwandel), wird<br />

allerdings nicht als Einstellung des Geschåftsbetriebs angesehen (vgl. BMF-<br />

Schr. v. 16.4.1999, aaO, Tz. 18 f.). Auch die Verpachtung eines bisher aktiv betriebenen<br />

Geschåftsbetriebs wertet die Finanzverwaltung als Betriebseinstellung.<br />

Die BegrÅndung einer Betriebsaufspaltung soll demgegenÅber unschådlich<br />

sein (BMF-Schreiben v. 16.4.1999, aaO, Tz. 20).<br />

Hat die Verlustgesellschaft ihren Geschåftsbetrieb noch nicht eingestellt,<br />

kommt es nicht darauf an, ob die Gesellschaft als erhaltenswerter Wirtschaftsfaktor<br />

an<strong>zu</strong>sehen ist oder nicht (aA FG KÇln v. 8.2.2001 – 13 K 6016/00, EFG<br />

2001, 991 – Rev. I R 53/01, unter Hinweis auf fehlende Arbeitnehmer und das<br />

Nichtvorhandensein eines Kundenstamms). Anforderungen an eine irgendwie<br />

geartete SanierungswÅrdigkeit lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen.<br />

Ob die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung tatsåchlich <strong>zu</strong> einer Sanierung des Unternehmens<br />

fÅhrt, ist unbeachtlich. Der Sanierungserfolg ist nach Wortlaut<br />

und Zweck der Norm keine Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ng (FÅger/Rieger, DStR<br />

1997, 1427 [1433]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190).<br />

(3) Alleinige Sanierungsabsicht – Verbot der Ûbersanierung<br />

313 Die ZufÅhrung neuen BetriebsvermÇgens muss allein der Sanierung des verlustverursachenden<br />

Geschåftsbetriebs dienen. Das bestimmt sich nicht anhand<br />

der Motive des ZufÅhrenden, sondern nach der Verwendung des BetriebsvermÇgens<br />

bei der Kapitalgesellschaft (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8<br />

KStG Rz. 190c; vgl. auch FÅger/Rieger, DStR 1997, 1427 [1433]). Schådlich ist<br />

jede Verwendung des <strong>zu</strong>gefÅhrten BetriebsvermÇgens <strong>zu</strong> anderen als Sanierungszwecken.<br />

Das gilt selbst dann, wenn die anderweitige Verwendung wirtschaftlich<br />

sinnvoll ist (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190c). Hielte<br />

man – entgegen der hier vertretenen Auffassung (s. Anm. 304) – eine Sanierung<br />

der Verlustquelle fÅr erforderlich, wåre schon die Einbringung <strong>zu</strong>såtzlicher<br />

Aktivitåten in die Gesellschaft, die funktional nicht mit dem bis herigen<br />

Verlustbetrieb im Zusammenhang stehen, als schådlich an<strong>zu</strong>sehen (Lang in<br />

Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1299.7).<br />

314 Nach Auffassung der Finanzverwaltung dient eine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

nur dann allein der Sanierung, wenn sie den fÅr das Fortbestehen des Geschåftsbetriebs<br />

notwendigen Umfang nicht wesentlich Åberschreitet (BMF,<br />

Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 14). Schådlich<br />

ist daher die sog. Ûbersanierung, die beispielsweise vorliegt, wenn einer ursprÅnglich<br />

sanierungsbedÅrftigen aber inzwischen sanierten Kapitalgesellschaft<br />

weiteres BetriebsvermÇgen <strong>zu</strong>gefÅhrt wird, um den bestehenden Verlustvortrag<br />

frÅher nutzen <strong>zu</strong> kÇnnen (vgl. das Beispiel im BMF-Schr. v.<br />

16.4.1999, aaO, Tz. 14). Zu beachten ist hierbei allerdings, dass weitere VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrungen<br />

im Rahmen des § 8 Abs. 4 KStG nur schådlich sind, wenn<br />

sie den erforderlichen Zusammenhang <strong>zu</strong>r AnteilsÅbertragung aufweisen (s.<br />

Anm. 277). Wann eine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung den fÅr das Fortbestehen<br />

des Geschåftsbetriebs notwendigen Umfang wesentlich Åberschreitet, ist un-<br />

168<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 314–318 § 10a<br />

klar. Ausgangspunkt muss die Ûberlegung sein, dass ein sanierungsbedÅrftiger<br />

Geschåftsbetrieb nicht Åberlebens- und fortbestehensfåhig ist. Daher ist<br />

der fÅr das Fortbestehen notwendige Umfang grundsåtzlich derjenige, der<br />

nach der <strong>zu</strong> Sanierungszwecken vorgenommenen BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

besteht. Nur wenn die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung wesentlich darÅber<br />

hinausgeht, dient sie nicht mehr allein der Sanierung.<br />

Das Verbot der Ûbersanierung erfasst damit mE nur Extremfålle, bei denen<br />

die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung auch unter BerÅcksichtigung eines grundsåtzlich<br />

bestehenden kaufmånnischen Ermessens nicht mehr erforderlich war<br />

(restriktiv auch Orth, DB 1997, 2242 [2245]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8<br />

KStG Rz. 190c; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1299.8; åhnlich DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 160). Im Schrifttum wird dabei bisweilen<br />

eine Sanierungsabsicht unterstellt, wenn der Geschåftsbetrieb in den<br />

auf die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung folgenden fÅnf Jahren qualifiziert fortgefÅhrt<br />

wird (so Orth, DB 1997, 2242 [2245]; HÇrger/Endres, DB 1998, 335<br />

[339]).<br />

(4) FortfÅhrung des Geschåftsbetriebs in einem nach dem Gesamtbild der<br />

wirtschaftlichen Verhåltnisse vergleichbaren Umfang<br />

Eine BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung <strong>zu</strong> Sanierungszwecken ist nur dann nach 316<br />

§ 8 Abs. 4 Satz 3 KStG privilegiert, wenn die KÇrperschaft den Geschåftsbetrieb<br />

in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhåltnisse vergleichbaren<br />

Umfang in den folgenden fÅnf Jahren fortfÅhrt. Der FortfÅhrungszeitraum<br />

beginnt mit dem Verlust der wirtschaftlichen Identitåt (BMF,<br />

Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 21) und betrågt<br />

fÅnf Zeitjahre. Wird diese Frist nicht eingehalten, geht der Verlustab<strong>zu</strong>g rÅckwirkend<br />

auf den Zeitpunkt des Verlusts der wirtschaftlichen Identitåt verloren.<br />

Steuer- und Verlustfeststellungsbescheide kÇnnen nach § 175 Abs. 1 Satz 1<br />

Nr. 2 AO berichtigt werden (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190g;<br />

OFD Hannover v. 15.11.2005 – S 2745 - 20 - StO, DB 2005, 2662).<br />

Fort<strong>zu</strong>fÅhren ist der einheitliche Geschåftsbetrieb der Kapitalgesellschaft als 317<br />

solcher, nicht die Sparte, die den Verlust verursacht hat (s. Anm. 304). Der Umfang<br />

des Geschåftsbetriebs bestimmt sich anhand einer GesamtwÅrdigung<br />

der wirtschaftlichen Aktivitåten der Kapitalgesellschaft. Maßgebend sind ua.<br />

Umsatz, Auftragsvolumen, AktivvermÇgen und Zahl der Arbeitnehmer (BMF-<br />

Schr. v. 16.4.1999, aaO, Tz. 17; <strong>zu</strong>r Gewichtung der einzelnen Parameter vgl.<br />

Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1299.23 ff.).<br />

Vergleichsmaßstab fÅr die PrÅfung, ob der Geschåftsbetrieb in wirtschaftlich 318<br />

vergleichbarem Umfang fortgefÅhrt wurde, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung<br />

der durchschnittliche Umfang des Geschåftsbetriebs der Kapitalgesellschaft<br />

wåhrend der Verlustphase (BMF-Schr. v. 16.4.1999, aaO, Tz. 15;<br />

<strong>zu</strong>stimmend Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 482). Eine Gewichtung der<br />

einzelnen Verlustjahre soll nicht stattfinden, es sollen allerdings nur solche<br />

Jahre einbezogen werden, deren Verluste noch nicht abgezogen bzw. ausgeglichen<br />

sind (DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 163).<br />

Dies macht die Festlegung einer Verlustverwendungsreihenfolge erforderlich<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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169<br />

315


§ 10a Anm. 318–321 Gewerbeverlust<br />

(s. Anm. 357). Als Folge der Auffassung der Finanzverwaltung kÇnnen Reduzierungen<br />

des Betriebsumfangs wåhrend oder nach der Verlustphase (bis <strong>zu</strong>m<br />

Verlust der wirtschaftlichen Identitåt) einer steuerneutralen Sanierung entgegenstehen,<br />

da dann der Geschåftsbetrieb nicht mehr in seinem ursprÅnglichen<br />

Umfang fortgefÅhrt werden kann (vgl. KrÇner, DStR 1998,1495 [1501 f.];<br />

Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190e). Sachgerechter und auch vom<br />

Wortlaut her nahe liegender wåre es mE daher, die VergleichsgrÇße I auf den<br />

Zeitpunkt der <strong>zu</strong> Sanierungszwecken erfolgenden BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

<strong>zu</strong> bestimmen, dh. das FortfÅhrungserfordernis ausschließlich <strong>zu</strong>kunftsorientiert<br />

<strong>zu</strong> verstehen (so Simon in Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht,<br />

§ 13 Rz. 127 f., dort auch <strong>zu</strong>r Behandlung „missbråuchlicher“ Umfangsreduzierungen<br />

vor der VermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG<br />

Rz. 1299.27; Orth, DB 1997, 2242 [2248]: Beginn des FÅnf-Jahres-Zeitraums).<br />

319 Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist das FortfÅhrungserfordernis nicht<br />

erfÅllt, wenn der Geschåftsbetrieb bis <strong>zu</strong>m Ablauf des FortfÅhrungszeitraums<br />

um mehr als die Hålfte seines Umfangs abgeschmolzen wird (BMF-Schr. v.<br />

16.4.1999, aaO, Tz. 16). Schådlich ist auch eine Betriebseinstellung sowie ein<br />

Branchenwechsel bzw. eine Betriebsverpachtung (s. Anm. 310). Produktumstellungen<br />

und (Çrtliche) Betriebsverlagerungen sind demgegenÅber unschådlich,<br />

sofern sie nicht als Branchenwechsel <strong>zu</strong> werten sind (DÇtsch in<br />

DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 175). Mit dem FortfÅhrungserfordernis<br />

soll verhindert werden, dass der bisherige Geschåftsbetrieb reduziert<br />

und nur „auf Sparflamme“ fortgefÅhrt wird (FÅger/Rieger, DStR 1997, 1427<br />

[1435]; Orth, DB 1997, 2242 [1147]). Sanktioniert werden daher nur Verkleinerungen<br />

des Geschåftsbetriebs. Eine VergrÇßerung des Geschåftsbetriebs ist<br />

grundsåtzlich unschådlich, sofern keine Ûbersanierung vorliegt (s.<br />

Anm. 314 f.).<br />

320 Keine Aussage trifft das BMF-Schreiben <strong>zu</strong> der Frage, ob auch vorÅbergehende<br />

Umfangreduzierungen innerhalb des FortfÅhrungszeitraums schådlich<br />

sein kÇnnen, oder ob eine Durchschnittsbetrachtung vor<strong>zu</strong>nehmen ist. Sachgerecht<br />

ist mE die Ermittlung von Durchschnittswerten (vgl. Lang in Ernst &<br />

Young, § 8 KStG Rz. 1299.29.1).<br />

321 Der Geschåftsbetrieb ist grundsåtzlich durch die Verlustgesellschaft selbst<br />

fort<strong>zu</strong>fÅhren. Wird der Geschåftsbetrieb innerhalb des FortfÅhrungszeitraums<br />

ganz oder teilweise auf einen anderen Rechtstråger Åbertragen, geht der Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

nach Auffassung der Finanzverwaltung im nachhinein verloren<br />

(BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 22). Bei<br />

einer nur teilweisen Ûbertragung kann dem mE nicht gefolgt werden, da die<br />

Kapitalgesellschaft ihren einheitlichen Geschåftsbetrieb auch nach der Ûbertragung<br />

fortfÅhren kann. Maßgebend ist in diesem Fall vielmehr, ob die Ûbertragung<br />

<strong>zu</strong> einem schådlichen Abschmelzen des Geschåftsbetriebs gefÅhrt<br />

hat. Unschådlich ist der Ûbergang des Geschåftsbetriebs nach Auffassung der<br />

Finanzverwaltung nur, wenn er im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erfolgt<br />

(BMF, Schr. v. 16.4.1999, aaO, Tz. 22; <strong>zu</strong>stimmend DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/<br />

Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 176), allerdings geht der Verlustvortrag in diesem Fall<br />

nach dem UmwStG idF des SEStEG nicht mehr auf die Ûbernehmerin Åber<br />

170<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 321–324 § 10a<br />

(vgl. fÅr die Verschmel<strong>zu</strong>ng §§ 19 Abs. 2, 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 2 sowie fÅr<br />

die Ab- bzw. Aufspaltung §§ 19 Abs. 2, 15 Abs. 3 UmwStG; s. Anm. 85 f.). In<br />

der Literatur wurden <strong>zu</strong>mindest vor Inkrafttreten des SEStEG auch Ûbertragungen<br />

im Wege der Einzelrechtsnachfolge als unschådlich angesehen, soweit<br />

sie unter das UmwStG fielen (Simon in Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht,<br />

§ 13 Rz. 134).<br />

ee) Rechtsfolge<br />

Ist die KÇrperschaft im Anrechnungsjahr nicht wirtschaftlich identisch mit derjenigen<br />

im Entstehungsjahr, ist eine KÅr<strong>zu</strong>ng des maßgebenden Gewerbeer-<br />

322<br />

trags um Fehlbetråge vorangegangener EZ gemåß §§ 10a Satz 10 GewStG, 8<br />

Abs. 4 Satz 1 KStG ausgeschlossen. Nicht ab<strong>zu</strong>gsfåhig sind såmtliche Fehlbetråge,<br />

die bis <strong>zu</strong>m Verlust der wirtschaftlichen Identitåt entstanden sind<br />

(BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 33). Das<br />

gilt auch dann, wenn weniger als 100 % der Anteile an der Verlustgesellschaft<br />

Åbertragen werden (kritisch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 193a).<br />

Eine Heilung des Identitåtsverlusts durch gegenlåufige Maßnahmen (zB Wiederherstellung<br />

des ursprÅnglichen Geschåftsbetriebs, RÅckÅbertragung der<br />

Anteile) ist grundsåtzlich nicht mÇglich (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG<br />

Rz. 193a; aA Roser, GmbHR 1999, 27 [28]).<br />

FÅr die durch § 36 Abs. 9 Satz 2 GewStG, § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG idF des 323<br />

JStG 2009 angeordnete Fortgeltung des § 10a Satz 8 GewStG idF des<br />

JStG 2007, § 8 Abs. 4 KStG fÅr EZ nach 2007 gilt nach dem Wortlaut des § 36<br />

Abs. 9 Satz 3-5 GewStG eine Ausnahme vom Untergang des Verlustvortrags,<br />

wenn mehr als die Hålfte der Anteile an einer Zielgesellschaft iSd § 2 Abs. 3<br />

WKBG durch eine Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft iS des § 2 Abs. 1<br />

WKBG Åbertragen werden (vgl. auch § 34 Abs. 6 Satz 5-7 KStG idF des Mo-<br />

RaKG). In diesem Fall kann der nach § 8 Abs. 4 KStG nicht abziehbare Verlust<br />

Åber fÅnf Jahre zeitlich gestreckt anteilig abgezogen werden, soweit er auf stille<br />

Reserven des steuerpflichtigen inlåndischen BetriebsvermÇgens der Zielgesellschaft<br />

entfållt. Gleiches gilt im Falle eines sog. Nacherwerbs, dh. des unmittelbaren<br />

schådlichen Beteiligungserwerbs an einer Zielgesellschaft von einer<br />

Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft durch einen sonstigen Erwerber<br />

unter den in § 34 Abs. 6 Satz 6 KStG idF des MoRaKG genannten Vorausset<strong>zu</strong>ngen.<br />

Die inhaltsgleiche Vorschrift des § 8c Abs. 2 KStG ist jedoch aufgrund<br />

der Versagung der Zustimmung der EU-Kommission gemåß Art. 8 Abs. 2 Mo-<br />

RaKG nie in Kraft getreten, vgl. Anm. 185. Allerdings ist darauf hin<strong>zu</strong>weisen,<br />

dass Art. 8 Abs. 2 MoRaKG das Inkrafttreten des Art. 5 MoRaKG, durch den es<br />

<strong>zu</strong> der hier beschriebenen Ønderung des § 36 Abs. 9 GewStG gekommen ist,<br />

nicht von einer Entscheidung der Kommission abhångig macht. Nach dem Gesetzeswortlaut<br />

ist die Vorschrift daher in Kraft getreten, wenngleich wohl – bei<br />

Zugrundelegung der <strong>zu</strong> § 8c Abs. 2 KStG idF des MoRaKG entwickelten<br />

Rechtsauffassung der Europåischen Kommission (s. Anm. 99) – unanwendbar.<br />

Bei Vorliegen der Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 324<br />

wird der Verlust der wirtschaftlichen Identitåt unwiderlegbar vermutet. Die<br />

Vorschrift ist weder als Regelbeispiel („liegt in der Regel nicht vor“) noch als<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

171


§ 10a Anm. 324–326 Gewerbeverlust<br />

widerlegbare Vermutung formuliert (vgl. BMF-Schr. v. 16.4.1999, aaO, Tz. 1;<br />

Simon in Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht, § 13 Rz. 20; åhnlich DÇtsch<br />

in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Tz. 40: typisierende Unterstellung;<br />

aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 184a, 184b, 185a, der insbesondere<br />

bei AnteilsÅbertragungen im Konzern von einer Beibehaltung der wirtschaftlichen<br />

Identitåt ausgeht; ebenso Berg/Schmich, DB 2003, 1291 [1295]).<br />

325 Da der Gesetzeswortlaut den Verlust der wirtschaftlichen Identitåt im Hauptanwendungsfall<br />

von Anteilseignerwechsel und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

abhångig macht, waren nach ursprÅnglicher Auffassung der Finanzverwaltung<br />

såmtliche Fehlbetråge, die vor der Verwirklichung des letzten Tatbestandsmerkmals<br />

entstanden sind, vom Ab<strong>zu</strong>gsverbot erfasst (BMF-Schr. v.<br />

16.4.1999, aaO, Tz. 33; s. da<strong>zu</strong> Anm. 326). Umgekehrt konnten vor Verwirklichung<br />

des zweiten Tatbestandsmerkmals entstandene Gewinne noch mit bis<br />

dahin entstandenen Verlusten verrechnet werden, dh. die ErfÅllung des letzten<br />

Tatbestandsmerkmals wirkt nicht auf den Zeitpunkt der ErfÅllung des ersten<br />

Tatbestandsmerkmals <strong>zu</strong>rÅck (Herzberg, DStR 2001, 553 [555 f.]; Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 193).<br />

326 Diese Auffassung hatte insbesondere <strong>zu</strong>r Folge, dass auch solche Verluste<br />

nicht ab<strong>zu</strong>gsfåhig waren, die nach Ûbertragung der Anteile, aber vor der<br />

schådlichen BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung entstanden sind (FG KÇln v.<br />

8.2.2001 – 13 K 6016/00, EFG 2001, 991 – Rev. I R 53/01; Frotscher in Frotscher/<br />

Maas, § 8 KStG Rz. 193; Sauerland, DStZ 2007, 461). Dies wurde von der Lit.<br />

schon immer als nicht sachgerecht kritisiert: Wenn man als Regelungszweck<br />

des § 8 Abs. 4 KStG die Unterbindung des Handels mit Verlustvortrågen sieht,<br />

kÇnne mit Verlusten, die im Zeitpunkt der AnteilsÅbertragung noch nicht entstanden<br />

waren, nicht gehandelt werden (ablehnend daher FG Saarl. v.<br />

24.5.2004 – 1 V 88/04, EFG 2004, 1398 m. Anm. Neu = GmbHR 2004, 1477 m.<br />

Anm. Frey/Holzmeier; vgl. da<strong>zu</strong> die Beschwerdeentscheidung des BFH v.<br />

15.12.2004 – I B 115/04, BFH/NV 2005, 794; Herzberg, DStR 2001, 553 [555 f.];<br />

Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 2001, 771; Brendt in Erle/Sauter, KStG,<br />

3. Aufl. 2010, § 8 Abs. 4 KStG aF/Anh § 8c KStG Rz. 201; kritisch auch DÇtsch<br />

in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 184; vgl. auch Neyer, BB 2001,<br />

173 [174 f.]: Wahlrecht der KÇrperschaft). Der BFH hat sich dieser Auffassung<br />

in seinem Urteil v. 5.6.2007 (BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988) <strong>zu</strong>mindest<br />

fÅr § 8 Abs. 4 KStG 1996 angeschlossen, wobei die Entscheidung auch<br />

auf die geånderte Fassung des § 8 Abs. 4 KStG Åbertragbar sein dÅrfte (<strong>zu</strong>treffend<br />

Breuninger/Frey/Schade, GmbHR 2008, 52; ebenso im Ergebnis FG<br />

MÅnchen v. 11.3.2010 – 6 K 1945/07, BeckRS 2010, 26029477): Zwar gehe die<br />

wirtschaftliche Identitåt nach der Regelungskonzeption des § 8 Abs. KStG erst<br />

mit ErfÅllung såmtlicher Tatbestandsmerkmale verloren, jedoch versage § 8<br />

Abs. 4 KStG 1996 den Verlustab<strong>zu</strong>g vom Zeitpunkt der AnteilsÅbertragung<br />

an, bei der im Streitjahr anwendbaren alten Fassung der Vorschrift „also regelmåßig<br />

rÅckwirkend“. Es widerspråche der Regelungsintention, den missbråuchlichen<br />

„Verlusthandel“ <strong>zu</strong> unterbinden (da<strong>zu</strong> Anm. 209), wÅrden Verluste,<br />

die bereits die neuen Anteilseigner nach dem Erwerb der Anteile erwirtschaftet<br />

haben, vom Ab<strong>zu</strong>g ausgenommen. Die Finanzverwaltung wendet das<br />

BFH-Urteil Åber den entschiedenen Einzelfall hinaus an und hat Tz. 33 des<br />

172<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 326–329 § 10a<br />

BMF-Schreibens v. 16.4.1999 (s. Anm. 325) aufgehoben (BMF v. 4.12.2008 – IV<br />

C 7 - S 2745/07/10003, BStBl. I 2008, 1033). Soweit allerdings die Ûbertragung<br />

von mehr als 50 % der Anteile vor dem 1.1.2009 stattgefunden hat, kann Tz. 33<br />

des BMF-Schreibens v. 16.4.1999 auf Antrag aus GrÅnden des Vertrauensschutzes<br />

weiterhin <strong>zu</strong>gunsten des Steuerpflichtigen angewendet werden<br />

(BMF-Schreiben v. 4.12.2008, aaO.). FÅr den Verlustuntergang kann in diesen<br />

Fållen somit auf den Zeitpunkt des Verlusts der wirtschaftlichen Identitåt abgestellt<br />

werden. Dies kann fÅr den Steuerpflichtigen insbesondere dann gÅnstig<br />

sein, wenn zwischen AnteilsÅbertragung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

Gewinne erzielt werden.<br />

Die Entscheidung des BFH und die (neue) Sichtweise der Finanzverwaltung<br />

wirft die Frage auf, wie <strong>zu</strong> verfahren ist, wenn die Gesellschaft in der Interimszeit<br />

zwischen AnteilsÅbertragung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung Gewinne<br />

erwirtschaftet. Ginge man von einem „rÅckwirkenden“ Untergang des Verlustvortrags<br />

aus, wåre dessen Verrechnung mit Gewinnen in der Interimszeit<br />

nicht mÇglich (kritisch Breuninger/Frey/Schade, GmbHR 2008, 54; Fey/Neyer,<br />

GmbHR 2008, 693 [698 f.]). Ließe man demgegenÅber eine Verrechnung der<br />

untergehenden Verluste mit Gewinnen der Interimszeit <strong>zu</strong>, stellte sich die Frage<br />

der Reihenfolge der BerÅcksichtigung von Verlusten verschiedener EZ,<br />

wenn die Kapitalgesellschaft in der Ûbergangsphase neben Gewinnen auch<br />

Verluste erwirtschaftet (da<strong>zu</strong> Anm. 357; vgl. auch Frey/Holzmeier, GmbHR<br />

2004, 1478 [1481] mwN).<br />

Zur DurchfÅhrung der KÅr<strong>zu</strong>ng des Gewerbeertrags bei unterjåhrigem Verlust<br />

der wirtschaftlichen Identitåt s. Anm. 377 ff.<br />

327<br />

4. Organschaft<br />

Trotz der Fiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG bleiben Unternehmen eines gewerbesteuerlichen<br />

Organkreises grundsåtzlich selbståndige Gewerbebetriebe<br />

(sog. eingeschrånkte Einheitstheorie; vgl. im Einzelnen § 2 Anm. 3004 ff.).<br />

Die Ermittlung des Gewerbeertrags des Organkreises erfolgt zweistufig: Auf<br />

einer ersten Stufe wird <strong>zu</strong>nåchst der Gewerbeertrag fÅr jeden Gewerbebetrieb<br />

des Organkreises selbståndig ermittelt, sodann werden auf einer zweiten Stufe<br />

såmtliche Gewerbeertråge <strong>zu</strong>sammengerechnet, gegenÅber dem Organtråger<br />

festgesetzt und bei ihm der GewSt unterworfen (§ 2 Anm. 3041 ff.). Auf<br />

beiden Stufen setzt ein Verlustab<strong>zu</strong>g nach allgemeinen Regeln Unternehmerund<br />

Unternehmensidentitåt voraus (vgl. BFH v. 29.8.2000 – VIII R 1/00,<br />

BStBl. II 2001, 114 unter II.2.b; v. 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630 unter<br />

II.1.a).<br />

FÅr die Verlustnut<strong>zu</strong>ng ist zwischen innerhalb und außerhalb des Organkreises<br />

entstandenen Fehlbetrågen <strong>zu</strong> unterscheiden. Organschaften mit und (bis<br />

EZ 2001) ohne ErgebnisabfÅhrungsvertrag sind dabei gleich <strong>zu</strong> behandeln<br />

(vgl. BFH v. 17.2.1972 – IV R 17/68, BStBl. II 1972, 582; RÇdder, DStR 2001, 780;<br />

GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 106). Zu Besonderheiten<br />

bei der sog. MehrmÅtterorganschaft s. Anm. 336 ff.<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

173<br />

328<br />

329


§ 10a Anm. 330–332 Gewerbeverlust<br />

a) Innerorganschaftliche Verluste<br />

330 Innerorganschaftliche Verluste sind negative Gewerbeertråge von Unternehmen<br />

des Organkreises, die wåhrend des Bestehens der Organschaft entstehen.<br />

Aufgrund der Zusammenrechnung der Gewerbeertråge beim Organtråger<br />

kommt es wåhrend der Organschaft <strong>zu</strong> einer Verrechnung von im Organkreis<br />

entstandenen positiven und negativen Gewerbeertrågen des jeweiligen EZ.<br />

Das Ergebnis der Zusammenrechnung bildet materiell-rechtlich den Gewerbeertrag<br />

des Organtrågers, der auch verfahrensrechtlich als maßgebender<br />

Gewerbeertrag gegenÅber dem Organtråger fest<strong>zu</strong>setzen ist (BFH v. 27.6.1990<br />

– I R 183/85, BStBl. II 1990, 916 = DB 1990, 2394; m. Anm. Jonas; v. 27.6.1990 –<br />

IR 158/87, BFH/NV 1991, 116; v. 29.8.2000 – VIII R 1/00, BStBl. II 2001, 114).<br />

Entstehen durch die Zusammenrechnung beim Organtråger Fehlbetråge, so<br />

folgt aus dem Erfordernis der Unternehmensidentitåt, dass diese nicht nur<br />

wåhrend der Organschaft, sondern auch nach ihrer Beendigung nur beim Organtråger<br />

berÅcksichtigt werden kÇnnen (BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85,<br />

BStBl. II 1990, 916; v. 27.6.1990 – I R 158/87, BFH/NV 1991, 116; BlÅmich/v. Twickel,<br />

§ 10a GewStG Rz. 100; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl.<br />

2009, § 10a Anm. 106). Die Beendigung der Organschaft berÅhrt die Unternehmensidentitåt<br />

des Organtrågers mE nicht (aA wohl BlÅmich/v. Twickel,<br />

§ 10a GewStG Rz. 101), da das Unternehmen der Organgesellschaft dem Organtråger<br />

auch wåhrend der Organschaft nicht <strong>zu</strong>gerechnet wird.<br />

b) Außerorganschaftliche Verluste<br />

331 Außerorganschaftliche Verluste sind Fehlbetråge, die nicht im Organkreis entstanden<br />

sind. Dies sind <strong>zu</strong>m einen sog. vororganschaftliche Verluste, dh.<br />

Fehlbetråge, die bereits bei BegrÅndung der Organschaft bestanden. Sie gehen<br />

durch die BegrÅndung der Organschaft nicht verloren, da die Unternehmen<br />

des Organkreises ihre rechtliche Selbståndigkeit behalten (vgl. nur BFH<br />

v. 31.1.1956 – I 254/55 U, BStBl. III 1956, 91). Ebenfalls <strong>zu</strong> den außerorganschaftlichen<br />

Verlusten zåhlen <strong>zu</strong>m anderen Fehlbetråge, die vor oder wåhrend<br />

der Organschaft auf ein <strong>zu</strong>m Organkreis gehÇrendes Unternehmen Åbergehen,<br />

beispielsweise durch Anwachsung einer Personengesellschaft oder – vor<br />

dem Inkrafttreten des SEStEG (s. Anm. 85 f.) – durch Umwandlung einer Kapitalgesellschaft<br />

auf ein <strong>zu</strong>m Organkreis gehÇrendes Unternehmen (allgemein<br />

hier<strong>zu</strong> OFD Frankfurt v. 6.7.2000 – G 1427 A - 7 - St II22, DStR 2000, 1436). Zum<br />

Ûbergang des Verlustab<strong>zu</strong>gs in diesen Fållen s. Anm. 61, Anm. 86.<br />

332 Der Organtråger kann eigene außerorganschaftliche Verluste grundsåtzlich<br />

mit positiven Gewerbeertrågen der Organgesellschaft verrechnen (Eckert/<br />

Kneip/Rieke, INF 1999, 225 [227 ff.]; Prinz/Ommerborn, FR 1999, 993 [995 f.];<br />

Prinz/Ommerborn, FR 2000, 708; RÇdder, DStR 2001, 780 [781]; BlÅmich/v. Twickel,<br />

§ 10a GewStG Rz. 97; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl.<br />

2009, § 10a Anm. 109; Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 86; kritisch<br />

Patt/Stimpel, FR 2000, 705 [706 f.]; vgl. auch die gleichlautenden Låndererlasse<br />

v. 14.12.1999, BStBl. I 1999, 1134; offen gelassen in BFH v. 29.8.2000 –<br />

VIII R 1/00, BStBl. II 2001, 114 unter II.2.baa): Der Gewerbeertrag der Organgesellschaft<br />

wird durch die organschaftliche Zurechnung Bestandteil des Ge-<br />

174<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 332–334 § 10a<br />

werbeertrags des Organtrågers und unterliegt dort allgemeinen Regeln; besondere<br />

gesetzliche Beschrånkungen einer Nut<strong>zu</strong>ng außerorganschaftlicher<br />

Verluste bestehen fÅr den Organtråger – anders als fÅr die Organgesellschaft<br />

(s. Anm. 333) – nicht. Eine unmittelbare Verrechnung des Gewerbeertrags des<br />

Organtrågers mit außerorganschaftlichen Verlusten einer Organgesellschaft<br />

ist demgegenÅber nicht mÇglich, da Organgesellschaft und Organtråger gewerbesteuerlich<br />

selbståndige Unternehmen sind, so dass es an der fÅr eine<br />

Verlustverrechnung erforderlichen Unternehmensidentitåt fehlt (BFH v.<br />

23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630 unter II.1.a; v. 17.2.1972 – IV R 17/68,<br />

BStBl. II 1972, 582; v. 31.1.1956 – I 254/55 U, BStBl. III 1956, 91; Patt/Stimpel,<br />

FR 2000, 705). Bei dem Organtråger wirken sich außerorganschaftliche Verluste<br />

von Organgesellschaften daher nur insoweit aus, als sie <strong>zu</strong> einer KÅr<strong>zu</strong>ng<br />

des dem Organtråger <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden Gewerbeertrags der Organgesellschaft<br />

gefÅhrt haben (s. Anm. 333 ff.).<br />

Bei der BerÅcksichtigung außerorganschaftlicher Verluste der Organgesellschaft<br />

ist von dem Grundsatz aus<strong>zu</strong>gehen, dass die Unternehmen des Organ-<br />

333<br />

kreises ihre Selbståndigkeit behalten und auch ihr Gewerbeertrag <strong>zu</strong>nåchst<br />

jeweils selbståndig, dh. grundsåtzlich unabhångig vom Bestehen der Organschaft,<br />

<strong>zu</strong> ermitteln ist. Hieraus ergab sich bis <strong>zu</strong>m EZ 2003, dass außerorganschaftliche<br />

Verluste der Organgesellschaft bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags<br />

ab<strong>zu</strong>ziehen waren (BFH v. 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630;<br />

v. 17.2.1972 – IV R 17/68, BStBl. II 1972, 582; v. 31.1.1956 – I 254/55 U, BStBl. III<br />

1956, 91; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 108;<br />

fÅr aufgrund von Anwachsung bzw. Umwandlungen auf die Organgesellschaft<br />

Åbergehende Verlustvortråge vgl. BFH v. 2.3.1983 – I R 85/79, BStBl. II<br />

1983, 427; OFD Frankfurt v. 6.7.2000 – G 1427 A - 7 - St II22, DStR 2000, 1436).<br />

Die Vorschrift des § 15 Nr. 1 KStG stand dem nicht entgegen, da sie als Sondervorschrift<br />

fÅr die Ermittlung des dem Organtråger <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden Einkommens<br />

nicht von der Verweisung des § 7 GewStG in Be<strong>zu</strong>g genommen war (vgl.<br />

§ 7 Anm. 213). Soweit der BFH den Verlustab<strong>zu</strong>g bei bestehendem ErgebnisabfÅhrungsvertrag<br />

nur insoweit <strong>zu</strong>lassen wollte, als der Organgesellschaft<br />

„nach ErfÅllung ihrer Verpflichtung aus dem ErgebnisabfÅhrungsvertrag“ ein<br />

Gewinn verblieb (vgl. BFH v. 2.3.1983 – I R 85/79, BStBl. II 1983, 427), ist dem<br />

mE nicht <strong>zu</strong> folgen, da die GewinnabfÅhrung keinen Einfluss auf die Ermittlung<br />

des Gewerbeertrags der Organgesellschaft hat (BlÅmich/v. Twickel, § 10a<br />

GewStG Rz. 99). In einem mehrstufigen Organkreis erfolgt die Zurechnung<br />

der Gewerbeertråge stufenweise mit der Folge, dass die Organtrågerin der unteren<br />

Stufe (<strong>zu</strong>gleich Organgesellschaft der darÅber liegenden Stufe) den ihr<br />

<strong>zu</strong>gerechneten Gewerbeertrag mit eigenen, außerorganschaftlichen Verlusten<br />

verrechnen konnte und erst der um diese Verluste gekÅrzte Gewerbeertrag<br />

dem Organtråger der darÅber liegenden Stufe <strong>zu</strong>gerechnet wurde (vgl.<br />

fÅr vororganschaftliche Verluste OFD Frankfurt v. 23.2.2000 – G 1427 A - 7 - St<br />

II 22, FR 2000, 482; OFD Hannover v. 7.10.2003 – G 1427 – 25 - StO 232 / G 1427<br />

- 36 - StH 241, DB 2003, 2359).<br />

Seit dem EZ 2004 (vgl. § 36 Abs. 1 GewStG idF 2004, da<strong>zu</strong> § 36 Anm. 47 f.) 334<br />

schließt § 10a Satz 3 GewStG idF des Gesetzes <strong>zu</strong>r Ønderung des Gewerbesteuergesetzes<br />

und anderer Gesetze v. 23.12.2003 (BGBl. I 2003, 2922 =<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

175


§ 10a Anm. 334–337 Gewerbeverlust<br />

335<br />

BStBl. I 2004, 20) die Verrechnung vororganschaftlicher Verluste wåhrend des<br />

Bestehens der Organschaft aus: Hiernach darf die Organgesellschaft den maßgebenden<br />

Gewerbeertrag nicht um Fehlbetråge kÅrzen, die sich „vor dem<br />

rechtswirksamen Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags“ ergeben haben.<br />

Fallen Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags und Wirksamwerden der<br />

Organschaft auseinander, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung auf das<br />

Jahr des Wirksamwerdens der Organschaft ab<strong>zu</strong>stellen. Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag<br />

beispielsweise im EZ 2003 rechtswirksam abgeschlossen,<br />

aber erst im EZ 2004 ins Handelsregister eingetragen, dÅrfen hiernach die auf<br />

den 31.12.2003 festgestellten nicht ausgeglichenen Fehlbetråge der Organgesellschaft<br />

nicht mehr abgezogen werden (vgl. BMF, Schr. v 10.11.2005 – IV B 7 -<br />

S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038, Tz. 25; ebenso DÇtsch/Pung, DB 2004, 151<br />

[152]; DÇtsch, DB 2005, 2541 [2543]; Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a<br />

GewStG Rz. 87 f.). Mit dem Gesetzeswortlaut ist diese Auslegung unvereinbar,<br />

da der Fehlbetrag des EZ 2003 <strong>zu</strong>mindest <strong>zu</strong> einem Teil nach dem rechtswirksamen<br />

Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags entstanden ist und daher<br />

ab<strong>zu</strong>gsfåhig sein muss. Entsprechendes gilt, wenn Abschluss und Eintragung<br />

des GewinnabfÅhrungsvertrags im gleichen EZ erfolgen: Hier ist nach<br />

dem Gesetzeswortlaut mE auf einen unterjåhrigen Zeitpunkt ab<strong>zu</strong>stellen<br />

(ebenso Walter, GmbHR 2005, 456 [458 f.]).<br />

Unklar ist, ob die gesetzliche Regelung neben vororganschaftlichen Verlusten<br />

auch sonstige außerorganschaftliche Verluste erfasst, wie beispielsweise Fehlbetråge,<br />

die nach Wirksamwerden der Organschaft auf eine Organgesellschaft<br />

Åbergehen. Zumindest soweit die Åbergehenden Verlustvortråge nach<br />

dem rechtswirksamen Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags entstanden<br />

sind, bietet § 10a Satz 3 GewStG mE keine Rechtsgrundlage dafÅr, ihre Verrechnung<br />

mit eigenen Gewerbeertrågen der Organgesellschaft <strong>zu</strong> versagen<br />

(ebenso Abschn. 10a.4 Satz 3 f. GewStR 2009; Prinz/Hick, DStR 2006, 841;<br />

Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 89). Dass die Åbergehenden<br />

Verlustvortråge vor EinfÅgung des § 10a Satz 3 GewStG wie vororganschaftliche<br />

Verluste behandelt wurden (da<strong>zu</strong> OFD Frankfurt v. 6.7.2000 – G 1427 A - 7<br />

- St II 22, DStR 2000, 1436), åndert hieran nichts. Vgl. <strong>zu</strong>r Anwachsung einer<br />

Personengesellschaft mit vortragsfåhigen Fehlbetrågen auf eine Organgesellschaft<br />

Prinz/Hick, DStR 2006, 841.<br />

c) MehrmÅtterorganschaft<br />

336 Die MehrmÅtterorganschaft, bei der sich mehrere gewerbliche Unternehmen<br />

<strong>zu</strong>m Zwecke der einheitlichen Willensbildung gegenÅber der Organgesellschaft<br />

<strong>zu</strong> einer GbR <strong>zu</strong>sammenschließen, wurde mit Wirkung <strong>zu</strong>m EZ 2003 abgeschafft<br />

(da<strong>zu</strong> eingehend § 2 Anm. 3026 ff.). FÅr davor liegende EZ unterlag<br />

die Verlustnut<strong>zu</strong>ng im Organkreis den in Anm. 328 ff. dargestellten allgemeinen<br />

Grundsåtzen.<br />

337 Entscheidend war jedoch die materiell-rechtliche Vorfrage, wer Organtråger<br />

der MehrmÅtterorganschaft war, dh. wem der Gewerbeertrag der Organgesellschaft<br />

(und damit auch ein etwaiger Fehlbetrag) <strong>zu</strong>gerechnet wurde. Mit<br />

Urteil v. 9.6.1999 (I R 43/97, BStBl. II 2000, 695) entschied der BFH – in Abkehr<br />

176<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 337–340 § 10a<br />

von seiner bisherigen Rechtsprechung –, dass die gewerblichen Unternehmen,<br />

dh. die Gesellschafter der Willensbildungs-GbR als Organtråger an<strong>zu</strong>sehen<br />

sind (sog. Lehre von der mehrfachen Abhångigkeit). Die Finanzverwaltung<br />

wendet die Entscheidung nicht Åber den Einzelfall hinaus an und behandelt<br />

die Willensbildungs-GbR als Organtrågerin (BMF, Schr. v. 4.12.1999 – IV<br />

A 2 - S 2770 - 3/00, BStBl. I 2000, 1571). Der Gesetzgeber hat diese Rechtsauffassung<br />

durch EinfÅgung der § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG und § 14 Abs. 2 KStG<br />

durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz v. 20.12.2001 (BGBl. I<br />

2001, 3858 = BStBl. I 2002, 35) normiert. Die Vorschriften sind nach §§ 34 Abs. 6<br />

Satz 2 KStG, 36 Abs. 2 Satz 3 GewStG idF des UntStFG rÅckwirkend, dh. auch<br />

fÅr EZ vor 2002 an<strong>zu</strong>wenden. Hierin liegt eine echte RÅckwirkung bzw. RÅckbewirkung<br />

von Rechtsfolgen, die nach Auffassung des BFH allerdings die<br />

Grundsåtze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit nicht berÅhren<br />

und daher <strong>zu</strong>låssig sein soll (BFH v. 14.3.2006 – I R 1/04, DB 2006, 1090 =<br />

GmbHR 2006, 664 m. krit. Anm. Altrichter-Herzberg/NÅrnberger; v. 22.2.2006<br />

– I B 145/05, DB 2006, 874; kritisch Kirchhof/Raupach, DB Beilage 3/2001; s. § 2<br />

Anm. 3026 ff.).<br />

Die Beendigung der MehrmÅtterorganschaft durch Ausscheiden des vorletzten<br />

Gesellschafters aus der Willensbildungs-GbR fÅhrt <strong>zu</strong> einer Anwachsung<br />

der Willensbildungs-GbR beim verbleibenden Gesellschafter. Ein bei der Willensbildung-GbR<br />

bestehender Verlustvortrag geht dabei nicht auf den verbleibenden<br />

Gesellschafter Åber, da es an der hier<strong>zu</strong> erforderlichen Unternehmensidentitåt<br />

fehlt (s. Anm. 38). Dementsprechend kÇnnen Verluste, die im Rahmen<br />

einer MehrmÅtterorganschaft entstanden sind, nach deren Beendigung<br />

nicht beim verbleibenden Gesellschafter berÅcksichtigt werden (vgl. BFH v.<br />

14.3.2006 – I R 1/04, DB 2006, 1090; die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde<br />

wurde nicht <strong>zu</strong>r Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG v.<br />

10.7.2009 – 1 BvR 1416/06, BFH/NV 2009, 1768).<br />

5. Besonderheiten bei Betrieben gewerblicher Art und Eigengesellschaften,<br />

§ 10a Satz 9 GewStG<br />

Schrifttum: Leippe/Baldauf, Geplante gesetzliche Verankerung des kommunalen steuerlichen<br />

Querverbundes durch das Jahressteuergesetz 2009, DStZ 2008, 568; Bracksiek,<br />

Die Neuregelung des steuerlichen Querverbundes durch das JStG 2009, FR 2009, 15.<br />

Verwaltungsanweisung: BMF, Schr. v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I<br />

2009, 1303, Tz. 64-65, 88-89, 96.<br />

Nach dem durch das JStG 2009 neu eingefÅgten § 10a Satz 9 GewStG ist § 8 339<br />

Abs. 8 und 9 Satz 5 bis 7 KStG ab dem EZ 2009 (vgl. § 36 Abs. 9 Satz 8 f.<br />

GewStG idF des JStG 2009) entsprechend anwendbar.<br />

Gemåß § 8 Abs. 7 KStG sind die Rechtsfolgen einer verdeckten GewinnausschÅttung<br />

bei Betrieben gewerblicher Art sowie bei (in § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2<br />

340<br />

KStG nåher definierten) Eigengesellschaften nicht bereits deshalb <strong>zu</strong> ziehen,<br />

weil sie Dauerverlustgeschåfte iSd § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG ausÅben. Die gesetzliche<br />

Regelung stellt eine Reaktion auf das BFH-Urteil v. 22.8.2007 (BFH v.<br />

22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961) dar; s. da<strong>zu</strong> Nichtanwendungserlass<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

177<br />

338


§ 10a Anm. 340–344 Gewerbeverlust<br />

341<br />

342<br />

343<br />

des BMF v. 7.12.2007 – IV B 7 - S 2706/07/0011, BStBl. I 2007, 905. Sie fÅhrt da<strong>zu</strong>,<br />

dass bei dauerdefizitåren Tåtigkeiten regelmåßig erhebliche steuerliche<br />

Verlustvortråge angesammelt werden. Die Åber den Verweis in § 10 Satz 9<br />

GewStG auch fÅr die Gewerbesteuer anwendbare Regelung des § 8 Abs. 8<br />

und 9 Satz 5 bis 7 KStG will nun die Verrechnung dieser Verluste mit Gewinnen<br />

aus anderen, nicht dauerdefizitåren Tåtigkeiten verhindern und sieht daher<br />

eine Einschrånkung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng entsprechend dem sog. Spartengedanken<br />

vor (vgl. auch den Bericht des Finanzausschusses v. 27.11.2008, BT-<br />

Drucks. 16/11108, 33 f.).<br />

Vor diesem Hintergrund bestimmt § 10a Satz 9 GewStG, § 8 Abs. 8 KStG fÅr<br />

Betriebe gewerblicher Art, dass in einem bestimmten Betrieb entstandene<br />

Verluste grundsåtzlich nur mit spåteren Gewinnen dieses Betrieb verrechnet<br />

werden kÇnnen. Kommt es <strong>zu</strong> einer Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher<br />

Art, kann daher der in den <strong>zu</strong>sammengefassten Betrieben vor ihrer Zusammenfassung<br />

entstandene Gewerbeverlust nicht mit dem Gewerbeertrag<br />

des <strong>zu</strong>sammengefassten Betriebs gewerblicher Art verrechnet werden (§ 8<br />

Abs. 8 Satz 2 KStG). Ein Verlustab<strong>zu</strong>g ist grundsåtzlich erst wieder nach Beendigung<br />

der Zusammenfassung <strong>zu</strong>låssig (§ 8 Abs. 8 Satz 4 KStG). Die vorgenannten<br />

Einschrånkungen gelten nur dann nicht, wenn gleichartige Betriebe<br />

gewerblicher Art <strong>zu</strong>sammengefasst oder getrennt werden (§ 8 Abs. 8 Satz 5<br />

KStG). Nach § 34 Abs. 6 Satz 8 (bzw. 11) KStG, der Åber § 36 Abs. 9 Satz 8 f.<br />

GewStG entsprechende Anwendung findet, gilt der <strong>zu</strong>m 31.12.2008 fÅr einen<br />

Betrieb gewerblicher Art, der durch Zusammenfassung entstanden war, festgestellte<br />

Verlustvortrag als in diesem Betrieb gewerblicher Art entstanden.<br />

Ûbt eine Eigengesellschaft neben einem Dauerverlustgeschåft weitere Tåtigkeiten<br />

aus, beschrånkt § 7 Satz 5 GewStG, § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 KStG durch<br />

eine an Sparten orientierten Ermittlung des Gewerbeertrags den Verlustausgleich<br />

zwischen den einzelnen Sparten. FÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g verhindert<br />

§ 10a Satz 9, § 8 Abs. 9 Satz 5 bis 7 KStG eine Verlustnut<strong>zu</strong>ng zwischen den<br />

einzelnen Sparten. Diese Sondervorschriften gelten neben § 10a Satz 10<br />

GewStG, § 8c KStG. Mit ihnen soll erreicht werden, dass bei einer Eigengesellschaft<br />

keine grÇßeren MÇglichkeiten der Ergebnisverrechnung gegeben sind,<br />

als bei der AusÅbung der Tåtigkeiten in Betrieben gewerblicher Art (BT-<br />

Drucks. 16/11108, 34). Zur Aufteilung eines auf den Schluss des EZ 2008 festgestellten<br />

Verlustvortrags vgl. § 34 Abs. 6 Satz 10 (bzw. 13) KStG, § 36 Abs. 9<br />

Satz 8 f. GewStG.<br />

Einstweilen frei.<br />

344<br />

IV. DurchfÅhrung des Verlustab<strong>zu</strong>gs<br />

Nach § 10a Satz 1 GewStG ist der maßgebende Gewerbeertrag des Anrechnungsjahres<br />

um noch nicht berÅcksichtige Fehlbetråge <strong>zu</strong> kÅrzen, die sich bei<br />

der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags fÅr die vorangegangenen<br />

EZ ergeben haben (s. Anm. 345); seit dem EZ 2004 sind dabei die Vorgaben<br />

der Mindestbesteuerung <strong>zu</strong> beachten (s. Anm. 355). Die HÇhe der vortragsfåhigen<br />

Fehlbetråge ist gemåß § 10a Satz 6 GewStG gesondert fest<strong>zu</strong>stellen (s.<br />

178<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 344–348 § 10a<br />

Anm. 380 ff.). Zu Besonderheiten bei Personengesellschaften s. Anm. 358 ff.<br />

sowie bei KÇrperschaften s. Anm. 377 ff.<br />

1. Ermittlung der Fehlbetråge im Entstehungsjahr und des maßgebenden<br />

Gewerbeertrags im Anrechnungsjahr<br />

Die Ermittlung der Fehlbetråge im Entstehungsjahr und des maßgebenden 345<br />

Gewerbeertrags im Anrechnungsjahr erfolgt nach allgemeinen Vorschriften;<br />

es gelten die §§ 7–10 GewStG (s. Anm. 7). Die Art der Gewinnermittlung ist fÅr<br />

nach dem EZ 1974 entstandene Fehlbetråge unbeachtlich (<strong>zu</strong>r alten Rechtslage<br />

vgl. BFH v. 18.10.1981 – I R 115/78, BStBl. II 1981, 485).<br />

Zur Ermittlung des Gewerbeertrags s. § 7 Anm. 30 ff. An dieser Stelle sei lediglich<br />

auf Folgendes hingewiesen:<br />

346<br />

– Soweit der Gewerbeertrag aufgrund einer persÇnlichen Steuerbefreiung 347<br />

nicht ermittelt wird, kÇnnen wåhrend dieser Zeit entstandene Verluste nach<br />

Wegfall der Steuerbefreiung nicht abgezogen werden. Keinen Einfluss hat<br />

die Steuerbefreiung hingegen auf die Ab<strong>zu</strong>gsfåhigkeit der vor ihrem Eintritt<br />

entstandenen Gewerbeverluste, soweit Unternehmer- und Unternehmensidentitåt<br />

besteht (BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733). Handelt es<br />

sich bei der Steuerbefreiung um eine Billigkeitsregelung, wird ein Ab<strong>zu</strong>g<br />

der wåhrend ihrer Geltung entstandenen Gewerbeverluste bejaht (vgl. BlÅmich/v.<br />

Twickel, § 10a GewStG Rz. 61; <strong>zu</strong>r Behandlung von bis EZ 1985 entstandenen<br />

Fehlbetrågen nach der Verankerung der sog. Gepråge-Rechtsprechung<br />

vgl. FinMin. BW v. 4.2.1987 – G 1422 A - 25/86, EStK § 10a<br />

GewStG S. 2 Nr. 3).<br />

– Nicht steuerbare bzw. steuerfreie Einnahmen bleiben bei der Ermittlung 348<br />

des Gewerbeertrags (und damit auch der Fehlbetråge) außer Betracht. Sie<br />

werden auch nicht mit Fehlbetrågen vorangegangener EZ verrechnet (vgl.<br />

BFH v. 28.7.1959 – I 41/58 S, BStBl. III 1959, 366; v. 3.7.1963 – I 276/61 S,<br />

BStBl. III 1963, 464; Abschn. 10a.1 Abs. 1 Satz 2 f. GewStR 2009).<br />

Zu den steuerfreien Einnahmen gehÇrten bis <strong>zu</strong>m EZ 1997 auch Sanierungsgewinne<br />

nach § 3 Nr. 66 EStG (<strong>zu</strong>letzt idF der Bekanntmachung vom<br />

16.4.1997, BGBl. I 1997, 821). Mit Streichung des § 3 Nr. 66 EStG durch Art.<br />

1 Nr. 1 des Gesetzes <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng der Unternehmenssteuerreform vom<br />

29.10.1997 (BGBl. I 1997, 2590) ist die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen<br />

fÅr ab 1998 endende Wirtschaftsjahre entfallen. Zur Vermeidung einer<br />

sich aus der Besteuerung von Sanierungsgewinnen ergebenden Hårte ist<br />

die Steuer auf den Sanierungsgewinn nach Tz. 8 des BMF-Schreibens v.<br />

27.3.2003 (IV A 6 – S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240) auf Antrag des Steuerpflichtigen<br />

nach § 163 AO abweichend fest<strong>zu</strong>setzen und nach § 222 AO mit<br />

dem Ziel des spåteren Erlasses <strong>zu</strong>nåchst unter Widerrufsvorbehalt ab Fålligkeit<br />

<strong>zu</strong> stunden (s. da<strong>zu</strong> auch Anm. 204). Zu diesem Zweck sind die Besteuerungsgrundlagen<br />

im Steuerfestset<strong>zu</strong>ngsverfahren in der Weise <strong>zu</strong> ermitteln,<br />

dass såmtliche Verluste/negative EinkÅnfte unbeschadet von Ausgleichsund<br />

Verrechnungsbeschrånkungen bis <strong>zu</strong> HÇhe des Sanierungsgewinns<br />

vorrangig verrechnet werden. Zu Steuerstundung und Steuererlass durch<br />

die Gemeinden im Rahmen einer analogen Anwendung des § 163 Satz 2<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

179


§ 10a Anm. 348–351 Gewerbeverlust<br />

349<br />

350<br />

351<br />

AO vgl. Bayerisches Landesamt fÅr Steuern v. 8.8.2006 – S 2140 - 6 St 3102M,<br />

FR 2006, 900 (gleichlautend OFD Hannover v. 26.8.2006 – G 1498 - 16 - StO<br />

252, DStR 2006, 2128). Hiernach haben die Gemeinden im Hinblick auf die<br />

<strong>zu</strong>m EZ 2004 eingefÅhrte sog. Mindestbesteuerung (§ 10a Satz 1 GewStG)<br />

<strong>zu</strong> prÅfen, ob sie eventuelle Billigkeitsmaßnahmen unter den Vorbehalt stellen,<br />

dass <strong>zu</strong>nåchst alle vorhandenen VerlustverrechnungsmÇglichkeiten<br />

ausgeschÇpft werden (analog Tz. 8 Satz 3 des BMF-Schreibens v. 27.3.2003<br />

(IVA 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240).<br />

Gewinne aus der Veråußerung oder der Aufgabe eines Gewerbebetriebs<br />

oder Mitunternehmeranteils blieben bis <strong>zu</strong>m EZ 2001 bei der Ermittlung<br />

des Gewerbeertrags unberÅcksichtigt (<strong>zu</strong>r alten Rechtslage s. § 7<br />

Anm. 297 ff.). Seit dem EZ 2002 gehÇrt ein Veråußerungs- bzw. Aufgabegewinn<br />

gemåß § 7 Satz 2 GewStG <strong>zu</strong>m Gewerbeertrag, soweit er nicht auf<br />

eine natÅrliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfållt.<br />

Zu den Rechtsfolgen einer unterjåhrigen Anteilsveråußerung bzw. -aufgabe<br />

s. Anm. 368 f.<br />

– UnberÅcksichtigt bleiben ebenfalls Aufwendungen, die nach allgemeinen<br />

Regeln keine Auswirkungen auf den Gewerbeertrag haben. Nach hM kÇnnen<br />

daher Aufwendungen, die vor ErÇffnung des Gewerbebetriebs entstanden<br />

sind, nicht als Fehlbetråge vorgetragen werden (GÅroff in Glanegger/GÅroff,<br />

GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 7), da die sachliche Steuerpflicht<br />

erst mit Aufnahme der werbenden Tåtigkeit beginnt (da<strong>zu</strong> Neukommentierung<br />

<strong>zu</strong> § 2 Anm. 1490 ff.).<br />

– Werden im Rahmen eines einheitlichen Gewerbebetriebs verschiedene Tåtigkeiten<br />

ausgeÅbt, fÅr die <strong>zu</strong>m Teil ermåßigte Steuermesszahlen gelten, so<br />

ist der Gewerbeertrag des gesamten Gewerbebetriebs ohne Aufteilung auf<br />

steuerbegÅnstigte und nicht steuerbegÅnstigte Tåtigkeiten einheitlich <strong>zu</strong><br />

ermitteln, da die Ermittlung des Gewerbeertrags gemåß § 11 Abs. 1 Satz 2<br />

GewStG der Anwendung der Steuermesszahl vorausgeht. Daher erfolgt<br />

auch die Ermittlung von Fehlbetrågen im Entstehungsjahr und die KÅr<strong>zu</strong>ng<br />

des Gewerbeertrags des Anrechnungsjahres um Fehlbetråge vorangegangener<br />

EZ einheitlich und ohne Aufteilung. Erst wenn nach der KÅr<strong>zu</strong>ng ein<br />

positiver maßgebender Gewerbeertrag verbleibt, ist dieser Betrag auf steuerbegÅnstigte<br />

und nicht steuerbegÅnstigte Tåtigkeiten auf<strong>zu</strong>teilen (BlÅmich/v.<br />

Twickel, § 10a GewStG Rz. 62; GÅroff in Glanegger/GÅroff,<br />

GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 112). Diese Grundsåtze gelten beispielsweise<br />

fÅr bestimmte Seeschifffahrtsunternehmen bis <strong>zu</strong>m EZ 1992 (da<strong>zu</strong><br />

§ 11 Anm. 29; BFH v. 15.7.1986 – VIII R 269/81, BStBl. II 1986, 860) sowie fÅr<br />

Unternehmen, <strong>zu</strong> deren BetriebsvermÇgen Anlagen <strong>zu</strong>r Erzeugung elektrischer<br />

Energie gehÇren, die die Vorausset<strong>zu</strong>ngen der steuerlichen BegÅnstigung<br />

nach den Vorschriften der WasserkraftwerksVO v. 26.10.1944 (RGBl.<br />

I 1944, 278 = RStBl. I 1944, 657), <strong>zu</strong>letzt geåndert durch Gesetz v. 14.12.1984<br />

(BGBl. I 1983, 1493 = BStBl. I 1984, 659), erfÅllen (BFH v. 22.9.1976 – I R<br />

34/75, BStBl. II 1977, 251).<br />

– Bei einer Pauschfestset<strong>zu</strong>ng des Steuermessbetrags nach § 15 GewStG unterbleibt<br />

die Ermittlung des Gewerbeertrags. § 10a GewStG ist daher unanwendbar.<br />

180<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 352–355 § 10a<br />

Bei Unternehmen mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr gilt<br />

der Gewerbeertrag gemåß § 10 Abs. 2 GewStG als in dem EZ bezogen, in dem<br />

das Wirtschaftsjahr endet. Besonderheiten bestanden nach § 10 Abs. 2 Satz 2<br />

GewStG 1978 fÅr die EZ 1985 und frÅher, wenn Unternehmen mit einem abweichendem<br />

Wirtschaftsjahr in die Steuerpflicht eintraten: Hier war der Gewerbeertrag<br />

des ersten Wirtschaftsjahres in zwei EZ <strong>zu</strong> berÅcksichtigen (s.<br />

§ 10 Anm. 5), ein Fehlbetrag konnte jedoch nur einmal abgezogen werden<br />

(BFH v. 29.9.1966 – IV R 16/66, BStBl. III 1966, 684).<br />

352<br />

2. KÅr<strong>zu</strong>ng des maßgebenden Gewerbeertrags des Anrechnungsjahres<br />

a) Grundsatz<br />

Der maßgebende Gewerbeertrag „wird“ um noch nicht berÅcksichtigte Fehlbetråge<br />

vorangegangener EZ gekÅrzt. Der Verlustab<strong>zu</strong>g ist daher von Amts<br />

353<br />

wegen <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, es bedarf weder eines Antrags des Steuerpflichtigen<br />

noch besteht ein Wahlrecht <strong>zu</strong>r Verlustnut<strong>zu</strong>ng (vgl. BFH v. 9.1.1958 – IV<br />

250/57 U, BStBl. III 1958, 134). Die MÇglichkeit eines VerlustrÅcktrags sieht<br />

das Gesetz nicht vor.<br />

Die Ab<strong>zu</strong>gsfåhigkeit von Fehlbetrågen, die im EZ 1985 oder spåter entstanden 354<br />

sind, unterliegt keiner zeitlichen Beschrånkung (vgl. § 36 Abs. 5 idF des<br />

StRefG 1990; BFH v. 28.11.1990 – X R 102/89, BStBl. II 1991, 477). Davor entstandene<br />

Gewerbeverluste blieben endgÅltig unberÅcksichtigt, soweit sie<br />

nicht innerhalb von fÅnf EZ nach ihrer Entstehung berÅcksichtigt werden<br />

konnten.<br />

Der Gewerbeverlust ist im Anrechnungsjahr in seiner tatsåchlichen HÇhe <strong>zu</strong> 355<br />

berÅcksichtigen. Das galt auch fÅr die EZ 1985 und frÅher, in denen ggf. die<br />

Umrechnungsvorschriften der §§10 Abs. 3, 11 Abs. 6 GewStG 1976 an<strong>zu</strong>wenden<br />

waren (<strong>zu</strong> Einzelheiten vgl. Abschn. 68 Abs. 11 GewStR 1984). Allerdings<br />

sind bei DurchfÅhrung der KÅr<strong>zu</strong>ng ab EZ 2004 gemåß § 10a Satz 1 und 2<br />

GewStG idF des Gesetzes v. 23.12.2003 <strong>zu</strong>r Ønderung des Gewerbesteuergesetzes<br />

und anderer Gesetze (BGBl. I 2003, 2922 = BStBl. I 2004, 20) die Beschrånkungen<br />

der sog. Mindestbesteuerung <strong>zu</strong> beachten. Hiernach ist eine<br />

betragsmåßig unbeschrånkte Verlustverrechnung nur noch bis <strong>zu</strong> einem Gewerbeertrag<br />

von 1 Mio. E (sog. Sockelbetrag/Mittelstandskomponente) mÇglich.<br />

Bei Gewerbeertrågen oberhalb dieses Betrages erfolgt die Verrechnung<br />

bis <strong>zu</strong> 1 Mio. E unbeschrånkt, darÅber hinaus werden nur 60 % des Åbersteigenden<br />

Gewerbeertrags mit noch nicht berÅcksichtigten Fehlbetrågen verrechnet.<br />

Damit kommt es – ungeachtet der HÇhe der bestehenden Fehlbetråge<br />

– mindestens <strong>zu</strong> einer Besteuerung von 40 % des 1 Mio. E Åbersteigenden Gewerbeertrags.<br />

Nicht verrechnete Fehlbetråge werden weiter vorgetragen. Betrågt<br />

der maßgebende Gewerbeertrag beispielsweise 3 Mio. E und bestehen<br />

Fehlbetråge in HÇhe von 5 Mio. E, erfolgt die KÅr<strong>zu</strong>ng des Gewerbeertrags in<br />

HÇhe von 1 Mio. E unbeschrånkt, wåhrend der Åberschießende Betrag von 2<br />

Mio. E nur <strong>zu</strong> 60 % (dh. in HÇhe von 1,2 Mio. E) mit (im Beispiel vorhandenen)<br />

Fehlbetrågen <strong>zu</strong> verrechnen ist. Im Beispiel verbleibt daher ein maßgebender<br />

Gewerbeertrag von 800.000 E, der nach allgemeinen Regeln besteuert wird.<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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181


§ 10a Anm. 355–358 Gewerbeverlust<br />

356<br />

357<br />

358<br />

Zu Gestaltungsvorschlågen fÅr die Vermeidung der Mindestbesteuerung vgl.<br />

ua. Herzig, Wpg. 2004, 53 (62 f.).<br />

Unter Beachtung der Vorgaben der Mindestbesteuerung erfolgt die KÅr<strong>zu</strong>ng,<br />

soweit ein positiver maßgebender Gewerbeertrag besteht. Dies gilt auch hinsichtlich<br />

desjenigen Teils des Gewerbeertrags, der unter den Freibetrag nach<br />

§ 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG fållt und daher nicht der Besteuerung unterliegen<br />

wÅrde (vgl. BFH v. 9.1.1958 – IV 250/57 U, BStBl. III 1958, 134; Abschn. 10a.1<br />

Abs. 3 Satz 2 GewStR 2009). Der Freibetrag ist erst <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, soweit<br />

nach dem Verlustab<strong>zu</strong>g noch ein positiver Gewerbeertrag verbleibt.<br />

Das Gesetz bestimmt nur, dass der Gewerbebetrag um noch nicht berÅcksichtigte<br />

Fehlbetråge vorangegangener EZ <strong>zu</strong> kÅrzen ist, nicht hingegen, in welcher<br />

Reihenfolge Fehlbetråge aus verschiedenen EZ <strong>zu</strong> berÅcksichtigen sind.<br />

Diese Frage kann beispielsweise bedeutsam werden bei Bestehen eigener neben<br />

Åbergegangenen Fehlbetrågen (s. Anm. 36), im Zusammenhang mit der<br />

Anwendung der Sanierungsklausel des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG (s. Anm. 318)<br />

oder ggf. bei Fehlbetrågen von KÇrperschaften, die zwischen einer nach § 8<br />

Abs. 4 KStG schådlichen AnteilsÅbertragung und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

entstanden sind (s. Anm. 326). Mangels einer gesetzlichen Vorgabe ist<br />

mE <strong>zu</strong>gunsten des Steuerpflichtigen von einer Verwendungsreihenfolge aus<strong>zu</strong>gehen,<br />

die iS einer MeistbegÅnstigung <strong>zu</strong> einer grÇßtmÇglichen KÅr<strong>zu</strong>ng<br />

des Gewerbeertrags nach § 10a GewStG fÅhrt (vgl. auch Wienands, GmbHR<br />

1999, 462 [468 ff.]: Wahlrecht des Steuerpflichtigen; aA Deloitte/Brauer/Sonnenschein,<br />

GewStG § 10a Rn. 115: Verlustverrechnung in historischer Reihenfolge).<br />

Dem entspricht es, wenn die Finanzverwaltung im Zusammenhang mit<br />

der Neufassung des § 8 Abs. 4 KStG durch das Gesetz <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng der Unternehmenssteuerreform<br />

eine Verlustverrechnung nach dem FIFO-Prinzip<br />

vornimmt (RÇdder/Metzner, DStR 2001, 560; s. Anm. 97).<br />

b) Besonderheiten bei Personengesellschaften<br />

aa) Maßgeblichkeit des GewinnverteilungsschlÅssels<br />

Nach § 10a Satz 4 GewStG idF des JStG 2007 ist bei einer Mitunternehmerschaft<br />

der sich im Entstehungsjahr fÅr die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende<br />

Fehlbetrag den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem<br />

Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssel<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen. Maßgebend kann dabei nur der GewinnverteilungsschlÅssel<br />

des Entstehungsjahres sein. Korrespondierend bestimmt § 10a Satz 5 GewStG<br />

idF des JStG 2007 fÅr das Ab<strong>zu</strong>gsjahr, dass fÅr den Ab<strong>zu</strong>g der den Mitunternehmern<br />

(im Entstehungsjahr) <strong>zu</strong>gerechneten Fehlbetråge der sich fÅr die<br />

Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Gewerbeertrag entsprechend<br />

dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag fÅr das Ab<strong>zu</strong>gsjahr ergebenden allgemeinen<br />

GewinnverteilungsschlÅssel <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen ist (<strong>zu</strong>r BerÅcksichtigung<br />

der Mindestbesteuerung s. Anm. 365). Die Verlustverrechnung findet daher<br />

rechnerisch auf Ebene der Mitunternehmer statt. Der Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft<br />

errechnet sich im Anschluss hieran durch eine Addition<br />

der gewonnenen Einzelergebnisse.<br />

182<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 359–360 § 10a<br />

Der Verlustab<strong>zu</strong>g setzt voraus, dass auf Ebene der Mitunternehmerschaft im<br />

Entstehungsjahr ein negativer und im Ab<strong>zu</strong>gsjahr ein positiver Gewerbeertrag<br />

vorliegt. Hierbei sind Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben sowie<br />

die Ergebnisse von Ergån<strong>zu</strong>ngsbilanzen <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, da diese in den<br />

sich „insgesamt“ bei der Mitunternehmerschaft ergebenden maßgebenden<br />

Gewerbeertrag eingeflossen sind. Der so ermittelte Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft<br />

ist sodann den Mitunternehmern nach Maßgabe des allgemeinen<br />

Gewinn- und VerlustverteilungsschlÅssels <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen und im<br />

Ab<strong>zu</strong>gsjahr um bestehende, dh. in Vorjahren <strong>zu</strong>gerechnete Fehlbetråge <strong>zu</strong><br />

kÅrzen. Maßgebend ist somit der handelsrechtliche GewinnverteilungsschlÅssel,<br />

wobei dies mE nur insoweit gelten kann, als die Gewinnverteilung auch<br />

steuerlich an<strong>zu</strong>erkennen ist (s. Anm. 54 sowie <strong>zu</strong>r Rechtslage bei § 35 Abs. 2<br />

Satz 2 EStG BMF v. 15.5.2002 – IV A 5 - S 2296a - 16/02, BStBl. I 2002, 533, Tz.<br />

20). Da das Gesetz auf den sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden GewinnverteilungsschlÅssel<br />

abstellt, beeinflusst das Ergebnis von Ergån<strong>zu</strong>ngsund<br />

Sonderbilanzen zwar die HÇhe des Gewerbeertrags der Mitunternehmerschaft,<br />

es kommt jedoch nicht <strong>zu</strong> einer unmittelbaren individuellen Zurechnung<br />

der Ergebnisse von Sonder- bzw. Ergån<strong>zu</strong>ngsbilanzen beim betroffenen<br />

Mitunternehmer. Das gilt insbesondere fÅr SondervergÅtungen iS des § 15<br />

Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 2. Halbsatz EStG, da SondervergÅtungen nur vorliegen,<br />

wenn sie nach der Abrede der Gesellschafter Aufwand der Gesellschaft<br />

darstellen und auch dann gezahlt werden sollen, wenn die Gesellschaft keinen<br />

Gewinn erzielt (vgl. BFH v. 13.10.1998 – VIII R 4/98, BStBl. II 1999, 284). Ob der<br />

Gesetzgeber dies durch die Formulierung, dass „Vorabgewinnanteile“ nicht<br />

<strong>zu</strong> berÅcksichtigen sind, klarstellen oder dieser Formulierung eine eigenståndige<br />

Bedeutung beimessen wollte, ist unklar. Zu der gleichlautenden, in ihrer<br />

Auslegung ebenfalls umstrittenen Formulierung in § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG<br />

vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass hiermit nicht „gewinnabhångige<br />

Vorabgewinnanteile“ gemeint seien, weil diese „Bestandteil des<br />

allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssels“ seien. Nicht <strong>zu</strong> berÅcksichtigen iS<br />

der Vorschrift seien daher (nur) SondervergÅtungen, deren HÇhe nicht vom<br />

Gewinn abhångig ist, sowie die Ergebnisse aus Sonder- und Ergån<strong>zu</strong>ngsbilanzen<br />

(BMF v. 15.5.2002 – IVA 5 - S 2296a - 16/02, BStBl. I 2002, 533, Tz. 21 f.; vgl.<br />

da<strong>zu</strong> Ritzer/Stangl, DStR 2002, 1785 [1786 f.]; Neu, DStR 2002, 1078; Neu,<br />

DStR 2003, 1062 mwN). Es erscheint zweifelhaft, ob nicht gewinnabhångige<br />

VergÅtungen Åberhaupt unter den Begriff des „Vorabgewinnanteils“ subsumiert<br />

werden kÇnnen. Ungeachtet dessen gibt der Wortlaut fÅr eine Differenzierung<br />

keinen Anhaltspunkt. Bei einer am Gesetzeswortlaut orientierten<br />

Auslegung mÅsste man daher <strong>zu</strong> der Erkenntnis kommen, dass såmtliche Vorabgewinnanteile<br />

bei der Zurechnung bzw. KÅr<strong>zu</strong>ng von Verlustanteilen nicht<br />

<strong>zu</strong> berÅcksichtigen sind, dh. die Verlust<strong>zu</strong>rechnung bzw. KÅr<strong>zu</strong>ng ausschließlich<br />

auf Grundlage desjenigen GewinnverteilungsschlÅssels erfolgt, mit dem<br />

nach dem Gesellschaftsvertrag der nach Ab<strong>zu</strong>g etwaiger Vorabgewinne verbleibende<br />

Gewinn bzw. Verlust auf die Gesellschafter verteilt wird.<br />

Mit EinfÅgung der Såtze 4 und 5 in § 10a GewStG durch das JStG 2007 reagierte<br />

der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des BFH, wonach ein Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

bei Personengesellschaften zwar dem Grunde nach voraussetzte, dass im<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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183<br />

359<br />

360


§ 10a Anm. 360–361 Gewerbeverlust<br />

361<br />

Anrechnungsjahr ein positiver und im Entstehungsjahr einen negativer Gewerbeertrag<br />

der Gesellschaft vorlag, die konkrete HÇhe der Verlustverrechnung<br />

sodann allerdings anhand einer mitunternehmerbezogenen Berechnung<br />

<strong>zu</strong> ermitteln war: Hier<strong>zu</strong> waren sowohl der Gewerbeertrag des Anrechnungsjahres<br />

als auch die Fehlbetråge der Entstehungsjahre entsprechend<br />

dem Gewinn- und VerlustverteilungsschlÅssel und unter BerÅcksichtigung<br />

von Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben den einzelnen Mitunternehmern<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen und bei jedem Mitunternehmer jeweils miteinander <strong>zu</strong> verrechnen<br />

(BFH v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, BFH/NV 2006, 885 = FR 2006, 557 m.<br />

Anm. Wendt; v. 16.2.1994 – XI R 50/88, BStBl. II 1994, 364 = DStR 1994, 578 m.<br />

Anm. W.-G. = StBp. 1994, 148 mit krit. Anm. Gosch; dagegen koordinierter<br />

Låndererlass (Nichtanwendungserlass) v. 16.12.1996 – 3 - G - 1427/6, BStBl. I<br />

1996, 1392). Die Ergebnisse der einzelnen Verrechnungen fÅr die Mitunternehmer<br />

waren sodann wieder <strong>zu</strong>m (einheitlichen) Gewerbeertrag der Gesellschaft<br />

<strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>fassen (BFH v. 31.8.1999 – VIII B 74/99, BStBl. II 1999, 794<br />

unter 1.a; FG MÅnchen v. 29.9.2004 – 9 K 3768/03, aaO). Vgl. das Beispiel bei<br />

Anm. 363. Der BFH behandelte den Verlustab<strong>zu</strong>g damit als hÇchstpersÇnliches<br />

Recht des jeweiligen Mitunternehmers und schloss im Anrechnungsjahr<br />

eine Verrechnung von Fehlbetrågen eines Mitunternehmers mit Gewinnanteilen<br />

anderer Mitunternehmer aus. Gleichwohl sollte Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr den<br />

Verlustvortrag eines jeden Mitunternehmers das Vorliegen eines Gesamtverlusts<br />

auf Ebene der Gesellschaft im Entstehungsjahr sein. Erzielte die Gesellschaft<br />

im Entstehungsjahr einen positiven Gewerbeertrag, entstand daher auf<br />

Ebene eines Mitunternehmers selbst dann kein vortragsfåhiger Fehlbetrag,<br />

wenn sein Gewinnanteil unter BerÅcksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen<br />

und -ausgaben negativ war (so ausdrÅcklich BFH v. 14.12.1989 – IV R<br />

117/88, BStBl. II 1990, 436 unter 8.). Das wurde als inkonsequent kritisiert (dagegen<br />

BFH v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, BFH/NV 2006, 885 = FR 2006, 557 m.<br />

Anm. Wendt; FG DÅsseldorf v. 14.9.2004 – 16 K 5972/03, rkr., EFG 2005, 62),<br />

weil damit im Entstehungsjahr eine Verrechnung von Verlustanteilen eines<br />

Mitunternehmers mit Gewinnanteilen anderer Mitunternehmer vorgenommen<br />

wird, wåhrend dies im Anrechnungsjahr nicht mÇglich sein soll. Als Folge<br />

der BFH-Rechtsprechung konnte es <strong>zu</strong> einer zeitlichen Streckung der Verlustnut<strong>zu</strong>ng<br />

kommen. Auch konnten Verluste eines Mitunternehmers verloren<br />

gehen (GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a<br />

Anm. 120; Pyszka, DStR 1997, 1073 [1074]). Vgl. das Beispiel in Anm. 363.<br />

Wie der dem einzelnen Mitunternehmer auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnende Anteil am Gewerbeertrag <strong>zu</strong> ermitteln ist, wurde unterschiedlich<br />

beurteilt. In der Literatur wurde vertreten, auf den gesamten Gewerbeertrag<br />

der Gesellschaft (einschließlich der Ergebnisse aus Ergån<strong>zu</strong>ngsund<br />

Sonderbilanzen) ab<strong>zu</strong>stellen und diesen entsprechend dem Gewinn- und<br />

VerlustverteilungsschlÅssel <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen (prozentuale Zurechnung,soBordewin,<br />

DStR 1995, 313; Bordewin, DStR 1995, 1988). DemgegenÅber rechnete<br />

der BFH (wohl) nur den sich aus der Gesamthandsbilanz der Mitunternehmerschaft<br />

ergebenden Gewerbeertrag prozentual <strong>zu</strong> und nahm im Ûbrigen eine<br />

individuelle Zuweisung der Ergebnisse aus Ergån<strong>zu</strong>ngs- und Sonderbilanzen<br />

an die betroffenen Mitunternehmer vor (verursachungsgerechte Zurechnung,<br />

184<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 361–363 § 10a<br />

so wohl auch BFH v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, BFH/NV 2006, 885 unter 3.; Mahlow,<br />

DStR 1995, 1986; ebenso die Darstellung der BFH-Auffassung durch OFD<br />

KÇln v. 12.2.1997 – G 1427 - 6 - St 132, DStR 1997, 1046; da<strong>zu</strong> Anm. 363).<br />

Schließlich wurde in der Literatur auch ein Wahlrecht der Mitunternehmerschaft<br />

zwischen prozentualer und verursachungsgerechter Zurechnung befÅrwortet<br />

(Herzig/FÇrster/FÇrster, DStR 1996, 1025 [1029] mwN).<br />

Die Finanzverwaltung lehnte die vom BFH befÅrwortete mitunternehmerbezogene<br />

Verlustverrechnung von Anfang an ab (vgl. koordinierter Låndererlass<br />

[Nichtanwendungserlass] v. 16.12.1996 – 3 - G 1427/6, BStBl. I 1996, 1392;<br />

da<strong>zu</strong> OFD KÇln v. 12.2.1997 – G 1427 - 6 - St 132, DStR 1997, 1046): Die BerÅcksichtigung<br />

eines Gewerbeverlusts setzt nach Auffassung der Finanzverwaltung<br />

nur voraus, dass bei der Personengesellschaft im Entstehungsjahr ein negativer<br />

und im Anrechnungsjahr ein positiver Gewerbeertrag vorliegt, wobei<br />

Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben jeweils in die Ermittlung des Gewerbeertrags<br />

ein<strong>zu</strong>beziehen sind. Die Ebene der Mitunternehmer wird daher<br />

nur in Fållen des Unternehmerwechsels relevant. Diese Auffassung sollte<br />

durch § 10a Satz 4 und 5 GewStG festgeschrieben werden, und zwar gemåß<br />

§ 36 Abs. 9 GewStG idF des JStG 2007 mit RÅckwirkung auch fÅr EZ vor 2007.<br />

Nach Auffassung des Gesetzgebers soll die RÅckwirkung <strong>zu</strong>låssig sein, da lediglich<br />

„eine in der Vergangenheit herrschende Rechtspraxis kodifiziert“ werde<br />

(vgl. BR-Drucks. 622/06; BT-Drucks. 16/3368, 53 f.). Hin<strong>zu</strong>weisen ist hierbei<br />

allerdings darauf, dass die zitierte Rechtspraxis nach Auffassung des BFH gerade<br />

nicht im Einklang mit geltendem Recht stand, so dass § 10a Satz 4 und 5<br />

GewStG ein Nichtanwendungsgesetz <strong>zu</strong>r anderslautenden BFH-Rechtsprechung<br />

darstellt. Zumindest soweit EZ vor 2007 betroffen sind, liegt daher – gemessen<br />

an der BFH-Rechtsprechung – eine echte RÅckwirkung (RÅckbewirkung<br />

von Rechtsfolgen) vor. Der BFH sieht hierin, soweit die RÅckwirkung<br />

steuererhÇhend wirkt, einen Verfassungsverstoß und hatte die Frage dem<br />

BVerfG <strong>zu</strong>r Entscheidung vorgelegt (BFH v. 19.4.2007 – IV R 4/06, DStR 2007,<br />

1299, da<strong>zu</strong> OFD Rheinland v. 11.12.2007 – G 1427 - St 157, GmbHR 2008, 112<br />

und OFD MÅnster v. 11.12.2007 – G 1427 - 86 - St 12-33, GmbHR 2008, 112; der<br />

an das BVerfG gerichtete Vorlagebeschluss wurde inzwischen am 30.10.2008<br />

vom BFH aufhehoben, nachdem die Revision <strong>zu</strong>rÅckgenommen wurde, vgl.<br />

BFH v. 30.10.2008 – IV R 4/06, DStR 2008, 2316 m. Anm. MK). Dem ist <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen<br />

(ebenso GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a<br />

Anm. 120; Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 32; kritisch auch<br />

Deloitte/Brauer/Sonnenschein GewStG § 10a Rn. 37). Eine echte RÅckwirkung<br />

ist, wenn sie belastend wirkt, nur <strong>zu</strong>låssig, wenn das Vertrauen des Steuerpflichtigen<br />

in den Fortbestand der geltenden Regelung ausnahmsweise<br />

nicht schutzwÅrdig ist. Die vom BVerfG hier<strong>zu</strong> entwickelten rechtfertigenden<br />

Kriterien liegen nicht vor. Insbesondere weist der BFH <strong>zu</strong>recht darauf hin, dass<br />

der Steuerpflichtige nicht schon aufgrund der von der Rechtsprechung abweichenden<br />

Verwaltungsauffassung mit einer Gesetzesånderung rechnen musste;<br />

das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage sei vielmehr (<strong>zu</strong>mindest)<br />

bis <strong>zu</strong>m endgÅltiger Gesetzesbeschluss (Åber das JStG 2007) schutzwÅrdig.<br />

Beispiel (vgl. OFD KÇln v. 12.2.1997 – G 1427 - 6 - St 132, DStR 1997, 1046):<br />

Nach dem Gesellschaftsvertrag der AB-KG sind die einzigen Kommanditisten A und B je<br />

hålftig am Gewinn der Gesellschaft beteiligt. A erzielt aus der Verpachtung eines Grund-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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362<br />

363


§ 10a Anm. 363 Gewerbeverlust<br />

stÅcks an die AB-KG jåhrlich Sonderbetriebseinnahmen in HÇhe von 60 000 E, dem jåhrliche<br />

Sonderbetriebsausgaben von 40 000 E gegenÅberstehen. Im EZ 01 betrågt das Gesamthandsergebnis<br />

der AB-KG ×/. 100 000 E, im EZ 02 + 40 000 E. Zum 31.12.1902 scheidet<br />

B aus der AB-KG aus, die von A anschließend als A-KG fortgefÅhrt wird.<br />

EZ 01 (Entstehungsjahr)<br />

Gesamthandsbereich<br />

Sonderbetriebseinnahmen<br />

Sonderbetriebsausgaben<br />

Gewerbeertrag<br />

(Fehlbetrag)<br />

AB-KG A (50 %) B (50 %)<br />

×/. 100 000 ×/. 50 000 ×/. 50 000<br />

+ 60 000 + 60 000<br />

×/. 40 000 ×/. 40 000<br />

×/. 80 000 ×/. 30 000 ×/. 50 000<br />

EZ 02 (Anrechnungsjahr)<br />

Gesamthandsbereich<br />

Sonderbetriebseinnahmen<br />

Sonderbetriebsausgaben<br />

Gewerbeertrag vor<br />

KÅr<strong>zu</strong>ng<br />

AB-KG A (50 %) B (50 %)<br />

+ 40 000 + 20 000 + 20 000<br />

+ 60 000 + 60 000<br />

×/. 40 000 ×/. 40 000<br />

+ 60 000 + 40 000 + 20 000<br />

LÇsung nach BFH (vor EinfÅgung von § 10a Satz 4 und 5 idF des JStG 2007): Da der Gewerbeertrag<br />

der AB-KG im EZ 01 negativ ist, kommt es dem Grunde nach <strong>zu</strong>r Entstehung<br />

eines vortragsfåhigen Fehlbetrags. Die Ermittlung der HÇhe des Verlustvortrags erfolgt<br />

mitunternehmerbezogen, so dass auf A ein Fehlbetrag von 30 000 und auf B ein Fehlbetrag<br />

von 50 000 entfållt. Da der Gewerbeertrag der AB-KG im EZ 02 positiv ist, ist § 10a<br />

GewStG anwendbar. Die HÇhe der nach § 10a GewStG vor<strong>zu</strong>nehmenden KÅr<strong>zu</strong>ng ist<br />

mitunternehmerbezogen <strong>zu</strong> berechnen: Der auf A entfallende positive Gewerbeertrag<br />

von 40 000 E wird um die auf A entfallenden Fehlbetråge, dh. um 30 000 E gekÅrzt. Umgekehrt<br />

wird der auf B entfallende Gewerbeertrag in HÇhe von 20 000 E aufgrund der auf B<br />

entfallenden Fehlbetråge in HÇhe von 50 000 E in voller HÇhe gekÅrzt. Nach Anwendung<br />

des § 10a GewStG ergibt sich fÅr den EZ 02 ein – durch Zusammenfassung der Einzelverrechnungen<br />

bei A und B <strong>zu</strong> ermittelnder – maßgebender Gewerbeertrag von 10 000 E.<br />

Scheidet B <strong>zu</strong>m 31.12.02 aus der Gesellschaft aus, geht der auf ihn entfallende, noch nicht<br />

berÅcksichtigte Verlustvortrag verloren, dh. hier 30 000 E. Nach dem Ausscheiden des B<br />

bestehen daher keine vortragsfåhigen Fehlbetråge mehr.<br />

LÇsung nach § 10a Satz 4, 5 GewStG idF des JStG 2007: Gemåß § 10a Satz 4 GewStG werden<br />

A und B im EZ 01 entsprechend dem allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssel jeweils<br />

50 % des auf Ebene der AB-KG entstandenen Fehlbetrags <strong>zu</strong>gerechnet, dh. je<br />

40 000 E. Im EZ 02 werden A und B gemåß § 10a Satz 5 GewStG fÅr den Ab<strong>zu</strong>g der ihnen<br />

im EZ 01 <strong>zu</strong>gerechneten Verlustanteile jeweils 50 % des positiver Gewerbeertrag der AB-<br />

KG in HÇhe von 60 000 E <strong>zu</strong>gerechnet, dh. je 30 000 E. Damit kommt es <strong>zu</strong> einer vollståndigen<br />

Verrechnung der jeweils <strong>zu</strong>gerechneten Gewinnanteile mit Verlustvortrågen, so dass<br />

der Gewerbeertrag der AB-KG hiernach 0 betrågt und vortragsfåhige Fehlbetråge der<br />

186<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 363–365 § 10a<br />

AB-KG in HÇhe von 20 000 E bestehen. Mit Ausscheiden des B <strong>zu</strong>m 31.12.02 gehen 50 %<br />

(Beteiligungsquote des B) des noch nicht ausgeschÇpften Verlustvortrags verloren, dh.<br />

10 000 E. Die (auf A entfallenden) verbleibenden 10 000 E werden auf den 31.12.02 als verbleibender<br />

vortragsfåhiger Fehlbetrag der A-KG gesondert festgestellt (vgl. auch die LÇsung<br />

des Beispiels in Abschn. 10a.3 Abs. 3 GewStH 2009). Zum gleichen Ergebnis gelangte<br />

die Finanzverwaltung bereits vor EinfÅgung der § 10a Såtze 4 und 5 GewStG durch<br />

das JStG 2007.<br />

Verlustnut<strong>zu</strong>ngsmÇglichkeiten lassen sich bei Ausscheiden bzw. Hin<strong>zu</strong>treten<br />

von Gesellschaftern nicht dadurch verbessern, dass der Gesellschafterwechsel<br />

stufenweise erfolgt (aA Weßling, INF 1994, 686 [688 f.]; Weßling, INF 1995,<br />

489 [490]; Weßling, INF 1997, 167; gegen ihn OFD KÇln v. 12.5.1998 – G 1427 -<br />

6 - St 132, DStR 1998, 1472; Herzig/FÇrster/FÇrster, DStR 1996, 1025 [1026 ff.];<br />

Pyszka, DStR 1995, 1823 [1825 f.]; Pyszka, DStR 1997, 1073).<br />

Gemåß § 10a Satz 5 GewStG ist auch der „HÇchstbetrag nach Satz 1“, dh. der<br />

Sockelbetrag von 1 Mio. E, den Mitunternehmern entsprechend dem GewinnverteilungsschlÅssel<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen. Als Konsequenz der durch § 10a Satz 4, 5<br />

GewStG angeordneten Verlustverrechnung auf Ebene der Mitunternehmer (s.<br />

Anm. 358) wird daher die Mindestbesteuerung im Rahmen dieser Einzelverrechnungen<br />

berÅcksichtigt. Dies erweist sich – verglichen mit der BerÅcksichtigung<br />

der Mindestbesteuerung auf Gesellschaftsebene – als nachteilig, wenn<br />

und soweit der Sockelbetrag anteilig auf einen Mitunternehmer entfållt, der<br />

Åber keine oder geringere Verlustvortråge verfÅgt (vgl. auch Abschn. 10a.3<br />

Abs. 3 Satz 6 ff. GewStR 2009 sowie das Beispiel in Abschn. 10a.3 Abs. 3<br />

GewStH 2009). Dies wird beispielsweise immer dann der Fall sein, wenn zwischen<br />

Entstehungs- und Ab<strong>zu</strong>gsjahr neue Gesellschafter aufgenommen werden<br />

oder ein Altgesellschafter seinen Anteil an einen Neugesellschafter abtritt.<br />

Denn in diesem Umfang wÅrde der Sockelbetrag gemåß § 10a Satz 5<br />

GewStG einem Gesellschafter <strong>zu</strong>gerechnet werden, auf den im Entstehungsjahr<br />

kein Verlust entfallen ist und von dessen Gewinnanteil daher kein Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

mÇglich ist (s. Anm. 71 ff.). Dies kann da<strong>zu</strong> fÅhren, dass der maßgebende<br />

Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft trotz vorhandener Fehlbetråge<br />

entgegen § 10a Satz 1 GewStG nicht um den vollen Sockelbetrag gekÅrzt<br />

wird, dh. ein Teil des Sockelbetrags ungenutzt bleibt.<br />

Beispiel:<br />

Der A ist alleiniger Kommanditist der A-KG und nach dem Gesellschaftsvertrag <strong>zu</strong> 100 %<br />

an den Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft beteiligt. Im EZ 01 entstand bei der<br />

A-KG ein Fehlbetrag von 1 Mio. E. Im EZ 02 wurde der B in die Gesellschaft (nun AB-KG)<br />

aufgenommen und ihm eine Beteiligung am Gewinn und Verlust in HÇhe von 50 % eingeråumt;<br />

<strong>zu</strong>r Vereinfachung wird angenommen, dass die AB-KG im EZ 02 einen Gewerbeertrag<br />

von 0 erzielt. Im EZ 03 erwirtschaftet die AB-KG einen positiven Gewerbeertrag<br />

von 2 Mio. E.<br />

LÇsung: Da B im Entstehungsjahr nicht an der KG beteiligt war, kann der bestehende<br />

Fehlbetrag nur von dem Teil des Gewerbeertrags im EZ 03 abgezogen werden, der entsprechend<br />

dem GewinnverteilungsschlÅssel auf A entfållt (s. Anm. 71). Vor EinfÅgung<br />

von § 10a Satz 4 und 5 GewStG durch das JStG 2007 wåre gemåß § 10a Satz 1 GewStG<br />

mE eine KÅr<strong>zu</strong>ng des Gewerbeertrags der AB-KG um 1 Mio. E vor<strong>zu</strong>nehmen gewesen, da<br />

eine KÅr<strong>zu</strong>ng des Gewerbeertrags der KG in dieser HÇhe keinen Beschrånkungen unterlag<br />

(s. auch Anm. 366). Nach EinfÅgung von § 10a Satz 4 und 5 GewStG ergibt sich auf-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

187<br />

364<br />

365


§ 10a Anm. 365–367 Gewerbeverlust<br />

366<br />

grund der nun im Rahmen der Einzelverrechnung auf Ebene des jeweiligen Mitunternehmers<br />

<strong>zu</strong> berÅcksichtigenden Mindestbesteuerung ein anderes Bild: FÅr den Ab<strong>zu</strong>g des<br />

dem A im EZ 01 gemåß § 10a Satz 4 GewStG <strong>zu</strong>gerechneten Fehlbetrags in HÇhe von 1<br />

Mio. E werden ihm gemåß § 10a Satz 5 GewStG 50 % des positiven Gewerbeertrags der<br />

AB-KG (dh. 1 Mio. E) sowie 50 % des HÇchstbetrags nach § 10a Satz 1 GewStG (dh. 0,5<br />

Mio. E) <strong>zu</strong>gerechnet. Damit wird der dem A <strong>zu</strong>gerechnete Anteil lediglich in HÇhe von 0,5<br />

Mio. E voll und darÅber hinaus <strong>zu</strong> 60 % (dh. in HÇhe von 0,3 Mio. E) um die dem A im EZ 01<br />

<strong>zu</strong>gerechneten Fehlbetråge gekÅrzt. Bei B kommt keine KÅr<strong>zu</strong>ng in Betracht. Nach den<br />

Einzelverrechnungen ergibt sich ein Gewerbeertrag der AB-KG in HÇhe von 1,2 Mio.E<br />

und ein verbleibender Fehlbetrag der AB-KG in HÇhe von 0,2 Mio. E, der in voller HÇhe<br />

auf A entfållt.<br />

Ungeklårt ist, wie die Mindestbesteuerung im Rahmen der vom BFH vor EinfÅgung<br />

von § 10a Satz 4 und 5 GewStG durch das JStG 2007 befÅrworteten<br />

mitunternehmerbezogenen Berechnung <strong>zu</strong> berÅcksichtigen war. Denkbar<br />

wåre es, die Beschrånkungen der Mindestbesteuerung bereits anteilig bei den<br />

mitunternehmerbezogenen Verrechnungen <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, beispielsweise<br />

im Verhåltnis des auf den jeweiligen Mitunternehmer entfallenden (positiven)<br />

Gewerbeertrags <strong>zu</strong>m Gesamtgewerbeertrag der Gesellschaft. MÇglich<br />

wåre es auch, die Mindestbesteuerung erst <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, nachdem die<br />

mitunternehmerbezogenen Einzelverrechnungen <strong>zu</strong>m einheitlichen Gewerbeertrag<br />

der Gesellschaft <strong>zu</strong>sammengefasst sind. Wie das nachstehende Beispiel<br />

verdeutlicht, wÅrde die letztgenannte LÇsung vermeiden, dass es bei unterschiedlich<br />

hohen Fehlbetrågen der einzelnen Mitunternehmer <strong>zu</strong> einer<br />

(weiteren) Verzerrung der Verlustverrechnung kommt. Allerdings macht eine<br />

Anwendung der Regeln der Mindestbesteuerung nach Zusammenfassung der<br />

Einzelverrechnungen ggf. eine nachtrågliche Anpassung der Einzelverrechnungen<br />

erforderlich.<br />

367 Beispiel:<br />

Nach dem Gesellschaftsvertrag der AB-OHG sind A und B je hålftig am Gewinn der Gesellschaft<br />

beteiligt. Bei der AB-OHG bestehen nicht berÅcksichtigte Fehlbetråge aus dem<br />

EZ 01 in HÇhe von 15 Mio. E, von denen bei mitunternehmerbezogener Betrachtung 12<br />

Mio. E (aufgrund von erhÇhten Sonderbetriebsausgaben) auf A und 3 Mio. E auf B entfallen.<br />

Die AB-OHG erzielt im EZ 02 einen positiven Gewerbeertrag in HÇhe von 21 Mio. E,<br />

der hålftig auf A und B entfållt (keine Sonderbetriebsausgaben/-einnahmen).<br />

Nach § 10a Satz 4, 5 GewStG idF des JStG 2007 ist der bestehende Fehlbetrag der AB-<br />

OHG durch die folgenden Einzelverrechnungen auf Ebene von A und B <strong>zu</strong> berÅcksichtigen:<br />

Im EZ 01 wird A und B ein Fehlbetrag in HÇhe von je 7,5 Mio. E <strong>zu</strong>gerechnet (§ 10a<br />

Satz 4 GewStG). Im EZ 02 kommt es sodann gemåß § 10a Satz 5 GewStG <strong>zu</strong>r Zurechnung<br />

eines positiven Gewerbeertrags in HÇhe von je 10,5 Mio. E an A und B, der bei A und B<br />

<strong>zu</strong>nåchst um Fehlbetråge in HÇhe des anteiligen Sockelbetrags, dh. um je 500 000 E, und<br />

im Ûbrigen <strong>zu</strong> 60 %, dh. in HÇhe von je 6 Mio. E um (im Beispiel vorhandene) Fehlbetråge<br />

gekÅrzt wird. Nach Anwendung des § 10a Satz 5 GewStG verbleibt damit bei A und B ein<br />

Betrag von je 4 Mio. E, so dass der Gewerbeertrag der AB-OHG 8 Mio. E betrågt. Damit<br />

ergibt sich nach ZusammenfÅhrung der Einzelverrechnungen ein Verlustab<strong>zu</strong>g in HÇhe<br />

von insgesamt 13 Mio. E bzw. ein verbleibender Gewerbeertrag von 8 Mio. E. Der verbleibende<br />

Verlustvortrag in HÇhe von 2 Mio. E entfållt <strong>zu</strong> gleichen Teilen auf A und B.<br />

Auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung (mitunternehmerbezogene Verlustverrechnung)<br />

waren vor Inkrafttreten des § 10a Satz 4 und 5 GewStG idF des JStG 2007 zwei LÇsungen<br />

denkbar:<br />

188<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 367–368 § 10a<br />

Mitunternehmerbezogene anteilige BerÅcksichtigung der Mindestbesteuerung:<br />

AB-OHG A (50 %) B (50 %)<br />

Gesamthandsbereich + 21 000 000 + 10 500 000 + 10 500 000<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g<br />

– Anteiliger Sockelbetrag ×/. 500 000 ×/. 500 000<br />

– darÅber hinaus: max. 60 % ×/. 6 000 000 ×/. 2 500 000<br />

Gewerbeertrag nach KÅr<strong>zu</strong>ng<br />

+ 11 500 000 + 4 000 000 + 7 500 000<br />

Verbleibender Verlustab<strong>zu</strong>g 5 500 000 0<br />

Gesellschaftsbezogene BerÅcksichtigung der Mindestbesteuerung:<br />

AB-OHG A (50 %) B (50 %)<br />

Gesamthandsbereich + 21 000 000 + 10 500 000 + 10 500 000<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g ×/. 10 500 000 ×/. 3 000 000<br />

Gewerbeertrag nach KÅr<strong>zu</strong>ng<br />

(vor Mindestbesteue-<br />

+ 7 500 000 0 + 7 500 000<br />

rung)<br />

Verbleibende Fehlbetråge<br />

1 500 000 0<br />

(vor Mindestbesteuerung)<br />

Mindestgewerbeertrag (aufgrund<br />

Mindestbesteuerung)<br />

+ 21 000 000<br />

×/. 1 000 000<br />

×/. 12 000 000<br />

+ 8 000 000<br />

Im Beispiel unterschreitet der Gewerbeertrag bei der gesellschaftsbezogenen BerÅcksichtigung<br />

nach Zusammenfassung der einzelnen Verrechnungen fÅr die Mitunternehmer<br />

(7,5 Mio. E) den nach den Regeln der Mindestbesteuerung <strong>zu</strong> versteuernden Betrag<br />

(8 Mio. E) um 500 000 E. Die Verlustverrechnung auf Ebene der Mitunternehmer wåre daher<br />

nachtråglich an<strong>zu</strong>passen, dh. der jeweils auf Ebene der Mitunternehmer durchgefÅhrte<br />

Verlustab<strong>zu</strong>g mÅsste nachtråglich teilweise wieder rÅckgångig gemacht werden.<br />

Dies kann beispielsweise in dem Verhåltnis geschehen, in dem die Fehlbetråge vor<br />

ihrer Verrechnung <strong>zu</strong>einander standen, dh. im Beispiel im Verhåltnis 4 <strong>zu</strong> 1 (Fehlbetrag<br />

des A: 12 Mio. E; Fehlbetrag des B: 3 Mio. E). Damit wÅrde dem A ein vortragsfåhiger Fehlbetrag<br />

von 1 900 000 E verbleiben, dem B ein Fehlbetrag von 100 000 E.<br />

bb) Besonderheiten bei unterjåhrigen Ereignissen<br />

Øndert sich die Unternehmeridentitåt einer Personengesellschaft zwischen 368<br />

zwei Bilanzstichtagen (beispielsweise durch einen unterjåhrigen Unternehmerwechsel<br />

oder das unterjåhrige Ausscheiden oder Hin<strong>zu</strong>treten von Gesellschaftern),<br />

ist der Gewerbeertrag der Personengesellschaft im betreffenden<br />

EZ in einen vor und einen nach dem Unternehmerwechsel (bzw. Ausscheiden<br />

oder Hin<strong>zu</strong>treten) erzielten Teil auf<strong>zu</strong>teilen; dabei sollte aus Praktikabilitåts-<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

189


§ 10a Anm. 368 Gewerbeverlust<br />

grÅnden eine zeitanteilige Aufteilung <strong>zu</strong>gelassen werden, sofern dies nicht <strong>zu</strong><br />

offenkundig unrichtigen Ergebnissen fÅhrt (Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 9<br />

Satz 3 GewStR 2009; Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 34; OFD<br />

Koblenz v. 13.1.1998 – G 1427 A - St 34 3, StEK § 10a GewStG Nr. 28 unter 5; aA<br />

BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFH/NV 2009, 843: Verlustverrechnung nur hinsichtlich<br />

des tatsåchlich bis <strong>zu</strong>m Ausscheiden des Mitunternehmers erzielten<br />

positiven Gewerbeertrags mÇglich). Die sich durch die Ønderung der Unternehmeridentitåt<br />

fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g ergebenden Rechtsfolgen (s.<br />

Anm. 59 ff.) sind lediglich auf den nach dem Unternehmerwechsel (bzw. Ausscheiden<br />

oder Hin<strong>zu</strong>treten) erzielten Gewerbeertrag an<strong>zu</strong>wenden, dh. fÅr<br />

Zwecke des Verlustab<strong>zu</strong>gs kommt es – vorbehaltlich des Vorranges des Verlustausgleichs<br />

(s. Anm. 369) – <strong>zu</strong> der Rechtslage, die bestehen wÅrde, wenn<br />

das Wirtschaftsjahr der Personengesellschaft <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Unternehmerwechsels<br />

(bzw. Ausscheidens oder Hin<strong>zu</strong>tretens) enden wÅrde. Beim Ausscheiden<br />

eines Gesellschafters ist daher ein bis <strong>zu</strong>m Ausscheiden erzielter Gewinn<br />

noch um die auf den Ausscheidenden entfallenden Fehlbetråge vorangegangener<br />

EZ <strong>zu</strong> kÅrzen, soweit sie nicht <strong>zu</strong>vor mit etwaigen Verlusten, die<br />

nach dem Ausscheiden des Gesellschafters im EZ entstanden sind, <strong>zu</strong> verrechnen<br />

sind (BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFH/NV 2009, 843; vgl. auch<br />

Abschn. 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 9 GewStR 2009 sowie das Beispiel in<br />

Abschn. 10a.3 Abs. 3 GewStH 2009; OFD Kiel v. 6.1.2000 – G 1421 A - St 261,<br />

DStR 2000, 823; Orth, DB 1994, 1313 [1315]; SÇffing, DB 1994, 747 [751]; Kutt/<br />

MÇllmann, DB 2009, 2564 [2569]; DB 2010, 1150 [1152]; Schnitter in Frotscher/<br />

Maas, § 10a GewStG Rz. 34). Umgekehrt geht in der Verlustsituation mE nur<br />

der bis <strong>zu</strong>m Ausscheiden entstandene, auf den ausscheidenden Gesellschafter<br />

entfallende Gewerbeverlust verloren (<strong>zu</strong>m Verlustausgleich im EZ des Ausscheidens<br />

s. Anm. 369). Bedeutung hat die Aufteilung des Gewerbeertrags in<br />

vor und nach dem Ausscheiden erwirtschaftete Teilbetråge seit dem EZ 2002<br />

insbesondere fÅr den durch das Ausscheiden entstandenen Veråußerungsbzw.<br />

Aufgabegewinn iS des § 7 Satz 2 GewStG bzw. § 18 Abs. 3 Satz 2<br />

UmwStG. Dieser Gewinn ist mE dem Zeitraum vor dem Unternehmerwechsel<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen und kann daher auch noch mit solchen Fehlbetrågen verrechnet<br />

werden, die ansonsten durch das Ausscheiden verloren gingen. Denn die Tatsache,<br />

dass § 7 Satz 2 GewStG eine Zurechnung des Veråußerungs- bzw. Aufgabegewinns<br />

<strong>zu</strong>m Gewerbeertrag der Personengesellschaft vornimmt, impliziert<br />

eine Entstehung dieses Gewinns vor dem Ausscheiden des Gesellschafters<br />

(FÅger/Rieger, DStR 2002, 933 [937]; GÅnkel/Levedag, FR 2004, 261 [263]:<br />

Veråußerungsvorgang als letzter Akt des alten Unternehmers; ebenso Kutt/<br />

MÇllmann, DB 2009, 2564 [2569]; Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a GewStG<br />

Rz. 34; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a Anm. 100;<br />

Deloitte/Brauer/Sonnenschein, GewStG § 10a Rn. 85 ff. mit Berechnungsbeispielen).<br />

Bei einem Eintritt von Gesellschaftern in eine Personengesellschaft<br />

gelten die dargestellten Grundsåtze entsprechend: Auch hier sind die Rechtsfolgen<br />

des Eintritts erst auf den dem Zeitraum nach Eintritt des Gesellschafters<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnenden Gewerbeertrag an<strong>zu</strong>wenden (vgl. fÅr das verschmel<strong>zu</strong>ngsbedingte<br />

Hin<strong>zu</strong>treten von Gesellschaftern Widmann in Widmann/Mayer, § 18<br />

UmwStG Rz. 136.1 ff.).<br />

190<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 369–371 § 10a<br />

Der Verlustausgleich, dh. die intraperiodische Verrechnung von Verlusten<br />

und Gewinnen desselben EZ, wird grundsåtzlich nicht durch einen partiellen<br />

Unternehmerwechsel oder das Ausscheiden oder Hin<strong>zu</strong>treten von Gesellschaftern<br />

beeinflusst. Denn diese Vorgånge lassen die sachliche Steuerpflicht<br />

der Gesellschaft grundsåtzlich unberÅhrt (s. Anm. 72), so dass der Gewerbeertrag<br />

der Gesellschaft einheitlich fÅr den gesamten EZ <strong>zu</strong> ermitteln ist. Dem<strong>zu</strong>folge<br />

kÇnnen beispielsweise nach einem Gesellschafterwechsel entstandene<br />

Verluste mit vor dem Gesellschafterwechsel in demselben EZ entstandenen<br />

Gewinnen verrechnet werden (Abschn. 10a. Abs. 3 Satz 9 Nr. 9 GewStR 2009;<br />

OFD Koblenz v. 13.1.1998 – G 1427 A - St34 3, StEK § 10a GewStG Nr. 28 unter<br />

1.1; BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm.<br />

Kempermann <strong>zu</strong>m missverståndlichen Leitsatz der Entscheidung; Widmann<br />

in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG 136.1 ff.; vgl. auch Abschn. 10a.1 GewStH<br />

2009). Gleiches gilt im umgekehrten Fall, wenn bis <strong>zu</strong>m Gesellschafterwechsel<br />

ein Verlust und danach ein Gewinn entsteht (vgl. BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05,<br />

BFH/NV 2009, 843; aA Deloitte/Brauer/Sonnenschein, GewStG § 10a Rn. 83).<br />

Die vorstehend skizzierten Grundsåtze gelten mE auch in den Fållen des § 10a<br />

Satz 10 2. Halbsatz GewStG, wenn man davon ausgeht, dass § 8c KStG den<br />

Verlustausgleich nicht beschrånkt (vgl. Anm. 371). Bei unterjåhriger Einbringung<br />

von Unternehmen in eine Personengesellschaft kÇnnen laufende Verluste<br />

des eingebrachten Unternehmens mit dem gesamten im EZ erzielten Gewerbeertrag<br />

der aufnehmenden Gesellschaft verrechnet werden. Das gilt beispielsweise,<br />

wenn ein Einzelunternehmen unterjåhrig in eine Personengesellschaft<br />

eingebracht oder der Betrieb einer Personengesellschaft unterjåhrig, zB<br />

im Wege der Anwachsung, auf eine andere Personengesellschaft Åbergeht:<br />

Das laufende Ergebnis des Åbergehenden Unternehmens wird ohne weiteres<br />

Bestandteil des Gewerbeertrags der aufnehmenden Gesellschaft. Daher ist<br />

§ 10a GewStG auf ein negatives Ergebnis, das bis <strong>zu</strong>r Einbringung im Åbergehenden<br />

Unternehmen erzielt wurde, nicht anwendbar (BFH v. 14.9.1993 – VIII<br />

R 84/90, BStBl. II 1994, 764; Gschwendtner, DStR 1994, 1109 [1110]; Widmann<br />

in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 408, § 18 UmwStG 136.1 ff.; aA ggf.<br />

BFH v. 2.3.1983 – I R 85/79, BStBl. II 1983, 427; <strong>zu</strong>m Ûbergang von „laufenden“<br />

Verlusten der Ûbertrågerin bei der Verschmel<strong>zu</strong>ng von KÇrperschaften und<br />

<strong>zu</strong>m Verhåltnis von Verlustausgleich und Verlustab<strong>zu</strong>g im KSt-Recht vgl. BFH<br />

v. 31.5.2005 – I R 68/03, BStBl. II 2006, 380; da<strong>zu</strong> BMF-Schreiben (Nichtanwendungserlass)<br />

v. 7.4.2006 – IV B 7 - S 1978b - 1/06, BStBl. I 2006, 344; da<strong>zu</strong> Orth,<br />

FR 2005, 963; DÇtsch, Konzern 2005, 511).<br />

Einstweilen frei.<br />

c) Besonderheiten bei KÇrperschaften<br />

aa) § 8c KStG<br />

Nach § 8c KStG sind die „bis <strong>zu</strong>m schådlichen Beteiligungserwerb“ nicht genutzten<br />

Verluste nicht mehr abziehbar. Bei Zugrundelegung der Auffassung<br />

371<br />

des BMF ist insoweit maßgebend auf den Ûbergang des wirtschaftlichen Eigentums<br />

ab<strong>zu</strong>stellen (vgl. Anm. 119). Erfolgt der schådliche Beteiligungserwerb<br />

wåhrend des laufenden Wirtschaftsjahres der VerlustkÇrperschaft (dh.<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

191<br />

369<br />

370


§ 10a Anm. 371–372 Gewerbeverlust<br />

372<br />

nicht mit Wirkung <strong>zu</strong>m jeweiligen Abschlussstichtag), unterliegt somit – bei einer<br />

direkten Anwendung des § 8c – auch ein bis <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt erzielter<br />

(laufender) Verlust der Verlustverrechnungsbeschrånkung des § 8c KStG. Verluste,<br />

die im Jahr des schådlichen Beteiligungserwerbs bis <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt<br />

entstanden sind, kÇnnen daher nicht mit danach entstandenen Gewinnen<br />

ausgeglichen werden (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001,<br />

BStBl. I 2008, 736, Tz. 30; die in dieser Textziffer angesprochene Versagung<br />

des RÅcktrages laufender Verluste ist fÅr die Gewerbesteuer bedeutungslos).<br />

Allerdings wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, dass § 8c KStG nicht<br />

auf laufende, im Ûbertragungsjahr bis <strong>zu</strong>r Ûbertragung erzielte Verluste anwendbar<br />

(dh. keine Anwendung auf den gewerbesteuerlichen Verlustausgleich),<br />

da § 10a Satz 10 GewStG die Geltung des § 8c KStG (nur) fÅr „die<br />

Fehlbetråge“ anordnet, dh. die <strong>zu</strong>m Ende des vorangegangenen EZ gesondert<br />

festgestellten Gewerbeverluste (vgl. vgl. BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95,<br />

BStBl. II 1997, 179; gegen eine Anwendung des § 8c KStG auf den gewerbesteuerlichen<br />

Verlustausgleich daher Lenz, Ubg 2008, 24 [25]; Zerwas/FrÇhlich,<br />

DStR 2007, 1933 [1939]; Streck/Olbing, KStG, 7. Aufl. 2008, § 8c Rz. 72;<br />

BlÅmich/Brandis, § 8c KStG Rz. 24; Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 36;<br />

Kutt/MÇllmann, DB 2009, 2564 [2567 f.]; Fuhrmann, KÚSDI 2010, 16970<br />

[16978]; fÅr eine Anwendung des § 8c KStG auf den gewerbesteuerlichen Verlustausgleich<br />

demgegenÅber Deloitte/Brauer/Sonnenschein, GewStG § 10a<br />

Rn. 150). Gegen eine solche Wortlautauslegung ließe sich mE allenfalls in systematischer<br />

Hinsicht anfÅhren, dass § 8c KStG hinsichtlich des Verlustausgleichs<br />

als (spezielle) Gewinnermittlungsvorschrift wirkt (s. da<strong>zu</strong> auch Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 2), die bei der Ermittlung des Gewerbeertrags<br />

gemåß § 7 GewStG an<strong>zu</strong>wenden sei. Allerdings wirken beispielsweise<br />

auch die Vorschriften <strong>zu</strong>r sog. Spartenrechnung in § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3<br />

KStG sowie die entsprechende Beschrånkung des Verlustausgleichs gemåß<br />

§ 8 Abs. 9 Satz 4 KStG als Gewinnermittlungsvorschriften, und gleichwohl erklårt<br />

der Gesetzgeber in § 7 Satz 5 1. Halbsatz GewStG § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3<br />

KStG fÅr entsprechend anwendbar und sieht in § 7 Satz 5 2. Halbsatz GewStG<br />

ausdrÅcklich eine dem § 8 Abs. 9 Satz 4 KStG entsprechende Verlustausgleichsbeschrånkung<br />

vor (s. da<strong>zu</strong> auch Anm. 342). Daher ist es mE zweifelhaft,<br />

ob aus der Tatsache, dass auch § 8c KStG bei seiner unmittelbaren Anwendung<br />

im Bereich des Verlustausgleichs als Gewinnermittlungsvorschrift wirkt,<br />

RÅckschlÅsse gezogen werden kÇnnen. Die GewStR 2009 nehmen <strong>zu</strong> dieser<br />

Frage nicht ausdrÅcklich Stellung. Allerdings soll fÅr den Fall, dass bei einem<br />

unterjåhrigen Beteiligungserwerb der maßgebende Gewerbeertrag des gesamten<br />

EZ negativ ist, nach Abschn. 10a.1 Abs. 3 Satz 7 f. GewStR 2009 der<br />

negative Gewerbeertrag des gesamten EZ zeitanteilig auf<strong>zu</strong>teilen sein und<br />

„die Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung des § 8c KStG [...] neben den Fehlbetrågen<br />

aus vorangegangenen Erhebungszeitråumen nur den auf den Zeitraum bis<br />

<strong>zu</strong>m schådlichen Ereignis entfallenden negativen Gewerbeertrag“ erfassen.<br />

Geht man – entgegen der wohl Åberwiegenden Auffassung (vgl. Anm. 371) –<br />

von einer Anwendbarkeit des § 8c KStG auch auf den gewerbesteuerlichen<br />

Verlustausgleich aus, so macht ein unterjåhriger schådlicher Beteiligungserwerb<br />

es grundsåtzlich erforderlich, das steuerliche Ergebnis bis <strong>zu</strong>m Zeit-<br />

192<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 372–376 § 10a<br />

punkt des Beteiligungserwerbs <strong>zu</strong> ermitteln. Hier<strong>zu</strong> ist grundsåtzlich eine fiktive<br />

Gewinnermittlungsbilanz auf<strong>zu</strong>stellen (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c<br />

KStG Rz. 79). Das BMF geht demgegenÅber fÅr § 8c KStG von einer zeitanteiligen<br />

Aufteilung des Verlusts aus, låsst aber <strong>zu</strong>, dass die VerlustkÇrperschaft<br />

eine andere, wirtschaftlich begrÅndete Aufteilung darlegt (BMF v. 4.7.2008 –<br />

IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 32; vgl. aber auch Anm. 368).<br />

Bei einer zeitanteiligen Aufteilung findet § 8c KStG auf das Ergebnis des laufenden<br />

Jahres bis <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des schådlichen Beteiligungserwerbs nur<br />

Anwendung, wenn sich fÅr den gesamten EZ ein Verlust ergibt.<br />

Beispiel:<br />

Der schådliche Beteiligungserwerb hinsichtlich der VerlustkÇrperschaft (Wirtschaftsjahr<br />

= Kalenderjahr) findet <strong>zu</strong>m 30.6. statt, das Ergebnis des ersten Halbjahres ist negativ, das<br />

Gewerbeertrag im (gesamten) EZ hingegen positiv. Bei zeitanteiliger Aufteilung des Gesamtergebnisses<br />

findet § 8c KStG auf den Verlustausgleich im laufenden Jahre keine Anwendung.<br />

Im umgekehrten Fall (positives Ergebnis im ersten Halbjahr, aber Gesamtjahresergebnis<br />

negativ) kann es fÅr den Steuerpflichtigen sinnvoll sein, die wirtschaftliche<br />

Verursachung des Ergebnisses nach<strong>zu</strong>weisen (soweit mÇglich).<br />

Nach Auffassung des BMF ist eine Verrechnung von bis <strong>zu</strong>m schådlichen Beteiligungserwerb<br />

erzielten Gewinnen mit festgestellten Verlusten voran-<br />

373<br />

gegangener EZ, die gemåß § 8c KStG untergehen, nicht mÇglich (BMF v.<br />

4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 31; Frotscher in<br />

Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 78; aA Suchanek in HHR, § 8c KStG Anm. 36;<br />

BlÅmich/Brandis, § 8c KStG, Rz. 56; Behrens BB 2009, 1170 unter Hinweis auf<br />

BFH v. 22.1.2009 [s. Anm. 368]; FG Hess. v. 7.10.2010 – 4 V 1489/10, rkr., DStRE<br />

2010, 289: bei summarischer PrÅfung erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der<br />

Verwaltungsauffassung). Die Auffassung der Finanzverwaltung macht es ggf.<br />

erforderlich, das Wirtschaftsjahr der VerlustkÇrperschaft (mit Zustimmung des<br />

Finanzamts, vgl. § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG) auf den Zeitpunkt des schådlichen Beteiligungserwerbs<br />

(bzw. einen kurz davor liegenden Tag) um<strong>zu</strong>stellen (Sistermann/Brinkmann,<br />

BB 2008, 1928 [1935]; van Lishaut, FR 2008, 789 [799]; Benz/<br />

Rosenberg in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008, 172 [187]).<br />

Unbenommen muss allerdings eine Verrechnung von Aufwand und Ertrag im 374<br />

EZ des Beteiligungserwerbs bis <strong>zu</strong>m schådlichen Beteiligungserwerb bleiben.<br />

Denn die Rechtsfolge des § 8c KStG erfasst allenfalls (vgl. Anm. 371) stets<br />

die SaldogrÇße. Ebenfalls nicht von § 8c KStG betroffen sind „Verluste“, die<br />

nach dem schådlichen Beteiligungserwerb im gleichen EZ entstehen. Auch<br />

muss ein Ausgleich derartiger „Verluste“ mit vor dem Beteiligungserwerb<br />

aber im gleichen EZ erzielten „Gewinnen“ mÇglich sein (Frotscher in Frotscher/Maas,<br />

§ 8c KStG Rz. 78; der im KÇrperschaftsteuerrecht mÇgliche RÅcktrag<br />

derartiger Verluste in VZ vor dem Beteiligungserwerb ist demgegenÅber<br />

im Rahmen des § 10a GewStG nicht mÇglich).<br />

Einstweilen frei.<br />

375<br />

Der Verlustab<strong>zu</strong>gsbeschrånkung infolge eines (unmittelbaren oder mittelbaren)<br />

schådlichen Beteiligungserwerbs bei einem Organtråger soll nach<br />

376<br />

Auffassung des BMF bei einer direkten Anwendung des § 8c KStG auch das<br />

noch nicht <strong>zu</strong>gerechnete anteilige negative Organeinkommen unterliegen.<br />

Dieses soll vor der Einkommens<strong>zu</strong>rechnung an den Organtråger auf Ebene<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

193


§ 10a Anm. 376–378 Gewerbeverlust<br />

der Organgesellschaft entsprechend der Ergebnisaufteilung iS der Anm. 372<br />

<strong>zu</strong> kÅrzen sein (BMF Tz. 33; aA Roser, DStR 2008, 1561 [1564]). Zu den sich daraus<br />

ergebenden Ergebnissen bei Organschaftsketten vgl. Suchanek in HHR,<br />

§ 8c KStG Anm. 36).<br />

bb) § 8 Abs. 4 KStG<br />

377 Verliert eine KÇrperschaft ihre wirtschaftliche Identitåt iS des § 8 Abs. 4 KStG<br />

zwischen zwei Bilanzstichtagen, gilt fÅr Zwecke des Verlustab<strong>zu</strong>gs, dass ein<br />

bis <strong>zu</strong>m Identitåtsverlust erwirtschafteter Gewinn noch um Fehlbetråge aus<br />

vorangegangenen EZ gekÅrzt werden kann, wåhrend bei einer unmittelbaren<br />

Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG ein bis <strong>zu</strong>m Identitåtsverlust erzielter Verlust<br />

<strong>zu</strong>sammen mit den Fehlbetrågen vorangegangener EZ untergeht (vgl. Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 193b; DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt,<br />

§ 8 Abs. 4 KStG Rz. 186).<br />

378 Nach § 8 Abs. 4 Satz 4 KStG finden die Ab<strong>zu</strong>gsbeschrånkungen des § 8 Abs. 4<br />

Såtze 1–3 KStG entsprechende Anwendung auf den Ausgleich des Verlusts<br />

„vom Beginn des Wirtschaftsjahrs“ des Identitåtsverlusts „bis <strong>zu</strong>m Zeitpunkt<br />

der AnteilsÅbertragung“. Zur Frage, ob hiervon auch der gewerbesteuerliche<br />

Verlustausgleich betroffen ist, vgl. Anm. 371. Bei einer unmittelbaren Anwendung<br />

der Norm geht die Finanzverwaltung davon aus, dass Verluste, die bis<br />

<strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Identitåtsverlusts entstanden sind, mit danach in demselben<br />

Wirtschaftsjahr entstandenen Gewinnen nicht ausgeglichen werden dÅrfen<br />

(BMF, Schr. v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 33).<br />

Dem kann im Hinblick auf den Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 4 KStG, der auf den<br />

Zeitpunkt der AnteilsÅbertragung abstellt, nicht gefolgt werden (vgl. Neyer,<br />

BB 2001, 173 [177 f.]; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 193b; DÇtsch<br />

in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 187; Brendt in Erle/Sauter,<br />

KStG, 3. Aufl. 2010, § 8 Abs. 4 KStG aF/Anh § 8c KStG Rz. 199 f.): Sofern AnteilsÅbertragung<br />

und BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung in denselben EZ fallen, ist<br />

der Gewerbeertrag der Kapitalgesellschaft dem Zeitraum vor und nach dem<br />

Wirksamwerden des Anteilseignerwechsels <strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen, wobei aus PraktikabilitåtsgrÅnden<br />

grundsåtzlich eine zeitanteilige Aufteilung des Jahresergebnisses<br />

<strong>zu</strong>gelassen werden sollte, sofern dies nicht <strong>zu</strong> offenkundig unrichtigen<br />

Ergebnissen fÅhrt (Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 193b). Ein Ausgleich<br />

von vor dem Anteilseignerwechsel erzielten Verlusten mit danach erwirtschafteten<br />

Gewinnen ist – wenn man eine Anwendbarkeit des § 8 Abs. 4<br />

KStG auf den gewerbesteuerlichen Verlustausgleich bejaht (da<strong>zu</strong> Anm. 371) –<br />

ausgeschlossen, und zwar selbst dann, wenn die BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung<br />

erst spåter im Wirtschaftsjahr erfolgt. Werden umgekehrt bis <strong>zu</strong>m Anteilseignerwechsel<br />

Gewinne erzielt, kÇnnen diese mit danach im gleichen<br />

Wirtschaftsjahr entstandenen Verlusten verrechnet werden (aA BMF-Schr. v.<br />

16.4.1999, aaO, Tz. 33). Findet der schådliche Anteilseignerwechsel in einem<br />

der BetriebsvermÇgens<strong>zu</strong>fÅhrung vorangegangenen EZ statt, ist § 8 Abs. 4<br />

Satz 4 KStG nicht anwendbar, dh. der Gewerbeertrag der Kapitalgesellschaft<br />

wird im EZ des Verlusts der wirtschaftlichen Identitåt ohne Ausgleichsbeschrånkung<br />

ermittelt (aA Neyer, BB 2001, 173 [178]).<br />

194<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 379–383 § 10a<br />

Beispiele (in Anlehnung an Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 193b):<br />

(1) Die X-GmbH (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) verfÅgt Åber Verlustvortråge. Zum<br />

1.7.02 werden die Anteile an der X-GmbH veråußert, <strong>zu</strong>m 31.12.02 wird neues BetriebsvermÇgen<br />

<strong>zu</strong>gefÅhrt. In der Zeit vom 1.7.02 bis 31.12.02 erzielt die X-GmbH Gewinne. –<br />

Etwaige Verluste des ersten Halbjahres kÇnnen wegen § 8 Abs. 4 Satz 4 KStG nicht mit<br />

den Gewinnen des zweiten Halbjahres ausgeglichen werden, sofern man eine Anwendung<br />

der Vorschrift auf den gewerbesteuerlichen Verlustausgleich bejaht (s. Anm. 371).<br />

(2) Wie (1), die X-GmbH erzielt aber im ersten Halbjahr einen Gewinn und im zweiten<br />

Halbjahr einen Verlust, der den Gewinn des ersten Halbjahres Åbersteigt. Hier ist § 8<br />

Abs. 4 Satz 4 KStG auf den nach dem Anteilseignerwechsel entstandenen Verlust nicht<br />

anwendbar, so dass mE eine Verrechnung der Halbjahresergebnisse erfolgt. Der Verlust<br />

des Gesamtjahres kann allerdings bei einer direkten Anwendung der Norm nicht vorgetragen<br />

werden, da § 8 Abs. 4 Såtze 1, 2 KStG einem Verlustvortrag entgegensteht.<br />

(3) Wie (1), allerdings findet der Anteilseignerwechsel bereits am 31.12.01 statt. ME gleiche<br />

LÇsung wie Fall (2).<br />

379<br />

3. Verfahrensrecht<br />

a) Gesonderte Feststellung (seit EZ 1990)<br />

Nach § 10a Satz 6 GewStG ist die HÇhe der vortragsfåhigen Fehlbetråge gesondert<br />

fest<strong>zu</strong>stellen. Diese Regelung wurde durch das Steuerreformgesetz<br />

380<br />

1990 als § 10a Satz 2 GewStG eingefÅhrt und ist erstmals fÅr den EZ 1990 an<strong>zu</strong>wenden<br />

(vgl. § 36 Abs. 1 idF des Steuerreformgesetzes 1990). § 10a Satz 7<br />

GewStG idF des JStG 2009 stellt klar, dass vortragsfåhige Fehlbetråge solche<br />

sind, die nach der KÅr<strong>zu</strong>ng des maßgebenden Gewerbeertrags nach Satz 1<br />

und 2 <strong>zu</strong>m Schluss des EZ verleiben.<br />

Die Zuståndigkeit fÅr die gesonderte Feststellung liegt bei dem fÅr den Erlass 381<br />

des Gewerbesteuermessbescheids <strong>zu</strong>ståndigen Finanzamt (§ 35b Abs. 2<br />

Satz 1 GewStG). Bekanntgabeadressat des Feststellungsbescheids ist der<br />

Steuerschuldner. Auf den Feststellungsbescheid finden gemåß § 181 AO die<br />

Vorschriften Åber Steuerbescheide sinngemåß Anwendung.<br />

Gegenstand der Feststellung ist die Summe der unberÅcksichtigten Fehlbetråge<br />

(vgl. § 10a Satz 7 GewStG). Ein Feststellungsbescheid ist daher <strong>zu</strong> er-<br />

382<br />

lassen, wenn im EZ ein negativer Gewerbeertrag ermittelt wird oder wenn fÅr<br />

vorangegangene EZ ein Fehlbetrag ermittelt wurde (und dementsprechend<br />

ein Feststellungsbescheid ergangen ist), der noch nicht vollståndig vom Gewerbeertrag<br />

nachfolgender EZ gekÅrzt worden ist (<strong>zu</strong>m Wegfall der zeitlichen<br />

Begren<strong>zu</strong>ng der Verlustverrechnung s. Anm. 354). Die Fehlbetråge sind fÅr jeden<br />

EZ fest<strong>zu</strong>stellen, so dass es <strong>zu</strong> einer lÅckenlosen Fortschreibung des Gewerbeverlusts<br />

kommt. Abhångig vom Gewerbeertrag des Anrechnungsjahres<br />

erhÇht oder vermindert sich die HÇhe des gesondert fest<strong>zu</strong>stellenden Fehlbetrags.<br />

Gesondert festgestellt wird somit nicht nur die HÇhe des vortragsfåhigen<br />

Gewerbeverlustsdes Entstehungsjahres, sondern auch sein Verbrauch<br />

(durch KÅr<strong>zu</strong>ng positiver Gewerbeertråge) und sein Untergang (zB mangels<br />

Unternehmeridentitåt) im Anrechnungsjahr (Abschn. 10a.1 Abs. 2 Satz 2 f.<br />

GewStR 2009; Baum, DStZ 1988, 512; Meyer, DStR 1989, 238).<br />

Bei Mitunternehmerschaften erfolgt die gesonderte Feststellung nach Åberwiegender<br />

Auffassung gesellschaftsbezogen, dh. sie beinhaltet nur die<br />

383<br />

HÇhe<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

|<br />

195


§ 10a Anm. 383–384 Gewerbeverlust<br />

384<br />

des Fehlbetrags der Mitunternehmerschaft, nicht aber dessen Zurechnung an<br />

die einzelnen Mitunternehmern nach § 10a Satz 4, 5 GewStG; diese Zurechnung<br />

wird verfahrensrechtlich erst im Gewerbesteuermessbescheid des Anrechnungsjahres<br />

abgebildet (FG Berlin-Brandenburg v. 26.6.2007 – 6 K<br />

6317/06 B, EFG 2007, 1719, rkr.; FG Meckl.-Vorpommern v. 30.1.2008 – 3 K<br />

536/06, DStRE 2008, 947 – Rev. IV R 11/08; da<strong>zu</strong> Loose/Suck, FR 2008, 864; Bordewin,<br />

DStR 1995, 313 [315]; Deloitte/Brauer/Sonnenschein, GewStG § 10a<br />

Rn. 39, 66 ff., 89; GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG, 7. Aufl. 2009, § 10a<br />

Anm. 118; zweifelnd FG Saarl. v. 22.1.2008 – 1 K 1058/03, Lexinform 5006430,<br />

rkr.). FÅr diese Sichtweise låsst sich der Wortlaut des § 10a Satz 6 GewStG anfÅhren<br />

(Loose/Suck, FR 2008, 864). Allerdings fÅhrte sie da<strong>zu</strong>, dass die Bindungswirkung<br />

des Feststellungsbescheides (regelmåßig) nicht mehr die Wertigkeit<br />

des Verlustvortrags im Hinblick auf die erforderliche Unternehmeridentitåt<br />

umfasst (so wohl BFH v. 28.2.2001 – I R 77/00, BFH/NV 2001, 1293; vgl.<br />

aber Anm. 386 fÅr Fehlbetråge von KÇrperschaften im Hinblick auf § 8 Abs. 4<br />

KStG bzw. § 8c KStG). Denn auch wenn die HÇhe des Fehlbetrags (materiellrechtlich<br />

un<strong>zu</strong>treffend aber) bestandskråftig festgestellt ist, wåre es denkbar,<br />

diesen Fehlbetrag keinem im Anrechnungsjahr noch beteiligten Mitunternehmer<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen. In diesem Fall wåren die Feststellungswirkungen entwertet,<br />

und es kåme <strong>zu</strong> der absonderlichen Konsequenz, dass der Verlustvortrag<br />

bis <strong>zu</strong>m Ende der Mitunternehmerschaft weiterhin in materiellrechtlich un<strong>zu</strong>treffender<br />

HÇhe festgestellt wird, obgleich er nie mehr nutzbar sein wird (vgl.<br />

auch Loose/Suck, FR 2008, 864: „Fata Morgana“ eines in Zukunft noch vornehmbaren<br />

Verlustab<strong>zu</strong>gs). Zumindest de lege ferenda wåre daher die Anordnung<br />

einer bindenden Feststellung auch der mitunternehmerbezogenen Zurechnung<br />

der Fehlbetråge <strong>zu</strong> begrÅßen. Dies wÅrde auch die (oftmals komplexen<br />

oder schlicht vergessenen) „Schattenrechnungen“, mit denen die HÇhe<br />

des jedem Gesellschafter <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnenden Anteils am Gesamtverlust festgehalten<br />

werden, ÅberflÅssig machen (vgl. auch Loose/Suck, FR 2008, 864).<br />

In Organschaftsfållen kann es bei Vorliegen außerorganschaftlicher Verluste<br />

der Organgesellschaft erforderlich sein, den Gewerbeverlust sowohl des Organtrågers<br />

als auch der Organgesellschaft gesondert fest<strong>zu</strong>stellen. Bis <strong>zu</strong>m EZ<br />

2003 waren beide Feststellungsbescheide gegenÅber dem Organtråger als<br />

Steuerschuldner bekannt <strong>zu</strong> geben. Zusåtzlich war der Feststellungsbescheid<br />

betreffend die außerorganschaftlichen Fehlbetråge der Organgesellschaft<br />

auch dieser bekannt <strong>zu</strong> geben, da sie nach Beendigung der Organschaft noch<br />

nicht verbrauchte Fehlbetråge abziehen kann (FinMin. Bdb. v. 30.3.1992 – III/5<br />

- G 1427 - 1/92, DB 1992, 919; <strong>zu</strong>r Çrtlichen Zuståndigkeit vgl. FinMin. Bayern<br />

v. 20.10.1993 – 33 - G 1427 - 10/6, DB 1993, 2262). Seit dem EZ 2004 ist aufgrund<br />

des Ab<strong>zu</strong>gsverbots vororganschaftlicher Verluste der Organgesellschaft (s.<br />

Anm. 334) die Notwendigkeit einer Bekanntgabe des Feststellungsbescheids<br />

der vororganschaftlichen Verluste der Organgesellschaft an den Organtråger<br />

entfallen. Dementsprechend nimmt die Finanzverwaltung erstmals auf den<br />

31.12.2003 eine Bekanntgabe ausschließlich an die Organgesellschaft vor. Die<br />

im EZ 2003 verrechneten vororganschaftlichen Verluste und die verbleibenden<br />

vororganschaftlichen Verluste der Organgesellschaft <strong>zu</strong>m 31.12.2003 werden<br />

dem Organtråger ohne Bekanntgabe des Feststellungsbescheids durch<br />

196<br />

|<br />

Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 384–387 § 10a<br />

die maschinell erstellte Mitteilung „Ermittlung des Gewerbeertrags bei der<br />

Organgesellschaft“ Åbermittelt (OFD DÅsseldorf v. 7.3.2005 – G 1427 A St 142,<br />

Juris FMNR140410005).<br />

Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid fÅr den Gewerbesteuermessbescheid<br />

des Folgejahres (BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733)<br />

385<br />

sowie fÅr einen etwaigen Verlustfeststellungsbescheid des Folgejahres (BFH<br />

v. 28.2.2001 – I R 77/00, BFH/NV 2001, 1293 unter 2.) und entfaltet insoweit gemåß<br />

§ 182 AO Bindungswirkung. Die KÅr<strong>zu</strong>ng des Gewerbeertrags im Anrechnungsjahr<br />

setzt daher voraus, dass fÅr den vorangegangenen EZ ein entsprechender<br />

Fehlbetrag gesondert festgestellt wurde. Wird der Feststellungsbescheid<br />

fÅr einen vorangegangen EZ geåndert, sind gemåß §§ 181 Abs. 1<br />

Satz 1, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO spåtere Verlustfeststellungsbescheide sowie<br />

gemåß § 184 Abs. 1 Satz 3, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO – soweit veranlasst –<br />

auch spåtere Gewerbesteuermessbescheide <strong>zu</strong> åndern.<br />

Die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids umfasst neben der HÇhe 386<br />

der Fehlbetråge auch deren steuerliche Wertigkeit nach Maßgabe der im<br />

Feststellungszeitpunkt geltenden Rechtslage. Durch den Feststellungsbescheid<br />

wird daher auch bestandskråftig darÅber entschieden, ob die Verluste<br />

aufgrund der <strong>zu</strong>m Feststellungsstichtag vorhandenen tatsåchlichen Umstånde<br />

ab<strong>zu</strong>gsfåhig sind (so fÅr § 10a Satz 2 GewStG aF iVm. § 8 Abs. 4 KStG:<br />

BFH v. 22.10.2003 – I R 18/02, BStBl. II 2004, 468; da<strong>zu</strong> Bachmeister, DStR 2004,<br />

841; fÅr § 8c KStG Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 100; Suchanek<br />

in HHR, § 8c KStG Anm. 18); bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr sind daher<br />

såmtliche Sachverhalte <strong>zu</strong> berÅcksichtigen, die bis <strong>zu</strong>m Feststellungsstichtag<br />

verwirklicht worden sind, und zwar selbst dann, wenn diese nach dem<br />

Ende des Wirtschaftsjahres entstanden sind (FG Ba.-WÅrtt. v. 15.12.2005 – 3 K<br />

284/01, EFG 2006, 761, rkr.). Eine Durchbrechung dieser Bestandskraft tritt<br />

nur ein, soweit sich die gesetzlichen Vorausset<strong>zu</strong>ngen der Verlustnut<strong>zu</strong>ng åndern<br />

(OFD Magdeburg v. 19.7.2004 – S 2745 - 33 St 216, DStR 2004, 1806 = FR<br />

2004, 1027; vgl. aber auch Niedersåchsisches FG v. 8.12.2005 – 6 K 252/02, StE<br />

2006, 342, rkr.: keine Durchbrechung der Bestandskraft bei <strong>zu</strong>gunsten des<br />

Steuerpflichtigen <strong>zu</strong> Unrecht festgestellten Verlustab<strong>zu</strong>g nach § 8 Abs. 4 KStG<br />

aF). DarÅber hinaus kann eine fehlerhafte Feststellung nur nach den Vorschriften<br />

der AO berichtigt werden (OFD Hannover v. 15.11.2005 – S 2745 - 20 -<br />

StO, DB 2005, 2662). Zur Anwendung von § 174 Abs. 4 AO vgl. BFH v.<br />

14.3.2006 – I R 8/05, DStR 2006, 1076.<br />

Begehrt der Steuerpflichtige einen hÇheren Verlustab<strong>zu</strong>g, kann hierÅber auf 387<br />

Grund der Bindungswirkung des Verlustfeststellungsbescheids nicht bei der<br />

Anwendung des § 10a GewStG im Anrechnungsjahr, sondern allein im Verfahren<br />

Åber die gesonderte Feststellung des Entstehungsjahres entschieden<br />

werden. Wird ein nach Auffassung des Steuerpflichtigen <strong>zu</strong> geringer Fehlbetrag<br />

festgestellt, ist somit der Verlustfeststellungsbescheid an<strong>zu</strong>fechten,<br />

wobei im Rechtsbehelfsverfahren wiederum die Bindungswirkung des Verlustfeststellungsbescheids<br />

des vorangegangenen EZ <strong>zu</strong> beachten ist (§§ 351<br />

Abs. 2 AO, 42 FGO). Unter den Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 35b GewStG ist der<br />

Verlustfeststellungsbescheid von Amts wegen <strong>zu</strong> erlassen, auf<strong>zu</strong>heben oder<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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197


§ 10a Anm. 387–390 Gewerbeverlust<br />

<strong>zu</strong> åndern (da<strong>zu</strong> § 35b GewStG Anm. 5 ff. sowie BFH v. 28.2.2001 – I R 77/00,<br />

BFH/NV 2001, 1293). Das RechtsschutzbedÅrfnis fÅr eine selbståndige Anfechtung<br />

des Verlustfeststellungsbescheids kann nicht allein deshalb verneint<br />

werden, weil die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 35 b GewStG vorliegen (vgl. § 35b<br />

GewStG Anm. 3 aE).<br />

388<br />

389<br />

390<br />

b) Rechtslage bis EZ 1989<br />

FÅr EZ bis 1989 erfolgte keine gesonderte Feststellung der vortragsfåhigen<br />

Fehlbetråge. Die Fehlbetråge stellten einen nicht selbståndig anfechtbaren<br />

Teil des Gewerbesteuermessbescheids dar und ihr Grund und ihre HÇhe waren<br />

erst im Anrechnungsjahr verbindlich <strong>zu</strong> prÅfen. Eine Bindung an die Entscheidung<br />

des FA bestand dabei weder fÅr das Entstehungsjahr hinsichtlich<br />

des ermittelten Verlusts noch fÅr spåtere EZ hinsichtlich des durchgefÅhrten<br />

oder unterlassenen Verlustab<strong>zu</strong>gs (BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II<br />

1997, 179 mwN). Dementsprechend waren Rechtsbehelfe betreffend die HÇhe<br />

der Fehlbetråge nicht gegen den Gewerbesteuermessbescheid des Entstehungsjahres,<br />

sondern nur des Anrechnungsjahres <strong>zu</strong>låssig. Weist das FG die<br />

Klage gegen einen Gewerbesteuermessbescheid eines EZ mit der BegrÅndung<br />

ab, dass die geltend gemachten Verlustvortråge nicht bestehen, geht der<br />

BFH davon aus, dass der Steuerpflichtige aufgrund der Rechtskraft wirkung<br />

des Urteils in einem spåteren EZ nicht Verlustvortråge aus denselben GrÅnden,<br />

die Gegenstand des Rechtsstreits waren, geltend machen kann, (BFH v.<br />

17.12.1998 – IV R 47/97, BStBl. II 1999, 303).<br />

War im vorangegangenen EZ eine KÅr<strong>zu</strong>ng des maßgebenden Gewerbeertrags<br />

um vorhandene Fehlbetråge <strong>zu</strong> Unrecht unterblieben, liegt keine „BerÅcksichtigung“<br />

dieser Fehlbetråge iS des § 10a GewStG vor. Daher war die<br />

KÅr<strong>zu</strong>ng um diese Fehlbetråge in spåteren EZ bei Vorliegen der sonstigen Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

des § 10a GewStG materiellrechtlich geboten und – mangels<br />

Bindungswirkung der Entscheidung des FA (s. Anm. 388) – auch verfahrensrechtlich<br />

<strong>zu</strong>låssig (BFH v. 28.11.1990 – X R 102/89, BStBl. II 1991, 477; anders<br />

noch BFH v. 9.1.1958 – IV 250/57 U, BStBl. III 1958, 134). Der Gewerbesteuermessbescheid<br />

des EZ, in dem der Verlustab<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> Unrecht nicht durchgefÅhrt<br />

wurde, war demgegenÅber nicht schon aufgrund der NichtberÅcksichtigung<br />

von Fehlbetrågen vorangegangener EZ „offenbar unrichtig“ iS des § 129 AO<br />

(BFH v. 31.7.1990 – I R 116/88, BStBl. II 1991, 22).<br />

c) Feststellungslast<br />

Nach der sog. Normentheorie trågt diejenige Partei die Behauptungs- und Beweislast<br />

fÅr das Vorliegen der Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen eines Rechtssatzes,<br />

deren Prozessbegehr ohne die Anwendung dieses Rechtssatzes keinen Erfolg<br />

haben kann. Ausgehend hiervon trågt nach hM der Steuerglåubiger, vertreten<br />

durch das FA, die objektive Beweislast fÅr steuerbegrÅndende und -erhÇhende<br />

Tatsachen, wåhrend der Steuerpflichtige die objektive Beweislast fÅr<br />

steuerentlastende oder -mindernde Tatsachen trågt (Seer in Tipke/Kruse, § 96<br />

FGO Rz. 83 mwN). Begehrt der Steuerpflichtige daher die KÅr<strong>zu</strong>ng seines Ge-<br />

198<br />

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Kleinheisterkamp


Gewerbeverlust Anm. 390–392 § 10a<br />

werbeertrags gemåß § 10a GewStG, trifft ihn die Feststellungslast fÅr das Vorliegen<br />

der Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen des § 10a GewStG.<br />

Sieht man in der wirtschaftlichen Identitåt einer KÇrperschaft ein <strong>zu</strong>såtzliches 391<br />

Tatbestandsmerkmal fÅr den Verlustab<strong>zu</strong>g nach § 10a Satz 10 GewStG iVm.<br />

§ 8 Abs. 4 Satz 1 KStG, mÅsste grundsåtzlich der Steuerpflichtige die objektive<br />

Beweislast fÅr den Fortbestand der wirtschaftlichen Identitåt tragen (Frotscher<br />

in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 182a). Gleichwohl sieht die wohl hM die Feststellungslast<br />

fÅr den Verlust der wirtschaftlichen Identitåt bei der Finanzverwaltung<br />

(Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 418; Lang in Ernst&Young, § 8<br />

KStG Rz. 1299.37). Dem ist mE <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen. Denn aus der Gesetzessystematik<br />

des § 8 Abs. 4 KStG folgt, dass wirtschaftliche Identitåt besteht, solange<br />

kein Fall des sog. Hauptanwendungsfalls des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG oder ein<br />

diesem vergleichbarer Fall vorliegt. HierfÅr trågt mE die Finanzverwaltung<br />

die objektive Beweislast, da die Rechtsfolge des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG (Nichtvorliegen<br />

wirtschaftlicher Identitåt) steuererhÇhend wirkt. Die Feststellungslast<br />

fÅr das Vorliegen der Vorausset<strong>zu</strong>ngen der sog. Sanierungsklausel des § 8<br />

Abs. 4 Satz 3 KStG trifft demgegenÅber den Steuerpflichtigen (BMF, Schr. v.<br />

16.4.1999, aaO, Tz. 23; Schloßmacher in HHR, § 8 KStG Anm. 484).<br />

Die Vorausset<strong>zu</strong>ngen fÅr einen Untergang des Verlustvortrags nach § 10a 392<br />

Satz 10 GewStG iVm. § 8c KStG sind von der Finanzverwaltung <strong>zu</strong> beweisen<br />

(<strong>zu</strong>m Umfang der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichten bei der Sachverhaltsaufklårung,<br />

insbesondere bei Auslandssachverhalten, vgl. Suchanek/<br />

Jansen, GmbH 2009, 412; Suchanek in HHR § 8c KStG Rn. 18). FÅr das Vorliegen<br />

von Ausnahmen von der Anwendbarkeit des § 8c KStG (beispielsweise<br />

nach § 8c Abs. 1 Satz 5, 6-8, Abs. 1a KStG oder aufgrund des FMStFG) trågt<br />

der Steuerpflichtige die Feststellungslast (Suchanek in HHR, § 8c KStG<br />

Anm. 17). Insbesondere hinsichtlich des Vorliegens der Vorausset<strong>zu</strong>ngen des<br />

§ 8c Abs. 1a KStG ist es daher ratsam, Beweisvorsorge <strong>zu</strong> treffen, da die Anwendung<br />

der Sanierungsklausel nicht vom Sanierungserfolg abhångt (s.<br />

Anm. 200f).<br />

LS Lfg. 101 Juni 2011 Kleinheisterkamp<br />

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