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BEST OF Otto Brenner Preis 2010 - Otto Brenner Shop

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Stoppt das Verbot des Kopftuchs die Strukturen der Unterdrückung? Oder ergänzt<br />

diese Entscheidung nur das Gefühl der Entmündigung durch Vater oder Ehemann<br />

um das Gefühl der Entmündigung durch Gesellschaft und Staat? Das Kopftuch<br />

darf oder muss die Frau dann nicht mehr tragen, aber wird sie damit auch schon<br />

aus der Struktur der Unterdrückung befreit? Wären nicht Ausbildungs- oder Jobangebote<br />

an muslimische Frauen ein erfolgversprechenderes Instrument der<br />

Emanzipation als ein Burka- oder Kopftuchverbot? Wenn wir die häusliche Verwahrlosung<br />

eines Kindes an seiner Kleidung in der Schule erkennen, glauben<br />

wir dann, die Anordnung von Schuluniformen würde das Problem beheben?<br />

Der Rationalismus der Aufklärung und der liberale Individualismus, auf die sich<br />

die Islamkritiker gern berufen, orientieren sich stets an der Autonomie des einzelnen<br />

Menschen. Was Aufklärung und Liberalismus verteidigen, ist das Selbstbestimmungsrecht<br />

des Individuums: Nicht Kirche, soziale Klasse und Herkunft<br />

sollen über das moderne Subjekt bestimmen dürfen, sondern die autonome,<br />

freie Wahl des Einzelnen muss vom Staat geschützt und verteidigt werden.<br />

Wer das Kopftuch prinzipiell verbietet, muss sich also fragen, ob es wirklich<br />

undenkbar sein soll, dass eine Frau freiwillig ein Kopftuch tragen möchte. Wenn<br />

eine Muslimin ein Kopftuch tragen möchte, muss das in einem liberalen Staat<br />

ebenso schützenswert sein wie ihre Entscheidung, keines zu tragen. Wer Frauen<br />

verteidigen will, sollte ihnen eine selbstbestimmte Wahl ermöglichen, sollte<br />

Gewalt gegen Frauen (ob muslimisch oder nicht) ahnden und die, die sie misshandeln,<br />

verurteilen.<br />

Nun bleibt die Gefahr, die Befürworter eines Burkaverbots zu Recht benennen,<br />

dass das soziale Umfeld, in dem Frauen die Burka tragen, eine solche freie Wahl<br />

vielleicht nicht zulässt. Das ist ein ernst zu nehmender Einwand. Aber wenn<br />

Frauen, wie in Frankreich erörtert, das Burkatragen in Bussen oder U-Bahnen<br />

verboten wird – werden die Frauen, die zur Burka gezwungen werden, dann von<br />

ihren Ehemännern wirklich unverschleiert auf die Straße gelassen? Oder müssen<br />

sie zu Hause bleiben? Die Publizistin Hilal Sezgin hat in der Frankfurter Rundschau<br />

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