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Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

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Darüber hinaus nennt die Expertise als weitere Elemente einer sozialpolitischen<br />

Orientierung am <strong>Leitbild</strong> des demokratischen <strong>Sozialstaat</strong>es: die konsequente<br />

Demokratisierung der Leistungserbringung und die erweiterte Kooperation staatlicher<br />

Instanzen mit gesellschaftlichen Akteuren; der strikt am Prinzip der Leistungsfähigkeit<br />

orientierte soziale Ausgleich über Beiträge und Steuern; eine dem strukturellen Wandel<br />

der Haushalts- und Lebensformen entsprechende Individualisierung sozialpolitischer<br />

Leistungen und Belastungen; schließlich eine <strong>den</strong> veränderten Bedingungen der<br />

individuellen Verausgabung von Arbeitskraft Rechnung tragende Neujustierung der<br />

sozialstaatlichen Regulierung der Erwerbsarbeit und des Verhältnisses von Arbeit und<br />

Leben. In der Zusammenschau all dieser Elemente lässt sich ein erstes und vorläufiges,<br />

gleichwohl aber einigermaßen plastisches Bild vom demokratischen <strong>Sozialstaat</strong> der<br />

Zukunft erkennen.<br />

Auf der Grundlage einer kritischen Prüfung des vorgeschlagenen <strong>Leitbild</strong>es kommt die<br />

Expertise zu dem Schluss, dass der „demokratische <strong>Sozialstaat</strong>“ ein normativ wie<br />

konzeptionell attraktives Modell gesellschaftspolitischer Zukunftsgestaltung darstellt: <strong>Ein</strong><br />

Modell, welches sowohl der radikalen Grundsatzkritik am vermeintlich überbor<strong>den</strong><strong>den</strong><br />

„Versorgungsstaat“ als auch der sturen Verteidigung des real existieren<strong>den</strong><br />

„Arbeitnehmersozialstaats“ überlegen ist. Gegen die herrschende, sozialstaatsfeindliche<br />

Kritik lässt sich mit dem neuen <strong>Leitbild</strong> ein leistungsstarker <strong>Sozialstaat</strong> legitimieren.<br />

Zugleich vermag dieses <strong>Leitbild</strong> die Überwindung der unbestreitbaren Leistungsmängel,<br />

Finanzierungsprobleme und Gerechtigkeitsdefizite der bestehen<strong>den</strong> Systeme sozialer<br />

Sicherung und Fürsorge reformpolitisch zu orientieren. In dieser doppelten Funktion<br />

kann das <strong>Leitbild</strong> des demokratischen <strong>Sozialstaat</strong>s auch <strong>den</strong> Gewerkschaften zur<br />

Orientierung ihrer sozialstaatsfreundlichen <strong>Sozialpolitik</strong> dienen. Zwar würde ihnen dies<br />

nicht weniger als die programmatische Abkehr vom etablierten, erwerbsarbeitszentrierten<br />

<strong>Sozialstaat</strong> abverlangen. Doch wer<strong>den</strong> gerade die Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer von der gesellschaftsweiten Ausdehnung der bislang auf sie allein<br />

beschränkten Solidarsysteme profitieren. Denn auf diesem Wege wer<strong>den</strong> – unter <strong>den</strong><br />

gegebenen, d.h. veränderten wirtschafts- und sozialstrukturellen Bedingungen – nicht<br />

nur ihre besonderen Risiken besser abgesichert als im Rahmen der bestehen<strong>den</strong><br />

Systeme; zudem wer<strong>den</strong> sie vor einer zunehmen<strong>den</strong>, auf der einseitigen und<br />

ungerechten Finanzierung beruhen<strong>den</strong> Überforderung durch diese Systeme bewahrt.<br />

Sollten sich die Gewerkschaften daher für einen konsequenten Umbau des<br />

bestehen<strong>den</strong> hin zu einem veränderten, demokratischen <strong>Sozialstaat</strong> einsetzen, wer<strong>den</strong><br />

sie ihre sozialpolitische Kompetenz zurückgewinnen und sich wieder als Motor sozialen<br />

Fortschritts profilieren können.

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