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Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

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In diesem Sinne wer<strong>den</strong> wir im Folgen<strong>den</strong> das <strong>Leitbild</strong> des demokratischen <strong>Sozialstaat</strong>s<br />

um einige ökonomisch grundierte Skizzen ergänzen und zeigen, dass der<br />

demokratische <strong>Sozialstaat</strong> mit der bundesdeutschen Ökonomie in ihrer gegenwärtigen<br />

Verfassung „zusammenpasst“.<br />

6.1. Der demokratische <strong>Sozialstaat</strong> und der gesellschaftliche Reichtum<br />

Auch wenn sich die bundesdeutsche Volkswirtschaft gegenwärtig in einer tiefgreifen<strong>den</strong><br />

Strukturkrise befindet und daher das höchstmögliche volkswirtschaftliche<br />

Leistungsniveau nicht erreicht, gelingt es ihr <strong>den</strong>noch, einen hohen und von Jahr zu<br />

Jahr stetig wachsen<strong>den</strong> Reichtum zu produzieren. Dieser Reichtum war in jenen Zeiten,<br />

als die zentralen Instrumente des bestehen<strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong>s geschaffen wur<strong>den</strong>, nicht<br />

absehbar, genauso wenig wie die Bedingungen, unter <strong>den</strong>en er heutzutage<br />

erwirtschaftet und verteilt wird. Damals nahm man an, dass das Sozialprodukt<br />

maßgeblich über die <strong>Ein</strong>kommen aus Erwerbsarbeit aufgeteilt und dass in der<br />

„Arbeitnehmergesellschaft“ der Anteil der Erwerbseinkommen am Volkseinkommen<br />

kontinuierlich steigen wird. Die Vor<strong>den</strong>ker der großen Rentenreform in <strong>den</strong> 1950er<br />

Jahren beispielsweise gingen explizit von dieser Annahme aus und begründeten damit<br />

die Notwendigkeit wie auch die Möglichkeit einer umlagefinanzierten und dynamischen<br />

Rentenversicherung nur der Arbeitnehmer.<br />

Zwar fließt auch heutzutage das Sozialprodukt zu seinem größten Teil auf die Lohn- und<br />

Gehaltskonten der Arbeitnehmer. Der Trend jedoch geht inzwischen in eine andere<br />

Richtung: Im Vergleich mit <strong>den</strong> <strong>Ein</strong>kommen aus abhängiger Beschäftigung gewinnen<br />

andere <strong>Ein</strong>kommensarten, nämlich die <strong>Ein</strong>kommen aus Vermögen und die aus<br />

selbständiger Arbeit, an Bedeutung. Diese <strong>Ein</strong>kommen erreichen einen zunehmend<br />

größeren Anteil am gesamten Volkseinkommen. Sofern nun die <strong>Ein</strong>kommen aus<br />

abhängiger Beschäftigung nur noch einen geringeren und in Zukunft vermutlich weiter<br />

sinken<strong>den</strong> Anteil am Volkseinkommen ausmachen, kann sich der bestehende<br />

<strong>Sozialstaat</strong>, da er sich vor allem mit seinen Steuer- und erst recht mit seinen<br />

Beitragslasten an die Arbeitnehmer hält, nur aus diesem geringeren und weiter<br />

schrumpfen<strong>den</strong> Anteil „bedienen“. Diese für <strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong> erreichbaren<br />

Finanzierungsressourcen fin<strong>den</strong> zudem eine strukturelle Grenze darin, dass man über<br />

Versicherungs- und Beitragsbemessungsgrenzen das Abwandern hoher<br />

Arbeitseinkommen aus <strong>den</strong> Sozialversicherungen ermöglicht hat.<br />

In Antwort auf diesen Trend sind nun aber die sozialstaatlichen Ausgaben nicht<br />

gesunken. Trotz kontinuierlichen Abbaus seiner Leistungen muss der bestehende<br />

<strong>Sozialstaat</strong> Jahr für Jahr ein relativ konstantes Budget aufbringen. Dafür sorgt nicht<br />

zuletzt der demographische Wandel, in dessen Folge immer weniger Erwerbstätigen<br />

relativ mehr Nicht-mehr-Erwerbstätige, also immer weniger Beitragszahlern immer mehr<br />

Rentenempfänger, gegenüberstehen.

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