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Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

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Im Vergleich zu <strong>den</strong> kategorial beschränkten, im Wesentlichen an der Existenz oder<br />

Nicht-Existenz eines Lohnarbeitsverhältnisses orientierten Solidarsystemen der<br />

Gegenwart weitet der demokratische <strong>Sozialstaat</strong> die über ihn organisierte Solidarität<br />

somit auf ausnahmslos alle Bürgerinnen und Bürger aus. Um ihnen allen vergleichbare<br />

Lebenslagen gewährleisten zu können, müssen die bestehen<strong>den</strong> Systeme monetärer<br />

Transfers zum einen umgestaltet und zum anderen durch ausdifferenzierte und<br />

hochwertige Systeme sozialer Dienstleistungen ergänzt wer<strong>den</strong>.<br />

Die über <strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong> vermittelte und organisierte Solidarität aller Bürgerinnen und<br />

Bürger wird in dieser Expertise auch in ihrer institutionellen Grundgestalt illustriert. Um<br />

<strong>den</strong> politischen Gebrauchswert der Expertise zu steigern, wird allerdings die dabei<br />

gepflegte Reformphantasie gezügelt, wer<strong>den</strong> die Institutionen und Leistungen des<br />

demokratischen <strong>Sozialstaat</strong>s in größtmöglicher Nähe zum real existieren<strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong><br />

bestimmt. Als Kernelement des Umbaus hin zum demokratischen <strong>Sozialstaat</strong> wird<br />

insbesondere dessen universalistischer Charakter, d.h. die Ausweitung seines<br />

Leistungsangebots wie auch seiner Finanzierungsbasis, hervorgehoben. Um dem<br />

Anspruch eines auf alle Bürgerinnen und Bürger erweiterten Adressatenkreises des<br />

demokratischen <strong>Sozialstaat</strong>s gerecht zu wer<strong>den</strong>, müssen vornehmlich die bestehen<strong>den</strong><br />

Sozialversicherungen verallgemeinert wer<strong>den</strong>. Weil Gesundheit und Pflege ebenso wie<br />

gesicherte <strong>Ein</strong>kommen im Alter für jede Bürgerin und je<strong>den</strong> Bürger die unverzichtbare<br />

Voraussetzung ihrer gesellschaftlichen Teilhabe darstellen, ist jede und jeder<br />

gleichermaßen in die über die jeweiligen Sozialversicherungen vermittelte und<br />

organisierte soziale Solidarität einzubeziehen. Dort wo die Bürgerinnen und Bürger<br />

leben, muss zudem ein breit gefächertes Angebot von professionell betriebenen,<br />

allgemein zugänglichen und spontan erreichbaren sozialen Diensten bereitstehen. Da<br />

diese nur als öffentliche Güter in dem gesellschaftlich erforderlichen Umfang und in der<br />

demokratisch gebotenen Allgemeinheit bereitgestellt wer<strong>den</strong>, ist auch hier der<br />

demokratische <strong>Sozialstaat</strong> gefordert. Zur Finanzierung seiner erweiterten Leistungen<br />

und Angebote wird dieser jedoch im Gegenzug – und stärker als der bestehende<br />

<strong>Sozialstaat</strong> – ebenfalls alle Bürgerinnen und Bürger heranziehen, unabhängig davon,<br />

welches <strong>Ein</strong>kommen in welcher Höhe sie beziehen. Im Sinne der Garantie der<br />

materiellen Voraussetzungen allgemeiner Beteiligung rückt er zudem die<br />

Mindestsicherung einer und eines je<strong>den</strong> seiner Bürgerinnen und Bürger in <strong>den</strong><br />

Mittelpunkt seines Leistungskatalogs und baut dazu mindestsichernde Elemente in <strong>den</strong><br />

sozialen Sicherungssystemen auf bzw. aus. Dieser Ausbau der Mindestsicherung macht<br />

im Gegenzug <strong>Ein</strong>schränkungen bei der Status- und Lebensstandardsicherung im<br />

Bereich überdurchschnittlich hoher <strong>Ein</strong>kommen notwendig, was unter dem<br />

Gesichtspunkt der sozialpolitischen Gewährleistung gleicher demokratischer<br />

Teilhaberechte durchaus akzeptabel erscheint.

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