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Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

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Die Mindestsicherung im demokratischen <strong>Sozialstaat</strong> lässt sich deswegen nicht so<br />

einfach von <strong>den</strong>en nach unten korrigieren, die dieser Mindestsicherung nicht bedürfen.<br />

Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.<br />

Mit der normativen, rechtlichen und materiellen Aufwertung der Mindestsicherung und<br />

dem Ausbau entsprechender mindestsichernder Elemente in <strong>den</strong> sozialen<br />

Sicherungssystemen lassen sich einige der genannten Leistungsdefizite des<br />

bestehen<strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong>s beheben. Besser als die bestehende Sozialhilfe wird diese<br />

Mindestsicherung Armut, zumindest aber die langfristige Festsetzung von Armutslagen<br />

bei bestimmten Personen und Haushalten, verhindern. Auf diese Weise wird <strong>den</strong><br />

Prozessen zunehmender sozialer Ausgrenzung und Entkoppelung effektiv <strong>Ein</strong>halt<br />

geboten und zumindest eine relevante Gefahr für die Demokratie in Deutschland<br />

gebannt. Durch die Mindestsicherung im demokratischen <strong>Sozialstaat</strong> wer<strong>den</strong> alle<br />

Bürgerinnen und Bürger – unabhängig von zuvor erworbenen Ansprüchen und<br />

zukünftigen Leistungen – ein <strong>Ein</strong>kommen erhalten, das es ihnen gestattet, mit allen<br />

anderen vergleichbare Lebenslagen einzunehmen und auf dieser Grundlage ihre<br />

gleichen gesellschaftlichen Beteiligungsrechte zu verwirklichen. Damit folgt die<br />

Mindestsicherung dem aus der bestehen<strong>den</strong> Sozialhilfe bekannten Bedarfsgrundsatz,<br />

kann sie doch von bedürftigen Menschen in Anspruch genommen wer<strong>den</strong> kann, wenn<br />

und sobald sie das politisch definierte Mindesteinkommen unterschreiten. Von der<br />

Sozialhilfe unterscheidet sich diese Mindestsicherung allerdings dadurch, dass ihre<br />

Leistungen nicht nach Maßgabe eines bürokratisch festgestellten Bedarfs der Individuen<br />

definiert wer<strong>den</strong>. Vielmehr garantiert die Mindestsicherung im demokratischen<br />

<strong>Sozialstaat</strong> ausschließlich jenes Mindesteinkommen, das „man“ innerhalb der deutschen<br />

Gesellschaft benötigt, um als gleichberechtigte Bürgerin oder gleichberechtigter Bürger<br />

in Augenhöhe mit allen anderen Bürgerinnen und Bürgern, eben als gleichberechtigtes<br />

Mitglied der demokratischen Gesellschaft, leben zu können.<br />

Dass diese reformierte Mindestsicherung auch auf die zunehmende Gefahr einer<br />

Lockerung des gesellschaftlichen Zusammenhalts reagiert, muss sich in der Art und<br />

Weise ausdrücken, wie sie organisiert und geleistet wird. Grundsätzlich können<br />

Grundsicherungssysteme auch als Motoren der gesellschaftlichen Spaltung wirken –<br />

und zwar vor allem dann, wenn sie als eigenständige Leistungsprogramme für<br />

Unterversorgungslagen am gesellschaftlichen Rand eingerichtet wor<strong>den</strong> sind. Deshalb<br />

ist die hier vorgestellte Mindestsicherung so weit wie möglich in die bestehen<strong>den</strong><br />

Sozialversicherungen einzubauen. Die auf diese Weise „gesockelte“<br />

Arbeitslosenversicherung ist dann ausnahmslos für diejenigen Bürgerinnen und Bürger<br />

zuständig, die erfolglos versuchen, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit zu<br />

bestreiten. In der Gesetzlichen Rentenversicherung wird die bestehende, erst vor<br />

wenigen Jahren auf Betreiben der rot-grünen Bundesregierung eingeführte<br />

Grundsicherung institutionell gestärkt, so dass alle alte Menschen mindestsichernde<br />

Renten beziehen, selbst wenn sie keine hinreichen<strong>den</strong> Versicherungsansprüche<br />

erworben haben und bislang auf (ergänzende) Sozialhilfe angewiesen sind.<br />

Auszubil<strong>den</strong><strong>den</strong>, die einen eigenen Haushalt führen, kann im Rahmen der staatlichen<br />

Ausbildungsförderung ebenfalls eine Mindestsicherung gewährt wer<strong>den</strong>.

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