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Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

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Wenn wir also nun in sieben Skizzen ein konkreteres Bild von der Gestalt des<br />

demokratischen <strong>Sozialstaat</strong>s zeichnen, dann suchen wir gleichsam das Neue im<br />

Bekannten, das Zukünftige im Bestehen<strong>den</strong>, und stellen uns die Institutionen und<br />

Leistungen des demokratischen <strong>Sozialstaat</strong>s aus <strong>den</strong> Institutionen und Leistungen des<br />

real existieren<strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong>s heraus vor. Dabei wer<strong>den</strong> wir zudem „nur“ gängige und<br />

in <strong>den</strong> sozialpolitischen Debatten bereits (zum Teil seit geraumer Zeit) eingeführte<br />

Reformideen aufgreifen und sie in das <strong>Leitbild</strong> des demokratischen <strong>Sozialstaat</strong>s<br />

einzeichnen. Denn es gilt hier und heute nicht, das sozialstaatliche Rad neu zu erfin<strong>den</strong>,<br />

sondern dem bestehen<strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong> auf seinem Weg in die Zukunft eine neue<br />

Richtung zu weisen.<br />

5.1. Ausweitung des Leistungsangebots und der Finanzierungsbasis<br />

Adressaten des demokratischen <strong>Sozialstaat</strong>s sind alle Bürgerinnen und Bürger – und<br />

zwar völlig unabhängig davon, welche Position bzw. Lage im Erwerbssystem sie<br />

einnehmen und über welche individuelle Marktchance sie verfügen. Auf dem Weg hin<br />

zum demokratischen <strong>Sozialstaat</strong> muss also der Adressatenkreis ausgeweitet wer<strong>den</strong>.<br />

Soll diese Ausweitung auf dem bisher verfolgten Entwicklungspfad deutscher<br />

<strong>Sozialpolitik</strong> bleiben, so müsste vor allem das bestehende System der<br />

Sozialversicherungen verallgemeinert wer<strong>den</strong>. Weil notwendige Voraussetzungen ihrer<br />

aller gesellschaftlichen Teilhabe, sind Gesundheit und Pflege ebenso wie gesicherte<br />

<strong>Ein</strong>kommen im Alter für alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen geschätzte und<br />

erstrebenswerte Güter und deshalb Gegenstand ihrer wechselseitigen Solidarität. Die<br />

Gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungen sind deshalb auf alle<br />

Bürgerinnen und Bürger auszuweiten; sie alle sind in die über die Sozialversicherungen<br />

vermittelte und organisierte soziale Solidarität einzubeziehen. Das besondere<br />

<strong>Ein</strong>kommensrisiko von Arbeitnehmern im Fall von Krankheit, Pflegebedürftigkeit und<br />

Alter wird nach Ausweitung dieser Sozialversicherungen dort hinreichend<br />

„mitversichert“. Lediglich der Verlust von Erwerbseinkommen durch Arbeitslosigkeit stellt<br />

ein spezifisches Risiko von Erwerbspersonen dar und bedarf ihrer besonderen, das<br />

heißt kategorial beschränkten Solidarität. Aber auch diese wird weiter ausgreifen<br />

müssen, als dies im Rahmen der bestehen<strong>den</strong> Arbeitslosenversicherung geschieht,<br />

indem alle Erwerbspersonen unabhängig von der Höhe ihres <strong>Ein</strong>kommens in deren<br />

Solidarität einbezogen wer<strong>den</strong>.<br />

Neben der Universalisierung des Adressatenkreises der Sozialversicherungen ist die<br />

Stärkung der kommunalen und regionalen Infrastruktur sozialer Dienste erforderlich.<br />

Dort wo die Bürgerinnen und Bürger leben muss ein breit gefächertes Angebot von<br />

professionell betriebenen, allgemein zugänglichen und spontan erreichbaren sozialen<br />

Diensten bereitstehen. Gegenüber dem derzeit bestehen<strong>den</strong> Angebot bedeutet dies<br />

nicht nur die Ausweitung dieser sozialen Dienste, sondern vor allem auch deren<br />

gerechtere (personelle und räumliche) Verteilung.

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