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Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

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Diese Anforderung wird vor allem dann einlösbar, wenn der <strong>Sozialstaat</strong> grundsätzlich<br />

auf gemeinsame, generationenübergreifende Probleme der jetzt leben<strong>den</strong> und der ihnen<br />

nachfolgen<strong>den</strong> Bürgerinnen und Bürger ausgerichtet wird.<br />

3.7. Der <strong>Sozialstaat</strong> hat politikfähig zu sein<br />

Der <strong>Sozialstaat</strong> in seiner überkommenen Gestalt befindet sich nunmehr seit<br />

Jahrzehnten in der Defensive. Ohne überzeugende Programmatik, ohne eine politische<br />

Vision seiner selbst, muss er sich gegen die beständig zunehmen<strong>den</strong> Zweifel an seiner<br />

ökonomischen und gesellschaftlichen Tragfähigkeit mit ritualisierten<br />

Solidaritätsadressen und verzweifelten Durchhalteparolen verteidigen lassen. Doch<br />

langfristig ist die schlichte Warnung vor <strong>den</strong> jeweils regieren<strong>den</strong> „Totengräbern des<br />

<strong>Sozialstaat</strong>s“ nicht politikfähig. Zunehmend wird sich daher <strong>Sozialpolitik</strong> nicht auf die<br />

Verteidigung der historischen Errungenschaften der bestehen<strong>den</strong> Sicherungs- und<br />

Fürsorgesysteme beschränken können. Zukunftsfähige <strong>Leitbild</strong>er für <strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong><br />

müssen die Menschen für <strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong> und seine Ziele einnehmen, müssen ein<br />

begeisterungswürdiges Bild der angestrebten sozialpolitischen Ordnung der<br />

Gesellschaft zeichnen, müssen Sympathien wecken und Unterstützung mobilisieren.<br />

Aktiv streiten wer<strong>den</strong> die Bürgerinnen und Bürger für einen <strong>Sozialstaat</strong> – und vermutlich<br />

nur für einen <strong>Sozialstaat</strong> –, dessen Leistungsangebote sie als problemangemessen und<br />

lebensnah wahrnehmen und dessen Institutionen sie als Materialisierung ihrer<br />

Bereitschaft zu wechselseitiger Hilfe und Unterstützung, als Ausdruck ihrer gemeinsam<br />

geteilten Gerechtigkeitsvorstellungen, erleben.<br />

3.8. Der <strong>Sozialstaat</strong> hat auch für die Gewerkschaften tragfähig zu sein<br />

Politisch hat ein <strong>Leitbild</strong> für <strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong> nur dann eine Chance auf Wahrnehmung<br />

und Umsetzung, wenn sich auch die Gewerkschaften dieses Bild „aneignen“, es sich<br />

programmatisch zu eigen machen können. Diese Anforderung hat zwei unterschiedliche<br />

Aspekte: Erstens muss auch in Zukunft der <strong>Sozialstaat</strong> <strong>den</strong> besonderen Bedarf der<br />

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nach sozialstaatlicher Bearbeitung ihrer typischen<br />

und kollektiven Risiken decken. Vollkommen unabhängig vom gewachsenen<br />

Wohlstandsniveau ist die gemeinsame Absicherung ihrer besonderen Risiken über <strong>den</strong><br />

<strong>Sozialstaat</strong> Bedingung dafür, dass sie ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt dauerhaft<br />

„zur Verfügung stellen“ und unter <strong>den</strong> Bedingungen der Erwerbsarbeit wie alle anderen<br />

Bürgerinnen und Bürger auch als selbstbestimmte Menschen leben können. Der Umbau<br />

des bestehen<strong>den</strong>, auf die Erwerbsarbeit hin zentrierten <strong>Sozialstaat</strong>s darf die<br />

Arbeitnehmer zudem nicht überfordern: Benachteiligungen, besondere Belastungen<br />

oder <strong>Ein</strong>schränkungen von erkämpften „Besitzstän<strong>den</strong>“ müssen ihnen gegenüber<br />

gerechtfertigt wer<strong>den</strong> können.

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