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Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

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3. Der Umbau des deutschen <strong>Sozialstaat</strong>s: Beurteilungskriterien<br />

sozialpolitischer Gestaltung<br />

Angesichts ihrer Leistungsmängel, Finanzierungsprobleme und Gerechtigkeitsdefizite<br />

kann die Verteidigung der bestehen<strong>den</strong> Sicherungs- und Fürsorgesysteme als<br />

sozialpolitische Strategie nicht überzeugen. Genauso wenig aber verfängt – je<strong>den</strong>falls<br />

analytisch – auch die radikalisierte <strong>Sozialstaat</strong>skritik mit ihrer Strategie der<br />

sozialstaatlichen Demontage. Gegen entfesselte Kritiker und wohlmeinende Bewahrer<br />

des deutschen <strong>Sozialstaat</strong>s gleichermaßen gilt es daher ein <strong>neues</strong> <strong>Leitbild</strong><br />

sozialstaatlicher Politik zu entwerfen, das <strong>den</strong> unumgänglichen Umbau des<br />

bestehen<strong>den</strong> sozialstaatlichen Institutionensystems politisch zu orientieren und zugleich<br />

<strong>den</strong> fortdauern<strong>den</strong> Bedarf an öffentlicher sozialer Sicherung und Fürsorge – und damit<br />

einen leistungsstarken <strong>Sozialstaat</strong> – gesellschaftlich zu legitimieren vermag.<br />

Bevor wir im nächsten Kapitel ein solches <strong>Leitbild</strong> vorschlagen, wollen wir nunmehr<br />

einige allgemeine, qualitative Kriterien diskutieren, die der kritischen Prüfung dieses<br />

<strong>Leitbild</strong>es – wie auch möglicher Alternativen dazu – dienen können. Allen voran stellen<br />

wir das Kriterium der Problemlösungsfähigkeit; als weitere Kriterien führen wir die der<br />

Komplexität, Akzeptabilität, Finanzierbarkeit, Produktivität, Stabilität und Politikfähigkeit<br />

sowie abschließend das Kriterium gewerkschaftlicher Tragfähigkeit an. Das von uns im<br />

folgen<strong>den</strong> Kapitel für <strong>den</strong> deutschen <strong>Sozialstaat</strong> vorgeschlagene <strong>Leitbild</strong> soll sich an<br />

diesen Kriterien messen lassen können. Die vorab vorgestellten Kriterien gewinnen wir<br />

durch analytische Spiegelung unserer Kritik sowohl an der radikalisierten<br />

<strong>Sozialstaat</strong>skritik wie auch am bestehen<strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong>. Sie überführen somit die<br />

Inhalte unserer Kritik – gleichsam durch Negation der Negation – in positive<br />

Erwartungen und Ansprüche an <strong>den</strong> <strong>Sozialstaat</strong>. Als Spiegelbilder gewonnen, sind die<br />

vorgestellten Kriterien jedoch nicht aus sich heraus gerechtfertigt; sie bedürfen der<br />

ausdrücklichen Begründung. In <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Erläuterungen der acht von uns<br />

postulierten Beurteilungskriterien wer<strong>den</strong> wir deren Begründung zumindest in ersten<br />

Ansätzen mitliefern.<br />

3.1. Der <strong>Sozialstaat</strong> hat problemlösend zu sein<br />

Die Bearbeitung (historisch wechselnder) „sozialer Probleme“ ist die vornehmste<br />

Aufgabe des <strong>Sozialstaat</strong>s. Als sozialer Problemlöser ist er entstan<strong>den</strong>, und nur als<br />

solcher wird er auch in Zukunft Bestand haben können. Diese Aufgabenzuschreibung<br />

sollte nicht <strong>den</strong> Blick dafür verstellen, dass sich der <strong>Sozialstaat</strong> seine sozialen Probleme<br />

in gewisser Weise selbst schaffen kann und auch schafft – sei es, indem er Phänomene<br />

der sozialen Welt politisch erst als Probleme bzw. als sozialstaatlich zu bearbeitende<br />

Probleme definiert oder indem er durch die (effektive oder ineffektive) Bearbeitung<br />

solcher Probleme zur Entstehung von Folgeproblemen beiträgt.

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