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Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

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Mit ihrer Präsenz in <strong>den</strong> Selbstverwaltungen fällt <strong>den</strong> Gewerkschaften gleichwohl nach<br />

wie vor auch entsprechende Verantwortung zu, für deren Wahrnehmung vor allem<br />

sozialrechtliche Kompetenzen vonnöten sind. Vermutlich deshalb legen die<br />

Gewerkschaften ihre <strong>Sozialpolitik</strong> fest – und mehr oder weniger ausschließlich – in die<br />

Hände juristischer Experten.<br />

Gegenüber der radikalen <strong>Sozialstaat</strong>skritik sehen sich die Gewerkschaften<br />

herausgefordert, <strong>den</strong> von ihnen erkämpften und von ihnen nicht zuletzt in <strong>den</strong><br />

Selbstverwaltungen verantworteten Sozial(versicherungs)staat zu verteidigen.<br />

Man verweist dazu auf <strong>den</strong> wirtschaftlichen Wert staatlicher <strong>Sozialpolitik</strong> oder auf deren<br />

Bedeutung für die gesellschaftliche Integration und widersetzt sich mit Vehemenz dem<br />

Angriff auf die kollektive und solidarische Absicherung der typischen Risiken von<br />

abhängig Beschäftigten. Der Abwehrkampf gilt der Privatisierung dieser Risiken und der<br />

damit einhergehen<strong>den</strong> Entsolidarisierung zwischen <strong>den</strong> Arbeitnehmern. Die radikale<br />

<strong>Sozialstaat</strong>skritik führt die bundesdeutsche Gesellschaft, so lautet der Widerspruch aus<br />

<strong>den</strong> Gewerkschaften, zurück in eine endgültig überwun<strong>den</strong> geglaubte Epoche des<br />

Kapitalismus. Grundsätzlich bestätigen die Gewerkschaften zwar auch <strong>den</strong><br />

Reformbedarf bei <strong>den</strong> bestehen<strong>den</strong> Sicherungs- und Fürsorgesystemen. Doch dem als<br />

„Umbau des <strong>Sozialstaat</strong>s“ etikettierten Sozialabbau wollen sie sich widersetzen. Da sich<br />

dieser Widerstand inzwischen auch gegen eine sozialdemokratisch geführte<br />

Bundesregierung richten muss, ist er allerdings zwischen <strong>den</strong> und innerhalb der<br />

Gewerkschaften nicht unumstritten und unterschiedlich massiv. Zumindest einige<br />

Gewerkschaftsfunktionäre lassen sich von der Bundesregierung auch öffentlich davon<br />

überzeugen, dass zur Sicherung der bestehen<strong>den</strong> Sicherungssysteme<br />

kostenreduzierende <strong>Ein</strong>griffe in deren Leistungskataloge unvermeidbar sind. Aber selbst<br />

dann gilt <strong>den</strong> gewerkschaftlichen Akteuren als ausgemacht, dass solche<br />

<strong>Ein</strong>schränkungen möglichst gering sein und die Architektur der sozialen<br />

Sicherungssysteme im Ganzen nicht bedrohen sollen.<br />

Weil auf diese Weise zur Verteidigung der bestehen<strong>den</strong> Sicherungssysteme angetreten,<br />

wer<strong>den</strong> von <strong>den</strong> Gewerkschaften vor allem Finanzierungsprobleme angesprochen.<br />

Dabei wird vorrangig hervorgehoben, dass die Sozialversicherungen durch die<br />

verfestigte Massenarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik einnahmeseitig unter Druck<br />

geraten sind. Entsprechend nachdrücklich betonen die Gewerkschaften die<br />

Notwendigkeit wirksamer Beschäftigungspolitik, um durch höhere Beschäftigtenzahlen<br />

die Beitragseinnahmen und darüber vermittelt das Leistungsvermögen der<br />

Sozialversicherungen zu stabilisieren. Mit <strong>den</strong> Arbeitgebern plädieren die<br />

Gewerkschaften darüber hinaus für die Ausgrenzung vermeintlich<br />

„versicherungsfremder“ Leistungen aus dem Leistungskatalog der Sozialversicherungen<br />

bzw. für deren Finanzierung aus Steuermitteln, in Opposition zu <strong>den</strong> Arbeitgebern<br />

bestehen sie hingegen auf einer konsequenten paritätischen Finanzierung der Beiträge<br />

durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen. In jüngerer Zeit findet sich in <strong>den</strong><br />

Gewerkschaften schließlich auch die als „Bürgerversicherung“ etikettierte Forderung<br />

nach einer Ausweitung der Versicherungspflicht, zumeist auf alle Erwerbspersonen.

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