11.05.2014 Aufrufe

Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

27<br />

Die jeweils mittlere Generation, welche die Menschen mit laufen<strong>den</strong>, eigenständigen<br />

<strong>Ein</strong>kommen umfasst, steht demzufolge in der Verantwortung, für die Alterssicherung der<br />

altersbedingt Nicht-Erwerbstätigen und für die Versorgung und Erziehung der<br />

nachwachsen<strong>den</strong> „Noch-nicht-Erwerbstätigen“ zu sorgen. Auch dieser „Vertrag“<br />

zwischen <strong>den</strong> gesellschaftlichen Generationen beinhaltet aber – was zumeist übersehen<br />

wird – vor allem anderen eine intragenerationelle Pflichtenverteilung: Er definiert nämlich<br />

die gemeinsame Verantwortung der Angehörigen der mittleren Generation für die<br />

Mitglieder der älteren und jüngeren Geburtskohorten und fordert eine gerechte<br />

Verteilung der damit einhergehen<strong>den</strong> intergenerationellen Belastungen innerhalb dieser<br />

Generation. Doch nicht nur hinsichtlich der Kinderversorgung und -erziehung, sondern<br />

auch bei der Alterssicherung wer<strong>den</strong> besagte Belastungen innerhalb der zur<br />

Unterstützung verpflichteten Generation durchaus einseitig verteilt. Obgleich<br />

grundsätzlich alle Bezieher von eigenständigen <strong>Ein</strong>kommen zur Sicherung der Alten<br />

ohne eigenständiges <strong>Ein</strong>kommen verpflichtet sind, wird diese gesellschaftliche<br />

Verpflichtung in der Bundesrepublik, zumindest gegenüber der überwiegen<strong>den</strong> Mehrheit<br />

der Alten, allein <strong>den</strong> Arbeitnehmern übertragen.<br />

Diese asymmetrische Lastenverteilung begründet übrigens nicht nur ein<br />

Gerechtigkeitsdefizit, sondern verursacht die sich weiter zuspitzen<strong>den</strong> Finanzierungsprobleme<br />

bei der Gesetzlichen Rentenversicherung, die dann ihrerseits wiederum<br />

publikumswirksam als Ausdruck des „Scheiterns“ des sozialstaatlichen<br />

Generationenvertrages ausgegeben wer<strong>den</strong>.<br />

Was andererseits das Steueraufkommen als Finanzierungsquelle des deutschen<br />

<strong>Sozialstaat</strong>es (und nicht zuletzt, über <strong>den</strong> massiven Bundeszuschuss zur Gesetzlichen<br />

Rentenversicherung, des besagten Generationenvertrages) anbelangt, so findet in der<br />

Bundesrepublik – obgleich auf das Prinzip der Leistungsfähigkeit verpflichtet – eine<br />

Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit immer weniger statt. Denn erstens wurde und<br />

wird das gesamte Steueraufkommen zunehmend aus <strong>den</strong> Steuern aus abhängiger<br />

Beschäftigung sowie in Form von indirekten Steuern erhoben, wobei die letzteren, also<br />

die Verbrauchssteuern, diejenigen Haushalte relativ stärker belasten, die ihre geringen<br />

oder durchschnittlichen <strong>Ein</strong>kommen zu großen oder ganzen Teilen als Konsum<br />

verausgaben müssen. Zum Teil dramatisch zurückgegangen ist dagegen der Anteil der<br />

Gewinnsteuern, also der <strong>Ein</strong>kommenssteuer auf gewerbliche <strong>Ein</strong>künfte, der<br />

Körperschaftssteuer sowie der Gewerbesteuer. Und auch im Bereich der<br />

<strong>Ein</strong>kommenssteuer sind die Belastungen ungleich verteilt, wer<strong>den</strong> nämlich die<br />

<strong>Ein</strong>kommen von abhängig Beschäftigten deutlich stärker zur staatlichen<br />

Ausgabenfinanzierung herangezogen als die <strong>Ein</strong>künfte von Selbständigen. Neben <strong>den</strong><br />

relativen Verschiebungen zwischen <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Steuerarten hat sich zweitens<br />

der steuerliche Progressionstarif gleichsam zum negativen „Privileg“ von abhängig<br />

Beschäftigten im mittleren <strong>Ein</strong>kommensbereich entwickelt. Sind nämlich die<br />

Arbeitnehmer mit mittleren Löhnen und Gehältern in Folge gestiegener<br />

Nominaleinkommen vom Progressionstarif betroffen, befin<strong>den</strong> sich die höheren<br />

<strong>Ein</strong>kommen vor allem der anderen <strong>Ein</strong>kommensarten in der oberen Proportionalzone<br />

und genießen dort <strong>den</strong> gleichbleiben<strong>den</strong> Spitzensteuersatz.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!