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Ein neues Leitbild für den Sozialstaat - Sozialpolitik aktuell

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Finanzierungsprobleme<br />

Wie jeder Staat, der sich für <strong>den</strong> sozialen Schutz seiner Bevölkerung engagiert, muss<br />

auch der bundesdeutsche <strong>Sozialstaat</strong> die Finanzierung seines Engagements<br />

sicherstellen können – und zwar nicht nur jeweils in der Gegenwart, sondern auch in<br />

einer überschaubaren Zukunft, für die er etwa im Rahmen der Gesetzlichen<br />

Rentenversicherung Leistungsversprechen macht.<br />

Was die Finanzierung über Steuermittel angeht, wurde der bundesdeutsche Staat<br />

politisch auf eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit der Steuerzahler verpflichtet.<br />

Die Finanzierung über die Beiträge zu <strong>den</strong> Sozialversicherungen folgt in erster Linie<br />

dem Solidaritätsprinzip, wobei diese Solidarität nicht primär dem Ausgleich<br />

unterschiedlicher <strong>Ein</strong>kommen, sondern dem Ausgleich ungleichzeitiger Betroffenheiten<br />

dienen soll, und in zweiter Linie dem Äquivalenzprinzip, dem zufolge die zu erwarten<strong>den</strong><br />

Leistungen <strong>den</strong> entrichteten Beiträgen entsprechen sollen. Seit geraumer Zeit wer<strong>den</strong><br />

<strong>den</strong> Bürgerinnen und Bürgern zudem von <strong>den</strong> politisch Verantwortlichen eine möglichst<br />

geringe Steuerbelastung sowie die Stabilität der Sozialversicherungsbeiträge<br />

angekündigt und versprochen. Tatsächlich aber kann der bundesdeutsche Staat die<br />

Finanzierung seiner Sicherungs- und Fürsorgesysteme nicht gewährleisten, weswegen<br />

er – trotz gegenteiliger Ankündigungen – zu Steuer- und (verkappten)<br />

Beitragserhöhungen sowie zur Neuverschuldung greift, vor allem aber seinen<br />

sozialstaatlichen Leistungskatalog reduziert, also seine Leistungen für die Bürgerinnen<br />

und Bürgern <strong>den</strong> defizitären Haushalten anpasst. Beide finanzpolitischen<br />

Bewältigungsstrategien zusammengenommen haben dazu geführt, dass die<br />

Sozialleistungsquote, also der Anteil der Sozialleistungen am Bruttoinlandsprodukt, in<br />

der Bundesrepublik seit <strong>den</strong> 1970er Jahren relativ konstant geblieben ist. Sie liegt seit<br />

Mitte der 1970er Jahre – und seit 1989 in <strong>den</strong> alten Bundesländern – ungefähr bei der<br />

30-Prozent-Marke, gegenwärtig etwas darunter; seit 1998 pendelt sie sich für die<br />

gesamte Bundesrepublik bei etwa 32 Prozent ein. Diese Zahlen verbergen aber die<br />

bestehen<strong>den</strong> Finanzierungsprobleme, sofern die relativ konstanten Sozialleistungsquoten<br />

eben nur durch ebenso konstanten, schrittweisen Leistungsabbau „erkauft“<br />

wer<strong>den</strong> konnten.<br />

Für das sozialstaatliche Finanzierungsproblem ist vor allem die gegenläufige<br />

Entwicklung von Leistungsempfängern auf der einen und Beitragszahlern auf der<br />

anderen Seite ursächlich. Diese Entwicklung wiederum wird vor allem durch zwei<br />

Sachverhalte verursacht, erstens durch die lang anhaltende Massenarbeitslosigkeit und<br />

zweitens durch die deutsche <strong>Ein</strong>igung. Da sich sowohl der Steuerstaat als auch die<br />

Sozialversicherungen in ihrer Finanzierungsbasis auf die <strong>Ein</strong>kommen aus abhängiger<br />

Beschäftigung konzentrieren, hat die Massenarbeitslosigkeit negative Auswirkungen<br />

nicht nur auf die Ausgaben des <strong>Sozialstaat</strong>s, sondern ebenso auch auf dessen<br />

<strong>Ein</strong>nahmen.

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