OSP Report 1_2013 - Olympia Stützpunkt Bayern
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So erklärte Snowboard-Weltmeisterin Isabella Laböck ihren Titel von <strong>2013</strong><br />
kurz und knapp auf ihrer Website. Wir wollten natürlich noch etwas mehr<br />
über die 26-jährige erfahren.<br />
Seit dem 25. Januar <strong>2013</strong> bist Du Weltmeisterin im Snowboard Parallel-<br />
Riesenslalom (nach Heidi Renoth erst als zweite Deutsche). Auf deiner<br />
Website stand darüber zu lesen: „Gut Ding will Weile haben“. Wie war das<br />
gemeint und erzähl doch allgemein noch ein bisschen von diesem Super-<br />
Erfolg, der ja etwas unerwartet kam.<br />
So unerwartet kam er für mich nicht. Ich habe immer schon gesagt gehabt,<br />
dass ich mich gut fühle. Letztlich war ich klar ein wenig frustriert, weil es<br />
bis jetzt noch nie aufgegangen war. Mit meinem Können sollte ich eigentlich<br />
immer unter den ersten Drei landen, das soll nicht arrogant klingen, sondern<br />
selbstbewusst, weil ich weiß was ich es drauf hab und was in mir steckt, aber<br />
sowas ist ja nie planbar. Letztlich bin ich bis dato bei vielen Weltmeisterschaften<br />
vorher an meinen eigenen Erwartungen gescheitert. Diesmal bin ich an das<br />
gesamte Rennen viel lockerer rangegangen. Dazu kamen die widrigen äußeren<br />
Umstände, so dass ich dachte: „Was passieren soll, soll passieren. Hab` einfach<br />
Deinen Spaß und zeig das, was Du kannst.“ Im Nachhinein bin ich fast<br />
wie in Trance gefahren. Ich hatte Spaß, habe mich über jede weitere Runde<br />
gefreut, ohne als Endziel eine Medaille vor Augen zu haben. Eben nur von<br />
Lauf zu Lauf geschaut. Schließlich wird man ja auch älter und reifer :-). Als<br />
ich dann im Finale stand und eine Medaille sicher hatte, habe ich mich da<br />
schon einfach unheimlich darüber gefreut, aber gleichzeitig an die Worte meines<br />
Physios gedacht, der schon öfter zu mir meinte als ich im großen Finale<br />
war: „Es geht noch um etwas. Du kannst auch Gold gewinnen“. Und das wollte<br />
ich dann auch.<br />
Hat sich durch den Titel für Dich persönlich etwas verändert?<br />
Ich bleibe schon weiterhin die Bella und bekomme deswegen keinen Höhenflug.<br />
Für diesen Erfolg habe ich so lange und hart gekämpft. Also freue ich<br />
mich einfach, dieses Ziel "Weltmeistertitel" in meiner sportlichen Karriere erreicht<br />
zu haben. Was ja nicht so vielen vergönnt ist, trotz teils großartiger Karrieren.<br />
Natürlich ist die Aufmerksamkeit jetzt größer, man wird schon anders<br />
wahrgenommen. Momentan schaue ich mir aber alles Mal in Ruhe an und<br />
entscheide dann, was ich wie angreife. Aber es tut schon gut und ist unheimlich<br />
berauschend, eigentlich kann ich es immer noch nicht so ganz glauben.<br />
Gibt der Titel dem Snowboardsport in Deutschland allgemein einen Schub?<br />
Ich hoffe es und wünsche es mir. Wenn man sieht, wie viele WM-Medaillen dieses<br />
Jahr erreicht wurden und davon haben wir, mit nur zwei möglichen Starts,<br />
drei Medaillen abgeräumt, das ist schon Wahnsinn. Wir haben ein deutliches<br />
Zeichen gesetzt, auch unsere Junioren, die seit 2003, bis auf einmal immer<br />
Medaillen errungen haben. Das sollte man sich mal auf der Zunge zergehen<br />
lassen. Wir sind eine tolle spannende Sportart mit einer sehr erfolgreichen<br />
Mannschaft, die es einfach verdient gezeigt zu werden.<br />
Isabella Laböck<br />
„Gut Ding will Weile haben“<br />
Du hast die Medaille deinem verstorbenen Bruder<br />
gewidmet. Warum?<br />
Er war für mich sportlich der Anfang aller Dinge. Er war<br />
mit dem Snowboard unterwegs und die kleine Schwester<br />
hat dann solange gequengelt und wollte das auch<br />
unbedingt, bis schließlich das Snowboard ins Haus<br />
kam, um ja mit ihm unterwegs sein zu können. Schließlich<br />
hat er mich dann zum Skiclub Rosenheim mitgenommen,<br />
wo ich allerdings immer die Kleinste war, aber<br />
ich habe mich durchgesetzt und schnell gezeigt was ich<br />
kann. Ich wollte mir schon damals nicht nachsagen lassen<br />
ich wäre zu langsam und könnte nicht mithalten :-).<br />
Und als er im Dezember 2002 gestorben ist, wurde mir<br />
ein Stück des Lebens rausgerissen. Damals sagte ich<br />
mir: Wenn ich einmal ganz oben stehe und den Moment<br />
genießen darf, genießen wir diesen Moment gemeinsam<br />
und er gehört uns beiden. Es war ein langer und<br />
schwieriger Weg mit vielen Rückschlägen aller Art, aber<br />
ich wollte meine Sportart einfach weitermachen, weil<br />
ich sie liebe. Das hat sich ja letztlich ausgezahlt. Mein<br />
Herz klopft noch immer, denn mit einer Karriere ohne<br />
Medaille wäre ich nicht komplett gewesen. Durch diese<br />
sind viele Träume in Erfüllung gegangen, aber auch viel<br />
Ballast von den Schultern gefallen.<br />
Die Saison 2012/<strong>2013</strong> ist mit dem 6. Platz im Gesamtweltcup,<br />
dem 6. Platz im PSL bei der WM und eben<br />
dem Weltmeistertitel optimal verlaufen. Gibt es dafür<br />
Gründe? Hast du etwa anders trainiert?<br />
Meine Vorbereitung war alles andere als optimal.<br />
Pfingsten bekam ich Rückenprobleme, durfte nur sehr<br />
eingeschränkt trainieren und mein Einstieg auf Schnee<br />
war auch erst sehr spät, um das Risiko zu minimieren.<br />
Insgesamt wusste Keiner, wie es den Winter ausgeht<br />
und kommen würde und ich wusste ebenso wenig, wo<br />
ich stehe im Vergleich zu den anderen. Ich habe allerdings<br />
auch sehr viel Zuspruch erhalten, was mein<br />
Leistungsvermögen betrifft und was unprobiert lassen<br />
bevor es losgeht ist nicht meins. Und zack, in den ersten<br />
Europacups und Weltcups lief es dann richtig super.<br />
Bei der WM hat mir die Kälte fast den Rest gegeben.<br />
Das ganze Setup ist total anders wenn es so unglaublich<br />
kalt ist. Zum Glück war ich (im Nachhinein) mit diesem<br />
Kälteproblem so beschäftigt, dass ich kaum an etwas<br />
Anderes gedacht habe. Schließlich bin ich eben einfach<br />
locker geblieben, was sich ja ausgezahlt hat. Allerdings<br />
wurden aufgrund der Bedingungen die Rückenschmerzen<br />
und meine Fersenprobleme immer schlimmer, die<br />
Ferse musste letztlich sogar während den WM Rennen<br />
betäubt werden, sonst wäre durch die Schmerzen ein<br />
Start nicht möglich gewesen. Das spüre ich natürlich<br />
jetzt doppelt, immer wieder Wahnsinn was für enorme<br />
Belastungen am Ende auf den Körper einwirken. Die<br />
Weltcups nach der WM waren eher verkorkst, der Körper<br />
hätte da schon Erholung gebraucht, aber nur zuschauen<br />
ohne es versucht zu haben, kann ich nicht, das ist wie<br />
Folter. Aber manchmal sollte man definitiv vernünftiger<br />
sein. Man lernt eben nie aus :-).<br />
Wie sind nun die Ziele für die Olympischen Spiele von<br />
2014 und wie stark ist die nationale Konkurrenz auf<br />
dem Weg dorthin?<br />
Um die nationalen Startplätze mache ich mir weniger<br />
Gedanken, weil wir vier Mädels sicher die max. 4 Nationenplätze<br />
rausfahren werden. Wenn ich die DOSB<br />
Norm (zweimal unter die besten 16 oder einmal unter<br />
die besten 8) erfülle, was ja nie selbstverständlich ist,<br />
da immer Dinge passieren können, mit denen Keiner<br />
rechnet. Wenn ich es denn geschafft habe, möchte ich<br />
mit derselben Einstellung nach Sotschi fahren, mit der<br />
Ich bleibe schon<br />
weiterhin die Bella<br />
und bekomme<br />
deswegen keinen<br />
Höhenflug.<br />
Frauen sind ja auch<br />
sehr selbstkritisch,<br />
was das eigene<br />
Aussehen anbetrifft.<br />
ich zur WM gefahren bin "Ich will zeigen was ich kann,<br />
nicht mehr und nicht weniger". Aber es wird definitiv eine<br />
sehr spannende Herausforderung werden, da der Kurs mit<br />
einer Minute Fahrzeit sehr sehr lang ist. Allerdings hat<br />
der Testevent sehr viel Spaß und Lust auf mehr gemacht,<br />
ich möchte dort unbedingt mit von der Partie sein! Das<br />
werden sicher Spiele der Superlative.<br />
Was macht den Reiz dieser Sportart aus?<br />
Zuerst sind wir alle eine große Familie, auch international.<br />
Wenn irgendeiner Probleme hat, helfen wir uns trotz aller<br />
Konkurrenzsituation gegenseitig. Am Start allerdings sind<br />
wir Mann gegen Mann, wieder Konkurrentinnen, was insgesamt<br />
auch das Schöne an der Sportart ist. Dieses sich<br />
miteinander messen, der Speed auf der Piste, das Duell<br />
an sich, das macht Snowboarden aus, obwohl Glück und<br />
Leid extrem nahe beieinander liegen, was für den Kopf<br />
über einen Wettkampftag sehr anspruchsvoll ist.<br />
Hast Du sportliche Vorbilder?<br />
Früher war das mal die leider inzwischen verstorbene Karine<br />
Ruby. Das war eine wirklich beeindruckende Snowboarderin,<br />
die unglaublich viel gewonnen hat und trotzdem<br />
sehr herzlich jedem gegenüber war. Was ich allerdings<br />
INTERVIEW: Isabella Laböck<br />
<strong>OSP</strong> <strong>OSP</strong> 01/13 01/13 <strong>OSP</strong> 01/13<br />
INTERVIEW: Isabella Laböck