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OSP Report 1_2013 - Olympia Stützpunkt Bayern

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14<br />

Erfolgsmodell<br />

Rodeln<br />

Für die bayerischen Rodler war es die mit Abstand<br />

beste Saison seit vielen Jahren, wenn nicht sogar<br />

die erfolgreichste überhaupt. Alle Titel bei den<br />

Weltmeisterschaften in Whistler (CAN), inklusive der<br />

der Teamstaffel, gingen an die Kufencracks aus dem<br />

Leistungszentrum in Berchtesgaden. Das gleiche Bild zeigt<br />

sich beim Blick auf den Gesamtweltcup der Saison <strong>2013</strong>,<br />

auch hier hießen die Sieger Natalie Geisenberger, Felix<br />

Loch und der Doppelsitzer Tobias Wendl und Tobias Arlt.<br />

Felix Loch beim Wechsel<br />

in der Teamstaffel<br />

Aber auch im Nachwuchsbereich waren bayerische Rodler<br />

bei den Juniorenweltmeisterschaften wieder vorne mit<br />

dabei. Anlass genug, dieses augenscheinliche Erfolgsmodell<br />

einmal näher zu betrachten. Wie kommt es, dass sich<br />

speziell im Rodelsport nach der Zeit von Schorsch Hackl<br />

und Barbara Niedernhuber die Erfolgsschiene jetzt wieder<br />

fortsetzt? Dass dies im Kufensport keinen Automatismus<br />

darstellt, zeigen die beiden anderen Disziplinen des Bobund<br />

Schlittenverbands (BSD). Weder im Bobsport noch<br />

bei den Skeletonis ist eine solche internationale Dominanz<br />

bayerischer Athleten auch nur ansatzweise zu erkennen,<br />

obwohl die Ausgangsvoraussetzungen und Mechanismen<br />

sehr ähnlich sind:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Eine Zentralisierung bayerischen Athleten an einem<br />

Bundesstützpunkt ist auf Grund der notwendigen<br />

Infrastruktur für den Kufensport im täglichen Training<br />

mit dem Alleinstellungsmerkmal der Kunsteisbahn am<br />

Königssee leicht möglich.<br />

Hauptamtliche Trainer gibt es in allen Disziplinen.<br />

Für die Materialentwicklung stehen starke Partner wie<br />

die Forschungs- und Entwicklungsanstalt FES sowie aus<br />

der Industrie und Wirtschaft zur Verfügung.<br />

Die trainingswissenschaftliche Betreuung über<br />

die <strong>Olympia</strong>stützpunkte und das Institut für angewandte<br />

Trainingsforschung (IAT) ist nahezu in allen<br />

Kufendisziplinen gleich.<br />

Den bayerischen Athleten des BSD stehen die Behörden<br />

wie die Bundeswehr Sportfördergruppe und die Spitzensportförderung<br />

der Bundes- und Landespolizei offen.<br />

Die Christophorusschulen in Berchtesgaden als Eliteschule<br />

des Sports (EdS) können von allen Nachwuchssportlern<br />

des BSD besucht werden.<br />

Die internationale Konkurrenz ist bei den Rodlern vielleicht<br />

etwas größer als in den anderen beiden Disziplinen.<br />

Natürlich ist der Rodelsport beim Materialaufwand nicht so<br />

kostenintensiv wie der Bobsport. Und auch der Aufwand,<br />

Trainingsgruppe<br />

Sonnenschein:<br />

Geisenberger,<br />

Loch,<br />

Wendl/Arlt<br />

eine Viererbob-Crew international konkurrenzfähig zu<br />

bekommen und zu halten ist sicherlich weit höher als in der<br />

Individualsportart Rodeln. Im Vergleich zum Skeletonsport<br />

spricht die längere olympische Tradition ebenfalls klar<br />

für den Rodelsport. Trotzdem muss es in dieser Disziplin<br />

noch etwas mehr geben, was den Ausschlag für den Erfolg<br />

ausmacht. Ein Argument ist sicherlich, dass Talente im<br />

Vergleich zu den beiden anderen Disziplinen vom Alter<br />

her deutlich früher in die Sportart einsteigen können.<br />

Außerdem sind im Bob- und Skeletonsport überproportionale<br />

grundlegende Schnelligkeitsfähigkeiten im Anschub<br />

am Start notwendig, die die Talentauswahl bereits stark<br />

auf einen gewissen Typ einschränkt. Deshalb rekrutiert<br />

der Bobsport seine Anschieber inzwischen mit wenigen<br />

Ausnahmen in der Leichtathletik.<br />

Der Cheftrainer Rodeln Norbert Loch, der selbst einmal<br />

Landestrainer in <strong>Bayern</strong> war, sieht den Erfolg seiner<br />

Truppe im optimalen Zusammenspiel aller genannten<br />

Faktoren und im Besonderen im täglichen Training in<br />

einer starken Trainingsgruppe begründet, die am Standort<br />

Berchtesgaden zusätzlich von einem besonderen Klima<br />

geprägt sei. Der Name ist Programm, man spricht von der<br />

„Trainingsgruppe Sonnenschein“. Hier trainiere man miteinander<br />

und weil man teilweise in Konkurrenz stehe aber<br />

auch täglich gegeneinander, ohne<br />

den notwendigen Respekt voreinander<br />

zu verlieren. Damit werden<br />

gruppendynamische Prozesse ausgelöst,<br />

die jeden zu einem deutlich<br />

höheren Trainingseinsatz motivieren,<br />

als wenn er gänzlich alleine<br />

trainieren würde. Die Weltspitze<br />

haben alle Athleten im täglichen<br />

Vergleich vor Ort und die Grenzen<br />

nach oben werden dadurch stetig<br />

neu definiert, streng nach dem<br />

Motto „Stillstand ist Rückschritt“.<br />

Bundestrainer<br />

Norbert Loch<br />

Deutsche Meisterin, Europameisterin, Team-<br />

Weltmeisterin, Weltmeisterin und Gesamtweltcup-<br />

Gewinnerin in der Saison 2012/<strong>2013</strong> – Gibt<br />

es eigentlich etwas, dass Du in diesem Winter nicht<br />

gewonnen hast und wie geht denn so was?<br />

Stimmt! Die Saison ist optimal gelaufen! Den genauen<br />

Grund wüsste ich selbst gerne. Natürlich habe ich<br />

vergangenen Sommer und die ganzen letzten Jahre<br />

auf so etwas hingearbeitet, aber dass es so läuft, war<br />

mir zwischenzeitlich selbst ein wenig unheimlich. Ich<br />

dachte immer: „Das gibt`s doch gar nicht“. Natürlich<br />

wachsen mit so einem Lauf die Nervenstärke und<br />

das Selbstvertrauen, aber dass es so gut läuft, konnte<br />

ich selbst nicht so recht glauben. Der WM-Titel<br />

war der Schönste. Es ist schwer zu vergleichen, ob<br />

Gesamtweltcup oder WM-Titel wertvoller sind, aber so<br />

ein WM-Titel, bei dem man auf den Punkt top sein muss<br />

und zwei Läufe super runterbringen muss, ist noch ein<br />

Stückchen wertvoller.<br />

Worauf führst Du Deine Erfolge zurück?<br />

Natürlich versucht man aus alten Fehlern zu lernen,<br />

diese abzustellen oder das Training zu optimieren, aber<br />

das alleine war nicht der Grund für diese tolle Saison.<br />

Ich war körperlich topfit, bin mental stärker geworden,<br />

hatte aber auch teilweise das nötige Quäntchen Glück,<br />

was natürlich auch dazu gehört. Aber eine einzige<br />

Natalie Geisenberger<br />

"Spielerfrau wäre mir zu langweilig"<br />

bestimmte Änderung, auf die ich die Erfolge der Saison<br />

zurückführen kann, gab es nicht. Es hat einfach alles<br />

zusammengepasst.<br />

Was macht Deiner Ansicht nach insgesamt das deutsche<br />

Erfolgsmodell Rodeln aus?<br />

Das sind unterschiedliche Faktoren, man kann es nicht<br />

nur auf einen Punkt reduzieren. Es beginnt mit der<br />

Unterstützung der Arbeitgeber, also z.B. Bundeswehr<br />

oder Bundespolizei. Wenn man neben der täglichen<br />

Arbeit erst spät abends trainieren könnte, sähe alles<br />

schon wieder ganz anders aus. Dann haben wir als einziges<br />

Land der Welt vier Kunsteisbahnen zur Verfügung,<br />

was zu einem viel stärkeren Zulauf an Kindern bzw.<br />

Talenten führt. Durch diese größere Zahl an Talenten<br />

haben wir natürlich auch mehr und dementsprechend<br />

bessere Trainer. Dazu kommt die Stiftung Deutsche<br />

Sporthilfe, die es auch nicht in jedem Land gibt. Es<br />

sind also sehr viele verschiedene Faktoren, die zusammenspielen.<br />

Und letztlich kommt noch der interne<br />

Konkurrenzdruck dazu, den wir schon ab Oktober in<br />

den ganzen Qualifikationswettkämpfen haben. Wenn<br />

man da dabei ist, fährt man eben bereits gegen die<br />

Weltspitze. Und wenn eine jüngere Rodlerin hochkommt<br />

und gegen eine Hüfner, Geisenberger oder<br />

Wischnewski fährt und sich dort irgendwie behaupten<br />

kann, kann sie das international auch.<br />

Auf gewissen Facebook-Seiten ist uns eine ominöse<br />

Trainingsgruppe „Sonnenschein“ aufgefallen. Was hat<br />

es denn damit auf sich?<br />

Hierbei handelt es sich um unsere Trainingsgruppe am<br />

<strong>Olympia</strong>stützpunkt in Berchtesgaden. Wir verstehen<br />

uns untereinander sehr gut und haben jede Menge<br />

Spaß. So entstand auch der Name der gemeinsamen<br />

Facebook-Gruppe.<br />

Das Thema Duale Karriere ist verstärkt in der Diskussion<br />

– Für welchen Weg hast Du Dich entschieden?<br />

Ich bin bei der Bundespolizei, habe dort meine<br />

Ausbildung absolviert und bin momentan freigestellt.<br />

Seitdem versuche ich mich umzusehen, welches<br />

Aufgabenfeld mir innerhalb der Behörde zusagen würde.<br />

Ich habe z.B. schon Praktika bei der Hundestaffel<br />

und der Hubschraubereinheit absolviert, damit ich,<br />

wenn ich mit dem Sport aufhöre schon in etwa weiß,<br />

was ich in Zukunft machen werde.<br />

In deiner Fotogalerie findet man Dich oft neben<br />

FC <strong>Bayern</strong>-Spielern. Wäre Fußball-Nationalspielerin<br />

oder Spielerfrau auch eine denkbare Karriere für Dich?<br />

Die Fotos entstanden für die Münchner<br />

<strong>Olympia</strong>bewerbung 2018. Damals gab es sogar ein<br />

Spiel „Winterstars“ gegen den FC <strong>Bayern</strong>. Spielerfrau<br />

wäre gar nichts für mich, da würde mir sicher sehr<br />

schnell langweilig. Ich brauche Beschäftigung und<br />

Action!<br />

Erfolgsmodell Rodeln<br />

<strong>OSP</strong> 01/13<br />

<strong>OSP</strong> 01/13<br />

Natalie Geisenberger

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