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J O H A N N H E I N R I C H S C H U L Z E ( 1 6 8 7 - 1 7 4 4 ...

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mit Schulze gut bekannt war und zu seinen ersten Biographen zählt, dann müßte die medizinische<br />

Betätigung sogar an vorderster Stelle einrangiert werden. Dreyhaupt notierte jedenfalls, Schulze<br />

sei „nicht nur ein hochgelehrter Medicus, sondern auch ein großer Philologus... der was die<br />

Arabische und die Griechische Literatur anlangt, in Deutschland und vielleicht in Europa seines<br />

gleichen nicht gehabt. ' '<br />

Eine breitbasig angelegte Grundausbildung und ein intensives forscherisches Engagement sicherten<br />

dem Arzt und Altertumswissenschaftler Schulze bereits zu Lebzeiten die Aura des nicht<br />

auf die „heimische" Disziplin beschränkten Polyhistors, ein Attribut, das beispielsweise auch<br />

Albrecht von Haller (1708—1777) zuerkannt wurde, der bis heute fast aequo loco seinen Platz in<br />

der Medizin- und Literaturgeschichte einnimmt. Physik, Chemie und Botanik galten allerdings<br />

gemäß der Vorstellung der Zeit noch weitgehend als Teilgebiete der Medizin; für einen wissenschaftlich<br />

tätigen Artzt war es eine Beschäftigung innerhalb seines Kompetenzbereiches, wenn er<br />

sich mit einer chemischen Aufgabenstellung beschäftigte. Die spätere Absplitterung bestimmter<br />

Teile der angewandten Naturwissenschaften von der Ars medica hat es mit sich gebracht, daß die<br />

diesbezüglichen Leistungen von Ärzten in den Geschichtswerken anderer Disziplinen verankert<br />

sind: wer denkt beispielsweise heute daran, daß der als „Vater der Turbinentechnik" geltende<br />

Johann Andreas Segner (1704—1777) aus Preßburg (Pozsony) von Hause aus Arzt war und<br />

ein medizinisches Ordinariat in Göttingen bekleidete?" Ähnliches trifft für Johann Heinrich<br />

Schulze mit seiner Präsenz in der Geschichte der Photochemie zu; sein Name ist hier mit Experimenten<br />

verbunden, die ihn zum Ahnherren der modemen Photographie werden ließen. 12-14<br />

Bei<br />

Arbeiten mit salzsäurefreier Salpetersäure — bereitet durch das Lösen von Silber und durch das<br />

Abgießen von eventuell abgeschiedenem Silberchlorid und daher letztlich nie ganz frei von Silbernitrat<br />

— fiel Schulze die Lichtempfindlichkeit der Silbersalze mit resultierendem Schwärzungseffekt<br />

auf. 15<br />

Die Forschung nahm dieses Resultat recht schnell zur Kenntnis, so daß Carl Wilhelm<br />

Scheele (1742—1786) nach weiterführenden Experimenten 1775 konstatieren konnte: „Es ist<br />

bekannt, daß die Auflösung des Silbers in Salpetersäure, wenn sie auf ein Stück Kreide gegossen,<br />

und den Sonnenstrahlen ausgesetzt wird, eine schwarze Farbe bewirkt."<br />

Die Zusatzbeschäftigung mit der Experirnentalchemie hätte Schulze demzufolge nach dem Verständnis<br />

des 18. Jahrhunderts noch nicht zum Polyhistor gemacht: Polyhistorismus setzte jenes<br />

„Concerto unitario", setzte die Beherrschung mehrerer sich untereinander nicht verflechtender<br />

Fachgebiete voraus, wie das auch für Haller und Segner galt. 1617<br />

Schulzes ärztliche Zeitgenossen<br />

haben diese Breitspektrigkeit, die seinem medizinischen Grund anliegen keinerlei Abbruch<br />

tat, bereits zu würdigen gewußt. Albrecht von Haller geht in seinen bio- und bibliographischen<br />

Wertungen sogar so weit, daß er unterstellt, Schulze sei der eigentliche Autor von Buchbeiträgen<br />

gewesen, die offiziell unter dem Namen von dessen berühmtem Lehrer Friedrich Hoffmann<br />

(1660—1742) zur Edition gelangten. Speziell von einem der Hoffmannschen Alterswerke<br />

11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

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17<br />

Kaiser, W.: Johann Andreas Segner. Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und<br />

Mediziner, Bd. 31; Leipzig 1977.<br />

Eder, J. M.: Photographische Korrespondenz; Wien 1881.<br />

Eder, J. M.: Quellenschriften zu den frühesten Anfängen der Photographie bis zum 18 Jahrhundert; Hai<br />

le 1913.<br />

Eder, J. M.: Johann Heinrich Schulze. Der Lebenslauf des Erfinders des ersten photographischen Verfahrens<br />

etc. ; Wien 1917.<br />

Cassebaum, H.: Carl Wilhelm Scheele. Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker<br />

und Mediziner, Bd. 58; Leipzig 1982.<br />

Kaiser, W., u. W. Piechocki: Medizin und Polyhistorismus. Wiss. Z. Univ. Halle (Math.-naturwiss.) XXI<br />

(1972), H. 5, S. 51-57.<br />

Duka Zólyomi, N.: Zum Polyhistorismus der Segner-Ära. Wiss. B. Univ. Halle 19H1/36 (T 20), S.<br />

226-223; Halle 1977.

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