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Juli 2013 - ORTSZEIT

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Inklusion Vor Ort<br />

Spezielle Förderung statt<br />

pauschaler Inklusion<br />

Andere Erfahrungen hat Rudolf Mäkler gemacht.<br />

Er ist Vater von zwei Kindern, seine<br />

Tochter Xenia kam mit einer geistigen Behinderung<br />

auf die Welt. Mäkler ist Übungsleiter<br />

und Geschäftsführer des Gemeindesportverbandes<br />

der Gemeinde Bönen (GSV),<br />

Vorsitzender des Reha-Gesundheits-Sports<br />

(RGS) Bönen e.V. und Inklusionsbeauftragter<br />

des Kreis-Sport-Bundes Unna und beschäftigt<br />

sich schon seit 35 Jahren mit dem<br />

Thema Inklusion. Er sagt: „Echte Inklusion<br />

kann es nur in Form von individueller Förderung<br />

geben. Denn wer durch eine Behinderung<br />

einen erschwerten Start ins Leben hat,<br />

braucht spezielle Förderung, um später wirklich<br />

gleichwertiger Teil seines Umfeldes und<br />

der Gesellschaft zu sein.“ Er ist sich sicher,<br />

dass seine Tochter heut nicht in dieser Form<br />

selbständig durchs Leben gehen könnte,<br />

wäre sie nicht in einer Förderschule intensiv<br />

betreut worden. „Kinder mit geistiger Einschränkung,<br />

die Teil einer pauschalen Inklusion<br />

werden, können nur verlieren. Sie gehen<br />

unter. Dabei sollten sie gefördert werden.<br />

Vor allem durch entsprechend geschulte Pädagogen,<br />

die in qualifizierten Bildungseinrichtungen<br />

tätig sein können, ist eine optimale<br />

Förderung, die ja jeder Schüler erhalten<br />

sollte, gewährleistet. Nur so kann die Voraussetzung<br />

für ein integriertes Leben und damit<br />

für echte Inklusion geschaffen werden.“<br />

Förderschulen in Gefahr?<br />

Um „die beste individuelle Förderung<br />

der Kinder“ geht es auch Jörg-<br />

Martin Jacob. Der 44-Jährige ist seit anderthalb<br />

Jahren Schulleiter der Albert-<br />

Schweizer-Förderschule in Bergkamen.<br />

Und damit Teil des Bildungssystems, das<br />

in Zukunft möglicherweise zum Auslaufmodell<br />

wird. „Denn eins ist klar: Es wird<br />

mit der Zeit Vorgaben vom Land geben,<br />

wie viele Kinder für den Erhalt einer<br />

solchen Schule nötig sind. Geht die<br />

Schülerzahl der Albert-Schweizer-Schule<br />

weiterhin zurück, gehört sie wahrscheinlich<br />

zu denjenigen, die geschlossen<br />

werden müssen“, blickt der Leiter des<br />

Amtes für Schulverwaltung, Weiterbildung<br />

und Sport, Andreas Kray, in die Zukunft.<br />

Angst um ihre Arbeitsplätze haben<br />

Jacob und seine Kollegen als verbeamtete<br />

Sonderpädagogen zwar nicht. Doch<br />

die Entwicklung bereitet ihnen trotzdem<br />

Sorge. „Knackpunkt“ bei einer inklusiven<br />

Beschulung sei vor allem die Größe<br />

der Klassen, so Jacob. Die liege in einer<br />

Regelschule im Schnitt bei 30, „bei uns<br />

sind es zwölf bis 18 Schüler.“ Die Albert-<br />

Schweizer-Schule mit den Förderschwerpunkten<br />

Lernen, Sprache, Emotionale<br />

und soziale Entwicklung ist ein Kompetenzzentrum<br />

für sonderpädagogische<br />

Förderung und damit Teil eines landesweiten<br />

Modellprojektes. Und genau das<br />

läuft höchst wahrscheinlich im kommenden<br />

Jahr aus. Ziel des Projektes ist es, in<br />

enger Kooperation mit Regelschulen „genau<br />

hinzuschauen und dann individuelle<br />

Diagnosen zu erstellen, Beratung und<br />

zusätzliche Förderung anzubieten“, erklärt<br />

der Schulleiter und ergänzt: „Es war<br />

der richtige Weg, den wir mit den Kompetenzzentrum<br />

begonnen haben, um<br />

sich so der Inklusion zu nähern.“ „Inklusion<br />

ist für mich eher ein Idealzustand<br />

und der Begriff wird aus meiner Sicht<br />

inflationär verwendet für eine Sache,<br />

die derzeit bestenfalls Integration ist.“<br />

Für ihn steht anstelle der Inklusion im<br />

großen Stil die individuelle Förderung<br />

im Fokus. Und deshalb stelle die separate<br />

Beschulung von Kindern mit besonderem<br />

Förderungsbedarf kein Widerspruch<br />

zu einer gemeinsamen,<br />

gleichwertigen Gesellschaft dar: „Bei<br />

der Suche nach dem besten Förderort<br />

kann man nicht von Trennung sprechen.<br />

Das Prinzip funktioniert genauso<br />

wie die getrennte Beschulung von<br />

Gymnasiasten und Realschülern.“<br />

Ortszeit <strong>Juli</strong> <strong>2013</strong> 9

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