Gutachten zur Baugrubensicherung/Unterfangung Haus Nr. 13
Gutachten zur Baugrubensicherung/Unterfangung Haus Nr. 13
Gutachten zur Baugrubensicherung/Unterfangung Haus Nr. 13
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Dr. Ekkehard Petzold Weissenburgstr.14, D 48151 Münster<br />
Sachverständigenbüro Tel. (+49) 0251 - 791890, Fax - 77178<br />
Erkundung-Bewertung-Sanierung von Umweltschäden<br />
Umnutzung von Industrie-, Gewerbe-, Wohnstandorten<br />
Email: petzolde@uni-muenster.de<br />
Dr. Petzold, Weissenburgstr.14, D 48151 Münster<br />
Anwohnergemeinschaft<br />
Celler Str. / Braunschweiger Str.<br />
Frau Majer<br />
Celler Str. 14<br />
28206 Bremen Münster, 11.6.20<strong>13</strong><br />
Vorgang:<br />
Bauherr:<br />
Mein Auftrag:<br />
Bauvorhaben Bunker Braunschweiger Strasse 17-19, Bremen<br />
Architekt Mielke (und Partner) / F48 GbR, 28209 Bremen (genaue<br />
Daten sind ggf. nach<strong>zur</strong>eichen)<br />
Prüfung der geplanten Baumassnahmen (mit Bestands-Abriss)<br />
auf Umweltverträglichkeit, Risiken und Durchführbarkeit<br />
Auftraggeber: Anwohnergemeinschaft Celler Str. / Braunschweiger Str.<br />
Hier:<br />
Meine Bewertung von:<br />
STA-KON Ing. Büro, 27.5.20<strong>13</strong>: Projekt 202-<strong>13</strong>-BV-Braunschweiger-<br />
Straße. Statische Berechnung: <strong>Baugrubensicherung</strong> / <strong>Unterfangung</strong><br />
<strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong><br />
Dr. Ekkehard Petzold<br />
Von der IHK Münster öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Gewässergefährdungen und Gewässerschäden<br />
Anerkannter Sachverständiger nach § 31a Abs. 3 B II Landesabfallgesetz Nordrhein-Westfalen<br />
Fachkundiger für Ölspurbeseitigung - DWA / Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V., Hennef
Sachverständigenbüro Dr. Petzold. Bunker Braunschweiger Str. Zu: STA-KON: Statische Berechnung. 11.6.20<strong>13</strong>, S. 2<br />
P1<br />
Veranlassung<br />
Die Anwohner-Gemeinschaft legte mir den o.g. „Geotechnischen Bericht“ <strong>zur</strong> Stellungnahme<br />
vor. Die Planung des Bauherrn sieht – soweit aus den mir vorliegenden Unterlagen erkennbar<br />
ist – eine Bebauung vor, die sich an der jetzigen Standfläche des Bunkers orientiert.<br />
Allerdings ist ein direkter Anbau an die Nachbarhäuser geplant, ab Braunschweiger Straße<br />
gesehen: Rechts (westlich) an das <strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong>, links (östlich) an das <strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. 25. Das <strong>Haus</strong><br />
<strong>Nr</strong>. <strong>13</strong> hat ein Alter von geschätzt 100 Jahren, das <strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. 25 ein Alter von etwa 5 Jahren.<br />
Aus dem zuvor vorgelegten „Geotechnischen Bericht“ liegen bereits diese Grunddaten vor:<br />
Das Bunker-Grundstück steigt von der Straßenseite (Braunschweiger Str.) von NN+6,4 m bis<br />
<strong>zur</strong> Bunker-Rückseite auf NN+7,2 m an. Die Bunker-Unterkante liegt ca. 1,7 m unter<br />
Straßenniveau, und damit bei NN+4,8 m.<br />
P2<br />
Mögliche Gefährdungen durch Trägerbohlenwand<br />
Auf S. 5 sagt STA-KON aus, dass eine „unmittelbare gefährdete Bebauung“ im rückwärtigen<br />
Bereich nicht vorhanden sei. Zwar sind dort die Häuser etwa 8 - 10 m oder mehr entfernt,<br />
aber es ist dennoch zu beachten bzw. möglichweise betroffen:<br />
- Hochwüchsige und/oder alte Bäume.<br />
- Vegetation in den Gärten<br />
- Boden und Bodenwasser<br />
- Gebäude der Celler Straße (zumindest mittelbar).<br />
Es gibt bei STA-KON keinen Hinweis darauf, welche Abstände die Trägerbohlenwand von<br />
den Grundstücksgrenzen einhalten muß, um den genannten Bestand nicht zu gefährden.
Sachverständigenbüro Dr. Petzold. Bunker Braunschweiger Str. Zu: STA-KON: Statische Berechnung. 11.6.20<strong>13</strong>, S. 3<br />
Insbesondere bei altem Baumbestand können Erdbohrungen irreversible Schäden am<br />
Wurzelwerk anrichten, mit nachfolgendem Absterben des Baumes. Eine schnelle<br />
Ersetzbarkeit des so zerstörten Baumes ist nicht gegeben. Bekanntlich sind Bäume ab<br />
einem gewissen Alter auch mit hohem Aufwand nicht mehr umzupflanzen. Ein monetärer<br />
Ausgleich kann keinen Ersatz für die Zerstörung alten Baumbestands bieten.<br />
P3<br />
Trägerbohlenwand: Einfluß auf Bodenwasser und Bodenluft<br />
Eine Trägerbohlenwand ist nicht dicht gegen zusickerndes Wasser und auch nicht dicht für<br />
den Austausch von Bodenluft. Insofern ist bei grenznaher Errichtung der Trägerbohlenwand<br />
nicht zu vermeiden, dass Bodenwasser durch Schlitze der Wand von den<br />
Nachbargrundstücken in die Baugrube des Bunkergrundstücks tritt, wobei feine<br />
Bodenpartikel mit ausgespült werden können. Eine irreversible Änderung der<br />
Bodenwasserverhältnisse, der Bodenschichtung und der Bodenstabilität in den<br />
benachbarten Gärten ist dadurch nicht auszuschließen.<br />
Auch wenn hier keine klassische Grundwasserhaltung erforderlich wird, weil der übliche<br />
Grundwasserstand deutlich unter der Baugrubensohle des Neubaus liegt, bleiben trotzdem<br />
einige Aspekte zu beachten: Bei anhaltenden Regenfällen läuft Wasser der Baugrube zu,<br />
auch durch Spalten in der Trägerbohlenwand. Dadurch kann es unter den Gärten und auch<br />
unter den Gebäuden durch die nunmehr erleichterte Entwässerung in die Baugrube zum<br />
Gleiten von Bodenschichten kommen, und damit zu Instabilitäten im Baugrund der Häuser in<br />
der Celler Straße. Im Gefolge des instabilen Untergrunds können Risse in den Häusern<br />
entstehen. Derartiges ist bekannt, wenn Baugruben entwässert werden, und dadurch dem<br />
Boden außerhalb der Baugrube das Bodenwasser entzogen wird.<br />
Der durch die Trägerbohlenwand und die ausgehobene Baugrube möglich werdende<br />
Austausch der Bodenluft kann ebenfalls dazu führen, dass Vegetation abstirbt. Viele<br />
Pflanzen reagieren bei freigelegten Wurzeln und Luftkontakt mit irreversiblen Ausfall-<br />
Erscheinungen.
Sachverständigenbüro Dr. Petzold. Bunker Braunschweiger Str. Zu: STA-KON: Statische Berechnung. 11.6.20<strong>13</strong>, S. 4<br />
Richtigerweise fordert STA-KON auf S. 9 oben: „Geräte bzw. Baulasten aus der<br />
Baumaßnahme sind hier NICHT zulässig, da dieser Bereich nicht zum Grundstück<br />
zugehörig“.<br />
Diese Forderung gilt sinngemäß, wenn es um die oben angesprochenen Einwirkungen und<br />
Veränderungen am Boden der Nachbargrundstücke geht: Diese Einwirkungen und<br />
Veränderungen sind sicher auszuschließen.<br />
Dazu ist ein ausreichender Abstand der Trägerbohlenwand von der Grundstücksgrenze zu<br />
fordern, den ich hier vorläufig mit mindestens 2 m ansetzte – was etwa dem Achsabstand<br />
der Bohlträger entspricht.<br />
Es ist zu berücksichtigen, dass allein schon der Bohrlochdurchmesser für die Bohlträger 0,6<br />
m betragen soll. Ausreichende Sicherheitsabstände zu den Nachbargrundstücken sind daher<br />
unbedingt vorzusehen.<br />
Hinweise oder Vorgaben dazu finden sich im STA-KON-<strong>Gutachten</strong> nicht.<br />
Auch gibt es keine Hinweise über Verbleib oder Entfernung der Bohlträger nach Abschluß<br />
der Baumaßnahme bzw. des Kellergeschosses.<br />
P4 <strong>Unterfangung</strong> Nachbargebäude (<strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong>)<br />
Auf S. 25 weist STA-KON darauf hin, dass das <strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong> wesentlich früher erstellt wurde.<br />
Es dürfte etwa 100 Jahre alt sein. Eine Freischachtung <strong>zur</strong> Erkundung des Fundaments<br />
wurde im Zuge der Baugrund-Erkundung durchgeführt. Es ist zu bedenken, dass diese<br />
Freischachtung nur einen kleinen Ausschnitt des Fundaments der Giebelseite darstellt.
Sachverständigenbüro Dr. Petzold. Bunker Braunschweiger Str. Zu: STA-KON: Statische Berechnung. 11.6.20<strong>13</strong>, S. 5<br />
Bei Gebäuden dieses Alters kann nicht davon ausgegangen werden, dass das gesamte<br />
Fundament identisch ausgeführt wurde – was bei den auf kurzer Distanz stark wechselnden<br />
Bodenverhältnissen durchaus plausibel ist. Die Baugrund-Untersuchung hat diese stark<br />
wechselnden Bodenverhältnisse bestätigt.<br />
Desweiteren ist nicht erkundet, ob sich das Fundament der bunkerseitigen Giebelseite von<br />
den Längsfundamenten (Straßenseite, Gartenseite) unterscheidet. Sollten Unterschiede<br />
bestehen, würde dies Änderungen bei der <strong>Unterfangung</strong> erfordern, wozu beispielsweise<br />
auch eine Vergrößerung der Baugrube in den Vorgarten hinein und in den rückwärtigen<br />
Garten des <strong>Haus</strong>es <strong>13</strong> erforderlich werden könnte.<br />
Insofern beruhen die STA-KON-Aussagen <strong>zur</strong> vorgesehenen Unterfang im wesentlichen auf<br />
Annahmen, die auf einer – aus meiner Sicht un<strong>zur</strong>eichenden – Erkundung mittels nur einer<br />
Freischachtung etwa in Giebelmitte beruhen.<br />
Fazit <strong>zur</strong> <strong>Unterfangung</strong> von <strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong><br />
Bei der geplanten <strong>Unterfangung</strong> sehe ich erhebliche Unwägbarkeiten und Risiken für das<br />
<strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong>.<br />
P5 Belastung der <strong>Unterfangung</strong> durch Neubau-Fundament (<strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong>)<br />
Nicht angesprochen hat STA-KON einen nicht auszuschließenden „Kippeffekt“:<br />
Die STA-KON-Zeichnung auf S. 30 zeigt das neu auszuführende „Betonfundament<br />
unbewehrt“, welches eine Aushubtiefe von ca. 50 cm unter dem alten Fundament des<br />
<strong>Haus</strong>es <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong> erfordert. Die Sohle dieser <strong>Unterfangung</strong>sbaugrube dürfte dann etwa bei NN<br />
+ 4,0 m liegen, mithin in einem Bereich, wo zumindest an der Ostseite des Bunkers breiige<br />
und instabile Schichten erbohrt wurden.
Sachverständigenbüro Dr. Petzold. Bunker Braunschweiger Str. Zu: STA-KON: Statische Berechnung. 11.6.20<strong>13</strong>, S. 6<br />
Zwar wurden in der Bohrung an der Bunker-Westseite diese Schichten nicht gefunden, aber<br />
die instabilen Schichten sind an der Westseite des Bunkers grundsätzlich nicht auszuschließen.<br />
Die Erkundungsdichte an der Bunker-Westseite dürfte u.U. un<strong>zur</strong>eichend sein.<br />
Die Unterkante der geplanten Neubau-Gründungsplatte liegt nach der STA-KON-Zeichnung<br />
(S. 30) um 82 cm höher (ab Sohle <strong>Unterfangung</strong>sbaugrube), und liegt damit auf der linken<br />
Hälfte (ab Straße gesehen) des neuen Betonfundaments auf.<br />
Grundsätzlich bleibt offen, ob die seitlich auf dem <strong>Unterfangung</strong>sfundament aufliegende<br />
geplante „Neubaugründungsplatte“ einen negativen Einfluß auf das Fundament des <strong>Haus</strong>es<br />
<strong>Nr</strong>. <strong>13</strong> haben kann, insbesondere dann, wenn das <strong>Unterfangung</strong>sfundament auf - hier nicht<br />
auszuschließenden - breiigen und instabilen Bodenschichten steht.<br />
Hier sehe ich ein Risiko für das <strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong>, was durch die bisher vorliegenden<br />
Untersuchungen nicht ausgeschlossen wurde.<br />
P6<br />
Fazit<br />
Folgende Risiken durch Bunkerabbruch mit nachfolgendem Anlegen der Baugrube sind zu<br />
beachten:<br />
a) <strong>Unterfangung</strong> <strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong><br />
b) Gärten der Häuser Celler Straße<br />
c) Instabiler Untergrund unter den Häusern Celler Straße<br />
Risiken und Schäden für die Nachbar-Bebauung und die Nachbargrundstücke müssen im<br />
Vorfeld jeglicher Bauaktivitäten sicher ausgeschlossen werden, weil ansonsten die<br />
Genehmigungsfähigkeit in Frage steht.<br />
Diese Risiken mögen abschließend nochmals kurz skizziert werden:
Sachverständigenbüro Dr. Petzold. Bunker Braunschweiger Str. Zu: STA-KON: Statische Berechnung. 11.6.20<strong>13</strong>, S. 7<br />
Zu a) <strong>Unterfangung</strong> <strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong><br />
Auf S. 33 gibt STA-KON abschließend einen wichtigen Hinweis: „Die <strong>Unterfangung</strong> eines<br />
bestehenden Gebäudes bedarf der Zustimmung der Eigentümer“. Derartiges sollte aus<br />
meiner Sicht analog auch dann gelten, wenn Baugruben und Trägerbohlenwände nahe an<br />
Grundstücksgrenzen errichtet werden sollen.<br />
Zu b) Gärten der Häuser Celler Straße<br />
Es sind nicht nur Schäden an Gebäuden (hier insbesondere <strong>Haus</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>13</strong>, und Celler Straße)<br />
sicher auszuschließen, sondern auch Schäden durch Veränderung der Wasserführung im<br />
Boden im Gefolge der Baugrubeneinrichtung. Dies betrifft u.a.:<br />
- Alten und hohen Baumbestand,<br />
- Vegetation und Gärten,<br />
- Boden und Bodenwasserverhältnisse.<br />
Zu letzterem dürfte das Bundesbodenschutzgesetz beizuziehen sein.<br />
Zu c) Instabiler Untergrund unter den Häusern Celler Straße<br />
Ein wichtiger Aspekt ist bisher in den <strong>Gutachten</strong> nicht betrachtet worden:<br />
Durch die nicht wasserdichte Trägerbohlenwand kann es zum verstärkten Entwässern des<br />
Untergrunds unter den Gärten und Häusern der Celler Straße kommen, z.B. nach<br />
anhaltenden Niederschlägen. Die Veränderung des Bodenwasserhaushalts kann zum<br />
Gleiten bindiger und/oder breiiger Bodenschichten führen, was Rissen in den Häusern der<br />
Celler Straße <strong>zur</strong> Folge haben kann. Die genannten bindigen und breiigen Bodenschichten<br />
wurden im Bereich des Bunkers erbohrt. Die Distanz zwischen Baugrube und Häusern liegt<br />
oft nur bei 8 – 10 m.<br />
Derartige Vorgänge und Bauschäden sind mir aus Baugruben mit Wasserhaltungen bekannt.<br />
Es bleibt zu prüfen, ob die vorgesehene Baugrube (und damit die Gesamt-Baumaßnahme)<br />
trotz der dargestellten Probleme durchführungsfähig und genehmigungsfähig ist.<br />
Dr. Ekkehard Petzold