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zfo 2 2002 Freimuth Hauck Asbahr - Org-Portal.org

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Erfahrungsbericht<br />

Joachim <strong>Freimuth</strong>/Otmar <strong>Hauck</strong>/Tomke <strong>Asbahr</strong><br />

<strong>Org</strong>anizational Memory und<br />

betriebliche Wissensstrukturen<br />

Dargestellt am Beispiel von Teams in einer industriellen<br />

Fertigung<br />

Prof. Dr. rer. pol. Joachim <strong>Freimuth</strong><br />

ist Hochschullehrer an der Hochschule<br />

Bremen und Berater<br />

Dipl.-Ing. Otmar <strong>Hauck</strong> ist Leiter<br />

des Cost-Centers Montage<br />

der Volkswagen AG in Wolfsburg<br />

Dipl.-Bw. Tomke <strong>Asbahr</strong> ist freie<br />

Mitarbeiterin in der Beratung von<br />

Prof. <strong>Freimuth</strong><br />

96<br />

Die Grundlage für unsere Darstellung<br />

beruht auf der Evaluation<br />

eines Prozesses zur Einführung<br />

von Teamarbeit in einer<br />

Automobilmontage. Das Ziel der<br />

Team<strong>org</strong>anisation war u.a. die<br />

Verbreiterung und Entpersonalisierung<br />

der betrieblichen Wissensbasis.<br />

Das Erkenntnisinteresse<br />

unserer Evaluation richtete<br />

sich darauf, welche spezifischen<br />

Wissensstrukturen sich in<br />

den Teams im Verlaufe der Zeit<br />

herausbilden. Neben dem fachlichen<br />

Wissen unterscheiden wir<br />

dabei zwischen Prozeß- und<br />

Kontextwissen sowie dem Beziehungswissen.<br />

Die zweite Frage<br />

war, wie dieses Wissen, wenn<br />

es nicht mehr Monopol von Individuen<br />

ist, gespeichert und wie<br />

darauf zugegriffen wird. Wir versuchen<br />

zu zeigen, daß sich in<br />

jedem Team ein kollektives<br />

Gedächtnis bildet, in dem ihr<br />

Wissen und ihre Erfahrungen<br />

aufgehoben ist. Die Mitglieder<br />

greifen darauf für die Bewältigung<br />

von Problemsituationen<br />

jeweils zurück. Entscheidend für<br />

den Zugriffserfolg ist die Kommunikationsfähigkeit<br />

der Gruppe.<br />

Wir stellen dar, welche<br />

Struktur solche kollektiven Gedächtnisse<br />

haben und wie sie im<br />

Arbeitsprozeß ihre Wirksamkeit<br />

entfalten.<br />

Rahmenbedingungen im Projekt<br />

In der von uns untersuchten<br />

Montage haben die Teams eine<br />

durchschnittliche Größe von ca.<br />

20 Mitarbeitern, sind also recht<br />

groß. 1 Da sie zudem an getakteten<br />

Fließbändern arbeiten, ist der<br />

Spielraum für Kommunikation<br />

und Kooperation durch die Taktzeit<br />

und die sukzessive Anordnung<br />

der Arbeitsplätze beschränkt.<br />

2 Die Teams werden von<br />

sog. Teamkoordinatoren geleitet.<br />

Sie sind prinzipiell von der Bandarbeit<br />

freigestellt, d.h. sie springen<br />

lediglich ein, wenn Engpässe<br />

entstehen. Ihre Rolle besteht darin,<br />

als Moderatoren und Koordinatoren<br />

den Teamprozeß voranzutreiben.<br />

Sie greifen Probleme<br />

auf, kümmern sich um Verbesserungsvorschläge<br />

oder die Qualifizierung<br />

der Gruppenmitglieder.<br />

Sie werden von der Gruppe für<br />

einen Zeitraum vom 6 Monaten<br />

gewählt, wobei die Wiederwahlquote<br />

mittlerweile bei ca. 90%<br />

liegt, d.h. diese Rolle hat eine<br />

deutliche Stabilität und Akzeptanz<br />

gewonnen. Sie sind dem<br />

Team nicht disziplinarisch v<strong>org</strong>esetzt,<br />

das ist nach wie vor Teil der<br />

Rolle der Meister. Wesentliche<br />

Unterstützung bekommen die<br />

Teams, Koordinatoren und die<br />

Führungskräfte durch die hauseigenen<br />

Prozeßbegleiter. Sie sind<br />

interne Berater, führen etwa die<br />

<strong>zfo</strong> 71. Jg. (<strong>2002</strong>), Heft 2, Seite 96 – 104


Erfahrungsbericht<br />

Qualifikationen und Erfahrungsaustauschkreise<br />

durch, sind in den<br />

Teamkoordinatoren-Meetings anwesend<br />

und stehen vor allem<br />

immer wieder auch informell bei<br />

Problemen und Konflikten als<br />

Gesprächspartner, Vermittler und<br />

Coaches zur Verfügung. 3<br />

Vom Expertenmodell<br />

zum Team als Nukleus<br />

der Wissensentwicklung<br />

In der traditionellen Automobilfertigung<br />

waren Fertigungsingenieure,<br />

Techniker und Meister die<br />

Repräsentanten der operativen<br />

betrieblichen Wissensbasis. 4 Die<br />

Wissensbasis war individualisiert<br />

und sie bestand aus partiellen<br />

Monopolen, die ihnen Kontrolle<br />

und Macht ermöglichten. Insbesondere<br />

die Meister beherrschten<br />

aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen<br />

fast jeden Handgriff,<br />

kannten nahezu alle Werkzeuge<br />

oder Maschinen, waren in der<br />

Lage, die Kapazitäten und Möglichkeiten<br />

der Anlagen und<br />

schließlich die Kompetenzen der<br />

ihnen zugeordneten Mitarbeiter<br />

weitgehend einzuschätzen. Durch<br />

ihre Rolle in der betrieblichen<br />

Hierarchie verfügten sie schließlich<br />

auch über Kenntnisse von<br />

strategischen Zusammenhängen,<br />

die sie ihren Mitarbeitern gleichfalls<br />

voraus hatten. Im Gegensatz<br />

zu der klassischen betrieblichen<br />

Hierarchie verfügten die Mitarbeiter<br />

in der arbeitsteiligen Struktur<br />

lediglich über sehr wenig<br />

Erfahrungsmöglichkeiten. Der<br />

Sinn der tayloristischen <strong>Org</strong>anisation<br />

bestand nicht zuletzt darin,<br />

diese Ausschnitte zu verkleinern<br />

und sie dadurch optimal beherrschbar<br />

und kontrollierbar zu<br />

halten.<br />

Je komplexer Produkte und die<br />

ihnen entsprechenden Fertigungsprozesse<br />

aber werden, um<br />

so risikoreicher sind individuelle<br />

Wissensmonopole für das Unternehmen.<br />

Sie entwickeln sich<br />

schnell zu systematischen Engpässen,<br />

man erkennt Risiken oder<br />

Fehler zu spät und sie verschleppen<br />

sich. Darüber hinaus bleibt<br />

viel Wissenspotenzial ungenutzt.<br />

Im Gegensatz dazu machte die<br />

japanische Automobilindustrie<br />

Anfang der 90er-Jahre mit einer<br />

ganz anderen Konzept des betrieblichen<br />

Wissensmanagements<br />

auf sich aufmerksam, in dessen<br />

Zentrum die Gruppenarbeit stand.<br />

Das betriebliche Wissen wird hier<br />

nachhaltiger in den exekutiven<br />

Bereichen aufgebaut und gezielt<br />

auf mehrere Köpfe verteilt. 5 Seit<br />

einigen Jahren wird mit solchen<br />

Modellen auch in den westlichen<br />

Industrien gearbeitet. 6<br />

Wissensstrukturen in Teams<br />

Nach unseren Erkenntnissen lassen<br />

sich folgende vier verschiedene<br />

Facetten des Wissens in den<br />

Teams unterscheiden: 7<br />

• Fachliches Wissen – das sind<br />

einerseits Kenntnisse über die<br />

Produkte, über Stoffe, Werkzeuge<br />

und die Anlagen, andererseits<br />

aber auch das spezifische<br />

handwerkliche Können,<br />

das die Gruppenmitglieder<br />

auszeichnet.<br />

• Prozeßwissen – darunter verstehen<br />

wir die Kenntnis von<br />

betrieblichen Zusammenhängen<br />

und Abläufen, die insbesondere<br />

die Sinnhaftigkeit der<br />

eigenen Aufgabenstellung im<br />

Gesamtprozeß verdeutlicht.<br />

• Kontextwissen – das ist das<br />

Verständnis für Visionen, Strategien<br />

und Ziele des Unternehmens<br />

in seinem spezifischen<br />

Wettbewerbsumfeld, aus denen<br />

sich etwa die Bedeutung<br />

betrieblicher Entscheidungen<br />

erschließt.<br />

• Schließlich fassen wir unter<br />

Beziehungswissen die Kenntnisse<br />

über Personen, ihre Vorlieben,<br />

Eigenheiten und Beziehungen<br />

innerhalb und außerhalb<br />

der Gruppe zusammen<br />

sowie ebenfalls die spezifischen<br />

Verhaltensregelwerke<br />

und Normen, die sich innerhalb<br />

und zwischen den Gruppen<br />

herausgebildet haben.<br />

Die Form eines Puzzles, deutet ansatzweise<br />

die Komplexität der <strong>org</strong>anisatorischen<br />

Wissensstrukturen<br />

an (Abb. 1). Allerdings ist diese<br />

Darstellung auch nur eine unvollkommene<br />

Annäherung weil<br />

die einzelnen Wissensfacetten<br />

sich bedingen, sich verändern und<br />

an den Rändern ineinander verschwimmen.<br />

<strong>Org</strong>anisatorisches<br />

Wissen ist weder eine Ansammlung<br />

diskreter Teile, noch ist es<br />

statisch, es ist ein Prozeß. 8<br />

Fachwissen<br />

Die Basis des <strong>org</strong>anisatorischen<br />

Wissens wird zunächst im allgemeinen<br />

auf die spezifische fachliche<br />

Expertise der Mitarbeiter in<br />

den Kernbereichen der betrieblichen<br />

Wertschöpfung reduziert.<br />

Aus der Sicht der Kunden äußert<br />

sich das etwa in den Leistungsmerkmalen,<br />

der Qualität, der<br />

Funktionalität und dem Design<br />

des Produktes. Das fachliche Wissen<br />

in der betrieblichen Wertschöpfung<br />

besteht wiederum aus<br />

unterschiedlichen Komponenten:<br />

• Zunächst natürlich aus dem<br />

spezifischen Wissen und Können,<br />

das aufgrund der formalen<br />

Ausbildung für die Ausübung<br />

der Funktion Voraussetzung<br />

ist, z.B. Mechanik, Werkzeugkenntnisse<br />

oder Qualitätsvorschriften.<br />

Es gehört weitgehend<br />

in den Bereich des expliziten<br />

Wissens, d. h. es ist dokumentierbar<br />

und zu einem gewissen<br />

Grad auch reproduzierbar.<br />

• Es ist aber zugleich auch inkorporiertes<br />

Wissen, das wie<br />

selbstverständlich abgerufen<br />

werden kann, weil es mit den<br />

agierenden Personen eins geworden<br />

ist. Treffsichere Handgriffe,<br />

das Gefühl für Material<br />

und Maschinen oder der gezielte<br />

Einsatz von Werkzeugen<br />

gehören in diesen Zusammen-<br />

97<br />

<strong>zfo</strong> 2/<strong>2002</strong>


Erfahrungsbericht<br />

98<br />

Puffer und<br />

Slacks<br />

Verständnis<br />

der<br />

Gruppenziele<br />

hang. Es gibt detaillierte<br />

Kenntnisse über die Belastungsfähigkeit<br />

und Kapazitäten<br />

der technischen Systeme,<br />

Materialien und Ausstattung.<br />

Die Teammitglieder wissen aus<br />

Erfahrung, wie weit man etwa<br />

über Toleranzen gehen oder<br />

Materialien belasten kann, ohne<br />

Risiken einzugehen.<br />

• Zum fachlichen Wissen gehören<br />

auch grobe Faustregeln<br />

und robuste Wenn/dann-Aussagen,<br />

die sich für die meisten<br />

Fälle bewährt haben. Sie sind<br />

nach den Gesetzmäßigkeiten<br />

von fuzzy logic <strong>org</strong>anisiert, d.h.<br />

sie sind nicht ganz eindeutig<br />

und haben Randunschärfen.<br />

• Das inkorporierte Wissen und<br />

Können und das robuste Regelwerk<br />

ist die Grundlage für<br />

eine spontane Urteilsfähigkeit<br />

und Intuition in Problemsituationen:<br />

›Man weiß eigentlich<br />

immer gleich, wo man suchen<br />

muß, wenn es mal knirscht‹.<br />

Die letzten drei Aspekte sind in<br />

der Sphäre des impliziten Wissens<br />

anzusiedeln. Es gehört damit zum<br />

kollektiven Erfahrungsschatz der<br />

Gruppe, das nicht ohne weiteres<br />

benannt, erklärt oder gar kopiert<br />

Prozeßwissen<br />

Kontextwissen<br />

Abb. 1: Strukturen <strong>org</strong>anisatorischen Wissens<br />

Kooperationsnormen<br />

Ansprechpartner<br />

in<br />

Nachbarfunktionen<br />

Rollen<br />

im Team<br />

Beziehungs-<br />

wissen<br />

Fachwissen<br />

Faustregeln<br />

werden kann. Ein Beispiel für seine<br />

Entstehung verdeutlicht diesen<br />

Aspekt: bei der Installation von<br />

neuen Fensterdichtungen stellte<br />

sich beispielsweise heraus, daß sie<br />

nur ›mit etwas Nachhelfen‹ problemlos<br />

angebracht werden<br />

konnten. Um die nötigen Handgriffe<br />

Regelwerke zu lernen, mußte<br />

erst eine Weile gemeinsam<br />

herum probiert werden, bis sie<br />

richtig saßen. Für die Gruppe<br />

wurden diese Handgriffe und<br />

Regeln zum Gemeingut, auf das<br />

alle selbstredend (!) zurückgreifen<br />

können.<br />

Fachliche Expertise und Können<br />

sind körperlich und sinnlich<br />

mit den Teammitgliedern verbunden.<br />

Sie beherrschen ihr Handwerk<br />

aus dem Handgelenk, sehen<br />

etwa mit einem erfahrenen Blick,<br />

wo Hand angelegt werden muß,<br />

spüren, wenn Material sich anders<br />

als gewohnt anfühlt oder<br />

›riechen Probleme‹, bevor sie manifest<br />

auftreten. Erfahrene Arbeiter<br />

erkennen etwa am Klang von<br />

Materialien, am Geräusch von<br />

Maschinen oder am Lauf von<br />

Motoren, ob sich z.B. eine Unregelmäßigkeit<br />

ankündigt oder ein<br />

Problem entstehen könnte. Sie<br />

verständigen sich dann unterein-<br />

ander nur mit einem kurzem Blick<br />

oder einem Kopfnicken, wissen<br />

ob und wie lange man noch<br />

weitermachen kann bzw. welche<br />

Maßnahme zu ergreifen ist, um<br />

ggfs. ein Problem zu verhindern<br />

oder zu lösen.<br />

Es ist für einen Außenstehenden<br />

nahezu unmöglich, all diese<br />

kleinen und großen Geheimnisse<br />

zu rekonstruieren oder zu dokumentieren.<br />

Man muß Teil dieses<br />

Ganzen sein, es in sich aufnehmen<br />

und aufgenommen werden.<br />

Dieser V<strong>org</strong>ang wird explizit,<br />

wenn – was häufig in den Teams<br />

passiert – neue Mitglieder hinzukommen.<br />

Sie wissen zumeist<br />

intuitiv, wie die Integration prinzipiell<br />

läuft, kopieren schnell<br />

Handgriffe oder V<strong>org</strong>ehensstrategien,<br />

machen sich den Rhythmus<br />

des Teams zu eigen und lernen ihr<br />

spezifisches Vokabular. Natürlich<br />

unterlaufen ihnen Fehler, sie<br />

stocken oder sie sind ratlos. Dann<br />

sind es Kollegen oder Teamkoordinatoren,<br />

die die Situation sofort<br />

erkennen und den neuen Kollegen<br />

nach und nach mit dem<br />

impliziten Wissen der Gruppe<br />

vertraut machen, oft ohne viel<br />

Worte, durch zeigen, dirigieren<br />

oder Führen der Hände, durch ein<br />

kurzes Feedback, ein stummes<br />

Nicken, Schulterklopfen oder ein<br />

aufmunterndes Wort.<br />

Kontextwissen<br />

Dieser Aspekt der <strong>org</strong>anisatorischen<br />

Wissensbasis liefert nach<br />

unseren Beobachtungen auf unterschiedlichen<br />

Niveaus Bezugsrahmen,<br />

vor deren Hintergrund<br />

etwa betriebliche Informationen<br />

oder Entscheidungen sich in einem<br />

größeren und Verständnis<br />

vermittelnden Zusammenhang<br />

erschließen. Ein negatives Beispiel<br />

ist die häufige Unsitte, in<br />

Meetings Zahlenkolonnen zu präsentieren<br />

(sog. ›Folien<strong>org</strong>ien‹),<br />

ohne Bezug zum Erleben und<br />

Verständnishorizont der Zuhörenden.<br />

Die Führungskräfte müs-<br />

<strong>zfo</strong> 2/<strong>2002</strong>


Erfahrungsbericht<br />

sen lernen, sich der Wirkung ihrer<br />

Kommunikation bewußt zu werden,<br />

und besonders auf die Einbettung<br />

von Informationen zu<br />

achten, die sie wie selbstverständlich<br />

weitergeben. In dem Maße, in<br />

dem der Problemhorizont der<br />

Mitarbeiter so schrittweise erweitert<br />

wird, verfügen sie zunehmend<br />

über Bezugssysteme, die<br />

ihnen Orientierung und die Zuordnung<br />

von Einzelheiten in eine<br />

komplexe Matrix erlauben. Im<br />

wesentlichen geht es dabei um die<br />

betrieblichen Ziele, Strategien,<br />

das Wettbewerbsumfeld, aber<br />

auch um den <strong>org</strong>anisatorischen<br />

Kontext.<br />

Im Lichte von sinnstiftenden<br />

Bezugsfeldern erschließen sich<br />

nicht nur betriebliche Informationen,<br />

es können auch auf einer<br />

breiteren Grundlage selbständig<br />

eigene Entscheidungen getroffen<br />

werden. Wenn die groben Zielrichtungen<br />

und ihre betrieblichen<br />

Hintergründe klar und verständlich<br />

sind, lassen sich die einzelnen<br />

Schritte dorthin selbständig<br />

machen. Das ist eine ganz wesentliche<br />

Voraussetzung für die<br />

Entwicklung von dezentraler<br />

Selbststeuerungskompetenz, auch<br />

und gerade auf den exekutiven<br />

Ebenen von <strong>Org</strong>anisationen, wo<br />

die eigentlichen wertschöpfenden<br />

Prozesse angesiedelt sind. 9 Diese<br />

Aufgabe muß top-down vom Management<br />

sehr ernst genommen<br />

werden. In Besprechungen, Meetings<br />

und Präsentationen gibt es<br />

zahllose Gelegenheiten, auf die<br />

Hintergründe von Entscheidungen<br />

einzugehen und nicht nur<br />

beziehungslos Zahlen oder Fakten<br />

›herunterzubeten‹. Häufig<br />

kommt noch hinzu, daß lediglich<br />

Defizite und nicht erreichte Ziele<br />

aufgezeigt werden. Unverständnis<br />

und der Zwang zur Rechtfertigung<br />

gehen dann eine ungute<br />

Allianz ein.<br />

Wir möchten aber noch ein<br />

positives Beispiel erwähnen, in<br />

dem es um das gemeinsame Verständnis<br />

des veränderten Füh-<br />

Geber und Empfänger von Leistungen<br />

in einer Kette. Die Mitarbeiter<br />

sind sich der Konsequenzen<br />

der eigenen Ergebnisse für nachgeordnete<br />

Einheiten bewußt und<br />

nehmen daher auch eher Verantwortung<br />

für sie wahr. Es entsteht<br />

ein tieferer Bezug für das eigene<br />

Tun und die Verpflichtung, sich in<br />

diesen übergeordneten Prozeß<br />

einzufügen. Das ist die Voraussetzung<br />

für eine veränderte Einstellung<br />

etwa zu Fragen der Qualität,<br />

der Pünktlichkeit oder dem Umgang<br />

mit Ressourcen. Wichtig ist<br />

allerdings, daß das Team auch<br />

Rückmeldungen bekommt, wenn<br />

es Probleme in der Kette auslöst.<br />

Der Unterschied wird deutlich,<br />

wenn man sich im Kontrast dazu<br />

die klassischen Fertigungsstrukturen<br />

mit ihrer hochgradigen<br />

Arbeitsteilung betrachtet. Dort<br />

konnte sich Prozeßwissen nicht<br />

nennenswert ausbilden, da die<br />

angestrebten Lernkurven auf die<br />

mengenmäßige Maximierung<br />

von Einzelleistungen ausgerichtet<br />

waren. Die dadurch induzierte<br />

Gleichgültigkeit gegenüber den<br />

Distanzwirkungen des eigenen<br />

Arbeitens äußerte sich in Qualitätsproblemen,<br />

Nacharbeit und<br />

Ausschuß. Aus dieser institutionellen<br />

Verschwendung entstand<br />

zur Bewältigung ihrer Folgen<br />

durch Nachbesserung regelmäßig<br />

eine sog. ›zweite Fabrik‹. Sie<br />

beschäftigte in vielen Industrien<br />

eine Vielzahl von Mitarbeitern,<br />

die – und hier wird die Paradoxie<br />

zur ökonomischen Perversion –<br />

ein genuines Interesse am Fortbestand<br />

dieser Verschwendung haben,<br />

weil sie nachgerade trefflich<br />

davon leben. Teilweise werden sie<br />

sogar besser bezahlt, als in der<br />

Fertigungslinie. Die quantitativen<br />

Dimensionen, über die wir hier<br />

reden, sind mehr als beträchtlich.<br />

11<br />

Zum Prozeßwissen gehört auch<br />

die Abstimmung und Verflechtung<br />

unterschiedlicher Rhythmen<br />

und Geschwindigkeiten zwischen<br />

den unterschiedlichen <strong>org</strong>anisatorungsgefüges<br />

im Betrieb ging.<br />

Ausgangspunkt war ein Konflikt<br />

zwischen einem Teamkoordinator<br />

und einigen Gruppenmitgliedern,<br />

den zufällig ein Abteilungsleiter<br />

mitbekam und auflöste. Er wurde<br />

in einem Meeting zum Anlaß<br />

genommen, um über die Rollen<br />

zu reflektieren. Interessant war<br />

dabei, das Zusammenspiel der<br />

unterschiedlichen Führungstraditionen<br />

zu erleben, die auch in der<br />

Diskussion wieder aufloderten.<br />

Der Abteilungsleiter sah sich sehr<br />

in der klassischen hierarchischen<br />

Rolle, der Teamkoordinator wollte<br />

das Thema dialogisch und auf<br />

Verständnis hoffend lösen. Einer<br />

der Prozeßbegleiter, der das Treffen<br />

als Coach begleitete, machte<br />

auf dieses Spannungsfeld aufmerksam<br />

und nahm es zum Anlaß,<br />

die neue Rolle der Teamkoordinatoren<br />

im Kontext der <strong>Org</strong>anisationsentwicklung<br />

grundsätzlich<br />

zu diskutieren und sie am erlebten<br />

Beispiel zu konkretisieren.<br />

Werden solche Fallbeispiele aufgegriffen,<br />

entsteht situativ mehr<br />

Klarheit, wie diese Rollen gesehen<br />

und zusammen wirken sollen.<br />

Darüber hinaus bilden sie für<br />

künftige Konfliktfelder Referenzen,<br />

an denen man sich gemeinsam<br />

orientieren kann. Kontextwissen<br />

umfaßt somit nicht nur<br />

das Verständnis von betriebswirtschaftlichen<br />

Strategien, sondern<br />

auch das Verstehen der Unternehmenskultur<br />

und Führungsphilosophie.<br />

Es ermöglicht den Mitarbeitern<br />

Antworten auf die Frage<br />

›warum?‹ Es liefert ihnen Begründungszusammenhänge,<br />

die auf<br />

die Identität der <strong>Org</strong>anisation und<br />

ihr Ziele zurückführen.<br />

Prozeßwissen<br />

Darunter verstehen wir das Wissen<br />

über die Einbindung der eigenen<br />

Arbeitsverrichtung und des<br />

eigenen Teams in einen Gesamtprozeß<br />

mit übergeordneten Logiken.<br />

10 Es versteht sich nicht als<br />

vereinzelte Zelle, sondern als<br />

99<br />

<strong>zfo</strong> 2/<strong>2002</strong>


Erfahrungsbericht<br />

100<br />

wand erledigt werden. Funktionsübergreifende<br />

Beziehungsnetzrischen<br />

Akteuren, Teams und Teilfunktionen.<br />

Traditionell sequentielle<br />

Prozesse integrieren und<br />

vernetzen sich, die individuelle<br />

Optimierung muß damit auf die<br />

Optimierung des Ganzen Rücksicht<br />

nehmen. Innerhalb der<br />

Teams ist daher Sichtkontakt sehr<br />

wichtig, damit sich die Akteure<br />

schnell und informell abstimmen<br />

und Rhythmus oder Geschwindigkeit<br />

harmonisieren können.<br />

Taucht etwa ein Fehler auf oder<br />

benötigt ein Mitarbeiter eine kurze<br />

Unterbrechung, kann sich das<br />

Team auf Zuruf verständigen und<br />

sich flexibel darauf einstellen.<br />

Auch bei der Schichtübergabe<br />

wird dieser Aspekt deutlich. Es ist<br />

unumgänglich, daß es dort zeitliche<br />

Überlappungen gibt, um notwendige<br />

Informationen etwa über<br />

besondere Vorkommnisse weiterzugeben<br />

und sich abzustimmen.<br />

Das kollektive Verständnis für den<br />

Prozeß und die in ihm aufgehobene<br />

eigene Rolle im Gefolge von<br />

Teamarbeit verändert das Kommunikations-<br />

und Kooperationsverhalten<br />

nachhaltig. Es werden<br />

unbürokratische Formen der Interaktion<br />

ausgebildet, die notwendige<br />

Informationen schnell an die<br />

Stellen bringen, wo sie gebraucht<br />

werden und Entscheidungen dort<br />

einfordern, wo sie sinnvoll sind.<br />

Beziehungswissen<br />

Arbeitsgruppen sind schließlich<br />

auch soziale Systeme, in denen<br />

individuelle Charaktere zusammen<br />

kommen, Rollen entstehen<br />

und Beziehungsgefüge ausgebildet<br />

werden. Sie entwickeln Normen<br />

und Verhaltensmuster, die<br />

auf das Gruppenklima und die<br />

Arbeitsergebnisse nachhaltig Einfluß<br />

nehmen. Innerhalb der Gruppe<br />

bilden sich Verhaltensroutinen,<br />

die das Arbeiten zu einer<br />

kalkulierbaren Größe machen. Sie<br />

sind Ausdruck ihrer emotionalen<br />

Intelligenz. Sie manifestiert sich<br />

in Form von Kommunikationsmustern,<br />

der Konfliktkultur und<br />

in Formen der sozialen Unterstützung.<br />

Betrachten wir zunächst die<br />

Formen der Kommunikation, insbesondere<br />

der informellen und<br />

zum Teil sprachlosen Kommunikation.<br />

Sie drückt sich etwa darin<br />

aus, daß man sich schnell einigt,<br />

wer in einer Schicht welche Aufgabe<br />

übernimmt. Man weiß z. B.,<br />

wer welche Vorlieben bzw. Kompetenzen<br />

hat oder wer vielleicht<br />

nicht so belastbar ist. Je mehr sich<br />

dieses interne Beziehungswissen<br />

entwickelt, um so weniger muß<br />

die Gruppe auf formale Sitzungen<br />

zurückgreifen und kann Probleme<br />

auf Zuruf lösen. Wir haben<br />

auch schon bei der Erläuterung<br />

des fachlichen Aspektes der Wissensbasis<br />

auf die informelle Kommunikation<br />

etwa beim Auftreten<br />

von Störungen hingewiesen. Eine<br />

erfahrene Gruppe erkennt oft in<br />

wenigen Sekunden, wo der Handlungsbedarf<br />

liegt und sie verständigen<br />

sich dann nur durch kurze<br />

Blicke oder Zurufe. Jeder weiß,<br />

was er zu tun hat und alles geht<br />

Hand in Hand. Die Gruppe befindet<br />

sich sofort wieder in einem<br />

eingeschwungenen Zustand, so<br />

als wäre sie ein Ganzes.<br />

In den Gruppen bildet sich<br />

auch eine robuste und daher<br />

überaus wirksame Feedback- und<br />

Konfliktlösungskultur heraus.<br />

Wenn jemand häufig unpünktlich<br />

oder nachlässig ist oder gar auf<br />

Kosten des Teams agiert, bleibt<br />

das nicht lange unkommentiert.<br />

In der Gruppe wird anfänglich<br />

zunächst vielleicht nur gemurrt,<br />

es kommt zu kurzen Bemerkungen<br />

oder spitzen Kommentaren.<br />

Teamkoordinatoren bekommen<br />

Stimmungen und Stimmungsveränderungen<br />

sehr schnell mit. Es<br />

entwickelt sich dann ein eigener<br />

Stil, damit umzugehen. Einige<br />

s<strong>org</strong>en zum Beispiel sichtbar für<br />

Ordnung und Sauberkeit, gehen<br />

also mit entsprechenden Verhalten<br />

voran, andere sprechen Dinge<br />

direkt an. Es herrscht eine zuweilen<br />

rauhe, aber doch klare Sprache.<br />

Manches wird in den Gruppentreffen<br />

besprochen, im Zweiergespräch<br />

oder zu Dritt oder in<br />

einem Telefonat. Zuweilen wird<br />

der zuständige Meister, der Hallenbetriebsrat<br />

oder der zuständige<br />

Vertrauensmann hinzugezogen.<br />

Niemand darf sich auf Kosten der<br />

Gruppe auf die Dauer Vorteile<br />

verschaffen, sonst entstehen Unzufriedenheiten<br />

und Konflikte.<br />

Der flexibilisierte Arbeitseinsatz<br />

innerhalb einer Gruppe erzeugt<br />

und beruht schließlich auf<br />

einer Kultur des wechselseitigen<br />

Unterstützens und Helfens. Gemeint<br />

ist damit die Bereitschaft,<br />

bei betrieblichen Engpässen oder<br />

persönlichen Unpäßlichkeiten<br />

seine Ressourcen zur Verfügung<br />

zu stellen. Die Teamkoordinatoren<br />

gehen dabei oft mit gutem<br />

Beispiel voran, indem sie bereit<br />

sind, bei Ausfällen aller Art auch<br />

kurzfristig einzuspringen und<br />

Lücken zu vermeiden. Das geht<br />

häufig sogar auf Kosten ihrer Rolle<br />

als Teamkoordinator, dann<br />

wird sie aber ausgenutzt. Hilfreiche<br />

Beziehungen werden in der<br />

Gruppe auch aufgebaut durch die<br />

Einarbeitung neuer Kollegen, die<br />

mit dem neuen Arbeits- und<br />

Gruppenumfeld erst vertraut gemacht<br />

werden müssen.<br />

Beziehungswissen erstreckt<br />

sich schließlich nicht nur auf<br />

Zweier- oder Dreierkonstellationen<br />

im Team oder Themen in der<br />

gesamten Gruppe, sondern auch<br />

auf die Kooperation mit benachbarten<br />

Teams oder technischen<br />

Funktionen, wie etwa Planung<br />

oder Industrial Engineering. In<br />

dem Maße, wie es dem Teamkoordinator<br />

gelingt, Qualitäts- oder<br />

Technikprobleme anzusprechen<br />

und zu lösen, legen sich dort<br />

Skepsis und Vorbehalte. Man<br />

lernt sich kennen und respektieren<br />

und zuweilen reicht dann nur<br />

noch eine kurzer Anruf oder ein<br />

informelles Gespräch und ein<br />

Thema kann ohne großen Auf-<br />

<strong>zfo</strong> 2/<strong>2002</strong>


Erfahrungsbericht<br />

werke dieser Art sind für eine flache<br />

und lernende <strong>Org</strong>anisation<br />

existentiell.<br />

Beziehungswissen in Teams<br />

und der Aufbau von tragfähigen<br />

Beziehungsnetzwerken in <strong>Org</strong>anisationen<br />

bildet soziales Kapital.<br />

Es bezeichnet die Summe von<br />

Beziehungen, die einzelne oder<br />

Gruppen innerhalb von Netzwerken<br />

haben und die es ihnen ermöglichen,<br />

auf Ressourcen zurückzugreifen,<br />

über die sie nicht<br />

verfügen. Und auch umgekehrt ist<br />

es die Voraussetzung dafür, Ressourcen<br />

bereitwillig zur Verfügung<br />

zu stellen, ohne gleich eine<br />

Gegenleistung zu erwarten. Das<br />

können materielle Ressourcen<br />

sein, aber auch Informationen,<br />

Wissen, eingesparte Zeit und<br />

nicht zuletzt Anerkennung oder<br />

soziale Unterstützung. 12 Solche<br />

nachhaltigen Beziehungsnetzwerke<br />

in und zwischen Gruppen<br />

und ihren Angehörigen beruhen<br />

ihrerseits auf Vertrauen und sie<br />

bilden es. In dem Maße, wie sich<br />

Vertrauen entwickelt, kann auf<br />

formale Regelungen, Prozeduren<br />

und äußerliche Zwänge verzichtet<br />

werden, weil die Mitglieder aus<br />

eigenem Antrieb und aufgrund<br />

von gemeinsamen Überzeugungen<br />

sich im Sinne der Normen<br />

verhalten. 13<br />

Kollektives Gedächtnis –<br />

<strong>Org</strong>anizational Memory<br />

Die schrittweise Erweiterung der<br />

Komplexität der in der Gruppe<br />

wahrgenommenen Themen ist ein<br />

inkrementaler Prozeß. Sie gewinnt<br />

mehr und mehr Zutrauen<br />

zu sich, schöpft ihr kreatives<br />

Potential aus und reichert ihre<br />

Erfahrungs-, Wissens- und Wertebasis<br />

an. Dieser wachsende kollektive<br />

Fundus steht der Gruppe<br />

für künftige Problemlösungen<br />

oder weitergehende Verbesserungsvorschläge<br />

zur Verfügung.<br />

Man bezieht sich auf diese<br />

Bestände, man erinnert sich bzw.<br />

sie werden im Dialog rekonstru-<br />

iert und auf die vorliegende Thematik<br />

bezogen, um sie zu lösen.<br />

Die Gruppe verfügt somit über ein<br />

von Führungskräften, Experten<br />

sowie von einzelnen Gruppenmitgliedern<br />

unabhängiges kollektives<br />

Gedächtnis. 14 Die Gruppen<br />

wirken gleichsam wie dezentrale<br />

Speichereinheiten des <strong>org</strong>anisatorischen<br />

Gedächtnisses. Das sind<br />

gegenüber dem Expertenmodell<br />

entscheidende strategische Vorteile:<br />

• Zunächst sind sie unmittelbar<br />

mit der betrieblichen Wertschöpfung<br />

verbunden, sie sind<br />

praktikabel und von der Form<br />

her diesen Prozessen völlig angepaßt,<br />

• sie sind auf mehrere Köpfe<br />

bzw. Hände verteilt, d.h. unabhängig<br />

von einzelnen Experten,<br />

die so nicht mehr als Engpässe<br />

wirken können,<br />

• sie sind offen und ausbaufähig,<br />

so daß sich die betrieblichen<br />

Wissensbasen ständig<br />

weiterentwickeln können,<br />

• schließlich sind sie auch untereinander<br />

durch die Teamkoordinatoren,<br />

Prozeßbegleiter und<br />

die betrieblichen Führungskräfte<br />

verbunden.<br />

In der Gruppe weiß allerdings<br />

nicht jeder alles, sondern es bilden<br />

sich für bestimmte Themenoder<br />

Problemfelder gleichsam<br />

Spezialisten, die dazu eine besondere<br />

Beziehung haben oder<br />

besonders betroffen sind. Das ist<br />

im allgemeinen kein bewußter<br />

V<strong>org</strong>ang, er pendelt sich eher<br />

ein, wenn sich Gruppenmitglieder<br />

für bestimmte Wissensdomänen<br />

besonders bewährt haben.<br />

So gibt es Spezialisten, die<br />

sich sehr gut mit Materialien<br />

auskennen, andere mit der Maschinensteuerung<br />

oder EDV, es<br />

gibt Experten für die Außenbeziehungen<br />

oder für die privaten<br />

Situationen der Gruppenmitglieder.<br />

Dieses Wissen kann bei<br />

einem und auch bei mehreren<br />

Akteuren angesiedelt sein, so<br />

daß die notwendige Redundanz<br />

erhalten bleibt. Diese Experten<br />

werden immer wieder angesprochen<br />

oder fühlen sich angesprochen,<br />

wenn neue Wissensmodule<br />

hinzukommen oder Probleme<br />

entstehen.<br />

Aber im Unterschied zum traditionellen<br />

Expertenmodell kann<br />

sich die Gruppe darauf verlassen,<br />

daß das Wissen bei einzelnen<br />

stets abrufbar ist und sie kann im<br />

Bedarfsfall darauf zurückkommen,<br />

ohne auf nachhaltige Zugangsbarrieren<br />

zu stoßen. Entscheidend<br />

ist, daß man situativ<br />

weiß, wer was weiß oder was wissen<br />

könnte, bzw. daß man einen<br />

weiß, der weiß, wer was wissen<br />

könnte. Man erinnert sich generell<br />

eher an einen ›Speicherplatz‹,<br />

als an konkrete Details und verläßt<br />

sich daher aufeinander, um<br />

fehlende Facetten zu ergänzen. In<br />

der Diskussion wird dieser bedeutende<br />

Aspekt des Wissensmanagements<br />

das transaktive Gedächtnis<br />

genannt. 15 Es ist nicht lokalisierbar,<br />

sondern liegt in den personalen<br />

Beziehungen der Gruppe<br />

und wird durch Kommunikation<br />

adressiert. Je besser und reibungsloser<br />

die Gruppe also kommuniziert,<br />

das geht zuweilen auf<br />

Zuruf oder durch Blickkontakt,<br />

um so kürzer sind gleichsam die<br />

Zugriffszeiten auf das kollektive<br />

Wissen.<br />

Auch wenn der erste Zugriff<br />

auf dieses höchst dynamische<br />

Archiv nicht gleich erfolgreich<br />

war, entstehen schnell gemeinsame<br />

Suchbewegungen, die auf die<br />

nächst höheren Abstraktionsebenen<br />

gehen. Diese können dann –<br />

wie in einem vernetzten Suchbaum<br />

– den Weg zur fehlenden<br />

Information oder Idee liefern. 16<br />

Diese Denkbewegungen können<br />

unterschiedlich angelegt sein:<br />

• Ausgehend vom vorhandenen<br />

Erfahrungspool werden Bedingungen<br />

verändert, bestimmte<br />

Aspekte werden ausgeschlossen,<br />

andere Möglichkeitsbereiche<br />

eingekreist. (»Wenn es das<br />

101<br />

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Erfahrungsbericht<br />

102<br />

nicht ist, bleibt eigentlich nur<br />

noch....«)<br />

• Eine weitere Möglichkeit<br />

sind Analogien, also induktiv<br />

von Bekanntem auf Unbekanntes<br />

zu schließen.<br />

(»Auf den ersten Blick erinnert<br />

mich das an...«)<br />

• Eine andere Variante sind Bilder<br />

oder Metaphern, die ein<br />

nicht klassifizierbares Phänomen<br />

in einen plausiblen Kontext<br />

stellen sollen. (»Im Prinzip<br />

muß man sich das als..... vorstellen.«)<br />

• Wenn das alles nicht weiterhilft,<br />

bleibt im Grunde nur<br />

noch Trial and Error, Ausprobieren<br />

und Experimentieren,<br />

wobei das nie ein blindes V<strong>org</strong>ehen<br />

ist, sondern von Intuition<br />

und Ahnungen geleitet.<br />

Das sind wichtige, aber oftmals<br />

unterschätzte kognitive Strukturen,<br />

die das Such- und<br />

Problemlösungsverhalten von<br />

Professionellen charakterisieren.<br />

Der kollektive Bezugsrahmen,<br />

der in den einzelnen Geschichten<br />

und Beispielen eingewoben ist,<br />

wirkt wie eine kognitive Matrix<br />

für die Ausbildung neuer Formen,<br />

wenn das vorhandene Problemlösungsreservoir<br />

zunächst<br />

erschöpft ist, improvisiert werden<br />

muß oder neue Wege zu finden<br />

sind. Diese Suche nach neuen<br />

Formen wird angestoßen,<br />

wenn beispielsweise neue Abläufe<br />

probiert, neue Teile eingebaut<br />

werden müssen oder ein Qualitätsproblem<br />

entstanden ist, für<br />

das es keine schnelle Erklärung<br />

gibt. Im gemeinsamen Bezugsfeld<br />

entwickeln sich kollektive<br />

tastende Denkbewegungen,<br />

bis jemand eine zündende Idee<br />

hat oder auslöst, die probiert, gewendet<br />

oder modifiziert in das<br />

Repertoire der Gruppe inkorporiert<br />

wird. 17 Es sind Interaktionen<br />

von höchster Intensität und<br />

Spannung, die sich im allgemeinen<br />

erst wieder auflösen, wenn<br />

über von ›Bringt ja eh nichts‹ über<br />

›Gut, kann man ja mal probieren‹<br />

bis zu ›Vielleicht klappt es ja<br />

doch‹. Es ist auch ein Unterschied,<br />

ob Neulinge in der Gruppe als<br />

›Frischlinge‹ oder ›Fremdkörper‹<br />

bezeichnet werden. Teamtalk und<br />

Teamwork entwickeln sich wechselseitig.<br />

Die Ausdehnung des<br />

Handlungsspielraums der Gruppe<br />

und ihrer Kompetenz kommt in<br />

ihren Wahrnehmungs- und Verständigungsformen<br />

zum Ausdruck<br />

und umgekehrt werden die<br />

Wahrnehmungs- und Verständigungsformen<br />

zur Bedingung sich<br />

ausdehnender Handlungsspielräume.<br />

Interessant ist gerade in diesem<br />

Zusammenhang die Wirkung<br />

des Humors, den jede Gruppe in<br />

einer je spezifischen Weise ausbildet.<br />

Das gemeinsame Lachen<br />

hat entlastende und verbindende<br />

Funktionen, etwa wenn man ein<br />

Problem oder einen Konflikt gelöst<br />

und durchgestanden hat. Im<br />

Moment des rückblickenden gemeinsamen<br />

Lachens sind diese<br />

Erlebnisse und das gemeinsame<br />

Wissen darüber wieder präsent,<br />

nur nicht für den Außenstehenden.<br />

Aber wenn gelacht wird, will<br />

man dazu gehören und das wird<br />

von Neuankömmlingen auch<br />

zum Ausdruck gebracht. In der<br />

Gruppe findet sich dann immer<br />

jemand, der ihn dann bereitwillig<br />

an diesem kollektiven Schatz teilhaben<br />

läßt.<br />

Charakteristisch ist also für<br />

diesen Aspekt <strong>org</strong>anisatorischen<br />

Wissens, daß es sich um ›oral<br />

history‹ handelt, also um kulturelle<br />

Formen die nicht dokumentiert<br />

oder formalisiert sind, sondern<br />

durch Sprechen und Handeln<br />

weitergegeben werden. Dieses<br />

Sprechen während und über der<br />

Arbeit ist die Basis einerseits für<br />

Kontinuität und Traditionalität,<br />

anderseits aber auch für die<br />

Erneuerungsfähigkeit und Innovatität.<br />

Die lokalen Sprachwelten<br />

sind geschlossen und offen, ermöglichen<br />

so Stabilität und Verdie<br />

Gruppe mit dem erreichten<br />

Ergebnis zufrieden ist.<br />

Narrative Repräsentationsformen<br />

Die wichtigste Repräsentationsform<br />

dieses kollektiven Wissens<br />

in den Teams sind Fallbeispiele,<br />

Geschichten und gemeinsame Erlebnisse,<br />

auf die man sich bezieht<br />

und die immer wieder aktualisiert<br />

werden, wenn neue Fragestellungen<br />

auftauchen. Wir haben es primär<br />

mit narrativen und metaphorischen<br />

Mustern zu tun, es sind<br />

Bilder, Sequenzen und Szenen,<br />

die in Erinnerung gerufen, Faustregeln<br />

und robuste Handlungsorientierungen,<br />

die angewendet<br />

werden. Das sind Repräsentationsformen<br />

von Wissen, die sich<br />

nicht in Handbücher oder Prozeduren<br />

zwängen und sich schon<br />

gar nicht digitalisieren lassen. Die<br />

Basis operativen Wissens, ist eher<br />

ein buntes Patchwork, das sich<br />

aus zahlreichen Ereignissen und<br />

Begebenheiten zusammensetzt.<br />

Diese gemeinsamen Geschichten<br />

über Probleme und Lösungen,<br />

über Erfolge und Mißerfolge liefern<br />

der Gruppe ihren Bezugsrahmen<br />

für ihre Sicht der Realität<br />

und ihrer Rolle darin. 18<br />

Es entwickelt sich auch ein<br />

spezifisches Vokabular, eine spezifische<br />

Sprache in jeder Gruppe,<br />

in der ihre Erinnerungen an bewältigte<br />

Probleme oder Konflikte<br />

bewahrt und weitergegeben wird.<br />

Die Sprache ist in vielerlei Hinsicht<br />

aufschlußreich, wie das<br />

Team sich und seine Realität konfiguriert.<br />

Es wird etwa deutlich,<br />

was sie sich zutrauen, ob sie sich<br />

als Gruppe sehen oder wie sie ihre<br />

Probleme lösen. Die Sprache<br />

kann Resignation oder Tatkraft<br />

ausdrücken, Mißtrauen oder Vertrauen,<br />

Identifikation oder Individualismus.<br />

19 Diese der Sprache<br />

zugrunde liegenden Bezüge ändern<br />

sich aber und das ist entscheidend.<br />

Die Beurteilung von Verbesserungsvorschlägen<br />

geht etwa<br />

<strong>zfo</strong> 2/<strong>2002</strong>


Erfahrungsbericht<br />

änderung. 20 Die Gruppe inszeniert,<br />

spiegelt und erkennt sich in<br />

ihren Geschichten und ihrer Geschichte,<br />

ihrer Sprache, Bildern<br />

und ihren Humor, sie konstituiert<br />

und entwickelt sich als <strong>org</strong>anisatorische<br />

und soziale Entität, bleibt<br />

aber auch offen für Veränderungen.<br />

Dieser Zusammenhang wird<br />

deutlich, wenn neue Mitarbeiter<br />

in die Gruppe kommen. 21 Diese<br />

hören zunächst zu und bekommen<br />

über die Geschichten und<br />

dann über gemeinsame Erlebnisse<br />

mit, welches Wissen für die Mitwirkung<br />

im Team von Wichtigkeit<br />

ist. Sie lernen die Sprache,<br />

Regeln und Normen der Gruppe,<br />

damit ihr Bild von der Wirklichkeit,<br />

ihre spezifische Kompetenz<br />

und schließlich ihr Verständnis<br />

von sich selbst.<br />

Im Gegensatz zur den dokumentierten<br />

Formen <strong>org</strong>anisatorischen<br />

Wissens, von Handbüchern<br />

bis hin zu Prozeßbeschreibungen<br />

sind die oralen Formen<br />

durch ihre Flüchtigkeit und Intervalle<br />

von Nichtpräsenz gekennzeichnet.<br />

Sie müssen daher, wenn<br />

eine Frage aufgeworfen wird, in<br />

Erinnerung gerufen werden. 22 Das<br />

ist ein immer wieder zu beobachtender<br />

V<strong>org</strong>ang in Gruppen, der<br />

äußerst assoziativ verläuft und<br />

oft in eine bunte Vielfältigkeit des<br />

Wiederentstehens von Erinnerungsbildern<br />

und Geschichten<br />

mündet. Sie werfen unterschiedliche<br />

Schlaglichter auf die situativ<br />

diskutierte Problematik, bis sich<br />

die vorliegende Problemstruktur<br />

ihrerseits in diesen Lichtern erhellt<br />

und Konturen möglicher<br />

Lösungen erscheinen. Dieses gemeinsame<br />

Erinnern, das Zurückrufen<br />

von Bildern der Vergangenheit<br />

ist ein sehr angespannter,<br />

höchst konzentrierter Prozeß, der<br />

sich mit großer Befriedigung löst,<br />

wenn das Gefühl entsteht, auf der<br />

richtigen Spur zu sein.<br />

In den Teams entsteht so ein<br />

dynamischer, dezentraler, redundanter<br />

und vernetzter Wissensspeicher,<br />

mit einem sich täglich<br />

und stetig vergrößernden Wissenund<br />

Lernpotenzial, das sich regelmäßig<br />

tausendfach bewährt, in<br />

unauffälliger Selbstverständlichkeit<br />

und ohne daß man es von<br />

außen groß bemerkt. Vielleicht<br />

liegt dort auch der Grund, daß<br />

dieser Aspekt <strong>org</strong>anisatorischen<br />

Wissens so sehr unterschätzt<br />

wird. Hinzu kommt auch, daß die<br />

Natur des Wissens, über das die<br />

Führungskräfte verfügen, völlig<br />

unterschiedlich ist. Dieses ist abstraktes,<br />

von sinnlicher und körperlicher<br />

Erfahrung entkoppeltes<br />

Wissen aus zweiter Hand, bestehend<br />

etwa aus <strong>Org</strong>anigrammen,<br />

Flow-Charts, Zahlen, Statistiken<br />

oder Portfolios, gewonnen auf<br />

Meetings oder Konferenzen, in<br />

Stäben erdacht oder entschieden<br />

in fernen Büros. Das Wissen in<br />

den Gruppen ist in ihren Geschichten,<br />

ihrem Witz und in<br />

ihrer Sprache inkorporiert, es<br />

aktualisiert und entwickelt sich<br />

im Handeln und Reden.<br />

Wir haben daher auch nie<br />

erlebt, daß formalisierte Verfahren,<br />

vor allem in frühen Phasen<br />

der Problemlösung, systematisch<br />

Anwendung finden, so wie sie<br />

etwa in Handbüchern zum TQM<br />

u.ä. dargestellt sind. Ein anderes<br />

Beispiel ist Visual Management.<br />

Hier wurde monatlich in Grafiken<br />

und Zahlen anhand der sog. Zielematrix<br />

ausführlich dargestellt,<br />

wo die Gruppe im Vergleich zum<br />

Plan im Hinblick auf Parameter<br />

wie Produktivität, Qualität, Unfälle<br />

oder Verbesserungsvorschläge<br />

steht. Wir haben die Erfahrung<br />

gemacht, daß diese abstrakte Welt<br />

der Darstellung und Repräsentation<br />

nicht dem Erleben der Gruppe<br />

entspricht Man hat sich daher<br />

sehr schnell dazu entschlossen,<br />

diese ›Zahlenfriedhöfe‹ zu reduzieren<br />

und maximal nur noch<br />

wenige Schlüsselkennziffern zu<br />

veröffentlichen, um nicht noch<br />

zusätzliche Verwirrung zu stiften.<br />

Das ist der Unterschied zwischen<br />

institutionalisierten Archiven und<br />

einer oralen Kultur. Diese beruht<br />

auf dialogischen Prozessen, in<br />

denen jeder der Anwesenden seine<br />

Erfahrungen und Vermutungen<br />

einbringt. Erst wenn sich die<br />

Unklarheit und das Dunkel etwas<br />

lichten, läßt sich der komplexe<br />

Problemlösungsv<strong>org</strong>ang vielleicht<br />

in eine Struktur einordnen,<br />

etwa in ein Ishikawa-Diagramm<br />

oder eine A,B,C-Verteilung. Damit<br />

wird das Resultat auch für<br />

Außenstehende nachvollziehbar,<br />

aber das ist ein anderer Diskurs,<br />

in dem es um Außenrepräsentation<br />

oder Legitimation geht. Zwischen<br />

dem inkorporierten, in den<br />

Gruppen verkörperten Wissen<br />

und den abstrakten Formen seiner<br />

Repräsentation muß man<br />

einen grundsätzlichen Unterschied<br />

machen.<br />

Ausblick<br />

Je mehr den Gruppen die Kontrolle<br />

über sich und ihre Ressourcen<br />

zurückgegeben wird, um<br />

so mehr werden dezentrale Wissensbasen<br />

aufgebaut, um so flexibler<br />

und intelligenter können<br />

sie reagieren und um so störungsresisenter<br />

sind sie. Das ist die Voraussetzung<br />

dafür, daß Probleme<br />

gleich vor Ort gelöst und nicht<br />

im System verschoben werden.<br />

Selbstgesteuerte Systeme dieser<br />

Art beruhen auf Redundanz, der<br />

bewußten Delegation von Wissen<br />

und Kontrolle über Ressourcen,<br />

ohne daß voraussehbar ist, was<br />

genau damit geschieht. Aber je<br />

mehr Kompetenz, Verständnis<br />

und commitment sich in der<br />

Gruppe entwickelt, um so sicherer<br />

kann man sein, daß sich diese<br />

Ressourcen und Potenziale sinnvoll<br />

und zielbewußt eingesetzt<br />

werden. 23<br />

Dahinter steckt eine intelligente<br />

Form von Ökonomie, die einen<br />

Unterschied macht zwischen Vergeudung<br />

und Verschwendung. 24<br />

Die Natur ist verschwenderisch,<br />

aber sie vergeudet nicht. Analog<br />

werden betriebliche Ressourcen<br />

vergeudet, wenn sie nicht wert-<br />

103<br />

<strong>zfo</strong> 2/<strong>2002</strong>


Erfahrungsbericht<br />

104<br />

schöpfend eingesetzt werden und<br />

damit verloren sind. Verschwendung<br />

liegt vor, wenn Ressourcen<br />

nicht unmittelbar zweckgebunden<br />

eingesetzt werden. Einem<br />

Arbeitssystem, das etwa Kompetenzen<br />

aufbauen und darüber autonom<br />

disponieren kann, wird es<br />

so möglich, optional zu denken<br />

und flexibel zu reagieren. Das ist<br />

notwendig, je mehr man damit<br />

rechnen muß, daß künftige Arbeitssituationen<br />

nicht planbar<br />

sind oder in die Hierarchie verlagerte<br />

Entscheidungen zu lange<br />

dauern. Sieht man diese Variabilität<br />

in den operativen Arbeitssystemen<br />

nicht vor oder wird sie sogar<br />

unterbunden, entsteht Ignoranz<br />

und sie führt zu Vergeudung,<br />

teuren Überstunden für Nacharbeit,<br />

verlorenen Werten durch<br />

Ausschuß, verlorenen produktiven<br />

Zeiten oder am Ende nicht<br />

zuletzt zu verärgerten Kunden.<br />

Summary<br />

During its co-operation, teams<br />

develop different kinds of knowledge.<br />

Apart from technical<br />

knowledge we distinguish<br />

knowledge of contexts, knowledge<br />

of processes and knowledge<br />

of their specific interactional<br />

relation. These different<br />

kinds of knowledge form the<br />

operative knowledge base of<br />

productions. It is mainly a matter<br />

of implicit knowledge which<br />

is connected very close with the<br />

way of acting and working of the<br />

group. This knowledge is being<br />

stored by the group as samples,<br />

stories and episodes. While<br />

solving problems and during<br />

changes, they refer to these<br />

forms and develop them further.<br />

Being decisive for a quick access<br />

to this <strong>org</strong>anisational memory is<br />

the capability of communication<br />

inside the teams.<br />

Anmerkungen<br />

1 Zum Vergleich, bei Opel in Bochum<br />

bestehen die Teams aus durchschnittlich<br />

12 Mitarbeitern. Hoben, R.:<br />

Gruppenarbeit als Kernstück schlanker<br />

Fertigung – Erfahrungen mit<br />

effizienter und attraktiver Gruppen<br />

In: Kröll, M./ Schnauber, H., (Hrsg.):<br />

Lernen der <strong>Org</strong>anisation durch Gruppen-<br />

und Teamarbeit. Berlin 1997,<br />

S. 24.<br />

2 Das ist ein wichtiger Unterschied zu<br />

anderen Formen und Varianten von<br />

Gruppenarbeit! Vergl. dazu: Antoni,<br />

C.H.: Gruppenarbeit: mehr als ein<br />

Ansatz zur betrieblichen Flexibilisierung.<br />

In: Antoni, C.H./Eyer, E./Kutscher,<br />

J. (Hrsg.): Das flexible Unternehmen.<br />

Düsseldorf 2001. S. 23 f.<br />

3 Vergl. hierzu ausf.: Hurtz, A./Lindinger,<br />

C./Przygodda, M./Schönrade, J.:<br />

Der Prozeßbegleiter: ein neues Aufgabengebiet<br />

in sich verändernden<br />

Unternehmen. In: Antoni, C.H./ Eyer,<br />

E./Kutscher, J. (Hrsg.): a.a.O.<br />

4 Das operative Wissen, das in den<br />

Gruppen von Praktikern entsteht, ist<br />

unterschiedlich von dem Wissen, was<br />

etwa Fertigungsplaner oder Qualitätsmanager<br />

haben. Ersteres ist erfahrungsgesättigt,<br />

letzteres ist symbolisch,<br />

aufgelöst in Metriken oder<br />

Standardprozeduren, die erst in praktische<br />

Konzepte übersetzt werden<br />

müssen. Vergl. ausf.: Wenger, E.:<br />

Communities of Practice. Cambridge<br />

1998, S. 46.<br />

5 Vergl auch: Womack, J.P./Jones, D.T./<br />

Roos, D.: Die zweite Revolution in der<br />

Automobilindustrie. Frankfurt 1991,<br />

S. 10.<br />

6 Wir unterscheiden hier nicht zwischen<br />

Teams und Gruppen. Vergl.<br />

dazu auch: Antoni, C.H.: Teamarbeit<br />

gestalten. Weinheim und Basel 2000,<br />

S. 18 ff.<br />

7 Diese Systematik hat einige Parallelen<br />

zum Vorschlag von Willke, Helmut.<br />

Vergl. dazu ausführlich: Systemtheorie<br />

III: Steuerungstheorie. 2. Aufl.,<br />

Stuttgart 1989, S. 314 ff.<br />

8 Vergl. die schöne Beschreibung<br />

eines Problemlösungsprozesses bei:<br />

Seely Brown, J./ Duguid, P.: The<br />

Social Life of Information. Boston<br />

2000. S. 106.<br />

9 »Es ist ein Reflexionswissen der <strong>Org</strong>anisation<br />

über ihre Identität und ihre<br />

Mission (Zielsetzungen). Für die <strong>Org</strong>anisation<br />

beantwortet dieses Wissen<br />

die Frage, wozu und wofür sie überhaupt<br />

tätig ist.« Willke, H.: a.a.O.,<br />

S. 322.<br />

10 Willke verwendet ebenfalls den Ausdruck<br />

Prozeßwissen. a.a.O., S. 317 ff.<br />

11 Siehe auch: Womack, J.P./Jones, D.T./<br />

Roos, D.: a.a.O., S. 62.<br />

12 Lesser, E./Prusak, L.: Communities of<br />

Practice, Social Capital and <strong>Org</strong>anizational<br />

Knowledge. In: Lesser, E./<br />

Fontaine, M.A./Slusher J.A. (Eds):<br />

Knowledge and Communities. Boston<br />

2000. Außerdem: Cohen, D./Prusak,<br />

L.: In Good Company. How Social<br />

Capital Makes <strong>Org</strong>anizations Work.<br />

Boston 2001.<br />

13 Vergl. ausf.: Fukuyama, F.: Trust.<br />

London 1995, S. 26.<br />

14 Vergl. für eine übersichtliche und<br />

stringente Diskussion: Walsh, J.P./<br />

Rivera Ungson, G.: <strong>Org</strong>anizational<br />

Memory. In: Prusak, L. (Ed.).: Knowledge<br />

in <strong>Org</strong>anizations. Boston 1997.<br />

15 Lehner, F.: <strong>Org</strong>anisational Memory.<br />

München 2000, S. 109 ff.<br />

16 »Stories... convey not only specific<br />

information but als general principles.<br />

These principles can then be applied<br />

to particular situations, in different<br />

times and places.« Seely Brown, J./<br />

Duguid, P.: a.a.O., S. 107.<br />

17 »Forms are the crucial means by<br />

which an <strong>org</strong>anization brings the<br />

heterogeneous world into line with<br />

it’s processes.« Seely Brown, J./<br />

Duguid, P.: a.a.O., S. 108.<br />

18 S.a.: Reinmann-Rothmeier, G./Vohle,<br />

F.: Was Schiedsrichter, Manager und<br />

Rotkäppchen gemeinsam haben: Mit<br />

Geschichten Wissen managen. In:<br />

Zeitschrift Führung+<strong>Org</strong>anisation<br />

2001, 70. Jg., H. 5, S. 293 – 300.<br />

Außerdem: Gabriel, Y.: Storytelling in<br />

<strong>Org</strong>anizations. Facts, Fictions, and<br />

Fantasies. Oxford 2000.<br />

19 Ausf. hierzu: Donnellon, A.: Team<br />

Talk. Boston 1996.<br />

20 Vergl: Althans, Birgit: Der Klatsch, die<br />

Frauen und das Sprechen bei der<br />

Arbeit. Frankfurt 2000.<br />

21 Vergl. das Beispiel bei: Wenger, E.:<br />

Communities of Practice: The Key to<br />

Knowledge Strategy. In: Lesser, E.L.<br />

(Ed.): Knowledge and Communities.<br />

Boston 2000. S. 11.<br />

22 Vergl: Assmann, A.: Erinnerungsräume.<br />

Formen und Wandlungen des<br />

kulturellen Gedächtnisses. München<br />

1999, S. 154.<br />

23 Vergl. dazu: Schumann, M./Kuhlmann,<br />

M.: Gruppenarbeit und Identität:<br />

Arbeiterbewußtsein im Wandel.<br />

In: Personalführung 2001, H. 12,<br />

S. 84 – 91.<br />

24 Zur Bedeutung von Überschußressourcen<br />

bzw. Slack vergl.: De Marco,<br />

T.: Slack: Slack. New York 2001.<br />

<strong>zfo</strong> 2/<strong>2002</strong>

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