Ausgewälte Pressestimmen (PDF) - Oper Köln
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<strong>Pressestimmen</strong> – Eine Auswahl<br />
Rinaldo<br />
Händels »Rinaldo« feiert in Köln Premiere<br />
»Simone Kermes singt ihre Koloraturen mit hinreißender Attacke,<br />
zeigt aber auch, dass ihre stupende Virtuosität und<br />
Stimmbeherrschung, auch ganz wunderbare, zarte Trauer-<br />
Stimmungen hervorbringen kann. Wolf Matthias Friedrich<br />
überzeugte als Argante. Patricia Bardon traf die Stimmungslagen<br />
Rinaldos mit ausdrucksvollem Mezzo, wie sie in den himmlischen<br />
Längen der Arie »Cara sposa« (…) mit dem Orchester eindrucksvoll<br />
zeigte.<br />
Der Countertenor Hagen Matzeit und der Altus Steve Wächter<br />
beherrschen als Goffredo und Eustazio ihre Falsettstimmlagen<br />
gesangstechnisch sehr souverän und ausgesprochen klangschön. Die<br />
berühmteste Arie der <strong>Oper</strong>, »Lascia chi io pianga«, ist freilich der<br />
entführten Almirena vorbehalten, die von der jungen Sopranistin<br />
Krenare Gashi in herzergreifender Schönheit<br />
vorgetragen wurde. Abgerundet wurde das Ensemble durch Yong<br />
Doo Park, (Mago), Gustavo Quaresma Ramos (Araldo), Ji-Hyun An<br />
und Kathleen Parker (Sirenen). Dirigent Alessandro De Marchi formt<br />
das Gürzenich-Orchester zu einem echten Alte-Musik-Klangkörper<br />
mit vielen historischen Instrumenten um.«<br />
General Anzeiger Bonn<br />
»Rinaldo« als Pop-Barrock<br />
Köln – Ein Barock-Drama als Pop-<strong>Oper</strong>! Bei »Rinaldo« von Georg<br />
Friedrich Händel (1685-1759) tobte die Kölner <strong>Oper</strong> vor Vergnügen –<br />
und bejubelte die Stars.<br />
Allen voran Top-Solistin Simone Kerres als Barockhexe. Sie swingte<br />
als Zauberin wie ein Superstar durch die Arien, machte die vier<br />
<strong>Oper</strong>nstunden zum Genuss.
Es geht um einen Ritter-Kreuzzug nach Jerusalem, eine versprochene<br />
und dann entführte Braut. Das ganze als Zeitreise zwischen<br />
Gegenwart und Mittelalter.<br />
Zum Finale werden der besiegte Scheich und seine Magierin zum<br />
Christentum bekehrt – brutal gefoltert. Ein hartes Ende, das den<br />
lustvoll-komischen Abend ernst beschloss. (…)<br />
Fazit: Top-Barock mit Weltformat!<br />
BILD<br />
Der Fluch des Kreuzes<br />
Georg Friedrich Händels erste <strong>Oper</strong> für London, Rinaldo, die er<br />
angeblich in nur zwei Wochen 1711 komponierte, gilt bis heute wohl<br />
als sein bekanntestes Werk für das Musiktheater, was nicht zuletzt<br />
auf die Vielzahl der großartigen Arien zurückzuführen ist, die sich<br />
aufgrund zahlreicher CD-Einspielungen einem breiten<br />
Bekanntheitsgrad erfreuen. Mit dieser eingängigen Musik und einem<br />
opulenten Bühnenzauber katapultierte sich der Hallenser Komponist<br />
in dem nach Purcell nicht gerade für die <strong>Oper</strong> prädestinierten<br />
London zum Shootingstar der Musiktheaterszene und avancierte zum<br />
englischen Hofkomponisten. Wenn man bei einer Neuproduktion mit<br />
so hochrangigen Händel-Experten wie Patricia Bardon in der<br />
Titelrolle, Simone Kermes als Gegenspielerin Armida und dem<br />
Barockspezialisten Alessandro de Marchi am Pult des Gürzenich-<br />
Orchesters Köln aufwartet, ist man musikalisch auf jeden Fall auf der<br />
sicheren Seite, und es bleibt nur abzuwarten, welche Sichtweise das<br />
Regieteam auf diese Zauberoper entwickelt.<br />
Sabine Hartmannshenn hat die Geschichte um den Kreuzritter<br />
Rinaldo, der im Kampf für Goffredo (Gottfried von Bouillon) um das<br />
zu befreiende Jerusalem in die Fänge der Zauberin Armida, der<br />
Prinzessin von Damaskus, gerät, sich ihren Verführungskünsten aber<br />
aus Liebe zu Almirena widersetzt und so den Sieg der Kreuzritter<br />
erreicht, in die Gegenwart geholt. Das opulente Bühnenbild von<br />
Dieter Richter zeigt einen in die Jahre gekommenen Palast, der nun<br />
als Schaltzentrale für die Befreiung Jerusalems dient. Der<br />
Kühlschrank mit den Coladosen im linken Bühnenhintergrund und<br />
die Soldatenfiguren auf dem Schreibtisch suggerieren, dass die<br />
Kreuzritter hier US-Amerikaner sind. An der linken Bühnenwand<br />
hängt eine Luftaufnahme von Jerusalem, davor steht ein Modell der<br />
Stadt mit der berühmten al-Aqsa-Moschee, die es für die Kreuzritter
zu erobern gilt. Die hintere Bühnenwand ist durch eine große<br />
Weltkarte bedeckt. Was der Flipper auf der rechten Bühnenseite soll,<br />
erklärt sich nicht, auch nicht, dass Rinaldo zu Beginn des zweiten<br />
Aktes an diesem spielt, während Goffredos Bruder rät, einen Magier<br />
aufzusuchen, der ihnen helfen soll, die Heiden zu besiegen und die<br />
entführte Almirena zu befreien. Die Kostüme von Susana Mendoza<br />
sind in diesem Ambiente entsprechend modern gehalten, wobei<br />
Eustazio eine schwarze Kutte anlegt, um zu unterstreichen, dass der<br />
Kampf im Namen des christlichen Glaubens geführt werde. Goffredos<br />
Anzug ist so weiß, wie die Sache der Kreuzritter von ihm für rein und<br />
ehrenhaft gehalten wird. Rinaldo ist ein fleißiger Kämpfer, der sich<br />
zunächst in sportlichem Dress trainiert, um dann für den Feldzug ein<br />
erdfarbenes Kriegeroutfit anzulegen. Almirena tritt als<br />
Modepüppchen auf, die sich die Zeit mit Einkaufen vertreibt. Der um<br />
eine Waffenruhe bittende Gegner Argante erscheint als arabischer<br />
Scheich.<br />
Dieses Ambiente ändert sich schlagartig, wenn die Zauberin Armida<br />
durch die Weltkarte in diesen Palast eindringt. Hinter dieser<br />
Weltkarte entpuppt sich ihr Zauberreich mit barocken Kostümen,<br />
und mit Eintreten der Figuren in diese andere Welt legen die<br />
Kreuzritter und Almirena auch entsprechende Kostüme an. So<br />
präsentiert sich Goffredo mit langer schwarzer Perücke und rotem<br />
Königsmantel als Louis XIV-Verschnitt. Eustazio tauscht die<br />
schwarze Kutte gegen eine rote Kardinalsrobe. Rinaldos Rüstung und<br />
Argantes Anzug sind in gleißendem Gold gehalten. Besonders<br />
fantasievoll entpuppt sich auch das Bühnenbild in diesem<br />
Zauberreich. Der Zaubergarten, in den Armida Almirena und Rinaldo<br />
lockt, besteht aus scherenschnittartigen Bäumen im Hintergrund,<br />
durch die ein warmes gelbes Licht leuchtet. Aber diese surreale Idylle<br />
trügt. Armida setzt mit einer Schlange, die vom Bühnenhimmel<br />
herabkommt, Rinaldo außer Gefecht und entführt in gewaltigem<br />
Bühnennebel Almirena vor den Augen des Geliebten. Auch die<br />
Sirenenszene im zweiten Akt ist mit einem sehr eindrucksvollen<br />
roten bewölkten Himmel gestaltet. Rinaldo schlüpft unter einem<br />
durchsichtigen Vorhang zu den beiden wunderschönen Sirenen und<br />
wird somit von Goffredo und Eustazio getrennt. Almirena ist in<br />
einem surrealen Bild aus Türen und Sand gefangen. Häufig erscheint<br />
der Blick in dieses Zauberreich, durch das Bild "Tuareg" von Pascal<br />
Maitre, das als Prospekt den Theatervorhang ersetzt.<br />
Wenn im dritten Akt Goffredo und Eustazio den christlichen Weisen<br />
Mago auf einem Berg aufsuchen, wirkt das Regiekonzept allerdings<br />
nicht ganz überzeugend. Die Bühne ist nach hinten geöffnet und<br />
wirkt wie eine Geisterbahn auf einem Jahrmarkt. Der nach hinten
führende Weg ist mit leuchtenden Totenköpfen gepflastert, Mago<br />
entsteigt als bleiches Gespenst einem Sarg, und während er Goffredo<br />
und Eustazio erklärt, dass Almirena und Rinaldo von Armida<br />
gefangen gehalten werden, werden auf die Rückwand die<br />
Schreckensbilder einer Geisterbahnfahrt projiziert. Die Zauberstäbe,<br />
die der Magier den beiden überreicht, sind zwei Fernbedienungen,<br />
mit denen sie später den auf eine Leinwand projizierten Mordversuch<br />
Armidas an Almirena stoppen. Nachdem Rinaldo Almirena aus<br />
Armidas Fängen befreit hat, begibt man sich zurück in die<br />
Gegenwart. Nur Armida und Argante bleiben in den barocken<br />
Kostümen, weil sie ihre Niederlage noch nicht akzeptiert haben.<br />
Doch im Hintergrund sieht man schon amerikanische Soldaten als<br />
Pappfiguren mit Panzern über die Bühne fahren. Die Methoden, mit<br />
denen der gefangen genommene Argante hinterher gefoltert wird,<br />
enthalten das ganze grausame Spektrum von Stromschlägen bis zum<br />
Waterboarding, so dass Armidas und Argantes Einlenken und<br />
Annehmen des christlichen Glaubens am Ende so erzwungen wirkt,<br />
dass man - wie im Libretto übrigens auch - die Ernsthaftigkeit<br />
hinterfragen dürfte. So ist auch der medienwirksame Handschlag am<br />
Ende der <strong>Oper</strong> zwischen Goffredo und dem sichtlich<br />
mitgenommenen Argante eine reine Show. An dieser Stelle geht das<br />
Regiekonzept dann wieder auf.<br />
Musiziert und gesungen wird auf sehr hohem Niveau, was aber auch<br />
nicht verwundert, hat man doch mit Alessandro de Marchi einen<br />
ausgewiesenen Fachmann für die Barockmusik ans Pult des<br />
Gürzenich-Orchesters Köln geholt. Mit sehr akkurater Führung und<br />
stets variablen Tempi schafft de Marchi es, dass die Musik niemals<br />
langweilig klingt, sondern stets die Emotionen der Handlung<br />
transportiert. Dabei ist die orchestrale Besetzung relativ klein und<br />
eine Mischung aus modernen und alten Instrumenten. Die beiden<br />
Brüder Goffredo und Eustazio werden von den Countertenören<br />
Hagen Matzeit und Steve Wächter interpretiert. Steve Wächters Altus<br />
glänzt dabei mit einer sehr flexiblen Stimmführung, die ihn<br />
problemlos zwischen Tenor und Falsett wechseln und somit die<br />
Oktavsprünge wie ein Kinderspiel wirken lässt. Hagen Matzeit<br />
begeistert mit einem sehr kräftigen und warmen Countertenor, der<br />
das Publikum vor allem in seiner Glanzarie des zweiten Aktes, "Mio<br />
cor", in der er seine Verzweiflung regelrecht herausschreit, nachdem<br />
nach seiner Tochter Almirena nun auch noch sein Hoffnungsträger<br />
Rinaldo verloren scheint, zu regelrechten Begeisterungsstürmen<br />
hinreißt. Dabei muss man bemerken, dass de Marchi mit seinem<br />
zügigen Dirigat nach nahezu jeder Da-Capo-Arie den Applaus<br />
systematisch unterdrückt hat. Sonst wäre die <strong>Oper</strong> womöglich vor<br />
Mitternacht gar nicht mehr zu Ende gewesen.
Krenare Gashi gestaltet die Rolle der Almirena mit einem sehr<br />
jugendlichen lyrischen Sopran, dem man das junge Mädchen sowohl<br />
stimmlich, als auch darstellerisch sehr gut abnimmt. In ihrer<br />
berühmten Arie des zweiten Aktes, "Lascia ch'io pianga", macht sie<br />
sehr deutlich, wie die damalige Aufführungspraxis der<br />
Improvisationen wohl funktioniert haben mag, weil diese<br />
Interpretation ganz anders klingt, als man sie von den zahlreichen<br />
CD-Einspielungen gewohnt ist. Gashi führt einige überraschende<br />
Verzierungen ein, die auf den ersten Blick zwar ungewohnt sind,<br />
diese recht bekannte Arie aber in einem völlig neuen Licht scheinen<br />
lassen. Auch Wolf Matthias Friedrich als Argante, Yong Don Park als<br />
Mago sowie Ji-Hyun An und Kathleen Parker als Sirenen wissen,<br />
stimmlich im vollem Maße zu überzeugen.<br />
Die Stars des Abends aber sind Patricia Bardon in der Titelpartie und<br />
natürlich Simone Kermes als Armida. Mit sehr beweglichem<br />
Mezzosopran und großartigen Koloraturen feuert Patricia Bardon<br />
gleich im ersten Akt mit den drei Arien "Cara sposa", "Cor ingrato"<br />
und "Venti turbini" ein regelrechtes Barock-Feuerwerk ab, was<br />
deutlich macht, wieso dieses Werk Händels seine anderen <strong>Oper</strong>n in<br />
den Schatten stellt. Dabei changiert Bardon glänzend zwischen<br />
innigen leidenden Gefühlen bei den ersten beiden Arien und frischem<br />
Tatendrang in der dritten Arie. Auch ihre berühmte Siegesarie im<br />
dritten Akt, "Or la tromba suon festante", gelingt ihr mit sehr<br />
flexibler Stimme, wobei es schade ist, dass die Trompeten an dieser<br />
Stelle etwas ungenau spielen und damit die Faszination dieser Arie<br />
ein wenig dämpfen. Simone Kermes begeistert sowohl darstellerisch,<br />
als auch stimmlich. Nachdem Rinaldo im zweiten Akt ihren<br />
Verführungskünsten nicht erlegen ist, präsentiert sie mit schier<br />
unglaublichen Koloraturen in der Arie "Ah crudel" ihre ganze Wut<br />
und entfacht damit im Publikum einen stürmischen Szenenapplaus,<br />
den de Marchi nun nicht mehr unterbinden kann. Doch Kermes ist<br />
nicht mehr zu halten. Nachdem Armida erkennen muss, dass auch<br />
Argante in Almirena verliebt ist, schwört sie in der grandiosen Arie<br />
"Vo' far guerra" allen Rache und legt sich sogar mit dem Cembalisten<br />
an, der es, was zu Händels Zeit ein absoluter Tabubruch war, der<br />
Sopranistin die zu singende Kadenz raubt, indem er sie übernimmt.<br />
Kermes' gespieltes Entsetzen einer Primadonna über das Gebaren<br />
dieses Cembalisten ist ganz große Komik auf der <strong>Oper</strong>nbühne, die<br />
vom Publikum entsprechend frenetisch gefeiert wird. Und nach<br />
diesem grandiosen Abgang begab sich Simone Kermes nicht in die<br />
Garderobe zur Vorbereitung auf den dritten Akt, sondern gab<br />
freudestrahlend Autogramme im <strong>Oper</strong>nfoyer.
So wurde dieser Premierenabend zu einem rundum großartigen<br />
Erfolg. Das Regiekonzept fand, auch wenn es einer gewissen<br />
Konsequenz nicht entbehrte, aber nicht bei allen Zuschauern<br />
Anklang, so dass das Regieteam zahlreiche Buhrufe über sich ergehen<br />
lassen musste<br />
FAZIT<br />
Musikalisch ein großartiges <strong>Oper</strong>nerlebnis, das man sich nicht<br />
entgehen lassen sollte.<br />
Online Musik Magazin