Mismatch-Arbeitslosigkeit in Oberösterreich - L&R Sozialforschung
Mismatch-Arbeitslosigkeit in Oberösterreich - L&R Sozialforschung
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1 E<strong>in</strong>leitung<br />
Seit Ende der 1980er Jahre hat der Begriff der <strong>Mismatch</strong>-<strong>Arbeitslosigkeit</strong> <strong>in</strong> der arbeitsmarktpolitischen<br />
Diskussion zunehmend an Bedeutung gewonnen und ersetzte<br />
damit ältere Konzepte wie „friktionelle“ und „strukturelle <strong>Arbeitslosigkeit</strong> (vgl. Buttler/Cramer<br />
1991; Entorf 2000; Franz 1999; Kettner, Spitznagel 2005; Ste<strong>in</strong>er, Wolff<br />
2001). Dies ist zum e<strong>in</strong>en auf e<strong>in</strong>en empirisch beobachteten steigenden <strong>Mismatch</strong> von<br />
Angebot und Nachfrage, dem gleichzeitigen Auftreten von Überschussnachfrage und<br />
Überschussangebot am Arbeitsmarkt, zurückzuführen (vgl. auch Lassnigg 2005; Ochsen<br />
2004). Ursachen dafür s<strong>in</strong>d längerfristige Veränderungen der Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur,<br />
wie der E<strong>in</strong>satz neuer Technologien oder die Verschiebung zwischen<br />
Branchen. Aber auch die Individualisierung der Gesellschaft, die Flexibilisierung<br />
von Beschäftigungsverhältnissen oder die zunehmende regionale Mobilität verlangen<br />
neue Verhaltensweisen von Beschäftigten und Betrieben, um Arbeitsplätze zu besetzen.<br />
Zum anderen steigt die Relevanz des <strong>Mismatch</strong>-Ansatzes dadurch, da Evaluationen<br />
zeigen, dass die Wirkungsmöglichkeiten der Arbeitsmarktpolitik mehr oder weniger<br />
auf die Verr<strong>in</strong>gerung der <strong>Mismatch</strong>-<strong>Arbeitslosigkeit</strong> begrenzt s<strong>in</strong>d (vgl. Fay 1996, Konle-Seidl<br />
2005; Mart<strong>in</strong> 1998; OECD 1993; Scherl 2005). Qualifikationsmismatch (Stichwort<br />
skills gap) und regionaler <strong>Mismatch</strong> (Stichwort spatial mismatch) standen und stehen<br />
<strong>in</strong> der ökonomischen Diskussion im Vordergrund. Doch darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d noch<br />
weitere Faktoren für den <strong>Mismatch</strong> maßgeblich, wie z.B. Lohnrigiditäten oder Informationsdefizite.<br />
Vor allem für Ger<strong>in</strong>gqualifizierte spielen arbeitsmarktrelevante Persönlichkeitsmerkmale<br />
(soft skills oder Sozial-Qualifikationen) und lohnbed<strong>in</strong>gte Faktoren e<strong>in</strong>e<br />
Rolle (Christensen 2001).<br />
Das Problem des <strong>Mismatch</strong> wird oft <strong>in</strong> sehr salopper Weise festgestellt, <strong>in</strong>dem beispielsweise<br />
der Überhang von unqualifizierten Arbeitslosen dem Mangel an Facharbeitskräften<br />
gegenüber gestellt wird. Doch das Zusammenspiel oder die „Passung“ von<br />
Angebot und Nachfrage ist e<strong>in</strong> vieldimensionaler und komplexer Prozess. Um wirksame<br />
Maßnahmen zum Abbau dieses <strong>Mismatch</strong> e<strong>in</strong>setzen zu können, ist es wichtig, das<br />
Ause<strong>in</strong>anderklaffen von Angebot und Nachfrage empirisch genauer zu erfassen und<br />
die dah<strong>in</strong>terliegenden Ursachen näher zu def<strong>in</strong>ieren. Ziel der Studie ist es daher, für<br />
den Arbeitsmarkt Oberösterreich auf Basis des bestehenden Forschungs- und Diskussionsstandes<br />
zur <strong>Mismatch</strong>-<strong>Arbeitslosigkeit</strong> und der Besonderheiten des oberösterreichischen<br />
Arbeitsmarktes die Inkompatibilität zwischen Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage<br />
zu erfassen und zu analysieren. Dies erfolgt e<strong>in</strong>erseits durch die Analyse<br />
makroökonomischer Daten und Indikatoren, wobei die explizite Gegenüberstellung von<br />
Angebot und Nachfrage und die Entwicklung e<strong>in</strong>es für die oberösterreichische Situation<br />
adäquaten <strong>Mismatch</strong>-Indikators im Mittelpunkt steht. Zum anderen werden <strong>in</strong>dividuelle<br />
E<strong>in</strong>schätzungen und Erfahrungen durch Befragungen von Arbeitslosen und Betrieben<br />
ergänzt. Diese qualitativ orientierten Erhebungen sollen die sekundärstatistischen Ana-<br />
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