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§<br />
Auskunftspflichten<br />
gegenüber Erben 1 Hans Rainer Künzle 2<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Einleitung<br />
A. Schweiz<br />
1. Banken<br />
2. Stiftungen und Trusts<br />
3. Lebensversicherungen<br />
B. Liechtenstein<br />
1. Banken<br />
2. Stiftungen und Trusts<br />
3. Lebensversicherungen<br />
C. Österreich<br />
1. Banken<br />
2. Stiftungen und Trusts<br />
3. Lebensversicherungen<br />
D. <strong>Deutsch</strong>land<br />
1. Banken<br />
2. Stiftungen und Trusts<br />
3. Lebensversicherungen<br />
E. Ergebnisse<br />
A. Schweiz<br />
1. Banken<br />
a. Gesetzliche Grundlagen<br />
a) Die gesetzliche Grundlage für die vertragliche<br />
Auskunftspflicht der Banken an die Erben setzt beim<br />
Vertrag ein, welchen der Erblasser mit der Bank<br />
vor seinem Tod abge schlossen hat. Dies war ein (irgendwie<br />
gearteter) Auftrag, 3 bei welchem der Umfang<br />
der Rechenschaft in Art. 400 OR geregelt ist:<br />
«Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit<br />
über seine Geschäfts füh rung Rechenschaft abzulegen<br />
und alles, was ihm infolge derselben aus irgendeinem<br />
Grunde zu ge kommen ist, zu erstatten.»<br />
Durch Universalsukzession (Art. 560 ZGB) wird das<br />
Auskunftsrecht des Erblassers auf die Erben übertragen.<br />
Im internationalen Verhältnis gilt für die Bestimmung<br />
des anwendbaren Rechts das Vertragsstatut<br />
(Art. 117 IPRG) und für die Zuständigkeit ist das<br />
Lugano-Übereinkommen (LugÜ) zu beachten. 4<br />
Einleitung<br />
Erben sind zur Durchsetzung ihrer Rechte im<br />
Nachlass häufig auf Informationen angewiesen,<br />
zu welchen sie nur kommen, wenn die (anderen)<br />
Erben oder Dritte ihnen aufgrund von Auskunftspflichten<br />
diese Informationen liefern. Im Folgenden<br />
soll verglichen werden, wie weit die Aus kunftspflicht<br />
von Banken, Beteiligten an Strukturen<br />
(Stiftungen/Trusts) und Lebensversicherungen gehen<br />
und zwar in der Schweiz, in Liechtenstein,<br />
Österreich und <strong>Deutsch</strong>land. Die Ausführungen<br />
können nur einen ersten Überblick über die<br />
Rechtslage in den vier Ländern geben und wollen<br />
zur weiteren Entwicklung dieser Rechte anregen,<br />
insbesondere aus einer rechtsvergleichenden Betrachtung<br />
heraus.<br />
1 Ausführliche Fassung eines Vortrags, welchen ich am<br />
7. Februar 2012 bei der Society of Trust and Estate Practitioners<br />
(STEP) Basel (www.step-ch-fl.com/public/centres/basel/)<br />
gehalten habe.<br />
2 Prof. Dr. Hans Rainer Künzle, Rechtsanwalt, Titularprofessor<br />
für Privatrecht und Privatrechtsvergleichung an<br />
der Universität Zürich (www.rwi.uzh.ch/lehreforschung/<br />
tp/tit-kuenzle.html), Partner von KENDRIS AG, Wengistrasse<br />
1, 8026 Zürich 4 (www.kendris.com).<br />
3 Im schweizerischen Recht wird die Bankbeziehung nicht<br />
als Ganzes vom Auftragsrecht erfasst, sondern die einzelnen<br />
Elemente, vgl. Claude Bretton-Chevallier/<br />
Mégevand Notter, La banque face aux demandes de<br />
renseignements des héritiers – Aspects contractuels,<br />
successoraux et de droit international privé, Not@lex<br />
2011, 124: «Le droit suisse ne reconnaît pas la notion de<br />
contrat bancaire général, espèce de contrat cadre applicable<br />
à toute relation entre un client et sa banque.»<br />
4 Vgl. Andreas Schröder, Erbrechtliche Informationsansprüche<br />
oder: die Geister, die ich rief …, successio 5<br />
(2011) 189, 193.<br />
256 successio 4/12
) Die gesetzliche Grundlage für die erbrechtliche<br />
Auskunftspflicht der Banken an die Erben setzt bei<br />
der gegenseitigen Auskunftspflicht unter den Erben<br />
an: Nach Art. 607 Abs. 3 ZGB haben Miterben,<br />
«die sich im Besitze von Erb schafts sachen befinden<br />
oder Schuldner des Erblassers sind, … hierüber<br />
bei der Teilung ge nauen Aufschluss zu geben».<br />
Nach Art. 610 Abs. 2 ZGB haben sie (sc. die Erben)<br />
«einan der über ihr Verhältnis zum Erblasser alles<br />
mitzuteilen, was für die gleichmässige und ge rechte<br />
Verteilung der Erbschaft in Berücksichtigung fällt».<br />
Diese Normen werden analog auf Dritte (wie hier<br />
5 Vgl. ZBJV 75 (1939) 158.<br />
6 Vgl. SJ 67 (1945) 281.<br />
7 Vgl. BGE 89 II 93.<br />
8 Vgl. ZR 91 (1992) Nr. 64.<br />
9 Vgl. BGE 133 III 664 = 5C.8/2007 = SJ 130 (2008) I 98 =<br />
SJZ 103 (2007) 584.<br />
10 Vgl. BGE 133 III 664, 668 E. 2.6: Es spielt keine Rolle,<br />
wenn «nicht mit Sicherheit feststeht, ob überhaupt Einzahlungen<br />
durch den Erblasser erfolgt sind»; es liegt «in<br />
der Natur der Sache, dass es im Zusammenhang mit dem<br />
Erbgang zu Wissensdefiziten und zum Verlust von Belegen<br />
über die entsprechenden Vorgänge kommen kann».<br />
11 Vgl. ZR 109 (2010) Nr. 37.<br />
12 Ebenso schon ZR 101 (2002) Nr. 26 E. 3.1.<br />
13 Vgl. ZR 109 (2010) Nr. 37 E. 2.5: «die Bank hat Fragen<br />
auch dann zu beantworten, wenn sie ihr als belanglos erscheinen»;<br />
vgl. dazu auch Brigitte Hürlimann, Recht im<br />
Spiegel der NZZ, NZZ vom 9. September 2009, NZZ<br />
208-51.<br />
14 Vgl. BGer. 4A_688/2011 vom 17. April 2012.<br />
15 Davon zu unterscheiden sind die Anforderungen an Auskunftsgesuche<br />
im Rahmen von Steuer- und Strafverfahren,<br />
vgl. dazu etwa Alexander M. Glutz, Beschwerde<br />
ans Bundesgericht gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts<br />
auf dem Gebiet der internationalen<br />
Rechtshilfe in Strafsachen (Art. 84 BGG) – Die materielle<br />
Abgrenzung von Amts- und Rechtshilfe am aktuellen<br />
Beispiel der strafprozessual unzulässigen amerikanischen<br />
«fishing expeditions» («Gruppenanfragen»),<br />
ASA 80 (1911) 713 ff.; Flavio Amadò/Giovanni Molo,<br />
Abschaffung des Unterschieds zwischen Abgabebetrug<br />
und Steuerhinterziehung bei der Rechtshilfe in Strafsachen<br />
– Mögliche Konsequenzen für die Amtshilfe im Finanzmarktbereich.<br />
Eine kritische Auseinandersetzung,<br />
AJP 20 (2011) 1369 ff.; Giovanni Molo, Die neue Trennungslinie<br />
bei der Amtshilfe in Steuersachen: Das Verbot<br />
der fishing expeditions und die formellen Anforderungen<br />
an das Gesuch, ASA 80 (2011) 143 ff.; Urs R. Behnisch,<br />
Neuere Entwicklungen der internationalen Amtshilfe<br />
im Bereich der direkten Steuern, STH 84 (2010)<br />
165 ff.<br />
16 Vgl. BGer. 5A_638/2009 vom 13. September 2010 E. 3.3.5;<br />
anders noch Maurice Aubert/Jeanne Terracina, Respon<br />
sabilité des banques suisses à l’égard des Héri tiers,<br />
SJZ 92 (1996) 139: «Mais il doit rendre plausible que ces<br />
renseignements sont nécessaires afin de sauvegarder ses<br />
intérêts contre la banque …»<br />
die Banken) übertragen. Im internationalen Verhältnis<br />
gilt für die Bestimmung des anwendbaren<br />
Rechts das Erbstatut (Art. 90 ff. IPRG) und die Zuständigkeit<br />
bestimmt sich nach Art. 86 ff. IPRG.<br />
b. Praxis<br />
a) Die Gerichtspraxis zur Auskunftspflicht der Banken<br />
in Bezug auf das Bankkonto machte in der<br />
Schweiz eine bemerkenswerte Entwicklung durch,<br />
von der Verneinung der Auskunft bis zur umfassenden<br />
Gewährung derselben: 1939 hat die Privatsphäre<br />
eine Auskunft der Bank gegenüber den Erben<br />
noch verhindert. 5 1945 wurde Auskunft gewährt,<br />
allerdings beschränkt auf die Zeit seit dem letzten<br />
Richtigbefund. 6 1963 hat sich das Bundesgericht<br />
erstmals für die zeitlich unbeschränkte Auskunft<br />
ausgesprochen. 7 1991 wurde die Rechtsprechung<br />
dahingehend ergänzt, dass auch provisorische Erben<br />
ein Auskunftsrecht besitzen. 8 2007 hat das Bundesgericht<br />
9 zusammenfassend festgehalten, (1) dass jeder<br />
Erbe einzeln Auskunft verlangen könne (E. 2.5),<br />
(2) dass Anhaltspunkte zur Begründung genügen<br />
(E. 2.6) 10 , (3) dass der Verweis auf das Bankgeheimnis<br />
(Art. 47 BankG) unbehelflich sei (E. 2.6) und (4)<br />
dass höchstpersönliche Rechte des Erblassers naturgemäss<br />
unvererblich seien, sodass auch die entsprechenden<br />
Informationsrechte nicht auf die Erben<br />
übergehen (E. 2.5). 2010 hat das Handelsgericht<br />
Zürich 11 klargestellt, (1) dass die Auskunftspflicht<br />
der Banken umfassend 12 (nicht auf «relevante» Informationen<br />
beschränkt) 13 (E. 2.5) und (2) unabhängig<br />
von der Auskunftspflicht anderer Dritter<br />
sei (E. 2.5), (3) dass auch bereits erteilte Auskünfte<br />
nochmals gegeben werden müssten (Erw. 2.6) und<br />
(4) keine Vorauszahlungspflicht bestehe (Erw. 2.8).<br />
2012 wurde schliesslich durch das Bundesgericht 14<br />
entschieden, dass auch dar Datenschutz einer Auskunft<br />
nicht entgegenstehe (interne Aufzeichnungen<br />
über Kundeninstruk tionen betreffend Börsengeschäfte).<br />
Von diesen Punkten ist insbesondere die<br />
Frage, welche Unterlagen ein Erbe der Bank genau<br />
vorlegen müsse, um Auskunft zu erhalten, von<br />
entscheidender Bedeutung. Im Zivilrecht 15 herrscht<br />
eine sehr liberale Praxis, indem Anhaltspunkte (wie<br />
Unterlagen über die frühere Kontobeziehung oder<br />
genaue Angaben über das Konto [z.B. IBAN-Nummer])<br />
als Grundlage sicher genügen. Ob auch eine<br />
voraussetzungs lose Auskunft zu erteilen sei (für<br />
eine Negativbescheinigung), ist soweit ersicht lich<br />
durch die Rechtsprechung noch nicht entschieden<br />
worden. Wichtig ist jedenfalls, dass es keinen Interessenachweis<br />
für eine Auskunft braucht. 16<br />
b) Ein Gemeinschaftskonto (compte-joint) begründet<br />
gemeinschaftliches Eigentum der Konto-Inha-<br />
successio 4/12 257
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
ber. Beim Tod eines Konto-Inhabers übernehmen<br />
dessen Erben materiell seine Stellung, also seinen<br />
Anteil (Art. 560 ZGB). 17 Für den Fall, dass das Verhältnis<br />
zwischen den Kontoinhabern nicht näher geregelt<br />
ist, gelten die gesetzlichen Regeln über das<br />
Miteigentum, welche eine hälftige Aufteilung vorsehen<br />
(Art. 646 Abs. 2 ZGB). Eine Regelung, welche<br />
der joint tenancy des common law ähnlich ist (the<br />
survivor takes it all), gibt es in der Schweiz nicht. 18<br />
Diese zivilrechtliche Lage hat zur Folge, dass die Erben<br />
ein Auskunftsrecht über das (ganze) Gemeinschaftskonto<br />
für die Zeit vor dem Tod des Konto-Inhabers<br />
haben. 19<br />
c) Grundsätzlich haben die Erben auch in der Zeit<br />
nach dem Tod des Konto-Inhabers Anspruch auf<br />
Auskunft gegenüber der Bank, weil der Auftrag seit<br />
dem Ableben des Erblassers nun mit den Erben besteht.<br />
Gegen dieses Recht versucht die sog. Erbenausschlussklausel<br />
anzugehen. 2002 und 2006 wurde<br />
von zwei kantonalen Gerichten ausgeführt, dass die<br />
Erbenausschluss klausel eine Auskunft an die Erben<br />
nicht verhindern könne 20 und nichtig sei, wenn<br />
sie die Formvorschriften für letztwillige Verfügungen<br />
nicht einhalte. 21 Das Bezirksgericht Zürich 22<br />
hat demgegenüber 2009 eine (form-)gültig vereinbarte<br />
Erbenausschlussklausel als Hindernis für die<br />
Auskunft gegenüber den Erben nach dem Tod des<br />
Erblassers angesehen. Diese Ansicht teile ich nicht:<br />
Nach Art. 560 ZGB übernehmen die Erben eines<br />
Konto-Inhabers bei dessen Tod materiell seine Stellung.<br />
23 Damit erwerben sie auch seinen Anspruch<br />
auf Auskunft. Bei der Erbenausschlussklausel handelt<br />
es sich um eine letztwillige Verfügung des Erblassers,<br />
mit welcher er über seinen Anteil am Konto<br />
(auf den Zeitpunkt des Todes) verfügt, welche<br />
aber den Auskunftsanspruch der Erben nicht berührt,<br />
24 weil der Erblasser darüber gar nicht verfügen<br />
kann, 25 schon gar nicht rückwirkend und vollständig.<br />
26<br />
d) Im Sinne eines Exkurses sei hier kurz auf das Anwaltsgeheimnis<br />
eingegangen, welches zu Diskus sionen<br />
Anlass gegeben hat. Umstritten ist die Frage,<br />
inwieweit das Anwaltsgeheimnis eine Auskunft an<br />
die Erben verhindere. Zunächst haben sich kantonale<br />
Gerichte zur Frage geäussert, ob und in welchen<br />
Fällen der Rechtsanwalt den Erben Auskunft<br />
erteilen dürfe, ohne von der Aufsichtsbehörde eine<br />
entsprechende Bewilligung zu erhalten. Im Kanton<br />
Zürich herrscht eine liberale Praxis, indem das<br />
Interesse an der Aufklärung eines Tötungsdelikts<br />
am Erblasser 27 , aber auch die gerechte Verteilung<br />
der Erbschaft (Geltendmachung der Pflichtteile)<br />
Grund für die Aufhebung des Anwaltsgeheimnisses<br />
ohne Bewilligungspflicht ist. 28 Im Kanton Basel-Stadt<br />
besteht keine Bewilligungspflicht, wenn<br />
der Anwalt des Erblassers zum Willensvollstrecker<br />
berufen wird. 29 Restriktiver ist dagegen die Praxis<br />
im Kanton Neuenburg, wo der Anwalt in jedem<br />
Fall eine Bewilligung der Aufsichtsbehörde benötigt,<br />
um gegenüber den Erben Auskunft erteilen zu<br />
dürfen. 30 Dann hat das Bundesgericht in BGE 135<br />
III 597 (4A_421/2009) entschieden, dass die Geheimhaltungspflicht<br />
des Anwalts (Art. 13 BGFA)<br />
gegenüber der Rechenschaftspflicht (Art. 400 OR)<br />
vorgehe und Anwälte deshalb grundsätzlich eine<br />
Bewilligung der Aufsichtsbehörde zur Auskunftserteilung<br />
benötigten.<br />
e) Das Bundesgericht hat 2009 31 entschieden,<br />
dass sich die Zuständigkeit für Auskunftsansprüche<br />
der Erben gegen die Bank im internationalen<br />
Verhältnis nach dem Lugano-Übereinkommen<br />
(LugÜ) bestimmt, auch wenn der vertragliche An-<br />
17 Vgl. BGE 94 II 167, 170 ff. E. 4.<br />
18 Vgl. Dominique Rochat/Philipp Fischer, Compte-joint<br />
et clause d’exclusion des héritiers: de la difficulté de servir<br />
plusieurs maitres, successio 4 (2012) 240 ff.; anders<br />
Bretton-Chevallier/Not ter (Fn. 3), Not@lex 2011, 123;<br />
Geneviève Brunner, Der Tod des Bankkunden, Zürich<br />
2011, S. 165 f.<br />
19 Vgl. ZR 109 (2010) Nr. 37 E. 2.4: «Zum Umfang der Auskunftspflicht<br />
ist festzuhalten, dass der Auftraggeber (und<br />
damit dessen Erben …) sämtliche Auskünfte verlangen<br />
kann, die ihn selber betreffen (ZR 64 [1965] Nr. 136 E. 3).<br />
Dies gilt auch beim sog. ‹Compte-joint› …»<br />
20 Vgl. ZR 101 (2002) Nr. 26 E. III/4.2 und BJM 2006, 106.<br />
21 Vgl. ZR 101 (2002) Nr. 26 E. III/4.3; allerdings offen gelassen<br />
vom Handelsgericht Zürich im Urteil vom 26. Juni<br />
2008, ZBGR 93 (2012) 91 Nr. 6.<br />
22 Vgl. Bezirksgericht Zürich (CG080087/U vom 7. Juli<br />
2009), in: Finanzmarktrecht Entwicklungen 2009, hrsg. v.<br />
Andreas Bohrer, Martin Dietrich, Sebastian Harsch,<br />
Andreas Ito, Bern 2010, S. 47 f.<br />
23 Vgl. BGE 94 II 167, 170 f. E. 4a.<br />
24 Ebenso Matthias Häuptli, Kommentar zu Art. 560<br />
ZGB, in: Praxiskommentar Erbrecht, hrsg. v. Daniel Abt<br />
und Thomas Weibel, 2. Aufl., Basel 2011 (zit. PraxKomm-<br />
Häuptli), Art. 560 ZGB N 19.<br />
25 Ebenso ZR 102 (2002) Nr. 26 E. 4.2 S. 103: «Insoweit die<br />
Erbenausschlussklausel das Informationsrecht der Erben<br />
unterbindet oder auf ein Minimum reduziert, dient<br />
sie der Umgehung von erbrechtlichen Vorschriften; sie<br />
ist mithin widerrechtlich und damit gemäss Art. 20 Abs. 1<br />
OR nichtig»; bestätigt durch BJM 2006, 106 E. 6.<br />
26 Zur Unzulässigkeit des vollständigen Verzichts auf Rechenschaft<br />
vgl. hinten, Fn. 56.<br />
27 Vgl. ZR 81 (1982) Nr. 38 E. 2.<br />
28 Vgl. ZR 53 (1954) Nr. 180 S. 376.<br />
29 Vgl. BJM 2002, 280 E. 3b).<br />
30 Vgl. RJN 2005, 284, 299 f.<br />
31 Vgl. BGE 135 III 185, 191 f. E. 3.4.2; bestätigt in BGer.<br />
4A_249/2009 vom 29. Juli 2009 E. 2.1.<br />
258 successio 4/12
32 Vgl. etwa ZR 109 (2010) Nr. 37 E. 2.1.; Handelsgericht<br />
Zürich vom 26. Juni 2008, ZBGR 93 (2012) 91 Nr. 6<br />
E. 3.1.<br />
33 Ebenso Bretton-Chevallier/Notter (Fn. 3), Not@lex<br />
2011, 123.<br />
34 Vgl. BGE 100 II 200, 214 f. E. 9.<br />
35 Vgl. BGer. 4C.108/2002 vom 23. Juli 2002 (Panama Gesellschaft):<br />
Der wirtschaftlich Berechtigte hat keinen<br />
vertraglichen Auskunfts-Anspruch, welcher vererbt werden<br />
könnte (E. 3caa).<br />
36 Vgl. CdJ GE ACJC 87/2003 vom 30. Januar 2003 E. 3, zit.<br />
von Carlo Lombardini, Ayant droit économique et droit<br />
aux renseignements bancaires: deux arrêts de la Cour de<br />
Justice de Genève, relevant 2004 Nr. 2 S. 5 f.: Da kein Vertrag<br />
mit der Bank nachgewiesen werden konnte, fehlte es<br />
in diesem Fall an einem klaren und unbestrittenen Anspruch,<br />
welcher zur Anordnung einer provisorischen<br />
Massnahme (Art. 324 der Genfer Zivilprozessordnung)<br />
notwendig gewesen wäre.<br />
37 TA TI vom 27. Juni 2002, zit. von Lombardini (Fn. 36), relevant<br />
2004 Nr. 2 S. 2 f.: Ein grundsätzlich gegebener Anspruch<br />
ist aufgrund einer Interessenabwägung dann abzulehnen,<br />
wenn es dem ausdrücklichen Wunsch des<br />
Erblassers zuwider lief; statt dessen habe die Bank den<br />
Erben die Namen von Treuhändern mitzuteilen, welche<br />
Strukturen des Erblassers verwalten.<br />
38 Vgl. BGer. 5A_638/2009 vom 13. September 2010 E. 4.1<br />
und BGer. 4A_421/2009 vom 26. Juli 2010 E. 4.<br />
39 Die Aussage von Tarkan Göksu, Informationsrechte der<br />
Erben, AJP 21 (2012) 954: «Für Auskunftsansprüche der<br />
Erben gegenüber Dritten besteht keine erbrechtliche<br />
Rechtsgrundlage», meint wohl, dass es keine ausdrückliche<br />
Grundlage im Gesetz gibt, was richtig ist, weil der<br />
Wortlaut von Art. 607 Abs. 2 und Art. 610 Abs. 3 ZGB,<br />
welche analog angewendet werden, diesen Fall nicht abdeckt.<br />
40 Ebenso schon BGer. 5C.126/2005 vom 18. August 2005<br />
E. 6.2; BGer. 4C.108/2002 vom 23. Juli 2002 E. 3c/aa =<br />
Pra. 92 (2003) Nr. 51; BGE 100 II 200, 211 f. E. 8; Appella<br />
tions gerichtshof des Kantons Tessin in: BGer. 5P.40/<br />
2005 vom 28. Juni 2005, Sachverhalt C.; weiter vgl. Bretton-Chevallier/Notter<br />
(Fn. 3), Not@lex 2011, 141.<br />
41 Vgl. BGer. 5A_638/2009 vom 13. September 2010 E. 4.1;<br />
ebenso schon CdJ GE C/28930/ 2003, DAS/217/05 vom<br />
17.11.2005, SZW 78 (2006) 292, 301; ebenso Bretton-<br />
Chevallier/Notter (Fn. 3), Not@lex 2011, 124.<br />
42 Vgl. CdJ GE C/28930/2003, DAS/217/05 vom 17.11.2005,<br />
SZW 78 (2006) 292, 301.<br />
43 Vgl. BGer. 5C.291/2006 vom 30. Mai 2008.<br />
44 Anders das Obergericht Zürich, vgl. BGer. 5C.291/2006<br />
vom 30. Mai 2008 E. 3.2 und Andreas Schröder in seinen<br />
Anmerkungen zu diesem Entscheid, BGer. 5C_291/<br />
2006. Urteil des Bundesgerichts vom 30. Mai 2008 (sowie<br />
Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom<br />
17. August 2006, Nr. LN060014/U), successio 3 (2009)<br />
302 f.<br />
45 Vgl. vorne, A. 1. b. a).<br />
46 Ebenso Schröder (Fn. 44), successio 3 (2009) 303; anders<br />
aber das Obergericht Zürich im vorinstanzlichen Entscheid,<br />
vgl. BGer. 5C.291/2006 vom 30. Mai 2008 E. 3.2.<br />
47 Vgl. Arthur Meier-Hayoz/Peter Forstmoser, Die Auskunftsrechte<br />
von Erben gegenüber Banken, Jusletter<br />
vom 8. September 2003; weiter vgl. etwa Dieter Zobl,<br />
spruch (Art. 400 Abs. 1 OR) qua Erbrecht (Art. 560<br />
ZGB) erworben werde. Die Gerichtspraxis 32 wendet<br />
sodann übereinstimmend das Vertragsstatut an<br />
(Art. 117 IPRG). 33<br />
f) Abgrenzung: 1974 beurteilte das Bundesgericht 34<br />
einen Fall, in welchem der Kontoinhaber nicht der<br />
wirtschaftlich Berechtigte war und führte aus, dass<br />
der wirtschaftlich Berechtigte keinen vertraglichen<br />
Auskunfts-Anspruch habe, welcher vererbt werden<br />
könnte. 2002 wurde dieser Grundsatz vom Bundesgericht<br />
35 und 2003 vom Genfer Cour de Justice 36 bestätigt.<br />
Etwas anders begründete das Tessiner Tribunale<br />
d’Apello 37 die Ablehnung der Auskunft: Ein<br />
grundsätzlich gegebener Anspruch müsse im Sinne<br />
einer Interessenabwägung auch den vom Erblasser<br />
zum Ausdruck gebrachten Wunsch auf Geheimhaltung<br />
berücksichtigen. 2010 hat das Bundesgericht 38<br />
entschieden, dass sich ein Auskunftsrecht von Erben<br />
eines an einem Bankkonto (nur) wirtschaftlich Berechtigten<br />
gegenüber einer Bank nur aus dem Erbrecht<br />
ergeben könne, 39 weil Vertragsrecht in diesem<br />
Fall nicht anwendbar sei. 40 Im internationalen Verhältnis<br />
ist dabei zunächst das anwendbare Erbrecht<br />
anhand des Erbstatuts (Art. 90 ff. IPRG) zu bestimmen.<br />
41 Nach Art. 88 IPRG ist die Schweiz bei einem<br />
ausländischen Erblasser nur dann zuständig, wenn<br />
sich Nachlassvermögen in der Schweiz befindet. 42<br />
Nun stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt<br />
dies der Fall sein muss (im Zeitpunkt des Ablebens<br />
des Erblassers oder im Zeitpunkt der Klageeinreichung)<br />
und wie weit diese Tatsache nachzuweisen<br />
ist (Anhaltspunkte oder strikter Beweis). Das Bundesgericht<br />
hat 2008 43 beide Fragen offen gelassen<br />
(E. 4.2), die Zuständigkeit aber bejaht. Da es beim<br />
Auskunftsanspruch um eine rückwärtsgerichtete<br />
Betrachtung geht (Todeszeitpunkt und Zeitraum<br />
davor), sollte m.E. auf den Todeszeitpunkt abgestellt<br />
werden. 44 Dies verhindert auch Manipulationen<br />
durch einzelne Erben. Ein Glaubhaftmachen<br />
von Nachlassvermögen in der Schweiz (Anhaltspunkte)<br />
muss (wie beim vertraglichen Anspruch 45 )<br />
sodann genügen, 46 weil man nicht beweisen kann,<br />
wonach man erst sucht.<br />
c. Doktrin<br />
a) Die herrschende Lehre betreffend das Auskunftsrecht<br />
der Erben gegenüber der Bank wurde<br />
von Meier-Hayoz/Forstmoser 47 im Jusletter vom<br />
8.9.2003 zusammen gefasst: Das Auskunftsrecht des<br />
Erblassers geht auf die Erben über (Art. 560 ZGB),<br />
es ist umfassend und reicht zurück bis (mindestens)<br />
10 Jahre vor dem Tod. Geheimhaltungswünsche<br />
des Erblassers können die Auskunft der Bank zeitlich<br />
erheblich einschränken, nämlich bis zum letzten<br />
successio 4/12 259
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
Richtigbefund. Wenn es um Pflichtteile geht, greifen<br />
solche Einschränkungen des Erblassers allerdings<br />
nicht. Jeder Erbe kann die Auskunft alleine verlangen.<br />
Die Auskunft betrifft auch Gemeinschaftskonti.<br />
Das Bankgeheimnis gilt gegenüber den Erben<br />
nicht. Generell kann gesagt werden, dass die<br />
Erben den Anspruch so übernehmen, wie er im Verhältnis<br />
zum Erblasser bestand. 48 Besonders grosszügige<br />
Regeln gelten für nachrichtenlose Vermögen<br />
(wenig bis keine Anhaltspunkte). 49<br />
b) Nach eigener Meinung geht das Auskunftsrecht<br />
vom Erblasser auf die Erben über (Art. 560 ZGB).<br />
Es kann von jedem Erben einzeln geltend gemacht<br />
werden, ist umfassend (soweit noch Unterlagen bei<br />
der Bank vorhanden sind), voraussetzungslos (es<br />
genügen Anhaltspunkte, welche nicht zu beweisen<br />
sind, ein Interessenachweis ist ebenso nicht zu erbringen)<br />
und ohne Vorleistungspflicht der Erben.<br />
Die Bank muss die Auskunft unabhängig von der<br />
Auskunftspflicht Dritter und wiederholt erfüllen.<br />
Die Auskunftspflicht gilt auch für Gemeinschaftskonti,<br />
sie kann durch eine Erbenausschlussklausel<br />
(für die Vergangenheit) nicht eingeschränkt werden.<br />
50 Einschränkungen des Auskunftsrechts durch<br />
den Erblasser sind möglich, soweit es seine Person<br />
betrifft, 51 nicht aber, soweit es sein Vermögen betrifft,<br />
52 weil dieses nach Art. 560 ZGB von Gesetzes<br />
wegen auf die Erben übergeht. So kann der Erblasser<br />
insbesondere nicht ein Auskunftsrecht, das er<br />
selbst in der Vergangenheit gegenüber der Bank beanspruchte,<br />
rückwirkend für die Erben auslöschen.<br />
Noch nicht ganz geklärt scheinen mir die Fragen,<br />
ob die Erben beliebig Anfragen an Banken stellen<br />
können (bis zur fishing expedition) 53 und welches<br />
die genaue Rechtsgrundlage dafür ist, dass<br />
der Erblasser das Auskunftsrecht der Erben bezüglich<br />
des Nachlassvermögens nicht (oder mindestens<br />
nicht vollständig) 54 einschränken kann, ob dies aus<br />
dem Erbrecht 55 oder aus dem Vertragsrecht hervorgehe.<br />
56 Eine gesetzliche Grundlage fehlt sodann für<br />
die Frage, wie sich die Auskunft verlangenden Er-<br />
Probleme im Spannungsfeld von Bank-, Erb- und Schuldrecht,<br />
AJP 10 (2001) 1007, insbesondere 1016 ff.; Benoît<br />
Chappuis, L’utilisation de véhicules successoraux dans<br />
un contexte international et la lésion de la réserve successorale<br />
– Considérations de droit civil et procédure,<br />
SJ 127 (2005) II 37, 54 f.; Peter Breitschmid, Das Bankkonto<br />
im Erbgang – Probleme rund um die Vermögensverwaltung<br />
vor und nach dem Tod, successio 1 (2007)<br />
220 ff.; Michael Hamm/Gian Andry Tön dury, Auskunftsrechte<br />
von Erben gegenüber Schweizer Banken,<br />
fast grenzenlose Auskunfts ansprüche, STH 83 (2009)<br />
659 ff.<br />
48 Vgl. Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 192.<br />
49 Vgl. Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 202: «Laut<br />
Breitschmid/Matt erhalten ‹nach Mitteilung aus Schweizer<br />
Bankkreisen› ausländische Erben sodann Auskunft<br />
darüber, ob der Erblasser zur angefragten Bank in einer<br />
vertraglichen Beziehung stand. Dabei müsse nicht einmal<br />
nachgewiesen werden, weshalb ein Konto des Erblassers<br />
bei der Bank vermutet wird und es könne die Anfrage<br />
an beliebig viele Banken gerichtet werden.»<br />
50 Ebenso Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 192.<br />
51 Ebenso Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 194:<br />
«Einigkeit herrscht weitgehend, dass bei per se höchstpersönlichen<br />
Angelegenheiten kein Übergang der Geheimnisherrschaft<br />
auf die Erben erfolgt, die Bank also<br />
nicht auskunftspflichtig ist.»<br />
52 In diesem Punkt gehe ich weiter als Meier-Hayoz/Forstmoser<br />
(Fn. 47), Rz. 59; neben den Pflichtteilen ist auch an<br />
die Ausgleichung (Art. 626 ZGB) zu denken; diese kann<br />
auch von nicht pflichtteilsgeschützten Erben geltend gemacht<br />
werden.<br />
53 Nach Göksu (Fn. 39), AJP 21 (2012) 954, sind fishing expeditions<br />
«auf dem Weg prozessrechtlicher Informations<br />
rechte weder zulässig noch möglich»; nach Jean Nicolas<br />
Druey, Das Informationsrecht des Erben – die<br />
Kunst, Einfaches kompliziert zu machen, successio 5<br />
(2011) 183, 187, sind fishing expeditions unzulässig, weil<br />
der Informationsanspruch verhältnismässig ausgeübt<br />
werden muss; in dem von ihm zitierten BGE 133 III 664<br />
E. 2.6 findet sich dieses Kriterium allerdings nicht; nach<br />
Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 194, unterstehen<br />
«Informationsgesuche an eine Bank … dem Ausforschungsverbot<br />
und setzen daher – neben einer in inhaltlicher<br />
und zeitlicher Hinsicht möglichst konkreten<br />
Frage – die Plausibilität der Anspruchsverfolgung voraus.<br />
In Zweifelsfällen hat die Bank die Informationen dem<br />
Richter oder, sofern sich die Parteien einig sind, einem<br />
unbeteiligten und zur Verschwiegenheit verpflichteten<br />
Dritten zu erteilen, der sie dann ‹gefiltert› an die Erben<br />
weitergibt.»<br />
54 So Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 194: «Wollte<br />
der Erblasser seine Angelegenheiten vor seinen Erben<br />
geheim halten, findet der Übergang des Rechts auf Geheimhaltung<br />
grundsätzlich nicht statt, denn der Kunde<br />
bestimmt den näheren Inhalt des Rechts. … Diese Freiheit<br />
wird … allerdings durch das zwingende Pflichtteilsrecht<br />
begrenzt.»<br />
55 Ansatzweise wird diese Problematik bei der Erbenausschlussklausel<br />
behandelt, vgl. dazu vorne, A. 1. b. c); Zobl<br />
(Fn. 47), AJP 10 (2001) 1018, bezeichnet Einschränkungen<br />
der Auskunfts pflicht durch den Erblasser als unzulässig,<br />
ohne allerdings die angewendete Bestimmung genau<br />
anzugeben: «Auffassungen, wonach es dem Erblasser<br />
freigestellt sein soll, der Bank die Weisung zu erteilen,<br />
bei seinem Tode den Erben Auskünfte mit Bezug auf vermögensrechtliche<br />
Dispositionen ganz oder teilweise zu<br />
verweigern, sind mit der schweizerischen Rechtsordnung<br />
unvereinbar.»<br />
56 Nach Walter Fellmann, Kommentar zum Schweizerischen<br />
Privatrecht, Band VI: Das Obligationenrecht,<br />
2. Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse, 4. Teilband:<br />
Art. 394–406 OR, 4. Aufl., Bern 1992, Art. 400 OR<br />
N 58, verstösst ein genereller Verzicht auf die Rechenschaftspflicht<br />
gegen die guten Sitten und ist daher nich-<br />
260 successio 4/12
en gegenüber der Bank genau auszuweisen haben.<br />
57<br />
c) BGE 135 III 597 58 , welcher sich mit dem Anwaltsgeheimnis<br />
auseinandersetzt, wurde in der Literatur<br />
durch verschiedene Autoren kritisch kommentiert.<br />
Nach Dorjee-Good, 59 ist der Entscheid für Anwälte<br />
in Ordnung, aber für Erben unbefriedigend, weil<br />
die Schranke des Rechtsmissbrauchs nicht erwähnt<br />
wurde. Nach Fargnoli 60 sind die Erben (als Gesamtrechtsnachfolger)<br />
entgegen der Ansicht des Bundesgerichts<br />
keine Dritten. Nach Breitschmid/Matt 61<br />
macht es Sinn, dass sich die Aufsichtsbehörde zur<br />
Geheimhaltungsbedürftigkeit äussert.<br />
tig; nach Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 192,<br />
sind die Modalitäten der Informationserteilung «unter<br />
Berufung auf den Zweck der Mitteilung und unter Abwägung<br />
der Interessen der Beteiligten zu konkretisieren»<br />
und die Geheimhaltungserklärung des Erblassers<br />
unterliegt den allgemeinen Schranken von Art. 19 und<br />
Art. 20 OR sowie Art. 2 ZGB (194).<br />
57 Vgl. Bretton-Chevallier/Notter (Fn. 3), Not@lex 2011,<br />
133 f.: «Ici encore, aucun texte légal ne répond à cette<br />
question et il appartient à chaque établissement financier<br />
d’établir des règles en la matière Si la succession est<br />
soumise au droit suisse et ouverte dans ce pays, les<br />
documents habituellement requis des banques sont le<br />
certificat de décès et le certificat d’héritier»; die Banken<br />
verlangen regelmässig einen Erbschein (eine Erb beschei<br />
nigung), vgl. Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011)<br />
189, 193.<br />
58 Vgl. vorne, A. 1. b. d).<br />
59 Vgl. Andrea Dojee-Good, Das Anwaltsgeheimnis ist<br />
auch gegenüber den Erben des Klienten zu wahren –<br />
BGE 135 III 597, successio 4 (2010) 299, 307.<br />
60 Vgl. Iole Fargnoli, Bundesgericht, II. zivilrechtliche<br />
Abteilung, Urteil vom 15. September 2009 (4A_15/2009),<br />
AJP 19 (2010) 380, 383.<br />
61 Vgl. Peter Breitschmid/Isabel Matt, Informationsansprüche<br />
der Erben und ihre Durchsetzung – Insbesondere<br />
Informationsansprüche gegenüber Banken über<br />
ihre Geschäftsbeziehung mit dem Erblasser, successio 4<br />
(2010) 85, 106.<br />
62 Vgl. Hans Rainer Künzle, Interessenkollision im Erbrecht:<br />
Willensvollstrecker, Notar, Anwalt, SJZ 108 (2012)<br />
1, 4.<br />
63 Vgl. vorne, A. 1. b. f); Bretton-Chevallier/Notter<br />
(Fn. 3), Not@lex 2011, 141 f.<br />
64 Vgl. Gian Sandro Genna, Bundesgerichtliche Widersprüchlichkeiten<br />
zum Informationsanspruch im Erbrecht?,<br />
successio 5 (2011) 203, 206.<br />
65 Vgl. Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 200: «Richtigerweise<br />
ist die Frage zu verneinen: Wenn ein Auskunftsrecht<br />
des wirtschaftlich Berechtigten verneint<br />
d) Nach eigener Meinung 62 wurde das Bankgeheimnis<br />
geschaffen, um Vermögenswerte zu schützen,<br />
und das Anwaltsgeheimnis, um persönliche Informationen<br />
zu schützen. An beiden Orten, sowohl<br />
in der Bank als auch in der Anwaltskanzlei, können<br />
aber auch die jeweils anderen Güter eine Rolle spielen.<br />
Der Banker soll mit anderen Worten für sich behalten,<br />
dass die Geldempfängerin die Geliebte des<br />
Kontoinhabers war und der Anwalt muss offenlegen,<br />
wo sich zusätzliches Nachlassvermögen befindet.<br />
Die Offenlegung soll also nicht nur darauf abstellen,<br />
wer sie zu leisten hat (ob die Bank oder der<br />
Anwalt), sondern vermehrt berücksichtigen, welche<br />
Informationen preisgegeben werden (Information<br />
über das Vermögen oder die Person). Beim Umgang<br />
mit dem Anwaltsgeheimnis wäre eine einheitlichere<br />
Praxis der Kantone zu wünschen, zudem sollte das<br />
Anwaltsgeheimnis Auskünften über Vermögensbestände<br />
und -transaktionen nicht im Wege stehen.<br />
e) Das Bundesgericht hat ausgeführt, dass die Auskunftspflicht<br />
der Bank gegenüber den Erben eines<br />
wirtschaftlich Berechtigten nur aus dem Erbrecht<br />
hervorgehen könne, ohne aber eine genaue Rechtsgrundlage<br />
anzugeben. 63 In der Lehre werden unterschiedliche<br />
Ansätze vertreten: Nach Genna 64 ist es<br />
offen, ob solche Ansprüche im schweizerischen Erbrecht<br />
überhaupt vorhanden sind, Schröder lehnt sie<br />
ab, 65 andere Autoren sehen Art. 170 ZGB als mögliche<br />
Grundlage. 66 Nicht zu übersehen ist, dass in<br />
kantonalen Entscheiden nochmals andere Ansätze<br />
verfolgt wurden: So werden zivilprozessrechtliche<br />
Bestimmungen als Grundlage verwendet oder<br />
Entscheide auf den Einzelfall gestützt, 67 aber auch<br />
die Pflichtteile werden als Grundlage angegeben. 68<br />
wird, gilt dies auch für die Erben, können diese im Rahmen<br />
der Universalsukzession doch nicht Rechte erworben<br />
haben, die dem Erblasser selbst nicht zugestanden<br />
sind.»<br />
66 Vgl. etwa Chappuis (Fn. 47), SJ 127 (2005) II 37, 60; Guy<br />
Stanislas, Ayant droit économique et droit civil: le devoir<br />
de renseignements de la banque, SJ 121 (1999) II<br />
413, 443; anders noch Aubert/Terracina (Fn. 16), SJZ 92<br />
(1996) 141: Prüfung von Art. 401 OR und Ablehnung der<br />
Auskunftspflicht, weil der Bank die genaue Art der Berechtigung<br />
nicht bekannt sei.<br />
67 Cour de Justice Genève (CdJ GE) ACJ 1382/1998 vom<br />
11. Dezember 1998 in der Sache C/8736/1997 (nicht publiziert),<br />
zit. von Stanislas (Fn. 66), SJ 121 (1999) II 413,<br />
443; CdJ GE ACJC 318/2003 vom 20. März 2003, SZW 76<br />
(2004) 334 r47 = Journée 2004 de droit bancaire et<br />
financier, S. 97–107; CdJ GE ACJC 146/2006 vom 16. Februar<br />
2006, SZW 79 (2007) 322 = www.com mer cial arbitration.ch.<br />
68 CdJ GE ACJC 895/2003 vom 10. September 2003 E. 4c,<br />
zit. von Lombardini (Fn. 36), relevant 2004 Nr. 2 S. 13:<br />
«il en resulte qu’en leur qualité d’héritiers réservataires,<br />
AS, veuve R, GU R et D R sont ainsi légitimés à obtenir<br />
de l’intimée tous les renseignements et documents qu’ils<br />
successio 4/12 261
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
Nach Bretton-Chevalier/Notter ist die Rechtsstellung<br />
des wirtschaftlich Berechtigten jedenfalls noch<br />
weiter zu klären: «Le statut et les droits des héritiers<br />
de l’ayant droit économique d’un compte restent<br />
encore à clarifier en droit suisse.» 69 Angesichts<br />
dieser Unsicherheiten haben die Banken jeweils<br />
eigene Vorgehensweisen entwickelt, welche das<br />
Bankgeheimnis wahren. Die einen nehmen Kontakt<br />
mit den Strukturen auf und ersuchen deren Organe,<br />
die Erben des wirtschaftlich Berechtigten direkt zu<br />
kontaktieren, andere wiederum weisen die Erben<br />
an einen Treuhänder mit dem Hinweis, dieser könne<br />
ihnen antworten. 70<br />
f) Nach eigener Meinung ist ein Auskunftsrecht erbrechtlicher<br />
Natur immer dann gegeben, wenn die<br />
Erben (von Gesetzes wegen oder durch letztwillige<br />
Verfügung) einen erbrechtlichen Anspruch haben,<br />
welchen sie nur durchsetzen können, wenn man Ihnen<br />
gegenüber anderen Erben (Art. 607 Abs. 3 und<br />
Art. 610 Abs. 2 ZGB) oder gegenüber Dritten (ohne<br />
ausdrückliche gesetzliche Grundlage) 71 einen Auskunftsanspruch<br />
gewährt. Ein typisches Beispiel sind<br />
die Pflichtteilserben, welche ihre Rechte mit der<br />
Herabsetzungsklage (Art. 527 ZGB) geltend machen<br />
müssen und unentgeltliche Vermögenstransaktionen<br />
(Schenkungen) verfolgen, bei denen der<br />
Gesetzgeber kein ausdrückliches Auskunftsrecht<br />
für die Erben vorgesehen hat. Ähnliche Auskunftsrechte<br />
gibt es etwa im Zusammenhang mit der Ausgleichung<br />
(Art. 626 ZGB) und der Erbschaftsklage<br />
(Art. 598 ZGB), sind aber bei weiteren erbrechtlichen<br />
Klagen/Ansprüchen denkbar. In allen diesen<br />
Fällen bleibt nichts anderes übrig, als Art. 607 Abs. 3<br />
und Art. 610 Abs. 2 ZGB analog anzuwenden.<br />
g) Auch im internationalen Verhältnis ist für die Beziehung<br />
zwischen der Bank und dem Erblasser «gestützt<br />
auf die in den AGB erfolgte Rechtswahl» 72<br />
regelmässig schweizerisches Recht und damit (zumindest<br />
ergänzend) das Auftragsrecht (Art. 400<br />
OR) anwendbar.<br />
h) Der Nacherbe hat vor Eintreten des Nacherbfalls<br />
keine Auskunftsrechte gegenüber der Bank. In dieser<br />
Phase beschränken sich seine Auskunftsrechte<br />
auf das Verhältnis zum Vorerben. 73 Nach Eintritt<br />
des Nacherbfalls ist der Nacherbe vollwertiger Erbe<br />
und seine Auskunftsrechte entsprechen denjenigen<br />
eines (gewöhnlichen) Erben. 74<br />
2. Stiftungen und Trusts<br />
a. Gesetzliche Grundlagen<br />
a) Die gesetzliche Grundlage für die vertragliche<br />
Auskunft der Bank an die Erben über Überweisungen<br />
des Erblassers in eine Struktur (Stiftung/Trust),<br />
also Schenkungen/Zuwendungen, ist Art. 400 OR<br />
i.V.m. Art. 560 ZGB. Während beim Bankkonto 75<br />
ein Dauerschuldverhältnis vorliegt, handelt es sich<br />
hier um einen Einzelauftrag. Fragen kann man sich,<br />
ob die gleiche gesetzliche Grundlage auch für Bareinzahlungen<br />
in eine Struktur gilt. Im internationalen<br />
Verhältnis gilt das Vertragsstatut (Art. 117<br />
IPRG) und für die Zuständigkeit ist das Lugano-<br />
Übereinkommen (LugÜ) zu beachten. 76<br />
b) Die gesetzliche Grundlage für die erbrechtliche<br />
Auskunftspflicht der Struktur (Stiftung/Trust) an die<br />
Erben setzt bei der (erbrechtlichen) 77 Anfechtung<br />
von Verfügungen unter Lebenden (Schenkungen/<br />
Zuwendungen) an eine Struktur ein, welche etwa<br />
in Art. 527 ZGB und Art. 598 ZGB geregelt sind. 78<br />
Um diese Rechte durchsetzen zu können, benötigen<br />
die Erben Auskunft von den Strukturen, welche<br />
in Analogie zu Art. 607 Abs. 3 und Art. 610<br />
Abs. 2 ZGB (Auskünfte unter den Erben) gebildemandent<br />
aux fins de déterminer dans quelle mesure<br />
leur réserve héréditaire a été lésée et entreprendre, si<br />
nécessaire, toute démarche en vue de sa reconstitution,<br />
soit … les renseignements relatifs à la constitution et au<br />
fonctionnement des sociétés F et L, et éventuelles autres<br />
dont feu GO R était ayant droit économique» (Her vorhebung<br />
vom Verfasser).<br />
69 Bretton-Chevallier/Notter (Fn. 3), Not@lex 2011, 143;<br />
ebenso Luc Thévenoz/Dieter Zobl, Das schweizerische<br />
Bankprivatrecht 2005–2006 Le droit bancaire privé suisse<br />
2005–2006, SZW 78 (2006) 293: «Ein sauberes dogmatisches<br />
Konzept, welches Auskunftsrechte an die Erben des<br />
wirtschaftlich Berechtigten (oder auch an den wirtschaftlich<br />
Berechtigten selber) im Verhältnis zum Bankgeheimnis<br />
zu rechtfertigen vermag, fehlt aber bis heute.»<br />
70 Vgl. Bretton-Chevallier/Notter (Fn. 3), Not@lex 2011,<br />
143.<br />
71 In diesem Fall werden Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2<br />
ZGB analog angewendet; vgl. dazu auch hinten, A.2.a.b)<br />
(analoge Anwendung bei Strukturen) und A.3.a.b) (analoge<br />
Anwendung bei der Lebensversicherung).<br />
72 Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 191.<br />
73 Vgl. Göksu (Fn. 39), AJP 21 (2012) 953, 956: «Keine Erbenstellung<br />
haben und daher nicht anspruchsberechtigt<br />
sind dagegen Nacherben, solange der Nacherbfall nicht<br />
eingetreten ist (Art. 492 ZGB) …»<br />
74 Vgl. Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 196: «Nacherben<br />
sind ab dem Zeitpunkt des Nacherbfalls informations<br />
berechtigt.»<br />
75 Vgl. dazu vorne, A. 1.<br />
76 Vgl. Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 193.<br />
77 Neben der erbrechtlichen Anfechtung gibt es zum Beispiel<br />
auch die güterrechtliche Anfechtung nach Art. 220<br />
ZGB.<br />
78 Weitere erbrechtliche Ansprüche (vgl. dazu vorne, A. 1.<br />
c. f]) sind denkbar, werden aber hier nicht behandelt.<br />
262 successio 4/12
det wird. 79 Das anwendbare (schweizerische oder<br />
ausländische) Erbrecht wird nach dem Erbstatut<br />
(Art. 90 ff. IPRG) bestimmt und die Zuständigkeit<br />
bestimmt sich nach Art. 86 ff. IPRG. Wenn nicht<br />
nur Zuwendungen, sondern eine Struktur als solche<br />
angefochten wird, bestimmt sich das anwendbare<br />
Erbrecht nach dem Kollisionsrecht des jeweiligen<br />
Forums (für trusts: Art. 15 lit. c HTÜ 80 ).<br />
c) Das schweizerische Stiftungsrecht kennt keine<br />
ausdrückliche gesetzliche Grundlage für das Auskunftsrecht<br />
des Stifters bzw. der Begünstigten gegenüber<br />
der Stiftung, dieses ist aber dennoch anerkannt.<br />
81 Das anwendbare Stiftungsrecht richtet sich<br />
nach dem Gesellschaftsstatut (Art. 150 IPRG).<br />
d) Die gesetzliche Grundlage für das Auskunftsrecht<br />
des Settlor bzw. Begünstigten gegenüber dem<br />
Trustee bestimmt sich nach dem (lokalen) Trust-<br />
Recht. 82 Das anwendbare Trustrecht richtet sich<br />
nach dem Truststatut (Art. 149c IPRG).<br />
79 Vgl. etwa Breitschmid/Matt (Fn. 61), successio 4 (2010)<br />
85, 100; kritisch dazu Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011)<br />
189, 192.<br />
80 Vgl. Übereinkommen vom 1. Juli 1985 über das auf<br />
Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung<br />
(SR 0.221.371).<br />
81 Vgl. dazu hinten, A. 2. b. c).<br />
82 Ein schweizerisches Trust-Recht gibt es nicht.<br />
83 Vgl. BGE 89 II 87, 93 f. E. 6.<br />
84 Vgl. BGer. 5C.276/2005 vom 14. Februar 2006 E. 2.<br />
85 Anders Göksu (Fn. 39), AJP 21 (2012) 957.<br />
86 Vgl. BGE 133 III 664, 668 E. 2.6; vgl. dazu auch Markus<br />
Felber, Recht im Spiegel der NZZ, NZZ vom 11. Oktober<br />
2007, NZZ 236-21.<br />
87 Vgl. Mario Giovanoli, Aspects successoraux, in: Journée<br />
2006 de droit bancaire et financier, hrsg. v. Christian Bovet<br />
und Luc Thévenot, Zürich 2007, S. 142 f.<br />
88 Vgl. BGE 90 II 365 (Crisanus Familien-Stiftung).<br />
89 Vgl. BGer. 5P.40/2005 vom 28. Juni 2005 (Vorinstanz: TA<br />
TI vom 1. Dezember 2004, RCP 2005, 325).<br />
90 Vgl. BGE 132 III 677 = 5C.261/2005.<br />
91 Vgl. auch Peter Breitschmid, Entwicklungen im Erbrecht,<br />
SJZ 103 (2007) 119: «BGE 132 III 677 signalisiert<br />
auskunftsscheuen ausländischen Konstrukten, dass sie<br />
mittels der Erbschaftsklage auskunftsrechtlich nach<br />
Art. 86 IPRG vor schweizerischen Gerichten umfassend<br />
belangt werden können wenn auch möglicherweise zu<br />
Unrecht nicht im summarischen Verfahren: dazu ein kantonaler<br />
Entscheid aus Genf.»<br />
92 Vgl. BGE 136 III 461 = 4A_421/2009.<br />
93 Vgl. BGE 130 III 97 = 5P.302/2003 = ZBGR 85 (2004)<br />
352.<br />
b. Praxis<br />
a) Schenkungen/Zuwendungen: 1963 erklärte das<br />
Bundesgericht, 83 dass im Falle einer Schenkung auf<br />
den Todesfall (Sparheft auf den Namen eines Dritten<br />
unter Vorbehalt der Verfügung zu Lebzeiten)<br />
die Erben Auskunft erhalten und das Bankgeheimnis<br />
dem nicht entgegenstehe. 2005 hielt das Bundesgericht<br />
84 fest, dass Art. 170 ZGB keine genügende<br />
gesetzliche Grundlage für die Ehefrau sei, um nach<br />
dem Tod des Ehemannes Auskunft über seine lebzeitigen<br />
Verfügungen zu erhalten. 85 2007 gewährte<br />
das Bundesgericht 86 den Erben Auskunft bei einer<br />
Bareinzahlung in eine Struktur und führte zur<br />
Stellung der Bank aus: Wenn der Kontoinhaber aus<br />
freien Stücken Geld in eine liechtensteinische Stiftung<br />
verschiebt, «ist die Bank nicht Gehilfin des<br />
Kontoinhabers», vielmehr verwendet sie «das Geld<br />
gemäss dessen Weisungen». Die Bank ist also nicht<br />
nur eine Zahlstelle, sondern hat eine vertragliche<br />
Verpflichtung übernommen, die vererbt werden<br />
kann. Giovanoli 87 berichtet von einem Fall der Cour<br />
de Justice de Genève, in welchem die Bank einem<br />
Pflichtteilserben Auskunft über Einzahlungen in<br />
einen Trust geben musste, sowie von einem Fall, in<br />
welchem dem Nicht-Pflichtteilserben dieses Recht<br />
verwehrt wurde.<br />
b) Stiftungen: 1964 führte das Bundesgericht 88 aus,<br />
pflichtteilsverletzende Zuwendungen an Stiftungen<br />
könnten angefochten werden (Art. 527 ZGB). Über<br />
die ihnen bekannten Zuwendungen an die Stiftung<br />
haben sich die Erben gegenseitig Auskunft zu geben<br />
(Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB) und<br />
ebenso der Willensvollstrecker (i.V.m. Art. 517 f.<br />
ZGB) und gleichzeitige Stiftungsrat. 2005 wurde ein<br />
Auskunftsrecht des Erben eines wirtschaftlich Berechtigten<br />
an einer liechtensteinischen Stiftung gestützt<br />
auf Art. 400 Abs. 1 OR verneint, soweit keine<br />
Simulation vorliegt. 89 2006 stellt des Bundesgericht 90<br />
fest, dass im Zusammenhang mit einer Erbschaftsklage<br />
(Art. 598 ZGB) gegen eine liechtensteinische<br />
Anstalt auf Herausgabe von Kunstwerken (E. 3.5)<br />
auch Auskunftsansprüche gegen Dritte vorhanden<br />
sein können (E. 4). 91 Dabei stützte das Bundesgericht<br />
den Auskunftsanspruch analog auf Art. 607<br />
Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB. 2010 hat das Bundesgericht<br />
92 entschieden, dass der an liechtensteinischen<br />
Strukturen (Stiftungen/Anstalten) oder angelsächsischen<br />
Trusts wirtschaftlich Berechtigte<br />
keine Vertragsbeziehung mit diesen Vehikeln unterhält,<br />
welche vererbt werden könnten (E. 4). Ein<br />
Auskunftsrecht könne sich deshalb nur aus dem<br />
(ausländischen) Erbrecht ergeben (E. 5.2).<br />
c) Trusts: 2003 hat das Bundesgericht 93 entschieden,<br />
dass der amtliche Erbschaftsliquidator keine ho-<br />
successio 4/12 263
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
heitlichen Befugnisse habe, um (für die Erben) Auskünfte<br />
von Dritten (A. Trust Ltd.) einzuholen. 2006<br />
hat sich der Cour de Justice de Genève 94 mit einem<br />
Trust befasst, welcher in einem Erbfall unter der<br />
Anwendung französischen Erbrechts zu beurteilen<br />
war. Der Auskunftsanspruch des Erben des Settlors<br />
und gleichzeitig Begünstigten eines Trusts wurde<br />
abgelehnt, weil der Antragsteller (nach französischem<br />
Erbrecht) kein Pflichtteilserbe und weil der<br />
Anspruch auf eine vorsorgliche Massnahme nicht<br />
liquid war (der im Verfahren notwendige Zeugenbeweis<br />
steht bei vorsorglichen Massnahmen nicht<br />
zur Verfügung). 2010 entschied das Bundesgericht, 95<br />
dass der amtliche Erbschaftsliquidator das Recht<br />
hat, von Dritten Auskünfte über die finanzielle Lage<br />
des Erblassers zu verlangen. Auskunft geben muss<br />
insbesondere der Anwalt, welcher einen Trust für<br />
Rechnung des Verstorbenen errichtet hat (Mandat);<br />
der Anwalt kann sich nicht auf sein Berufsgeheimnis<br />
berufen. Nach Schröder würde dieses Auskunftsrecht<br />
auch den Erben zustehen. 96<br />
c. Doktrin<br />
a) BGE 133 III 664 97 (Bareinzahlung) ist auf Kritik<br />
gestossen: So bemerken Borer/Dietrich/Forlin/<br />
Harsch/Ito/Spiegel zu dieser Entscheidung, 98 dass<br />
nur der Kontoinhaber ein Vertragsverhältnis mit der<br />
Bank unterhält, nicht aber der Einzahlende. Nach<br />
Schröder 99 ist (ebenfalls) kein Vertragsverhältnis<br />
mit der Bank ersichtlich; er ist der Ansicht, die Erben<br />
sollten sich primär an die Stiftung wenden, bei<br />
unbekannten Dritten könne man einen Auskunftsvertrag<br />
«kon stru ieren» oder in Analogie zu Art. 170<br />
ZGB oder Art. 16 PartG «vorgehen». 100<br />
b) Giovanoli 101 bemerkt, dass eine vertragliche Beziehung<br />
(in welche alle Erben – auch die nicht<br />
pflichtteilsberechtigten – eintreten können), nicht<br />
nur wie geschildert im Rahmen einer Einzahlung<br />
der Bank an eine Struktur, sondern auch im Rahmen<br />
eines Auftrags zur Errichtung einer Struktur<br />
(Stiftung/Trust) erfolgen könne (Mandat).<br />
c) Noseda beschreibt die Auskunftsrechte der Begünstigten,<br />
welche im Einzelnen dem jeweiligen<br />
Trust-Recht unterstehen, allgemein wie folgt: «Der<br />
Begünstigte besitzt ein Recht auf Information gegenüber<br />
dem Trustee (mit gewissen Ausnahmen und<br />
Beschränkungen).» 102 Das Auskunftsrecht wird teilweise<br />
mit dem Eigentumsrecht 103 und teilweise mit<br />
dem Aufsichtsrecht des Begünstigten 104 begründet.<br />
Der Begünstigte darf die allgemeinen Urkunden<br />
einsehen und erhält davon auch eine Kopie. Dazu<br />
gehören etwa die Trusturkunde (trust deed) und<br />
Urkunden über Ernennung und Abberufung des<br />
Trustees, Protokolle von Trustee-Sitzungen (wobei<br />
Abschnitte über die Ausübung der dispositive powers<br />
abgedeckt werden dürfen), Rechtsberatungen,<br />
Buchhaltung und Belege und Unterlagen über die<br />
Anlage des Trustvermögens. Nicht gezeigt werden<br />
müssen Unterlagen, welche die Ausübung der dispositive<br />
powers betreffen, insbesondere die letter<br />
of wishes. 105 Baddeley führt aus, dass Auskunftsbegehren<br />
von Erben im Ausland «nicht immer stattgegeben<br />
wird, um die einheimische Trustindustrie<br />
zu schützen». 106 Dagegen können sich Trustees oder<br />
Protectors in der Schweiz der Auskunftspflicht nicht<br />
entziehen, selbst wenn sie Träger eines Berufsgeheimnisses<br />
(wie Rechtsanwälte) sind. 107<br />
d) Nach Chapuis 108 haben nur Pflichtteilserben<br />
einen Anspruch auf Auskunft und dieser ist aufgrund<br />
einer Interessenabwägung zu gewähren bzw.<br />
einzu schränken: «Il ressort toutefois de manière<br />
unanime que ce droit n’est reconnu qu’aux héritiers<br />
réservataires et qu’il est soumis à une pesée d’intérêts<br />
entre le secret bancaire dont le véhicule successoral,<br />
détenteur du compte, peut se prévaloir et le droit<br />
des héritiers réservataires à faire valoir leurs droits<br />
successoraux.» Das anwendbare Erbrecht bestimmt<br />
sich nach den Kollisionsregeln des Internationalen<br />
94 Vgl. Cour de Justice GE ACJC/146/2006 vom 16.02.2006,<br />
SZW 79 (2007) 322.<br />
95 Vgl. BGer. 5A_620/2007 vom 7. Januar 2010 = ZBGR 93<br />
(2011) 57 Nr. 9.<br />
96 Vgl. Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 200 f.<br />
97 Vgl. vorne, A. 2. b. a).<br />
98 Vgl. Andreas Borer/Martin Dietrich/Christine Forlin/Sebastian<br />
Harsch/Andreas Ito/Dirk Spiegel, Finanzmarktrecht<br />
– Entwicklungen 2007, Bern 2008, S. 97.<br />
99 Vgl. Andreas Schröder, BGE 133 III 664. Urteil des<br />
Bundesgerichts 5C.8/2007 vom 10. September 2007, successio<br />
3 (2008) 225 ff.<br />
100 Vgl. auch Schröder (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 201 f.<br />
101 Vgl. Giovanoli (Fn. 87), S. 143.<br />
102 Filipo Noseda, Praktische Auswirkungen des Haager<br />
Trust Übereinkommens für den Schweizer Trustee, Protector,<br />
Trust Administrator und Investment Advisor,<br />
AJP 15 (2006) 482, 485.<br />
103 Vgl. Re Londonderry’s Settlement (1965) Ch 918.<br />
104 Vgl. Rabaiotti’s Settlement (2000) JLR 173; Schmidt v<br />
Rosewood Trust Ltd (2003) UKPC 25.<br />
105 Vgl. Re Londonderry’s Settlement (1965) Ch 918;<br />
Rabaiotti’s Settlement (2000) JLR 173, para. 53; Schmidt<br />
v Rosewood Trust Ltd (2003) UKPC 25.<br />
106 Margareta Baddeley, Vermögensübertragungen an<br />
Trusts und schweizerisches Eherecht, FamPra. 2011, 302,<br />
304.<br />
107 Vgl. Baddeley (Fn. 106), FamPra. 2011, 302, 314; Stanislas<br />
(Fn. 66), SJ 121 (1999) II 413, 434 f.<br />
108 Vgl. Chappuis (Fn. 47), SJ 127 (2005) II 37, 55 f.<br />
264 successio 4/12
Privatrechts, welches mit dem auf die Struktur anwendbaren<br />
Recht nicht identisch sein muss (Beispiel:<br />
Anwendung französischen Erbrechts auf eine<br />
Stiftung nach liechtensteinischem Recht). 109<br />
e) Nach Thévenoz 110 ist das Auskunftsrecht der Erben<br />
im Zusammenhang mit einer Herabsetzungsklage<br />
gegen einen Trust wenig ausgebildet. Er schlägt<br />
deshalb vor, dieses Recht in einem neuen Art. 533a<br />
ZGB 111 zu fassen. Weingart 112 hat neuerdings einen<br />
ähnlichen Vorschlag 113 gemacht.<br />
f) Nach eigener Meinung gewährt das Erbrecht den<br />
Erben direkte Ansprüche gegenüber Dritten, etwa<br />
mit der Herabsetzungsklage nach Art. 527 ZGB oder<br />
dem Herausgabeanspruch nach Art. 598 ZGB. 114 In<br />
Verbindung mit solchen erbrechtlichen Ansprüchen<br />
können die Erben auch Auskunftsansprüche gegen<br />
eine Stiftung oder einen Trustee geltend machen, welche<br />
sich mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen<br />
Grundlage auf die analoge Anwendung von Art. 607<br />
Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB stützen. 115 Das Erbstatut<br />
bestimmt das anwendbare Erbrecht.<br />
Das Stiftungs- und Trustrecht gewähren den Begünstigten<br />
Auskunftsansprüche, nicht aber den<br />
Erben von Begünstigten oder Stiftern. Das Gesellschaftsstatut<br />
bzw. Truststatut bestimmen das anwendbare<br />
Stiftungs- und Trustrecht, welches die<br />
genaue Ausgestaltung des Auskunftsrechts des Begünstigten<br />
bestimmt.<br />
Das Vertragsrecht kann den Erben (Universalsukzession)<br />
in gewissen Fällen, in denen im Zusammenhang<br />
mit der Einrichtung einer Struktur oder<br />
bei Zuwendungen an sie (Banktransaktion, Bareinlage?)<br />
vertragliche Ansprüche (Mandat) entstanden<br />
sind, ein Auskunftsrecht gewähren. Das Vertragsstatut<br />
bestimmt das anwendbare Vertragsrecht.<br />
109 Vgl. Chappuis (Fn. 47), SJ 127 (2005) II 37, 60 f.: «Or la loi<br />
applicable à la succession ne coïncide pas forcément avec<br />
celle applicable au véhicule successoral dans la mesure<br />
où ces deux lois sont désignées par des règles de rattache<br />
ment différentes. Il faut examiner quelle est la<br />
perception du véhicule successoral par le droit applicable<br />
à la succession afin de déterminer si les biens détenus par<br />
le véhicule sont de nature successorale.»<br />
110 Vgl. Luc Thévenoz, Trusts en Suisse/Trusts in Switzerland,<br />
Zürich 2001, S. 57 ff.<br />
111 Vgl. Thévenoz (Fn. 110), S. 342: «Macht ein pflichtteilsberechtigter<br />
Erbe Tatsachen glaubhaft, die eine Herabsetzungsklage<br />
gegen einen … Trustee oder Begünstigten<br />
eines … Trusts begründen könnten, kann der Richter<br />
den … Trustee sowie die Begünstigten oder Verwahrer<br />
der betreffenden Vermögenswerte verpflichten, die erforderlichen<br />
Auskünfte zu erteilen und die notwendigen<br />
Urkunden vorzulegen.»<br />
112 Vgl. Claudio Weingart, Anerkennung von Trusts und<br />
trustrechtlichen Entscheidungen im internationalen Verhältnis<br />
– unter besonderer Berücksichtigung schweizerischen<br />
Erb- und Familienrechts, Zürich 2010, N 233 ff.<br />
113 Vgl. Weingart (Fn. 112), N 297: «Sofern pflichtteilsgeschützte<br />
Erben eine Verletzung ihres Pflichtteilsanspruchs<br />
glaubhaft machen können, kann das Gericht<br />
Drittpersonen, wie z.B. Treuhänder, Begünstigte, Banken<br />
und Vermögensverwalter, zur Herausgabe von Informationen<br />
und Beweisen verpflichten, die zur Feststellung<br />
des Pflichtteilsrechts notwendig sind.»<br />
114 Zu weiteren erbrechtlichen Ansprüchen vgl. vorne, A. 1.<br />
c. f).<br />
115 Ebenso Paul Eitel/Silvia Brauchli, Trusts im Anwendungsbereich<br />
des schweizerischen Erbrechts, successio 6<br />
(2012) 116, 146.<br />
116 Vgl. BGE 133 III 669 E. 4.<br />
117 Vgl. dazu etwa Felix Rajower, Die Einforderung der<br />
Versicherungsprämien nach VVG, AJP 11 (2002) 500, 502:<br />
«Für den Versicherungsnehmer treten dessen Rechtsnachfolger<br />
in die Prämienzahlungspflicht ein, so dessen<br />
Erben (Art. 560 Abs. 2 und 603 Abs. 1 ZGB).»<br />
3. Lebensversicherungen<br />
a. Gesetzliche Grundlage<br />
a) Die gesetzliche Grundlage für die vertragliche<br />
Auskunftspflicht der Lebensversicherung an die Erben<br />
befindet sich im Versicherungsvertrag (Art. 3 und<br />
Art. 43 VVG) und der Universalsukzession (Art. 560<br />
ZGB). Im internationalen Verhältnis gilt das Vertragsstatut<br />
(Art. 117 IPRG) und für die Zuständigkeit<br />
ist das Lugano-Übereinkommen (LugÜ) zu beachten.<br />
b) Die gesetzliche Grundlage für die erbrechtliche<br />
Auskunftspflicht der Begünstigten einer Lebensversicherung<br />
an die Erben setzt bei der Herabsetzungsklage<br />
(Art. 527 ZGB) ein. Diese kommt zur<br />
Anwendung, weil der Rückkaufswert einer Lebensversicherung<br />
nach Art. 476 und Art. 529 ZGB<br />
im Nachlass anzurechnen ist (die Pflichtteilberechnungsmasse<br />
erhöht). Der Auskunftsanspruch der Erben<br />
gegenüber den Begünstigten stützt sich (analog)<br />
auf Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB. Soweit<br />
erbrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden,<br />
richtet sich das anwendbare Recht im internationalen<br />
Verhältnis nach dem Erbstatut (Art. 90 ff. IPRG)<br />
und die Zuständigkeit nach Art. 86 ff. IPRG.<br />
b. Rechtsprechung<br />
a) 2007 hat sich das Bundesgericht 116 mit der Vererbung<br />
des Versicherungsvertrags 117 beschäftigt und<br />
festgestellt, dass das Recht, die Begünstigung zu widerrufen,<br />
nicht vererblich sei, sofern der Tod des<br />
Versicherungsnehmers nicht das versicherte Ereignis<br />
einer Lebensversicherung sei. Zur Vererbung<br />
des Auskunftsrechts äussert sich das Bundesgericht<br />
successio 4/12 265
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
weder in diesem Entscheid noch im hinten 118 erwähnten<br />
BGE 131 III 646.<br />
b) 2005 hat das Bundesgericht 119 festgehalten, dass<br />
derjenige, welcher sich auf den Pflichtteil beruft, gegen<br />
den aus der Lebensversicherung Begünstigten<br />
vorzugehen habe und nicht gegen die Versicherung.<br />
c. Doktrin<br />
a) Breitschmid 120 erwähnt einen neueren Entscheid<br />
des OLG Saarbrücken, in welchem das Gericht<br />
«… den Lebensversicherer zur Auskunft über Bezugsrechte<br />
gegenüber dem Nachlassinsolvenzverwalter<br />
verpflichtet …» 121 und er bemerkt, dass sich<br />
eine parallele Praxis auch in der Schweiz entwickeln<br />
könnte.<br />
b) Nach eigener Meinung richtet sich der (geerbte)<br />
vertragliche Auskunfts-Anspruch der Erben gegen<br />
die Lebensversicherung nach dem Versicherungsvertrag,<br />
ähnlich wie sich der (geerbte) vertragliche<br />
Anspruch bei der Bank sich nach dem Auftragsrecht<br />
(Art. 400 OR) 122 richtet. Dieses Auskunftsrecht ist<br />
allerdings noch wenig ausgebildet und es muss noch<br />
genauer erarbeitet werden, welche Bestimmungen<br />
des VVG dieses Recht enthalten.<br />
Der erbrechtliche Auskunfts-Anspruch der Erben<br />
gegen den Begünstigten einer Lebensversicherung<br />
stützt sich auf den Pflichtteil (Art. 527 ZGB)<br />
und (analog) die erbrechtliche Auskunftspflicht<br />
(Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB). Diese ist<br />
in der Lehre und Rechtsprechung anerkannt.<br />
B. Liechtenstein<br />
Während bei der Darstellung der Rechtslage in der<br />
Schweiz 123 versucht wurde, ein umfassendes Bild<br />
zu zeichnen, muss es bei den rechtsvergleichenden<br />
Hinweisen auf die benachbarten Länder bei Ausschnitten<br />
bleiben.<br />
1. Banken<br />
a. Gesetzliche Grundlagen<br />
a) In Liechtenstein durchläuft der Nachlass ein Verlassenschaftsverfahren,<br />
welches stark an die angloamerikanische<br />
Probate Procedure erinnert und auf<br />
den 1. Januar 2011 neu geregelt wurde. Das Verlassenschaftsgericht<br />
kann Auskunft von den Banken<br />
verlangen. Die Todesfallaufnahme erfolgt durch die<br />
Gemeinde im Auftrag des Verlassenschaftsgerichts<br />
(Art. 145 Abs. 2 lit. b Außerstreitgesetz [FL Auß-<br />
StrG]) 124 Art. 146 Abs. 2 FL AußStrG umschreibt<br />
die Auskunftspflicht der Bank wie folgt: «Banken …<br />
sind verpflichtet, bei Nachweis des Vorhandenseins<br />
einer Geschäftsbeziehung den Vermögensbestand eines<br />
Verstorbenen auf entsprechenden Beschluss des<br />
Gerichtes diesem bekannt zu geben; die so erlangten<br />
Zahlen dürfen ausschliesslich für das Verlassenschaftsverfahren<br />
verwendet werden». Dieses direkte<br />
Auskunftsrecht war unter dem bis 2010 geltenden § 1<br />
Verlassenschaftsinstruktion (VerlI) umstritten.<br />
b) Die Erben erwerben das Eigentum am Nachlass<br />
erst mit der sog. Einantwortung (§ 797 FL ABGB). 125<br />
Danach haben sie in etwa die gleiche Rechtsstellung<br />
wie die Erben in der Schweiz und können von<br />
einer Bank, bei welcher der Erblasser ein Konto besass,<br />
gestützt auf den Vertrag mit der Bank (§§ 1009<br />
und 1012 FL ABGB) umfassend Auskunft verlangen.<br />
Es stellt sich die Frage, ob die Erben schon zuvor<br />
ein Auskunftsrecht haben, ob schon nach dem Erbfall<br />
oder allenfalls nach der Erbserklärung (§ 799 FL<br />
ABGB/Annahme der Erbschaft).<br />
c) Das Bankgeheimnis ist in Art. 14 FL BankG 126 geregelt.<br />
Es wirkt nicht gegenüber den Erben des Bankkunden<br />
oder dem Verlassenschaftsgericht und behindert<br />
deren Auskunftsrecht somit nicht.<br />
b. Praxis<br />
a) Noch unter dem alten Recht (VerlI) hat der<br />
FL OGH 127 1989 128 die Auskunftspflicht der Bank<br />
im Verlassenschaftsverfahren wie folgt begründet:<br />
«Wenn schon eine Auskunftspflicht der Bank gegenüber<br />
dem Gericht im Interesse dritter Personen,<br />
wie etwa betreibender Parteien oder Sicherungswerber<br />
im Rahmen der Bestimmungen des<br />
118 Vgl. A. 3. b. b).<br />
119 Vgl. BGE 131 III 646 E. 2.3.<br />
120 Vgl. Peter Breitschmid, Ehe- und erbrechtliche Planung<br />
an den Schnittstellen zu BVG, VVG und Sozialversicherung,<br />
insbesondere in Patchworksituationen, successio 4<br />
(2010) 259 ff.<br />
121 Breitschmid (Fn. 120), successio 4 (2010) 265 Fn. 21.<br />
122 Vgl. vorne, A. 1. a. b).<br />
123 Vgl. vorne, A.<br />
124 G vom 25. November 2010 über das gerichtliche Verfahren<br />
in Rechtsangelegenheiten ausser Streitsachen (LR<br />
274.0).<br />
125 Vgl. Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch vom 1. Juni<br />
1811 (ABGB; LR 210.0).<br />
126 Vgl. G vom 21. Oktober 1992 über die Banken und Wertpapierfirmen<br />
(Bankengesetz; FL BankG; LR 952.0).<br />
127 Oberster Gerichtshof.<br />
128 Vgl. FL OGH A 234/88-53 vom 25.10.1989, zit. v. Julia<br />
Klatil, Die Auskunftspflicht der Banken im Verlassenschaftsverfahren,<br />
LJZ 25 (2004) 118.<br />
266 successio 4/12
Art 223 EO 129 anerkannt wird, so muss dies in einem<br />
viel stärkeren Masse auch in Ansehung einer Auskunftserteilung<br />
im Interesse des Bankkunden selbst,<br />
hier des Verstorbenen bzw. des ruhenden Nachlasses,<br />
gelten.» 130 Aber das Verlassenschaftsgericht erhielt<br />
danach nur Auskunft, wenn die primären Möglichkeiten<br />
(insbesondere die Befragung der Erben)<br />
ergebnislos verlaufen waren. 131 Dies wurde 2004<br />
vom FL OGH nochmals bestätigt. 132 Erst 2005 änderte<br />
der FL OGH 133 die Praxis und das Verlassenschaftsgericht<br />
kann seither Auskünfte auch direkt<br />
bei der Bank einholen. Wie vorne 134 dargelegt folgte<br />
der Gesetzgeber per 1.1.2011 dieser Ansicht (§ 146<br />
Abs. 2 FL AußStrG).<br />
129 Vgl. G vom 24. November 1971 über das Exekutions- und<br />
Rechtssicherungsverfahren (Exekutionsordnung; EO; LR<br />
281.0).<br />
130 FL OGH A 234/88-53 vom 25.10.1989, zit. v. Klatil<br />
(Fn. 128), LJZ 25 (2004) 118.<br />
131 Vgl. FL OGH A 234/88-53 vom 25.10.1989, zit. v. Klatil<br />
(Fn. 128), LJZ 25 (2004) 118.<br />
132 Vgl. FL OGH 5 VA 2003.106-19 vom 3.6.2004, zit. v.<br />
Nicolas Reithner, Die Auskunft der Banken im Verlassenschaftsverfahren<br />
– Replik, LJZ 26 (2005) 91.<br />
133 Vgl. FL OGH 5 VA 2005.6-43 vom 19.7.2005, zit. v. Reithner<br />
(Fn. 132), LJZ 26 (2005) 92.<br />
134 Vgl. B. 1. a. a).<br />
135 Vgl. B. 1. b. a).<br />
136 FL OGH A 234/88-53 vom 25.10.1989, zit. v. Klatil<br />
(Fn. 128), LJZ 25 (2004) 118.<br />
137 Vgl. FL OGH 03 RZ.2008.731 vom 7.5.2009, LES 2009,<br />
318.<br />
138 Vgl. StGH 1996/42 vom 24.4.1997, LES 1998, 185.<br />
139 Staatsgerichtshof.<br />
140 Vgl. FL OGH 4C 170/92-23 vom 16.8.1993, Jus & News<br />
1997, 58 ff.<br />
141 Vgl. G vom 10. Dezember 1912 betreffend die Einführung<br />
der Zivilprozessordnung und der Jurisdiktionsnorm (FL<br />
EGZPO; LR 271.001).<br />
142 Vgl. vorne A. 1. c. a).<br />
143 Vgl. FL OGH Cg 2/2000-58 vom 7.3.2002, LES 2002, 317;<br />
ähnlich FL OGH 03 RZ.2008.731 vom 7.5.2009, LES<br />
2009, 318, 321.<br />
144 Vgl. FL OGH C 133/95-70 vom 8.1.1998, LES 1998, 111.<br />
145 Vgl. FL OGH C 133/95-70 vom 8.1.1998, LES 1998, 111,<br />
115.<br />
146 Vgl. Klatil (Fn. 128), LJZ 25 (2004) 118 ff.<br />
147 Vgl. Reithner (Fn. 132), LJZ 26 (2005) 91 ff.<br />
b) In der vorne 135 erwähnten Entscheidung von 1989<br />
hat der FL OGH 136 weiter ausgeführt, dass das Verlassenschaftsgericht<br />
nur Auskunft erhält, wenn konkrete<br />
Anhaltspunkte für das Bestehen einer Geschäftsverbindung<br />
vorliegen. 2009 137 hat der FL<br />
OGH präzisiert, dass als Anscheinsbeweis genügt,<br />
wenn eine konkrete Kontonummer bei einer bestimmten<br />
Bank genannt wird. Abgelehnt wird dagegen<br />
die Nachfrage nach weiteren Konti bei derselben<br />
Bank. Weiter hat das Gericht ausgeführt, dass<br />
die Inventarserstellung keine Voraussetzung für die<br />
Bankauskunft an das Verlassenschaftsgericht sei.<br />
Auch diese Praxis wurde per 1.1.2011 ins Gesetz<br />
(§ 146 Abs. 2 FL AußStrG) übernommen.<br />
c) 1997 138 hielt der StGH 139 fest, dass das Bankgeheimnis<br />
kein Hindernis für die Auskunft an das Verlassenschaftsgericht<br />
sei.<br />
d) 1993 hat der FL OGH 140 entschieden, dass die<br />
Erben in die Position des Bankkunden (§§ 1009<br />
und 1012 FL ABGB) treten und das Bankgeheimnis<br />
kein Hindernis für die Auskunft an sie sei. Jeder<br />
von mehreren Konto-/Depotinhabern ist auskunftsberechtigt.<br />
Die Einsichtnahme bei der Bank, welche<br />
mehrfach erfolgen kann, stützt sich auf Art. XVI<br />
FL EGZPO. 141 Ebenso sind auch Kopien der Unterlagen<br />
auf Verlangen mehrfach zu übergeben, gegen<br />
Ersatz der Kosten. Eine Grenze für die Auskunft<br />
bildet (wie in der Schweiz) 142 die gesetzliche<br />
Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren. Abgelehnt<br />
wurde das Auskunftsbegehren über weitere (als die<br />
im Auskunftsbegehren konkret bezeichneten) Konti<br />
der Erblasserin bei der Bank und zwar mit den Argumenten,<br />
die Bank sei zur Geheimhaltung höchstpersönlicher<br />
Tatsachen des Erblassers oder von<br />
Dritten verpflichtet und die Auskunft finde am offenbaren<br />
Missbrauch des Rechts seine Grenze. 2002<br />
hat der FL OGH 143 präzisiert, dass das Bankgeheimnis<br />
dann gegenüber den Erben wirken könne, wenn<br />
der Erblasser der Bank eine Schweigeverpflichtung<br />
auferlegt habe.<br />
e) Der FL OGH hat 1998 144 auch einem (deutschen)<br />
Testamentsvollstrecker ein Auskunftsrecht gegenüber<br />
der Bank gewährt. Dieser hat den Anscheinsbeweis<br />
erbracht, dass der Erblasser Konti bei der Bank<br />
führte. Das Auskunftsrecht ist eingeschränkt, wenn<br />
Rechte Dritte (wie einer Stiftung) betroffen sind.<br />
f) Im gleichen Entscheid hat der FL OGH 145 auch<br />
festgehalten, dass eine wirtschaftliche Berechtigung<br />
des Erblassers am Vermögen (Stifter) nicht vererbt<br />
werden könne und die Erben des Stifters deshalb<br />
kein Auskunftsrecht gegenüber der Stiftung haben.<br />
Daraus folgt, dass auch die Bank, welche für die Stiftung<br />
ein Konto führt, den Erben des Stifters keine<br />
Auskunft geben muss.<br />
c. Doktrin<br />
a) In der Doktrin wurde eine Debatte zwischen Klatil<br />
146 und Reithner 147 ausgetragen: Während Klatil<br />
(damals Praktikantin am LG Vaduz) das Nachfra-<br />
successio 4/12 267
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
gen des Verlassenschaftsgerichts bei den Erben bemängelte<br />
und für ein direktes Nachfragen des Verlassenschaftsgerichts<br />
bei den Banken plädierte,<br />
nahm Reithner die gegenteilige Position ein. Er kam<br />
zum Schluss, dass die Auskunft der Bank an die Erben<br />
der Auskunft der Bank an die Verlassenschaftsbehörde<br />
vorgehen solle. Der ruhende Nachlass sei<br />
zwar ein selbständiger Rechtsträger und prozessfähig,<br />
aber bis zur Bestellung eines Nachlass- oder<br />
Prozesskurators unvertreten. Pflichtteilsberechtigte<br />
könnten sich an die übrigen Erben wenden, welche<br />
zur Rechnungslegung verpflichtet seien. Die Praxis<br />
folgte (wie vorne 148 dargelegt) Klatil.<br />
b) Als Liechtenstein das Außerstreitgesetz (FL Auß-<br />
StrG) parallel zu Österreich revidierte, sprach sich<br />
Klatil 149 dafür aus, dass die Verfahrensgrundsätze<br />
des österreichischen Außerstreitgesetzes übernommen<br />
werden sollten. Ungerank 150 erläutert unter anderem,<br />
was mit dem «Nachweis des Vorhandenseins<br />
einer Geschäftsbeziehung» (§ 146 Abs. 1 FL Auß-<br />
StrG) gemeint sei: Eine Beziehung des Erblassers<br />
zur Bank muss glaubhaft gemacht, aber nicht bewiesen<br />
werden: «So kommt es in der Praxis vor, dass<br />
Erbansprecher bloss über einen älteren (z.B. einen<br />
Zeitraum Jahre vor Ableben des Erblassers betreffenden)<br />
Kontoauszug verfügen, dass sie ein Kontokärtchen<br />
mit der Anführung einer entsprechenden<br />
Kontonummer bei einer bestimmten Bank vorlegen<br />
können, dass sie angeben können, der Erblasser<br />
habe immer wieder davon gesprochen, er würde ein<br />
Konto bei der X-Bank haben, oder sie hätten den<br />
Erblasser immer wieder zur Y-Bank in Vaduz gebracht,<br />
in welche dieser dann hineingegangen sei.»<br />
c) Nach eigener Meinung müssen die Banken dem<br />
Verlassenschaftsgericht direkt Auskunft erteilen. Der<br />
Nachweis einer Geschäftsbeziehung wird in einer<br />
Art gehandhabt, welche die Erben nicht behindern<br />
dürfte, aber fishing expeditions vermeidet. Das Verwertungsverbot<br />
in Art. 146 Abs. 1 FL AußStrG ist<br />
verständlich und durch die besonders aktive Rolle<br />
des Verlassenschaftsgerichts bedingt. Damit soll<br />
eine Verwertung durch die Steuerbehörden verhindert<br />
werden.<br />
Die Erben haben daneben ein eigenständiges<br />
Auskunftsrecht, welches sie seit dem Ableben des<br />
Erblassers ausüben können, denn die Erben sind<br />
erst aufgrund der erhaltenen Informationen in der<br />
Lage, über die Annahme der Erbschaft zu entscheiden.<br />
Die Einschränkung, dass Geheimnisse des Erblassers<br />
und von Dritten zu schützen sind, ist an sich<br />
richtig, sie muss aber sorgfältig angewendet werden:<br />
Zahlungsströme sind keine höchstpersönlichen Tatsachen.<br />
151 Weil der Erblasser über Pflichtteile nicht<br />
verfügen kann, sind seine Anordnungen, die Bank<br />
solle gewisse Transaktionen auf seinem Konto gegenüber<br />
pflichtteilsgeschützten Erben geheim halten,<br />
nicht verbindlich. Einen offenbaren Missbrauch<br />
des Auskunftsrechts kann ich mir sodann nur schwer<br />
vorstellen, er ist jedenfalls auch bei wiederholten<br />
Auskunftsbegehren oder unpräzisen Angaben über<br />
das Konto noch nicht gegeben. Ich erwarte, dass sich<br />
die Praxis des (privaten) Auskunftsrechts der Banken<br />
in Liechtenstein (ähnlich wie in der Schweiz vor<br />
einigen Jahrzehnten 152 ) in den nächsten Jahren noch<br />
weiter entwickeln – sprich: öffnen – wird.<br />
2. Stiftungen und Trusts<br />
a. Gesetzliche Grundlagen<br />
a) Seit der Reform des Stiftungsrechts (1.4.2009) besteht<br />
nach Art. 552 § 9 PGR 153 ein (zwingendes) Auskunftsrecht<br />
des Begünstigten gegenüber der Stiftung:<br />
«Der Begünstigte hat, soweit es seine Rechte betrifft,<br />
Anspruch auf Auskunft … Das Recht darf nicht in<br />
unerlaubter Absicht, in missbräuchlicher oder nicht<br />
in einer den Interessen der Stiftung oder anderer Begünstigter<br />
widerstreitenden Weise ausgeübt werden.<br />
Ausnahmsweise kann das Recht auch aus wichtigen<br />
Gründen zum Schutz des Begünstigten verweigert<br />
werden …»<br />
b) Nach Art. 552 § 11 PGR besteht ein reduziertes<br />
Auskunftsrecht des Begünstigten, wenn ein Kontrollorgan<br />
vorhanden ist. Nach Abs. 1 «kann der Begünstigte<br />
nur über Zweck und Organisation der Stiftung<br />
sowie über seine eigenen Rechte gegenüber der Stiftung<br />
Auskunft verlangen und deren Richtigkeit durch<br />
Einsichtnahme in die Stiftungsurkunde, die Stiftungszusatzurkunde<br />
und die Reglemente überprüfen» sowie<br />
Kontrollberichte verlangen (Art. 552 § 11 Abs. 4<br />
und 5 PGR). 154 Weitergehende Auskunftsrechte werden<br />
damit unterbunden. Diese Bestimmung dient<br />
etwa dazu, dass der Stifter, der sich gleichzeitig als<br />
Kontrollorgan einsetzt, die Informationen an die Be-<br />
148 Vgl. vorne, B. 1. b. a).<br />
149 Vgl. Julia Klatil, Verlassenschaft und Bankgeheimnis –<br />
Aktuelle Jud zu Auskunftsansprüchen unter besonderer<br />
Berücksichtigung des öAußStrG, LJZ 31 (2010) 1 ff.<br />
150 Vgl. Wilhelm Ungerank, Das neue Verlassenschaftsverfahren,<br />
LJZ 32 (2011) 178 ff.<br />
151 Vgl. dazu vorne, A. I. c. d).<br />
152 Vgl. vorne, A. 1. b. a).<br />
153 Vgl. Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) vom 20. Januar<br />
1926 (LR 216.0).<br />
154 Johannes Gasser, Neue Pflichten und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
des Stiftungsrates, in: Das neue liechtensteinische<br />
Stiftungsrecht, hrsg. v. der Hochschule Liechtenstein,<br />
Zürich 2008, S. 187.<br />
268 successio 4/12
günstigten (und späteren Erben) zunächst noch beschränken<br />
kann. 155<br />
c) Das Auskunftsrecht der Erben (des Stifters) gegen<br />
die Stiftung stützt sich materiell auf den Pflichtteil<br />
(§ 762 ff. FL ABGB), 156 denn dieser kann Grundlage<br />
für die Anfechtung von Zuwendungen des Stifters<br />
an die Stiftung bzw. die Errichtung der Stiftung<br />
sein. Entsprechendes gilt für das Auskunftsrecht<br />
der Erben (des Gründers eines Trusts) gegenüber<br />
dem Trustee. Das Auskunftsrecht wird aus Art. XV<br />
Abs. 1 FL EGZPO abgeleitet. Das anwendbare Erbrecht<br />
bestimmt sich nach dem Erbstatut, welches<br />
auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers abstellt<br />
(Art. 29 Abs. 1 FL IPRG). 157 Seit der Revision des<br />
Stiftungsrechts (1.4.2009) ist daneben immer auch<br />
«das für den Erwerbsvorgang massgebliche Recht»<br />
zu beachten ist (Art. 29 Abs. 5 FL IPRG). Damit<br />
wurde ein zweiter Filter eingebaut, weil bei Zuwendungen<br />
an liechtensteinische Stiftungen und Trusts<br />
die kurze 2-jährige Verjährungsfrist des liechtensteinischen<br />
Pflichtteilsrechts (§ 785 Abs. 3 FL ABGB)<br />
zusätzlich zur Anwendung kommt.<br />
c. Praxis<br />
a) 1996 hat der FL OGH 158 (gestützt auf das alte<br />
Stiftungsrecht) entschieden, dass der Stifter die Begünstigten<br />
durch eine Statutenbestimmung von der<br />
155 Vgl. Gasser (Fn. 154), S. 188.<br />
156 Vgl. vorne, Fn. 125; der Pflichtteil der Kinder beträgt 1 ⁄2<br />
des gesetzlichen Erbteils, derjenige der Ehegatten/Partner<br />
1 ⁄2 des gesetzlichen Erbteils und derjenige der Eltern<br />
1<br />
⁄3 des gesetzlichen Erbteils.<br />
157 Vgl. G vom 19. September 1996 über das internationale<br />
Privatrecht (IPRG; LR 290).<br />
158 Vgl. FL OGH 3 C 452/92 vom 29. April 1996, zit. v. Markus<br />
Summer, «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser» –<br />
die Auskunftsrechte von Begünstigten im liechtensteinischen<br />
Stiftungs- und Trustrecht, LJZ 26 (2005) 36, 38 f.<br />
159 Vgl. FL OGH 10 HG 2003 57-23 vom 4.11.2004, zit. v.<br />
Summer (Fn. 158), LJZ 26 (2005) 36, 39 ff.<br />
160 Vgl. FL OGH 5 HG.2010.629 vom 10.2.2012, LES 2012,<br />
66.<br />
161 Vgl. FL OGH CG.2002.32 vom 4.5.2005, LES 2006, 191.<br />
162 Vgl. Gesetz vom 10. April 1928 über das Treuunternehmen<br />
(TrUG; nicht mehr in Kraft).<br />
163 FL OGH 4 CG.2005.305 vom 7.2.2008, LJZ 29 (2008) 42.<br />
164 FL OGH 02 CG.2007.145 vom 3.9.2009, LES 2010, 84.<br />
165 FL OGH 5 HG.2010.629 vom 10.2.2012, LES 2012, 66.<br />
166 Vgl. FL OGH 4 Cg 2001 492-29 vom 5.6.2003, LES 2004,<br />
67 (mit USD 167 Mio. dotiertes Studien- und Forschungszentrum).<br />
167 Vgl. FL OGH 2 Cg 2001.52 vom 23.7.2004, LES 2005, 392.<br />
168 Vgl. FL OGH 5 HG.2010.629 vom 10.02.2012, LES 2012,<br />
66.<br />
Auskunft weitgehend ausschliessen kann und dass<br />
das Auskunftsrecht somit nur «im Kern» gewahrt<br />
werden muss. 2004 präzisierte der FL OGH, 159 dass<br />
die Übergabe des Revisionsstellenberichts ohne entsprechende<br />
Statutenbestimmung als Auskunft nicht<br />
genüge. 2012 wurde vom FL OGH 160 klargestellt,<br />
dass die Bestellung eines Buchprüfers kein Kontrollorgan<br />
im Sinne von Art. 552 § 11 PGR ist. 2005<br />
wurde vom FL OGH bestätigt, dass «das gesetzliche<br />
Auskunftsrecht bis zu einem gewissen Umfang einer<br />
abweichenden privatautonomen Regelung zugänglich<br />
(sei). Kriterium für die Zulässigkeit einer privatautonomen<br />
und damit statutarischen Gestaltung<br />
des Auskunftsrechtes von Destinatären ist die Wahrung<br />
gesellschafts- und stiftungsrechtlicher Grundsätze.»<br />
161 2008 führte der FL OGH zur Gestaltungsfreiheit<br />
des Stifters weiter aus: «Die Abwägung<br />
zwischen Transparenz und Vertraulichkeit ist primär<br />
vom Stifter vorzunehmen, welchem gem. § 68<br />
TruG 162 die Kompetenz zukommt, die Auskunftsansprüche<br />
der Destinatäre zu regeln … Dieser Regelungskompetenz<br />
sind aber durch die Grundsätze<br />
von Treu und Glauben sowie des Verbots der Schikane<br />
bzw. des Rechtsmissbrauchs Grenzen gesetzt,<br />
weshalb bspw. die Auskunfts- und Einsichtsrechte<br />
der Destinatäre in den Statuten nicht zur Gänze<br />
ausgeschlossen werden können … Aus dem Wortlaut<br />
von § 68 TruG ist abzuleiten, dass die Stiftungsverwaltung<br />
nicht verpflichtet ist …, jedem Nachfolgedestinatär<br />
alle bis zur Gründung der Stiftung<br />
zurückreichenden Geschäftsbücher und Papiere geschweige<br />
denn solche Dokumente, welche über den<br />
Willen des Auftraggebers der Stiftungserrichtung<br />
Aufschluss geben, zur Einsicht vorzulegen.» 163 Das<br />
neue Stiftungsrecht (1.4.2009) hat die Gestaltungsfreiheit<br />
des Stifters stark eingeschränkt. Nach der<br />
Rechtsprechung des FL OGH können «die Rechte<br />
der Begünstigten durch Einräumung bestimmter<br />
Informations- und Auskunftsrechte konkret im<br />
Einzelnen definiert» 164 werden. Der FL OGH betonte<br />
in einem Entscheid 2012 aber auch, dass die<br />
Begünstigten durch Statutenbestimmungen «von<br />
den ihnen zustehenden Informations- und Auskunftsrechten<br />
nicht vollständig ausgeschlossen werden»<br />
165 können.<br />
b) 2003 hat der FL OGH 166 festgehalten, dass Ermessens-Begünstigten<br />
das Recht auf Auskunft nur soweit<br />
zusteht, als es deren (beschränkte) Rechte betrifft.<br />
c) 2004 hat der FL OGH 167 entschieden, dass der<br />
12,5%-Begünstigte ein volles Auskunftsrecht hat<br />
und dass ein Erbstreit in Frankreich kein missbräuchliches<br />
Motiv sei. Der FL OGH 168 hat 2012<br />
dargelegt, dass der Begünstigte sein Auskunftsrecht<br />
successio 4/12 269
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
auch dann ausüben könne, wenn er keine Unregelmässigkeiten<br />
bei der Verwaltung der Stiftung behauptet.<br />
Der Begünstigte kann sein Auskunftsrecht<br />
nach einem weiteren Entscheid des FL OGH 169 von<br />
2012 auch in einem Schiedsverfahren geltend machen,<br />
wenn die Statuten der Stiftung eine entsprechende<br />
Schiedsklausel enthält.<br />
d) 2000 hat der FL OGH 170 eine Bank wegen unberechtigter<br />
Verweigerung von Zeugenaussagen mit<br />
Busse bestraft. Die Erben (überlebende Ehefrau<br />
und einziger Sohn), welche Zuwendungen an eine<br />
Stiftung verfolgten, haben sich bei ihrem Auskunftsrecht<br />
auf den Vertrag mit der Bank (§§ 1009 und<br />
1012 FL ABGB) gestützt.<br />
e) 2002 hat der FL OGH 171 das Auskunftsbegehren<br />
von Erben gegenüber einer Stiftung auf die Verletzung<br />
von Pflichtteilen gestützt und festgehalten, dass<br />
die Errichtung einer Stiftung gleich einer Schenkung<br />
angefochten werden könne. Das anwendbare (deutsche)<br />
Erbrecht richtete sich nach dem Erbstatut. 2006<br />
präzisierte der FL OGH den Auskunftspflichtigen:<br />
«Der nach deutschem Erbrecht zu beurteilende Auskunftsanspruch<br />
gegenüber einer Stiftung ist gegen<br />
diese, vertreten durch den Stiftungsvorstand, zu richten.<br />
Die Stiftungsräte trifft in eigener Person keine<br />
Auskunftspflicht.» 172 Gleichzeitig wurden die Anforderungen<br />
für die Geltendmachung des Auskunftsrechts<br />
verschärft: «Der Auskunfts-(Informations-)<br />
Anspruch … eines Erben/Pflichtteilsberechtigten<br />
setzt … voraus, dass dieser in entschuldbarer Weise<br />
über das Bestehen oder den Umfang seines Anspruchs<br />
im Ungewissen ist». 173 2009 hat der FL OGH<br />
den Umfang der Auskunftspflicht nach neuem Stiftungsrecht<br />
(Art. 552 § 38 PGR) näher umschrieben:<br />
«Wenn die von einer Stiftung als Verpflichtete geschuldete<br />
Rechnungslegung ‹hinsichtlich aller von<br />
ihr in Empfang genommenen Zuwendungen› die betreibende<br />
Partei in die Lage versetzen soll, allfällige<br />
Pflichtteilsergänzungsansprüche zu ermitteln, so hat<br />
die Stiftung nicht nur die zugewendeten Beträge (die<br />
auch von Dritten stammen können), sondern auch die<br />
‹Zuwender› zu bezeichnen und insbesondere anzugeben,<br />
ob diese vom Erblasser (Stifter) stammen.» 174<br />
f) 2006 hat der FL OGH festgehalten, dass Erben<br />
des Stifters keinen Auskunftsanspruch haben: «Voraussetzung<br />
ist eine rechtliche Sonderverbindung<br />
zwischen dem Erben/Pflichtteilsberechtigten und<br />
der Person, von der Auskunft begehrt wird. Das<br />
Erb-(Pflichtteils-)Recht einer Person allein stellt<br />
keine solche hinreichende rechtliche Sonderverbindung<br />
dar, welche den Auskunftsanspruch nach § 242<br />
dBGB rechtfertigt. Der Erbe/Pflichtteilsberechtigte<br />
eines Stifters ist im Verhältnis zur Stiftung als Aussenstehender<br />
anzusehen.» 175<br />
c. Doktrin<br />
a) Bösch 176 hat den Fall eines deutschen Erblassers<br />
besprochen, welcher 3 Jahre vor dem Tod eine unentgeltliche<br />
Zuwendung vornahm. Aufgrund von Art. 29<br />
Abs. 1 FL IPRG richtet sich das Erbstatut nach der<br />
Staatsangehörigkeit (deutscher Erblasser) und § 2325<br />
BGB sieht eine 10-Jahres-Frist für die Anfechtung<br />
von Zuwendungen vor. Mit der Bemerkung, dass<br />
die Anwendung des liechtensteinischen Erbrechts<br />
(2-Jahres-Frist) zu einem anderen Ergebnis geführt<br />
hätte, sprach er einen Gedanken aus, welcher später<br />
zu Art. 29 Abs. 5 FL IPRG führte. 177 Diese Bestimmung<br />
wird von Rüdiger Werner 178 näher besprochen.<br />
b) Jacob 179 umschreibt den Kreis der Kontrollberechtigten<br />
einer liechtensteinischen Stiftung wie<br />
folgt: (1) aktuell Begünstigte mit Rechtsanspruch<br />
(Art. 552 § 6 Abs. 1 PGR), (2) Ermessensbegünstigte<br />
(Art. 552 § 7 PGR; was bei der Revision des<br />
Stiftungsrechts umstritten war). (3) Letztbegünstigte<br />
(Art. 552 § 8 PGR; erst nach Auflösung der<br />
Stiftung). (4) Anwartschaftsberechtigte mit künftigem<br />
Anspruch (Art. 552 § 6 Abs. 2 PGR).<br />
c) Lorenz 180 erläutert die Einschränkungen des Auskunftsrechts:<br />
Zu beachten ist das Verhältnismässigkeitsprinzip<br />
(u.a. Erforderlichkeitsprüfung) und<br />
ebenso das Geheimhaltungsinteresse der Stiftung<br />
oder von Mitbegünstigten. Solche Interessen müssen<br />
konkret bestehen/nachgewiesen werden.<br />
169 Vgl. FL OGH 5 HG.2011.172 vom 16.5.2012, LES 2012, 67.<br />
170 Vgl. FL OGH C 145/99-38 vom 3.5.2000, LES 2000, 201.<br />
171 Vgl. FL OGH Cg 145/99-74 vom 7.3.2002, LES 2003, 100.<br />
172 FL OGH CG.2004.252 vom 7.9.2006, LES 2007, 302, 303.<br />
173 FL OGH CG.2004.252 vom 7.9.2006, LES 2007, 302, 303.<br />
174 FL OGH 8 EX.2009.1221 vom 1.10.2009, LES 2010, 104.<br />
175 FL OGH CG.2004.252 vom 7.9.2006, LES 2007, 302, 303;<br />
ebenso schon der in Fn. 145 erwähnte Entscheid FL<br />
OGH C 133/95-70 vom 8.1.1998, LES 1998, 111, 115.<br />
176 Vgl. Harald Bösch, Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch<br />
des Pflichtteilsberechtigten gegenüber einer<br />
liechtensteinischen Stiftung, LJZ 24 (2003) 55 ff.<br />
177 Vgl. dazu vorne, B. 2. a. c).<br />
178 Vgl. Rüdiger Werner, Stiftungen als Instrument des<br />
Vermögensschutzes, ZErb 2010, 177 ff.<br />
179 Vgl. Dominique Jacob, Die liechtensteinische Stiftung,<br />
Vaduz 2009, N 478 f.<br />
180 Vgl. Bernhard Lorenz, Kommentar zu Art. 552 § 9<br />
PGR, in: Kurzkommentar zum liechtensteinischen Stiftungsrecht,<br />
hrsg. v. Martin Schauer, Basel 2009, Art. 552<br />
§ 9 N 42 ff. , 48 ff. und 52 ff.<br />
270 successio 4/12
d) Nach Lins 181 hat das Auskunftsrecht des neuen<br />
Stiftungsrechts (anders als noch Art. 68 TrUG)<br />
zwingenden Charakter. Nur einen eingeschränkten<br />
Auskunftsanspruch haben Anwartschaftsberechtigte<br />
auf eine Ermessensbegünstigung ohne festen<br />
Anspruch (Widerrufsrecht/Art. 552 § 10 PGR),<br />
Begünstigte von Stiftungen mit Kontrollorgan<br />
(Art. 552 § 11 PGR) und Begünstigte von beaufsichtigten<br />
Stiftungen (Art. 552 § 12 PGR).<br />
e) Nach eigener Meinung wurde das Auskunftsrecht<br />
der Begünstigten mit der Schaffung des neuen Stiftungsrechts<br />
verstärkt. Die Position des (häufig vorkommenden)<br />
Ermessens-Begünstigten ist allerdings<br />
nach wie vor schwach, was auch der FL OGH<br />
bereits 2003 feststellte: «Der österreichische Gesetzgeber<br />
definierte den Auskunftsanspruch des<br />
Begünstigten einer Privatstiftung umfassender und<br />
räumte dieses Recht jedem Begünstigten unabhängig<br />
davon ein, ob dieser einen Anspruch gegen die<br />
Stiftung hat oder nicht». 182 Die Statuten können das<br />
Auskunftsrecht immer noch konkretisieren, allerdings<br />
in viel engeren Grenzen als früher. Wenn der<br />
Erst-Begünstigte nicht will, dass die späteren Begünstigten<br />
in diesen Zeitabschnitt hineinsehen können,<br />
kann er das Auskunftsrecht in den Statuten entsprechend<br />
begrenzen. Die indirekte Kontrolle durch<br />
eine Kontrollstelle ersetzt die eigene Kontrolle nie<br />
vollständig. Wie sich die Einschränkungen des Auskunftsrechts<br />
(Erforderlichkeitsprüfung, Rechtsmissbrauch,<br />
Geheimhaltungsinteressen) auswirken,<br />
181 Vgl. Alexander Lins, Die Begünstigtenrechte im neuen<br />
liechtensteinischen Stiftungsrecht nach der Reform 2008,<br />
in: Das neue liechtensteinische Stiftungsrecht, Zürich,<br />
2008, S. 83 ff.<br />
182 FL OGH 4 Cg 2001 492-29 vom 5.6.2003, LES 2004, 67.<br />
183 Ebenso wie das schweizerische Recht, vgl. vorne, A. 2.<br />
c. f).<br />
184 Vgl. G vom 16. Mai 2001 über den Versicherungsvertrag<br />
(Versicherungsvertragsgesetz, FL VersVG; LR 225.<br />
229.1).<br />
185 Vgl. G vom 6. Dezember 1995 betreffend die Aufsicht<br />
über Versicherungsunternehmen (Ver siche rungs aufsichts<br />
gesetz; FL VersAG; LR 961.01).<br />
186 Vgl. vorne, Fn. 141.<br />
187 Vgl. vorne, Fn. 125.<br />
188 Vgl. vorne, Fn. 157<br />
189 Gesetz über das internationale Versicherungsvertragsrecht<br />
(LR 291).<br />
190 Vgl. dazu vorne, B. 2. a. (Liechtenstein/Stiftungen und<br />
Trusts).<br />
191 Vgl. FL OGH 8 CF.2010.283 vom 13.04.2012, LES 2012,<br />
137.<br />
192 Vgl. dazu vorne, Fn. 141.<br />
muss die Praxis erweisen. Der Trend dürfte langfristig<br />
in Richtung Öffnung gehen.<br />
Die Errichtung der Stiftung und Zuwendungen<br />
an die Stiftung können von den Erben gleich einer<br />
Schenkung angefochten werden, wenn Pflichtteile<br />
verletzt sind. Unter diesem Titel können die Erben<br />
auch Auskunftsrechte geltend machen. Weil das FL<br />
ABGB keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage<br />
für das Auskunftsrecht vorsieht, 183 wird Art. XV FL<br />
EGZPO als Grundlage verwendet. Die in Art. 29<br />
Abs. 5 FL IPRG eingefügte Bestimmung, welche<br />
die Geltendmachung der Pflichtteile auf 2 Jahre begrenzt,<br />
schränkt das Auskunftsrecht ein. In der Praxis<br />
beginnt die Frist allerdings häufig nicht zu laufen,<br />
weil sich viele Stifter ein Widerrufs- und Änderungsrecht<br />
vorbehalten.<br />
3. Lebensversicherungen<br />
a. Gesetzliche Grundlagen<br />
a) Das Auskunftsrecht der Erben gegenüber der Lebensversicherung<br />
richtet sich materiell nach dem Versicherungsvertragsgesetz<br />
(Art. 3 FL VersVG) 184 und<br />
Versicherungsaufsichtsgesetz (Art. 45 Vers AG) 185<br />
und formell nach Art. XV FL EGZPO. 186 Die Erben<br />
treten in die Position des Erblassers als Versicherungsnehmer<br />
ein (Einantwortung; § 797 FL<br />
ABGB 187 ) und erben damit sein Auskunftsrecht. Das<br />
anwendbare Erbrecht bestimmt sich nach dem Erbstatut<br />
(Art. 29 FL IPRG 188 ), das anwendbare Versicherungsrecht<br />
nach dem IVersVG. 189 Die Geheimhaltungspflicht<br />
der Versicherungen (Art. 44 Abs. 1<br />
FL Vers AG) gilt gegenüber den Erben nicht.<br />
b) Das Auskunftsrecht der Erben gegenüber den Begünstigten<br />
einer Lebensversicherung stützt sich materiell<br />
auf den Pflichtteil (§ 762 ff. FL ABGB) und<br />
das Auskunftsrecht wird aus Art. XV FL EGZPO<br />
abgeleitet. Das anwendbare Erbrecht (und damit<br />
auch der Pflichtteil) wird aufgrund des Erbstatuts<br />
(Art. 29 FL IPRG) bestimmt. 190<br />
b. Praxis<br />
a) Der FL OGH 191 hat in einem 2012 gefällten Urteil<br />
festgehalten, dass dem Erben des Versicherungsnehmers<br />
grundsätzlich ein Auskunftsanspruch gegenüber<br />
der Lebensversicherung zusteht. Als Rechtsgrundlage<br />
wurde der auf das bürgerliche Recht<br />
rekurrierende Auskunftsanspruch von Art. XV<br />
Abs. 1 FL EGZPO 192 angegeben. Dem Auskunftsanspruch<br />
der Erben steht die Geheimhaltungspflicht<br />
der Versicherung (Art. 44 Abs. 1 FL VersAG) nicht<br />
entgegen. Aufgrund des Erbstatuts kam italienisches<br />
Erbrecht zur Anwendung.<br />
successio 4/12 271
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
b) Der FL OGH 193 hat 2007 festgehalten, dass die<br />
Überlassung von Begünstigungen (Bezugsberechtigungen)<br />
von Lebensversicherungen im gleichen<br />
Sinne der Herabsetzung untersteht wie Schenkungen<br />
(§ 785 Abs. 1 FL ABGB). «Im Falle der Zuwendung<br />
der Versicherungssumme aus der Lebensversicherung<br />
durch den (späteren) Erblasser, für die<br />
der Begünstigte selbst Prämien bezahlte …, wird die<br />
Differenz zwischen der Versicherungsleistung und<br />
der Summe der vom Begünstigten selbst bezahlten<br />
Prämien als Geschenk behandelt.» Zum Auskunftsrecht<br />
der Erben äussert sich dieser Entscheid nicht.<br />
b) § 531 öABGB 199 umschreibt den Nachlass als «Inbegriff<br />
der Rechte und Verbindlichkeiten eins Verstorbenen».<br />
Mit der Einantwortung (§ 819 öABGB)<br />
erwerben die Erben das Eigentum an den Nachlassgegenständen<br />
und erben damit auch den mit der<br />
Bank bestehenden Vertrag. Die Auskunftspflicht der<br />
Bank an die Erben stützt sich auf die Rechenschaftspflicht<br />
der Bank (§ 1012 öABGB).<br />
c) Das Bankgeheimnis (§ 38 BWG) 200 gilt nicht gegenüber<br />
dem Abhandlungsgericht bzw. dem Gerichtskommissär<br />
und den Erben.<br />
c. Doktrin<br />
a) Schurti/Blasy 194 führen aus, dass der Umfang der<br />
Beratungspflicht des Versicherers in Art. 45 VersAG<br />
und deren Anhang festgelegt wird und diese Informationen<br />
nach Art. 3 VersVG von der Versicherung<br />
an den Versicherungsnehmer geliefert werden müssen.<br />
Sie kritisieren einen Entscheid des OGH, 195<br />
weil in <strong>Deutsch</strong>land und Österreich die Erfüllung<br />
der Informationspflichten durch den Agenten bzw.<br />
Mäkler genügt und der Versicherer damit entlastet<br />
wird, was in Liechtenstein nicht der Fall ist. Zum<br />
Auskunftsrecht der Erben gegenüber der Versicherung<br />
äussern sie sich nicht.<br />
b) Nach eigener Meinung richtet sich der (geerbte)<br />
vertragliche Auskunfts-Anspruch der Erben gegen die<br />
Lebensversicherung und er stützt sich auf den Versicherungsvertrag<br />
(FL VersVG) bzw. das Versicherungsaufsichtsgesetz<br />
(FL VersAG). Die genaue materiell-rechtliche<br />
Grundlage scheint aber noch nicht<br />
ganz geklärt zu sein, weil Art. 3 VersVG den Informationsanspruch<br />
des Versicherungsnehmers beim<br />
Abschluss der Versicherung zum Inhalt hat und für<br />
spätere Auskunftsansprüche eine ausdrückliche gesetzliche<br />
Regelung fehlt.<br />
Der erbrechtliche Auskunfts-Anspruch der Erben<br />
gegen den Begünstigten einer Lebensversicherung<br />
stützt sich materiell auf den Herabsetzungsanspruch<br />
(§ 785 Abs. 1 FL ABGB) und das Auskunftsrecht<br />
wird aus Art. XV FL EGZPO abgeleitet. Für das<br />
Auskunftsrecht des Pflichtteilsberechtigten fehlt im<br />
FL ABGB eine ausdrückliche Grundlage.<br />
C. Österreich<br />
1. Banken<br />
a. Gesetzliche Grundlage<br />
a) Gesetzliche Grundlage für die Auskunftspflicht der<br />
Bank an das Abhandlungsgericht bilden § 145 f. Außerstreitgesetz<br />
196 (öAußStrG) 197 und § 166 öAußStrG. 198<br />
b. Praxis<br />
a) 1966 entschied der OGH, 201 dass ein Kreditinstitut<br />
dem Abhandlungsgericht über ein Bankkonto<br />
(oder eine Einlage) Auskunft geben müsse, ausser<br />
es ergebe sich aus der Kontobezeichnung, dass das<br />
Konto nicht in den Nachlass fällt. Im gleichen Jahr<br />
entschied der OGH, 202 dass der Abhandlungsrichter<br />
nicht berechtigt sei, von der Verlassenschaft fernstehenden<br />
Personen Auskünfte über Vermögenswerte<br />
(Spareinlagen) zu verlangen, wenn keine Anhaltspunkte<br />
dafür bestehen, dass sie zum Vermögen des<br />
Erblassers gehört haben. 1985 lehnte der OGH 203<br />
die Auskunft einer Bank gegenüber den Erben eines<br />
Schweizers ab, der einem österreichischen Ehepaar<br />
anscheinend einen Geldbetrag übergeben hatte, welchen<br />
dieser auf ein Nummernkonto bei einer österreichischen<br />
Bank angelegt haben soll, zumal jegliche<br />
193 Vgl. FL OGH 1 CG.2003.159 vom 3.10.2007.<br />
194 Andreas Schurti/Moritz Blasy: Vertrieb von fondsgebundenen<br />
Lebensversicherungen – Informations- und<br />
Beratungspflichten, LJZ 33 (2012) 49 ff.<br />
195 Vgl. FL OGH 01.CG.2009.62 vom 10.2.2012.<br />
196 § 145 öAußStrG: «(1) Der Gerichtskommissär … hat die<br />
Todesfallaufnahme zu errichten … (2) Die Todesfallaufnahme<br />
hat zu umfassen … 2. das hinterlassene Vermögen<br />
samt Rechten und Verbindlichkeiten …».<br />
197 Vgl. Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in<br />
Rechtsangelegenheiten ausser Streitsachen (Außerstreitgesetz;<br />
öAußStrG; BGBl. I. Nr. 111/2003).<br />
198 «(1) Das Inventar dient als vollständiges Verzeichnis der<br />
Verlassenschaft … (3) Zur Feststellung der Nachlasszugehörigkeit<br />
sind Dritte verpflichtet, Zutritt zu den strittigen<br />
Gegenständen zu gewähren und deren Besichtigung<br />
und Beschreibung zu gestatten.»<br />
199 Vgl. Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten<br />
deutschen Erbländer der Österreichischen Monar<br />
chie (öABGB; JGS Nr. 946/1811).<br />
200 Vgl. Bundesgesetz über das Bankwesen (Bankwesengesetz;<br />
BWG; BGBl. 532/1993).<br />
201 Vgl. OGH 6 0b 48/66 usw. vom 23.2.1966, QuHGZ<br />
1966/2,1 = BA 1967, 215.<br />
202 Vgl. OGH 6 Ob 280/66 vom 14.9.1966, ÖBA 1967, 218.<br />
203 Vgl. OGH 2 Ob 536/85 vom 23.4.1985.<br />
272 successio 4/12
Dokumentation fehlte. Zum Umfang der Auskunftspflicht<br />
führte der OGH 204 1992 aus, die Bank müsse<br />
auch über Kontobewegungen nach dem Todestag<br />
Auskunft geben, insbesondere über Eingänge aus<br />
vinkulierten Lebensversicherungen. 1996 entschied<br />
der OGH, 205 dass die Bank nur Auskunft zu erteilen<br />
habe, wenn die Kundeneigenschaft bewiesen sei.<br />
Dazu genüge es, wenn das Konto des Verstorbenen<br />
bestimmt genannt werde. 1999 hielt der OGH 206 fest,<br />
dass der Anspruch auf Auskunft vermögensrechtlicher<br />
Natur sei. 2000 führte der OGH 207 aus, dass der<br />
Anspruch auf Auskunft über Vermögen bei einer<br />
Schweizer Bank voraussetze, dass die Zugehörigkeit<br />
zum Nachlass nachgewiesen werden könne. 2007 urteilte<br />
der OGH, 208 dass die Auskunft grundsätzlich<br />
auf den Zeitpunkt des Todes beschränkt sei. Der Anspruch<br />
von Pflichtteilsberechtigten kann aber Grund<br />
sein, die Konten des Erblassers rückwirkend vom<br />
Todestag zu öffnen (ein Noterbe macht die Verletzung<br />
des Pflichtteils durch Vorempfänge und Schenkungen<br />
geltend). Schliesslich entschied der OGH 209<br />
2009, dass bei Mitinhabern eines Kontos nur Transaktionen<br />
des Erblassers offenzulegen seien.<br />
b) Bei Inhaber-Sparbüchern gelten besondere Regeln:<br />
1987 verweigert der OGH 210 die Auskunft über<br />
ein Inhaber-Sparbuch gegenüber einem Testamentserben,<br />
weil dieser keinen Besitz am Sparbuch hatte<br />
und auch keine Einantwortung oder Vollmacht vorweisen<br />
konnte. In einem solchen Fall kann eine Auskunft<br />
an das Abhandlungsgericht oder den Gerichtskommissär<br />
erfolgen. Im konkreten Fall wurde<br />
das Sparbuch gegen Nennung des Losungswortes<br />
durch einen Dritten eingelöst. Ähnlich lag der Fall,<br />
welchen der OGH 2005 211 zu entscheiden hatte: Die<br />
204 Vgl. OGH 2 Ob 567/92 vom 16.12.1992, ÖBA 1993, 568.<br />
205 Vgl. OGH 7 Ob 610/95 vom 15.5.1996, SZ 69/119 = ÖBA<br />
1996, 879.<br />
206 Vgl. OGH 7 Ob 358/98t vom 19.1.1999.<br />
207 Vgl. OGH 3 Ob 96/00i vom 29.11.2000.<br />
208 Vgl. OGH 7 Ob 292/06a vom 18.4.2007.<br />
209 Vgl. OGH 6 Ob 287/08m vom 16.4.2009 E. 3.2.<br />
210 Vgl. OGH 7 Ob 690/87 vom 24.9.1987.<br />
211 Vgl. OGH 7 Ob131/05y vom 21.12.2005.<br />
212 Vgl. OGH 8 Ob 582/78 vom 21.11.1978.<br />
213 Vgl. OGH 1 Ob 773/83 vom 30.11.1983.<br />
214 Vgl. OGH 7 Ob 100/03m vom 6.6.2003.<br />
215 Vgl. OGH 1 Ob 609/93 vom 21.12.1993, NZ 1994, 109 =<br />
ÖBA 1994, 731<br />
216 Vgl. OGH 10 Ob 322/98w vom 1.12.1998, SZ 71/203 =<br />
EvBl 1999/100 = ÖBA 1999/825.<br />
217 Vgl. OGH 4 Ob 36/01z vom 22.3.2001.<br />
218 Vgl. OGH 6 Ob 153/10h vom 17.12.2010.<br />
219 Vgl. Klatil (Fn. 149), LJZ 31 (2010) 1 ff.<br />
220 Alte Fassung: § 97 öAußStrG.<br />
221 Vgl. Klatil (Fn. 149), LJZ 31 (2010) 9.<br />
Bank war nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet,<br />
weil die Kundeneigenschaft bezüglich der Inhaber-Sparbücher<br />
nicht ausreichend bewiesen war<br />
(kein Besitz). Die Erwähnung im Testament genügte<br />
nicht.<br />
c) 1978 entschied der OGH, 212 dass der Name eines<br />
Sparbuchs kein Eigentumsrecht des Namensträgers<br />
begründe. Der Namensträger sei auch nicht<br />
vom Nachweis des Eigentums befreit, wenn sich<br />
das Namens-Sparbuch in fremdem Besitz befinde.<br />
1983 entschied der OGH, 213 dass der Name, auf den<br />
das Sparbuch lautet, kein verlässlicher Hinweis dafür<br />
sei, dass sich das Namens-Sparbuch im Eigentum<br />
oder Besitz desjenigen befindet, auf dessen Namen<br />
es ausgestellt ist. 2003 präzisierte der OGH 214<br />
dass die Bank keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung<br />
habe, wenn die Kundeneigenschaft nicht<br />
ausreichend bewiesen sei (fehlender Besitz). Die<br />
Erwähnung im Testament vor rund sechs Jahren genüge<br />
nicht.<br />
d) Der OGH 215 hielt 1993 fest, dass das Bankgeheimnis<br />
gegenüber dem Abhandlungsgericht nicht gelte,<br />
nur gegenüber Dritten. 1998 präzisierte der OGH, 216<br />
dass das Bankgeheimnis eine Auskunft an das Abhandlungsgericht<br />
deswegen nicht verhindere, weil<br />
dieses in der gleichen Rechtsstellung gegenüber der<br />
Bank stehe wie der Erblasser seinerzeit.<br />
e) 2001 hat sich der OGH 217 zu den Auskunftsberechtigten<br />
geäussert: Dem Kunden und nach seinem<br />
Tod dem zur Vertretung des Nachlasses bestellten<br />
Verlassenschaftskurator ist das Kreditinstitut jederzeit<br />
zur Auskunft über den Stand der Konten oder<br />
über Einzelheiten der Geschäftsbeziehung verpflichtet.<br />
Auch dem ruhenden Nachlass kommt die<br />
Eigenschaft eines Bankkunden zu sowie dem eingeantworteten<br />
Erben. 2010 präzisierte der OGH, 218<br />
dass dem Noterben die Auskunftsrechte unter Einschaltung<br />
des Gerichtskommissärs nur im Verlassenschaftsverfahren<br />
zustehen.<br />
c. Doktrin<br />
a) Klatil 219 bedauert, dass sich der Gesetzgeber bei<br />
der Neufassung von § 166 öAußStrG 220 nicht dazu<br />
durchringen konnte, dem Inventar den Status eines<br />
umfassenden, verpflichtenden und vor allem abschliessenden<br />
Vermögensverzeichnisses mit Rechtswirkungen<br />
für alle Betroffenen zu verleihen. Weiter<br />
ist sie der Ansicht, wenn man dem Noterben<br />
schon ein Recht gibt, sollte man ihm auch die Mittel<br />
zur Durchsetzung des Rechts geben, folglich einen<br />
eigenen Auskunftsanspruch gegenüber dem Kreditinstitut.<br />
221<br />
successio 4/12 273
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
b) Haunschmidt/Haunschmidt bezeichnen folgende<br />
Personen als Auskunftsberechtigte: «Gerichtskomissär<br />
und Notar, Finanzamt, Verlassenschaft vertreten<br />
durch den Verlassenschaftskurator oder erbserklärte<br />
Erben, Erben, Legataren … Kuratoren,<br />
Testamentsvollstrecker.» 222<br />
c) Nach Haunschmidt/Haunschmidt 223 erhält der<br />
Gerichtskomissär über legitimierte Werte Auskunft,<br />
d.h. solche, die auf den Namen des Erblassers lauten:<br />
Giro- und Pensionskonten, auf den Namen lautende<br />
Wertpapierdepots, auf den Namen lautende<br />
Sparbücher, Bausparverträge. Bei Inhaber-Sparbüchern<br />
muss zusätzlich der Besitz nachgewiesen werden,<br />
das Losungswort ist dagegen nicht notwendig.<br />
Eccher 224 betont, dass Kreditinstitute in der Praxis<br />
konkrete Anfragen verlangen. So ist bei Spareinlagen<br />
die Nummer des Sparbuches unerlässlich.<br />
d) Nach eigener Meinung ist die herrschende Gerichtspraxis<br />
restriktiver als in der Schweiz 225 : Die<br />
Auskunftspflicht der Bank gegenüber den Erben<br />
setzt voraus, dass dieser relativ präzise und zeitnahe<br />
Angaben über das Konto des Erblassers machen<br />
kann (Angabe der Kontonummer und Vorweisung<br />
von Unterlagen kurz vor dem Ableben des<br />
Erblassers) und sein Recht setzt erst mit der Erbserklärung<br />
(Annahme der Erbschaft) ein. Die Rückwärtsdokumentation<br />
wird auf Pflichtteilserben beschränkt.<br />
Bei Gemeinschaftskonti werden nur<br />
Ausschnitte gezeigt. Bei Sparbüchern muss zusätzlich<br />
der Besitz nachgewiesen werden (nicht aber das<br />
Losungswort). Ich erwarte, dass die auch in Österreich<br />
zu beobachtende Öffnung des (privaten) Auskunftsrechts<br />
weiter voranschreitet. In diesem Zuge<br />
sollte auch dem Noterben ein eigenständiges Auskunftsrecht<br />
zugesprochen werden.<br />
2. Stiftungen und Trusts<br />
a. Gesetzliche Grundlagen<br />
a) Das Auskunftsrecht des Begünstigten einer Stiftung<br />
richtet sich nach § 30 Privatstiftungsgesetz<br />
(PSG), 226 der wie folgt lautet: «(1) Ein Begünstigter<br />
kann von der Privatstiftung die Erteilung von Auskünften<br />
über die Erfüllung des Stiftungszwecks sowie<br />
die Einsichtnahme in den Jahresabschluss, den<br />
Lagebericht, den Prüfungsbericht, die Bücher, in<br />
die Stiftungsurkunde und in die Stiftungszusatzurkunde<br />
verlangen. (2) Kommt die Privatstiftung diesem<br />
Verlangen in angemessener Frist nicht nach, so<br />
kann das Gericht auf Antrag des Begünstigten die<br />
Einsicht, gegebenenfalls durch einen Buchsachverständigen,<br />
anordnen. Für das Verfahren gelten die<br />
§§ 385 bis 389 ZPO sinngemäss.»<br />
b) Unentgeltliche Zuwendungen an Stiftungen werden<br />
nach § 785 Abs. 1 öABGB 227 bei den Berechnungen<br />
von Pflichtteilen (§ 762 ff. öABGB) angerechnet.<br />
Grundlage für das Auskunftsrecht der<br />
Erben gegenüber der Stiftung über unentgeltliche<br />
Zuwendungen an die Stiftung bilden (für das Abhandlungsgericht)<br />
§ 145 f. und § 166 öAußStrG 228<br />
bzw. (für die Erben) Art. 42 Abs. 1 öEGZPO. 229 Das<br />
anwendbare Erbrecht (zur Beurteilung von unentgeltlichen<br />
Zuwendungen an Stiftungen) bestimmt<br />
sich nach dem Erbstatut (§ 28 öIPRG) 230 und richtet<br />
sich nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers. 231<br />
b. Praxis<br />
a) 2008 entschied der OGH, 232 dass eine Stiftung<br />
grundsätzlich keine Auskunft erteilen müsse, wenn<br />
die Antragstellerin keine Begünstigte sei. Die Antragstellerin<br />
war die Unterhaltsberechtigte und<br />
wollte von der (bis dahin unbekannten) Stiftung ih-<br />
222 Regina Haunschmidt/Franz Haunschmidt, Erbschaft<br />
und Testament, 3. Aufl., Wien 2003, S. 96.<br />
223 Franz Haunschmidt/Albert Haunschmidt, Erbschaft<br />
kompakt, 2. Aufl., Wien 2009, S. 90.<br />
224 Vgl. Bernhard Eccher, Kommentierung der §§ 531–824<br />
ABGB, in: ABGB-Praxiskommentar, Band 3: §§ 531–858<br />
ABGB, BauRG, AnerbG, Kärntner ErbhöfeG, Tiroler<br />
HöfeG, hrsg. v. Michael Schwimann, 3. Aufl., Wien 2006,<br />
§ 531 ABGB N 3.<br />
225 Vgl. dazu vorne, A. 1. b.<br />
226 Vgl. Bundesgesetz über Privatstiftungen und Änderungen<br />
des Firmenbuchgesetzes, des Rechtspflegergesetzes,<br />
des Gerichtsgebührengesetzes, des Einkommensteuergesetzes,<br />
des Körperschaftsteuergesetzes, des Erbschaftsund<br />
Schenkungssteuergesetzes und der Bundesabgabenordnung<br />
(Privatstiftungsgesetz; PSG; BGBl. Nr. 694/<br />
1993).<br />
227 Vgl. vorne, Fn. 198.<br />
228 Vgl. dazu vorne, C. 1. a. a).<br />
229 Vgl. Gesetz, betreffend die Einführung des Gesetzes<br />
über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten<br />
(Civilprocessordnung; öEGZPO; RGBl.<br />
Nr. 112/1895).<br />
230 Vgl. Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale<br />
Privatrecht (IPR-Gesetz; öIPRG; BGBl. Nr. 304/<br />
1978).<br />
231 Art. 4 Europäische Erbrechtsverordnung (Inkrafttreten:<br />
17. August 2015) wird diesbezüglich eine Änderung bringen,<br />
nämlich die Anknüpfung am gewöhnlichen Aufenthalt:<br />
Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit,<br />
das anzuwendende Recht, die Anerkennung<br />
und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme<br />
und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen<br />
sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses<br />
(Amtsblatt EU Nr. L 201/107 vom 27.7.<br />
2012).<br />
232 Vgl. 10 Ob 46/08z vom 23.9.2008.<br />
274 successio 4/12
es verstorbenen Vaters Auskunft gestützt auf § 102<br />
öAußStrG (Familienrechtliche Unterhaltspflicht)<br />
i.V.m. § 140 und § 166 öABGB (Unterhalt). Das Gericht<br />
gewährte das Auskunftsrecht und führte dazu<br />
Folgendes aus: «Für das Bestehen der Auskunftspflicht<br />
der Privatstiftung massgeblich ist, dass die<br />
Höhe des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin<br />
vom Vermögen oder Einkommen der Privatstiftung,<br />
das ihr vom Unterhaltsschuldner zugewendet<br />
wurde, abhängig sein kann.» Dieser Fall zeigt exemplarisch,<br />
dass bei einem bestehenden materiellen<br />
Anspruch auch der Auskunftsanspruch ohne ausdrückliche<br />
gesetzliche Grundlage von den Gerichten<br />
anerkannt wird.<br />
b) 2004 hat der OGH 233 festgehalten, dass nur aktuell<br />
Begünstigte einen Auskunftsanspruch gegenüber der<br />
Stiftung haben. Eine subsidiäre Begünstigung (z.B.<br />
nach dem Tod des Stifters) genügt nicht. 2011 hat der<br />
OGH 234 in einem Fall, in welchem der Stiftungsrat<br />
ein sehr detailliert vorgetragenes Auskunftsbegehren<br />
der Begünstigten (§ 30 PSG) während 9 Monaten<br />
verweigert hat, die Einsicht durch einen Buchsachverständigen<br />
angeordnet und die Stiftungsräte abberufen.<br />
Die Argumentation des Stiftungsvorstands,<br />
dass das Auskunftsersuchen zu umfangreich sei und<br />
dass viele Antworten aus dem Jahresabschluss ablesbar<br />
seien, wurde zurückgewiesen.<br />
c) 2007 hat der OGH 235 festgehalten, dass Zuwendungen<br />
an die Stiftung noch nicht definitiv erfolgt<br />
sind (§ 785 öABGB) und Pflichtteilberechtigte solche<br />
Zuwendungen anfechten können, wenn der Stifter<br />
sich die Änderung und den Widerruf der Stiftung<br />
vorbehalten hat. In diesem Zusammenhang steht den<br />
Pflichtteilsberechtigten auch ein Auskunftsrecht zu.<br />
c. Doktrin<br />
a) Nach Zollner 236 steht das Informationsrecht des<br />
Begünstigten nach § 30 Abs. 1 PSG den Begünstigte<br />
mit klagbarem Anspruch und aktuell Begünstigte<br />
ohne klagbaren Anspruch, aber nicht potenziell<br />
Begünstigten zu. Eine zeitliche Begrenzung des<br />
Auskunftsanspruchs ergibt sich durch Beginn und<br />
Ende des Destinatärverhältnisses (nicht: von konkreten<br />
Zuwendungen). Nach Lins 237 teilen sich der<br />
Stiftungsprüfer (Rechnungswesen) und die Begünstigten<br />
(Zweckeinhaltung) die Aufsicht. Er hält das<br />
österreichische Auskunftsrecht des Begünstigten einer<br />
Stiftung für weniger flexibel als das liechtensteinische.<br />
b) Welser 238 erwähnt, dass Erben gestützt auf § 786<br />
öABGB den anderen Erben Auskunft über Zuwendungen<br />
geben müssen. Dritte Beschenkte müssen<br />
dagegen in engherziger Auslegung von Art. 42<br />
Abs. 1 öEGZPO 239 keine Auskunft geben. De lege<br />
ferenda sollte das Auskunftsrecht deshalb in beiden<br />
Gesetzen ausdrücklich vorgesehen werden.<br />
c) Nach eigener Meinung ist das Auskunftsrecht des<br />
Begünstigten einer Stiftung in § 30 PSG zweckmässig<br />
geregelt und gibt dem Begünstigten einen durch<br />
die Statuten nicht entziehbaren Anspruch.<br />
Das Auskunftsrecht des Pflichtteilserben gegen<br />
die Stiftung ist weder im öABGB noch in der<br />
öEGZPO ausdrücklich geregelt und es wird von der<br />
Gerichts praxis nur zurückhaltend gewährt. Hier ist<br />
der Gesetzgeber gefragt.<br />
233 Vgl. 6 Ob 180/04w vom 15.12.2004.<br />
234 Vgl. 6 Ob 82/11v vom 16.6.2011.<br />
235 Vgl. 10 Ob 45/07a vom 5.6.2007, SZ 2007/92.<br />
236 Vgl. Johannes Zollner, Die eigennützige Privatstiftung<br />
aus dem Blickwinkel der Stiftungsbeteiligten, Wien 2011,<br />
S. 441 ff.<br />
237 Vgl. Alexander Lins, Die Informations- und Auskunftsrechte<br />
von Begünstigten nach dem liechtensteinischen<br />
und österreichischen Stiftungsrecht im Vergleich, in:<br />
Jahr buch Stiftungsrecht 2009, hrsg. v. Maximilian Eiselsberg,<br />
Wien 2009, S. 367 ff.<br />
238 Vgl. Rudolf Welser, Die Reform des österreichischen<br />
Erbrechts, Wien 2009, S. 32.<br />
239 Vgl. vorne, Fn. 228.<br />
240 Vgl. Versicherungsvertragsgesetz (öVersVG; BGBl. Nr.<br />
2/1959).<br />
241 Vgl. vorne, Fn. 228.<br />
242 Vgl. vorne, Fn. 198.<br />
243 Vgl. vorne, Fn. 229.<br />
3. Lebensversicherungen<br />
a. Gesetzliche Grundlagen<br />
a) Das Auskunftsrecht der Erben gegenüber der Lebensversicherung<br />
richtet sich materiell nach dem<br />
Versicherungsvertragsgesetz (Art. 3 öVersVG 240 )<br />
und das Auskunftsrecht wird aus Art. 42 Abs. 1<br />
öEGPZO 241 abgeleitet. Die Erben treten in die Position<br />
des Versicherungsnehmers ein (Einantwortung;<br />
§ 819 öABGB 242 ). Im internationalen Verhältnis<br />
bestimmt sich das anwendbare Erbrecht nach<br />
dem Erbstatut (§ 28 öIPRG 243 ) und das anwendbare<br />
Versicherungsrecht nach dem Vertragsstatut (§ 35<br />
öIPRG).<br />
b) Der Auskunftsanspruch der Erben gegenüber<br />
den Begünstigten einer Lebensversicherung stützt<br />
sich auf den Pflichtteil (§ 762 ff. öABGB). Es ist allerdings<br />
unklar, ob und nach welcher Bestimmung<br />
successio 4/12 275
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
(§§ 785, 787 und 789 öABGB) eine Anrechnung<br />
von unentgeltlichen Zuwendungen erfolgt. Grundlage<br />
für die Auskunft bilden (für das Abhandlungsgericht)<br />
§ 145 f. und § 166 öAußStrG 244 bzw. (für die<br />
Erben) Art. 42 Abs. 1 öEGZPO. Das anwendbare<br />
Erbrecht bestimmt sich nach dem Erbstatut (§ 28<br />
öIPRG).<br />
b. Praxis<br />
2003 hat der OGH 245 bestätigt, dass keine Anrechnung<br />
der Versicherungssumme an den Pflichtteil<br />
nach § 789 öABGB stattfindet, wenn eine Lebensversicherung<br />
abgetreten oder die Inhaberpolizze<br />
übergeben wurde. Damit entfällt auch die Auskunft<br />
des Lebensversicherers.<br />
c. Doktrin<br />
a) Welser 246 erwähnt, dass die Lebensversicherung<br />
nicht in den Nachlass fällt und die Pflichtteilsberechtigten<br />
nur «unter Zuhilfenahme der zweifelhaften<br />
Konstruktion einer Schenkungsanrechnung» daran<br />
partizipieren können. Er schlägt deshalb de lege<br />
ferenda eine Anrechnung nach § 787 Abs. 1 öABGB<br />
vor. Eine andere Ansicht vertritt Weiss: 247 Die Versicherungssumme<br />
ist nach § 785 öABGB an den<br />
Pflichtteil anzurechnen.<br />
b) Nach eigener Meinung besteht ein Auskunftsrecht<br />
der Erben gegen die Lebensversicherung auch<br />
in Österreich. Mangels Gerichtspraxis kann auch<br />
den Entscheid des FL OGH 248 von 2012 verwiesen<br />
werden, zumal die Gesetzgebung der beiden Länder<br />
starke Parallelen im Versicherungs- und Erbrecht<br />
aufweist.<br />
Während die Gerichtspraxis eine Anrechnung von<br />
Lebensversicherungen nach § 789 Abs. 1 öABGB<br />
ablehnt, wird diese in der Lehre mit unterschiedlichen<br />
Begründungen befürwortet. Diesen Lehrmeinungen<br />
schliesse ich mich im Grundsatz gerne an.<br />
Angesichts der bestehenden Unsicherheiten wäre<br />
eine Klarstellung durch den Gesetzgeber (in der<br />
Art des Art. 529 ZGB) zu begrüssen. Dies würde<br />
auch zur Folge haben, dass die Erben ein Auskunftsrecht<br />
gegenüber den Begünstigen besitzen.<br />
D. <strong>Deutsch</strong>land<br />
1. Banken<br />
a. Gesetzliche Grundlagen<br />
a) Der Auskunftsanspruch der Erben gegenüber der<br />
Bank stützt sich auf den Vertrag, welchen der Erblasser<br />
mit der Bank geschlossen hat (§ 666 BGB)<br />
und welcher mittels Universalsukzession (§ 1922<br />
BGB) auf die Erben übergegangen ist. Zusätzlich<br />
ist § 242 BGB (Treu und Glauben) zu beachten.<br />
b) Da der auf den Pflichtteil gesetzte Pflichtteilsberechtigte<br />
nicht mehr Mitglied der Erbengemeinschaft<br />
ist, 249 hat er auch keinen Auskunftsanspruch<br />
gegenüber der Bank, sondern muss sich an die Erben<br />
halten (§ 2314 BGB).<br />
b. Praxis<br />
a) 1990 hat der BGH 250 festgehalten, dass der dem<br />
Pflichtteilsberechtigen gegenüber zur Auskunft<br />
verpflichtete Erbe (§ 2314 BGB) von seinem Auskunftsanspruch<br />
gegenüber dem Kreditinstitut<br />
(§ 666 BGB i.V.m. § 1922 BGB) Gebrauch machen<br />
müsse. Der BGH weist darauf hin, dass dieser Anspruch<br />
des Erben dem Pflichtteilsberechtigten abgetreten<br />
werden kann.<br />
b) Nach einem Urteil des AG Kaiserslautern 251 von<br />
2011 kann der Erbe gestützt auf §§ 675, 666 BGB<br />
i.V.m. § 1922 BGB von der Bank Auskunft verlangen<br />
und zwar allein (§ 242 BGB) und neben dem<br />
Testamentsvollstrecker. Die Vorlage eines Testaments<br />
(ohne Erbschein) genügt (mit Verweis auf<br />
BGH NJW 2005, 2775). Das LG Stuttgart 252 hat 2004<br />
zur Legitimation festgehalten, dass die Bank sich<br />
nicht mehr auf § 5 AGB der Banken berufen und<br />
die Vorlage eines Erbscheins zum Legitimationsnachweis<br />
verlangen könne, wenn die Forderungsinhaberschaft<br />
durch rechtskräftiges Urteil festgestellt<br />
sei.<br />
c. Doktrin<br />
a) Bartsch 253 fasst zusammen, dass der Erbe den<br />
Kontostand zum Todeszeitpunkt, Vorgänge vor dem<br />
Tod des Erblassers und die Entwicklung nach dem<br />
Todeszeitpunkt verlangen kann. Auf entsprechen-<br />
244 Vgl. dazu vorne, C. 1. a. a).<br />
245 Vgl. OGH 6 Ob 181/02i, NZ 2003, 340.<br />
246 Vgl. Welser (Fn. 237), S. 33.<br />
247 Vgl. Christian Weiss, Rechtsgeschäfte unter Lebenden<br />
auf den Todesfall, in: Erbrecht, hrsg. v. Susanne Ferrari/<br />
Gundula Maria Likar-Peer, Wien 2007, S. 331 f.<br />
248 Vgl. vorne, Fn. 190.<br />
249 Vgl. § 2303 Abs. 1 BGB.<br />
250 Vgl. BGH XI ZR 91/88 vom 28.02.1989, BGHZ 107, 104<br />
= NJW 42 (1989) 1601.<br />
251 Vgl. AG Kaiserslautern 7 C 319/10 vom 16.6.2010, ZEV<br />
18 (2011) 585.<br />
252 Vgl. LG Stuttgart 8 O 434/03 vom 15.9.2004, ZErb 2005,<br />
129.<br />
253 Vgl. Herbert Bartsch, Auskunftsansprüche der Erben<br />
gegen die Bank des Erblassers, ZErb 1999, 20 ff.<br />
276 successio 4/12
des Befragen hat ihm die Bank alles anzugeben, was<br />
ihn interessieren könnte.<br />
b) Keim 254 erläutert zur Legitimation der Erben,<br />
dass eine notariell beurkundete letztwillige Verfügung<br />
und die Eröffnungsverfügung genügen, um die<br />
Erbenstellung nachzuweisen, auch wenn Banken-<br />
AGB anderes sagen.<br />
c) Bonefeld 255 stellt fest, dass die Testamentsvollstreckung<br />
kein Hindernis (weder im Rahmen des Bankgeheimnisses<br />
noch der AGB) sei für eine umfassende<br />
Auskunft der Bank an die Erben.<br />
d) Nach eigener Meinung ist die Stellung des<br />
Pflichtteilsberechtigten, der sich an den Erben wenden<br />
muss und kein eigenes Auskunftsrecht gegenüber<br />
der Bank hat, unbefriedigend und sollte vom<br />
Gesetzgeber verbessert werden (direkter Anspruch<br />
und eigene Legitimationsmöglichkeit).<br />
Der Umfang der Auskunftspflicht der Bank gegenüber<br />
den Erben ist umfassend. Diskutiert wird<br />
immer wieder die Legitimation der Erben. Hier ist<br />
<strong>Deutsch</strong>land sehr fortschrittlich und die Gerichtspraxis<br />
eröffnet immer neue Möglichkeiten zur Legitimation<br />
der Erben.<br />
2. Stiftungen und Trusts<br />
a. Gesetzliche Grundlagen<br />
a) Der Auskunftsanspruch der pflichtteilsberechtigten<br />
Erben gegenüber Begünstigen (Destinatären)<br />
von Strukturen (Stiftungen/Trusts) stützt sich auf<br />
§ 242 BGB, derjenige gegenüber Erben (letztwillig<br />
bedachten Stiftungen/Trusts) auf § 2314 BGB und<br />
derjenigen gegenüber Beschenkten (Zuwendungen<br />
an Stiftungen/Trusts) auf § 2329 BGB.<br />
254 Vgl. Christopher Keim, Erbnachweis gegenüber Banken<br />
ohne Erbschein?, WM 60 (2006) 753 ff.<br />
255 Vgl. Michael Bonefeld, Auskunftsanspruch des Erben<br />
gegenüber Banken bei Testamentsvollstreckung, ZErb<br />
2007, 142 ff.<br />
256 Vgl. BGH IVa ZR 198/88 vom 4.10.1989, BHGZ 108,<br />
395 f.<br />
257 Vgl. LG Baden 2 O 70/98 vom 31.7.1998, ZEV 6 (1999)<br />
152.<br />
258 Vgl. OLG Karlsruhe vom 9.12.2003, ZEV 11 (2004) 470.<br />
259 Vgl. OLG Düsseldorf I-22 U 126/06, 22 U 126/06 vom<br />
30.4.2010, ZEV 17 (2010) 528 = ZErb 2010, 305.<br />
260 Vgl. Stefan Edenfeld, Auskunftsansprüche der Pflichtteilsberechtigten,<br />
ZErb 2005, 346 ff.<br />
261 Vgl. Niels Becker, Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten<br />
gegenüber liechtensteinischen Stiftungen,<br />
ZEV 16 (2009) 177 ff.<br />
b) Der Auskunftsanspruch der pflichtteilsberechtigten<br />
Nichterben gegenüber Begünstigen (Destinatären)<br />
von Strukturen (Stiftungen/Trusts) stützt sich<br />
auf § 242 BGB, derjenige gegenüber Erben (letztwillige<br />
bedachten Stiftungen/Trusts) analog auf § 2314<br />
BGB bzw. § 242 BGB und derjenige gegenüber<br />
Beschenkten (Zuwendungen an Stiftungen/Trusts)<br />
analog auf § 2329 BGB.<br />
b. Praxis<br />
a) 1989 hat der BGH 256 entschieden, dass ein Auskunfts-Anspruch<br />
voraussetzt, dass sich der pflichtteilsberechtigte<br />
Erbe gegenüber dem vom Erblasser<br />
in den letzten 10 Jahren Beschenkten die erforderliche<br />
Kenntnis nicht auf andere ihm zumutbare Weise<br />
verschaffen kann und der Beschenkte die Auskunft<br />
unschwer zu geben vermag. Das LG Baden 257 hat<br />
1999 festgehalten, dass der Pflichtteilsberechtigte<br />
Anspruch auf Auskunft auch gegenüber einer Stiftung<br />
(keine Familienstiftung) hat, die vom Erblasser<br />
zu Lebzeiten ausgestattet und zur Alleinerbin<br />
eingesetzt wurde. Ein als Stiftungsvorstand tätiger<br />
Rechtsanwalt muss ebenfalls Auskunft geben und<br />
kann sich nicht auf die Verschwiegenheitspflicht berufen.<br />
2003 stellte das OLG Karlsruhe 258 gestützt auf<br />
§ 2314 BGB fest, dass die Auskunft die ursprüngliche<br />
Ausstattung, aber auch spätere Zustiftungen und<br />
andere Zuwendungen umfasst.<br />
b) Das OLG Düsseldorf 259 hat 2010 bestätigt, dass<br />
§ 242 BGB als Grundlage für die Auskunft der Begünstigten<br />
dient.<br />
c. Doktrin<br />
a) Edenfeld 260 beschreibt die Berechtigten und Verpflichteten<br />
des Auskunftsanspruchs: Auskunftsverpflichtet<br />
sind Erben und Beschenkte. Auskunftsberechtigt<br />
ist der Erbe gegen den Miterben (§ 2314<br />
BGB) und der Nichterbe gegen den Beschenkten<br />
(§ 2329), der Erbe gegen den Beschenkten nur nach<br />
§ 242 BGB.<br />
b) Becker 261 stellt fest, dass der Auskunftsanspruch<br />
gegenüber einer liechtensteinischen Stiftung sich<br />
auf § 2314 BGB und § 242 BGB stützt. Die Schwierigkeit,<br />
in Liechtenstein ausländische Urteile zu<br />
vollstrecken, führt häufig dazu, dass die entsprechende<br />
Klage in Liechtenstein eingereicht wird.<br />
Wenn der Anspruch gegen die Stiftung nicht durchdringt,<br />
ist ein Vorgehen gegen die Begünstigten ins<br />
Auge zu fassen.<br />
successio 4/12 277
§<br />
Auskunftspflichten gegenüber Erben<br />
c) Osterloh-Konrad 262 legt dar, dass die Auskunftsansprüche<br />
der (pflichtteilsberechtigten) Erben und<br />
Pflichtteilsberechtigten (Nichterben) unterschiedlich<br />
sind. Das Auskunftsrecht der Erben untereinander<br />
ist im BGB nicht allgemein, 263 sondern (nur)<br />
für bestimmte Konstellationen geregelt, was von<br />
der Gerichtspraxis ausgeglichen werden muss. Sowohl<br />
der Auskunfts-Anspruch nach § 2314 BGB, als<br />
auch derjenige nach § 242 BGB setzen voraus, dass<br />
der zugrunde liegende erbrechtliche Anspruch (z.B.<br />
Pflichtteil) besteht (sog. vorbereitende Informations<br />
ansprüche), insbesondere nicht verjährt ist. 264<br />
Mit § 242 BGB will man verhindern, dass materielle<br />
Rechtspositionen mangels Information typischerweise<br />
nicht durchgesetzt werden können, weil etwas<br />
zu beweisen ist, von dem man in der Regel keine<br />
Kenntnis haben kann. So werden auch Lücken bei<br />
Normen wie § 666 BGB geschlossen. 265<br />
d) Nach eigner Meinung ist der Auskunftsanspruch<br />
der Erben gegenüber der Stiftung oder dem Trust<br />
und deren Begünstigten anerkannt und im Erbrecht<br />
auch ansatzweise (§ 2314 BGB) geregelt. Soweit<br />
eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage fehlt,<br />
wird auf eine analoge Anwendung von § 2314 BGB<br />
bzw. § 242 BGB (Treu und Glauben) ausgewichen.<br />
Es ist zu überlegen, ob der Gesetzgeber nicht spezifischere<br />
Grundlagen schaffen oder diesen Fall dadurch<br />
abdecken sollte, dass das Auskunftsrecht unter<br />
den Erben allgemein geregelt wird.<br />
Die von der Gerichtspraxis gemachten Einschränkungen<br />
der Auskunftspflicht sind im Rahmen von<br />
§ 242 BGB zwar verständlich, im Vergleich zu<br />
den anderen Ländern (Schweiz, Liechtenstein und<br />
Österreich) 266 aber unüblich und sollten im Rahmen<br />
einer Gesetzesergänzung überdacht werden. 267<br />
b. Praxis<br />
a) Das LG Köln 268 hat 2008 den direkten Anspruch<br />
der Erben auf Auskunft von der Lebensversicherung<br />
festgehalten und stützt seinen Entscheid auf<br />
§ 242 BGB bzw. analog auf § 2314 BGB. Die Auskunft<br />
betrifft die einbezahlten Prämien, also den<br />
Zuwendungsgegenstand. 2010 hat das OLG Saarbrücken<br />
269 entschieden, dass die Lebensversicherung<br />
Auskunft über Bezugsrechte auch dem Nachlassinsolvenzverwalter<br />
zu geben habe und zwar<br />
gestützt auf § 80 Abs. 1 Insolvenzordnung.<br />
b) Das LG Göttingen 270 hat 2007 festgehalten: «Bei<br />
den aufgrund von Verträgen zugunsten Dritter auf<br />
den Todesfall dem überlebenden Ehegatten zugewendeten<br />
Leistungen aus einer Lebensversicherung<br />
… handelt es sich um Schenkungen i. S. des<br />
§ 2325 Abs. 1 BGB. Schenkungsgegenstand sind die<br />
nach dem Todesfall ausgekehrten Versicherungsleistungen<br />
und nicht etwa die in den letzten zehn Jahren<br />
vor dem Erbfall durch den Erblasser aufgewendeten<br />
Versicherungsprämien.»<br />
c) Art und Umfang der Anrechnung auf die Pflichtteile<br />
sind in der Praxis nicht einheitlich. Das OLG<br />
Stuttgart 271 hat 2007 ausgeführt, dass die Lebensversicherungssumme<br />
nicht der Pflichtteilsergänzung<br />
unterliege, wohl aber die Prämien. Anders hat der<br />
BGH 272 2010 in einem Urteil auf den Rückkaufswert<br />
abgestellt, als der Erblasser die Todesfallleistung<br />
aus einem Lebensversicherungsvertrag einem<br />
Dritten über ein widerrufliches Bezugsrecht schenkweise<br />
zugehalten hat.<br />
3. Lebensversicherungen<br />
a. Gesetzliche Grundlage<br />
a) Der Versicherungsvertrag wird – trotz des direkten<br />
Forderungsrechts des Begünstigten gegen die<br />
Lebensversicherung (§ 330 BGB) – durch Universalsukzession<br />
(§ 1922 BGB) auf die Erben übertragen.<br />
Das Auskunftsrecht der Erben gegenüber der<br />
Lebensversicherung stützt sich auf § 242 BGB.<br />
b) Der Pflichtteilsberechtigte (Nichterbe) stützt<br />
seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch auf § 2325<br />
BGB. Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten<br />
(Nichterben) gegenüber dem Begünstigten<br />
einer Lebensversicherung stützt sich analog auf<br />
§ 2314 BGB.<br />
262 Vgl. Christine Osterloh-Konrad, Rechtsgrundlagen<br />
für Informationsansprüche im Erbrecht, ErbR 2012, 299,<br />
300 f.<br />
263 Wie zum Beispiel in der Schweiz (Art. 607 Abs. 3 und<br />
Art. 610 Abs. 2 ZGB), vgl. vorne, A. 1. a. a).<br />
264 Vgl. Osterloh-Konrad (Fn. 261), ErbR 2012, 299, 302.<br />
265 Vgl. Osterloh-Konrad (Fn. 261), ErbR 2012, 299, 303.<br />
266 Vgl. vorne, A. 2., B. 2. und C. 2.<br />
267 Ebenso Osterloh-Konrad (Fn. 261), ErbR 2012, 299,<br />
303.<br />
268 Vgl. LG Köln 16 O 571/06 vom 18.12.2007, ZErb 2008, 31.<br />
269 Vgl. OLG Saarbrücken 5 U 233/09 vom 3.3.2010, ZEV 17<br />
(2010) 621.<br />
270 Vgl. LG Göttingen 4 S 6/06 vom 23.3.2007, ZEV 14<br />
(2007) 386 = ZErb 2007, 307.<br />
271 Vgl. OLG Stuttgart 19 U 140/07 vom 13.12.2007, ZErb<br />
2008, 57 = WM 2010, 1273.<br />
272 Vgl. BGH IV ZR 73/08 vom 28.4.2010, ZErb 2010, 189.<br />
278 successio 4/12
c. Doktrin<br />
a) Trimborn v. Landenberg 273 offeriert in den Anwalt-Formularen<br />
Erbrecht ein Schreiben an die Versicherung:<br />
«Mein Mandant weiss, dass der Verstorbene<br />
eine Lebensversicherung zu seinen Gunsten<br />
abgeschlossen hatte, allerdings konnten im Nachlass<br />
bislang keine Unterlagen und insbesondere kein<br />
Versicherungsschein aufgefunden werden. Ich bitte<br />
daher um Auskunft, ob mit Ihrem Unternehmen<br />
ein Lebensversicherungsvertrag besteht, in dem o.g.<br />
Person Versicherungsnehmer oder versicherte Person<br />
ist. Sollte dies der Fall sein, bitte ich um Mitteilung<br />
des Vertragsinhaltes.»<br />
b) Nach eigener Meinung ist <strong>Deutsch</strong>land beim<br />
Auskunftsrecht der Erben gegenüber der Lebensversicherung<br />
Vorreiter für die Nachbarländer. Unsicherheit<br />
besteht allerdings noch bei der Rechtsgrundlage.<br />
Da es sich um einen vertraglichen<br />
Anspruch handelt, scheint mir § 242 BGB die zutreffendere<br />
Rechtsgrundlage zu sein als § 2314<br />
BGB, welcher einen erbrechtlichen Anspruch voraussetzt,<br />
der hier nicht vorhanden ist.<br />
Das Auskunftsrecht der Pflichtteilsberechtigten<br />
(Nichterben) gegen den Begünstigen einer Lebensversicherung<br />
ist an sich unbestritten und als Rechtsgrundlage<br />
kommt nur § 2314 BGB in Frage; die Problematik<br />
dieses Auskunfts-Anspruchs liegt in der<br />
unterschiedlichen Beurteilung des Herabsetzungsanspruchs<br />
durch die Gerichte, welcher eine notwendige<br />
Voraussetzung für den Bestand des Auskunfts-Anspruch<br />
ist. Deshalb ist zu überlegen, ob<br />
der Gesetzgeber nicht Klarheit in Bezug auf die Herabsetzbarkeit<br />
schaffen sollte, ähnlich wie das in der<br />
Schweiz mit Art. 529 ZGB getan wurde.<br />
E. Ergebnisse<br />
b) Das (erbrechtliche) Auskunftsrecht der Erben gegenüber<br />
Dritten ist in allen vier Ländern im Gesetz<br />
nur ansatzweise geregelt. Regelmässig werden die<br />
Bestimmungen, welche die Auskunft unter den Erben<br />
regeln, analog auf Dritte angewendet oder dann<br />
wird der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242<br />
BGB) oder eine prozessuale Norm (Art. 42 öEG-<br />
PZO/Art. XV FL EGZPO) verwendet. Wenn der<br />
Gesetzgeber diese Situation bereinigen möchte, liegt<br />
die Krux darin, dass man versucht ist, im Rahmen<br />
der Pflichtteile ein solches Auskunftsrecht zu schaffen.<br />
274 Dies greift aber zu kurz, weil die Erben weitere<br />
erbrechtliche Ansprüche gegenüber Dritten haben<br />
(wie Ausgleichung oder Erbschaftsklage) 275 und<br />
auch bei diesen Ansprüchen auf ein Auskunftsrecht<br />
angewiesen sind.<br />
c) Das Auskunftsrecht der Erben gegenüber Lebensversicherungen<br />
scheint sich nach und nach durchzusetzen<br />
und stützt sich auf den Versicherungsvertrag.<br />
Die Versicherungsvertragsgesetze ken nen aber in<br />
allen vier Ländern keine ausdrückliche Grundlage<br />
für ein solches Auskunftsrecht. Angesichts der bestehenden<br />
Unklarheiten in der Rechtsanwendung,<br />
wäre eine Klärung durch die Gesetzgeber begrüssenswert.<br />
a) Das (vertragliche) Auskunftsrecht der Erben gegenüber<br />
den Banken ist in allen vier Ländern gesetzlich<br />
geregelt. Die genauen Voraussetzungen der<br />
Geltendmachung sind zwar nicht geregelt, können<br />
aber wohl nur von der Gerichtspraxis im einzelnen<br />
erarbeitet werden. Die Legitimation der Erben<br />
(durch Erbschein, Erbbescheinigung, Einantwortung)<br />
ist in allen Ländern gesetzlich geregelt. Die<br />
zusätzlichen Legitimationsmöglichkeiten müssen<br />
von der Gerichtspraxis erarbeitet werden.<br />
273 Dieter Trimborn v. Landenberg, in AnwaltFormulare<br />
Erbrecht, § 25 Lebensversicherung im Erbfall, 4. Aufl.,<br />
München 2010.<br />
274 Noch enger war Thévenoz, welcher ein Auskunftsrecht<br />
vorschlug im Rahmen der Anfechtung von Trusts und<br />
von Zuwendungen an sie, vgl. vorne, Fn. 111.<br />
275 Vgl. vorne, A. 1. c. f).<br />
successio 4/12 279