märz 2012 - experimenta.de
märz 2012 - experimenta.de
märz 2012 - experimenta.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Und plötzlich steht da ein Beduine!<br />
Was ist das, Nationalität?<br />
Ist das ein Glaubensbekenntnis?<br />
Es war großartig, üppig und ein wenig lustig. In je<strong>de</strong>m Falle schien es mir so zu sein. Ich war<br />
je<strong>de</strong>nfalls betäubt, entzückt und sogar ein wenig berauscht durch sein geschmücktes Kamel.<br />
Ach übrigens, die erste Darstellung eines Kamels in Nordarabien datiert man auf das dritte<br />
Jahrtausend vor unserer neuen Zeitrechnung!<br />
Ein Beduine! Ein wahrer Sohn <strong>de</strong>r Wüste. Man sagt, wohin die Beduinen auch kommen, dort<br />
beginnt die Wüste. Sie sind einmalige Individualisten, alles machen sie selbst.<br />
Selbstverständlich mit <strong>de</strong>r Hand und aus natürlichem Material. Der Beduine wird niemals<br />
einen Brunnen graben, er weiß schließlich, dass das Wasser unter seinen Füßen ist. Er zieht<br />
es daher vor, einen Platz zu fin<strong>de</strong>n, wo das Wasser sich von selbst einen Weg an die<br />
Oberfläche bahnt. Seinen tragbaren Palast macht er aus <strong>de</strong>r Wolle <strong>de</strong>r Bergziege, die noch<br />
einmaliger ist als das Kamel, <strong>de</strong>nn sie ist in <strong>de</strong>r Lage, auch in <strong>de</strong>n heißesten Monaten etwas<br />
zu fressen zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Plötzlich ertappte ich mich dabei, wie ich langsam <strong>de</strong>n jungen Mann anschaute, ja regelrecht<br />
anstarrte. Er trug ein langes weißes Gewand und sein Gesicht strahlte eine <strong>de</strong>rmaßen<br />
gleichmütige Fröhlichkeit aus, als wäre es die auf einem Stil hin und her schaukeln<strong>de</strong> Blüte.<br />
Der Lauf <strong>de</strong>r Zeit verlangsamte sich. Ich blickte auf die Uhr. Mir schien es, als wäre sie stehen<br />
geblieben. Mit einer Kühnheit, die durch meine mystische Verwun<strong>de</strong>rung notwendig wur<strong>de</strong>,<br />
versuchte ich mit ihm zu sprechen. Aber das Leben hatte ihn offenbar strenger und<br />
gleichgültiger gemacht. Er antwortete nicht, son<strong>de</strong>rn ließ nur ein Lächeln seine Lippen<br />
umspielen. Mir wur<strong>de</strong> eine neue Welt offenbar und diese war wun<strong>de</strong>rschön. Ein süßer<br />
Schmerz bemächtigte sich meines Herzens.<br />
…Da war vor mir ein Kamel, <strong>de</strong>r Herrscher <strong>de</strong>r Wüste, und neben ihm stand ein Noma<strong>de</strong>, von<br />
<strong>de</strong>m je<strong>de</strong>r beliebige Araber sagen wür<strong>de</strong>: „Nimm einen Beduinen mit auf eine dreitägige<br />
Reise, verbin<strong>de</strong> ihm die Augen und gib ihm eine Silbermünze, damit er sie nachts im Sand<br />
vergräbt. Nach zehn Jahren kommt er wie<strong>de</strong>r und fin<strong>de</strong>t ohne größere Mühen seinen Schatz.“<br />
Der Beduine hatte offenbar gera<strong>de</strong> „Pause“. Die I<strong>de</strong>e eines Geschäftes begeisterte ihn, er<br />
schlug mir einen Ritt auf <strong>de</strong>m Kamel vor und bot mir gleichzeitig Kaffee an.<br />
Ich war sein Gast.<br />
www.eXperimenta.<strong>de</strong> 40<br />
März <strong>2012</strong>