A. Die „Polizei“ - Oberösterreichischer Gemeindebund
A. Die „Polizei“ - Oberösterreichischer Gemeindebund
A. Die „Polizei“ - Oberösterreichischer Gemeindebund
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Landeskriminalamt Oberösterreich<br />
von<br />
HR Mag. Hermann FELDBACHER<br />
Sicherheitsdirektion Oberösterreich<br />
überarbeitet und aktualisiert von<br />
OAR Karl Dannbauer<br />
Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck<br />
Sicherheits- und Polizeiabteilung<br />
Stand: 1. Jänner 2012<br />
Gemeindeverwaltungsschule<br />
. Rudolf Keplinger ist Leiter des Landeskriminalamtes Oberösterreich.<br />
Er ist weiters Vortragender an der Fachhochschule Weiner Neustadt, ständiger Referent
an der Sicherheitsakademie in Wien (für Sicherheitspolizeirecht) und hält mehrmals jährlich<br />
Seminare an anderen Fortbildungsinstituten ab (Schwerpunkt Sicherheitspolizeirecht, strafprozessuales<br />
Ermittlungsverfahren, Sicherheitsverwaltung).<br />
Dr. Keplinger ist Autor bzw Co-Autor zahlreicher Bücher zum<br />
Polizeirecht (zB Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz, Strafprozessordnung,<br />
Versammlungsrecht, Waffengesetz, Straßenverkehrsordnung,<br />
Strafgesetzbuch). <strong>Die</strong> Bücher erscheinen im<br />
ProLibris Verlag (www.prolibris.at) und im Linde-Verlag<br />
(www.lindeverlag.at). Weiters veröffentlicht Dr. Keplinger regelmäßig<br />
Beiträge in Fachzeitschriften der Exekutive<br />
Hinweis!<br />
Es wurde bewusst darauf verzichtet, bei den einzelnen Materien den Gesetzestext abzudrucken,<br />
um die Unterlage übersichtlich zu halten.<br />
Im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes können die jeweiligen aktuellen<br />
Texte der österreichischen Bundes- und Landesgesetze abgefragt werden.<br />
Internet-Adresse: www.ris.bka.gv.at oder www.ris.bka.gv.at/auswahl/<br />
<strong>Die</strong>se Lernunterlage wurde auf Grundlage des Skriptums von<br />
Hofrat HonProf. Dr. Josef DEMMELBAUER<br />
Bezirkshauptmann von Ried/Innkreis iR.<br />
und Oberst Dr. Rudolf Keplinger<br />
Leiter des Landeskriminalamtes Oberösterreich<br />
erstellt.<br />
2
Inhaltsübersicht<br />
Zur Person ............................................................................................................................... 2<br />
Hinweis zu Gesetzestexten ...................................................................................................... 2<br />
A. <strong>Die</strong> <strong>„Polizei“</strong> ....................................................................................................................... 5<br />
A.1. Polizei im materiellen Sinn ....................................................................................... 6<br />
A.1.1. Sicherheitspolizei – Verwaltungspolizei ........................................................ 7<br />
A.1.2. Sicherheitspolizei des Bundes und örtliche Sicherheitspolizei .................... 10<br />
7<br />
A.2. Polizei im organisatorischen Sinn (Organisation der Sicherheitsexekutive) ............ 11<br />
A.2.1. Sicherheitsbehörden ................................................................................... 12<br />
A.2.1.1. Bundesminister für Inneres ............................................................ 13<br />
A.2.1.2. Sicherheitsdirektion ........................................................................ 14<br />
A.2.1.3. Bundespolizeidirektion ................................................................... 15<br />
A.2.1.4. Bezirksverwaltungsbehörde ........................................................... 16<br />
A.2.1.5. Exkurs: <strong>Die</strong> Gemeinde als Sicherheitsbehörde? ............................ 17<br />
A.2.2. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Exekutivorgane) .................. 18<br />
A.2.2.1. Bundespolizei ................................................................................ 19<br />
A.2.2.2. Gemeindewachkörper .................................................................... 20<br />
A.2.2.3. „Konzeptsbeamte“ .......................................................................... 21<br />
A.2.2.4. Exkurs: Bundesheerassistenz ........................................................ 22<br />
B. Zentrale Grundsätze des Polizeirechts<br />
B.1. Verhältnismäßigkeitsprinzip ................................................................................... 23<br />
B.2. <strong>Die</strong> Beurteilung der Rechtmäßigkeit polizeilichen Handelns ................................... 24<br />
B.3. Besondere Beschwerdemöglichkeiten .................................................................... 25<br />
B.3.1. Beschwerden gegen Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ........ 25<br />
B.3.2. Beschwerden gegen schlicht-hoheitliches Handeln .................................... 26<br />
B.3.3. <strong>Die</strong> Richtlinienbeschwerde ......................................................................... 26<br />
B.4. Exkurs: <strong>Die</strong> strafbare Handlung .............................................................................. 27<br />
C. Polizeiliche Materien ........................................................................................................ 28<br />
C.1. Sicherheitspolizei ................................................................................................... 29<br />
C.1.1. Sicherheitspolizeigesetz ............................................................................ 29<br />
C.1.2. Fundpolizei ................................................................................................ 30<br />
C.1.3. Exkurs: Kriminalpolizei ............................................................................... 32<br />
C.2. Passwesen ............................................................................................................ 33<br />
C.3. Meldewesen .......................................................................................................... 35<br />
C.4. Fremdenpolizei ...................................................................................................... 42<br />
C.5. Grenzkontrollwesen ............................................................................................... 43<br />
C.6. Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen ............................................ 44<br />
C.6.1. Waffengesetz ............................................................................................. 44<br />
C.6.2. Sprengmittelgesetz 2010 ........................................................................... 44<br />
C.6.2. Pyrotechnikgesetz ....................................................................................... 45<br />
C.7. Pressewesen ......................................................................................................... 46<br />
C.8. Vereinsangelegenheiten ........................................................................................ 47<br />
C.9. Versammlungsangelegenheiten ............................................................................. 48<br />
C.9.1. OÖ Sammlungsgesetz ................................................................................. 49<br />
C.10. Straßenpolizei ...................................................................................................... 50<br />
C.11. Strafregisterwesen ............................................................................................... 53<br />
C.12. OÖ. Polizeistrafgesetz ......................................................................................... 54<br />
C.12.1. Anstandsverletzung ................................................................................. 54<br />
3
C.12.1.1. Bettelei ............................................................................................... 54<br />
C.12.2. Lärmerregung .......................................................................................... 55<br />
C.12.3. Prostitution ............................................................................................... 56<br />
C.12.3.1. Live- und Video-Peep-Shows ............................................................. 57<br />
C.12.4. Tierhaltung ............................................................................................... 58<br />
C.12.4.1. Halten von Hunden ........................................................................... 58<br />
C.12.4.2. Halten gefährlicher Tiere .................................................................. 60<br />
C.12.4.3. Halten von anderen Tieren ............................................................... 60<br />
C.13. Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz und<br />
Oö. Veranstaltungssicherheitsverordnung ............................................................. 61<br />
C.14. Oö. Spielapparate- und Wettgesetz .................................................................... 64<br />
C.15. Feuerpolizei ......................................................................................................... 67<br />
C.16. Katastrophenhilfsdienst ........................................................................................ 68<br />
4
A. <strong>Die</strong> <strong>„Polizei“</strong><br />
Der Begriff <strong>„Polizei“</strong> kann zweierlei bedeuten:<br />
‣ Unter Polizei im materiellen (= inhaltlichen) Sinn ist eine staatliche Tätigkeit zu verstehen,<br />
die auf die Abwehr von Gefahren abzielt. Dazu näher unten A1.<br />
‣ Hingegen ist unter Polizei im organisatorischen Sinn die Sicherheitsexekutive zu verstehen;<br />
das sind jene Behörden und Organe, die Aufgaben der Polizei (im materiellen<br />
Sinn) erledigen (insbesondere Bundespolizei). Dazu näher unten A.2.<br />
"Polizei" bedeutet abstrakt-begrifflich – kurz und schlagwortartig ausgedrückt – Gefahrenabwehr!<br />
Durch insoferne polizeiliches Verwaltungshandeln sind Gefahren von den Schutzgüttern der<br />
öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit abzuwehren. Demnach versteht man unter dem Begriff<br />
"Polizei" jene Verwaltgungstätigkeit, welche die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe,<br />
Ordnung und Sicherheit dient.<br />
<strong>Die</strong> Landesgesetzgeber haben – etwa ab Mitte der 1970er Jahre – begonnen, in Angelegenheiten<br />
der örtlichen Sicherheitspolizei und der Verwaltungspolizei eigene polizeiliche Gesetze<br />
(Landes – Polizeigesetze) zu erlassen, z.B. das OÖ. Polizeistrafgesetz. <strong>Die</strong>se befassen sich im<br />
Hauptsächlichen mit den Regelungssachverhalten der "Wahrung des öffentlichen Anstandes",<br />
der "Lärmerregung", der "Prostitution" und der "Tierhaltung".<br />
Polizei<br />
im organisatorischen Sinn<br />
im materiellen Sinn<br />
BMI (samt BKA),<br />
Sicherheitsdirektion,<br />
Bundespolizeidirektion,<br />
Bezirksverwaltungsbehörden,<br />
Bundespolizei<br />
(staatliche) Tätigkeit<br />
Abwehr von Gefahren<br />
5
A.1. Polizei im materiellen Sinn<br />
6
A.1.1. Sicherheitspolizei – Verwaltungspolizei<br />
<strong>Die</strong> Gefahren, die durch den Staat (also durch die Staatstätigkeit <strong>„Polizei“</strong>) bekämpft oder<br />
abgewehrt werden sollen, sind vielfältig.<br />
Sie können ganz spezifisch mit einer bestimmten Materie zusammenhängen: ZB:<br />
‣ <strong>Die</strong> Gefahr, die von Gebäuden mit schlechter Bausubstanz ausgeht, ist eine mit der Materie<br />
Bauwesen typischerweise verbundene Gefahr (die Abwehr kann daher als Baupolizei<br />
bezeichnet werden).<br />
‣ Eine Gefahr, die von den Emissionen eines Gewerbebetriebes ausgeht, ist eine mit der<br />
Materie Gewerbewesen typischerweise verbundene Gefahr (die Abwehr kann daher als<br />
Gewerbepolizei bezeichnet werden).<br />
‣ <strong>Die</strong> Gefahr, die von alkoholisierten Fahrzeuglenkern ausgeht, ist eine mit der Materie<br />
Straßenverkehrswesen typischerweise verbundene Gefahr (die Abwehr kann daher als<br />
Verkehrspolizei oder Straßenpolizei bezeichnet werden).<br />
Andererseits können die Gefahren auch wieder völlig allgemein sein: zB<br />
‣ <strong>Die</strong> Gefahr, die von einem Mörder ausgeht, ist mit keiner bestimmten Materie verbunden 1 .<br />
‣ <strong>Die</strong> Gefahr, die von einem Räuber ausgeht, ist ebenfalls mit keiner bestimmten Materie<br />
verbunden.<br />
<strong>Die</strong> "Polizei" dient also der "Gefahrenabwehr" und bezeichnet daher als:<br />
Verwaltungspolizei jene Polizei, die „besondere Gefahren", also typischerweise mit einer<br />
bestimmten Materie verbundene Gefahr abwehrt. ZB: Straßen- oder Verkehrspolizei, Gewerbepolizei,<br />
Baupolizei, Schifffahrtspolizei, Veranstaltungspolizei, Waffenpolizei, Fremdenpolizei<br />
u.v.m. (immer materiell verstanden – nicht als Organisation!) und als<br />
Sicherheitspolizei hingegen alle Maßnahmen, die der "Abwehr allgemeiner Gefahren" für<br />
die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dient, also "allgemeine Sicherheitspolizei" und<br />
"örtliche Sicherheitspolizei" (einschließlich der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht gem. §<br />
19 Sicherheitspolizeigesetz - SPG).<br />
Mit anderen Worten: jede Polizei, die nicht Verwaltungspolizei ist, ist Sicherheitspolizei.<br />
<strong>Die</strong> "örtliche Sicherheitspolizei", deren Vollziehung den Gemeinden obliegt, wird in der Literatur<br />
mitunter auch als "Ortspolizei" – im Gegensatz zur "staatlichen Polizei" – bezeichnet.<br />
Das B-VG etabliert die Gemeinden als Selbstverwaltungskörper (Art. 116 Abs. 1 B-VG). Damit<br />
trägt sie diesen auf, jene Aufgaben, welche vornehmlich im Gemeindeinteresse gelegen sind<br />
und welche diese auch selbst bewältigen können, in eigener Verantwortung zu besorgen. Dazu<br />
zählt im Grund-sätzlichen auch die Aufgabe der Gefahrenabwehr im Rahmen der örtlichen<br />
Sicherheitspolizei (z.B. die Erlassung von Alkoholverbotszonen u.a., durch die Erlassung<br />
"ortsplizeilicher Verordnungen" durch die jeweiligen Gemeinderäte).<br />
1 Wenn der (künftige) Mörder beabsichtigt, sein Opfer zu erschießen oder es mit einem Auto zu<br />
überfahren, wird die Gefahr deshalb nicht zu einer waffen- oder verkehrspolizeilichen.<br />
7
Polizei<br />
im materiellen Sinn<br />
Gefahren, die mit einer<br />
bestimmten<br />
Verwaltungsmaterie<br />
verbunden sind<br />
Gefahren, die nicht mit einer<br />
bestimmten<br />
Verwaltungsmaterie<br />
verbunden sind<br />
Verwaltungspolizei<br />
Sicherheitspolizei<br />
Waffen-, Straßenverkehrs-,<br />
Kraftfahr-, Bau-, Gewerbe-,<br />
Veranstaltungswesen<br />
alles andere<br />
8
Polize - Sicherheitsverwaltung<br />
Sicherheitspolizei<br />
(Bek ä mpfung allgemeiner Gefahren)<br />
Verwaltungspolizei<br />
(Be ä mpfung besonderer<br />
ö rtliche<br />
Sicherheits -<br />
polizei<br />
(allgemeine)<br />
Sicherheits -<br />
polizei<br />
im Rahmen der<br />
Sicherheits -<br />
verwaltun<br />
au ß erhalb der<br />
Sicherheits -<br />
verwaltun<br />
zB Ö PolStrG Art III Abs 1 Z 4<br />
L ä rmerregung EGV<br />
Anstandsverletzung<br />
Ortspol . Verordn.<br />
ZivilluftfahrzSiG<br />
Sicherheits -<br />
polizei -<br />
gesetz<br />
P ß G , Melde ,<br />
FPG Asyl , WaffG,<br />
Greko , Medien ,<br />
VereinsG , VersG ,<br />
PyrotechnikG us<br />
StVO, KFG, Gew ,<br />
FSG, BauO ,<br />
OÖ.VSG<br />
Sicherheitsverwaltung<br />
9
A.1.2. Sicherheitspolizei des Bundes und<br />
örtliche Sicherheitspolizei<br />
<strong>Die</strong> Sicherheitspolizei wird wiederum in die Sicherheitspolizei (des Bundes – früher „allgemeine<br />
Sicherheitspolizei“ genannt) und die örtliche Sicherheitspolizei unterteilt<br />
Eine Maßnahme gehört zur örtlichen Sicherheitspolizei, wenn die räumliche Grundlage<br />
des geschützten Interesses nur das Gemeindegebiet ist und die Gemeinde die Angelegenheit<br />
innerhalb ihrer Grenze durch eigene Kräfte besorgen kann. Den Gemeinden steht das Recht<br />
auf Vollziehung der örtlichen Sicherheitspolizei im eigenen Wirkungsbereich zu (Art 118 Abs<br />
2 und Abs 3 Z 3 B-VG).<br />
<strong>Die</strong> Abgrenzung zwischen Sicherheitspolizei des Bundes und örtlicher Sicherheitspolizei<br />
ist – abgesehen von den in der Verfassung genannten Fällen der Anstandsverletzung und der<br />
Abwehr ungebührlicherweise hervorgerufenen Lärms – im Einzelfall schwierig 2 .<br />
Sicherheitspolizei<br />
„allgemeine“<br />
Sicherheitspolizei<br />
des Bundes<br />
örtliche<br />
Sicherheitspolizei<br />
der Gemeinde<br />
(insb) SPG<br />
Lärmerregung,<br />
Anstandsverletzung,<br />
Ortspol. Verordnung usw.<br />
2 Beispiele für örtliche Sicherheitspolizei aus der Rechtsprechung: Maßnahmen gegen ungebührliche<br />
Geruchsbelästigungen, Maßnahmen zum Schutz städtischer Gartenanlagen vor Beschädigungen<br />
und Zerstörungen durch frei herumlaufende Hunde, die Beschränkung des Fahrens in<br />
Friedhöfen auf „besonders gekennzeichnete Straßen”, die Abwehr von Ordnungsstörungen durch<br />
Anhäufung von Unrat, die Anordnung einer nächtlichen Haustorsperre, nach den Umständen das<br />
Verbot des Badens in einem Schottersee.<br />
10
A.2. Polizei im organisatorischen Sinn<br />
(Sicherheitsexekutive)<br />
Alle Verwaltungsbehörden, zu deren Aufgabe es gehört, irgendeine Gefahr abzuwenden,<br />
könnten als <strong>„Polizei“</strong>-Behörde bezeichnet werden.<br />
Unter Polizei im „organisatorischen Sinn“ sind allerdings nur jene staatlichen Organe<br />
zu verstehen, die primär den zentralen Bereich der Sicherheitsverwaltung wahrnehmen. Das<br />
SPG verwendet dafür den Begriff Sicherheitsexekutive: „<strong>Die</strong> Sicherheitsexekutive besteht aus<br />
den Sicherheitsbehörden und den diesen beigegebenen oder unterstellten Wachkörpern.” (§ 5<br />
Abs 5 SPG).<br />
Sicherheitsexekutive<br />
Bundesministerium<br />
für Inneres<br />
Bundeskriminalamt<br />
Sondereinheiten<br />
(EKO Cobra, SEO)<br />
= Bundespolizei<br />
Stadtpolizeikommando<br />
Gemeinde<br />
Sicherheitsdirektionen<br />
Landespolizeikommando<br />
Bundespolizeidirektionen<br />
Bezirksverwaltungsbehörden<br />
Bezirkspolizeikommando<br />
Polizeiinspektionen<br />
Polizeiinspektionen<br />
Gemeindewachkörper<br />
11
Sicherheitsbehörden sind:<br />
‣ Der Bundesminister für Inneres;<br />
‣ die Sicherheitsdirektionen;<br />
‣ die Bundespolizeidirektionen und<br />
‣ die Bezirksverwaltungsbehörden.<br />
A.2.1. Sicherheitsbehörden:<br />
Sicherheitsbehörden<br />
Bundesministerium<br />
für Inneres<br />
Bundeskriminalamt<br />
Sondereinheiten<br />
(EKO Cobra, SEO)<br />
Sicherheitsdirektionen<br />
Bundespolizeidirektionen<br />
Bezirksverwaltungsbehörden<br />
Gemeinde<br />
12
A.2.1.1. Bundesminister für Inneres<br />
Oberste Sicherheitsbehörde ist der Bundesminister für Inneres (als monokratische Behörde),<br />
dem das Bundesministerium zur Verfügung steht. Zum BMI gehören auch das Bundeskriminalamt<br />
(BKA) und das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung<br />
(BVT) sowie die beiden Sondereinheiten<br />
‣ Einsatzkommando Cobra (EKO-Cobra) und<br />
‣ Sondereinheit für Observation (SEO).<br />
Der örtliche Wirkungsbereich des BMI umfasst das gesamte Bundesgebiet.<br />
Bundesministerium für Inneres<br />
Bundesamt<br />
für<br />
Verfassungsschutz<br />
und<br />
Terrorismusbekämpfung<br />
Bundeskriminalamt<br />
samt<br />
Sondereinheit für<br />
Observation (SEO)<br />
Bundesgebiet<br />
EKO<br />
Cobra<br />
13
A.2.1.2. Sicherheitsdirektion<br />
Für jedes Bundesland besteht eine Sicherheitsdirektion (SID), an deren Spitze ein<br />
Sicherheitsdirektor steht. In Wien ist die Bundespolizeidirektion zugleich Sicherheitsdirektion.<br />
Der örtliche Wirkungsbereich jeder Sicherheitsdirektion deckt sich mit dem Gebiet des<br />
jeweiligen Bundeslandes.<br />
Den Exekutivdienst versehen der Sicherheitsdirektor sowie die ihm zugeordneten Organe<br />
des öffentlichen Sicherheitsdienstes, nämlich Konzeptsbeamte und Beamte des Landespolizeikommandos.<br />
9 Sicherheitsdirektionen<br />
Landesamt für Verfassungsschutz<br />
und Terrorismusbekämpfung<br />
Bundesland<br />
Rechtskundiger <strong>Die</strong>nst mit Zwangsgewaltermächtigung<br />
Landespolizeikommando<br />
(samt Landeskriminalamt)<br />
14
A.2.1.3. Bundespolizeidirektion<br />
In den Statutarstädten Linz, Steyr und Wels ist jeweils eine Bundespolizeidirektion (BPD)<br />
als Sicherheitsbehörde eingerichtet 3 , an deren Spitze jeweils ein Polizeidirektor 4 steht.<br />
Der örtliche Wirkungsbereich der Bundespolizeidirektionen deckt sich mit dem jeweiligen<br />
Gemeindegebiet.<br />
14 Bundespolizeidirektionen<br />
Stadtgebiet<br />
Rechtskundiger <strong>Die</strong>nst mit Zwangsgewaltermächtigung<br />
Stadtpolizeikommando<br />
Polizeiinspektion<br />
Polizeiinspektion<br />
Den Exekutivdienst versehen der Polizeidirektor und die ihm zugeordneten Organe des<br />
öffentlichen Sicherheitsdienstes, nämlich Konzeptsbeamte und Beamte der Stadt- bzw Bezirkspolizeikommanden.<br />
Polizeiinspektion<br />
3 In Österreich bestehen folgende Bundespolizeidirektionen: Eisenstadt (mit Außenstelle Rust),<br />
Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Leoben, Linz, Salzburg, St. Pölten, Schwechat, Steyr, Villach, Wels,<br />
Wien, Wiener Neustadt.<br />
4 Einen Polizeipräsidenten gibt es nur in Wien!<br />
15
A.2.1.4. Bezirksverwaltungsbehörde<br />
Sofern für den örtlichen Wirkungsbereich keine Bundespolizeidirektion eingerichtet ist, ist<br />
die Bezirksverwaltungsbehörde (in Oberösterreich also jeweils die Bezirkshauptmannschaft)<br />
Sicherheitsbehörde auf Bezirksebene.<br />
Der örtliche Wirkungsbereich richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften und<br />
umfasst den jeweiligen Bezirk.<br />
Bezirksverwaltungsbehörde<br />
Bezirkshauptmannschaft / Magistrat<br />
Bezirk<br />
Rechtskundiger <strong>Die</strong>nst mit Zwangsgewaltermächtigung<br />
Bezirkspolizeikommando<br />
Polizeiinspektion<br />
Polizeiinspektion<br />
Den Exekutivdienst versehen für die Bezirksverwaltungsbehörden die ihr zugeordneten<br />
Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, nämlich Beamte der Stadt- bzw Bezirkspolizeikommanden.<br />
Polizeiinspektion<br />
16
A.2.1.5. Exkurs: <strong>Die</strong> Gemeinde als Sicherheitsbehörde?<br />
Das SPG sieht für Bürgermeister keine Funktion als Sicherheitsbehörde, aber – seit der<br />
Novelle 2002 – die Funktion als „Fundbehörde“ vor (dazu näher C.3. unten).<br />
Als Exekutivorgane stehen manchen Gemeinden Gemeindewachkörper oder (schlichte)<br />
Gemeindewachen zur Verfügung. Da die Gemeinde nicht Sicherheitsbehörde ist, sieht die<br />
Rechtsordnung für einige polizeiliche Bereiche eine Zuordnung der Angehörigen der Gemeindewachkörper<br />
zur Bezirksverwaltungsbehörde vor (dazu A.2.2.2. unten).<br />
17
A.2.2. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes<br />
(Exekutivorgane)<br />
<strong>Die</strong> Sicherheitsbehörden brauchen Exekutivorgane, die – wenn erforderlich – den von den<br />
Behörden angeordneten Zwang verwirklichen oder aus eigenem Antrieb heraus Befehls- und<br />
Zwangsgewalt ausüben.<br />
Das SPG zählt folgende Exekutivorgane zu den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes:<br />
‣ Angehörige des Wachkörpers Bundespolizei;<br />
‣ Angehörige der Gemeindewachkörper und<br />
‣ Angehörige des rechtskundigen <strong>Die</strong>nsts bei Sicherheitsbehörden, wenn diese Organe zur<br />
Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt sind (so genannte<br />
„Konzeptsbeamte“).<br />
Den Exekutivorganen ist gemeinsam, dass sie grundsätzlich nicht selbst Behörde, sondern<br />
so genannte „Hilfsorgane“ einer Behörde sind (außer die Konzeptsbeamten).<br />
Selbständige Anordnungen oder Zwangsausübungen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes<br />
sind jener Behörde zuzurechnen, als deren Hilfsorgan sie im konkreten Fall tätig<br />
werden, also deren Vollziehungsgewalt sie handhaben. <strong>Die</strong>se Behörde ist auch „belangte Behörde“<br />
in etwaigen Maßnahmenbeschwerdeverfahren beim UVS (siehe B.3. unten).<br />
Exkurs: „Wachkörper“ sind gemäß Art 78d Abs 1 B-VG bewaffnete oder uniformierte<br />
oder sonst nach militärischem Muster eingerichtete Formationen, denen Aufgaben polizeilichen<br />
Charakters übertragen sind. Ob eine Gemeindewache ein Wachkörper iSd Verfassung ist, ist<br />
mitunter schwierig festzustellen.<br />
18
A.2.2.1. Bundespolizei<br />
<strong>Die</strong> Bundespolizei ist ein Wachkörper. Sie ist organisatorisch aus den Sicherheitsbehörden<br />
herausgelöst und eigenständig organisiert:<br />
Landespolizeikommando (LPK)<br />
Stadt- oder Bezirkspolizeikommando (StPK oder BPK)<br />
(für jeden politischer Bezirk)<br />
Polizeiinspektionen (PI)<br />
(für den Bereich einer oder mehrerer Gemeinden)<br />
Bei der Besorgung der Sicherheitsverwaltung (C. unten) sind das Landespolizeikommando<br />
der Sicherheitsdirektion, die Stadt- und Bezirkspolizeikommanden den Bundespolizeidirektionen<br />
bzw den Bezirksverwaltungsbehörden unterstellt.<br />
Außerhalb der Sicherheitsverwaltung können Gesetze die Bundespolizei den Behörden<br />
zur Erfüllung von Exekutivaufgaben auf dem Gebiet der Bundes- oder Landesvollziehung zuordnen.<br />
Dabei können natürlich auch andere Unterstellungsverhältnisse als im öffentlichen<br />
Sicherheitsdienst geschaffen werden.<br />
Beispiel: Gemäß § 94a StVO ist die Landesregierung befugt, sich bei der Handhabung der<br />
Verkehrspolizei der Organe des LPK zu bedienen.<br />
Weitere Beispiele: § 97 StVO, § 123 Abs 2 KFG, § 336 GewO, § 17 Oö Veranstaltungssicherheitsgesetz,<br />
§ 10 Abs 2 Oö JugendschutzG).<br />
= Bundespolizei<br />
Stadtpolizeikommando<br />
Landespolizeikommando<br />
Bezirkspolizeikommando<br />
Polizeiinspektionen<br />
Polizeiinspektionen<br />
19
A.2.2.2. Gemeindewachkörper<br />
Gemeindewachen sind Einrichtungen der Gemeinden zur Besorgung von Exekutivaufgaben<br />
im Rahmen der Gemeindeverwaltung.<br />
§ 5 Abs 2 Z 4 SPG zählen nicht alle Angehörigen von Gemeindewachen schlechthin,<br />
sondern bloß die Angehörigen jener Gemeindewachen, die als Wachkörper iSd Art 78d Abs 1<br />
B-VG (dazu oben A.2.2.) organisiert sind, zu den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes.<br />
<strong>Die</strong> Abgrenzung zwischen Wachkörpern und anderen Wachen ist aber im Einzelfall schwierig.<br />
Gemeindewachen sind (primär) der Gemeinde bzw dem Bürgermeister zur Besorgung<br />
des Exekutivdienstes im Rahmen der Gemeindeverwaltung beigegeben. Der Bürgermeister<br />
kann sich im Rahmen seiner Zuständigkeit der Mitglieder der Gemeindewachen bedienen. <strong>Die</strong><br />
Gemeindewachen dürfen in diesen Angelegenheiten ohne weiteres jene Befugnisse ausüben,<br />
die den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der öffentlichen Aufsicht eingeräumt<br />
sind. Demnach haben die Gemeindewachen beispielsweise Befugnisse in Vollziehung des Melderechtes<br />
(vgl § 13 Abs 1 iVm § 10 Abs 6 und § 12 MeldeG).<br />
Dem Bundes- bzw Landesgesetzgeber ist verfassungsrechtlich die Möglichkeit eingeräumt,<br />
zu bestimmen, dass die Angehörigen eines Gemeindewachkörpers mit Zustimmung<br />
der Gemeinde zur Besorgung des Exekutivdienstes für die zuständige Behörde ermächtigt<br />
werden können (davon haben die Gesetzgeber schon mehrmals Gebrauch gemacht: § 9 Abs 3<br />
und 4 SPG, § 4 FPG, § 35 Abs 2 Z 3 FSG und § 97 Abs 1 letzter Satz StVO, § 44 Oö AWG<br />
1997).<br />
Außerdem kann nach Art 118a Abs 2 B-VG die Bezirksverwaltungsbehörde Angehörige<br />
eines Gemeindewachkörpers ermächtigen, unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmtem<br />
Umfang an der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) mitzuwirken, also<br />
insbesondere Organstrafverfügungen ausstellen.<br />
Gemeinde<br />
Bezirksverwaltungsbehörde<br />
Gesetz<br />
Verordnung<br />
Ermächtigung<br />
(schlichte)<br />
Gemeindewache<br />
Gemeindewachkörper<br />
20
A.2.2.3. „Konzeptsbeamte“<br />
§ 5 Abs 2 Z 5 SPG zählt auch die Angehörigen des rechtskundigen <strong>Die</strong>nstes (Juristen) bei<br />
Sicherheitsbehörden zu den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, wenn diese Organe<br />
zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt sind. Für diese ist der Begriff<br />
„Konzeptsbeamte“ gebräuchlich.<br />
21
A.2.2.4. Exkurs: Bundesheerassistenz<br />
Das Bundesheer gehört nicht zur Sicherheitsexekutive.<br />
Nach Art 79 Abs 2 B-VG kann das Bundesheer von der „zivilen Gewalt” für bestimmte<br />
Zwecke in Anspruch genommen werden. So etwa für die Aufrechterhaltung der Ordnung und<br />
Sicherheit im Inneren überhaupt und – was auch bei Gemeinden in Betracht kommt – zur Hilfeleistung<br />
bei Elementarereignissen und Unglücksfällen in außergewöhnlichem Umfang.<br />
22
B. Zentrale Grundsätze des Polizeirechts<br />
B.1. Verhältnismäßigkeitsprinzip<br />
Vor allem im Polizeirecht sind den staatlichen Organen mehr oder weniger massive Eingriffe<br />
in Rechtsgüter von (natürlichen oder juristischen) Personen eingeräumt. Zu denken ist<br />
etwa an die Ermächtigung zur Festnahme, zur Hausdurchsuchung und – als eingreifendste<br />
Maßnahme überhaupt – an den lebensgefährdenden Waffengebrauch.<br />
Schon aus der Verfassung ist allerdings ein Verhältnismäßigkeitsprinzip abzuleiten, das<br />
zwar auch den Gesetzgeber, aber primär die Vollziehung und damit insbesondere die Verwaltung<br />
bindet.<br />
Das Verhältnismäßigkeitsprinzip verbietet den Einsatz überschießender Mittel zur Erreichung<br />
staatlicher Ziele. Bieten sich in einer konkreten Situation mehrere Entscheidungsalternativen<br />
an, so ist die gelindeste (zur Zielerreichung aber noch geeignete) Alternative anzuwenden.<br />
Das SPG nennt das Verhältnismäßigkeitsprinzip mehrmals ausdrücklich. Aber auch wenn<br />
Gesetze dies nicht tun (zB § 35 VStG über die Festnahme bei Verwaltungsübertretungen), ist<br />
es zu beachten!<br />
ZIEL<br />
MITTEL<br />
23
B.2. <strong>Die</strong> Beurteilung der Rechtmäßigkeit<br />
polizeilichen Handelns („ex-ante-Betrachtung“)<br />
Das vielfach im Konfliktfall erfolgende Einschreiten von Exekutivorganen wird im Nachhinein<br />
häufig kritisch hinterfragt und vor Beschwerdeeinrichtungen, etwa den Unabhängigen<br />
Verwaltungssenaten (UVS) thematisiert. Dabei entsteht bisweilen der Eindruck, als würde das<br />
Einschreiten des Exekutivorgans, das regelmäßig unter Zeitdruck - also ohne hinreichende Zeit,<br />
um den Sachverhalt umfassend zu prüfen und die Erforderlichkeit des Einschreitens sowie die<br />
Rahmen des rechtlich Gebotenen präzise zu beurteilen - erfolgt, im nachhinein in Ruhe und<br />
„vom grünen Tisch aus“, nach oft stundenlangem Studium der Rechtslage und unter Einbeziehung<br />
aller in der Zwischenzeit gewonnenen Erkenntnisse zum Sachverhalt „zerpflückt“. <strong>Die</strong>se<br />
Problematik ist bekannt.<br />
Daher muss sich ein nachträglich Beurteilender in den Zeitpunkt des gebotenen Einschreitens<br />
zurückversetzen; er muss nachträglich eine so genannte „ex-ante-Betrachtung“ vornehmen<br />
und darf in diesem Sinne erst nachträglich hervorgekommenes Wissen nicht als<br />
Maßstab anlegen. In diesem Sinne wäre zB der Vorwurf unzulässig, dass die Pistole einer Person,<br />
die das Exekutivorgan angegriffen hat und von diesem in Notwehr angeschossen wurde,<br />
nicht geladen und daher ungefährlich war, sodass der Notwehrakt „gelinder“ hätte ausfallen<br />
können. <strong>Die</strong> relevante Frage kann nämlich nicht dahingehend lauten, ob auf einen Angreifer mit<br />
ungeladener Waffe geschossen werden darf; sie muss vielmehr lauten, ob das Exekutivorgan<br />
im Zeitpunkt seiner Notwehrhandlung, also „ex-ante“, davon gewusst hat oder zumindest hätte<br />
wissen müssen, dass die Waffe ungeladen war. Ein Vorwurf wäre nur dann gerechtfertigt, wenn<br />
der wahre Sachverhalt - in diesem Fall des Nichtgeladenseins der Waffe - bei Einhaltung der<br />
nach den Umständen gebotenen und auch möglichen Sorgfalt bekannt gewesen wäre.<br />
24
B.3. Besondere Beschwerdemöglichkeiten<br />
<strong>Die</strong> staatliche Gefahrenabwehr ist ein besonders sensibler Bereich der Hoheitsverwaltung.<br />
<strong>Die</strong>s ergibt sich zum einen daraus, dass es gerade dabei regelmäßig zu mehr oder minder<br />
schwerwiegenden (Grund-)Rechtseingriffen kommt (zB Festnahme, Identitätsfeststellung,<br />
Hausdurchsuchung, Waffengebrauch, Anwendung von Körperkraft) und zum anderen daraus,<br />
dass dieser Bereich sehr öffentlichkeitswirksam ist (was wären die Nachrichten ohne Berichte<br />
über polizeiliche Amtshandlungen?!).<br />
Der Gesetzgeber hat deshalb für die Sicherheitsverwaltung einen umfassenden und teilweise<br />
über den sonst üblichen Standard hinausreichenden Rechtsschutz vorgesehen:<br />
B.3.1. Beschwerden gegen<br />
Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt<br />
(„Maßnahmenbeschwerde“)<br />
Viele polizeiliche Maßnahmen werden von den Organen gesetzt, ohne dass vorher ein<br />
Verwaltungsverfahren stattgefunden hat. Einer solchen Maßnahme liegen daher kein Bescheid<br />
und keine sonstige behördliche Verfügung zu Grunde.<br />
ZB: Der Polizeibeamte beamtshandelt einen Ordnungsstörer, der trotz mehrmaliger Abmahnung<br />
sein Verhalten nicht einstellt. Der nun folgenden Festnahme geht naturgemäß kein<br />
behördliches Verfahren voraus. Früher nannte man diese Akte „faktische Amtshandlung“ oder<br />
„verfahrensfreier Verwaltungsakt“.<br />
Nach dem B-VG (Art 129a Abs 1 Z 2) erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate<br />
(UVS) über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer<br />
verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Recht verletzt worden zu sein.<br />
Für die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden im <strong>Die</strong>nste der Strafjustiz („Kriminalpolizei“)<br />
gibt es besondere Rechtschutzmöglichkeiten (siehe C.1.3. oben). Gemäß § 106 StPO<br />
kann einen Einspruch beim der Staatsanwaltschaft einbringen, wer behauptet, durch Staatsanwaltschaft<br />
oder Polizei in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, weil<br />
1. ihr die Ausübung eines Rechts nach diesem Gesetz verweigert oder<br />
2. eine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme unter Verletzung von Bestimmungen dieses Gesetzes<br />
angordnet oder durchgeführt wurde.<br />
25
B.3.2. Beschwerden gegen schlicht-hoheitliches Handeln<br />
Nun gibt es aber viele behördliche Verhaltensweisen, bei denen von der Ausübung von<br />
Befehls- und Zwangsgewalt nicht gesprochen werden kann (zB eine behördliche Unterlassung,<br />
eine Beschimpfung).<br />
§ 88 Abs 2 SPG sieht für den Bereich der Sicherheitsverwaltung (siehe C. unten)<br />
trotzdem die Möglichkeit einer Beschwerdeerhebung beim UVS vor.<br />
B.3.3. <strong>Die</strong> Richtlinienbeschwerde<br />
§ 31 SPG normiert, dass der BMI für das Einschreiten der Organe des öffentlichen<br />
Sicherheitsdienstes Richtlinien erlässt. Der BMI hat auf dieser Grundlage die Richtlinienverordnung<br />
(RLV) erlassen.<br />
Wer vom Einschreiten eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes betroffen war,<br />
kann eine Richtlinienbeschwerde beim UVS oder bei der <strong>Die</strong>nstaufsichtsbehörde (bei Gemeindepolizeiorganen<br />
der Bürgermeister!) einbringen. Wird sie beim UVS eingebracht, muss<br />
dieser sie an die Behörde weiterleiten.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Die</strong>nstaufsichtsbehörde muss dem Beschwerdeführer den von ihr angenommen<br />
Sachverhalt mitteilen und sich dazu äußern, ob ihrer Meinung nach eine Verletzung der RLV<br />
stattgefunden hat (das ist kein Bescheid!). Bejaht sie dies, ist das Verfahren beendet.<br />
Verneint die <strong>Die</strong>nstaufsichtsbehörde eine Verletzung einer Richtlinie oder äußert sie sich<br />
binnen Frist überhaupt nicht, kann der Betroffene Beschwerde beim UVS einbringen, der in weiterer<br />
Folge darüber entscheidet.<br />
26
B.3.4. <strong>Die</strong> strafbare Handlung<br />
Der Staat verbietet den Rechtsunterworfenen (regelmäßig jenen Menschen, die sich in<br />
seinem Staatsgebiet befinden) bestimmte Verhaltensweisen. Setzt daher ein Mensch ein solches<br />
„verbotenes Verhalten“, so soll gegen ihn eine - im allgemeinen als unerwünscht angesehene<br />
- Rechtsfolge verhängt und vollzogen werden (also etwa eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe).<br />
<strong>Die</strong>ses Strafrecht wird von verschiedenen staatlichen Stellen vollzogen:<br />
von Gerichten (sog Justizstrafrecht)<br />
von Verwaltungsbehörden (sog Verwaltungsstrafrecht).<br />
Im Justizstrafrecht wird die Strafe von Richtern ausgesprochen (teilweise aber auch unter<br />
Mitwirkung von Laien – also etwa Geschworenen oder Schöffen). <strong>Die</strong> Richter sind mit den<br />
„richterlichen Privilegien“ ausgestattet: Sie sind weisungsfrei, unversetzbar und unabsetzbar.<br />
Anklagebehörden sind in diesen Fällen die Staatsanwaltschaften.<br />
Im Verwaltungsstrafrecht wird die Strafe von Organen (zumeist Beamten, aber auch von<br />
Vertragsbediensteten) der Verwaltungsbehörden ausgesprochen. <strong>Die</strong>se Beamten sind grundsätzlich<br />
nicht weisungsfrei (Ausnahme: etwa die Mitglieder der Unabhängigen Verwaltungssenate).<br />
Ursprünglich war die Teilung in Justiz- und Verwaltungsstrafrecht vom Gedanken getragen,<br />
dass die schwereren Gesetzesverstöße von einem Gericht geahndet werden soller. <strong>Die</strong><br />
Entscheidung, ob ein verbotenes Verhalten ein Gerichts- oder ein Verwaltungsdelikt darstellen<br />
soll, trifft der jeweilige Gesetzgeber.<br />
Im Verwaltungsstrafrecht können die Strafen durch unterschiedliche Rechtsinstitute ausgesprochen<br />
werden: durch eine Organstrafverfügung, Anonymverfügung, eine Strafverfügung<br />
oder einem Strafbescheid. Im Justizstrafrecht ergehen Urteile.<br />
27
C. Polizeiliche Materien<br />
Das Sicherheitspolizeigesetz (SPG) fasst einige Rechtsmaterien, die bereits historisch als<br />
sicherheitspolitisch sensibel erachtet wurden und daher seit jeher eher besonderen Polizeibehörden<br />
zur Besorgung oblagen, als Sicherheitsverwaltung zusammen:<br />
Nach § 2 Abs 2 SPG besteht die Sicherheitsverwaltung aus<br />
‣ der Sicherheitspolizei,<br />
‣ dem Pass- und dem Meldewesen,<br />
‣ der Fremdenpolizei,<br />
‣ der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm (im folgenden<br />
kurz: Grenzkontrollwesen),<br />
‣ dem Waffen-, Munitions-, Sprengmittelgesetz 2010 sowie aus<br />
‣ dem Pressewesen und<br />
‣ den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten.<br />
Im Folgenden werden die Grundzüge der Sicherheitsverwaltung und einige ausgewählte<br />
Bereiche der Verwaltungspolizei näher dargestellt.<br />
28
C.1. Sicherheitspolizei<br />
C.1.1. Sicherheitspolizeigesetz<br />
Das SPG 5 regelt neben der Organisation der Sicherheitsverwaltung (A.2. oben) die „Ausübung<br />
der Sicherheitspolizei“.<br />
50).<br />
Das SPG unterscheidet zwischen Aufgaben (§§ 19 bis 27a) und Befugnissen (§§ 32 bis<br />
Zu den Aufgaben zählen vor allem die erste allgemeine Hilfeleistungspficht, die Beendigung<br />
gefährlicher Angriffe, die Abwehr allgemeiner Gefahren, die Aufrechterhaltung der öffentlichen<br />
Ordnung, der vorbeugende Schutz von Rechtsgütern, die erweiterte Gefahrenerforschung,<br />
die Fahndung und die kriminalpolizeiliche Beratung.<br />
<strong>Die</strong> Befugnisse des SPG sind streng zwischen solchen, die den Behörden zustehen und<br />
solchen, die die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausüben dürfen, zu unterschieden:<br />
‣ Behördenbefugnisse: Platzverbot, Schutzzone, Auflösung einer Besetzung,<br />
Durchsuchungsanordung bei Großveranstaltungen usw;<br />
‣ Organbefugnisse: Identitätsfeststellung, Wegweisung und Betretungsverbot aus bzw für<br />
Wohnungen, Hausdurchsuchung, Personsdurchsuchung, Sicherstellung, Inanspruchnahme<br />
fremder Sachen, Festnahme usw.<br />
Für besondere Überwachungsdienste durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes,<br />
die auf Grund (irgendwelcher) Verwaltungsvorschriften für Vorhaben mit Bescheid angeordnet<br />
oder bewilligt werden, sind Überwachungsgebühren einzuheben. Solche Überwachungen<br />
werden insbesondere nach dem Veranstaltungsgesetz, nach der StVO, aber auch nach<br />
dem SPG angeordnet.<br />
<strong>Die</strong> Höhe der Gebühr ist für Gemeindewacheorgane in einer Verordnung der Landesregierung<br />
festgelegt (LGBl 2001/125).<br />
Vielfach bestehen Gefahren, die – obwohl sie nicht sicherheitspolizeilicher Natur sind –<br />
zuerst den Sicherheitsorganen zur Kenntnis gelangen. ZB Brände, Murenabgänge, Schadstoffaustritte<br />
bei Gewerbebetrieben, Einsturzgefahr bei Gebäuden, Hilfebedürftigkeit von Menschen<br />
(etwa Verunfallte).<br />
<strong>Die</strong> an sich zuständigen Behörden und Organe bzw die Rettung und Feuerwehr kämen in<br />
vielen Fällen zur Gefahrenabwehr zu spät. Daher hat der Gesetzgeber der Sicherheitsexekutive<br />
die Erste allgemeine Hilfeleistungspflicht zur Aufgabe gemacht (§ 19 SPG). Sie dauert<br />
grundsätzlich bis zum Einschreiten der zuständigen Behörde, der Feuerwehr oder der Rettung.<br />
Den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes stehen zur Erfüllung der ersten allgemeinen<br />
Hilfeleistungspflicht umfassende Befugnisse zur Verfügung (Betretungsrecht, Inanspruchnahme<br />
fremder Sachen usw).<br />
Da die Gemeinden nicht Sicherheitsbehörden sind, wären Angehörige von Gemeindewachkörper<br />
grundsätzlich nicht zur Vollziehung des SPG zuständig. Allerdings sieht das Gesetz<br />
vor, dass sie durch Verordnung des Sicherheitsdirektors zur Mitwirkung ermächtigt werden<br />
dürfen (§ 9 SPG). In diesen Fällen werden sie dann als Organe der Bezirksverwaltungsbehörde<br />
tätig.<br />
5 Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei,<br />
BGBl 1991/566 zuletzt idF BGBl I 2006/56.<br />
29
C.1.2. Fundpolizei<br />
Das Fundwesen ist einerseits im ABGB (dort die privatrechtlichen Beziehungen des Verlustträgers<br />
zum Finder – etwa die Höhe des Finderlohnes) und andererseits im SPG (dort die<br />
öffentlich-rechtlichen Vorschriften) geregelt.<br />
Der Bürgermeister hat die in seinem Gemeindegebiet aufgefundenen verlorenen oder<br />
vergessenen Sachen (Funde) entgegenzunehmen und dem Eigentümer oder rechtmäßigen<br />
Besitzer auszufolgen (§ 22 Abs 1a iVm § 42a SPG). Ist eine Ausfolgung nicht möglich, hat er<br />
den Fund aufzubewahren und bei Funden, deren Wert 100 Euro übersteigt, durch Anschlag auf<br />
der Amtstafel oder sonst auf ortsübliche Weise bekannt zu machen. Funde, deren Wert 1 000<br />
Euro übersteigt, sind in einer Weise bekannt zu machen, dass deren Auffindung einem größeren<br />
Personenkreis bekannt wird (zB Amtsblatt).<br />
Kann ein Fund nicht ohne bedeutsamen Wertverlust aufbewahrt werden oder verursacht<br />
die Aufbewahrung im Verhältnis zu seinem Wert unverhältnismäßig hohe Kosten, so ist der<br />
Bürgermeister zur Feilbietung der Sache und Aufbewahrung des Erlöses berechtigt. In diesem<br />
Fall ist anstelle der Sache der Erlös auszufolgen (§ 42a Abs 2 SPG).<br />
Erwirbt der Finder Anwartschaft auf das Eigentum an dem Fund oder Erlös (§ 395 zweiter<br />
Tatbestand ABGB), ist ihm dieser auszufolgen, sobald er bei der Behörde zur Ausfolgung erscheint.<br />
Beträgt der Wert des Fundes oder sein Erlös nicht mehr als 20 Euro, verfällt dieser,<br />
wenn ihn der Finder nicht binnen sechs Wochen nach Erwerb der Anwartschaft auf das Eigentum<br />
bei der Fundbehörde abholt. Bei einem Fund oder Erlös im Wert von mehr als 20 Euro hat<br />
die Fundbehörde den Finder schriftlich durch Zustellung zu eigenen Handen davon zu verständigen,<br />
dass dieser verfällt, wenn er ihn nicht binnen sechs Monaten ab Zustellung der Verständigung<br />
bei der Behörde abholt (§ 42a Abs 3 SPG).<br />
Über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters als Fundbehörde entscheidet die<br />
Bezirksverwaltungsbehörde, in Orten, für die eine Bundespolizeibehörde besteht, diese in letzter<br />
Instanz (§ 14a Abs 2 SPG).<br />
<strong>Die</strong> Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben Sachen, die von ihnen aufgefunden<br />
werden und sich in niemandes Gewahrsame befinden, sicherzustellen (§ 42 Abs 1 Z 4<br />
SPG). Fundsachen sind dem Bürgermeister (Fundamt der Gemeinde) zu übergeben, es sei<br />
denn sie können unmittelbar dem Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer ausgefolgt werden<br />
oder sind nach anderen Vorschriften zu beschlagnahmen (§ 42 Abs 3 SPG). Den Organen des<br />
öffentlichen Sicherheitsdienstes, die Sachen in <strong>Die</strong>nstausübung finden, steht kein Anspruch auf<br />
Finderlohn zu.<br />
Auch wenn die Gesetze eine solche nicht ausdrücklich vorsehen, werden in der Praxis<br />
Verlustbestätigungen (korrekt wohl: Bestätigungen über die Erstattung einer Verlustanzeige)<br />
ausgestellt.<br />
Wer eine gefundene Sache behält, um sich zu bereichern, begeht eine gerichtlich strafbare<br />
Handlung (§ 134 Strafgesetzbuch – „Fundunterschlagung“).<br />
Für bestimmte Gegenstände bzw Fundorte gibt es Sonderregelungen: zB<br />
‣ für Funde innerhalb der Eisenbahnanlagen oder in Zügen öffentlicher Eisenbahnen – nicht<br />
auch Straßenbahnen: § 7 Eisenbahnbeförderungsgesetz;<br />
‣ Schusswaffen oder Kriegsmaterial (§ 42 WaffG);<br />
‣ Schieß- und Sprengmittel (§ 38 Schieß- und SprengmittelG);<br />
‣ radioaktiver Stoffe (§ 26 StrahlenschutzG);<br />
‣ denkmalgeschützter Gegenstände (§§ 8, 9 DenkmalschutzG).<br />
‣ Verlust bzw. Auffinden von Tieren (§ 30 Tierschutzgesetz)<br />
30
Achtung: Bei Verlust folgender Gegenstände ist bei der Bundespolizei eine Verlustanzeige<br />
zu erstatten:<br />
‣ Kennzeichentafeln (§ 51 Abs 1 KFG);<br />
‣ Führerschein, Heeresführerschein, Mopedausweis und Feuerwehrführerschein (§ 14 Abs<br />
3 FSG);<br />
‣ Zulassungsschein (§ 102 Abs 5 KFG);<br />
‣ waffenrechtliche Dokumente (§ 15 Abs 2 WaffG);<br />
‣ Begleitpapiere nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz (§ 13 Abs 3)<br />
‣ radioaktive Stoffe (§ 26 Strahlenschutzgesetz)<br />
31
C.1.3. Exkurs: Kriminalpolizei<br />
<strong>Die</strong> Sicherheitspolizei hat – wie gesagt – die primäre Aufgabe, allgemeine Gefahren von<br />
vorneherein zu verhindern oder zu bekämpfen. Solche Gefahren haben oft eine gerichtlich<br />
strafbare Handlung als Ursache (zB. A hat vor B zu töten).<br />
Hat sich eine Gefahr bereits verwirklicht, wurde also ein Rechtsgut bereits beeinträchtigt<br />
oder dies zumindest versucht, besteht – wenn dies durch eine gerichtlich strafbare Handlung<br />
erfolgte – ein Strafanspruch des Staates. Primär zuständige Organe für die Durchsetzung dieses<br />
Strafanspruchs sind die Gerichte und die Staatsanwaltschaften.<br />
Aber auch die Sicherheitsbehörden und ihre Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes<br />
wirken „im <strong>Die</strong>nste der Strafrechtspflege“ bei der Ausforschung des Täters und allgemein<br />
bei der Aufklärung von Straftaten mit. Werden diese Behörden und Organe auf diesem Gebiet<br />
tätig, bezeichnet man dies als „Kriminalpolizei“. Oder anders gesagt: Arbeitet irgendein<br />
Polizeibeamter an der Aufklärung von Straftaten (auch wenn er zB eigentlich für Verkehrsangelegenheiten<br />
zuständig ist), wird er „kriminalpolizeilich“ tätig; Organisationseinheiten, die sich<br />
ausschließlich oder vorwiegend mit der Aufklärung von Straftaten beschäftigen, tragen oft den<br />
Begriff „Kriminal“ in der Bezeichnung (zB Bundeskriminalamt, Landeskriminalamt).<br />
Das Verfahren bei der Aufklärung von Straftaten (zB wann die Polizei jemanden festnehmen<br />
oder eine Wohnung durchsuchen darf) ist in der Strafprozessordnung 6 geregt. Mit 1.<br />
Jänner 2008 tritt eine völlig neue Strafprozessordnung 7 in Kraft.<br />
Angehörigen eines Gemeindewachkörpers können auch kriminalpolizeilich tätig werden,<br />
wenn sie gemäß § 9 Abs. 3 SPG durch Verordnung der Sicherheitsdirektion der jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörde<br />
zur Erfüllung des sicherheitspolizeilichen Exekutivdienstes unterstellt<br />
sind (siehe dort).<br />
6 BGBl 1975/631 zuletzt idF BGBl I 2004/151.<br />
7 BGBl I 2004/19 (Strafprozessreformgesetz) idF BGBl I 2007/93.<br />
32
C.2. Passwesen<br />
Das Passgesetz 8 regelt nur Passangelegenheiten österreichischer Staatsbürger (für<br />
Fremde – siehe Fremdenpolizeigesetz).<br />
Für Österreicher besteht bei der Ausreise aus dem Bundesgebiet und bei der Einreise in<br />
dieses grundsätzlich Passpflicht, sie benötigen also ein gültiges Reisedokument (Reisepass<br />
oder Passersatz). Allerdings darf ihnen die Einreise in das Bundesgebiet bei Glaubhaftmachung<br />
von Staatsbürgerschaft und Identität nicht verweigert werden (§ 2 Abs 1 PassG).<br />
Arten der Reisepässe (§ 3 Abs 1 PassG):<br />
‣ gewöhnlicher Reisepass;<br />
‣ <strong>Die</strong>nstpass;<br />
‣ Diplomatenpass.<br />
Auf einen gewöhnlichen Reisepass hat jeder österreichischer Staatsbürger einen<br />
Rechtsanspruch – außer es liegen Passversagungsgründe (§ 14 PassG) vor. Gewöhnliche Reisepässe<br />
gelten grundsätzlich 10 Jahre (§ 11 PassG), eine Verlängerung ist unzulässig.<br />
Passversagungsgründe bestehen zB, wenn<br />
‣ der Passwerber seine Identität nicht nachzuweisen vermag;<br />
‣ Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will,<br />
‣ um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung eingeleiteten Strafverfolgung<br />
oder Strafvollstreckung im Inland zu entziehen,<br />
‣ um Schlepperei zu begehen oder<br />
‣ um Suchtmittelhandel zu betreiben;<br />
‣ durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der<br />
Republik Österreich gefährdet wäre.<br />
Werden nachträglich Tatsachen bekannt oder treten solche ein, die die Versagung der<br />
Ausstellung eines Reisepasses rechtfertigen würden, ist der Reisepass zu entziehen (Passentziehung;<br />
§ 15 Abs 1 PassG).<br />
Der Antrag auf Ausstellung eines gewöhnlichen Reisepasses kann – sofern eine entsprechende<br />
Verordnung der Bezirksverwaltungsbehörde besteht – bei der Gemeinde (beim<br />
Bürgermeister) eingebracht werden. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller in dieser Gemeinde<br />
seinen Wohnsitz (nicht unbedingt Hauptwohnsitz) hat. Der Bürgermeister hat die Identitätsprüfung<br />
vorzunehmen. Zuständig für die Ausstellung ist die Bezirksverwaltungsbehörde.<br />
Auch die Ausfolgung des Passes durch die Gemeinde ist zulässig ( § 16 Abs. 3).<br />
neu: Seit dem 15. Juni 2009 sind keine neuen Kindermiteintragungen mehr möglich, daher<br />
muss für jedes Kind ein eingener Reisepass beantragt werden. Bestehende<br />
Kindermitein-tragungen bleiben grundsätzlich derzeit noch bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer<br />
des Kindes oder in jedem Fall ab dem 15. Juni 2012 ungültig, auch wenn der<br />
Reisepass ein späteres Ab-laufdatum aufweist. <strong>Die</strong> Gültigkeit des Reisepasses, in dem<br />
sich die Kinermiteintragungen befindet, bleibt davon jedoch unberührt.<br />
Bei einer nachträglichen Änderung oder Ergänzung werden eingetragene Kinder, die das<br />
zwölfte Lebensjahr vollendet haben, von Amts wegen gestrichen, auch wenn sie noch keinen<br />
eigenen Reisepass besitzen.<br />
Unter bestimmten Umständen kann für eine Person ein weiterer Reisepass ausgestellt<br />
werden (§ 10 PassG). Nämlich wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Besitz eines solchen für<br />
eine aus persönlichen oder beruflichen Gründen wichtige Reise notwendig ist (z.B. Israel und<br />
arabische Staaten).<br />
8 Bundesgesetz betreffend das Passwesen für österreichische Staatsbürger (Passgesetz 1992),<br />
BGBl 839/1992 zuletzt idF BGBl I Nr. 48/2009 (Nr. 135/2009 –Novelle in Bearbeitung).<br />
33
§ 4a PassG sieht die Ausstellung eines sog „Notpasses“ (im Gesetz „gewöhnlicher Reisepass<br />
für bestimmte Anlassfälle“ genannt) zB für den Fall vor, wenn der Passwerber vor einer<br />
wichtigen und unaufschiebbaren Reise vorübergehend nicht über seinen gewöhnlichen Reisepass<br />
verfügt (ihn zB verlegt hat).<br />
Personalausweise gelten als Passersatz (§ 19 PassG). <strong>Die</strong> die gewöhnlichen Reisepässe<br />
betreffenden Bestimmungen gelten weitgehend sinngemäß.<br />
Menschen, die keinen amtlichen Lichtbildausweis erlangen können (zB keine Lenkerberechtigung<br />
und Passversagungsgründe), können sich eine Identitätsausweis nach § 35a SPG<br />
ausstellen lassen (zuständig ist die Bezirksverwaltungsbehörde bzw die Bundespolizeidirektion).<br />
<strong>Die</strong>ser Ausweis dient ausschließlich zum Nachweis der Identität (insbesondere bei Polizeikontrollen),<br />
ermächtigt aber ansonsten zu nichts!<br />
34
C.3. Meldewesen<br />
<strong>Die</strong> Meldepflicht entsteht mit der Tatsache der Unterkunftnahme oder Aufgabe der Unterkunft<br />
in einer Wohnung (§ 1 Abs 4 MeldeG 9 ) oder in einem Beherbergungsbetrieb (§ 1 Abs 3<br />
MeldeG). <strong>Die</strong> Pflicht zur An- oder Abmeldung besteht unabhängig vom Grund der Aufgabe<br />
der Wohnung bzw der Unterkunftnahme. Insbesondere begründet auch eine widerrechtlich oder<br />
unter Zwang erfolgte Aufgabe der Unterkunft und das Beziehen einer Notunterkunft diese Verpflichtungen.<br />
Immer ist also der faktische Zustand maßgebend.<br />
Der Wohnsitz (§ 1 Abs 6 MeldeG) unterscheidet sich von der Unterkunftnahme durch<br />
eine gewisse Dauer: Für einen Wohnsitz (Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen) genügt<br />
bereits eine nicht besonders ins Gewicht fallende Lebensbeziehung (zB Ferienwohnung), der<br />
Hauptwohnsitz (§ 1 Abs 7 MeldeG – Mittelpunkt der Lebensbeziehungen) muss zentrale Lebensbeziehungen<br />
aufweisen.<br />
Hat jemand mehrere Wohnsitze, so ist Hauptwohnsitz der, in dem der „Mittelpunkt seiner<br />
Lebensbeziehungen“ liegt. Hat aber jemand, wie zB ein Student, mehrere Wohnsitze mit solchen<br />
zentralen Lebensbeziehungen, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem<br />
er das überwiegende Naheverhältnis hat (Grundsatz des einzigen Hauptwohnsitzes). Zu den<br />
objektiven Kriterien, die Abs 8 demonstrativ aufzählt, tritt also das subjektive Kriterium des<br />
„überwiegenden Naheverhältnisses“. Der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen kann sich auch<br />
sukzessive verändern, indem zB der Student den Kontakt zu seiner Heimatgemeinde nach und<br />
nach verliert.<br />
Nach § 1 Abs 8 MeldeG sind für den „Mittelpunkt“ der Lebensbeziehungen insbesondere<br />
folgende Kriterien maßgeblich: „Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte,<br />
Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz<br />
der übrigen, insbes. der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit<br />
nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen,<br />
Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.“<br />
Wer in einer Wohnung oder in einem Beherbergungsbetrieb Unterkunft nimmt oder eine<br />
solche Unterkunft aufgibt, muss sich melden (§ 2 Abs 1 MeldeG – siehe die Übersichten auf<br />
den nächsten Seiten!).<br />
Unterkunftnahme<br />
<strong>Die</strong> Unterkunftnahme in einer Wohnung ist grundsätzlich innerhalb von drei Tagen danach<br />
bei der Meldebehörde zu melden (§ 3 Abs 1 MeldeG), die Aufgabe der Unterkunft muss<br />
innerhalb von drei Tagen davor oder danach gemeldet werden (§ 4 Abs 1 MeldeG).<br />
Wer als Gast in einem Beherbergungsbetrieb Unterkunft nimmt, ist ohne Rücksicht auf<br />
die Unterkunftdauer unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb von 24 Stunden nach seinem Eintreffen<br />
durch Eintragung in ein Gästeblatt anzumelden. <strong>Die</strong> Abmeldung muss ebenfalls durch<br />
Eintragung ins Gästeblatt innerhalb von 24 Stunden vor bis unmittelbar nach der Abreise erfolgen<br />
(§ 5 Abs 1 und 2 MeldeG). <strong>Die</strong> Daten können auch automationsunterstützt verarbeitet werden.<br />
9 Meldegesetz 1991 (MeldeG), BGBl 1992/9 zuletzt idF BGBl I 2006/45, Meldegesetz – Durchführungsverordnung<br />
(MeldeV), BGBl II 2002/66.<br />
35
Unterkunft in<br />
Wohnungen (§ 1 Abs 4)<br />
(Auch Fahrzeuge und Zelte gelten<br />
als Wohnung, wenn sie im Gebiet<br />
derselben Gemeinde länger als 3<br />
Tage als Unterkunft dienen)<br />
Beherbergungsbetriebe<br />
(§ 1 Abs 3)<br />
(auch regelmäßige Privatzimmervermietung,<br />
beaufsichtigte Camping-<br />
oder Wohnwagenplätze,<br />
Schutzhütten)<br />
Entstehen der<br />
Meldepflicht<br />
(§ 2 Abs 1)<br />
a) bei Unterkunftnahme<br />
b) bei Aufgabe der Unterkunft<br />
Ausnahmen von<br />
der Meldepflicht<br />
(§§ 2, 5 Abs 3, 10<br />
Abs 4)<br />
a) Unterkunft nicht länger als 3<br />
Tage<br />
b) unentgeltliche Unterkunft nicht<br />
länger als 2 Monate, sofern im<br />
Bundesgebiet anderswo gemeldet<br />
Weitere Ausnahmen siehe Anmerkung<br />
unten<br />
Bei Reisegruppen, die<br />
a) aus mindestens 8 Personen<br />
(einschließlich des Reiseleiters)<br />
bestehen und<br />
b) nicht länger als eine Woche<br />
gemeinsam im selben Beherbergungsbetrieb<br />
Unterkunft nehmen,<br />
ist nur der Reiseleiter voll meldepflichtig.<br />
Gesamtanzahl der Mitglieder<br />
ist aber im Gästeblatt einzutragen.<br />
Gesondert und zahlenmäßig<br />
gegliedert ist das Herkunftsland<br />
der Reiseteilnehmer<br />
anzugeben. Außerdem Sammelliste<br />
nötig (§ 5 Abs 3).<br />
Meldepflichtiger,<br />
Erfüllung der Meldepflicht<br />
(§ 7)<br />
a) Unterkunftnehmer,<br />
b) Erziehungsberechtigter: für Minderjährige,<br />
c) Sachwalter: für einen behinderten Menschen, wenn sie in dessen<br />
Wirkungsbereich fällt.<br />
d) erfolgt die Unterkunftnahme nicht bei oder mit dem Erziehungsberechtigten<br />
oder Sachwalter – der Unterkunftgeber<br />
Anmeldefrist<br />
(§§ 3, 5)<br />
Der Meldepflichtige hat die ausgefüllten<br />
Meldezettel zu unterschreiben,<br />
er bestätigt damit die sachliche<br />
Richtigkeit der Meldedaten.<br />
<strong>Die</strong> Rubrik für die Eintragung des<br />
Religionsbekenntnisses braucht<br />
erst ausgefüllt zu werden, nachdem<br />
der Unterkunftsgeber die<br />
Meldezettel unterschrieben hat (§<br />
8).<br />
Innerhalb von 3 Tagen nach dem<br />
Tag der Unterkunftnahme<br />
Eintragungen im Gästeblatt können<br />
auch vom Inhaber oder dessen<br />
Beauftragten vorgenommen<br />
werden. <strong>Die</strong>se sind stets für die<br />
ordnungsgemäße Vornahme der<br />
Eintragungen verantwortlich.<br />
unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb<br />
von 24 Stunden nach<br />
dem Eintreffen<br />
36
Abmeldefrist<br />
(§§ 4, 5)<br />
Innerhalb von 3 Tagen vor oder<br />
nach<br />
innerhalb von 24 Stunden vor bis<br />
unmittelbar nach<br />
Form der Anmeldung<br />
(§§ 3, 4a, 5, 9, 10)<br />
Verpflichtung zur<br />
Vorlage öffentlicher<br />
Urkunden, aus denen<br />
die Identitätsdaten<br />
(§ 1 Abs 5a)<br />
des Uterkunftnehmers<br />
hervorgehen;<br />
auf Verlangen der<br />
Meldebehörde überdies<br />
eines Identitätsnachweises<br />
Übermittlung eines (1) Meldezettels<br />
pro Person, der nebst einer<br />
Meldebestätigung in Form eines<br />
Meldevermerkes nach § 3 Abs 4<br />
retourniert wird.<br />
<strong>Die</strong> Anmeldung ist erfolgt, sobald<br />
der Meldebehörde der entsprechend<br />
vollständig ausgefüllte Meldezettel<br />
vorliegt (§ 4a Abs 1),<br />
selbst wenn zu diesem Zeitpunkt<br />
die Identität des Anmeldenden<br />
nicht festgestellt ist; das in diesem<br />
Fall Erforderliche hat die Meldebehörde<br />
zu veranlassen.<br />
Aufgabe der Unterkunft<br />
Daher kann bei Aufenthalt für nur<br />
eine Nacht An- und Abmeldung<br />
gleichzeitig erfolgen.<br />
Eintragung im Gästeblatt<br />
Für Familien: Gemeinsame Eintragung<br />
von Ehegatten bzw. Elternteilen<br />
und deren Kindern im selben<br />
Blatt, sofern sämtliche Familienmitglieder<br />
denselben Familiennamen<br />
und dieselbe Staatsangehörigkeit<br />
besitzen.<br />
Anstelle der Gästeblattsammlung<br />
können die Meldedaten auch automationsunterstützt<br />
verarbeitet werden.<br />
Form der Abmeldung<br />
(§§ 4, 4a, 5, 9)<br />
Ummeldung<br />
(§ 3 Abs 3 und 4, §§<br />
11 und 15 Abs 7)<br />
Übermittlung eines (1) Meldezettels,<br />
der nebst einer Abmeldebestätigung<br />
nach § 4 Abs 4 retourniert<br />
wird. <strong>Die</strong> Abmeldung kann<br />
anlässlich der Anmeldung auch<br />
bei der Anmeldebehörde erfolgen,<br />
im Fall des § 3 Abs 3 letzter Satz<br />
ist dies obligatorisch.<br />
Sie ist erfolgt, sobald der Meldebehörde<br />
der entsprechend vollständig<br />
ausgefüllte Meldezettel<br />
vorliegt.<br />
‣ Bei Änderung eines Namens<br />
oder der Staatsangehörigkeit<br />
‣ bei Hauptwohnsitzverlegung<br />
außerhalb eines Reklamationsverfahrens<br />
Austragung im Gästeblatt (Abreisevermerk)<br />
bzw automationsunterstützte<br />
Speicherung der Abmeldung<br />
‣ bei Meldung von mehr als einem<br />
(1) Hauptwohnsitz durch SID<br />
bzw BMI<br />
37
Verweigerung der<br />
Meldepflicht durch<br />
den Meldepflichtigen<br />
(§ 8 Abs 2 und § 7<br />
Abs 6)<br />
Möglichkeit der Verweigerung der Unterkunftgewährung<br />
(Vertragsfreiheit)<br />
oder<br />
Anzeigepflicht<br />
des<br />
Unterkunftgebers nach § 8 Abs<br />
2<br />
Der Betriebsinhaber oder dessen<br />
Beauftragter hat hievon unverzüglich<br />
die Meldebehörde oder ein Organ des<br />
öffentlichen Sicherheitsdienstes zu<br />
verständigen (§ 7 Abs 6).<br />
Das MeldeG kennt einige absolute Ausnahmen (§ 2 Abs 2):<br />
‣ Menschen, denen in einer Wohnung nicht länger als drei Tage Unterkunft gewährt wird;<br />
‣ ausländische Staatsoberhäupter, Regierungsmitglieder usw sowie deren Begleitpersonen;<br />
‣ Diplomaten, soweit sie in Wohnungen Unterkunft nehmen; für Beherbergungsbetriebe gilt<br />
aber diese Ausnahme nicht;<br />
‣ auf Grund einer Entscheidung oder Verfügung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde<br />
Angehaltene (zB Straf- oder Schubhaft).<br />
Relativ (nämlich unter der Voraussetzung dass sie schon anderswo im Bundesgebiet<br />
gemeldet sind) von der Meldepflicht ausgenommen (§ 2 Abs 3 MeldeG):<br />
‣ Menschen, denen in einer Wohnung nicht länger als zwei Monate unentgeltlich Unterkunft<br />
gewährt wird;<br />
‣ Pfleglinge in einer Krankenanstalt;<br />
‣ Minderjährige in Heimen;<br />
‣ Angehörige des Bundesheeres, der Exekutive oder des Katastrophenhilfsdienstes in Gemeinschaftsunterkünften.<br />
Das Meldedatum „Religionsbekenntnis“ ist besonders geregelt:<br />
‣ Eine unrichtige Angabe des Religionsbekenntnisses ist nicht strafbar (§ 22 Abs 1 Z 4<br />
MeldeG); die Angabe des Religionsbekenntnisses kann überhaupt verweigert werden!<br />
‣ Beim Ausfüllen des Meldezettels braucht die Rubrik für die Eintragung des Religionsbekenntnisses<br />
erst ausgefüllt zu werden, nachdem der Unterkunftgeber den Meldezettel unterschrieben<br />
hat (§ 7 Abs 4 MeldeG).<br />
‣ <strong>Die</strong> Bürgermeister sind allerdings verpflichtet, den gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften<br />
auf Verlangen die Meldedaten all jener in der Gemeinde angemeldeten Menschen<br />
zu übermitteln, die sich zu diesen Religionsgesellschaften bekannt haben.<br />
<strong>Die</strong> von einem Beherbergungsbetrieb zu führende Gästeblattsammlung muss von der<br />
Meldebehörde signiert sein; die Blätter der Sammlung müssen fortlaufend nummeriert sein und<br />
müssen drei Jahre ab letzter Eintragung aufbewahrt werden. Der Meldebehörde und ihren Organen<br />
ist jederzeitig Einsicht zu gewähren.<br />
Anstelle einer Gästeblattsammlung können die Meldedaten der Gäste auch automationsunterstützt<br />
verarbeitet werden (näher § 10 Abs 7 MeldeG).<br />
Bei einer zwei Monate überschreitenden Unterkunftsdauer in einem Beherbergungsbetrieb<br />
ist zusätzlich eine Anmeldung bei der Meldebehörde erforderlich, und zwar spätestens am<br />
dritten Tag nach Ablauf der zwei Monate (§ 5 Abs 4 MeldeG).<br />
Änderung von Meldedaten<br />
Das Gesetz versteht unter Ummeldung nicht eine Wohnsitzänderung, sondern eine „Änderung<br />
der Meldedaten“ durch gleichzeitige Ab- und Neuanmeldung (§ 11 MeldeG); sie ist vorgesehen<br />
‣ bei Änderung des Familien- oder Vornamens oder der Staatsangehörigkeit (Abs 1: binnen<br />
3 Monaten) oder<br />
‣ bei Verlegung des Hauptwohnsitzes außerhalb eines Reklamationsverfahrens nach Abs<br />
38
2, wenn jemand über mehr als einen Wohnsitz verfügt.<br />
Sonstige Änderungen der Meldedaten, wie etwa Umbenennung einer Straße, Erwerb<br />
einer weiteren Staatsbürgerschaft oder die – nicht obligatorische – Änderung des Religionsbekenntnisses,<br />
kann die Meldebehörde formlos vornehmen; sie hat dem Betroffenen eine Ausfertigung<br />
der geänderten Meldedaten zuzuleiten.<br />
Zuständigkeit - Behörde<br />
Örtlich zuständig für einen Meldevorgang ist:<br />
‣ Bei der Anmeldung der Bürgermeister der Gemeinde der Unterkunftnahme (ergibt sich<br />
aus § 3 Abs 1 MeldeG).<br />
‣ Bei der Abmeldung der Bürgermeister der Gemeinde der bisherigen Unterkunft oder – in<br />
der Praxis regelmäßig - anlässlich der Anmeldung der Bürgermeister der Gemeinde der<br />
neuen Unterkunft (§ 4 Abs 2 MeldeG).<br />
‣ Wenn die Anmeldung mit Hauptwohnsitz erfolgt und der zu Meldende bereits mit Hauptwohnsitz<br />
gemeldet ist, hat er die Abmeldung oder Ummeldung iSd § 11 Abs 2 für diese<br />
Unterkunft gleichzeitig beim nunmehr für den Hauptwohnsitz zuständigen Bürgermeister<br />
vorzunehmen (§ 3 Abs 3 MeldeG).<br />
Eine persönlichen Übergabe oder Aushändigung durch Boten ist nicht erforderlich, weshalb<br />
eine postalische Anmeldung möglich wird.<br />
Meldebehörde ist ausschließlich der Bürgermeister (§ 13 MeldeG). Der Instanzenzug<br />
geht zur Bezirksverwaltungsbehörde bzw Bundespolizeidirektion und endet bei der Sicherheitsdirektion.<br />
Verwaltungsstrafbehörde ist ausschließlich die Bezirksveraltungsbehörde.<br />
Unterkunftgeber<br />
Den Unterkunftgeber treffen verschiedene melderechtliche Verpflichtungen:<br />
‣ Er hat den vom Meldepflichtigen unterfertigten Meldezettel unter leserlicher Beifügung<br />
seines Namens zu unterschreiben. Er hat die Unterschrift zu verweigern, wenn er Grund<br />
zur Annahme hat, dass der Betroffene die Unterkunft tatsächlich nicht bezogen hat oder<br />
nicht innerhalb einer Woche beziehen wird (§ 8 Abs 1 MeldeG). Das soll Scheinmeldungen<br />
verhindern.<br />
‣ Zur Verhinderung unangemeldeten Wohnens hat der Unterkunftgeber bei Verdacht, dass<br />
jemand, dem er Unterkunft gewährt oder gewährt hat, der Meldepflicht nicht nachkommt,<br />
dies binnen 14 Tagen der Behörde mitzuteilen.<br />
‣ Den Unterkunftgeber trifft auf Verlangen der Meldebehörde oder eines Organs des öffentlichen<br />
Sicherheitsdienstes eine Auskunftspflicht über Unterkunftgewährungen in den letzten<br />
6 Monaten (§ 12 Abs 2 MeldeG).<br />
Melderegister<br />
Das von den Bürgermeistern zu führende lokale Melderegister hat die Meldedaten aller<br />
bei ihnen angemeldeten Personen einschließlich der zugehörigen Abmeldungen zu enthalten.<br />
<strong>Die</strong> Meldebehörden können ihr lokales Melderegister auch im Rahmen des ZMR führen.<br />
Das ZMR wird als Informationsverbundsystem vom BMI geführt. <strong>Die</strong> Meldebehörden<br />
müssen ihre Meldedaten zur Aufnahme in das ZMR überlassen. Im ZMR hat jeder Gesamtdatensatz<br />
eine Melderegisterzahl (ZMR-Zahl).<br />
<strong>Die</strong> Meldebehörden dürfen zu Fahndungszwecken oder für Verwaltungsverfahren die<br />
Identitätsdaten von nicht Gemeldeten Hinweise in das Melderegister - auch in das ZMR - aufnehmen,<br />
wenn der Gesuchte früher in dieser Gemeinde gemeldet war oder sonst eine Naheverhältnis<br />
zur Gemeinde besteht (Personenhinweis, „Aviso“). Im „Trefferfall“ ist die ersuchende<br />
Behörde zu verständigen.<br />
39
Der Meldewahrheit dient die amtswegige Berichtigung des Melderegisters bei Tod, unrichtigen<br />
(zB Anmeldung ohne Unterkunftnahme), unvollständigen oder unterlassenen Meldungen<br />
(§ 15 MeldeG); dies ist Amtspflicht der Meldebehörde („.. hat ... von Amts wegen vorzunehmen“).<br />
Vor einer Berichtigung ist – sofern denkbar – der Betroffene zu verständigen und ihm<br />
Gelegenheit einzuräumen, Einwendungen vorzubringen. Bleiben eventuelle Einwendungen unberücksichtigt,<br />
muss ein Bescheid erlassen werden (Abs 2).<br />
Das Melderegister steht neben polizeilichen und sonst administrativen Zwecken – wenn<br />
auch beschränkt – auch für private Interessen zur Verfügung.<br />
Jedermann kann von der Meldebehörde gegen Nachweis seiner Identität (was eine telefonische<br />
Auskunft ausschließt), Auskunft aus dem Melderegister verlangen. <strong>Die</strong> Auskunft der<br />
Meldebehörde hat sich aber auf die Mitteilung zu beschränken, ob und zutreffendenfalls wo<br />
innerhalb ihres Wirkungsbereiches ein bestimmbarer Mensch (keine systematischen Auskünfte!!!),<br />
angemeldet ist oder zuletzt angemeldet war. Daher wäre zB die Übermittlung von Meldedaten<br />
an einen Adressbuchverlag unzulässig.<br />
Wird die Auskunft unter Inanspruchnahme des ZMR erteilt, was die Regel ist, ist sie auf<br />
den Hauptwohnsitz beschränkt, hinsichtlich anderer gemeldeter Wohnsitze muss der Antragsteller<br />
ein rechtliches Interesse nachweisen (näher § 16 Abs 1 MeldeG), das für Auskünfte aus<br />
dem lokalen Melderegister nicht gefordert ist. Keinesfalls darf aber eine Meldeauskunft über<br />
den von § 18 Abs 1 MeldeG erster Satz gezogenen Rahmen hinausgehen, darf also zB nicht<br />
beinhalten, wie lange jemand während eines früheren Zeitraums an einer bestimmten Unterkunft<br />
gemeldet war.<br />
<strong>Die</strong> örtliche Zuständigkeit zur Erteilung der Auskunft richtet sich nach dem Wohnsitz oder<br />
Aufenthalt des Auskunftswerbers. Meldeanfragen aus dem Ausland können an jede Meldebehörde<br />
gerichtet werden.<br />
Hauseigentümer haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Bekanntgabe<br />
der Namen und Adressen aller im Haus, einer Stiege oder einer Wohnung angemeldeten Menschen.<br />
Der Hauseigentümer darf die Meldedaten allerdings nur benützen, um seine melderechtlichen<br />
Pflichten zu erfüllen oder um Rechte gegen Hausbewohner (etwa Verbot der Untervermietung)<br />
geltend zu machen.<br />
Natürlich können Organe der Gebietskörperschaften im Rahmen der Amtshilfe Auskunft<br />
aus dem Melderegister verlangen (§ 20 Abs 3 MeldeG). Viele Behörden haben ohnehin einen<br />
Online-Zugriff auf das ZMR. Daneben gibt es eine spezielle „Amtshilfen“ für die „Gebühreninkasso<br />
Service GmbH“ gemäß § 4 Abs 3 Rundfunkgebührengesetz, BGBl I 1999/159.<br />
Zum Schutz der Privatsphäre kann jeder Gemeldete bei der Behörde eine „Auskunftssperre“<br />
(§ 18 Abs 2 MeldeG) beantragen; bei „offenkundigem“ Interesse kann die Sperre auch<br />
amtswegig erfolgen. Der Antragsteller muss ein schutzwürdiges Interesse nennen können (zB<br />
Bedrohungen, Personen des öffentlichen Lebens, Inkognitoadoption). <strong>Die</strong> Auskunftssperre kann<br />
für höchstens zwei Jahre verfügt – aber auch wieder verlängert – werden. <strong>Die</strong> Auskunftssperre<br />
ist allerdings zu widerrufen, wenn sich der Antragsteller dadurch einer rechtlichen Verpflichtung<br />
(zB Unterhaltszahlungen), zu entziehen sucht oder wenn der Grund für die Auskunftssperre<br />
weggefallen ist.<br />
Bei aufrechter Auskunftssperre lautet die Auskunft: „Es liegen über den/die Gesuchte/n<br />
keine Daten für eine Meldeauskunft vor.“ (Das ist dieselbe Auskunftsformel, wie wenn jemand<br />
im Melderegister nicht aufscheint.)<br />
<strong>Die</strong> Meldebehörde hat auf Grund der im Melderegister enthaltenen Meldedaten dem Antragsteller<br />
auf Antrag zu bestätigen, dass, seit wann und wo er angemeldet ist (Meldebestätigung<br />
- § 19 MeldeG). Auf begründeten Antrag kann die Meldebestätigung auch frühere Anmeldungen<br />
einschließlich der zugehörigen Abmeldungen innerhalb einer Ortsgemeinde beinhalten.<br />
Einem Obdachlosen hat die Meldebehörde auf Antrag eine Hauptwohnsitzbestätigung<br />
auszustellen, wenn er glaubhaft macht, dass er seit mindestens einem Monat den Mittelpunkt<br />
seiner Lebensinteressen in der Gemeinde hat und eine Kontaktstelle nennen kann (§ 19a<br />
MeldeG).<br />
40
Reklamationsverfahren<br />
Ist eine Person an einem Ort mit Hauptwohnsitz gemeldet, bestehen aber behördliche<br />
Zweifel, ob sie dort tatsächlich ihren Hauptwohnsitz hat, kann dies durch ein besonderes Verwaltungsverfahren,<br />
dem Reklamationsverfahren, geklärt werden (§ 17 MeldeG).<br />
Im Reklamationsverfahren wird nur geklärt, ob jemand seinen Hauptwohnsitz dort hat, wo<br />
er ihn gemeldet hat. Dagegen wird die Frage, wo jemand tatsächlich seinen Hauptwohnsitz hat,<br />
nicht geklärt.<br />
Das Reklamationsverfahren kann nur auf Antrag eines Bürgermeister eingeleitet werden<br />
(Abs 2), und zwar des Bürgermeister<br />
‣ der Gemeinde, in der jemand mit Hauptwohnsitz angemeldet ist (Z 1).<br />
Zuständige Behörde ist der LH der „Anmeldungsgemeinde“ und Parteien sind der Betroffene<br />
und der antragstellende Bürgermeister ;<br />
‣ einer Gemeinde, in der jemand zwar nicht mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, aber einen<br />
Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat (Z 2). Der Bürgermeister muss darlegen können,<br />
dass der Betroffene einen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in seiner Gemeinde<br />
hat. Dabei hat er die Möglichkeit, vom Betroffenen eine Wohnsitzerklärung zu verlangen,<br />
die für den Bürgermeister eine wesentliche Grundlage für seine Entscheidung, die Einleitung<br />
eines Reklamationsverfahrens zu beantragen, sein soll.<br />
Der Antrag ist jedoch auch ohne Nachweis des Bestehens eines Mittelpunkts der Lebensbeziehungen<br />
in dieser Gemeinde zulässig, wenn der Betroffene keine vollständige oder<br />
eine in sich widersprüchliche Wohnsitzerklärung (§ 15a MeldeG) abgegeben hat, obwohl<br />
er unter Setzung einer Nachfrist auf diese Folge hingewiesen worden war.<br />
Zuständige Behörde: Landeshauptmann, jedoch BMI, wenn sich die beiden betroffenen<br />
Gemeinden in verschiedenen Bundesländern befinden.<br />
Parteien des Reklamationsverfahrens sind der Betroffene, der antragstellende Bürgermeister<br />
und der Bürgermeister der Gemeinde, in der der Betroffene mit Hauptwohnsitz gemeldet<br />
ist.<br />
<strong>Die</strong> Bürgermeister dürfen im Verfahren nur Tatsachen geltend machen, die sie in Vollziehung<br />
eines Bundesgesetzes oder eines Landesgesetzes ermittelt haben und die keinem Übermittlungsverbot<br />
unterliegen; daher sind - außer nach Abs 3a - „zusätzliche“ Ermittlungen unzulässig,<br />
auch ein allfällige private Kenntnisse des Bürgermeisters darf nicht verwertet werden.<br />
Berufungen gegen den Bescheid des LH und des BMI sind unzulässig, lediglich VwGH-<br />
Beschwerden sind möglich.<br />
Strafbestimmungen<br />
Das Meldegesetz kennt zahlreiche Verwaltungsübertretungen, die von der Bezirksverwaltungsbehörde<br />
zu ahnden sind (§ 22 MeldeG).<br />
Für dei Vollziehung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes ist die nicht die Frage<br />
eines Haupt- oder Zweitwohnsitzes maßgeblich, sondern der tatsächlich Aufenthalt. Dauert<br />
dieser länger als 3 Monate. dann hat dieser EWR-Bürger eine Anmeldebescheinigung bei<br />
der Bezirksver-waltungsbehörde (Fremdenpolizei) zu beantragen.<br />
41
C.4. Fremdenpolizei<br />
Fremde sind Menschen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen (§ 2<br />
Abs 4 Z 1 FPG 10 ).<br />
Fremden brauchen für die Einreise ins Bundesgebiet grundsätzlich ein gültiges Reisedokument<br />
(Passpflicht; § 15 FPG). <strong>Die</strong> Passpflicht trifft auch EWR-Bürger, sie erfüllen ihre Pflicht<br />
allerdings auch mit einem Personalausweis. <strong>Die</strong> Passpflicht ist durch zahlreiche Ausnahmen<br />
durchbrochen.<br />
Grundsätzlich sind Fremde auch sichtvermerkspflichtig (§ 15 FPG). Allerdings gibt es<br />
auch hier weitgehende Ausnahmen.<br />
Fremde müssen den Fremdenpolizeibehörden und ihren Organen auf Verlangen die<br />
maßgeblichen Dokumente aushändigen oder sich an jene Stelle begeben, an der diese verwahrt<br />
sind.<br />
Als fremdenpolizeiliche Maßnahmen kennt das FrG zB die Ausweisung, das Aufenthaltsverbot,<br />
die Abschiebung, die Zurückweisung und die Schubhaft.<br />
Fremdenpolizeibehörden sind primär die Bezirksverwaltungsbehörden und die Bundespolizeidirektionen<br />
(§ 3 FPG).<br />
Angehörige eines Gemeindewachkörpers dürfen das Fremdenpolizeigesetz vollziehen,<br />
wenn sie über Antrag der Gemeinde von der Sicherheitsdirektion mit Verordnung dazu ermächtigt<br />
wurden (§ 4 FPG).<br />
10 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde<br />
und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG), BGBl I 2005/100 zuletzt<br />
idF BGBl I 2006/99.<br />
42
C.5. Grenzkontrollwesen<br />
Der Grenzübertritt ist an jeder Stelle der Binnengrenze (zu Schengen-Staaten, also<br />
Deutschland und Italien) zulässig; die Aussengrenze darf hingegen grundsätzlich nur an<br />
Grenzübergangsstellen überschritten werden (§ 10 GrekoG 11 ).<br />
<strong>Die</strong> Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind als Hilfsorgane der Grenzkontrollbehörde<br />
ermächtigt, Menschen einer Grenzkontrolle zu unterziehen, wenn anzunehmen ist,<br />
diese seien grenzkontrollpflichtig oder hätten den Grenzübertritt unbefugt außerhalb von<br />
Grenzübergangsstellen vornehmen wollen oder vorgenommen (§ 12 GrekoG).<br />
Grenzkontrollbehörden sind grundsätzlich die Bezirksverwaltungsbehörden und die<br />
Bundespolizeidirektionen (§ 8 GrekoG).<br />
11 Bundesgesetz über die Durchführung von Personenkontrollen aus Anlass des Grenzübertritts<br />
(GrenzkontrollG – GrekoG), BGBl 1996/435 zuletzt idF 2004/151.<br />
43
C.6. Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen<br />
(neu mit 1.Jänner 2010: Sprengmittelgesetz 2010 – SprG)<br />
C.6.1. Waffengesetz<br />
Waffen iSd WaffG 12 sind Gegenstände, die „ihrem Wesen“ nach dazu bestimmt sind,<br />
‣ die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen<br />
oder herabzusetzen oder<br />
‣ bei der Jagd oder beim Schiesssport zur Abgabe von Schüssen verwendet zu werden.<br />
usw<br />
ZB: Pistole, Revolver, Degen, Dolche, Schlagring; nicht aber: Küchenmesser, Hacke, Axt<br />
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Waffenbehörde (Bundespolizeidirektion,<br />
Bezirksverwaltungsbehörde) gegen einen Menschen ein Waffenverbot verhängen (§ 12<br />
WaffG), was bedeutet, dass diese Person eine Waffe nicht einmal „angreifen“ darf.<br />
Bei Gefahr im Verzug können Organe der öffentlichen Aufsicht Waffen, Munition und<br />
Urkunden sicherstellen, wenn sie Grund zur Annahme haben, dass deren Besitzer (Inhaber)<br />
durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen<br />
oder fremdes Eigentum gefährden könnte (§ 13 WaffG). Mit der Abnahme gilt ein vier<br />
Wochen befristetes „vorläufiges Waffenverbot“. Über weitere Maßnahmen hat die Waffenbehörde<br />
zu entscheiden.<br />
Das WaffG zählt einige Waffen auf und erklärt sie zu „verbotenen Waffen“, die man nur<br />
mit einer ausdrücklichen Genehmigung besitzen oder führen darf (§ 17 WaffG) – zB getarnte<br />
Waffen, besonders zerlegbare Waffen, Pumpguns, Totschläger usw.<br />
Zum Führen einer Schusswaffe (also zum Bei-sich-haben außerhalb der Wohnung oder<br />
einer eingefriedeten Liegenschaft) benötigt man grundsätzlich einen Waffenpass.<br />
Zum bloßen Besitz (zu Hause, im Geschäft) reicht – je nach Kategorie, in die die Waffe<br />
fällt – eine Waffenbesitzkarte oder auch nur eine Meldung.<br />
<strong>Die</strong> Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 53 WaffG ermächtigt, eine<br />
Durchsuchung der Kleidung von Menschen und der von diesen mitgeführten Fahrzeuge und<br />
Behältnisse (Koffer, Taschen u. dgl.) an Orten vorzunehmen, an denen auf Grund eines konkreten<br />
Hinweises oder sonstiger bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht besteht, dass<br />
einem waffenrechtlichen Verbot nach dem WaffG oder nach einem anderen Bundesgesetz zuwidergehandelt<br />
wird. Eine Hausdurchsuchung ist im WaffG nicht vorgesehen.<br />
Waffenbehörden sind die Bundespolizeidirektionen bzw die Bezirksverwaltungsbehörden<br />
(§ 48 WaffG).<br />
C.6.2.Sprengmittelgesetz 2010<br />
Mit Wirkung vom 1. Jänner 2010 tritt das Sprengmittelgesetz 2010 (SprG) in Kraft (BGBL.I Nr.<br />
121/2009).<br />
<strong>Die</strong>ses Gesetz regelt die Herstellung, die Verarbeitung, den Handel, den Erwerb, den Besitz,<br />
die Verbringung, die Ein- und Durchfuhr, das Lagern, das Überlassen, das Entsorgen und das<br />
Vernichten von Schieß- und Sprengmitteln.<br />
12 Waffengesetz 1996, BGBl I 1997/12 zuletzt idF BGBl I 2004/136.<br />
44
Erwerb und Besitz von Sprengmitteln sind Personen vor Vollendung des 21. Lebensjahres,<br />
Erwerb und Besitz von Schießmitteln sind Personen vor Vollendung des 18. Lebensjahres<br />
verboten.<br />
Wer wahrnimmt, dass sich Schieß- und Sprengmittel offenbar in niemandes Gewahrsam<br />
befindet, hat unverzüglich die nächste Sicherheitsdienststellt (Polizei) zu verständigen, die die<br />
Sicherstellung durchzuführen hat.<br />
Besitz und Erwerb von Sprengmitteln sind nur auf Grund einer behördlichen Bewilligung<br />
erlaubt (Sprengmittelschein), ebenso von Schießmitteln (Schießmittelschein).<br />
Neu: Der Sprengmittelschein ist einer natürlichen Person auf Antrag auszustellen, welche<br />
u.a. einen Nachweis der Fachkenntnis zur Durchführung von Spreng- arbeiten gemäß §§ 62 ff<br />
ASchG und der darauf beruhenden Verordnungen erbringt!<br />
C.6.2. Pyrotechnikgesetz<br />
neu mit 4. Jänner 2010:<br />
Pyrotechnikgesetz 2010 – PyroTG 2010<br />
Das Pyrotechnikgesetz unterteilt die pyrotechnischen Gegenstände entsprchend ihrer<br />
Verwendung oder ihrem Zweck in drei Gruppen. Es sind dies:<br />
Feuerwerkskörper (F)<br />
pyrotechnische Gegenstände für Bühne und Theater (T) sowie<br />
sonstige pyrotechnische Gegenstände (P)<br />
Für die von der EU-Richtlinie nicht erfassten pyrotechnischen Sätze ist im Pyrotechnikgesetz<br />
2010 eine eigene Gruppe (S) vorgesehen (§§ 11 bis 14 PyroTG 2010).<br />
Innerhalb dieser Gruppen werden pyrotechnische Erzeugnisse nach dem Grad ihrer Gefährlichkeit<br />
und ihrem Lärmpegel einer durch Zahlen näher bestimmten Kategorie zugeordnet:<br />
Kategorien F1 bis F4 (Feuerwerkskörper)<br />
Kategorien T1 oder T2 (pyrotechn. Gegenstände für Bühne und Theater), den<br />
Kategorien P1 oder P2 (sonstige pyrotechnische Gegenstände), und<br />
Kategorien S1 oder S2 (lose pyrotechnische Sätze)<br />
§ 38 Abs. 1 PyroTG 2010 13 verbietet die Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen<br />
der Kategorie F2 (ausser im Rahmen einer Mitverwendung gem. § 28 Abs. 4 oder § 32 Abs. 4)<br />
im Ortsgebiet. Allerdings kann der Bürgermeister mit Verordnung bestimmte Teile des Ortsgebietes<br />
von diesem Verbot ausnehmen, wenn Sicherheitsgefährdungen und Lärmbelästigungen....<br />
nicht zu erwarten sind. <strong>Die</strong> Verwendung pyrotechn. Gegenstände und Sätze innerhalb<br />
und in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Gotteshäusern, Krankenanstalten, Kinder-, Alters- und<br />
Erholungsheimen sowie Tierheimen und Tiertgärten ist verboten.<br />
Der Besitz und die Verwendung von als "gefährlich" klassifizierten pyrotechnischen Gegenständen<br />
und Sätzen der Kategorien F3, F4, T2, P2 und S2 sind zukünftig nur auf Grund<br />
einer behördlichen Bewilligung erlaubt (§ 28 Abs. 1 und 2).<br />
Behörden nach dem Pyrotechnikgesetz sind die Bundespolizeidirektionen bzw die Bezirksverwaltungsbehörden<br />
(§ 5 PyroTG 2010).<br />
13 Bundesgesetz vom 3.5.1974, mit dem polizeiliche Bestimmungen über pyrotechnische Gegenstände<br />
und das Böllerschießen getroffen werden (Pyrotechnikgesetz 1974), BGBl 282/1974 zuletzt idF<br />
BGBl I Nr. 131/2009.<br />
45
C.7. Pressewesen<br />
Dass das Pressewesen zur Sicherheitsverwaltung gezählt wird, lässt sich nur mehr historisch<br />
erklären („Zensur“). Heute herrscht Pressefreiheit und das Mediengesetz 14 sieht eine<br />
Beschlagnahmeermächtigung nur mehr auf richterlichen Auftrag vor (§ 36 MedienG).<br />
14 Bundesgesetz vom 12. 6. 1981 über die Presse und andere publizistische Medien (Mediengesetz),<br />
BGBl 1981/314 zuletzt idF BGBl I 2005/151.<br />
46
C.8. Vereinsangelegenheiten<br />
Unter Verein ist ein freiwilliger, auf Dauer angelegter, auf Grund von Statuten organisierter<br />
Zusammenschluss mindestens zweier Personen zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen,<br />
ideellen Zwecks (§ 1 VereinsG 15 ). Er hat eine – von den Mitgliedern losgelöste –<br />
Rechtspersönlichkeit, ist eine so genannte juristische Person.<br />
Das Vereinsgesetz kennt einige Sonderformen: Hauptvereine, Zweigvereine (Filialen),<br />
Vereinsverbände, Dachverbände und Mitgliedsvereine (§ 1 Abs 4 und 5 VereinsG).<br />
Vereine dürfen nicht auf Gewinn gerichtet sein, dürfen aber auf Gewinn gerichtete Unternehmen<br />
betreiben, wenn der Erlös den ideellen Zwecken gewidmet wird und wenn die wirtschaftliche<br />
Tätigkeit dem Vereinszweck untergeordnet ist (zB Sportplatzbuffet).<br />
Einen Vereinsgründung ist der nach dem Vereinssitz zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde<br />
bzw Bundespolizeidirektion schriftlich unter Vorlage der Statuten anzuzeigen (§ 11<br />
VereinsG). Eine Bewilligung folgt nicht, sondern die Behörde hat die Gründung entweder binnen<br />
vier bzw sechs Wochen zu verbieten oder zu „schweigen“. Mit Ablauf der Frist, erlangt der Verein<br />
Rechtspersönlichkeit und kann seine Tätigkeit aufnehmen (die Behörde kann dies innerhalb<br />
der Frist auch schon „erlauben“).<br />
Wenn der Verein nach seinem Zweck, seinem Namen oder seiner Organisation gesetzwidrig<br />
wäre, hat die Vereinsbehörde schon die Gründung eines Vereins zu verbieten.<br />
Der Verein muss seine organschaftlichen Vertreter unter Angabe ihrer statutenmäßigen<br />
Funktion, ihrer Namen, ihres Geburtsdatums, ihres Geburtsortes und ihrer Anschrift binnen vier<br />
Wochen nach ihrer Bestellung der Behörde bekannt geben.<br />
<strong>Die</strong> Vereinsbehörden führen ein Vereinsregister, aus dem jedermann auf Verlangen bestimmte<br />
Auskünfte erhalten kann (eine Auskunftssperre ist uU möglich).<br />
Wenn der Verein zB gegen Strafgesetze verstößt oder seinen statutenmäßigen Wirkungskreis<br />
überschreitet kann die Behörde einen Verein auflösen (§ 29 VereinsG). Ansonsten<br />
endet seine Rechtspersönlichkeit durch freiwillige Auflösung nach den Statuten.<br />
15 Vereinsgesetz 2002, BGBl I 2002/66 idF BGBl I 2005/124.<br />
47
C.9. Versammlungsangelegenheiten<br />
Das VersG 16 definiert den Begriff der Versammlung nicht. Der Verfassungsgerichtshof<br />
wertet in einer häufig verwendeten Formel eine Zusammenkunft mehrerer Menschen (herrschende<br />
Meinung: zumindest drei) dann als Versammlung iSd VersG, wenn sie in der Absicht<br />
veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation<br />
usw) zu bringen, so dass eine gewisse Assoziation der Zusammenkommenden entsteht.<br />
Nach einer weiteren Formel ist eine Versammlung das Zusammenkommen von Menschen<br />
zum gemeinsamen Zweck der Erörterung von Meinungen oder der Kundgabe von Meinungen<br />
an andere. Jedenfalls muss es sich um eine vorübergehende Zusammenkunft an einem<br />
bestimmten Ort handeln.<br />
Mit Ausnahme von Versammlungen, die auf geladene Gäste beschränkt sind, sind alle<br />
anderen, also öffentlichen Versammlungen, mindestens 24 Stunden vor der beabsichtigten<br />
Abhaltung der Behörde schriftlich anzuzeigen (§ 2 VersG). <strong>Die</strong> Anzeigepflicht trifft den Veranstalter.<br />
Eine Genehmigung für Versammlungen gibt es nicht!<br />
Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Versammlung im Vorhinein bescheidmäßig<br />
untersagt werden (§ 6 VersG).<br />
Auch bereits stattfindende Versammlungen können bei Vorliegen bestimmter Gründe untersagt<br />
und aufgelöst werden (§ 13 VersG).<br />
Vermummten und Bewaffneten (es reicht aus, wenn der Betreffende „gefährliche Gegenstände“<br />
bei sich hat) ist die Teilnahme an Versammlungen verboten. <strong>Die</strong> Behörde kann unter<br />
Umständen von der Durchsetzung des Vermummungsverbotes absehen (§ 9 VersG).<br />
Versammlungsbehörde ist die Bundespolizeidirektion bzw die Bezirksverwaltungsbehörde<br />
(lediglich in Bregenz die Sicherheitsdirektion).<br />
Ausnahmsweise, nämlich bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit,<br />
könnte – wohl rein theoretisch – auch der Bürgermeister eine Versammlung untersagen<br />
und auflösen.<br />
16 Versammlungsgesetz 1953, BGBl 1953/98 zuletzt idF BGBl I 2002/127.<br />
48
C.9.1. OÖ Sammlungsgesetz<br />
Das OÖ. Sammlungsgesetz 1996, in der Fassung LGBL.Nr. 90/2001, regelt Haus- und<br />
Straßensammlungen.<br />
Als Sammlung im Sinne dieses Landesgesetzes gilt die persönliche Aufforderung an eine<br />
Mehrheit von Personen zur Hingabe von Geld, wenn keine oder eine unver-hältnismäßige geringfügige<br />
Gegenleistung in Aussicht gestellt wird und die Aufforderung<br />
1. im Umhergehen von Haus zu Haus an die darin befindlichen Personen gerichtet wird<br />
(Haussammlung) oder<br />
2. an allgemein zugänglichen Orten von Person zu Person gerichtet wird (Straßensammlung).<br />
<strong>Die</strong> Durchführung einer Sammlung bedarf einer Bewilligung der Behörde, und zwar<br />
1. für Sammlungen die sich in ihrem Umfang nicht über das Gebiet einer Gemeinde<br />
hinaus erstrecken, durch den Bürgermeister, in Städten mit eigenem Statut der Magistrat,<br />
2. für Sammlungen die sich in ihrem Umfang nach nicht über das Gebiet eines politischen<br />
Bezirkes hinaus erstrecken durch die Bezirksverwaltungsbehörde und<br />
3. für alle übrigen Sammlungen durch die Landesregierung.<br />
49
C.10. Straßenpolizei<br />
Das in der StVO 17 geregelte „Straßenpolizeirecht“ dient der Sicherheit, Leichtigkeit und<br />
Flüssigkeit des Straßenverkehrs und enthält dementsprechend Vorschriften über Fahrregeln,<br />
bevorzugte Straßenbenützer, die Regelung und Sicherung des Verkehrs (zB Arm- und Lichtzeichen,<br />
Straßenverkehrszeichen, Bodenmarkierungen) usw.<br />
Das Kraftfahrgesetz (KFG) hingegen enthält kraftfahrspezifische Vorschriften wie Typengenehmigung,<br />
Zulassung zum Verkehr oder Überprüfung u.ä., das Führerscheingesetz (FSG)<br />
die Voraussetzungen für die Erteilung oder Entziehung einer Lenkberechtigung.<br />
Das „Straßenrecht“ (auch Wegerecht genannt) legt im Wesentlichen Art und Verlauf der<br />
Straßen, Straßenbau und -erhaltung usw fest.<br />
<strong>Die</strong> StVO gilt für die Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die<br />
von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Auf die Eigentumsverhältnisse<br />
an Straßengrund kommt es hierbei nicht an. Auf Straßen ohne öffentlichen Verkehr<br />
erstrecken sich die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht nicht.<br />
<strong>Die</strong> Zuständigkeiten bei der Vollziehung der StVO sind breit gefächert: Primär sind die<br />
Bezirksverwaltungsbehörden bzw Bundespolizeidirektionen (vgl §§ 94b und 95 StVO) zuständig.<br />
Aber auch der Bundesminister für Verkehr (§ 94 StVO), die Landesregierung (§ 94a StVO)<br />
und die Gemeinden (§ 94c und § 94d) haben Zuständigkeiten.<br />
Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam<br />
werden und sich auf „Verkehrsflächen der Gemeinde“ (Gemeindestraßen, Ortschaftswege, Güterwege,<br />
Radwege, Wanderwege) beziehen soll, sind die im Katalog des § 94d Z 1 bis 20 StVO<br />
aufgezählten Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen.<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde ist zuständig zur Erlassung von Verordnungen betreffend<br />
‣ Beschränkungen für das Halten und Parken, Hupverbot, Benützungsverbot für Radfahranlagen<br />
durch Rollschuhfahrer oder Geschwindigkeitsbeschränkungen (Z 4) und<br />
(bescheidmäßige) Ausnahmen hievon (Z 6) sowie die (bescheidmäßige) Bewilligung der<br />
Ladetätigkeit (Z 7), ferner die Bestimmung von Kurzparkzonen (Z 1b) und von „grünen<br />
Zonen“ (= Parkzonen für die Wohnbevölkerung) zwecks Erteilung von Ausnahmebewilligungen<br />
(Z 4a bzw Z 6 sowie Z 1c).<br />
‣ Festsetzung von Taxi- und Stadtrundfahrten-Standplätzen (Z 19);<br />
‣ Erklärung von „Wintersportstraßen“ (Z 13) und „Spielstraßen“ oder Zulassen von Fahren<br />
mit Rollschuhen auf Fahrbahnen (Z 14);<br />
‣ Erklärung zu Fußgängerzonen und (bescheidmäßige) Ausnahmebewilligungen; beachte<br />
die Verordnungsermächtigung für zeitlich beschränkte Ladetätigkeiten nach § 76 a Abs 2;<br />
‣ Erklärung zu Wohnstraßen (Z 8a);<br />
‣ Tariffestsetzung für die Entfernung und Aufbewahrung von Hindernissen (Z 15a);<br />
‣ Streu- und Schneeräumpflicht auf Gehsteigen bzw am Straßenrand (Z 18);<br />
‣ Erlassung der erforderlichen Verkehrsverbote und Verkehrsbeschränkungen (zB Fahrverbote,<br />
Einbahnstraßen uä), aber nur im Zusammenhang mit (bescheidmäßiger) Bewilligung<br />
von Arbeiten auf oder neben der Straße (§ 90 StVO).<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde kann für „Verkehrsflächen der Gemeinde“ auch Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
erlassen:<br />
‣ unter den Voraussetzungen des § 43 StVO, somit bei „Erforderlichkeit“, für bestimmte<br />
Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken (Z 4);<br />
‣ bei bloß „geeignet Erscheinen“ kann sie für ein gesamtes Ortsgebiet eine geringere als<br />
die zulässige Höchstgeschwindigkeit festlegen, und zwar nach Maßgabe des § 20 Abs 2a<br />
StVO, also zB „Tempo 30“ (Z 1).<br />
17 Straßenverkehrsordnung (StVO), BGBl 159/1960 zuletzt idF BGBl I 2006/152.<br />
50
Zur Erlassung von Bescheiden ist - außer der schon genannten „§ 90-Bewilligung“ und<br />
den gleichfalls schon erwähnten Ausnahmen (siehe oben) - die Gemeinde zuständig<br />
‣ zur Bewilligung der Benützung von Straßen einschließlich des für die Sicherheit des Straßenverkehrs<br />
in Betracht kommenden Luftraumes zB zu gewerblichen Tätigkeiten oder zur<br />
Werbung (Z 9) und von Werbungen und Ankündigungen an Freilandstraßen innerhalb einer<br />
Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand (Z 10);<br />
‣ von Ausnahmen vom Parkverbot für LKW in Wohngebieten (Z 1a), wobei bei genereller<br />
Ausnahme eine Verordnung zu erlassen ist;<br />
‣ zur Verpflichtung eines Anrainers, die Anbringung von Verkehrszeichen udgl auf eigenem<br />
Grund zu dulden (Z 3) und zur Verpflichtung betreffend Vermeidung von Verkehrsbeeinträchtigungen<br />
(Z 3a).<br />
Außerdem ist die Gemeinde zuständig<br />
‣ zur Entgegennahme der Anzeige von Umzügen, ausgenommen im Bereich einer Bundespolizeibehörde<br />
(Z 12);<br />
‣ zur Sicherung des Schulwegs (Z 20).<br />
Eine Übertragung aller oder bloß einzelner von der Bezirkshauptmannschaft zu besorgender<br />
Angelegenheiten, die nur das Gebiet einer Gemeinde betreffen, hinsichtlich einzelner<br />
oder aller Straßen (auch Bundes- oder Landesstraßen) kann unter bestimmten Voraussetzungen<br />
durch Verordnung der Landesregierung in den übertragenen Wirkungsbereich stattfinden<br />
(§ 94c StVO). Hierbei tritt die Gemeinde an die Stelle der Bezirkshauptmannschaft.<br />
Nicht übertragen werden dürfen der Verkehrsunterricht und die Angelegenheiten des<br />
Verwaltungsstrafverfahrens (aber eine Ermächtigung der Organe einer Gemeindewache zur<br />
Einhebung von Geldstrafen mit Organstrafverfügung ist zulässig).<br />
Sofern eine Gemeinde über einen Gemeindewachkörper verfügt, kann ihr auch die<br />
Handhabung der Verkehrspolizei durch diesen übertragen werden; darunter versteht man die<br />
Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung<br />
des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen (§ 94 Abs 1 lit a StVO). Hierbei können der Gemeinde<br />
alle oder nur bestimmte Angelegenheiten der Verkehrspolizei hinsichtlich aller oder nur<br />
einzelner Straßen übertragen werden. „<strong>Die</strong> Ermächtigung der übrigen Organe der Straßenaufsicht,<br />
die Verkehrspolizei im Gemeindegebiet zu handhaben, bleibt hierbei unberührt.“: Das<br />
bedeutet, dass die Organe der Bundespolizei weiterhin für die Verkehrspolizei auf allen Straßen<br />
zuständig bleiben und dabei der Bezirksverwaltungsbehörde unterstehen.<br />
Eine vergleichbare „Übertragung“ enthält der bereits eingangs als Ausnahme erwähnte §<br />
123 Abs 3 KFG.<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde hat als Straßenerhalter bestimmte Rechte (§ 98 StVO). Unter anderem<br />
dürfen im Falle der Unaufschiebbarkeit (vgl § 44b) ihre Organe (so wie zB auch die Organe der<br />
Straßenaufsicht, der Feuerwehr und des Bundesheeres) Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen<br />
mit der Wirkung anbringen, als ob sie von der Behörde verordnet worden wären.<br />
<strong>Die</strong> zuständige Behörde ist unverzüglich zu verständigen.<br />
<strong>Die</strong> Organe der Straßenaufsicht sind, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit<br />
des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert, berechtigt, einzelnen<br />
Straßenbenützern für den Einzelfall Anordnungen für die Benützung der Straße zu erteilen,<br />
und zwar auch solche, die von den sonstigen diesbezüglichen Bestimmungen abweichen (§ 97<br />
Abs 4 StVO).<br />
Unter den „Organen der Straßenaufsicht“ sind regelmäßig auch Organe des öffentlichen<br />
Sicherheitsdienstes, also Bundespolizei und Gemeindewachkörper. Organe der Straßenaufsicht,<br />
die nicht Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind: zB Politessen.<br />
Aufgaben der Mitglieder eines Gemeindewachkörpers in der „Straßenpolizei“:<br />
‣ In den Angelegenheiten der „örtlichen Straßenpolizei“ (§ 94d StVO);<br />
‣ im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde (§ 94c StVO).<br />
‣ „Darüber hinaus“ (§ 97 Abs 1 StVO) können sie von der Bezirkshauptmannschaft mit Zu-<br />
51
stimmung der Gemeinde „in dem Umfang und unter den Voraussetzungen wie die sonstigen<br />
Organe der Straßenaufsicht“ ermächtigt werden zur Mitwirkung bei der Vollziehung<br />
der StVO durch<br />
‣ Vorbeugungsmaßnahmen gegen drohende Verwaltungsübertretungen,<br />
‣ Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind,<br />
‣ Anwendung körperlichen Zwanges, soweit er gesetzlich vorgesehen ist.<br />
<strong>Die</strong>se Ermächtigungsmöglichkeit geht über die nach Art 118 Abs 8 B-VG zur Handhabung<br />
des VStG hinaus und umfasst etwa die in § 5b StVO vorgesehenen Zwangsmaßnahmen oder<br />
die Ermächtigung zur Handhabung des Alkomaten. In beiden Fällen unterstehen die Mitglieder<br />
eines Gemeindewachkörpers in fachlicher Hinsicht der Bezirkshauptmannschaft.<br />
52
C.11. Strafregisterwesen<br />
Zweck des Strafregisters ist die Evidenthaltung strafgerichtlicher Verurteilungen, denn<br />
viele Gesetze verlangen für Berechtigungen die Unbescholtenheit.<br />
Das (automationsunterstützte) Strafregister wird für ganz Österreich durch die Bundespolizeidirektion<br />
Wien geführt (§ 1 Abs 2 StrafregG 18 ).<br />
<strong>Die</strong> Bundespolizeidirektion Wien erteilt Strafregisterauskünfte (nicht verwechseln mit<br />
Strafregisterbescheinigungen! – dazu unten) an alle inländische Behörden und die <strong>Die</strong>nststellen<br />
der Bundespolizei. Strafregisterauskünfte an Privatpersonen unzulässig.<br />
<strong>Die</strong> Strafregisterbescheinigungen (§ 10 StrafregG) werden vom Bürgermeister (Linz,<br />
Wels, Steyr: Bundespolizeidirektion) auf Antrag ausgestellt und enthalten<br />
‣ die im Strafregister enthaltenen Verurteilungen oder<br />
‣ die Angabe, dass das Strafregister keine solche Verurteilung enthält.<br />
<strong>Die</strong> örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Aufenthaltsort des Antragstellers (§ 10<br />
Abs 2 StrafregG).<br />
Der Antrag ist bescheidmäßig abzulehnen (§ 10 Abs 3 StrafregG),<br />
‣ wenn sich der Antragsteller nicht ausweisen kann (persönliches Erscheinen notwendig,<br />
und zwar entweder bei Antragstellung oder bei Abholung);<br />
‣ wenn nach ihm gefahndet wird.<br />
Berufungen gegen diesen Bescheid gehen an die Bezirksverwaltungsbehörde und dann<br />
an die Sicherheitsdirektion (bei einer Bundespolizeidirektion direkt an die Sicherheitsdirektion).<br />
Jeder kann ein Verlangen auf bescheidmäßige Feststellung durch den BMI stellen, dass<br />
die Aufnahme in das Strafregister unrichtig oder unzulässig ist (§ 8 StrafregG).<br />
18 Bundesgesetz über die Evidenthaltung strafgerichtlicher Verurteilungen (Strafregistergesetz 1968),<br />
BGBl 1968/277 zuletzt idF BGBl I 2004/151.<br />
53
C.12. OÖ. Polizeistrafgesetz<br />
Das Oö Polizeistrafgesetz 19 enthält einige für Gemeinden relevante Bestimmungen.<br />
C.12.1. Anstandsverletzung<br />
Nach § 1 Oö PolStG ist strafbar, wer den „öffentlichen Anstand“ verletzt. Darunter ist jedes<br />
Verhalten in der Öffentlichkeit zu verstehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein<br />
anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet (Abs 2).<br />
Auch wenn dies nicht ausdrücklich im Gesetz steht, liegt eine Anstandsverletzung nur vor,<br />
wenn das Verhalten nicht nach einer anderen Norm strafbar ist (Doppelbestrafungsverbot), so<br />
etwa eine Ordnungsstörung nach § 81 Abs. 1 SPG darstellt.<br />
C.12.1.1. Bettelei<br />
Das OÖ Polizeistrafgesetz 1979, in der Fassung LGBL. Nr. 77/2007 wurde durch die OÖ<br />
Polizeistrafgesetz-Novelle 2011, LGBL. Nr.36/2011 geändert und enthält nun in den §§ 1a und<br />
1b die Tatbestände der Bettelei und die Kontrolle deren Enthaltung.<br />
Wer demnach in aufdringlicher oder aggressiver Weise, wie durch Anfassen oder unaufgefordertes<br />
Begleiten oder Beschimpfen, um Geld oder geldwerte Sachen an einem öffentlichen<br />
Ort bettelt oder von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus umherzieht, um so zu betteln oder<br />
als Beteiligter einer organisierten Gruppe in dieser Weise bettelt, begeht eine Verwaltungsübertretung.<br />
Wer weiters eine andere Person zum Betteln, in welcher Form auch immer, veranlasst<br />
oder ein solches Betteln organisiert, begeht ebenfalls eine Verwaltungsübertretung.<br />
Wer eine unmündig oder minderjährige Person beim Betteln, in welcher Form auch immer,<br />
mitführt, begeht weiters eine Verwaltungsübertretung, sofern die angeführten Tatbestände<br />
nicht in eine der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bestehen.<br />
<strong>Die</strong> Kontrolle der Einhaltung dieser Bestimmungen fällt - unbeschadet der §§ 9 und 10<br />
des OÖ Polizeistrafgesetzes - in die Zuständigkeit der Gemeinden.<br />
<strong>Die</strong> Gemeinden können mit der Kontrolle der Einhaltung<br />
1. Mitglieder eines in der Gemeinde eingerichteten Gemeindewachkörpers betrauen oder<br />
2. besondere Aufsichtsorgane bestellen.<br />
19 Gesetz vom 21. März 1979 über polizeirechtliche Angelegenheiten (Oö. Polizeistrafgesetz - Oö.<br />
PolStG), LGBl 1979/36 zuletzt LGBl 2007/77.<br />
54
C.12.2. Lärmerregung<br />
Strafbar ist, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt (§ 3 Oö PolStG). Dabei<br />
ist ein objektiver Maßstab anzulegen – also, ob unbeteiligte Menschen den Lärm als störend<br />
empfinden würden.<br />
Nach dem Oö PolStG ist nur jene Lärmerregung strafbar, die nicht in einem anderen Gesetz<br />
besonders geregelt ist (so ist zB das Verbot ein Fahrzeug mit defektem – und daher lautem<br />
– Auspuff in Betrieb zu nehmen im Kraftfahrgesetz enthalten). Man nennt daher den Lärm, der<br />
in den Landespolizeistrafgesetzen verboten ist, auch „Hauslärm“.<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde kann darüber hinaus zeitliche und örtliche Beschränkungen der Verwendung<br />
oder des Betriebs von bestimmten Gegenständen erlassen (so genannte Lärmschutzverordnung<br />
- § 4 Oö PolStG): Und zwar von<br />
‣ Garten- und sonstigen Arbeitsgeräten, sofern sie nicht im Rahmen eines Gewerbe- und<br />
Industriebetriebes Verwendung finden,<br />
‣ Rundfunk- und Fernsehgeräten, Lautsprechern und sonstigen Tonwiedergabegeräten,<br />
‣ Modellflugkörpern, Modellbooten oder sonstigen Modellfahrzeugen (mit Ausnahmen).<br />
Das Verbot ergeht in Form einer Durchführungsverordnung des Gemeinderates und ist<br />
entsprechend kundzumachen (§ 94 Oö GemO 1990).<br />
<strong>Die</strong> „Mitwirkung“ der Bundespolizei (und der Bundespolizeidirektionen) bei der Vollziehung<br />
der Verordnungen beschränkt sich auf die Pflicht zur Anzeige von „dienstlich wahrgenommenen<br />
Verstößen“ (§ 9 Abs 2 und 3 Oö PolStG).<br />
55
C.12.3. Prostitution<br />
Unter Prostitution ist die Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen<br />
Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken zu verstehen (§ 2 Oö PolStG) 20 . Neben<br />
dem Oö PolStG enthalten auch andere Gesetze Regelungen für die Prostitution (zB<br />
Geschlechtskrankheitengesetz, Prostitutionsverordnung).<br />
Wer beabsichtigt, für Zwecke der Prostitution ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne<br />
Räumlichkeiten zu nutzen (Mieter, Eigentümer usw) oder für solche Zwecke zur Verfügung zu<br />
stellen (Vermieter usw), hat dies der Gemeinde mindestens zwei Monate vorher anzuzeigen<br />
(§ 2 Abs 1 OöPolStG).<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde hat die Verwendung innerhalb von zwei Monaten ab Einlangen der Anzeige<br />
mit Bescheid zu untersagen, wenn zu befürchten ist, dass dadurch die Nachbarschaft in<br />
unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche<br />
Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes<br />
verletzt werden.<br />
§ 2 Abs 2 erster Satz OöPolStG<br />
Überdies kann die Gemeinde die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder<br />
Gruppen von Gebäuden des Gemeindegebietes zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung<br />
der Prostitution durch Verordnung untersagen, wenn durch diese Tätigkeit<br />
‣ die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt wird oder<br />
‣ das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder eine solche Störung zu erwarten ist oder<br />
‣ sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit<br />
oder des Jugendschutzes, verletzt werden oder eine solche Verletzung zu erwarten ist.<br />
Eine Verwaltungsübertretung begeht nach § 2 Abs 3 OöPolStG ua,<br />
‣ wer sich an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhält, die auf die Anbahnung der<br />
Prostitution abzielt (zB „Straßenstrich“),<br />
‣ wer durch öffentliche Ankündigung, insbesondere in Medien (außer in Kontaktmagazinen<br />
usw), die Prostitution anbahnt oder anzubahnen versucht (Angabe der Adresse, der Telefonnummer,<br />
eines Treffpunktes und dgl.);<br />
‣ wer in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung oder in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe<br />
oder die Privatzimmervermietung ausgeübt wird, eine Räumlichkeit (gleiches gilt für<br />
Wohnwagen, Wasserfahrzeuge usw) für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der<br />
Prostitution nutzt oder zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung<br />
gestattet oder duldet. Außer, wenn das Gebäude ausschließlich von Prostituierten<br />
bewohnt oder benützt wird werden, die die Prostitution ausüben;<br />
‣ wer die Anzeige gemäß § 2 Abs 1 (siehe oben) nicht erstattet;<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde kann auf Antrag des Eigentümers oder Verfügungsberechtigten allgemein<br />
zugängliche Gebäude oder Räumlichkeiten in solchen Gebäuden vom Verbot der Prostitution<br />
an öffentlichen Orten durch Bescheid ausnehmen, wenn gewährleistet ist, dass dadurch<br />
die Nachbarschaft nicht in unzumutbarer Weise belästigt wird, das örtliche Gemeinwesen nicht<br />
gestört wird und sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und<br />
Sicherheit und des Jugendschutzes nicht verletzt werden.<br />
20 Anders (treffender) das Strafgesetzbuch in § 74 Z 9: Prostitution ist „die Vornahme geschlechtlicher<br />
Handlungen oder die Duldung geschlechtlicher Handlungen am eigenen Körper gegen Entgelt in<br />
der Absicht, sich oder einem Dritten durch die wiederkehrende Vornahme oder Duldung eine fortlaufende<br />
Einnahme zu verschaffen.“<br />
56
<strong>Die</strong> Ausnahmebewilligung ist befristet oder unter Bedingungen oder Auflagen zu erteilen,<br />
soweit dies zum Schutz dieser Interessen erforderlich ist. <strong>Die</strong> Bewilligung ist zu widerrufen,<br />
wenn auch nur eine der Voraussetzungen für ihre Erteilung weggefallen ist. <strong>Die</strong> Bewilligung darf<br />
nicht erteilt werden, wenn es sich um Gebäude oder Räumlichkeiten handelt, die in einem<br />
überwiegend mit Wohngebäuden bebauten Gebiet liegen.<br />
Nach § 2 Abs 5 PolStG können zur Verhinderung von Verwaltungsübertretungen Personen<br />
am Betreten von Gebäuden, Wohnungen, einzelnen Räumlichkeiten, Wohnwagen, Wasserfahrzeugen<br />
und dgl., in denen die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution untersagt ist, -<br />
erforderlichenfalls unter Anwendung körperlichen Zwanges - gehindert werden, wenn der begründete<br />
Verdacht einer beabsichtigten Verwaltungsübertretung besteht und die betreffenden<br />
Personen nicht glaubhaft machen, dass sie die betreffende Räumlichkeit zu Zwecken betreten<br />
wollen, die mit der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nichts zu tun haben.<br />
Vor Erlassung eines Bescheides oder einer Verordnung ist nach § 2 Abs 6 OöPolStG die<br />
örtlich zuständige Strafbehörde zu hören und nach Erlassung solcher Rechtsakte hievon zu<br />
verständigen.<br />
Nach § 2a leg.cit. bedarf die Durchführung von Live- und Video-Peep-Shows der Bewilligung<br />
(mit Befristung) der Gemeinde.<br />
Im Bewilligungsverfahren gelten die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 und 6 leg.cit. sinngemäß.<br />
C.12.3.1. Live- und Video-Peep-Shows<br />
Das OÖ. Polizeistrafgesetz in der Fassung LGBL. Nr. 77/2007 enthält im § 2a Regelungen<br />
über Live- und Video-Peep-Shows.<br />
<strong>Die</strong> Durchführung von Live- und Video-Peep-Shows bedarf der Bewilligung der Gemeinde<br />
und ist auf Antrag des Eigentümers oder Verfügungsberechtigten zu erteilen, wenn<br />
1. gewährleistet ist, dass dadurch die Nachbarschaft nicht in unzumutbarer Weise belästigt<br />
wird, das örtliche Gemeinwesen nicht gestört wird und sonstige öffentliche Interessen,<br />
insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit und des Jugendschutzes nicht<br />
verletzt werden und<br />
2. auf Grund der örtlichen oder sachlichen Verhältnisse, wie z.B. Ausstattung der Räumlichkeiten<br />
oder öffentliche Ankündigung, die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution<br />
nicht zu erwarten ist.<br />
<strong>Die</strong> Bewilligung ist befristet und erforderlichenfalls unter Bedingungen oder Auflagen zu<br />
erteilen, soweit dies zum Schutz der öffentlichen Interessen gemäß § 2a Abs. 1 Ziffer 1 erforderlich<br />
ist. <strong>Die</strong> Bewilligung ist zu widerrufen, wenn auch nur eine der Voraussetzungen für ihre<br />
Erteilung weggefallen ist.<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde hat Bewilligungen so wie den Widerruf einer Bewilligung der Wirtschaftskammer<br />
und der Strafbehörde zu Kenntnis zu bringen.<br />
57
C.12.4. Tierhaltung<br />
Als Tierhalter ist jener anzusehen, der darüber zu entscheiden hat, wie das Tier zu verwahren<br />
und zu beaufsichtigen ist (ähnlich § 1 Abs 2 Z 2 Hundehaltegesetz; das PolStG enthält<br />
keine Definition); auf das Eigentumsrecht kommt es dabei nicht an.<br />
C.12.4.1. Halten von Hunden<br />
Das Halten von Hunden ist durch ein eigenes Landesgesetz geregelt: Das Oö Hundehaltegesetz<br />
21 .<br />
Das Gesetz enthält einige Sonderregeln für „auffällige Hunde“; das sind solche, die zB<br />
einen Menschen oder ein Tier durch Biss schwer verletzt haben, ohne selbst angegriffen<br />
oder provoziert worden zu sein,<br />
wiederholt Menschen gefährdet haben, ohne selbst angegriffen oder provoziert worden zu<br />
sein,<br />
wiederholt gezeigt haben, dass sie unkontrolliert zum Hetzen oder Reißen von Wild oder<br />
Vieh neigen.<br />
Ob ein Hund in diesem Sinn „auffällig“ ist, hat der Bürgermeister mit Bescheid festzustellen<br />
(§ 7 Oö HHG).<br />
Wer einen über zwölf Wochen alten Hund hält, hat dies binnen drei Tagen der Hauptwohnsitz-Gemeinde<br />
zu melden (§ 2 Abs 1 Oö HHG). Dabei ist auch der Sachkundenachweis (§<br />
4 Abs 1 und Abs 2 Oö HHG) sowie der Nachweis der bestehenden Haftpflichtversicherung (§ 3<br />
Abs 1b Oö HHG) vorzulegen.<br />
Auch die Beendigung des Haltens ist innerhalb einer Woche unter Angabe des Endigungsgrundes<br />
(zB Verkauf, Tod des Tieres) und des eventuellen neuen Halters der Gemeinde<br />
zu melden (§ 2 Abs 4 Oö HHG). Bei auffälligen Hunden ist die Gemeinde des neuen Hundehalters<br />
zu verständigen.<br />
<strong>Die</strong> Bezirksverwaltungsbehörde hat ein Hunderegister zu führen; die Gemeinden haben<br />
ihr daher die jeweiligen Meldungen zu übermitteln (in der Praxis verbreitet per Mail bzw<br />
Internet).<br />
Hunde dürfen nur von Personen gehalten werden, die das 16. Lebensjahr vollendet haben,<br />
ihre Sachkunde nachweisen können (Absolvierung einer Ausbildung – siehe näher § 4 Oö<br />
HHG) und physisch, psychisch und geistig in der Lage sind, den gesetzlichen Verpflichtungen<br />
nachzukommen. Halter von auffälligen Hunden müssen zusätzlich verlässlich (keine bestimmten<br />
Verurteilungen usw – siehe näher § 5 Oö HHG) sein.<br />
Ein Hund ist nach § 3 Abs 2 HHG so zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen,<br />
dass<br />
Menschen und Tiere durch ihn nicht gefährdet werden,<br />
Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden,<br />
der Hund an öffentlichen Orten oder auf fremden Grundstücken nicht unbeaufsichtigt herumlaufen<br />
kann.<br />
Der Hundehalter darf den Hund nur durch Dritte beaufsichtigen oder führen lassen, die psychisch,<br />
physisch und geistig dafür in der Lage sind.<br />
Wer einen Hund führt, muss die Exkremente des Hundes von einem öffentlichen Ort im<br />
Ortsgebiet unverzüglich beseitigen (§ 6 Abs 3 HHG).<br />
21 Landesgesetz über das Halten von Hunden (Oö Hundehaltegesetz 2002 – hier Oö HHG genannt),<br />
LGBl 2002/147 idF LGBl 2006/124.<br />
58
An öffentlichen Orten im Ortsgebiet (das sind die Straßenzüge innerhalb der Ortstafeln<br />
nach der StVO und geschlossen bebaute Gebiete mit mindestens fünf Wohnhäusern) müssen<br />
Hunde an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden (§ 6 Abs 1 Oö HHG).<br />
Bei Bedarf (zB in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Schulen und Kindergärten, auf Kinderspielplätzen,<br />
bei größeren Menschenansammlungen [ab 50 Personen], wie etwa in Einkaufszentren,<br />
Gaststätten, Badeanlagen) müssen Hunde an der Leine und mit Maulkorb geführt werden<br />
(§ 6 Abs 2 Oö HHG).<br />
Darüber hinaus kann der Gemeinderat durch Verordnung anordnen (§ 6 Abs 4 Oö HHG):<br />
auf welchen öffentlichen unbebauten Flächen (im Ortsgebiet) die Leinen- und Maulkorbpflicht<br />
nicht gilt (sog „Freilaufflächen“),<br />
dass Hunde an bestimmten öffentlichen Orten (im Ortsgebiet) an der Leine und mit<br />
Maulkorb geführt werden müssen oder überhaupt nicht mitgeführt werden dürfen,<br />
dass Hunde an bestimmten öffentlichen Orten (außerhalb des Ortsgebietes) an der Leine<br />
oder mit Maulkorb (oder eines von beiden) geführt werden müssen.<br />
<strong>Die</strong> Leine muss der Körpergröße und dem Körpergewicht des Hundes entsprechen und darf<br />
höchstens 1,5 Meter lang sein. <strong>Die</strong> Maulkorbpflicht gilt nicht für Hunde, die am Arm oder in<br />
einem Behältnis getragen werden (§ 6 Abs 6 HHG).<br />
Weiters kann der Bürgermeister mit Bescheid Anordnungen für das Halten eines Hundes<br />
treffen (§ 8 Oö HHG), um eine Belästigung von Menschen zu verhindern. Im Extremfall hat<br />
der Bürgermeister das Halten eines Hundes mit Bescheid zu untersagen (§ 9 Oö HHG); zB<br />
wenn<br />
der Hundehalter den Nachweis der Sachkunde nicht erbringt,<br />
kein Versicherungsschutz besteht,<br />
der Halter eines auffälligen Hundes nicht verlässlich ist,<br />
bescheidmäßige Anordnungen nicht ausreichen, um die unzumutbare Belästigung oder Gefährdung<br />
zu beseitigen usw.<br />
Binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides hat der Halter nachzuweisen,<br />
dass er nicht mehr Halter des Hundes ist.<br />
Bei Gefahr im Verzug oder wenn diese Frist ungenutzt verstreicht, hat die Gemeinde den<br />
Untersagungsbescheid an die Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln. <strong>Die</strong>se hat wiederum<br />
dem Halter mit Bescheid das Eigentum an dem Hund zu entziehen. Der Hund ist in weiterer<br />
Folge zu verkaufen oder in einem Tierheim unterzubringen. Ist dies nicht möglich, ist der<br />
Hund schmerzlos zu töten.<br />
<strong>Die</strong> Gemeinden sind verpflichtet, für das Halten eines Hundes eine Abgabe zu verlangen<br />
(§ 10 Abs 1 Oö HHG), deren Höhe vom Gemeinderat zu bestimmen ist (§ 11 Abs 1 Oö<br />
HHG).<br />
<strong>Die</strong> Aufgaben der Gemeinden sind solche des eigenen Wirkungsbereiches (§ 13 Oö<br />
HHG).<br />
<strong>Die</strong> Bundespolizei hat bei der Vollziehung grundsätzlich nur eingeschränkt mitzuwirken,<br />
nämlich bei Verstößen gegen die Leinen- bzw Maulkorbpflicht im Ortsgebiet und bei Bedarf<br />
(siehe dazu oben). Wenn allerdings Organe der Gemeinde bedroht oä. werden, haben die Organe<br />
der Bundespolizei Assistenz zu leisten (§ 14 Oö HHG).<br />
Bei einem Hundebiss kann auch eine gerichtlich strafbare Handlung (fahrlässige Körperverletzung)<br />
vorliegen.<br />
§ 15 Oö HHG enthält einige Verwaltungsstraftatbestände, wenn Pflichten des Gesetzes<br />
nicht eingehalten werden. <strong>Die</strong> Bezirksverwaltungsbehörde als Strafbehörde hat die Hauptwohnsitz-Gemeinde<br />
des Hundehalters von einer rechtskräftigen Bestrafung zu verständigen.<br />
59
C.12.4.2. Halten gefährlicher Tiere<br />
Das Halten eines gefährlichen Tieres ist nur auf Grund einer Bewilligung (Bescheid –<br />
dieser kann auch Bedingungen oder Auflagen enthalten und befristet sein) der Gemeinde zulässig.<br />
§ 6 Oö PolStG<br />
<strong>Die</strong> Landesregierung hat bisher keine Verordnung über typisch gefährliche Tiere erlassen.<br />
Daher muss im Einzelfall geprüft werden, ob von einem Tier nach den Erkenntnissen der<br />
Tierkunde auf Grund seiner wesensmäßig typischen Verhaltensweise angenommen werden<br />
kann, dass es die Sicherheit von Menschen gefährdet, wenn es in unsachgemäßer Verwahrung<br />
gehalten wird. <strong>Die</strong> Judikatur hat zB Puma, Gepard, Serval und Ozelot als gefährliche Tiere iSd<br />
§ 6 Abs 2 Oö PolStG qualifiziert.<br />
Wer ein gefährliches Tier ohne Bewilligung hält, begeht eine Verwaltungsübertretung (§<br />
6 Abs 1 Oö PolStG).<br />
C.12.4.3. Halten von anderen Tieren<br />
Das Halten anderer Tiere ist nur oberflächlich geregelt (§ 5 Oö PolStG). Danach ist der<br />
Halter eines Tieres verpflichtet, es in einer Weise zu beaufsichtigen oder zu verwahren, dass<br />
durch das Tier dritte Personen nicht gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt<br />
werden.<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde kann das Halten von Tieren in einer Wohnung samt Nebenräumen (Keller,<br />
Dachboden), in einem Garten oder auf anderen Grundflächen untersagen, wenn Dritte gefährdet<br />
oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden. Ebenso kann sie bestimmte<br />
Anordnungen für das Halten von Tieren treffen (§ 5 Abs 2 Oö PolStG).<br />
Kommt der Halter seinen Pflichten nicht nach, begeht er eine Verwaltungsübertretung<br />
(§ 5 Abs 1 Oö PolStG).<br />
Zur Vollziehung ist die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich berufen; lediglich die<br />
Strafkompetenz kommt den Bezirksverwaltungsbehörden bzw den Bundespolizeidirektionen zu.<br />
60
C.13. OÖ. Veranstaltungssicherheitsgesetz und<br />
OÖ. Veranstaltungssicherheitsverordnung<br />
Gemäß § 1 Abs. 1 gilt das mit 1.1.2008 in Kraft getretene Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz<br />
22 für die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen, soweit Abs. 2 nichts anderes<br />
bestimmt. Öffentlich sind alle Veranstaltungen, die allgemein zugänglich sind oder<br />
allgemein beworben werden.<br />
Wesentliche Änderungen ab 1.1.2008: Im Sinne einer Deregulierung und Verwaltungsentlastung<br />
wurde der Katalog der vom Geltungsbereich des Oö. Veranstaltungsgesetzes<br />
1992 ausgenommenen Veranstaltungen in der ab 1.1.2008 getroffenen Neuregelung erweitert<br />
und die Bewilligungspflicht auf Veranstaltungen im Tourneebetrieb reduziert.<br />
Ausnahmen nach Abs. 2 gelten nunmehr für:<br />
‣ Veranstaltungen, die Religionsausübung sind oder der Religionsausübung dienen;<br />
‣ Schulveranstaltungen;<br />
‣ Veranstaltungen, die überwiegend Zwecken der Wissenschaft, des Studiums, des Unterrichts<br />
sowie der Volks-, Jugend- oder Erwachsenenbildung dienen, insbesondere Vorträge,<br />
Kurse und Vorlesungen sowie Ausstellungen in und von Museen;<br />
‣ Veranstaltungen, die historisch gesehen im Brauchtum begründet sind, soweit sie ihrem<br />
Inhalt und Umfang nach sowie hinsichtlich Ort und Zeit ihrer Durchführung durch überliefertes<br />
Herkommen bestimmt sind;<br />
‣ Ausstellungen von Mustern und Waren durch Gewerbetreibende im Rahmen ihres Gewerbes<br />
sowie Ausstellungen von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen;<br />
‣ den Betrieb von Badeanlagen und Spielplätzen;<br />
‣ den Betrieb von Sportstätten für Sportarten, die ihrer Art nach typischerweise keine Gefährdung<br />
der Zuschauer erwarten lassen;<br />
‣ Darbietungen von Straßenkünstlern (z.B. Musikdarbietungen), die ohne besondere Veranstaltungseinrichtungen<br />
und –mittel durchgeführt werden und die ihrer Art nach typischerweise<br />
keine Gefährdung von Menschen erwarten lassen;<br />
‣ die Durchführung von Geschicklichkeitsspielen, die ihrer Art nach typischerweise keine<br />
Gefährdung von Menschen erwarten lassen („Fadenziehen“, „Stoppelziehen“ etc.);<br />
‣ den Betrieb von Unterhaltungsgeräten im Sinn des § 2 Z. 1 des Oö. Spielapparate- und<br />
Wettgesetzes;<br />
‣ Veranstaltungen oder Teile von Gesamtveranstaltungen, soweit sie durch sonstige gesetzliche<br />
Vorschriften geregelt sind, insbesondere<br />
a) die Errichtung und den Betrieb von Schaubergwerken sowie Fremdbefahrungen oder<br />
vergleichbare Benützungen von Grubenbauen von stillgelegten Bergwerken, sowern<br />
diese Tätigkeiten dem Anwendungsbereich der Schaubergwerkeverordnung, BGBl. II<br />
Nr. 209/2000, unterliegen,<br />
b) das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten sowie die Durchführung sonstiger<br />
Tätigkeiten, sowie darauf das Oö. Spielapparate- und Wettgesetz anzuwenden ist,<br />
c) die Durchführung von Live-Peep-Shows und Video-Peep-Shows, soweit darauf das<br />
Oö. Polizeistrafgesetz anzuwenden ist, und<br />
d) die Abhaltung von Tanzkursen, soweit darauf das Oö. Tanzschulgesetz anzuwenden<br />
ist.<br />
Gemäß Abs. 3 gelten diese Ausnahmen nicht für Veranstaltungen, die überwiegend der Unterhaltung<br />
dienen, wie insbesondere Tanzveranstaltungen udgl. Daher unterliegen Veranstaltungen,<br />
die zur Erzielung von Einnahmen bestimmt sind (z.B. Pfarrball usw.) nicht der Ausnahme.<br />
22 Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz, LGBl 2007/78.<br />
61
Erfordernisse für die Durchführung von Veranstaltungen: Veranstaltungen dürfen nach § 4<br />
des Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetzes nur durchgeführt werden, wenn die Veranstalterin<br />
oder der Veranstalter die persönlichen Voraussetzungen nach § 5 erfüllt und die Veranstaltung<br />
1. gemeldet (§ 6) oder<br />
2. angezeigt (§ 7) und nicht untersagt oder<br />
3. rechtskräftig bewilligt (§ 8) wurde.<br />
Nach § 6 sind vom Veranstalter spätestens zwei Wochen vor ihrem Beginn der örtlich zuständigen<br />
Gemeinde folgende Veranstaltungen zu melden:<br />
Veranstaltungen in Gastgewerbebetrieben, die im Rahmen einer Betriebsanlagengenehmigung<br />
gem. § 74 ff Gewerbeordnung 1994 durchgeführt werden;<br />
Veranstaltungen, die im Rahmen einer Bewilligung nach § 8 (Tourneebetrieb) durchgeführt<br />
werden (Bewilligung der Landesregierung);<br />
Veranstaltungen, die von einer Veranstaltungsstättenbewilligung (§ 9) umfasst sind.<br />
<strong>Die</strong> Meldepflicht dient der Überprüfung, ob die Anordnungen des (generellen) Bewilligungsbescheides<br />
im Einzelfall eingehalten werden.<br />
Alle anderen, weder melde- noch bewilligungspflichtigen Veranstaltungen, sind vom Veranstalter<br />
spätestens sechs Wochen vor der Durchführung der nach Lage der Veranstaltungsstätte<br />
zuständigen Gemeinde gemäß § 7 schriftlich anzuzeigen. Inhalt und Form der Veranstaltungsanzeige<br />
ist durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.<br />
<strong>Die</strong> Behörde hat mit Bescheid über die Verordnung gemäß § 4 Abs. 3 hinausgehende Auflagen,<br />
Bedingungen und Befristungen vorzuschreiben, soweit dies erforderlich ist, um eine<br />
ordnungsgemäße Durchführung der Veranstaltung zu gewährleisten. Dabei kommen insbesondere<br />
in Betracht:<br />
Behördliche Zuständigkeiten nach § 14 Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz:<br />
Eine Veranstaltungsstättenbewilligung nach § 9 ist auf schriftlichen Antrag des Verfügungsberechtigungen<br />
zu erteilen, wenn<br />
62
1. die Veranstaltungsstätte im Hinblick auf die beantragten Veranstaltungsarten nach ihrer<br />
Lage, baulichen Gestaltung und Ausstattung in bau-, feuer-, sicherheits-, gesundheits- und<br />
verkehrspolizeilicher Hinsicht so beschaffen ist, dass<br />
a. eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die körperliche Sicherheit von Menschen,<br />
das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte ausgeschlossen werden kann,<br />
b. unzumutbare Belästigungen der Nachbarschaft und nachteilige Einwirkungen auf die<br />
Umwelt nicht zu erwarten sind und<br />
c. sie dem Stand der Technik entspricht,<br />
2. die beantragten Veranstaltungsarten den Bestimmungen dieses Landesgesetzes und den<br />
danach erlassenen Verordnungen entsprechen und<br />
3. die Antragstellerin oder der Antragsteller die Voraussetzungen nach § 5 (persönliche Voraussetzungen)<br />
erfüllt.<br />
Bewilligte Veranstaltungsstätten sind von der Behörde regelmäßig, jedenfalls aber alle fünf<br />
Jahre hinsichtlich ihrer Beschaffenheit und auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Landesgesetzes<br />
sowie der danach erlassenen Verordnungen und Bescheide zu überprüfen.<br />
Behördliche Befugnisse nach § 15 Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz:<br />
§ 16 regelt die Mitwirkung der Organe der Bundespolizei durch<br />
1. Vorbeugungsmaßnahmen gegen drohende Verwaltungsübertretungen;<br />
2. Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind;<br />
3. Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, soweit dies in diesem Landesgesetz<br />
vorgesehen ist.<br />
63
C.14. Oö. Spielapparate- und Wettgesetz<br />
Das Oö. Spielapparate- und Wettgesetz 23 trat mit 1.1.2008 in Kraft und ersetzt das Oö.<br />
Spielapparategesetz 1999. Es regelt nunmehr nicht nur das Aufstellen und den Betrieb von<br />
Spielapparaten und Unterhaltungsgeräten, sondern auch den Betrieb von Wettbüros.<br />
Das Aufstellen von Spielapparaten an öffentlichen Orten ist von der Betreiberin oder<br />
vom Betreiber gemäß § 3 bei der Gemeinde anzuzeigen; ausgenommen sind das unentgeltliche<br />
Anbieten und Vorführen von Spielprogrammen mittels Spielkonsolen in Geschäften und<br />
sonstigen Verkaufsstellen, wenn diese Tätigkeit für den rechtmäßig ausgeübten Handelszweig<br />
typisch ist. Spielapparate sind lt. § 2 (Begriffsbestimmungen) technische Vorrichtungen, die zur<br />
Durchführung von Spielen bestimmt und keine Unterhaltungsgeräte 24 sind, einschließlich Vorrichtungen<br />
für die Durchführung von Warenausspielungen im Sinn des § 4 Abs. 3 des Glücksspielgesetzes.<br />
<strong>Die</strong> Anzeige hat zu enthalten:<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde hat innerhalb von vier Wochen ab Einlangen der vollständigen Anzeige der Betreiberin<br />
oder dem Betreiber eine schriftliche Bestätigung auszustellen, dass das Aufstellen<br />
nicht untersagt wird, oder mit Bescheid sowohl zeitliche als auch örtliche Betriebsbeschränkungen<br />
sowie Bedingungen und Auflagen hinsichtlich des Spielapparats oder des Aufstellortes<br />
festzulegen, wenn dies zur Sicherung öffentlicher Interessen, insbesondere solcher des Jugendschutzes,<br />
der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit sowie der<br />
Vermeidung von Störungen des örtlichen Gemeinschaftslebens, erforderlich ist. Wenn auch<br />
durch Betriebsbeschränkungen oder Auflagen die öffentlichen Interessen nicht gesichert<br />
werden können, ist das Aufstellen der Spielapparate mit Bescheid zu untersagen.<br />
Jedenfalls verboten ist gemäß § 5 dieses Gesetzes<br />
1. das Aufstellen von Geldspielapparaten 25 ;<br />
23 LGBl 2007/106. <strong>Die</strong>ses Landesgesetz tritt mit 1. Jänner 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Oö.<br />
Spielapparategesetz 1999, LGBl.Nr. 53, außer Kraft.<br />
24 Kegel- und Bowlingbahnen, Fußballtische, Basketball-, Air-Hockey- und Shuffle-Ball-Automaten,<br />
Billardtische, Darts-, Kinderreit- und Musikautomaten sowie Schießanlagen, die ausschließlich<br />
sportlichen Zwecken dienen.<br />
25 Spielapparate, bei denen das Spielergebnis oder ein Spielteilergebnis ausschließlich oder überwiegend<br />
vom Zufall und nicht von den persönlichen Fähigkeiten des Spielers abhängt; als Geldspielapparate<br />
gelten jedenfalls Spielapparate mit Geldspielprogrammen sowie Spielapparate, deren<br />
Spielergebnis oder Spielteilergebnis für den Spieler nicht beeinflussbar oder nicht berechenbar<br />
ist und die zur Herbeiführung des Spielergebnisses oder eines Spielteilergebnisses mit mechanisch<br />
oder elektromechanisch getriebenen rotierenden Walzen, Scheiben, Platten, Rädern oder<br />
dergleichen oder mit elektrisch oder elektronisch gesteuerten wechselweise blinkenden Leucht-<br />
64
2. die Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten, ausgenommen<br />
Warenausspielungen im Sinn des § 4 Abs. 3 des Glücksspielgesetzes;<br />
3. das Aufstellen von Spielapparaten ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 4;<br />
4. die Verwendung von Spielprogrammen,<br />
a) in deren Spielverlauf die Tötung oder Verletzung von Menschen oder Tieren realitätsnah<br />
dargestellt wird oder<br />
b) deren Spielinhalt oder Spielweise nach allgemeinem sittlichen Empfinden die Menschenwürde<br />
gröblich verletzt oder<br />
c) durch deren Spielinhalt oder Spielweise Menschen auf Grund ihres Geschlechts, ihrer<br />
Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen<br />
Bekenntnisses oder einer Behinderung herabgesetzt werden;<br />
5. die Durchführungen von Änderungen gemäß § 3 Abs. 7 ohne vorherige Anzeige bei der<br />
Gemeinde.<br />
<strong>Die</strong> Landesregierung kann durch Verordnung feststellen, welche Arten oder Typen von Spielapparaten<br />
oder Spielprogrammen jedenfalls Geldspielapparate oder Geldspielprogramme sind<br />
oder von den Verboten gemäß Abs. 1 umfasst sind.<br />
<strong>Die</strong> schriftliche Bestätigung oder der der Bescheid ist von der Betreiberin oder dem Betreiber<br />
am Aufstellort für jedermann sichtbar auszuhängen. <strong>Die</strong> Gemeinde hat schriftliche Bestätigungen<br />
gemäß Abs. 3 Z. 1 und Bescheide gemäß Abs. 3 Z. 2 und 3 unverzüglich der Bezirksverwaltungsbehörde,<br />
in Städten mit eigenem Statut der Bundespolizeidirektion zur<br />
Kenntnis zu bringen.<br />
Wettbüros und Wettannahmestellen dürfen nur mit Bewilligung der Oö. Landesregierung<br />
betrieben werden. <strong>Die</strong>se ist auf schriftlichen Antrag nach Anhörung der Wirtschaftskammer<br />
für Oberösterreich zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nach § 7 deses Gesetzes 26<br />
gegeben sind. <strong>Die</strong> Bewilligung ist nach ihrer Rechtskraft der Wirtschaftskammer für Oberösterreich<br />
und der Standortgemeinde zu übermitteln.<br />
Verboten ist der gewerbsmäßige Abschluss oder die gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten<br />
1. ohne Bewilligung der Oö. Landesregierung gemäß § 7 oder<br />
2. mit Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder<br />
3. auf Ereignisse, die auf die Tötung oder Verletzung von Menschen oder Tieren abzielen,<br />
oder<br />
4. auf Ereignisse, die nach allgemeinem sittlichen Empfinden die Menschenwürde gröblich<br />
verletzen, oder<br />
5. auf Ereignisse, durch die Menschen auf Grund ihres Geschlechts, ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe,<br />
ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer<br />
Behinderung herabgesetzt werden.<br />
Verboten ist weiters der gewerbsmäßige Abschluss oder die gewerbsmäßige Vermittlung von<br />
Preisvereinbarungen über Ereignisse, die zum Zeitpunkt der Preisvereinbarung bereits<br />
stattgefunden haben, wie voraufgezeichnete oder virtuelle Sport- oder sonstige Ereignisse.<br />
Werden verbotene Wetten oder Preisvereinbarungen angeboten oder Wetten ohne Bewilligung<br />
abgeschlossen oder vermittelt, hat die Behörde unverzüglich die Untersagung der Tätigkeit<br />
anzuordnen und bei Gefahr der Fortsetzung der Tätigkeit das Wettbüro samt aller<br />
Wettannahmestellen zu schließen und falls erforderlich, die Entfernung von Wettterminals<br />
aufzutragen. In diesen Fällen ist auch eine Entziehung der Bewilligung vorgesehen.<br />
<strong>Die</strong> Organe der Behörde und die von ihr beigezogenen Sachverständigen sind berechtigt,<br />
symbolen - gegebenenfalls mit zusätzlichen Halte-, Stepp- oder Stoppvorrichtungen - ausgestattet<br />
sind.<br />
26 Verlässlichkeit, Standortnachweis, finanzielle Leistungsfähigkeit und Vorlage von Wettbedingungen<br />
und Wettscheinmustern.<br />
65
jederzeit und unangekündigt die Einhaltung der Bestimmungen dieses Landesgesetzes zu<br />
überprüfen und zu diesem Zweck Wettbüros, Wettannahmestellen und Räumlichkeiten, in<br />
denen Spielapparate aufgestellt sind, oder jene Räumlichkeiten, in denen ein begründeter<br />
Verdacht für die Ausübung einer Tätigkeit, die diesem Landesgesetz unterliegt, zu betreten.<br />
Vom Betreiber oder dessen Geschäftsführer sind die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und<br />
auf Verlangen der Bewilligungsbescheid und sonstige Aufzeichnungen insbesondere über erfolgte<br />
Wettabschlüsse oder Wettvermittlungen vorzulegen.<br />
<strong>Die</strong> Überprüfungsbefugnis schließt die Überprüfung der Spielapparate und der verwendeten<br />
Spielprogramme sowie einzelner Spielapparate- und Spielprogrammteile außerhalb des Aufstellortes<br />
mit ein. Zum Zweck der Überprüfung hat die Betreiberin oder der Betreiber dem überprüfenden<br />
Organ der Behörde oder den von ihr beigezogenen Sachverständigen die Durchführung<br />
von Spielen ohne Entgelt zu ermöglichen, die Spielapparate zu öffnen und die Datenträger<br />
(Platinen, Festplatten, etc.) der Spielprogramme auszuhändigen. Zur Durchsetzung<br />
der Zutritts- und Überprüfungsrechte ist die Anwendung unmittelbar behördlicher Befehls- und<br />
Zwangsgewalt zulässig.<br />
Sofern Übertretungen nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fallen, sind folgende Übertretungen<br />
von der Bezirksverwaltungsbehörde, in Städten mit eigenem Statut von der Bundespolizeidirektion,<br />
mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen:<br />
1. wer gegen die Bedingungen und Auflagen des Betriebsbescheids (§ 3 Abs. 3) oder gegen<br />
die Aushangpflicht gemäß § 3 Abs. 5 verstößt;<br />
2. wer einer Verpflichtung nach § 4 (Überwachungspflicht des Betreibers) nicht oder nicht in<br />
gehöriger Weise nachkommt;<br />
3. wer gegen ein Verbot gemäß § 5 Abs. 1 (verbotene Spielapparate) verstößt;<br />
4. wer als Betreiberin oder Betreiber oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer einen<br />
Verstoß gegen ein Verbot gemäß § 5 duldet;<br />
5. wer die Durchführung besonderer Anordnungen gemäß § 6 (Entfernung v Apparaten, Verfall)<br />
behindert;<br />
6. wer ein Wettunternehmen nicht gemäß den im Bewilligungsverfahren vorgelegten Wettbedingungen<br />
und Wettscheinen betreibt;<br />
7. wer den Betrieb einer Wettannahmestelle (§ 9 Abs. 1) nicht anzeigt;<br />
8. wer das Wettbüro und die Wettannahmestellen nicht ordnungsgemäß kennzeichnet (§ 9<br />
Abs. 2);<br />
9. wer verbotene Wetten oder Preisvereinbarungen anbietet, abschließt oder vermittelt (§ 10);<br />
10. wer ein Wettunternehmen nach Entzug der Bewilligung (§ 11 Abs. 2) oder nach Untersagung<br />
dieser Tätigkeit (§ 10 Abs. 3) weiter betreibt;<br />
11. wer die Überprüfung behindert oder vereitelt oder die Vorlage von Unterlagen verweigert (§<br />
14).<br />
Spielapparate und alle an solchen Apparaten angeschlossenen Geräte, Spielprogramme sowie<br />
Wettterminals, die entgegen diesem Landesgesetz oder einer auf Grund dieses Landesgesetzes<br />
erlassenen Verordnung aufgestellt oder betrieben werden, können von der Behörde unabhängig<br />
von einer Bestrafung samt ihrem Inhalt für verfallen erklärt werden.<br />
66
C.15. Feuerpolizei<br />
Das Oö FPG 27 mit Verordnungen hat die Brandverhütung, den vorbeugenden Brandschutz,<br />
die feuerpolizeiliche Überprüfung durch die Gemeinde sowie die Brandbekämpfung zum<br />
Inhalt.<br />
Gemäß Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG fällt die örtliche Feuerpolizei in den eigenen Wirkungsbereich<br />
der Gemeinde. Dazu gehören die meisten Feuerwehraufgaben, vor allem der<br />
vorbeugende Brandschutz, die Verhütung und Bekämpfung von Bränden, Sicherungsmaßnahmen<br />
nach einem Brand und die Mitwirkung an der Ermittlung der Brandursache.<br />
§ 2 Oö FPG legt allgemeine Sorgfaltspflichten für jedermann und besondere Pflichten bei<br />
feuergefährlichen Tätigkeiten sowie die Meldepflicht für das Verbrennen von Gegenständen im<br />
Freien fest.<br />
Der Eigentümer hat für den brandsicheren Zustand von Gebäuden zu sorgen, Einrichtungen<br />
der Ersten Löschhilfe bereitzustellen, sowie Flucht- und Rettungswege ständig freizuhalten.<br />
Elektrische Anlagen und Blitzschutzanlagen sind entsprechend zu warten, für die Lagerung<br />
und das Arbeiten mit selbst- und leichtentzündbaren Stoffen gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen.<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde hat Kleinhausbauten alle 12 Jahre, sonstige Objekte alle 8 Jahre und Objekte<br />
mit erhöhter Brandgefahr alle 3 Jahre hinsichtlich der Brandsicherheit unter Beiziehung<br />
eines Sachverständigen zu überprüfen („Feuerbeschau“, §§ 10 ff Oö FPG).<br />
Festgestellte Mängel sind mittels Bescheid - bei Gefahr im Verzug durch „faktische Amtshandlung“<br />
- zu beseitigen. Gegebenenfalls erfolgt eine Nachbeschau (§ 14 Oö FPG).<br />
Jedermann ist zur Alarmierung sowie zu zumutbaren Sofortmaßnahmen verpflichtet, hat<br />
alles zu unterlassen, was die Brandbekämpfung hindern kann (zB Verparken der Zufahrtsmöglichkeit<br />
durch Schaulustige) und hat die Benutzung von Grundstücken, Gebäuden und Löschmittel<br />
zu dulden.<br />
Der Bürgermeister ist gemäß § 4 Oö FPG berechtigt, jedermann zu persönlichen Leistungen<br />
oder Sachleistungen im Rahmen der Zumutbarkeit und Möglichkeit zu verpflichten (=<br />
Aufgebot).<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde hat nach § 5 Oö FPG dafür zu sorgen, dass eine personell und sachlich<br />
ausreichend ausgestattete und geschulte schlagkräftige Feuerwehr besteht und die für sie<br />
notwendigen Hilfseinrichtungen (Brandmeldestellen, Alarmeinrichtungen, Löschgeräte, Wasserversorgung,<br />
udgl) vorhanden sind.<br />
Nach einem Brand hat der Eigentümer Sicherungsmaßnahmen zu treffen und Aufräumungsarbeiten<br />
vorzunehmen. Der Pflichtbereichskommandant hat für eine Brandwache zu sorgen,<br />
die Gemeinde die Brandursache unter Heranziehung des Pflichtbereichskommandanten<br />
und erforderlichenfalls eines Sachverständigen (idR von der Brandverhütungsstelle) zu ermitteln.<br />
Bei Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung hat die Gemeinde das Gericht oder<br />
Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen, weil es sich dann um eine kriminalpolizeiliche<br />
Angelegenheit handelt (§ 8 Oö FPG). Sobald Organe des Gerichtes oder der<br />
öffentlichen Sicherheit Maßnahmen zur Ermittlung der Brandursache angeordnet haben, darf<br />
die Gemeinde nicht mehr eigenmächtig tätig werden.<br />
<strong>Die</strong> Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Unbeteiligte wegzuweisen.<br />
Weiters dürfen sie im Rahmen der Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht (§<br />
19 SPG) die Identitätsdaten der Betroffenen ermitteln.<br />
27 Oö Feuerpolizeigesetz, LGBl 1994/113 zuletzt idF LGBl 2007/32.<br />
67
C.16. Katastrophenhilfsdienst<br />
Zielsetzung dieses Landesgesetzes ist die Organisation und Gewährleistung eines wirksamen<br />
Katastrophenschutzes auf Gemeinde-, Bezirks- und Landesebene.<br />
Katastrophe im Sinne dieses Landesgesetzes ist jedes durch elementare, technische oder<br />
sonstige Vorgänge ausgelöste, bereits eingetretene oder drohende Ereignis, das geeignet ist, in<br />
großem Umfang Personen- oder Sachschäden oder Schäden für die Umtwelt zu bewirken und<br />
zu deren Abwehr und Bekämpfung organisierte Maßnahmen erforderlich sind.<br />
Katastrophenschutz ist die Vorbereitung und Durchführung von Schutz- und Hilfsmaßnahmen<br />
zur Katastrophenabwehr und –bekämpfung einschließlich der dafür erforderlichen personellen,<br />
sachlichen und organisatorischen Maßnahmen (vorbeugender und abwehrender Katastrophenschutz).<br />
Katastrophenschutzbehörde ist:<br />
1. der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin in Städten mit eigenem Statut der Magistrat,<br />
wenn eine Katastrophe nicht über das Gebiet einer Gemeinde hinausgeht und<br />
der Katastrophenschutz im Rahmen des eingenen Wirkungsbereiches besorgt werden<br />
kann;<br />
2. die Landesregierung, wenn eine Katastrophe über das Gebiet eines politischebn Bezirks<br />
hinausgeht oder der Katastrophenschutz von der Bezirksverwaltungsbehörde nicht mehr<br />
wirksam wahrgenommen werden kann,<br />
3. in allen übrigen Fällen die Bezirksverwaltungsbehörde.<br />
<strong>Die</strong> Katastrophenschutzbehörden sind verpflichtet (§§ 4f KHD-G 28 ), einen Katastrophenhilfsdienst<br />
einzurichten.<br />
Aufgabe des Katastrophenhilfsdienstes der Gemeinde ist es vor allem, „nach Möglichkeit<br />
und Zumutbarkeit einen für ihren örtlichen Wirkungsbereich personell und fachlich im erforderlichen<br />
Ausmaß ausgestatteten Katastrophenhilfsdienst“ zur Vorbereitung und Durchführung von<br />
Hilfsmaßnahmen einzurichten und im Bedarfsfalle einzusetzen (§ 6 KHD-G). In den Gemeinden<br />
besorgen diese Aufgaben primär die Feuerwehren.<br />
<strong>Die</strong> Katastrophenschutzbehörden haben unter Bedachtnahme auf die Richtlinien gemäß § 10<br />
für ihren Zuständigkeitsbereich Katastrophenschutzpläne zu erstellen, die nach Bedarf, mindestens<br />
aber alle drei Jahre, auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit hin zu überprüfen, erforderlichenfalls<br />
zu überarbeiten und auf den neuesten Stand zu bringen sind (§ 11).<br />
<strong>Die</strong> Katastrophenschutzbehörden sind verplichtet, in regelmäßigen Abständen von nicht mehr<br />
als drei Jahren Katastrophenschutzübungen durchzuführen und hierüber entsprechende Aufzeichnungen,<br />
insbesondere über aufgetretene Mängel, zu führen.<br />
28 Katastrophenschutzgesetz, LGBl 2007/32.<br />
68