Infrastrukturbeitrag - Oberösterreichischer Gemeindebund
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<strong>Infrastrukturbeitrag</strong><br />
Mag. Franz Flotzinger<br />
1. Einleitung<br />
2. Aktuelle gesetzliche Rahmenbedingungen<br />
3. Entstehungsgeschichte<br />
4. Inhalt<br />
5. <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> und Baulandsicherungsvertrag<br />
6. Vertragsmuster<br />
7. Ausblick<br />
8. Tipps<br />
1. Einleitung<br />
Den <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> gibt es schon etliche Jahre. Die gesetzliche Grundlage dazu hat der<br />
Landesgesetzgeber aber erst mit einer entsprechenden Ergänzung des § 16 Oö. ROG 1994,<br />
die mit 1. September 2011 in Rechtskraft getreten ist, geschaffen.<br />
Viele hatten erwartet, dass der <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> durch die sogenannte<br />
„Widmungsabgabe“, also eine Bundes- oder Landessteuer anlässlich der Widmung von Grünin<br />
Bauland, abgelöst werden wird. Dazu ist es bedauerlicherweise nicht gekommen.<br />
Bedauerlicherweise deshalb, weil der <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> eine zusätzliche Komponente zu<br />
den bereits bestehenden Instrumenten des Aufschließungs- und Erhaltungsbeitrags, des<br />
Verkehrsflächenbeitrags, der Anschlussgebühren für Kanal und Wasser, des<br />
Verkehrsflächenbeitrags und der Bereitstellungsgebühr ist. Diese Teile stehen zu einem<br />
guten Teil in Wechselwirkung zueinander. Damit finden wir aber ein komplexes System vor,<br />
das die Gemeinden vor große Herausforderungen stellten. Dies insbesondere auch deshalb,<br />
weil einige wesentliche Punkte (Anrechnung, Umsatzsteuerproblem etc.) zumindest derzeit<br />
keiner endgültigen Lösung zugeführt sind.<br />
Faktum ist, dass der <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> wie dargestellt nicht durch eine Widmungsabgabe<br />
abgelöst wurde. Es ist daher notwendig, sich auf Seiten der Gemeinden darauf einzustellen,<br />
dass der <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> mittel- und langfristig ein Thema bleiben wird.<br />
2. Aktuelle gesetzliche Rahmenbedingungen<br />
Der <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> wurde auch vor dem 1.9.2011 in vielen Gemeinden eingehoben. Die<br />
Problematik war, dass dafür keine unmittelbare Rechtsgrundlage existierte. Wie angedeutet<br />
kann man den <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> nicht isoliert betrachten. Vielmehr handelt es sich um ein
Element, das insbesondere mit Aufschließungsbeiträgen, Verkehrsflächenbeiträgen und<br />
Anschlussgebühren im Zusammenhang steht und mit diesen gesehen werden muss. Zur<br />
gedanklichen Ordnung empfiehlt es sich, sich die zeitliche Abfolge zu vergegenwärtigen.<br />
Mit bzw. im Zuge der Baulandwidmung einer Liegenschaft kann nunmehr der<br />
<strong>Infrastrukturbeitrag</strong> vereinbart werden. In der Folge wird die Infrastruktur errichtet, sodass<br />
die betreffende, dann gewidmete Liegenschaft, aufgeschlossen ist. Zu diesem Zeitpunkt<br />
stellt sich die Frage nach der Vorschreibung der Aufschließungsbeiträge. Sobald die<br />
Anschlüsse dann tatsächlich realisiert werden, kommen als letzter Baustein der<br />
Verkehrsflächenbeitrag anlässlich der Erteilung der Baubewilligung bzw. die<br />
Anschlussgebühren für Kanal und Wasser nach tatsächlich erfolgtem Anschluss der<br />
Liegenschaft hinzu.<br />
Streng genommen müsste man diese zeitliche Abfolge zusätzlich noch verdreifachen. Dies<br />
deshalb, da ja die Infrastrukturkomponenten Kanal, Wasser und Verkehrsfläche gesondert zu<br />
betrachten sind, zu verschiedenen Zeitpunkten errichtet worden sein können und daher<br />
auch diese Finanzierungsinstrumente ein unterschiedliches Schicksal haben können.<br />
Exkurs: Umsatzsteuer<br />
Natürlich stellt sich auch hinsichtlich des <strong>Infrastrukturbeitrag</strong>es die Frage, ob diese Einnahme<br />
der Gemeinde zur Errichtung von Infrastruktur der Umsatzsteuerpflicht unterliegt. Trotz<br />
intensiver Bemühungen auch unseres Kooperationspartners, der Steuerberatungs- und<br />
Wirtschaftstreuhänderkanzlei Leitner & Leitner, konnte diese Frage bis jetzt nicht<br />
abschließend beurteilt werden. In dem von OÖ <strong>Gemeindebund</strong> und Städtebund<br />
Landesgruppe OÖ zu Verfügung gestellten Vertragsmuster ist für diese Unsicherheit<br />
allerdings Vorsorge getragen.<br />
3. Entstehungsgeschichte<br />
Wie bereits erwähnt wurde der <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> in Oberösterreich schon seit längerem<br />
von vielen Gemeinden eingehoben. Neu ist daher an diesem Beitrag lediglich die gesetzliche<br />
Grundlage, die seit 1.9.2011 durch die entsprechende Ergänzung des § 16 Oö. ROG 1994<br />
existiert. Ähnliche Regelungen finden sich auch in anderen Bundesländern. Möglicherweise<br />
ein gewisses Vorbild für die oö. Regelung stellte jene im Salzburger Raumordnungsgesetz<br />
dar.<br />
Die Diskussion um das Erfordernis einer entsprechenden rechtlichen Grundlage auch im oö.<br />
Gesetz wurde durch eine Anfrage der FPÖ-Fraktion im oö. Landtag an den Verfassungsdienst<br />
des Amtes der OÖ. Landesregierung im Dezember 2010 intensiviert.<br />
Mit Juni 2011 stellte der Verfassungsdienst in Beantwortung dieser Frage fest, dass eine<br />
Rechtgrundlage erforderlich war. Über die Sommermonate wurde dann intensiv an der<br />
entsprechenden Novelle zum Oö. Raumordnungsgesetz 1994 gearbeitet, die dann mit LGBl.<br />
73/2011 vom 31.8.2011 kundgemacht, und in der Folge mit 1.9.2011 in Kraft getreten ist.<br />
4. Inhalt
Die Regelung wurde mit der zitierten Novelle in § 16 Abs. 1 Z. 1 Oö. ROG 1994 integriert.<br />
Diese Bestimmung lautet nunmehr:<br />
(Zitat)<br />
Als privatwirtschaftliche Maßnahme im Sinne des § 15 Abs. 2 kommen insbesondere in<br />
Betracht:<br />
1. Vereinbarungen der Gemeinde mit den Grundeigentümern über die zeitgerechte und<br />
widmungsgemäße Nutzung von Grundstücken sowie die Tragung von die<br />
Grundstücke betreffenden Infrastrukturkosten; dabei ist sicherzustellen, dass auch<br />
unter Berücksichtigung der nach anderen landesgesetzlichen Vorschriften<br />
einzuhebenden Beiträge die voraussichtlich tatsächlich anfallenden Kosten nicht<br />
überschritten werden.<br />
(Zitatende)<br />
Es fällt auf, dass die gesetzliche Regelung sehr weit gefasst ist, also über die klassischen<br />
Infrastrukturmaßnahmen Kanal, Wasser und Verkehr Handlungsspielraum geben würde.<br />
Naturgemäß wird man sich aber auf die klassische Infrastruktur konzentrieren. Dies zum<br />
einen weil für andere Infrastrukturen (z.B. Kindergärten) der Verteilungsschlüssel<br />
problematisch ist und zum anderen gerade im peripheren Raum die niedrigen Baulandpreise<br />
oft nicht einmal die Überwälzung der klassischen Infrastrukturkosten erlauben.<br />
5. <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> und Baulandsicherungsvertrag<br />
Zur Klarstellung sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die vom OÖ <strong>Gemeindebund</strong><br />
und Städtebund Landesgruppe OÖ unter der Vorsitzführung von Univ.Prof. Dr. Bruno Binder<br />
eingerichtete Arbeitsgruppe nicht nur das im Jänner dieses Jahres an alle<br />
oberösterreichischen Städte und Gemeinden versandte Muster einer<br />
Infrastrukturvereinbarung erarbeitet hat, sondern zusätzlich noch ein aktuelles Muster<br />
„Baulandsicherungsvertrag“, sowie ein weiteres „Überwälzung Planungskosten bei<br />
Einzelwidmungsänderungen“ ausarbeiten wird bzw. ausgearbeitet hat.<br />
6. <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> – Vertragsmuster<br />
Das bereits mehrfach erwähnte Muster einer Infrastrukturvereinbarung, das von OÖ<br />
<strong>Gemeindebund</strong> und Städtebund Landesgruppe OÖ gemeinsam zur Verfügung gestellt wurde,<br />
wurde mit @-Info vom 10.1.2012 an alle Mitgliedsgemeinden des OÖ <strong>Gemeindebund</strong>es<br />
übermittelt. Im Begleitschreiben, das nicht nur zwischen OÖ <strong>Gemeindebund</strong> und Städtebund<br />
Landesgruppe OÖ, sondern auch mit der Aufsichtsbehörde im Detail abgestimmt worden ist,<br />
findet sich vor allem die Empfehlung, vor Abschluss der entsprechenden Vereinbarung eine<br />
möglichst detaillierte und genaue und damit haltbare Gesamtkalkulation anzustellen. In<br />
Zeiten leerer Fördertöpfe und restriktiver Darlehensgenehmigungen ist dies von essentieller<br />
Bedeutung.<br />
Zentral ist auch die Frage der Anrechnung. Dazu wird im § 25 Abs. 5 Oö. ROG 1994 explizit<br />
und ausführlich festgehalten, dass die Infrastrukturbeiträge bei der Vorschreibung der<br />
einzelnen Komponenten des Aufschließungsbeitrages anzurechnen sind. Ebenso eindeutig<br />
sind die Infrastrukturbeiträge als Vorleistungen gem. § 20 Abs. 7 Oö. Bauordnung 1994 bei<br />
der Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags anzurechnen. Keine gesetzliche Regelung –
und dies wird im Begleitschreiben zum Mustervertrag auch ausdrücklich festgehalten –<br />
besteht hingegen im Zusammenhang mit der Anrechnung des <strong>Infrastrukturbeitrag</strong>es bei der<br />
Vorschreibung der Anschlussgebühr für Wasser und Kanal. Diese kann demnach – nach<br />
dieser Gesetzeslage – durchaus unterbleiben.<br />
Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch auf einen von der Aufsichtsbehörde formulierten Satz:<br />
(Zitat)<br />
Weiters sollte – im Rahmen des im Hinblick auf den jeweils konkret realisierbaren<br />
Grundstückspreis vertretbaren und unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze – die<br />
Möglichkeit des <strong>Infrastrukturbeitrag</strong>s ausgeschöpft werden.<br />
(Zitatende)<br />
Zum Vertragsmuster selbst kann auf die Erläuterungen und Anmerkungen im Anhang zu<br />
diesem verwiesen werden. Bei offenen Einzelfragen steht ihnen der OÖ <strong>Gemeindebund</strong> über<br />
das bekannte <strong>Gemeindebund</strong>-Online-System (GOS) jederzeit für ergänzende Fragen zur<br />
Verfügung.<br />
7. Ausblick<br />
Tatsächlich ist die Formulierung der derzeitigen Rechtsgrundlage für den <strong>Infrastrukturbeitrag</strong><br />
noch verbesserungsfähig. Es ist daher auch angedacht, im Rahmen der nächsten Oö. ROG-<br />
Novelle hier nachzujustieren. Derzeit liegt dazu allerdings noch kein Begutachtungsentwurf<br />
vor, sodass abzuwarten bleibt, ob bzw. in welche Richtung die Bestimmung zum<br />
<strong>Infrastrukturbeitrag</strong> angepasst werden wird.<br />
Die Umsatzsteuerfrage ist derzeit offen. Das Vertragsmuster sieht – wie angedeutet – vor,<br />
dass für den Fall, dass die Gemeinde aus dem <strong>Infrastrukturbeitrag</strong> Umsatzsteuer abführen<br />
muss, diese vom Vertragspartner der Gemeinde, also dem Widmungswerber bzw.<br />
Nutzungsinteressenten nachzuzahlen ist.<br />
Letztlich wird man abwarten müssen, ob es hinsichtlich der Infrastrukturbeiträge – neu zu<br />
einer Anfechtung zu den Höchstgerichten kommt und für diesen Fall wie diese entscheiden.<br />
8. Tipps<br />
Im Zusammenhang mit der Vereinbarung der Infrastrukturbeiträge sind zwei Themen von<br />
besonderer Bedeutung:<br />
Zum Ersten ist unbedingt erforderlich, die bereits erwähnte Gesamtrechnung zu Beginn des<br />
Prozesses unter Einbindung sämtlicher Akteure nach bestem Wissen und Gewissen zu<br />
erstellen, und dabei auch Eventualitäten (Stichwort: Umsatzsteuer) zu berücksichtigen.<br />
Zum Zweiten kann man den Gemeinden nur ein Höchstmaß an Transparenz bei der<br />
Vorbereitung, Verhandlung und beim Abschluss der <strong>Infrastrukturbeitrag</strong>svereinbarungen<br />
anraten. Legen sie ihren Vertragspartner zu Beginn der Verhandlungen sämtlich auch heikle<br />
Themen (Anrechnung etc.) offen und stellen sie sicher, dass auch Käufer ihres<br />
Vertragspartners in der Folge mit der Vereinbarung und deren Auswirkungen gut leben<br />
können.<br />
Insbesondere wenn die Vereinbarung aus welchen Gründen immer angepasst werden muss,<br />
ist weiters die Hinzuziehung eines berufsmäßigen Vertragserrichters (Anwalt oder Notar)
dringend zu empfehlen. Möglich ist es auch, die Vereinbarungen in Form eines<br />
Notariatsaktes, dem ja die Wirkung eines zivilrechtlich exekutierbaren Titels zukommt,<br />
abzuschließen, und von vornherein gerichtliche Auseinandersetzungen hintanzuhalten.<br />
Letztlich prüft der OÖ <strong>Gemeindebund</strong> die Möglichkeit der Einführung eines Schiedsgerichts<br />
genau für diesen Bereich der oberösterreichischen Vertragsraumordnung, um auch hier eine<br />
möglichst kurze Zeit der streitigen Auseinandersetzung zu gewährleisten.