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Abschlussarbeit - Oberösterreichischer Gemeindebund

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GEMEINDEN IN OÖ - GIBT ES AUS EIGENER<br />

KRAFT EINEN WEG AUS DER KRISE<br />

Eine kritische Betrachtungsweise aus der Sicht<br />

langjähriger Gemeindebeamter<br />

Projektarbeit<br />

im Rahmen der Führungskräfteakademie<br />

des OÖ. <strong>Gemeindebund</strong>es<br />

Autoren:<br />

Hannes Bierbauer<br />

(Marktgemeinde Sierning)<br />

AL Franz Hörandtner<br />

(Stadtgemeinde Altheim)<br />

Thomas Griesbaum<br />

(Marktgemeinde Thalheim bei Wels)<br />

Präsentation: 28.03.2011<br />

Trainer/Betreuer:<br />

Klaus Kovsca<br />

OÖ. GEMEINDEBUND<br />

Unternehmensberatung / Training


INHALTSVERZEICHNIS<br />

1 VORWORT……………………………………………………………………… 3<br />

2 DIE VERFASSER UND IHRE GEMEINDEN………………………………... 4<br />

3 AUSGANGSSITUATION………………………………………………………. 7<br />

4 WAS IST AUS EIGENER KRAFT MÖGLICH……………………………… 9<br />

4.1 Beschränkung auf Kernaufgaben……………………………………………. 9<br />

4.1.1. Historische Entwicklung………………………………………………... 9<br />

4.1.2. Rechtsgrundlagen……………………………………………………… 10<br />

4.1.3. Übertragener Wirkungsbereich………………………………………. 11<br />

4.1.4. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde…………………………….. 11<br />

4.2 Kürzung der freiwilligen Leistungen und Ausgaben………………………... 12<br />

4.2.1. Anteil am Gesamtbudget………………………………………………. 14<br />

4.2.2. Stellungnahme unserer Bürgermeister……………………………….. 15<br />

4.2.3. OGM – Umfrage 2010………………………………………………….. 17<br />

4.3 Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung………………………….. 18<br />

4.3.1. Begriffsdefinition……………………………………………………….. 19<br />

4.3.2. Aufgaben und Ziele der KLR…………………………………………. 20<br />

4.3.3. Grundsätze der KLR…………………………………………………… 20<br />

4.3.4. Arten der KLR…………………………………………………………… 20<br />

4.3.4.1. Kostenartenrechnung………………………………………………. 21<br />

4.3.4.2. Kostenstellenrechnung……………………………………………... 21<br />

4.3.4.3. Kostenträgerrechnung…………………………………………….... 21<br />

4.3.5. Produktkatalog………………………………………………………….. 21<br />

4.4 Aufgaben- und Produktkritik…………………………………………………… 22<br />

4.5 Interkommunale Zusammenarbeit……………………………………………. 24<br />

5 UNSER RESÜMEE…………………………………………………………….. 26<br />

2


1 VORWORT<br />

Die öffentliche Verwaltung – und hier speziell die Städte und Gemeinden – ist heute<br />

mehr denn je ständigen Änderungen und neuen Herausforderungen ausgesetzt. Das<br />

Thema „Gemeinden in der Krise“ ist in der heutigen Zeit der globalen Finanz- und<br />

daraus folgenden öffentlichen Haushaltskrisen bedauerlicherweise besonders<br />

aktuell.<br />

Beinahe schon täglich liest und hört man in den Medien von der zunehmend<br />

angespannten Finanzsituation in den österreichischen Kommunen. Kaum ein Jahr<br />

war in finanzieller Hinsicht so schwierig, wie das Jahr 2009. Immer mehr Gemeinden<br />

konnten und können ihren ordentlichen Haushalt nicht mehr ausgleichen und wurden<br />

zu Abgangsgemeinden.<br />

Auslöser für diese prekäre Situation sind auf der einen Seite sinkende bzw.<br />

stagnierende Einnahmen, denen auf der anderen Seite erheblich anwachsende<br />

Kosten, vor allem im Pflege- und Gesundheitsbereich gegenüber stehen.<br />

Nach Meinung der Verfasser ist es aber zu wenig, nur über steigende Krankenanstaltenbeiträge,<br />

SHV-Umlagen etc. zu klagen, sondern die Gemeinden müssen überlegen,<br />

ob und wie sie dieser Entwicklung entgegenwirken können.<br />

Ziel dieser Arbeit ist es daher, durch eine (selbst)kritische Betrachtungsweise aus der<br />

Sicht langjähriger Gemeindebeamter - jeder der drei Verfasser steht schon über 20<br />

Jahre im Gemeindedienst - aufzuzeigen, welche Einsparungsmöglichkeiten es auf<br />

Gemeindeebene gibt und wie sich diese auf das Gesamtbudget auswirken.<br />

Aus unserer Sicht gibt es mehrere Möglichkeiten, die je nach Intensität und unter<br />

Berücksichtigung der strategischen Entwicklung der jeweiligen Gemeinde doch zu<br />

einer Entlastung des Gemeindehaushaltes führen.<br />

Aber kommen die Gemeinden damit aus eigener Kraft aus der Krise?<br />

3


2 DIE VERFASSER UND IHRE GEMEINDEN<br />

Marktgemeinde Sierning<br />

Einwohner: 9.094 Hauptwohnsitze (per 1.1.2011)<br />

Fläche:<br />

Seehöhe:<br />

38,2 km²<br />

367 m<br />

Finanzen/Wirtschaft:<br />

Einnahmen Ord. Haushalt 2009: € 13.126.556,19<br />

Ausgaben Ord. Haushalt 2009: € 13.126.556,19<br />

Finanzkraft 2009: € 7.922.863,36<br />

Lage/Besonderheiten:<br />

Die Marktgemeinde Sierning zwischen der alten Eisenstadt Steyr und der Kurstadt Bad Hall,<br />

an dem Natur belassenen Fluss Steyr gelegen, bietet einen wunderbaren Blick ins<br />

„Alpenvorland“. Sierning ist einerseits eine Wohngemeinde, aber auch Tourismus,<br />

Landwirtschaft und vor allem Gewerbebetriebe spielen eine große Rolle. Die Gewöhnliche<br />

Kuhschelle, welche in Österreich nur noch selten vorkommt, hat sich zu einem<br />

„Wahrzeichen“ von Sierning entwickelt. Diese Art weist am Kreuzberg bzw. Keltenweg das<br />

größte Vorkommen Oberösterreichs auf!<br />

Tourismus/Freizeit:<br />

Wander- und Radwege, Tennisplätze, Squash, Frei- und Hallenbad, Beachvolleyball,<br />

Skaterpark, Sauna, „Flussbaden“, Stockschießen u. v. m.<br />

Kleindenkmäler, Kirchen aus verschiedenen Epochen, ein Renaissance-Schloss, sowie<br />

traditionsreiche Feste („Rudenkirtag“/Erntedank- und Marktfest) und ein reges Vereinsleben<br />

zeugen von alter kultureller Überlieferung und Lebendigkeit in der Gemeinde.<br />

Hannes Bierbauer<br />

Leiter der Finanzabteilung<br />

Wohnsitz in Sierning<br />

Beruflicher Werdegang: 1984 Matura BHAK Steyr<br />

1985 Bankangestellter RAIBA Sierning<br />

1986 Leiter Finanzabteilung der<br />

Marktgemeinde Sierning<br />

Kontakt:<br />

Marktgemeindeamt Sierning<br />

4522 Sierning, Kirchenplatz 1<br />

07259/2255-51<br />

07259/2255-72<br />

⌨ hannes.bierbauer@sierning.ooe.gv.at<br />

http://www.sierning.at<br />

4


Stadtgemeinde Altheim<br />

Einwohner: 4.804 Hauptwohnsitze (per 1.1.2011)<br />

Fläche:<br />

Seehöhe:<br />

22,62 km²<br />

363 m<br />

Finanzen/Wirtschaft:<br />

Einnahmen Ord. Haushalt 2009: € 9.148.937,48<br />

Ausgaben Ord. Haushalt 2009: € 9.105.063,03<br />

Finanzkraft 2009: € 4.269.971,00<br />

Lage/Besonderheiten:<br />

Die Gemeinde Altheim liegt im Herzen des Innviertels, im Tal der Mühlheimer Ache, in etwa<br />

auf halber Strecke zwischen den Bezirkshauptstädten Braunau am Inn und Ried im Innkreis.<br />

Seit 2003 ist Altheim Stadt. Günstig für die Wirtschaft wirkt sich die Lage Altheims am<br />

Schnittpunkt zweier überregionaler Straßen – der B 148 und der B 141 – welche den Ort<br />

umfahren, aus. Wirtschaftlich dominierend sind Industriebetriebe der Sitz- und Büromöbelproduktion,<br />

sowie des Ingenieurholzbaus und Holzleimbaus. Daneben existieren viele<br />

Klein- und Mittelbetriebe und ist das Umfeld der Stadt noch immer landwirtschaftlich geprägt.<br />

In den letzten Jahren spielt auch der aufkommende sanfte Tourismus eine immer größere<br />

Rolle im Erwerbsleben. Seit 1989 werden rd. 730 Haushalte und Betriebe mit<br />

geothermischer Energie aus 2.300 m Tiefe versorgt.<br />

Tourismus / Freizeit:<br />

Zahlreiche Wander- und Radwege, u.a. der Römerradweg, durchziehen das<br />

Gemeindegebiet.<br />

Reithallen, Pferderennbahn, Tennisplätze, Minigolfanlage, Beachvolleyball- und Skaterplatz,<br />

Asphaltstockanlage und ein mit Thermalwasser beheiztes Schwimmbad runden das<br />

Freizeitangebot ab. Weithin bekannt ist Altheim für die exquisiten Küchen der zahlreichen<br />

Gastronomiebetriebe.<br />

Franz Hörandtner<br />

Stadtamtsleiter<br />

Wohnsitz in Altheim<br />

Beruflicher Werdegang:<br />

seit Abschluss der HAS Ried i.I.<br />

1974, Bediensteter der<br />

Stadtgemeinde Altheim<br />

Beamtenaufstiegsprüfung<br />

Berufsreifeprüfung<br />

seit 2009 Amtsleiter<br />

Kontakt:<br />

Stadtgemeinde Altheim<br />

4950 Altheim, Braunauer Straße 7<br />

07723/42255 81<br />

07723/42255 87<br />

⌨ franz.hoerandtner@altheim.ooe.gv.at<br />

www.altheim.eu<br />

5


Marktgemeinde Thalheim bei Wels<br />

Einwohner: 5.585 Hauptwohnsitze (per 1.1.2011)<br />

Fläche: 16,31 km²<br />

Seehöhe: 315 m<br />

Finanzen/Wirtschaft:<br />

Einnahmen Ord. Haushalt 2009: € 8.970.614,63<br />

Ausgaben Ord. Haushalt 2009: € 8.970.614,63<br />

Finanzkraft 2009: € 5.336.719,00<br />

Lage/Besonderheiten:<br />

Die Marktgemeinde Thalheim bei Wels liegt mitten im oö. Zentralraum. Der<br />

Traunfluss bildet die Grenze zur Bezirkshauptstadt Wels. Thalheim ist eine beliebte<br />

Wohngemeinde, hat jedoch auch ein ausgeprägtes ländliches Hinterland. Durch die<br />

ausgezeichnete Infrastruktur haben sich in den vergangenen Jahren auch eine<br />

Vielzahl von Gewerbebetrieben angesiedelt, die wesentlich zur guten finanziellen<br />

Basis im Gemeindehaushalt beitragen.<br />

Tourismus/Freizeit:<br />

Wander- und Radwege, moderne Freizeitanlage mit Tennisplätzen, Fitnesscenter,<br />

Beachvolleyball, u.a.m., Kunstmuseum (ab 2012)<br />

Modern und traditionsbewusst sind keine Floskeln, sondern werden in Thalheim auch<br />

so gelebt.<br />

Thomas Griesbaum<br />

Leiter der Finanzabteilung<br />

Kontakt:<br />

Marktgemeindeamt Thalheim bei Wels<br />

Gemeindeplatz 14, 4600 Thalheim bei Wels<br />

07242/47072-20<br />

thomas.griesbaum@thalheim.at<br />

www.thalheim.at<br />

Wohnsitz in Thalheim<br />

Beruflicher Werdegang: 1981 Abschluss<br />

BHAS Wels, anschließend Mitarbeiter<br />

Marktgemeinde Thalheim.<br />

1986 Matura<br />

Ab 1987 Leiter der Finanzabteilung<br />

6


3 AUSGANGSSITUATION<br />

Seit dem Jahr 2008 hat sich die Zahl der Abgangsgemeinden in Oberösterreich<br />

beinahe verdoppelt bzw. die Höhe des Abgangsbetrages verfünffacht. Das bedeutet<br />

einen Anteil von rund 69 % aller oö. Gemeinden, die ihren ordentlichen Haushalt<br />

nicht mehr ausgleichen können. Im Bundesländervergleich liegt Oberösterreich damit<br />

klar an der Spitze.<br />

Entwicklung – Abgangsgemeinden Oberösterreich 2008 bis 2010<br />

RA 2008 166 Gemeinden Abgang 23.000.000 15 % d. BZ-Budgets<br />

RA 2009 258 Gemeinden Abgang 74.350.000 52 % d. BZ-Budgets<br />

VA 2010 307 Gemeinden Abgang 117.750.000 79 % d. BZ-Budgets<br />

Die Ursachen für diese dramatische Entwicklung sind vielfältig und sollen in weiterer<br />

Folge eingehend betrachtet werden.<br />

Zur Einnahmensituation (ohne Abgabenertragsanteile) wird festgestellt, dass davon<br />

ausgegangen wird, dass die oö. Gemeinden ihre Einnahmen- und Steuerquellen zu<br />

100 % ausschöpfen bzw. die Gebührenhaushalte kostendeckend kalkuliert sind.<br />

Die Ermächtigung bzw. Verpflichtung (für Abgangsgemeinden) des Landes OÖ.,<br />

Gebühren über die vorgeschriebenen Mindestsätze hinaus einzuheben, auch wenn<br />

zuvor schon eine Kostendeckung gegeben ist, bedeutet zwar eine nicht<br />

unbeträchtliche Einnahmenquelle (auch für allgemeine Haushaltsbelange), die<br />

jedoch mit dem Verursacherprinzip nicht wirklich vereinbar und somit auch nicht sehr<br />

bürgerfreundlich ist.<br />

In diesem Bereich sind also die Möglichkeiten, zusätzliche Finanzmittel zu lukrieren,<br />

äußerst beschränkt. Die einzige Chance, Mehreinnahmen (aus eigener Kraft) zu<br />

erzielen, ergibt sich bei der Kommunalsteuer durch die Ansiedlung neuer Betriebe.<br />

Das Problem dabei ist, dass hier keineswegs eine Chancengleichheit besteht, denn<br />

Gemeinden, die nicht unmittelbar im oö. Zentralraum liegen, sind alleine schon<br />

wegen mangelhafter oder gar fehlender, entsprechender Verkehrsanbindungen von<br />

vornherein stark benachteiligt.<br />

Die Bevölkerungs- bzw. Wanderungsstatistik zeigt, dass diese Gemeinden hinkünftig<br />

noch mehr Probleme bekommen werden, da sich die Wegzüge in weiterer Folge<br />

auch noch negativ auf die Einnahmen aus den Ertragsanteilen auswirken werden.<br />

Einnahmenseitig ist somit der Spielraum nach oben äußerst beschränkt. Im Vergleich<br />

können nur wenige Gemeinden aufgrund ihrer günstigen Verkehrslage von neuen<br />

Betriebsansiedelungen profitieren und somit ihre Budgets positiv beeinflussen.<br />

Der Großteil der Gemeinden ist somit auf einen entsprechenden Finanzausgleich<br />

angewiesen bzw. ist zu hoffen, dass die aktuellen Prognosen des Landes für 2011<br />

über die Entwicklung der Ertragsanteile auch tatsächlich eintreffen. Jedoch können<br />

7


auch mit einer positiven Tendenz die fehlenden Mittel bei weitem nicht kompensiert<br />

werden.<br />

Die Gemeinden sind daher gefordert, bei den Ausgaben den Hebel anzusetzen.<br />

Dass hier unterschiedliche Vorgehensweisen und Maßstäbe anzusetzen sind, liegt<br />

auf der Hand. Differierende Strukturen und Strategien hinsichtlich des Charakters<br />

einer Gemeinde (wie z.B. von Fremdenverkehrsgemeinden) erfordern auch eine<br />

andere Sichtweise über mögliche Einsparungspotentiale.<br />

Fest steht, dass sich die Gemeinden in den letzten Jahren und Jahrzehnten von<br />

„Amtsstuben“ in Dienstleistungs- und Bürgerservicestellen mit vielfältigen Leistungen<br />

entwickelt haben. Eine Vielzahl von Aufgaben und Angeboten (teils „hausgemacht“,<br />

teils von Bund und Land übertragen) stellen einen beträchtlichen Kostenfaktor dar.<br />

Natürlich ist es ein legitimes Anliegen der Kommunalpolitik und des Landes, dass es<br />

den Bürgern in der Gemeinde an nichts fehlt und ein möglichst breites Spektrum an<br />

sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Angeboten besteht. Das entspricht lt.<br />

Wikipedia auch der Bedeutung des Wortes „Gemeinde“ = gesellschaftliches Gebilde:<br />

Gemeinschaft mit höherem Organisationsgrad.<br />

Die Verfasser sind sehr wohl der Überzeugung, dass es ursächlichste Aufgabe einer<br />

Gemeinde ist, verschiedenste Aufgaben und Leistungen für die Bürger anzubieten<br />

bzw. zu organisieren. Die Kosten sind jedoch, zumindest in einem für beide Seiten<br />

vertretbaren Rahmen, vom „Verursacher“ zu übernehmen. Die Bürger sind sehr wohl<br />

bereit, für eine entsprechende Leistung auch einen entsprechenden Beitrag zu<br />

leisten. Eine soziale Staffelung ist hier durchaus sinnvoll und gerechtfertigt.<br />

Förderungen, Zuschüsse und kostenlose Nutzung von Einrichtungen nach dem<br />

„Gießkannenprinzip“ sind unserer Meinung nach nicht vertretbar (und werden von<br />

den Bürgern auch nicht gefordert).<br />

Als aktuelles Negativbeispiel sei hier der Gratiskindergarten angeführt. Land und<br />

Gemeinden haben durch diese Maßnahme, die zumindest in unseren Gemeinden<br />

niemand begehrt hat, beträchtliche Mehraufwendungen in Millionenhöhe zu leisten,<br />

um die Finanzierung des Kindergartenbetriebes ohne die Elternbeiträge zu gewährleisten.<br />

Welche Möglichkeiten hat nun die Gemeinde in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in<br />

denen die Einnahmen stagnieren bzw. rückläufig sind, selbst Einsparungen im<br />

laufenden Betrieb zu erzielen?<br />

8


4 WAS IST AUS EIGENER KRAFT MÖGLICH?<br />

Aus unserer Sicht gibt es hier mehrere Möglichkeiten, die, je nach Intensität der<br />

Anwendung und unter Berücksichtigung der strategischen Entwicklung einer<br />

Gemeinde, doch zu einer Entlastung des Gemeindehaushaltes führen.<br />

4.1. BESCHRÄNKUNG AUF KERNAUFGABEN<br />

4.1.1. HISTORISCHE ENTWICKLUNG<br />

Der Begriff der „Kernaufgaben der Gemeinde“ reicht in seinen Anfängen zurück bis<br />

in das Revolutionsjahr 1848. Im Gefolge dieser „bürgerlichen Revolution“ wurden<br />

dem Kaisertum demokratische Mitbestimmungsrechte abgerungen, was bereits 1849<br />

zur sog. „oktroyierten Verfassung“ führte. Den dort vorgesehenen Bezirks- und<br />

Kreisgemeinden waren bereits bestimmte Grundrechte zugeordnet, wobei aber die<br />

näheren Anordnungen in Gemeindeangelegenheiten zur Landessache erklärt<br />

wurden.<br />

Basierend auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage wurde noch im selben Jahr<br />

das Provisorische Gemeindegesetz, RGBl. 170/1850, erlassen, welches bereits in<br />

seinem Art I proklamierte: „Die Grundfeste des freien Staates ist die freie Gemeinde.“<br />

Bleibende Neuerungen des Provisorischen Gemeindegesetzes waren die schon dort<br />

vorgesehene Zweiteilung in einen natürlichen und einen übertragenen Wirkungskreis<br />

und die Einführung der Ortsgemeinde.<br />

In den Folgejahren kam es zu einem verfassungsrechtlichen Rückschritt in der<br />

Eigenständigkeit der Gemeinden, der mit dem „Silvesterpatent“ vom 31.12.1851<br />

begann und erst, nachdem mehrere Gemeindegesetze erlassen wurden, welche<br />

jedoch überwiegend nicht wirksam wurden, mit dem Reichsgemeindegesetz 1862<br />

beendet wurde. Wiederum war der Aufgabenbereich der Gemeinden, wie schon<br />

1849, ein zweigeteilter und gab es einen Katalog von Angelegenheit, welche<br />

jedenfalls dem selbständigen Wirkungskreis der Gemeinden zugeordnet waren.<br />

Mit der Dezember-Verfassung von 1867 wurde schließlich dem Reichsrat die<br />

Grundsatzgesetzgebungs-Kompetenz auf dem Gebiet des Gemeinderechts<br />

entzogen und auf die Landtage übertragen. „Dies ermöglichte ein Eindringen des<br />

Staates in den Bereich der Gemeindeselbstverwaltung und ihre Aushöhlung, indem<br />

die Landesgesetzgeber den Umfang des selbständigen Wirkungskreises der<br />

Gemeinde nach und nach verminderten und die Einflussmöglichkeiten der<br />

staatlichen Aufsichtsbehörden vermehrten.“ 1<br />

Die (Verfassungs)Gesetzgebung der Provisorischen Nationalversammlung, welche<br />

sich nach dem Untergang der Habsburger Monarchie am Ende des I. Weltkrieges<br />

1 Neuhofer, Gemeinderecht, 1972, Springer Wien New York, 2. Auflage<br />

9


konstituiert hatte, ließ das Reichsgemeindegesetz 1862 und die darauf fußenden<br />

Gemeindeordnungen der Länder vorläufig weiter in Kraft.<br />

Schließlich wurde am 1.10.1920 von der am 16.2.1919 gewählten Konstituierenden<br />

Nationalversammlung das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) beschlossen. „Ihm war<br />

seit der Begründung der Republik durch die aus ehemaligen Reichsratsmitgliedern<br />

bestehende Provisorische Nationalversammlung Ende Oktober 1918 ein fast<br />

zweijähriges Verfassungsprovisorium vorausgegangen.“ 2<br />

Als Träger der Selbstverwaltung waren dort Ortsgemeinden, Gebietsgemeinden und<br />

die Länder vorgesehen. Die Grundsätze der Selbstverwaltung der Gemeinden waren<br />

in den Art 115 – 120 B-VG geregelt, wurden allerdings, mit Ausnahme des die<br />

Wahlen in die Gemeindevertretungen regelnden Art 119 Abs. 2, nie wirksam.<br />

Die großen Novellen 1925 und 1929 zum B-VG ließen die Rechtsstellung der<br />

Gemeinden im Wesentlichen unangetastet.<br />

Die ständisch-autoritäre Verfassung des Dollfuß-Regimes, welche am 24.4.1934<br />

durch eine Verordnung auf Basis des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes<br />

aus 1917 erlassen wurde, entzog den Gemeinden die Generalkompetenz in örtlichen<br />

Angelegenheiten.<br />

Nach der Okkupation Österreichs trat mit 1.10.1938 die Deutsche Gemeindeordnung<br />

in Kraft, welche die Entscheidungskompetenz in Gemeindeangelegenheiten allein<br />

dem Bürgermeister zugestand (Führerprinzip).<br />

1945 wurden die, die Gemeinden betreffenden, Bestimmungen des B-VG, in der<br />

Fassung der Novelle von 1929, im Wesentlichen wieder in Kraft gesetzt.<br />

Die Grundsätze der modernen Gemeindeselbstverwaltung aber wurden erst mit der<br />

B-VG-Novelle von 1962 verwirklicht und in der Folge der eigene Wirkungsbereich der<br />

Gemeinden durch weitere Novellen zur Bundesverfassung ausgebaut.<br />

4.1.2. RECHTSGRUNDLAGEN<br />

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen bundesverfassungsrechtlichen und<br />

landesverfassungsrechtlichen Grundlagen, darüber hinaus zwischen einer<br />

Ausführungsgesetzgebung des Bundes und der Länder.<br />

1. Bundesverfassungsrechtliche Grundlagen<br />

Diese sind in den Art 116 – 119 a B-VG niedergelegt. Darauf verweist Art 115<br />

Abs. 2 S 1, wenn er eine Zuständigkeit der Länder nach den Grundsätzen<br />

dieser Artikel vorsieht, soweit nicht eine ausdrückliche Zuständigkeit des<br />

Bundes festgesetzt ist. Darüber hinaus regeln das Finanz-Verfassungsgesetz<br />

1948 und eine Vielzahl von Bundesverfassungsgesetzen die<br />

Finanzverfassung bzw. die rechtliche Stellung und damit verbunden, die<br />

Aufgaben der Gemeinde.<br />

2 Öhlinger, Verfassungsrecht, 2003, WUV Universitätsverlag, 5. Auflage<br />

10


2. Landesverfassungsrechtliche Grundlagen<br />

Die in den Art 115 – 120 B-VG festgelegten Grundsätze der<br />

Gemeindeverfassung werden durch die neun Landesverfassungen<br />

unterschiedlich geregelt, wobei es zum Teil zu Wiederholungen der<br />

Grundsätze der Gemeindeorganisation des B-VG kommt.<br />

3. Ausführungsgesetzgebung des Bundes<br />

Diese muss gem. Art 115 Abs. 2 S 1 ausdrücklich festgesetzt sein und<br />

beschränkt sich aktuell auf das Bundesaufsichtsrecht über die Gemeinden<br />

gem. Art 119a Abs. 3 B-VG und auf die Bildung von Gemeindeverbänden in<br />

Angelegenheiten der Bundesgesetzgebung gem. Art 116a Abs. 2 B-VG.<br />

4. Ausführungsgesetzgebung der Länder<br />

Es ist Pflicht der Länder, die Ausführungsgesetzgebung in Angelegenheiten<br />

des Gemeinderechts gem. den Grundsätzen der Art 116 – 119a B-VG zu<br />

regeln.<br />

4.1.3. ÜBERTRAGENER WIRKUNGSBEREICH DER GEMEINDE<br />

Art 119 B-VG verpflichtet die Gemeinde zur Mitwirkung an der Bundes- und<br />

Landesvollziehung. Ein Rechtsanspruch darauf besteht allerdings nicht und ist die<br />

Verpflichtung zur Mitwirkung auf den Bereich der Hoheitsverwaltung beschränkt.<br />

In welchen Bereichen der Vollziehung und in welchem Umfang die Gemeinde<br />

tätig werden muss, wird durch Bundes- und Landesgesetze bestimmt und kann<br />

die Gemeinde auch von einer ihr übertragenen Aufgabe wiederum nur durch ein<br />

solches Gesetz entbunden werden.<br />

4.1.4. EIGENER WIRKUNGSBEREICH DER GEMEINDE<br />

„Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im<br />

Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener<br />

Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen“ (Art 118 Abs. 4 S 1 B-VG). Nach<br />

dieser Bestimmung umfasst der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde<br />

Angelegenheiten aus dem Bereich der Bundes- und Landesvollziehung und<br />

haben gem. Art 118 Abs. 2 die Gesetze derartige Angelegenheiten ausdrücklich<br />

als solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu bezeichnen.“<br />

Der eigene Wirkungsbereich wiederum umfasst zum Einen behördliche oder<br />

hoheitliche Angelegenheiten, zum Anderen nichtbehördliche bzw.<br />

privatwirtschaftliche Angelegenheiten.<br />

1. Eine demonstrative Aufzählung der hoheitlichen Angelegenheiten findet sich in<br />

Art 116 Abs. 3 und sind diese:<br />

a) Bestellung der Gemeindeorgane unbeschadet der Zuständigkeit<br />

überörtlicher Wahlbehörden; Regelung der inneren Einrichtungen zur<br />

Besorgung der Gemeindeaufgaben<br />

11


) Bestellung von Gemeindebediensteten und Ausübung der Diensthoheit<br />

unbeschadet der Zuständigkeit überörtlicher Disziplinar-, Qualifikationsund<br />

Prüfungskommissionen<br />

c) örtliche Sicherheitspolizei, örtliche Veranstaltungspolizei<br />

d) Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde, örtliche Straßenpolizei<br />

e) Flurschutzpolizei<br />

f) örtliche Marktpolizei<br />

g) örtliche Gesundheitspolizei, insbesondere auch auf dem Gebiet des Hilfsund<br />

Rettungswesens sowie des Leichen- und Bestattungswesens<br />

h) Sittlichkeitspolizei<br />

i) örtliche Baupolizei, soweit sie nicht bundeseigene Gebäude, die<br />

öffentlichen Zwecken dienen zum Gegenstand hat; örtliche Feuerpolizei;<br />

örtliche Raumplanung<br />

j) öffentliche Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung von<br />

Streitigkeiten<br />

k) freiwillige Feilbietung beweglicher Sachen<br />

2. Die Ermächtigung der Gemeinde zur wirtschaftlichen Betätigung ist in Art 116<br />

Abs. 2 B-VG verfassungsmäßig verbürgt, wenn es dort heißt: „Die Gemeinde<br />

ist selbständiger Wirtschaftskörper. Sie hat das Recht, innerhalb der<br />

Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art<br />

zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, wirtschaftliche<br />

Unternehmungen zu betreiben sowie im Rahmen der Finanzverfassung ihren<br />

Haushalt selbständig zu führen und Abgaben auszuschreiben.“<br />

Die Formen der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde äußern sich dabei<br />

in<br />

a) wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde<br />

b) Eigenbetrieb der Gemeinde<br />

c) ausgegliederte selbständige Unternehmungen<br />

d) Beteiligung an wirtschaftlichen Unternehmungen<br />

4.2. KÜRZUNG DER FREIWILLIGEN LEISTUNGEN UND AUSGABEN<br />

Das Spektrum der freiwilligen Leistungen, welche die Gemeinden erbringen, ist ein<br />

breites. Neben den, trotz ihrer Freiwilligkeit, fast schon als obligatorisch zu bezeichnenden<br />

Vereinsförderungen, gibt es Förderungen sozialen Charakters wie z.B.<br />

Babygutscheine, Schulstarthilfen, die Ausrichtung eines Tages der Älteren, aber<br />

auch solche mit wirtschaftlichem Hintergrund wie Zuschüsse zu<br />

Fassadensanierungen und Fassadenrückbau im Bereich des Stadtplatzes,<br />

Förderungen für die Errichtung von Düngersammelstätten in der Landwirtschaft und<br />

für die Errichtung alternativer Energiegewinnungsanlagen, sowie auch<br />

kulturfördernde Maßnahmen, welche sich in monetären Beiträgen für die Ausrichtung<br />

von Traditionsveranstaltungen, Musik-, Kabarett- und Theatervorstellungen und<br />

Leseabenden niederschlagen.<br />

Alle diese Förderungen sind Ermessensausgaben iSd sog. „15 €-Erlasses“ des<br />

Amtes der Oö. Landesregierung aus 2005 und innerhalb dieser den freiwilligen<br />

Ausgaben ohne Sachzwang zuzuordnen.<br />

12


Eine kritische Analyse dieser Ausgaben zeigt jedoch, dass die in dem Erlass<br />

postulierten Grundsätze, welche bei der Ausschüttung dieser Unterstützungen<br />

anzulegen sind, wenig bis gar nicht beachtet werden.<br />

Schon bei der Frage, welche Wirkungen die gewährten Subventionen hervorrufen, ist<br />

festzustellen, dass eine Evaluierung diesbezüglich nicht stattfindet und deshalb auch<br />

nicht nachvollziehbar ist, ob das mit der Gewährung angestrebte Ziel erreicht wird.<br />

Die dazu notwendigen Verwendungsnachweise über die Förderungsmittel werden in<br />

manchen Gemeinden nicht verlangt und so kommt es in weiterer Folge auch zu<br />

keiner Erfolgskontrolle. Als objektiver Beobachter der Subventionspraktiken gerade<br />

im Vereinsbereich gelangt man sehr rasch zu der Erkenntnis, dass hier das<br />

berüchtigte „Gießkannenprinzip“ die Maxime der Subventionsgeber ist.<br />

Zu den freiwilligen Leistungen mit wirtschaftlichem Hintergrund ist zu bemerken, dass<br />

es mit deren Gewährung häufig zu einer Doppelförderung kommt, weil es für<br />

Maßnahmen dieser Art auch auf Landesebene verschiedene Förderungen gibt.<br />

Angesichts des oben Dargestellten verwundert es nicht, dass die Grenze von € 15,00<br />

je Einwohner bei den Ausgaben ohne Sachzwang, welche für die Aufsichtsbehörde<br />

unter Anlegung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und<br />

Zweckmäßigkeit vertretbar ist, sehr oft überschritten wird.<br />

Neben den gerade dargestellten freiwilligen Ausgaben ohne Sachzwang werden<br />

natürlich auch sog. freiwillige Ausgaben mit Sachzwang gewährt, die sich<br />

überwiegend in der Wirtschaftsförderung niederschlagen. Dabei wird für die<br />

Schaffung gänzlich neuer Arbeitsplätze, die in den diversen BZ-Erlässen verordnete<br />

Grenze einer Refundierung von max. 50 % der Kommunalsteuer für einen Zeitraum<br />

von höchstens 3 Jahren, voll ausgeschöpft. Darüber hinaus steht es im Belieben des<br />

Förderungsnehmers, wann er diese Befreiung in Anspruch nimmt. Dieses Wahlrecht<br />

hat den für die Gemeinde zusätzlich nachteiligen Effekt, dass die Betriebe die<br />

Refundierung der Kommunalsteuer meist nicht in ihrer Startphase beanspruchen, da<br />

während dieser Zeit der Gewinnung von Marktanteilen die Personaldecke in der<br />

Regel noch längst nicht erreicht ist. Auf die Refundierung zurückgegriffen wird erst,<br />

wenn Produktion oder Handel voll angelaufen sind und auch das Personal<br />

dementsprechend aufgestockt ist, was sich dann bei der Entrichtung der<br />

Kommunalsteuer niederschlägt.<br />

Durchleuchtet man die Gebarung der Gemeinde weiter, so stellt man fest, dass,<br />

neben den freiwilligen Ausgaben mit und ohne Sachzwang, verschiedene<br />

Einrichtungen zum Teil sehr negativ zu Buche schlagen. Dazu gehören das<br />

Schwimmbad, eine öffentliche Sauna, die Verlustabdeckung für eine ausgelagerte<br />

Kabel-TV-Gesellschaft, die öffentliche Bibliothek und die Schülerausspeisung. Die<br />

jährlichen Abgänge aus diesen Institutionen überschreiten die € 100.000-Grenze bei<br />

weitem. Angesichts der finanziellen Entwicklung im Bereich dieser Einrichtungen, die<br />

auch bei größtem Bemühen und unter Ausschöpfung noch vorhandener<br />

Einsparungspotentiale nicht in den Griff zu bekommen sein wird, muss die Gemeinde<br />

sich wohl oder übel die Frage stellen, ob diese, zumindest mittelfristig gesehen, noch<br />

aufrecht erhalten werden können und nicht eingestellt oder das Leistungsangebot<br />

zumindest reduziert werden muss.<br />

13


4.2.1. ANTEIL AM GESAMTBUDGET<br />

Die Verfasser haben anhand von aktuellen Zahlen – Rechnungsabschluss 2009 -<br />

aus ihren Dienstgemeinden Sierning, Thalheim bei Wels und Altheim versucht, in der<br />

nachfolgenden Grafik einen anschaulichen Überblick zu schaffen und ein mögliches<br />

Einsparungspotential bei den freiwilligen Leistungen und Ausgaben im Vergleich zu<br />

den Transferzahlungen darzustellen.<br />

Während sich die freiwilligen Ausgaben der drei Gemeinden im Rahmen von drei bis<br />

fünf Prozent bewegen, betragen die Transferzahlungen je nach Finanzkraft<br />

mittlerweile rund ein Drittel der ordentlichen Ausgaben – Tendenz steigend. Daraus<br />

ersieht man schon, wie gering das Einsparungspotential bei den freiwilligen<br />

Leistungen im Vergleich zu den Transfers ist. So bedarf es natürlich einer hohen<br />

Eigenmotivation der Gemeinden bei den Ermessensausgaben zu sparen, denn jede<br />

Einsparung bei den freiwilligen Leistungen wirkt sich unmittelbar auf die<br />

Lebensqualität der Gemeindebürger aus. Und im Gegenzug dazu, steigen die<br />

Transfers jedes Jahr ungleich höher, ohne dass die Gemeinden eine direkte<br />

Einflussnahme darauf ausüben können.<br />

14


4.2.2. STELLUNGNAHME UNSERER BÜRGERMEISTER<br />

15 € - Erlass: Bezüglich der Ermessensausgaben und die Gewährung freiwilliger<br />

Leistungen ohne Sachzwang wurden die Bürgermeister der 3 Verfassergemeinden<br />

um ihre Stellungnahme gebeten. Dazu wurden die nachfolgenden Fragen gestellt:<br />

Ist es für Sie vorstellbar, diverse freiwillige Leistungen in Anbetracht der kritischen<br />

Finanzlage abzuschaffen bzw. zu kürzen – JA oder NEIN – und warum?<br />

Welche Auswirkungen hätte eine Abschaffung/Kürzung in politischer,<br />

gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht?<br />

Warum gewährt die Gemeinde Sierning diese Förderungen – welchen Nutzen ziehen<br />

wir daraus?<br />

Bürgermeister Manfred Kalchmair, Sierning<br />

Den Gemeinden bleibt in den letzten Jahren kaum mehr Spielraum in ihren<br />

Haushalten. Sinkenden Einnahmen stehen vor allem im sozialen Bereich steigende<br />

Ausgaben gegenüber. Kosten, welche von den Gemeinden nur schwer oder wie z.B.<br />

beim Krankenanstaltenfonds überhaupt nicht von der Gemeinde beeinflussbar sind,<br />

stiegen allerdings in den vergangenen Jahren bereits stärker als die Einnahmen. Es<br />

wäre leicht zu sagen, dass ein Streichen aller freiwilligen Zuwendungen eine<br />

Entlastung bringen würde. Diese Sichtweise greift meiner Ansicht nach aber zu kurz.<br />

Die Marktgemeinde Sierning hat im Finanzjahr 2009 insgesamt rund € 60.000,-- für<br />

Vereinsförderungen ausgegeben. Für das Feuerwehrwesen wurden € 82.000,--<br />

aufgewendet. Stellt man die Steigerungen der Sozialhilfeverbandsumlage in der<br />

Höhe von 180.000,-- und die des Krankenanstaltenbeitrages in der Höhe von<br />

155.000,-- gegenüber, sieht man, dass eine gänzliche Streichung der freiwilligen<br />

Zuwendungen nur einen einmaligen Effekt ergeben würde. Bereits im darauf<br />

folgenden Jahr wäre der Einspareffekt, bei trotzdem steigenden Umlagen,<br />

wirkungslos. Die soziale Struktur der Marktgemeinde wäre aber empfindlich<br />

geschwächt.<br />

Einige Beispiele dafür:<br />

Sierning hat zwei Fussballvereine, insgesamt erhalten beide zusammen 4.200,--<br />

Euro an jährlicher Subvention. Ein auf den ersten Blick hoher Betrag. Wenn man<br />

allerdings in Betracht zieht, dass mehr als 100 Jugendliche von diesen beiden<br />

Vereinen betreut werden und diese Jugendlichen in einem sozialen Netzwerk<br />

aufwachsen können, so ist der Betrag, den die öffentliche Hand für diese<br />

„Betreuungsarbeit“ aufwendet, gering. Einrichtungen für Jugendliche, die nicht in<br />

Vereinen organisiert sind, müssen wesentlich stärker unterstützt werden. So hat<br />

Sierning einen Funcourt errichtet, der genau auf diese nicht organisierte<br />

Jugendgruppe abzielt. Die Errichtungskosten betrugen im Vergleich dazu mehr als<br />

100.000,-- Euro.<br />

15


Ein anderes Beispiel ist die öffentliche Bücherei. Die öffentliche Bücherei wird jährlich<br />

mit € 1.100,-- gefördert. Darüber hinaus trägt die Gemeinde die Miete für die<br />

Räumlichkeiten in der Höhe von € 7.500,--. Sämtliche andere Arbeit wird von den<br />

Mitarbeiterinnen der Bücherei ehrenamtlich erledigt. Eine Gemeinde wie Sierning mit<br />

mehr als 9.000 Einwohnern kann auf eine öffentliche Bücherei nicht verzichten und<br />

wenn die Entlehnungsgebühren wirtschaftlich kalkuliert würden, könnte sich niemand<br />

die Entlehnungen leisten. Die Bücherei ist mit mehr als 10.000 Entlehnungen im Jahr<br />

eine wesentliche kulturelle Einrichtung, die zur Lebensqualität einer Gemeinde<br />

gehört.<br />

Das letzte Beispiel ist das Sierninger Pensionistentaxi. Zweimal wöchentlich können<br />

ältere Menschen aus Sierning dieses Service nutzen um Besorgungen im Zentrum<br />

zu erledigen. Die Marktgemeinde wendet dafür rund € 3.000,-- jährlich auf. In Zeiten,<br />

in denen immer mehr Ortszentren verwaisen und ohne Nahversorgung sind, ist es<br />

sicherlich angebracht als Gemeinde lenkend einzugreifen. Ein Streichen dieser<br />

Leistung würde bedeuten, dass Kaufkraft aus Sierning in die nahe gelegene Stadt<br />

Steyr abfließt, da die öffentlichen Verbindungen von den Randzonen der<br />

Marktgemeinde nach Steyr besser sind als jene in das Zentrum von Sierning.<br />

Selbstverständlich stehe ich dazu, dass man Subventionen und freiwillige<br />

Zuwendungen stets auf ihre Sinnhaftigkeit überprüfen muss und es sicherlich auch<br />

wenig zielführende Ausgaben gibt. Zuwendungen seitens der Marktgemeinde sind<br />

aber eine Unterstützung der Lebensqualität in der Gemeinde. Zieht man in Betracht,<br />

dass die Einwohnerzahl wesentlich über die finanziellen Ressourcen einer Gemeinde<br />

entscheidet, so muss die Förderung der Lebensqualität eine Aufgabe der Gemeinde<br />

sein. Somit sind auch freiwillige finanzielle Zuwendungen an Vereine und<br />

Institutionen notwendig und eine generelle Abschaffung aus meiner Sicht nicht<br />

vorstellbar.<br />

Bürgermeister Franz Weinberger, Altheim<br />

1. Ist es für Sie vorstellbar, diverse freiwillige Leistungen in Anbetracht der<br />

kritischen Finanzlage abzuschaffen bzw. zu kürzen?<br />

Antwort: Ja, durchaus, wobei aber mit Augenmaß vorzugehen ist.<br />

Insbesondere bei den Förderungen der diversen Vereine könnte ich mir<br />

vorstellen, dass es da und dort zu Kürzungen kommt. Vor allem sollen die<br />

Ausgaben im Rahmen des Kinderferienprogramms, welches ja von den<br />

örtlichen Vereinen durchgeführt wird, erheblich verringert werden. Da wird sich<br />

dann die Spreu vom Weizen trennen, weil man sehen wird, ob die Vereine in<br />

dieser Aktion nur eine Möglichkeit zur Geldbeschaffung sehen oder es ihnen<br />

darum geht, die Kinder für die Vereinsarbeit zu begeistern und in ihnen<br />

künftige Mitglieder heran ziehen.<br />

2. Welche Auswirkungen hätte eine Abschaffung/Kürzung in politischer,<br />

gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und finanzieller Sicht?<br />

Antwort: Ich glaube, dass die Mehrheit der von den Kürzungen Betroffenen<br />

durchaus versteht, dass bei der dzt. finanziell sehr angespannten Lage der<br />

Gemeinde zumindest vorübergehend eine Beibehaltung freiwilliger Leistungen<br />

16


im bisher gewohnten Ausmaß nicht mehr möglich ist. So gesehen sehe ich<br />

auch keine gravierenden bzw. nur geringfügige Auswirkungen sowohl in<br />

wirtschaftlicher als auch finanzieller Hinsicht bei den Leistungsempfängern.<br />

Andererseits wird auch die Politik bzw. die Gesellschaft im Allgemeinen keine<br />

großen Narben davon tragen.<br />

3. Warum gewährt die Gemeinde diese Förderungen – welchen Nutzen ziehen<br />

wir daraus?<br />

Antwort: Vereine sind wichtige Impulsgeber und Identitätsstifter in den<br />

Gemeinden und fördern das Zusammengehörigkeitsgefühl. Diese Funktionen<br />

zu erhalten und zu stärken, dazu dienen die Subventionen. Der Nutzen für die<br />

Gemeinde ist kein wirtschaftlicher sondern besteht darin, dass mit einem<br />

lebendigen Vereinsleben indirekt auch die Lebensqualität, das<br />

Solidaritätsgefühl bei und zwischen den GemeindebürgerInnen gehoben wird.<br />

Bürgermeister Andreas Stockinger, Thalheim bei Wels<br />

Eine gänzliche Abschaffung von freiwilligen Leistungen und Subventionen ist nicht<br />

vorstellbar, weil diese für Bedürftige bzw. kleinere Vereine und Institutionen oftmals<br />

eine wesentliche Existenzgrundlage bilden. Kürzungen bzw. Evaluierungen sind im<br />

Allgemeininteresse sicher denkbar. Sofern dies gleichmäßig und linear erfolgt, wird<br />

dies auch Akzeptanz finden. Wichtig ist jedoch, dass durch derartige Maßnahmen<br />

auch ein entsprechender Erfolg erzielt wird der sich positiv auf die Finanzlage<br />

auswirkt.<br />

Sofern Kürzungen oder diverse Anpassungen richtig argumentiert und auch<br />

entsprechend kommuniziert werden, denke ich, dass sich keine wesentlichen<br />

negativen Auswirkungen ergeben werden. Eine gravierende Verbesserung in<br />

wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht ist aber auch nicht zu erwarten, da der<br />

Aufwand für derartige Leistungen im Vergleich zum Gesamtbudget doch sehr gering<br />

ist.<br />

Die Marktgemeinde Thalheim gewährt Förderungen, weil wir, und damit meine ich<br />

alle Fraktionen, der Überzeugung sind, dass die Schwächsten in unserer<br />

Gesellschaft Unterstützung brauchen bzw. die örtlichen Vereine einen sehr<br />

wertvollen Beitrag dazu leisten, was das Leben in einer Gemeinde attraktiv und<br />

liebenswert macht. Der gesellschaftliche Nutzen steht meiner Meinung nach in<br />

keinem Verhältnis zu dem doch eher geringen finanziellen Aufwand. Außerdem<br />

ermöglichen diese Leistungen vor allem Jugendlichen eine sinnvolle<br />

Freizeitgestaltung und fördern die Bindung zur Heimatgemeinde.<br />

17


4.2.3. OGM – UMFRAGE 2010<br />

Einmal jährlich führt das Meinungsforschungsinstitut OGM eine Bürgermeister- und<br />

Bevölkerungsumfrage durch, um zu vergleichen in welchen Bereichen sich die<br />

Einschätzung der Bürgermeister/innen und der Bevölkerung deckt oder<br />

unterscheidet.<br />

Dabei waren 83 Prozent der Bürgermeister/innen und 52 Prozent der Bevölkerung<br />

der Meinung, dass in Zukunft kommunale Leistungen nicht im gleichen Ausmaß wie<br />

bisher finanzierbar sein werden. In beiden befragten Gruppen ist man aber dagegen,<br />

dass pauschal alle Leistungen gekürzt werden. Die nachfolgende Grafik zeigt aber,<br />

dass allerdings große Mehrheiten Leistungskürzungen in einzelnen Bereichen<br />

akzeptieren würden.<br />

Dieses Ergebnis deckt sich auch mit unserer Meinung, dass man sich gut überlegen<br />

muss, wo sowohl effizient als auch gerecht gespart werden kann. Dabei ist weder<br />

das Florianiprinzip – dort sparen, wo es am meisten brennt – noch das Rasenmäherprinzip<br />

– alle Leistungen gleichmäßig kürzen – angebracht.<br />

18


4.3. EINFÜHRUNG EINER KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG<br />

Die Gemeinden stehen unter einem wachsenden Handlungs- und Reformdruck und<br />

müssen sich Gedanken machen, wie man gegen diese Entwicklung und<br />

Herausforderung bestehen kann. Weiters reagieren die Bürger immer sensibler auf<br />

steigende Gebühren und unnötige, vermeidbare Ausgaben. Daher müssen sich die<br />

Kommunen verstärkt mit dem Thema Kosten und deren transparenter Darstellung<br />

befassen. Dies erfordert eine genaue und exakte Kosteninformation im Haushalt.<br />

Eine Strategie dazu stellt die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung dar.<br />

Es geht dabei im Wesentlichen um vielfältige Informationsgrundlagen für<br />

Verbesserungs- und Optimierungsmöglichkeiten, Entscheidungshilfen für Gebührenund<br />

Entgeltvorschreibungen, Kostentransparenz, Kostenbewusstsein und<br />

Kostenverantwortung. Das ist insofern von größter Bedeutung, da die Gemeinden in<br />

Zukunft mit immer weniger Ressourcen immer mehr Leistungen erbringen werden<br />

müssen.<br />

„Eine Gemeinde ist nicht gewinnorientiert, die Preise können sowieso nicht erhöht<br />

werden, das haben wir immer so gemacht“. Solche Aussagen und Argumente<br />

gehören der Vergangenheit an. Die Entscheidungsträger in der Verwaltung und<br />

Politik haben erkannt, dass Kosteninformationen als Grundlage für erwerbs- und<br />

bedarfswirtschaftliche Ziele unerlässlich sind.<br />

Zur Vorbereitung des Städtetages 2007 wurde eine Mitgliederbefragung unter<br />

anderem über die laufenden und geplanten Aktivitäten im Bereich der<br />

Verwaltungsmodernisierung durchgeführt. Am häufigsten genannt wurden dabei<br />

Aktivitäten im Bereich E-Government und EDV-Verbesserungen. Eine zweite Gruppe<br />

von Modernisierungsmaßnahmen bilden einerseits der Ausbau von Bürgerservice<br />

und andererseits der (meist flächendeckende) Ausbau der Kostenrechnung.<br />

Weiters wurde im Rahmen der Amtsleiterseminare 2008 die Wichtigkeit und das<br />

hohe Problembewusstsein der Führungskräfte in den Gemeinden zu diesem Thema<br />

bestätigt. Bei 233 abgegebenen Fragebögen stehen 84 Prozent der Befragten der<br />

Aussage „Die Notwendigkeit für den Einsatz einer Kostenrechnung in der Gemeinde<br />

ist mir bewusst.“ positiv gegenüber.<br />

4.3.1. BEGRIFFSDEFINITION<br />

Nach Bauer/Klug versteht man unter Kosten- und Leistungsrechnung das<br />

periodenbezogene Erfassen der zur Leistungserstellung benötigten Güter und<br />

Produktionsfaktoren (Ressourcen), wofür der Verbrauch von Gütern und<br />

Dienstleistungen und die Nutzung langlebiger Wirtschaftsgüter rechenmäßig erfasst<br />

und auf die erstellte Leistung bezogen werden.<br />

In der Praxis gibt die Kostenrechnung pro Kostenart bzw. Kostenstelle an, welche<br />

Kosten der Mitteleinsatz verursacht und wie diese Kosten verteilt werden. Dies wird<br />

aber erst erzielt, wenn dieser Mitteleinsatz einer Leistung oder einem Produkt<br />

zugeordnet wird.<br />

19


In den kommunalen Verwaltungsbetrieben ist es aufgrund der kameralistischen<br />

Buchhaltung nicht möglich, die Wirtschaftlichkeit zu beurteilen. Die KLR bietet die<br />

notwendige Ergänzung - wie im privatwirtschaftlichen Bereich ist sie das typische<br />

Instrument zur Wirtschaftlichkeitskontrolle (lt. Schuster).<br />

4.3.2. AUFGABEN UND ZIELE DER KLR<br />

Die Aufgaben und Zielsetzungen der KLR in einer öffentlichen Verwaltung sollen lt.<br />

Bauer/Klug den Funktionen der Dokumentation, Lenkung und Kontrolle entsprechen.<br />

Promberger/Pracher nennen unter anderem folgende Entscheidungen, die durch<br />

eine detaillierte KLR wesentlich unterstützt werden können, bzw. die erst durch die<br />

entsprechende Kenntnis der Kosten betriebswirtschaftlich richtig getroffen werden<br />

können.<br />

• Entscheidung zwischen Miete, Leasing oder Eigentum<br />

• Ermittlung des optimalen Ersatzzeitpunktes von Anlagen und Maschinen<br />

• Investitionsentscheidungen<br />

• Entscheidung zwischen Eigenleistung und Fremdbezug<br />

• Verstärkung des Ämtervergleiches<br />

• Ermittlung von Folgekosten öffentlicher Investitionen<br />

• Bereitstellung von Informationen für die Gebührenkalkulation<br />

• Kollaudierungsunterlage Siedlungswasserbau<br />

4.3.3. GRUNDSÄTZE DER KLR<br />

Wie bereits erwähnt ist die Aufgabe der KLR die Erfassung, Darstellung und<br />

Verrechnung des betriebstypischen Werteverzehrs. Bei diesem Vorgang sollten laut<br />

Klümper folgende Grundsätze beachtet werden:<br />

• Vollständigkeit der Rechnung ist gegeben, wenn sämtlicher betrieblicher<br />

Werteverzehr als Kosten erfasst wird.<br />

• Belegprinzip stellt auf die Nachprüfbarkeit der Werte der KLR ab.<br />

• Kontinuität der Rechnung ist dann gegeben, wenn die Erfassung der Kosten<br />

über einen möglichst langen Zeitraum in unveränderter Form durchgeführt<br />

wird.<br />

• Zweckmäßigkeit der Rechnung ist erreicht, wenn die KLR die Informationen<br />

liefert, die für die betrieblichen Fragestellungen notwendig sind.<br />

• Verursachungsprinzip beinhaltet die Aufforderung, die Kosten den<br />

Betriebsteilen zuzuordnen, in denen sie entstanden sind bzw. denjenigen<br />

Leistungseinheiten, durch deren Erstellung sie verursacht worden sind.<br />

4.3.4. ARTEN DER KLR<br />

Der Aufbau der KLR erfolgt im Regelfall in drei Stufen, auf die in diesem Abschnitt<br />

näher eingegangen wird.<br />

20


4.3.4.1. KOSTENARTENRECHNUNG<br />

Welche Kosten sind in welcher Höhe angefallen?<br />

Mit der Kostenartenrechnung stellt man fest, welche Kosten entstanden sind, wie sie<br />

sich im Zeitablauf etwa verändert haben und welche Kostenschwerpunkte gegeben<br />

sind. Sie dient dem vollständigen Erfassen der Kosten.<br />

Für die Einteilung der Kostenarten empfiehlt sich gemäß dem Postenverzeichnis der<br />

VRV und dem Haushaltsplan folgende Grobuntergliederung:<br />

• Materialkosten<br />

• Personalkosten<br />

• Energiekosten<br />

• Fremdleistungskosten<br />

• Sonstige Kosten (Abgaben, Beiträge)<br />

• Kalkulatorische Kosten<br />

4.3.4.2. KOSTENSTELLENRECHNUNG<br />

Wo sind welche Kosten in welcher Höhe angefallen?<br />

Die Kostenstellenrechnung baut auf der Kostenartenrechnung auf und stellt fest, in<br />

welchen Bereichen oder an welchen Orten welche Kosten entstanden sind. Dabei<br />

muss darauf geachtet werden, dass diese möglichst an die Organisationsstruktur der<br />

Gemeinde angeglichen werden.<br />

Kostenstellen können z.B. sein: Verwaltung, Wirtschaftshof, Schulen,<br />

Kinderbetreuung, Freizeit, Infrastruktur, Sicherheit, Soziales ….<br />

4.3.4.3. KOSTENTRÄGERRECHNUNG<br />

Für welche Produkte fallen die Kosten an?<br />

Die Kostenträgerrechnung stellt die Kosten den Leistungen innerhalb einer<br />

Abrechnungsperiode gegenüber. Die auf die Hauptkostenstellen (Endkostenstellen)<br />

verrechneten Kosten werden den verwaltungsbetrieblichen Leistungseinheiten<br />

zugerechnet. Damit wird die Frage beantwortet, wie viel das Erzeugnis oder die<br />

Leistung pro Einheit kostet (z. B. Kosten pro Tonne Abfall, Kosten pro Beratungsfall<br />

im Bürgerservice …).<br />

4.3.5. PRODUKTKATALOG<br />

Grundsätzlich ist ein Produktkatalog eine systematische Zusammenstellung aller<br />

Produkte einer Verwaltung. Durch die Darstellung von Produkten und die<br />

Zusammenfassung in Katalogen soll das gesamte Leistungsspektrum einer<br />

21


Gemeinde transparent und Zusammenhänge sowie Wechselwirkungen zwischen<br />

Leistungen erkennbar werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistungen<br />

gegenüber eigenen Abteilungen oder gegenüber Dritten erbracht werden.<br />

Lt. ProAudit gibt es zwei Möglichkeiten mit einer Kostenrechnung zu starten.<br />

Entweder man legt bereits im ersten Schritt eine Kostenrechnung über die gesamte<br />

Gemeinde oder man beginnt in einem gut abgegrenzten Bereich wie z.B. dem<br />

Wirtschaftshof oder dem Wasserwerk.<br />

Die Verfasser empfehlen die zweite Variante um Erfahrungen zu sammeln. Dadurch<br />

ist die Lernerfahrung besser und es können eventuelle Fehler in der Planungsphase<br />

noch kompensiert werden, was bei einer sofortigen, flächendeckenden Einführung<br />

nicht bzw. nur mit hohem Aufwand verbunden möglich wäre.<br />

Als weiteren Nutzen stellt die KLR den Ausgangspunkt für eine Aufgabenkritik bzw.<br />

für die gezielte Ausweitung oder Kürzung bestimmter Leistungen und Produkte dar.<br />

Denn eine wesentliche Voraussetzung für eine Aufgaben- und Produktkritik ist das<br />

Vorhandensein eines Leistungs- und Produktkataloges, der alle kommunalen<br />

Leistungen/Produkte darstellt und diese hinsichtlich der bisherigen Leistungsmengen<br />

und Qualitätsmerkmale, aber auch hinsichtlich der eingesetzten Ressourcen (Sachund<br />

Finanzmittel, Personal) darstellt. Für die kostenmäßige Darstellung ist eine<br />

Kostenrechnung notwendig.<br />

Maßnahmen der Aufgaben- und Produktkritik sind sehr eng mit dem Entwickeln von<br />

Sparmöglichkeiten verbunden. Diese werden im nachfolgenden Kapitel beschrieben.<br />

4.4. AUFGABEN- UND PRODUKTKRITIK<br />

Die immer knapper werdenden Budgets bei ständig zunehmenden Aufgaben stellen<br />

die Gemeinden vor immer größere Herausforderungen, ihre Leistungen in der<br />

notwendigen Qualität zur Sicherung der öffentlichen Interessen zu erbringen. Die<br />

Aufgaben wurden in den letzten Jahren immer mehr. Einmal eingeführte Aufgaben<br />

werden allerdings kaum mehr einer Überprüfung ihrer Wirksamkeit unterzogen.<br />

Durch den steigenden Budgetdruck wird es aber notwendig, alle Aufgaben oder<br />

Produkte daraufhin zu überprüfen, ob für die Erfüllung der Aufgabe überhaupt noch<br />

ein öffentliches Interesse besteht bzw. ob der jeweilige Leistungsstandard gehalten<br />

werden kann. Oft werden Aufgaben und Leistungen nicht aus einem Bedarf bzw.<br />

einer Nachfrage, sondern aus einer gewachsenen Tradition heraus erbracht.<br />

Gleiches gilt für die Standards der einzelnen Leistungen. Es ist zu hinterfragen,<br />

welche konkrete Bedeutung die erbrachten Leistungen und die damit verbundenen<br />

Standards für die Gemeinde haben.<br />

Eine Möglichkeit zu dieser kritischen Auseinandersetzung mit seinen Aufgaben und<br />

Zielen stellt die Aufgaben- und Produktkritik dar. Diese ist ein systematisches<br />

Verfahren, in dem die kommunalen Aufgaben und Produkte durchleuchtet werden.<br />

Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen, welche Aufgaben erledigt werden, für wen diese<br />

Aufgaben erledigt werden, wie weit die Leistungs- und Qualitätsstandards<br />

22


angemessen sind und welches Ziel damit erreicht werden soll. Auf der Basis dieser<br />

Analyse kann dann die möglicherweise notwendige Anpassung von Aufgaben und<br />

Leistungen an eventuell geänderte Rahmenbedingungen erfolgen.<br />

Zu Beginn stellt sich die Frage, inwieweit die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist,<br />

eine Leistung zu erbringen. Ist dies der Fall, gilt es den aktuellen Leistungsstandard<br />

zu erheben und bei Bedarf kostenreduzierende Maßnahmen zu setzen.<br />

Sofern es sich um eine freiwillige Leistung handelt, sollte geprüft werden, ob und<br />

inwieweit die Leistung (noch) einen erkennbaren und leistbaren Beitrag zu den Zielen<br />

der Gemeinde leistet. Fällt diese Bewertung positiv aus, ist wiederum der<br />

Leistungsstandard zu hinterfragen.<br />

Einen Schwerpunkt dabei bildet die Zweckkritik. Dabei steht die Leistung selbst im<br />

Mittelpunkt. Wie weit müssen die einzelnen Leistungen künftig erbracht werden und<br />

wie weit leisten sie einen Beitrag, die strategischen Ziele der Gemeinde zu<br />

erreichen?<br />

Der zweite Schwerpunkt widmet sich dem Vollzug der Leistungen - Vollzugskritik<br />

Die Standardkritik stellt die Leistungsqualität in den Vordergrund – müssen die<br />

Leistungen in der entsprechenden Qualität erbracht werden, werden die Produkte in<br />

der richtigen Qualität erstellt bzw. können Standards reduziert werden?<br />

Die Strukturkritik widmet sich der Leistungstiefe – müssen die Leistungen in diesem<br />

Ausmaß selbst erbracht werden, müssen und können sie gemeinsam mit anderen<br />

Gemeinden besser erstellt werden oder kann man sie fremd vergeben?<br />

Die Verfahrenskritik wiederum widmet sich den Leistungsprozessen – wie können<br />

die Abläufe zur Leistungserbringung verbessert werden?<br />

Einige Beispiele aus der Praxis, die nach diesen Kriterien hinterfragt werden<br />

können:<br />

• Häufigkeit der Straßenreinigung – in welchem Intervall muss das Zentrum<br />

gereinigt werden, wie oft die angrenzenden Straßenzüge bzw. die Straßen am<br />

Ortsrand.<br />

• Müllabfuhrservice für die Bevölkerung – wie oft müssen Abfalltonnen entleert<br />

werden, wie wird Grünschnitt entsorgt, gegen Entgelt oder gratis, werden<br />

dezentrale Abfallsammelinseln in den Ortschaften zur Verfügung gestellt oder<br />

gibt es nur ein zentrales Abfallsammelzentrum etc.<br />

• Stilllegung eingruppiger Kindergärten<br />

• Stilllegung einklassiger Schulen<br />

• Durchführung von Stadt- oder Marktfesten im 2-Jahres-Intervall<br />

• Vermietung von Sportplätzen und Turnhallen am Wochenende<br />

• Öffnung des Freibades erst ab Mitte Mai<br />

• Rückbau von bepflanzten Grüninseln auf Grasflächen, Entfernung von<br />

Stauden zwischen Allee und Gehweg<br />

23


Im Rahmen einer Analyse wird der Beitrag, den die Produkte und/oder Leistungen<br />

der Verwaltung zur Erreichung der strategischen Ziele der Gemeinde leisten,<br />

bewertet. Die Kriterien zur Beurteilung sind der Wirkungsbeitrag zu den einzelnen<br />

Zielen, wie die Höhe des Zuschussbetrages. Produkte, deren Zuschussbedarf wie<br />

auch Wirkungsbeitrag niedrig sind, können auslaufen. Dagegen sollen Produkte mit<br />

einem niedrigen Zuschussbedarf und einem hohen Wirkungsbeitrag weiterhin<br />

erbracht werden.<br />

Zusammenfassend kann die Aufgaben- und Produktkritik als Nachdenken über den<br />

Sinn und Zweck der Verwaltungshandlungen gesehen werden. „Wo stehen wir heute<br />

und wo wollen wir hin und wo gibt es dabei Einsparpotentiale“.<br />

Der Nutzen für die Bevölkerung entsteht durch eine Verwaltung, die laufend an<br />

Verbesserungspotentialen im Sinne des Gemeinwohls und der Bürgerzufriedenheit<br />

arbeitet. Damit wird der Forderung der Bevölkerung nach einem optimalen Einsatz<br />

der öffentlichen Mittel bestmöglich entsprochen.<br />

Der Nutzen für die Verwaltung besteht darin, ihre Leistungen und die damit<br />

verbundenen Wirkungen und Kosten transparent darzustellen und damit der Politik<br />

objektive Grundlagen für ihre Entscheidungen zu liefern.<br />

Der Nutzen für die Politik ist die damit verbundene Möglichkeit, Schwerpunkte zu<br />

setzen. Sie kennt die Kosten und Ergebnisse des Verwaltungshandelns und kann<br />

danach die Leistungserbringung steuern.<br />

Erfahrungen aus KDZ-Projekten zeigen, dass die Aufgaben- und Produktanpassung<br />

ungefähr fünf Prozent der Personal- und Sachressourcen bringen. Die<br />

Gemeindehaushalte werden dadurch zwar nicht sanierbar sein, es kann allerdings<br />

ein wichtiger Beitrag dazu geleistet werden.<br />

4.5. INTERKOMMUNALE ZUSAMMENARBEIT<br />

Ein viel zitiertes Schlagwort der letzten Jahre. Darunter versteht man die<br />

gemeinsame Erfüllung von Aufgaben durch zwei oder mehrere Gemeinden. Die<br />

Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden hat schon eine lange Tradition. Von der<br />

rein informellen Kooperationsform (z.B. Erfahrungsaustausch) bis hin zur formellen<br />

Kooperation (vertragliche Vereinbarung) gibt es eine große Bandbreite von<br />

Möglichkeiten.<br />

Bisher beschränkt sich die interkommunale Zusammenarbeit aber vor allem auf die<br />

klassischen Bereiche des Standesamtes, des Staatsbürgerschaftswesens sowie der<br />

Ver- und Entsorgungseinrichtungen. Nicht zuletzt bedingt durch die Finanzkrise gibt<br />

es aber aktuell vermehrt auch Diskussionen über die Zusammenlegung von<br />

behördlichen Leistungen und verwaltungsinternen Aufgaben wie z. B. Buchhaltung,<br />

Personalverrechnung, Beschaffungswesen, Ausbildung.<br />

Anlässlich eines Amtsleiterseminares im Mai 2007 in Schärding wurde über die<br />

Chancen und Risken einer interkommunalen Zusammenarbeit diskutiert.<br />

24


Als Kooperationschancen wurden dabei unter anderem erwähnt:<br />

• leistungsfähige und effiziente Strukturen schaffen<br />

• Arbeitserleichterung (nicht alle machen alles)<br />

• das Bürgerservice wird verbessert<br />

• die Kosten werden transparent und dadurch soll eine Kosteneinsparung bei<br />

gleich hoher/höherer Qualität erreicht werden<br />

• freie Budgeträume werden geschaffen<br />

Nicht unerwähnt blieben dabei auch die Risken einer Kooperation<br />

• Verunsicherung der Mitarbeiter – Angst vor Veränderungen<br />

• Fehlen von klaren Entscheidungen und Informationen<br />

• Kosten- und Verrechnungsschlüssel<br />

Wir sind der Meinung, dass sich den Gemeinden durch die Nutzung von Synergien<br />

und Ressourcen viele Möglichkeiten bieten, Einsparungspotentiale zu erwirken. Eine<br />

Verallgemeinerung oder ein Patentrezept gibt es in diesem Bereich jedoch nicht. Hier<br />

muss im Einzelfall geprüft werden, ob der gewünschte Effekt unter Berücksichtigung<br />

aller relevanten Faktoren (zeitliche Abstimmung, regionales Umfeld und anderes<br />

mehr) auch tatsächlich erreicht werden kann.<br />

25


5 UNSER RESÜMEE<br />

Wie sich aus dem oben Dargestellten zeigt, sind die Einsparungsmöglichkeiten, die<br />

sich aus einer Kürzung oder gar Abschaffung freiwilliger Leistungen ohne Sachzwang<br />

ergeben, gering und haben bei einer Budgetkonsolidierung nur marginale<br />

Wirkung. Deutlich spürbarer entlastet würde das Gemeindebudget dann, wenn auch<br />

die freiwilligen Leistungen mit Sachzwang von den Kürzungen erfasst würden. Dies<br />

ist aber angesichts des harten Konkurrenzkampfs zwischen den Gemeinden, bei der<br />

Schaffung von Arbeitsplätzen durch Betriebsansiedlungen, kaum zu erwarten. Auch<br />

die Frage nach der Schließung oder der Abschaffung einzelner Verlust bringender<br />

Gemeindeeinrichtungen scheint eine hypothetische zu sein.<br />

Trotzdem werden die Gemeinden mehr Entschlossenheit bei der Ausschöpfung von<br />

Einsparungspotentialen und mehr Kostenbewusstsein an den Tag legen müssen, um<br />

im Rahmen einer vernünftigen Sparkultur finanziell wieder Boden unter den Füßen zu<br />

gewinnen. Dabei ist es unerlässlich, eine konsequente und ehrliche Kommunikation<br />

mit der Bevölkerung zu führen und dabei auch den Gemeindehaushalt transparent zu<br />

machen.<br />

Unsere Gemeindehaushalte können aber alleine mit gemeindeinternen Maßnahmen<br />

wie die Kürzung der freiwilligen Leistungen, die Einführung einer Kosten- und<br />

Leistungsrechnung, durch eine Aufgaben- und Produktkritik und durch Gemeindekooperationen<br />

nicht saniert werden. Diese Instrumente können höchstens einen<br />

Beitrag dazu leisten. Für eine nachhaltige Konsolidierung der Gemeindefinanzen<br />

bedarf es geänderter Rahmenbedingungen.<br />

Einnahmenseitig gibt es für die Gemeinden kaum Möglichkeiten, da der Anteil der<br />

gemeindeeigenen Steuern immer geringer wird. Hier ist insbesondere der Wegfall<br />

der Getränkesteuer zu nennen. Eine Stärkung der Gemeindeabgaben würde den<br />

Gemeinden wieder mehr Spielraum schaffen. Ein erster Ansatz dazu wäre eine<br />

Reform der Grundsteuer. Bei der derzeitigen Grundsteuerdiskussion sollte neben der<br />

generellen Anpassung auch über den Wegfall oder zumindest über eine Reduzierung<br />

der 20jährigen Grundsteuerbefreiung nachgedacht werden.<br />

Weiters muss eine (aufgaben)gerechte Verteilung der Ertragsanteile gewährleistet<br />

sein. Durch die Überwälzung immer neuer Aufgaben auf die Gemeinden muss im<br />

Gegensatz dazu der Anteil der Gemeinden an den gemeinschaftlichen<br />

Bundesabgaben unbedingt erhöht werden.<br />

Die Ausgaben für den Gesundheits- und Sozialbereich steigen in den letzten Jahren<br />

viel stärker an, als die Einnahmen der Gemeinden. So besagt zum Beispiel eine<br />

Studie des „KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung“, dass die Transferausgaben<br />

für Krankenanstalten und Sozialhilfe im Zeitraum 2008 bis 2013 doppelt so stark<br />

steigen wie die Ertragsanteile. Geht diese Entwicklung in den nächsten Jahren so<br />

weiter, wird sich die Anzahl der Abgangsgemeinden (dzt. bereits rd. 300 von 444<br />

Gemeinden alleine in Oberösterreich) noch dramatisch vermehren.<br />

Dies führt auch dazu, dass die Gemeinden kaum mehr freie Mittel für Investitionen<br />

und Bautätigkeiten zur Verfügung haben. Besonders betroffen davon ist die regionale<br />

Wirtschaft, da die Gemeindeinvestitionen vor allem Arbeitsplätze in Klein- und Mittel-<br />

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etrieben sichern. Oder die Investitionen führen zu einer höheren Verschuldung der<br />

Gemeinden. Der daraus resultierende Schuldendienst würde den ohnehin engen<br />

finanziellen Spielraum weiter auf Jahrzehnte verringern.<br />

Die Investitionen von Städten und Gemeinden müssen aber unbedingt aufrecht<br />

erhalten werden, denn ansonsten wären die Folgen weniger Arbeitsplätze, damit<br />

weniger Kommunalsteuereinnahmen und höhere Arbeitslosenkosten, weniger<br />

Konsum, weniger Steuereinnahmen und somit weniger Ertragsanteile => ein<br />

negativer Wirtschaftskreislauf.<br />

Die Gemeinden müssen Bereiche (Soziales und Gesundheit) finanziell mittragen,<br />

ohne irgendwelche Steuerungs- bzw. Mitspracherechte zu haben. Eine Möglichkeit<br />

wäre die Transferentflechtung zwischen Ländern und Gemeinden. Das könnte<br />

bedeuten: Für die Finanzierung der Sozialhilfe und der Krankenanstalten sind die<br />

Länder zuständig, im Gegenzug übernehmen die Gemeinden die Kosten für die<br />

Kinderbetreuung. Damit könnten die Gemeinden auch besser auf die Bedürfnisse<br />

ihrer Bürger reagieren.<br />

FAZIT: Aus eigener Kraft gibt es keinen Weg aus der Krise.<br />

Will man verhindern, dass die Gemeinden zentrale Leistungen zur Daseinsvorsorge<br />

– Kernaufgaben – reduzieren müssen, werden daher Reformmaßnahmen notwendig<br />

sein, die außerhalb des unmittelbaren Einflussbereiches der Gemeinden liegen.<br />

Wir sind der Meinung, Möglichkeiten gibt es genug, sie müssen nur ergriffen werden.<br />

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