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Europa<br />

merkt es dem 77-jährigen Maestro an, welche Liebe er für dieses Orchester<br />

hegt, und gemeinsam zauberten sie eine Musikwelt, wie man sie sich<br />

schöner kaum vorstellen kann. Es standen allerdings auch die geeigneten<br />

Sänger zur Verfügung, um dem Werk den großen Atem einzuhauchen:<br />

Nikolai Schukoff hat nicht die Stimmfülle eines Melchior, aber genügend<br />

Material für beeindruckende Wälserufe und vor allem auch hohe Intelligenz<br />

als Interpret. Sein Siegmund war ganz der sich von seinem Dasein als<br />

„Wehwalt“ befreiende, in der Liebe zu Sieglinde über sich hinauswachsende<br />

Jüngling. Mit Heidi Melton hatte er eine wiederum recht füllige junge<br />

Amerikanerin zur Seite, deren Jubelstimme ideal für die Rolle war und<br />

Großer Jubel für alle und ein Triumph für Mehta und das Orchester.<br />

<strong>Der</strong> unermüdliche Maestro stand auch tags darauf am Pult der bekannten<br />

Produktion von Willy Decker, die hier von der Assistentin des Regisseurs,<br />

Meisje Barbara Hummel, betreut wurde. Die Salzburger Produktion, salopp<br />

als „die mit der Uhr“ bezeichnet, darf als bekannt vorausgesetzt werden,<br />

war sie doch nicht nur im Fernsehen mit der Netrebko, sondern auch<br />

in einer Übertragung aus der Met mit Natalie Dessay im Kino zu sehen.<br />

Für mich ist sie eine der überzeugendsten der letzten Jahre.<br />

Die Titelrolle wurde von der Bulgarin Sonya Yoncheva verkörpert, die<br />

2010 Plácido Domingos Operalia-Bewerb gewonnen und sehr bald eine<br />

internationale Karriere gestartet hatte (vor diesen Vorstellungen war sie<br />

„Lucia“ an der Opéra Bastille). Die Stimme wird technisch sicher und sauber<br />

geführt und hat für Violetta sowohl die Koloratur, als auch das nötige<br />

Gewicht für die lyrischen Stellen; das Timbre könnte eine Spur persönlicher<br />

sein. In der Darstellung ließ sie Netrebko nicht vermissen, denn sie<br />

brachte sowohl die lebenshungrige Halbweltdame als auch die kindlich<br />

Verliebte wie die Todgeweihte schauspielerisch überzeugend zum Ausdruck.<br />

Ihr Alfredo Ivan Magrì überzeugte mit sicherem Höhenstrahl,<br />

aber man hätte sich eine raffiniertere Phrasierung mit mehr Pianosingen<br />

und eine spontanere Darstellung gewünscht. Als Besitzer einer wahrhaft<br />

bedeutenden Baritonstimme erwies sich der junge Simone Piazzola, der<br />

sich auch als technisch versiert und mit großer Präzision singend zeigte.<br />

Allerdings muss er noch lernen, dass man heute bei Applaus nach einer<br />

Arie sich nicht flugs beim Publikum bedankt, und auch beim Schlussvorhang<br />

sollte er sich mehr Kontrolle auferlegen. Cristina Alunno ergänzte als<br />

mitleidige Annina; Maria Kosenkova (Flora), Javier Franco (Douphol)<br />

und Maurizio Lo Piccolo (D’Obigny) hatten bei dieser auf die Personen<br />

als anonyme Masse setzenden Regie keine große Chance, sich zu profilieren.<br />

Die hatte und nützte Luigi Roni als Dr. Grenvil/Tod; unangenehm<br />

fiel hingegen der Tenor von Mario Cerdá (Gaston) auf.<br />

Auch hier leistete das Orquestra de la Comunitat Valenciana unter Zubin<br />

Mehta wieder Großes, unterstützt vom wie immer ausgezeichneten<br />

Cor de la Generalitat Valenciana unter Francesc Perales. Gelobt sei auch<br />

das Ballet de la Generalitat, das die intelligente, fast furchterregende Choreographie<br />

von Athol John Farmer bestens umsetzte.<br />

Viel Jubel und Applaus auch an diesem Abend. <br />

Eva Pleus<br />

Kommt einem bekannt vor, die Dekoration ist von der Salzburger Willy-<br />

Decker-Inszenierung der gefeierten Traviata (© Tato Bareza)<br />

für die Zukunft noch einiges verspricht. Einen furchterregenden Hunding<br />

sang mit schwarzem Bass Stephen Milling. In Thomas Johannes Mayer<br />

fand sich ein interessanter, leicht aufbrausender Wotan, der weniger göttlich<br />

war als viele seiner Vorgänger, aber gerade deshalb berührte. Als authentischer<br />

Bariton tat er sich ein wenig schwer mit den Tiefen der Rolle,<br />

doch war seine Leistung insgesamt exzellent. Seine Fricka wurde von Elisabeth<br />

Kulman mit nicht ausladendem, aber gut tragendem Mezzo und<br />

einer schönen Dosis Ironie gesungen. Jennifer Wilson wiederholte ihre<br />

gesanglich untadelige Brünnhilde, der man etwas mehr Beweglichkeit gewünscht<br />

hätte (darin fand sie durch die scheußlichen Kostüme von Chu<br />

Uroz allerdings keine Unterstützung). Die Walküren Eugenia Bethencourt,<br />

Bernadette Flaitz, Julia Borchert, Pilar Vázquez, Julia Rutigliano,<br />

Patrizia Scivoletto, Nadine Weissmann und Gemma Coma-Alabert<br />

seien für ihr vokales und szenisches Engagement bedankt.<br />

Bilbao: „RIGOLETTO“ –<br />

Palacio Euskalduna Jauregia, 28.10.<br />

Es ist eigentlich erstaunlich, dass das, was das große Barcelona nicht zuwege<br />

brachte, das kleinere Bilbao schaffte: nämlich im Rahmen der 62. Spielzeit<br />

der Asociación Bilbaina de Amigos de la Ópera (ABAO) einen szenischen<br />

„Rigoletto“ auf die Bühne zu stellen. Wobei allerdings in diesem<br />

Zusammenhang fairerweise zu erwähnen ist, dass im Baskenland in einer<br />

Saison wesentlich weniger Vorstellungen geboten werden als in Katalonien.<br />

Leider war die Inszenierung Emilio Sagi, dem Direktor des Teatro Arriaga<br />

in Bilbao total misslungen, und erinnerte (auch) in ihrer Szenerie<br />

(Ricardo Sánchez Cuerda) fatal an die 1989 in Wien herausgekommene,<br />

verunglückte „Forza“-Inszenierung von Giancarlo del Monaco. Somit hässlich,<br />

unromantisch sowie unbequem für die Sänger und fast keine logisch<br />

aufgebaute, emotional glaubhafte Personenführung (Leiterin der Wiederaufnahme<br />

dieser Coproduktion mit dem Teatro Nacional São Carlos de<br />

Lisboa und Choreografie: Nuria Castejón). Die Kostüme von Miguel<br />

Crespí waren von unterschiedlicher optischer Qualität.<br />

Da der ursprünglich engagierte Daniel Oren auf vertragsbrüchige Weise<br />

einem Engagement in Japan den Vorzug gab, kam Miguel Ángel Gómez<br />

Martínez zum Zug, dessen Interpretation sicherlich mehr Zugkraft und<br />

Schlüssigkeit besaß, als jene von Oren gehabt hätte. Außerdem dirigierte<br />

er sehr sängerfreundlich und ließ alle Effekte bereitwillig zu. Das Bilbao<br />

Orkestra Sinfonikoa bot eine gediegene Leistung.<br />

Ismael Jordi verkörperte einen eleganten Duca. Man kann über das Timbre<br />

seines Tenors geteilter Meinung sein, aber wie er die Partie sang und<br />

auch in dem szenischen Torso verkörperte, das war schon erstklassig. Elena<br />

82 | DER NEUE MERKER 12/2013

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