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Deutschland<br />

Arie S´ella mi é ognor fedele aus „Ricciardo e Zoraide“ mit leichtem Patinaschimmer<br />

behaftet. Kräftig ließ Franklin zur Ouvertüre „Semiramide“<br />

auf die Pauke hauen und die Damen fanden sich zum temperamentvollen<br />

Duett Semiramide-Arsace desselben Werkes.<br />

Nach der Pause kam wieder die brave, unbedarfte Sopranstimme von Auyanet<br />

mit der Romanze der Matilde aus „Guillaume Tell“ zum Einsatz<br />

und beschloss auch völlig unspektakulär das Konzert mit dem Duett Arnold-Matilde.<br />

Zu laut, nicht fehlerfrei leistete das Orchester noch einen<br />

instrumentalen Beitrag mit der Ouvertüre zu „La Cenerentola“. Herrlich<br />

phrasiert, vollmundig im Timbre sang Anna Bonitatibus das Rondo-Finale<br />

Nacqui all´affanno e al pianto der Angelina und Juan Diego Flórez gesellte<br />

sich sodann zum glanzvol-virtuos interpretierten Duett Un soave non<br />

so che hinzu. Belcanto pur, mit tenoralem Schmelz bot zudem Flórez in<br />

der Ramiro-Arie Principe piu non sei als zweiten, umjubelten Soloauftritt.<br />

Die herzlichen Sympathiekundgebungen des Publikums belohnten die<br />

Gäste mit dem Terzett aus „Le Comté Ory“ und nahmen dem Abend<br />

den leicht bitteren Nachgeschmack mit den heftigen Unmuts-Diskussionen<br />

während der Pause. <br />

Gerhard Hoffmann<br />

Heidelberg: „TOSCA“ – 19.10.<br />

In der 1.Saisonpremiere führte Andrea Schwalbach, die hier schon 2012<br />

„<strong>Der</strong> 1000-jährige Posten oder <strong>Der</strong> Germanist“ inszeniert hatte, Regie.<br />

Die musikalische Leitung hat Yordan Kamdzhalov inne, der die Heidelberger<br />

Philharmoniker zu sehr elastischem, “veristischem”, aber nie plakativem<br />

Puccini-Spiel im tiefgefahrenen Orchestergraben inspirierte, so<br />

dass die Sänger auf der Bühne auch nie übertönt wurden.<br />

Andrea Schwalbach zeigt in kleinen Kammer-ähnlichen Räumen (Bühnenbilder:<br />

Nanette Zimmermann) besonders die psychologisch-affektiven Motive<br />

der Personen auf, besonders natürlich das Beziehungsgeflecht Tosca -<br />

Cavaradossi - Scarpia. Dabei wird Scarpia als grausamer Mensch, sogar als<br />

Lustmörder, dargestellt, der im 1. Akt, im kirchlichen Raum, die Marchesa<br />

Attavanti (super gespielt von Katrin Schyns), die Schwester des entflohenen<br />

politischen Häftlings Cesare Angelotti, wie ein Renaissancefürst auf offener<br />

Szene ersticht. Ihren Leichnam stellt er im 2.Akt gleichsam als Trophäe<br />

für die eifersüchtige Tosca aus, um diese sich womöglich dadurch gefügiger<br />

zu machen. Hier lässt er sich immer von einem jungen Mädchen (sehr gut<br />

gespielt von Lara Williams) beim Essen bedienen. Später mimt und singt<br />

das Mädchen auch den Hirten und tröstet Cavaradossi. Tosca singt in der<br />

Eifersuchtsszene nicht nur, dass der Maler Cavaradossi seiner „Maddalena“<br />

ihre schwarzen Augen malen soll, sondern sie legt selbst Hand an und übertuscht<br />

das rechte Auge schwarz. In der Tötungsszene sticht sie mehrmals nahezu<br />

hysterisch auf Scarpia ein und behält dann das Messer, das sie schon<br />

zuvor hatte, bei sich. Nachdem Cavaradossi von Sciarrone mit Kopfschus<br />

hingerichtet wurde, bedroht Tosca den Priester/vormals Mesner mit dem<br />

Messer, überlässt es diesem dann, um sich hineinzustürzen.<br />

Die Kirche Sant’Andrea della Valle ist mit Heiligenbildchen und Collagen<br />

bis zu modernen Popgrößen ausgestattet (Nora Johanna Gromer,<br />

auch Kostüme). Im Palazzo Farnese ist der vordere Raum mit dem Attavanti-Sarg<br />

links und dem Esstisch rechts durch eine große Bordwand abgeteilt,<br />

dahinter werden zu Beginn die Madrigale gesungen, später Cavaradossi<br />

gefoltert. Auf der Engelsburg gibt es eine hügelähnliche Erhöhung<br />

mit den Heiligenbildchen darauf und ein großes mit Glühlämpchen beleuchtetes<br />

kitschiges Kreuz, vorne ein Tisch, an dem Cavaradossi vergeblich<br />

den letzten Brief an Tosca schreibt. Wenn bei ihm Flickenjeans und<br />

T-Shirt als Künstler durchgehen, während Tosca ihre Auftritte in einem<br />

gelb-orangen Pluderhosen-Rock-Ensemble absolviert, erscheint Scarpia<br />

in Alltagskleidung als “Banalität des Bösen”, nur im Kirchenraum trägt<br />

er einen etwas militärisch anmutenden Mantel darüber.<br />

Die koreanische Tosca Hye-Sung Na ist das gesangliche Highlight der<br />

Aufführung. Mit schönem weichem, nie forciertem Sopran gelingt ihr<br />

eine eindrückliche Darstellung und mildert damit teilweise ihre gewaltsamen<br />

Handlungen. Gesanglich gelingen ihr aber am besten die dramatischen<br />

Szenen, in denen sie auftrumpft. Angus Wood/Cavaradossi zieht<br />

zuerst, was die stimmlichen Mittel anbelangt, gegenüber Tosca den Kürzeren,<br />

kann aber später seine hübsche, etwas eng geführte Kopfstimme<br />

in größerem Ausmaß entfalten. Später gelingt ihm eine schön gestaltete<br />

Sternenarie. Dem Scarpia James Homannn fehlt zumindest stimmlich<br />

das Dämonische und Heldenbaritonale. Seine schauspielerische Gestaltung<br />

ist dagegen beachtlich. Den Sciarrone und hier auch wohl Vater des<br />

Mädchens singt mit kurzen Einwürfen David Otto. Den Spoletta, ebenfalls<br />

Chortenor, Sang-Hoon Lee mit gut artikulierten Antworten. Cesare<br />

Angelotti robbt auf dem Kirchenboden und wird von Wilfried Staber mit<br />

kräftig zupackendem Bass gesungen. Ipca Ramanovic gibt einen pietätvollen<br />

Mesner, ganz unterwürfig dem Kirchenstaat ergeben, mit schleimig<br />

süßlichem Bariton. <br />

Friedeon Rosén<br />

Saarbrücken: „TOSCA“ – Pr. 24.11. –<br />

Ambitionierte Wiedereröffnung des Staatstheaters<br />

„Sieb´n Monat´war die Tante krank – jetzt spielt sie wieder, Gott sei<br />

Dank!“ Es war eine harte Probe, besonders für Opernfreunde, diese Modernisierung<br />

der Bühnentechnik des Staatstheaters. Die Ausweich-Spielstätten<br />

waren, gelinde gesagt, von unterschiedlicher Qualität und hatten<br />

mit Offenbachs zerzaustem Verschnitt der „Contes d´Hoffmann“ im Theaterzelt<br />

und seiner Un-Akustik ihren circensischen Tiefpunkt erreicht. Entsprechend<br />

groß war die Neugier des Publikums auf die erste Produktion<br />

im technisch für 15 Millionen Euro aufpolierten Haus. Die wurde schon<br />

vor Beginn im Foyer gebührend gefeiert: mit kleinen Häppchen, Souvenirs<br />

und dem Verkauf von T-Shirts zur Begrüßung. <strong>Der</strong> äußere Rahmen<br />

stimmte also auf eine Gala-Vorstellung ein.<br />

Hausherrin Dagmar Schlingmann hatte selbst die Regie übernommen.<br />

Bevor deren Qualitäten zum Tragen kamen, konnte sie nicht umhin, die<br />

nagel<strong>neue</strong> Technik des Hauses in voller Virtuosität vorführen zu lassen. Mit<br />

einer brillanten Sequenz bewegter Bilder als Video-Einspielung (Video:<br />

Beginn in Schönheit - Mario mit Floria (Alex Vicens, Victoria Yastrebova)<br />

(© Thomas M. Jank)<br />

Heiko Kalmbach) sollte zu Beginn das Ende der Tosca veranschaulicht<br />

werden, um die Geschichte aus deren Sicht vom Schluss her zu erzählen.<br />

Erreicht wurde damit nur, dass die filmische Bilderflut den musikdramatisch<br />

starken Anfang (Scarpia-Motiv) verpuffen ließ und dem Zuschauer<br />

den Zugang zur 1. Szene erschwerte. Ähnliche Einspielungen wiederholten<br />

sich noch mehrmals, immer mit demselben Effekt: Sie machten es den<br />

Akteuren schwer, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.<br />

Die guten Nachrichten zur Regie: Schlingmann beließ das Stück im historischen<br />

Kontext und verzichtete auf aktualisierende Mätzchen, wofür<br />

man nicht dankbar genug sein kann. Unterstützt wurde sie dabei durch<br />

die stimmungsvollen Bühnenbilder von Sabine Mader, das fantasievolle<br />

Licht-Design von Nicol Hungsberg und die praktikablen Kostüme von<br />

Inge Medert. Da nimmt man einige Spielereien mit der Drehbühne im<br />

DER NEUE MERKER 12/2013| 67

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