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Deutschland<br />

Wehe, wenn er los gelassen - Oliver Pys „Trovatore“ mit<br />

Jonas Kaufmann und Elena Manistina (© Hösl)<br />

begonnen, reizte den Sänger offenbar zu größerem Stimmeinsatz. Aber<br />

gleich so sehr, dass er eigentlich den ganzen Abend über mit chronischem<br />

Überdruck sang, anstatt seinen potenten Bariton einfach mal richtig schön<br />

„strömen“ zu lassen. Nichtsdestotrotz wurde auch er vom Publikum gefeiert.<br />

– Eine begrüßenswerte Änderung gegenüber der „wobbelnden“ Premierenbesetzung<br />

(K. Youn) gab es bei der Rolle des Ferrando: Goran Jurić<br />

überzeugte vollkommen, mit seinem kernigen Bass ebenso wie darstellerisch.<br />

– Azucena war, wie bei der Premiere, Elena Manistina mit ihrem<br />

aufregend gurrenden Mezzo und intensivem Spiel rund um ihren Manrico.<br />

Manrico, il Trovatore = Jonas Kaufmann. Deshalb waren sämtliche Aufführungen<br />

auch bei der 2. Serie in kürzester Zeit total ausverkauft. Wer<br />

an diesem Tenor als Verdi-Interpret herummäkelt, beweist damit eindeutig<br />

seine diesbezügliche Inkompetenz, ja, begeht vielleicht gar ein „Sakrileg“.<br />

Man muss wirklich froh und dankbar sein, dass die Opernwelt gegenwärtig<br />

in ihm ein derart tolles tenorales Gesamtkunstwerk hat. Und<br />

für Verdi zumal, da ist alles da: Kraft, Höhenstrahl, der berühmte Squillo,<br />

ein wunderbares Legato und die Fähigkeit zu Crescendo und Diminuendo<br />

nach Belieben. Dazu Kaufmanns Aufgehen in jeder seiner Rollen<br />

(von der Optik ganz zu schweigen); ganz egal, was ihm von der jeweiligen<br />

Regie auferlegt wird, er macht immer was draus. Hier war das Zusammenspiel<br />

mit der Stoyanova besonders einnehmend und berührend.<br />

Paolo Carignani untermauerte das Schauerdrama zusammen mit dem<br />

Bayerischen Staatsorchester mit der nötigen musikalischen Dramatik.<br />

Und schließlich die finalen Jubelorgien samt Begeisterungs-Getrampel für<br />

alle – sie hatten es sich verdient. <br />

Dorothea Zweipfennig<br />

Bayerische Staatsoper: „DIE ZAUBERFLÖTE“ – 23.11.<br />

Nachdem in der letzten Saison auch die traditionelle Inszenierung von<br />

„Hänsel und Gretel“ einer Neuproduktion weichen musste, wird die Liste<br />

der Stücke, die geeignet sind, Kinder an die Oper heranzuführen, in München<br />

immer kleiner. Die „Zauberflöte“ in der zeitlosen Inszenierung von<br />

August Everding (Bühne und Kostüme: Jürgen Rose; Neueinstudierung:<br />

Helmut Lehberger) ist noch so eines. Und so waren dann auch viele Kinder<br />

mit ihren Eltern oder Großeltern in dieser Familienvorstellung. Da<br />

herrscht vor Beginn im Zuschauerraum schon gespannte Erwartung und<br />

während der Aufführung sind die Reaktionen der (kleinen) Zuschauer<br />

immer besonders direkt und herzlich.<br />

Publikumsliebling ist natürlich der Papageno, der an diesem Abend von<br />

Daniel Schmutzhard gesungen und gespielt wurde. Er spielte die Rolle<br />

sehr sympathisch und witzig, ohne übertriebenen Klamauk. Sängerisch<br />

konnte er mit seinem eher dunkel timbrierten Bariton ebenfalls voll überzeugen.<br />

Ein Papageno, wie man ihn sich vorstellt. Kein Wunder, dass er<br />

am Ende mit dem meisten Beifall bedacht wurde. Aber auch die übrigen<br />

Protagonisten standen beim Publikum hoch im Kurs, insbesondere Albina<br />

Shagimuratova als fulminante Königin der Nacht. Besonders die<br />

2. Arie sang sie mit atemberaubender Souveränität. Ihr Gegenspieler als<br />

Sarastro war an diesem Abend Günther Groissböck, der wieder einmal<br />

zeigte, dass er nicht nur ein hervorragender Sänger, sondern auch ein<br />

wunderbarer Schauspieler ist. Sein Sarastro war zwar ein noch sehr junger,<br />

aber dennoch würdiger Herrscher mit großer Autorität. Toby Spence<br />

sang den Tamino mit ausdrucksstarker, strahlkräftiger Stimme. Beeindruckend<br />

war außerdem seine deutliche Diktion und sein (fast) akzentfreies<br />

Deutsch in den Dialogen. Genia Kühmeier als Pamina begeisterte vor<br />

allem durch ihre differenzierte musikalische Gestaltung und ihre weiche,<br />

fließende Stimme.<br />

Tareq Nazmi als Sprecher, Laura Tatulescu, Tara Erraught, Okka von der<br />

Damerau als die „Damen“ sowie Ulrich Reß als Monostatos und Mária<br />

Celeng als Papagena komplettierten das hervorragende Solistenensemble.<br />

Ivor Bolton dirigierte das Bayerische Staatorchester sehr zupackend,<br />

so dass manche Nuance der Partitur verloren ging. Einige Male gab es<br />

auch Abstimmungsprobleme mit den Sängern. Insgesamt jedoch eine<br />

sehr schöne Aufführung, besonders für die vielen Kinder. Gisela Schmöger<br />

Im Gespräch: Josef E. Köpplinger<br />

<strong>Der</strong> Niederösterreicher Josef E. Köpplinger war am 14. November<br />

2013 zu Gast bei den Künstlergesprächen des „IBS-Münchner Opernfreunde“.<br />

Seit der Spielzeit 2012/13 ist Köpplinger Intendant des<br />

Staatstheaters am Gärtnerplatz in München. Dies ist seine vierte Intendanz,<br />

nach dem Musicalfestival Schloss Prugg/NÖ, der Position<br />

des Schauspieldirektors am Theater St. Gallen und der Leitung des<br />

Stadttheaters Klagenfurt.<br />

Das Gärtnerplatztheater wird seit Beginn Ihrer Intendanz generalsaniert,<br />

zum Spielzeitbeginn 2015/16 soll die Wiedereröffnung stattfinden.<br />

Wie kommen Sie mit den wechselnden Spielstätten zurecht?<br />

Wunderbar! Es ist eine große Herausforderung. Aber unser „Wanderzirkus“<br />

bringt schon auch logistische Probleme: Wann muss ich wo sein, wie<br />

viel Zeit brauche ich von einer Spielstätte zur anderen, vom Büro zum<br />

Probengebäude. Die Räumlichkeiten bekommen wir nicht, wie und wann<br />

wir sie wollen, sondern wie sie frei sind. Im Normalfall, an einem festen<br />

Haus, hat man 8-9 Produktionen zum Repertoire dazu, was auch schon<br />

sehr viel ist. Jetzt muss ich mich den zur Verfügung stehenden Räumen<br />

anpassen. Wenn ich nur zweimal für wenige Wochen ein Haus habe, in<br />

dem große Oper oder Operette möglich ist, kann ich dort nicht vier Stücke<br />

machen. Bei der Spielplangestaltung braucht man gute Nerven, bis<br />

sich das Puzzle mit allen Spielstätten ausgeht.<br />

Beispiel Cuvilliéstheater, in dem wir im letzten Jahr „Don Pasquale“ und<br />

heuer „Semele“, ein Werk von Händel, aufgeführt haben. Das Haus wird<br />

ab 9 Uhr morgens geöffnet, bis 13 oder 14 Uhr kann ich dort arbeiten.<br />

46 | DER NEUE MERKER 12/2013

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