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Tanzwelt<br />
derts. <strong>Der</strong> titelgebende Hagestolz lebt in einem eher abgewirtschafteten<br />
Ambiente, auch die Wohnung macht einen ziemlich ramponierten<br />
Eindruck (hier würde man eher Don Magnifico mit seinen Töchtern<br />
erwarten). Norina singt ihre Cavatine während einer Filmvorführung<br />
in einem total verrauchten Kinosaal und schmiedet ihre Ränke mit<br />
Malatesta in einer Pizzeria. Im Haus des Heiratswütigen verhält sie<br />
sich dezent und verzichtet auf allzu furienhaftes Gehabe. Eine grundlegende<br />
Verschönerung von Pasquales Heim bleibt dem Publikum verwehrt<br />
(abgesehen von einem riesigen Bild mit einem in einem Kahn<br />
befindlichen Elefanten). Karlheinz Beers Bühnenlösungen zeigen<br />
verwinkelte Gassen und Piazzette, wo ein brillantes Comedia-dell‘-<br />
Arte-Trio (David Labanca – Pantaleone = Malatesta, Florian Stohr<br />
– Dottore und Samuel Müller – Innamorato = Ernesto) seine Späße<br />
treibt und sich immer wieder in die Handlung einmischt, um die Befindlichkeiten<br />
von Pasquale, Ernesto und Malatesta zu reproduzieren.<br />
Wie gesagt – herrlich gespielt, aber bedarf ein derart fabelhaftes, ausgefeiltes<br />
Werk wie „Don Pasquale“, wo sich Musik und Handlung in<br />
kongenialer Weise treffen, eine derartige visuelle Verstärkung, das den<br />
Witz eher bremst als ihn unterstützt?<br />
Ungetrübtes Glück bescherte die musikalische Umsetzung. Alle vier<br />
Solisten waren typenmäßig bestens besetzt und boten ein Belcantofest,<br />
das Vito Cristofaro am Pult des beherzt aufspielenden Tiroler Symphonieorchester<br />
Innsbruck mit feiner Dynamik und idealen Tempoabstufungen<br />
maßgeblich zu unterstützen verstand. Sophie Mitterhuber<br />
entzückte mit ihrem feingesponnenen, herrlich gerundeten<br />
lyrischen Sopran samt Koloraturgeläufigkeit und ihrem temperamentvollen<br />
Spiel, das ohne Klischees auskommt. <strong>Der</strong> drahtige, hochgewachsene<br />
Davide Fersini (Pistola der diesjährigen Salzburger Festspiele)<br />
verlieh dem Malatesta smarte Züge plus südländisches Flair und ließ<br />
seinen kultiviert geführten Bariton vorteilhaft erklingen. Noè Colin,<br />
der in den letzten Jahren der Intendanz Mentha Ensemble-Mitglied<br />
war, kehrte mit dem Titelhelden an die Stätte seiner ersten Erfolge zurück<br />
und bewies seine Kompetenz im Buffo-Fach. Da sitzt jede Pointe<br />
und das Zusammenspiel mit den Partnern. Gesanglich kommt ihm<br />
seine jahrelange Erfahrung auf internationalen Bühnen in diesem Repertoire<br />
sehr zugute. Diesen Pasquale muss man einfach gern haben.<br />
Zum absoluten Publikumsfavoriten wurde der Ernesto, den der junge<br />
Mexikaner Jesús León mit bübischem Charme verkörpert und dessen<br />
tenorale Qualitäten das Herz eines jeden Stimmliebhabers höher<br />
schlagen lässt. Was für eine flexible, betörende Stimme! Dürfen wir<br />
auf ein weiteres Engagement mit diesem hochtalentierten Sänger rechnen,<br />
Herr Intendant?<br />
Üppiger, ausdauernder Premierenjubel, der auch den Chor des TLT<br />
(wie immer präzise einstudiert von Michel Roberge) für den gewitzten<br />
Vortrag des Dienerchors und die für die zeitgemäßen Kostüme verantwortliche<br />
Iris Jedamski einschloss. <br />
Dietmar Plattner<br />
Tannhäuser 1470,– €<br />
Premiere 25. Juli<br />
Lohengrin 1210,– €<br />
31. Juli, 03., 06., 09.,17. Aug.<br />
Holländer 1210,– €<br />
26. Juli, 04., 08., 16., 20., 24. Aug.<br />
Tannhäuser 1210,– €<br />
02., 12., 18., 21., 28. Aug.<br />
Walküre 1210,– €<br />
05. Aug.<br />
Ring I (27.07.-02.08.) 4450,– €<br />
Ring II (10.08.-16.08.) 4450,– €<br />
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BAYREUTHER FESTSPIELE 2014<br />
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1x ÜF in Bayreuth<br />
Arrangement Ring: 4 Tickets Parkett,<br />
6 x ÜF in Bayreuth<br />
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Goldener Hirsch, Ramada, Arvena,<br />
Rheingold, Goldener Anker (Aufpreis)<br />
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Kaiseralm inkl. Transfer<br />
Aus der Tanzwelt<br />
Wiener Stadthalle:<br />
Gastspiel des St. Petersburg Festival Ballett:<br />
„DORNRÖSCHEN“ – 23. 11. –<br />
Ein kleiner Etikettenschwindel<br />
Russlands wendige Geschäftemacher dürften zurzeit nicht nur mit Pussy<br />
Riot und Greenpeace und so manch anderen Gutmenschen ihre Probleme<br />
haben. Auch in der vormals so blühenden traditionsreichen Ballettszene<br />
muss man sich nun vor Säureattentaten in Acht nehmen, und mit dem<br />
ehemals so famosen Ruf der russischen Tanzkunst wird nun wohl gelegentlich<br />
ein kleiner Etikettenschwindel betrieben. Oder gar ein größerer,<br />
wie an diesem einen Abend „Dornröschen“ mit dem St. Petersburg Festival<br />
Ballett in der Wiener Stadthalle? Wie es eher richtiger aussehen dürfte:<br />
Die Tänzer haben ihre Trainingsstätte nicht in der Ballett-Hochburg St. Petersburg,<br />
sondern eventuell irgendwo am Ufer der Wolga – in Samara vielleicht?<br />
– bezogen. Und nicht von den großen Festivals wird diese Kompanie<br />
eingeladen, sondern das Management hat zur Zeit One-Night-Stands<br />
quer durch Deutschland arrangiert. Mit einem Abstecher nach Wien, in<br />
die Stadthalle. Und da diese Kurzfassung von „Dornröschen“ auch nicht<br />
mit besonderer Liebe zu stilvollen Details erarbeitet wurde, wäre eine Begegnung<br />
mit diesem wunderbaren Märchenballett wohl eher in Spielstätten<br />
in Leoben oder Steyr zu erwarten gewesen. Dort wäre zu erleben: vor<br />
allem die so klangschöne Tschaikowski-Musik, zwar von CD abgespielt,<br />
doch tänzerisch gut aufbereitet. Bunter Kostümzauber in einer romantischen<br />
Waldlandschaft. Ein klein besetztes und durchaus solide auftretendes<br />
Corps. Die anonym bleibenden Solisten dürfen kein besonderes Charisma<br />
entwickeln, doch das liebe Rotkäppchen, der Gestiefelte Kater und<br />
das Weiße Kätzchen oder der Blaue Vogel, die kommen in den Augen der<br />
doch zahlreichen Kinder im Publikum recht gut an.<br />
Somit: Kein Festival-reifes „Dornröschen“, doch ein milder Abglanz davon.<br />
Nur um dem Angebot die richtige Etikette zu verpassen.<br />
<br />
Meinhard Rüdenauer<br />
Festspielhaus St. Pölten:<br />
Sidi Larbi Cherkaoui – „milonga“ 16.11.<br />
Ist St. Pölten nun schon bald oder wird es erst später das <strong>neue</strong> Luftfahrtkreuz<br />
choreographischer Höhenflüge? –<br />
Nach dem Eröffnungsabend der <strong>neue</strong>n Intendanz von Brigitte Fürle mit<br />
Angelin Preljocajs „Les Nuits“ schien mir die Antwort darauf nicht mehr<br />
so klar. Wer auch immer die bezwingend wuchtige Strawinski-Choreographie<br />
seiner „Les Noces“ kennt und schätzt, war von seinem da neu präsentierten<br />
1001-Nacht-Verschnitt nicht eben sehr angetan, da wurde später<br />
zu viel an night-club-touch eingearbeitet, obgleich das Stück recht atmosphärisch<br />
mit einem sozusagen lebendig gewordenen Bild des berühmten<br />
Ingres-Gemäldes der Schönen im türkischen Bade begann.<br />
Wie man dem Tango argentino in einer sozusagen zeitgenössischen Choreographie<br />
huldigt, konnten wir bis dato optimal stringent ablesen am Beispiel<br />
von Hans van Manens stupenden „5 Tangos“! Da kommt schon die<br />
<strong>neue</strong> Arbeit von Sidi Larbi Cherkaoui, ein Projekt des „Sadlers Wells“-<br />
Theatre, aber wirklich nicht heran. Dessen Idee war die Koppelung von<br />
zwei zeitgenössisch ausgebildeten Modern-dance-Tänzern mit einer wohl<br />
ausgezeichnet tanzenden Amateur-Gruppe von Tango-argentino-Tänzerinnen<br />
und Tänzern. Zu der authentischen 5-köpfigen Live-Band gab es<br />
legendäre alte Tango-Klassiker wie „La Cumparsita“ oder diverse Astor-<br />
Piazolla-Tango-nuevo-Stücke, wie „Libertango“, einige waren umrandet<br />
von quicken lebensfrohen Milonga-Piecen. Am interessantesten fand ich<br />
z. B. einen Tanz von 3 Männern miteinander, der auf die Tanz-historischen<br />
Wurzeln des Tangos zurückführte, wo sich Männer beim Warten<br />
DER NEUE MERKER 12/2013| 33