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Aktuelles aus Österreich<br />

Neunkirchen: 30 Jahre „AMICI DEL BELCANTO“<br />

„VERDI – WAGNER“ – Stadtpfarrkirche 15. 11.<br />

Das war das letzte Konzert im Rahmen der 30 Jahrfeier des Vereins mit<br />

dem stets um beste Ideen bemühten Präsidenten Michael Tanzler, der unermüdlich<br />

immer <strong>neue</strong> Sänger bringt und auch sich gerne vom „0815-Programm-Trampelpfad“<br />

entfernt.<br />

Die Sänger sind international bekannt und an allen großen Häusern im<br />

ersten Fach zu hören. Für mich war „die“ Sensation der Violinist Michal<br />

Hudak. Er kommt aus dem Orchester der Oper von Banska Bystrica,<br />

wo er Konzertmeister ist, und wahrhaft meisterlich war sein Solo im Vorspiel<br />

und Terzett und Finale aus „I Lombardi“ mit den Solisten Dimitra<br />

Theodossiou, Gustavo Porta und Duccio dal Monte. Dieses Terzett<br />

war überhaupt der absolute Höhepunkt des Konzertes, das keine<br />

Schwachstelle hatte.<br />

Weiters bestach der Tenor Gustavo Porta mit überaus wortdeutlichen „Winterstürmen“,<br />

wunderbar auf Linie gesungen, dass sich so manch deutschsprachiger<br />

Kollege daran orientieren könnte. Im „Forza del destino“-Teil<br />

Graz: „Die Zauberflöte“ – Pr. 9.11.<br />

Meterhohes Gras, dazwischen Felsen, dahinter eine Hügellandschaft<br />

mit Gestrüpp, wo sich viel Plastik- und Papiermüll angesammelt hat,<br />

vorne links ein altes, verrostetes Wrack eines abgestürzten Flugzeuges:<br />

So präsentiert sich „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart<br />

am Grazer Opernhaus im 1. Akt. Jetzt ist diese Koproduktion<br />

mit der Opéra du Rhin und der Opéra Nice Cote d’Azur, wo sie bereits<br />

Ende 2012 bzw. Anfang 2013 gezeigt wurde, in der steirischen<br />

Hauptstadt gelandet.<br />

Mariame Clément stellt in dieser Oper die Natur der Wissenschaft<br />

gegenüber. Nur ist die Natur nicht mehr intakt, sondern schon sehr<br />

geschädigt und teilweise verdorrt. Seltsame Menschen, wie aus einem<br />

Science Fiction Endzeitfilm bevölkern die Bühne. <strong>Der</strong> eine steigt aus<br />

dem Cockpit des Fliegers, der ihm offensichtlich als Wohnung dient,<br />

und fängt Vögel, die er dann in Plastiksackerln verstaut und aufhängt:<br />

Es ist Papageno, ein Gestrandeter, ein Sonderling, ein Aussteiger. <strong>Der</strong><br />

andere spricht eine unverständliche Sprache, offensichtlich Koreanisch,<br />

trägt eine Lederjacke und seltsame technische Geräte herum,<br />

scheint überhaupt aus einem anderen Sonnensystem zu kommen und<br />

hier auch gestrandet zu sein: Es ist Tamino. Die andere kriecht aus einem<br />

Erdloch und hat so gar keine königliche Präsenz an sich, obwohl<br />

sie die Königin der Nacht ist. Dann erscheinen Unmengen von Männern<br />

in Anzügen mit dicken Brillen und Notizblöcken und beginnen<br />

die Pflanzenwelt zu untersuchen: Es sind die Auserwählten. Und in einem<br />

cremefarbigen Anzug, wie ein Dandy gekleidet, stolpert einer daher,<br />

der sich mit einem langen Stab vortastet, denn er ist blind: Das ist<br />

Sarastro. So unpoetisch und unmärchenhaft sieht zumindest die französische<br />

Regisseurin die Figuren von Mozarts Meisteroper.<br />

Im 2. Teil folgt dann die Wissenschaft: Ein abgewohnter, garstiger Forschungsraum,<br />

eine Art Bunker mit dunkelbraunen Holzwänden, wo<br />

sich beleuchtete Vitrinen mit allerlei Grünpflanzen finden (Ausstattung:<br />

Julia Hansen). Dort fuhrwerkt auch ziemlich sinnlos eine Putzkolonne<br />

herum. Auch mit Videoprojektionen wird nicht gespart: Die<br />

furchterregende Schlange zu Beginn, die Feuer- und Wasserproben<br />

sieht man als Naturkatastrophenfilme. Und zum Finale dürfen dann<br />

Sarastro und die Königin der Nacht heftig herumzuschmusen und<br />

finden sich entgegen den Handlungsvorgaben zu einem Liebespaar.<br />

Die Verdi- und Wagner-Spezialisten im Bild (© H. Haider)<br />

hörte man die sehr und schön mit viel Piano vorgetragene Arie des Alvaro.<br />

Und bei den „Lombardi“ durfte das berühmte „La mia letizia infondere“<br />

natürlich nicht fehlen. Auch das wieder im besten Verdi-Stil<br />

perfekt vorgetragen. Duccio das Monte ist ein Bass aus Italien, mit einer<br />

Wienerin verheiratet und hat sein musikalisches Hauptziel bei Wagner<br />

gefunden. Ausgezeichnet die Szene des Gurnemanz – auch er mit brillanter<br />

Diktion! Das Gebet des König Heinrich aus „Lohengrin“ musste<br />

aus orchestertechnischen Gründen aus dem Programm genommen werden<br />

und wurde durch einen anderen Jahresregenten ersetzt, Pietro Mascagni,<br />

dessen 150er im Rummel um die beiden „200er“ doch leider sehr<br />

unterging. Gespielt wurde das berühmte „Intermezzo sinfonico“ aus „Cavalleria<br />

rusticana“. Weiters hörte man Duccio dal Monte noch als Pater<br />

Guardian in der großen Szene mit „Leonora“ aus der „Forza“ und als Pagano<br />

in den „Lombardi“.<br />

Die „Silberne Lyra“ der Amici, eine besondere Auszeichnung für Belcantosänger,<br />

ging diesmal an Dimitra Theodossiou, die an diesen Abend als<br />

Leonora in den „Forza del destino“ Szenen mit Duccio dal Monte brillieren<br />

konnte und als Griselda in „Lombardi“ mit dem Gebet aus dem 1.<br />

Akt und der Cabaletta aus dem 4. Akt voll überzeugte. Eine sehr vielseitige<br />

Künstlerin, die gerne, so wie die beiden Herren natürlich auch, wieder<br />

kommen wird.<br />

Das bemühte Orchester „Klangbogen“ wurde routiniert von Erwin<br />

Stoll geleitet.<br />

Die Kirche war zum Bersten voll! <br />

Elena Habermann<br />

Mutter und Tochter - sternflammende Königin (Hila Fahima) mit Pamina<br />

(Nazanin Ezazi) (© Werner Kmetitsch)<br />

Aber all dies Suchen nach Neuem, nach einer <strong>neue</strong>n Deutung, was es<br />

eigentlich nicht wirklich ist, wirkt extrem krampfhaft, teilweise sehr<br />

rätselhaft und geht nicht wirklich auf. Da helfen auch einige witzige<br />

DER NEUE MERKER 12/2013| 31

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