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Aktuelles aus Österreich<br />

dem Stimmcharakter nach eigentlich ein kraftvoller Heldentenor ist, bot<br />

ein sehr männliches Pendant zu der zarten Dame und gönnte sich sogar<br />

das Vergnügen, als Papageno und Don Giovanni in den Duetten des Vogelfängerpaares<br />

und mit „La ci darem la mano“ sein durchaus vorhandenes<br />

Bariton-Potential zum Einsatz zu bringen. Für die Operettennummern<br />

(Arien und Lieder) braucht er ja auch in den Tenorrollen eine gut<br />

fundierte Mittellage. Greene ließ es aber auch an Höhenglanz und dem<br />

für die Operette unverzichtbaren Humor nicht fehlen.<br />

Neben Bekanntem aus der „Lustigen Witwe“, dem „Land des Lächelns“<br />

„Paganini“ und Kálmáns „Czárdásfürstin“ erfreuten vor allem die Raritäten<br />

aus Lehárs „Die blaue Mazur“ und „Zigeunerliebe“. Köstlich das Tenorlied<br />

„Ja warum soll ich denn schlafen gehen?“ des weitgereisten polnischen<br />

Helden Adolar, der ein Doppelleben führt, untertags ganz brav ist,<br />

aber nach Sonnenuntergang zum Schürzenjäger wird, was man dem Sänger<br />

ebenso abnahm wie das Zigeunerkind, das sich mit Glut in den Adern<br />

im Sturmwind zuhause fühlt. Ein besonderes Zuckerl: Mozarts „Nun, liebes<br />

Weibchen“ KV 592a, das eigentlich aus Schikaneders „<strong>Der</strong> Stein der<br />

Weisen oder Die Zauberinsel“ stammt und sich zum Katzenduett „mausert“<br />

(ein amüsanter Vorläufer für den weit bekannteren Rossini-Spaß):<br />

„<strong>Der</strong> Teufel hol‘ das Miau-Geschrei…sie ist verhext…“<br />

Das Publikum war sehr angetan. <br />

Sieglinde Pfabigan<br />

Baden: „FIGAROS HOCHZEIT“ – 22.11. –<br />

Ein musikalischer Regisseur!<br />

Wie man heutig, schön, gut und richtig Mozart inszeniert? Wer es<br />

nicht weiß und nicht glaubt, dass dies im Jahre 2013 ganz mühelos<br />

möglich ist, der sehe sich den „Figaro“ am Stadttheater Baden an. <strong>Der</strong><br />

Regisseur ist niemand anderer als Robert Herzl, der künstlerische Leiter<br />

des Hauses, langjähriger Hausregisseur an der Volksoper und, jetzt<br />

Anfang 70, als alter „Theaterhase“ mit allen Wassern gewaschen, die<br />

fürs Musiktheater vonnöten sind, oder: mit allen Salben geschmiert,<br />

die dazu beitragen, Stücke als Ganzes, in Wort und Ton, mit Szene<br />

und Kostümen, Spiel und Tanz so auf die Bühne zu bringen, dass jeder<br />

Neuling sie versteht und der langjährige Opernbesucher sie spannend<br />

wie am ersten Tag findet.<br />

Testen das eheliche Lager aus (Jasmina Sakr/Susanna und<br />

Frans Fiselier/Figaro) (© Christian Husar)<br />

„Figaro“ quasi als Kammeroper in deutscher Sprache mit gesprochenen<br />

Dialogen statt der Rezitative – das hat zur Abwechslung durchaus seinen<br />

Reiz. Da größtenteils Sänger mit deutscher Muttersprache im Einsatz waren<br />

(der holländische Figaro, der Cherubin mit rumänischem Nachnamen,<br />

der slowenische Basilio und die russische Barbarina haben an deutschen<br />

Hochschulen studiert), die noch dazu alle von der hervorragenden<br />

Dialogregie Herzls gewaltig profitierten, gerieten diese Szenen durchwegs<br />

lebendig und hatten viel Lacherfolg. Die neu übersetzten Gesangstexte<br />

konnten mit dem bewährten „Nun vergiss, leises Flehn, süßen Kosen“ oder<br />

„Will der Herr Graf ein Tänzchen nun wagen“ nicht mithalten, und dass<br />

„Frau Gräfin, vergebt mir“ das „Contessa perdono“ nie und nimmer ersetzen<br />

kann, muss wohl nicht extra betont werden.<br />

Die Ausstattung von Pantelis Dessyllas beschränkt sich auf drei seitliche<br />

Soffitten links und rechts, die dann im Gartenbild einfach beseitigt werden,<br />

auf ein Doppelbett im Zentrum der Bühne, das schon während der<br />

Ouvertüre mit Leintuch, Decken und Polstern zubereitet und vom Grafen<br />

auf seine Tauglichkeit überprüft wurde, darüber hängend ein schön<br />

drapierter Baldachin und an der Vorderseite eine Sitzbank. Im 4. Akt wird<br />

das Bett zur Seite geschoben und dient auch da für allerlei Überraschungen.<br />

Alles ist hell und freundlich und für die unterschiedlichsten Aktionen<br />

tauglich. Cherubin etwa versteckt sich im 1. Akt einfach unter der<br />

Bettdecke oder Susanne verkriecht sich im 2. Akt, ehe der Graf sich das<br />

Werkzeug für das versperrte Gemach holt, unter diesem Bett. Dessillas<br />

war auch für die schönen, stilvollen Kostüme zuständig. Es stimmte einfach<br />

alles, incl. der Choreografie von Michael Kropf.<br />

Was kann man noch für Mozart tun, wenn man keine Weltstimmen zur<br />

Verfügung hat? Das führte der Dirigent Franz Josef Breznik, der musikalische<br />

Chef des Hauses, ganz wunderbar vor. Die Ouvertüre braust<br />

ganz revolutionär auf, wirkt vielleicht etwas zu robust, bringt aber Leben<br />

ins Haus. Im ganzen übrigen Stück beglückt die gute Balance nicht nur<br />

zwischen Bühne und Graben, sondern auch innerhalb der Arien, Szenen<br />

und Ensembles. Das Orchester der Bühne Baden spielte ausgezeichnet,<br />

mit Lust und Liebe, brachte den Humor, die Raffinesse und den Mozartschen<br />

Charme zu Gehör und unterstützte jederzeit die Sänger. Die Arie<br />

des Grafen im 3. Akt etwa mit dem gekonnten musikalischen Aufbau, sodass<br />

Breznik ein eigenes kleines Drama daraus machen konnte, sei als ein<br />

gutes Beispiel hervorgehoben. Zum Höhepunkt der Aufführung wurde<br />

– ganz ungewöhnlich, weil meistens eher ein ermüdenden Anti-Climax<br />

– der gesamte 4. Akt. Da hatten sich nicht nur alle Sänger freigesungen,<br />

sondern der Dirigent verstand es auch, die einzelnen Gesangsnummern<br />

bis zum krönenden Ensemblefinale wunderbar auszuformen, die pure<br />

Schönheit der Musik, aber auch die Doppelbödigkeit des ganzen Intrigenspiels<br />

fühlbar zu machen. Es war gesunder, stets lebendig pulsierender<br />

Mozart in durchwegs richtigen Tempi und Lautstärken bis hinein in die<br />

spannungserfüllten Generalpausen und das befreiende Finale, das letztlich<br />

alles offen lässt, aber dennoch Freude macht.<br />

Unter den durchwegs ordentlichen Sängern stach das hochzeitende Paar<br />

hervor. Im 1. Akt stimmlich noch etwas gehemmt wirkend, entfaltete<br />

sich der hübsche Sopran von Jasmina Sakr und der wohlklingende Bariton<br />

von Frans Fiselier zu immer klangvollerem und souveränerem Gesang,<br />

der sich mit entsprechend gewandtem Spiel verband. Als Graf Almaviva<br />

war Reinhard Alessandri figürlich ideal, aber die recht kraftvolle<br />

Stimme ging nicht so richtig auf. <strong>Der</strong> Gräfin von Julia Kamenik fehlte<br />

einfach das reizvolle Timbre, das vor allem ihre beiden Arien zu besonderen<br />

Mozart-Juwelen machen sollte. Cristina Pasaroiu wird im Programmheft<br />

als Sängerin unzähliger Sopranrollen vorgestellt und konnte mit zu<br />

heller Stimme demnach als Cherubin zu wenig punkten. Eine köstliche<br />

Type von Dr. Bartolo stellte Jürgen Trekel auf die Bühne, während seine<br />

Bühnenpartnerin Elisabeth Reichart der Marzelline eine charakteristische<br />

Mezzostimme vorenthalten musste. Als umtriebiger Gärtner Antonio<br />

konnte Daniel Ohlenschlsäger gefallen und sein Töchterchen Barbarina<br />

wurde von Lisa Koroleva ganz reizend gesungen und quicklebendig<br />

gespielt. Matjas Stopinšek durfte als Basilio sogar die meist gestrichene<br />

Arie – mit seiner sehr ansprechenden hellen Tenorstimme zum Besten<br />

geben und Beppo Binder sich an der Gestaltung des stotternden Don<br />

Curzio delektieren, ebenso der Chor an seinen mannigfachen Aufgaben.<br />

Alles in allem bereitete der Abend großes Vergnügen.<br />

<br />

Sieglinde Pfabigan<br />

30 | DER NEUE MERKER 12/2013

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