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Wien am 1. Dezember 2013 Liebe Opernfreunde! Britten holt auf! Wenn Sie den Bericht unseres England-Korrespondenten Stephen Mead über die unzähligen Veranstaltungen anlässlich des 100 Jahr-Jubiläums lesen, dürfen Sie staunen. Neben zahlreichen Opern- und Konzertdarbietungen in vielen Ländern, haben in der englischsprachigen Welt - zwischen Sydney und San Francisco - rund 100.000 (!) Kinder und Jugendliche an seinem Geburtstag Werke von ihm aufgeführt und sich überdies kreativ und sogar komponierend mit dem großen Meister auseinandergesetzt. Es dürfte ja noch immer nicht bekannt sein, wie wichtig ihm, der selbst seit seinem fünften Lebensjahr komponiert hat, die musikalische Arbeit mit Kindern war. Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass Benjamin Britten vor allem ein genuin englischer Komponist ist und deshalb nicht pauschal als ,,britisch“ bezeichnet werden sollte. Erst durch seine Musik hat sich mir die Seele der englischen Landschaft erschlossen; an der englischen Ostküste höre ich Brittens Musik aus den Meereswellen. Dass er sich in seiner Heimat so großer Popularität erfreut, hängt wohl auch damit zusammen, dass die Schicksale der meisten seiner Opernfiguren aus dem Leben seiner Landsleute gegriffen sind. Ich habe in London einen Opernfreund kennengelernt, der das gängige Repertoire kannte, aber nur Brittens Opern waren ihm wirklich ans Herz gewachsen, mehr als alle Anderen. Im Gegensatz zu dem antiken Pomp der Barockopern und den romantischen Helden des 19. Jahrhunderts, überrascht Britten mit einer Vielfalt von psychologisch tiefgründig erfassten Charakteren in seiner ganz persönlichen Musiksprache. Es ist sehr erfreulich, dass anlässlich dieses Jubiläums seine Meisterschaft wieder in hohem Maße erkannt wird. Sieglinde Pfabigan Ein frohes musikalisches Weihnachtsfest und viele schöne Opernerlebnisse und neue Einblicke im nächsten Jahr wünscht Ihnen Die Merkerei BUCH / Gesa Finke: DIE KOMPONISTENWITWE CONSTANZE MOZART Musik bewahren und Erinnerung gestalten Band 2 der Reihe „BIOGRAFIK. Geschichte – Kritik - Praxis 356 Seiten, Böhlau Verlag 2013 Constanze Mozart hat einen besonders schlechten Ruf. Gesa Finke blättert ihn ausführlich auf, von Mozart-Biographie zu Mozart-Biographie (wobei klar wird, dass die meisten voneinander abgeschrieben haben): Ihre Funktion für Mozart wird auf die eines sinnlichen Betthäschens reduziert, ihre Moral gering bewertet. Je mehr man Mozart verklären möchte, umso schlechter kommt Constanze weg, und auch jüngere Arbeiten, die das differenzierter sehen möchten, können wohl kaum mehr etwas daran ändern. Gesa Finke, die ihre voluminöse Dissertation für die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg nun zwischen Buchdeckeln vorlegt, möchte – auch angesichts von Constanzes 250. Geburtstag im Jahre 2012 – nun dieses Bild zurechtrücken. Teilweise zumindest. Nicht jenes als Mozarts Gattin, dieser Teil der Biographie wird nicht berücksichtigt. Wohl aber jener nach Mozarts Tod. Denn da hat sich Constanze, wie mit größter Ausführlichkeit dargelegt wird, dann tatsächlich bewährt – nicht nur darin, wie ihre Feinde sagen, aus Mozarts Nachlass jeglichen finanziellen Nutzen zu ziehen, sondern auch, diesen Nachlass zu bewahren, zu sichern und die Erinnerung an ihren Gatten zu „gestalten“ und möglichst dafür zu sorgen, dass seine Größe nicht vergessen wurde. Mit einer Ausführlichkeit, die sich nur Dissertationen leisten können, beschäftigt sich die Autorin zu Beginn mit der Stellung von Witwen zu Constanzes Zeit – Mozart starb 1791, und Ende des 18. Jhs. war es gar nicht so einfach für die Frauen, denn es gab keine automatischen Witwenrenten. Constanze fand sich also angesichts von Mozarts Schulden in einem finanziellen Notstand. Das hat sie bewältigt. Aber sie war als Witwe – eine junge Witwe, knapp 30 Jahre alt – zum ersten Mal in ihrem Leben auch in der Situation, selbst über ihr Leben und ihre Taten bestimmen zu können. Und man kann sagen, dass sie ihr weiteres Dasein der Anstrengung widmete, die beiden Mozart-Söhne (die sie zuerst nach Prag schickte) zu Musikern zu erziehen, Mozarts Nachlass zu ordnen und zu sichern und schließlich Material für eine Biographie zusammen zu tragen. Benefizkonzerte erleichterten ihre finanzielle Lage, und immerhin unternahm sie mit ihrer Schwester Aloysia Lange, die ja in der Musikwelt nicht unbekannt war, eine Konzertreise in wichtige Musikstädte (in der sie auch als Sängerin auftrat), die vermutlich nicht nur in Hinblick auf das Geld, sondern auch auf Mozarts Erinnerung hin unternommen wurde. Constanze fand wichtige und auch kompetente Unterstützung durch den schwedischen Diplomaten Silverstolpe, mehr noch durch den dänischen, in Wien tätigen Diplomaten Georg Nikolaus Nissen, den sie später heiratete – nicht, ohne ihrem neuen Namen stets die Bezeichnung „gewesene Witwe Mozart“ hinzufügen. Natürlich ist das Nachleben der Mozart-Witwe (sie überlebte den ersten Gatten um mehr als 50 Jahre) nicht ohne Stolpersteine, ihre Leistungen, etwa in den zähen Verhandlungen mit Breitkopf & Härtel über eine Gesamtausgabe, die nur zur unvollständigen Werkausgabe gedieh, werden teilweise auch gering geschätzt. Und selbst Autorin Gesa Finke geht mit der dicken Biographie, die von Constanze und Nissen geschaffen und unter seinem Namen herausgebracht wurde, nicht glimpflich um. Offenbar haben die beiden vor allem zwei schon vorhandene Biographien abgeschrieben und mit zusätzlichem Material aufgefettet, wobei allerdings das Zusammentragen dieser Materialsammlung – besonders der Briefe – als eigene Leistung zu erachten ist. Constanze hat auch in Fragen des Mozart-Denkmals mitgewirkt (sie lebte in ihren späteren Lebensjahren, nachdem sie mit Nissen kurz von Wien nach Kopenhagen gegangen war, in Salzburg) und dem neu gegründeten Mozarteum viele Geschenke gemacht, Autographen aus ihrem Besitz ebenso wie Geld. Die Autorin beweist eindeutig, dass die Erinnerung an Mozart und deren „Medialisierung“ die Lebensaufgabe dieser Constanze war, wobei eine sachliche Dissertation sich nicht in Spekulationen ergeht, was sie warum getan hat. Dazu gibt es genügend Romane, denn Constanze ist in der Musikgeschichte wohl nach Cosima Wagner die interessanteste Komponistenfrau. Die Ehrenrettung ist in diesem Buch, das ganz breit auch die Zeit malt, in der sich Constanzes Bemühungen um die „Mozart Erinnerungskultur“ abspielten, wohl gelungen. Mit seinem Umfang und seiner Genauigkeit kein Buch für Ungeduldige, aber Geduldige werden reich bedient. Renate Wagner Heft Nr. 284 erscheint am 13. Jänner 2014
Inhalt 2 5 5 5 6 Aktuelles aus Österreich 6 8 9 10 12 12 13 14 15 27 28 30 31 31 32 32 Wiener Staatsoper: Die Zauberflöte Theater a.d.Wien: Idomeneo, Les Danaides (Salieri), Kammeroper: La Cenerentola Im Gespräch: Die Regisseurin Jasmin Solfagharu Volksoper: Il Trovatore Neue Oper Wien: Paradise reloaded (Eötvös) Mirella Freni – 50 Jahre Weltstar Neues von José Carreras Die Wiener Staatsoper im November Aus dem Volksopernrepertooire Wiener Konzert und Szene Baden: Die Hochzeit des Figaro Neunkirchen: „Amici“- Wagner-Verdi-Konzert Graz: Die Zauberflöte Salzburg: Wagner-Matinee Innsbruck: Don Pasquale Aus der Tanzwelt 33 33 34 34 36 37 38 39 39 40 Zu Gast auf Giuseppe Verdis Galeere Im Lande Benjamin Brittens : Opera North: Death in Venice Jubilee Opera Aldeburgh, Britten für Kinder, Chorkonzerte, Noye’s Fludde Stadthalle Wien: Dornröschen St. Pölten: milonga Linz: Romeo und Julia Stuttgart: Fort//schritt//macher, Cantata Baden-Baden: Die kleine Meerjungfrau München: Romeo und Julia, Exits and Entrances Düsseldorf: „b.16“ Kaiserslautern: Der Pagodenprinz Ludwigsburg: Woyzeck Györ: Ein Sommernachtstraum Das englische Brittenzentrum - das Red House in Aldeburgh Oper International 41 42 45 45 46 49 50 51 52 53 55 56 57 58 58 59 61 61 63 64 65 66 67 67 68 69 70 70 71 73 74 75 76 77 78 78 79 80 81 82 83 84 84 86 87 Berlin: Don Carlo, Falstaff, Macbeth, Il Trovatore, Cosi fan tutte, West Side Story, A Quiet Place Jubiläumskonzert für Benjamin Britten München: Il Trovatore, Die Zauberflöte, Interview Josef E. Köpplinger, Im Porträt - Tareq Nazmi, Arienabend Angela Gheorghiu und Charles Castronouvo Liedestoll, Michaelskonzert Dresden: Tannhäuser, Carmen Detmold: Tristan und Isolde Essen: Tristan und Isolde Lübeck: Tristan und Isolde Füssen: Tristan und Isolde Nürnberg: Das Rheingold Schweinfurt: Der fliegende Holländer Hannover: Die Meistersinger von Nürnberg Kaiserslautern: Regina (Lortzing) Düsseldorf: Billy Budd Frankfurt: Dido und Aeneas, Herzog Blaubarts Burg, Ezio (Gluck) Mainz: Rinaldo Stuttgart: Falstaff, I Lombardi Ulm: Otello, Hänsel und Gretel Baden-Baden: Juan Diego Florez Heidelberg: Tosca Saarbrücken: Tosca Weimar: Die Entführung aus dem Serail Leverkusen: La Clemenza di Tito( Gluck) Hagen: Don Pasquale Bremen: La Traviata, Chorkonzert Wagner-Verdi Bremerhafen: Barbier von Sevilla, Hänsel und Gretel Zürich: Faust, Otello, Konzert Cecilia Bartoli Basel: Votre Faust (Pousseur), Anschlag (Wertmüller/Bärfuss) Biel: Das Rheingold Genf: Die Walküre, Der fliegende Holländer Milano: Aida Paris: Written on Skin (George Benjamin) Roméo et Juliette(Berlioz), Elektra Nizza: Der Freischütz Monte-Carlo: Das Rheingold Valencia: Die Walküre, La Traviata Bilbao: Rigoletto Amsterdam: Götterdämmerung London: Die Zauberflöte Istanbul: Wagnerkonzert, Interview Gürer Aykal Kiew: Madama Butterfly, Carmen Met im Kino: Tosca Eine neue Isolde: Edith Haller mit Wioletta Hebrowska Amsterdam: Götterdämmerung Mirella Freni und Placido Domingo - ein beglückendes Wiedersehen DER NEUE MERKER 12/2013| 1
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