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Aus dem Volksopernrepertoire:<br />

2.11.: „DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN“<br />

Diese wunderschöne Inszenierung von Robert Herzl in prächtigen Bühnenbildern<br />

von Pantelis Dessyllas und kleidsamen Kostümen von Silvia<br />

Strahammer stammt aus dem Jahr 1982 und hat es zu Recht schon auf<br />

306 Vorstellungen gebracht. Diesmal erweckte das Rollendebüt von Ursula<br />

Pfitzner als Sylva Varescu das besondere Interesse der Operettenfreunde.<br />

Es ist als durchaus geglückt zu bezeichnen. Natürlich konnte sie davon<br />

profitieren, dass sie eine Ballett- und Schauspielausbildung an der Wiener<br />

Staatsoper absolviert hat. So gelang ihr ein durchaus stimmiges Rollenportrait<br />

der Chansonette, in dem auch die stimmlichen Aspekte nicht zu<br />

kurz kamen. Sie sang, spielte und tanzte aus vollem Herzen und erzielte<br />

dadurch große Wirkung und volle Zustimmung beim Publikum. Nicht<br />

so gut war es um ihren Edwin Ronald bestellt. Thomas Sigwald spielte<br />

mit vollem Einsatz, hatte aber stimmlich doch einige Defizite aufzuweisen.<br />

Das Buffopaar hatte alle Sympathien des Publikums auf seiner Seite. Johanna<br />

Arrouas ist eine charmante, tanzfreudige Komtesse Stasi, Michael<br />

Havlicek war nach etwas steifem Beginn ein spiel- und sangesfreudiger<br />

Graf Boni. Nicht unproblematisch ist die Besetzung des Feri Bácsi<br />

mit Kurt Schreibmayer. Er kann in keiner Phase verleugnen, dass seine<br />

Ursula Pfitzner als rollendeckende Sylva Varescu (© Pallfy)<br />

Wiege in Klagenfurt stand. Die Welt des kleinen ungarischen Landadeligen<br />

ist ihm sichtbar und hörbar fremd, so dass konsequenterweise sein berühmtes<br />

„Jaj Mamám, Bruderherz, ich kauf mir die Welt!“ nicht die Wirkung<br />

beim Publikum erzielt hat, die bei seinen Vorgängern immer wieder<br />

mehrmalige Wiederholungen in verschiedenen Sprachen erzwungen hatte.<br />

Ein Kabinettsstück ist der Fürst Lippert-Weylersheim von Peter Matic.<br />

Seine Bühnengattin Anhilte, Regula Rosin, assistierte ihm humorvoll.<br />

Erwähnenswert sind noch Martin Bermoser, rollendeckend als besonders<br />

unsympathischer Baron Rohnsdorff, und Raimund-Maria Natiesta<br />

als Notar. Was sich aus einer scheinbar kleinen, unbedeutenden Nebenrolle<br />

an Bühnenwirksamkeit herausholen lässt, zeigte Nicolaus Hagg als<br />

Siggi Gross, Manager des Orpheum. Spielfreudig und um köstliche Pointen<br />

nie verlegen, zieht er die Fäden im 1. und 3. Akt.<br />

Für echte Operettenstimmung aus dem Orchestergraben sorgte der Doyen der<br />

Wiener Operette, Rudolf Bibl. Orchester und Chor der Volksoper Wien –<br />

einstudiert von Thomas Böttcher – hatten großen Anteil an der herrschenden<br />

Operettenseligkeit. Mit viel Applaus dankte das Publikum allen Künstlern.<br />

<br />

Hans Sabaditsch<br />

27.11.: „IL TROVATORE“<br />

Drei Rollendebüts machten die 4. Vorstellung nach der Premiere für<br />

Opernfreunde interessant. Die schon für die Premiere vorgesehene Janina<br />

Baechle konnte endlich ihre Azucena dem Wiener Publikum vorstellen.<br />

Hörbar hatte sie ihre Erkrankung noch nicht ganz überwunden.<br />

So fehlte ihr in manchen Passagen einfach die Kraft, was sich besonders<br />

im 3. Akt im Terzett mit Luna und Ferrando bemerkbar machte. Auch<br />

im Spiel wirkte sie seltsam zurückhaltend, von Leidenschaften war hier<br />

nicht sehr viel zu bemerken. Die Stärken von Janina Baechle liegen sicher<br />

eher im deutschen Fach. Kristiane Kaiser ist eine sehr lyrische, in<br />

den Koloraturen und in der Höhe sichere Leonora. Über weite Strecken<br />

hatte man den Eindruck, dass sie viele Passagen stilistisch wie eine Mozart-Arie<br />

singt (Kerkerarie!), was zu schönen musikalischen Momenten<br />

führte – die Neuinszenierung war aber doch dem Jahresregenten Verdi<br />

gewidmet. Besonders eindrucksvoll und ergreifend gelang ihr vielleicht<br />

gerade deshalb die Sterbeszene. Trotzdem hat der Musikfreund auch bei<br />

Kristiane Kaiser den Eindruck, dass ihr Sopran eher im deutschen Fach<br />

beheimatet ist. Die dritte Rollendebütantin, Renate Pitscheider, bewältigte<br />

die Ines mit kleiner Stimme sicher.<br />

Bei den Herren dominierte eindeutig Stuart Neill als Manrico. Mit großem<br />

dramatischem Tenor meisterte er die gefürchteten Höhen bombensicher.<br />

Beeindruckend war das hohe „C“ in „all‘ armi“. Aber auch die lyrischen<br />

Stellen phrasierte er sehr schön, ja sogar Pianotöne hatten in seiner<br />

Interpretation Platz – insgesamt eine ausgezeichnete Leistung. Tito You<br />

verfügt über eine breite Mittellage, die Stimme verengt sich aber in der<br />

Höhe, was gerade beim Luna zu Problemen führt. Auch machten sich<br />

immer wieder Intonationsschwierigkeiten bemerkbar. Die berühmte Arie<br />

„Il balen del suo sorriso...“ hatte besonders darunter zu leiden. Christian<br />

Drescher war ein skurriler Ruiz. <strong>Der</strong> Ferrando war mit Petar Naydenov<br />

stark unterbesetzt.<br />

Enrico Dovico leitete das Orchester der Volksoper Wien sicher, aber mit<br />

zu wenig Temperament und Leidenschaft. Die vielen langsamen Tempi<br />

bereiteten den Sängern einige Schwierigkeiten. Chor und Zusatzchor<br />

der Volksoper, einstudiert von Thomas Böttcher, waren auf der Höhe<br />

ihrer Aufgabe.<br />

Wieder einmal muss der Opernfreund mit einer Inszenierung leben, die<br />

als misslungen zu bezeichnen ist. Dietrich W. Hilsdorf siedelt diese Oper<br />

im Verismo an und zeigt vor allem zu Beginn des 3. Aktes Grausamkeiten<br />

und Brutalitäten, die in der Musik keinen Widerhall finden. Es ist jede<br />

Romantik ausgeklammert, in einigen Szenen schrammt die Regie hart an<br />

der Parodie oder an den Pradler Ritterspielen vorbei. Die Bühnenbilder<br />

von Dieter Richter sind unansehnlich, die Kostüme von Renate Schmitzer<br />

wenig kleidsam. Interessant ist, dass Direktor Robert Meyer von seinem<br />

Credo, alle Opern in deutscher Sprache zu spielen, abgegangen ist<br />

und „Il trovatore“ in der Originalsprache singen lässt, was offensichtlich<br />

mit der Koproduktion mit dem Theater Bonn zusammenhängt. Das Publikum<br />

zeigte sich zufrieden und feierte vor allem die Rollendebütantinnen.<br />

<br />

Hans Sabaditsch<br />

DER NEUE MERKER 12/2013| 27

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