Der neue Merker
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Aktuelles aus Österreich<br />
Bob Boles, Wolfgang Bankl als Swallow, Carlos Osuna als würdiger<br />
Reverend Adams (sehr schön die Kirchenchorszene). Gabriel Bermúdez<br />
war Ned Keene und Andreas Hörl hatte sein Rollendebur als Hobson-Einspringer<br />
wegen Erkrankung von Janusz Monarcha. Erst die 36.<br />
Aufführung! Das Stück verdient noch viele weitere.<br />
P.S.: Das war für mich ein würdiger Abschluss des Tages, an dem wir uns<br />
von Christopher Norton-Welsh verabschiedet hatten. Er war rezensierender<br />
Kollege bei Opera News und wir hatten uns zuletzt bei der Eötvös-Oper<br />
getroffen. Ich lernte ihn vor 40 Jahren als Tenorsolisten (später wurde er als<br />
Bariton ein gefragter Liedsänger) in der Karmelitenkirche kennen und er<br />
machte mich auf Britten und seine Lieder aufmerksam. <br />
<br />
Hans Peter Nowak<br />
Man wollte dem Wiener Publikum <strong>neue</strong>re, bessere, stimmigere Mozartdeutungen<br />
bieten, aber leider hat das auch diesmal nicht geklappt. Irgendwie<br />
ist bei den Neuinszenierungen der Opern Wolfgang Amadeus<br />
Mozarts der Wurm drinnen, was sehr schade ist, da doch Österreich eine<br />
Vorreiterrolle bei der Interpretation dieses Komponisten innehabe sollte.<br />
Zuerst erblickt man einen zweiten Bühnenrahmen, nachempfunden der<br />
creme-goldenen Innenausstattung des Bühnenraums und dahinter ein<br />
großes Nichts – eine gähnend leerer Raum ( Christian Fenouillat), lediglich<br />
durch einen alten, schäbigen Heizungskörper aufgelockert. Dieser<br />
erste Eindruck ließ gleich mal die Hoffnungen sinken. <strong>Der</strong> Abend<br />
und die Inszenierung (Moshe Leiser und Patrice Caurier) plätscherten<br />
dann dahin, aufgelockert von einigen kleinen Gags um das Publikum<br />
zu amüsieren. Man bediente sich im ersten Teil vieler Knaller und<br />
pyrotechnischer Effekte, um die Auftritte der Königin, ihrer Damen<br />
und die Macht Sarastros zu demonstrieren. Im zweiten Teil wurde gern<br />
und viel an Seilen hängend über die Bühne geschwebt. Ob sich das für<br />
Gastsänger als praktisch erweisen wird? Die Männer Monostatos’ sind<br />
wie Wiener Polizisten gekleidet, die ihre Jacken öffnen, darunter Tutus<br />
anhaben und so zum Glockenspiel tanzen. Dies brachte zumindest Lacher<br />
im Publikum.<br />
Die wilden Tiere (ausgenommen die putzig trippelnden Strauße) sind<br />
wie aus einem Schauerfilm ausgeliehen, kamen aber auch gut an.<br />
Sarastros Welt gleicht einer extrem düsteren Jagdgesellschaft in eigenartiger<br />
trachtig angehauchter Kleidung (Kostüme: Agostino Cavalca)<br />
oder Trenchcoat und Hut, wie Geheimpolizisten; die Sonnenwelt wird<br />
nur durch kleine, beleuchtete Pyramiden und Sonnen angedeutet. Ich<br />
frage mich nur, was das märchenhafte junge Paar an dieser düsteren<br />
Welt verlocken soll? Oder will man erklären, dass Erwachsenwerden<br />
den Wechsel in eine graue trostlose Welt voll Konformität, wo nur eine<br />
kleine Sonne leuchtet, bedeutet?<br />
Die musikalische Seite der Aufführung war leider auch nicht strahlend,<br />
sondern recht durchwachsen und bieder.<br />
<strong>Der</strong> Dirigent Christoph Eschenbach ist traurigerweise derzeit anscheinend<br />
der einzige ,,Nachwuchs“ bei den Mozartdirigenten. Er leitete<br />
den Abend recht langatmig und schwergewichtig mit unausgewogenen<br />
Tempi, nicht premierenwürdig sondern durchschnittlich.<br />
<strong>Der</strong> Beste der Sängerriege war eindeutig Markus Werba in der dankbaren<br />
Rolle des Papageno trotz des hässlichen gagerlgelben Kostüms. Er<br />
durfte einige Witzchen reißen, durch das Publikum toben, in Falltüren<br />
verschwinden und durch die Lüft schweben, und hielt so den Abend<br />
am Laufen. Stimmlich ist er zwar kein Riese, scheint aber jetzt doch in<br />
diesem großen Haus angekommen.<br />
Benjamin Bruns, in einem Fantasiekostüm, wie aus 1000 und einer<br />
Nacht, war sowohl stimmlich als auch optisch ein netter Prinz Tamino,<br />
sang ohne Fehl und Tadel trotz nicht ganz mozart’scher Stimme und<br />
wirkte etwas zu ernst, fast musterschülerhaft.<br />
Seine Pamina, dargestellt von Chen Reiss, die ursprünglich für die Papagena<br />
vorgesehen war, wirkte auch ein wenig hölzern, sang schön, aber<br />
kühl, für die große Bühne vielleicht zu schwach, konnte den Zauber<br />
dieser Rolle nicht ins Publikum transportieren.<br />
30.11. ,, DIE ZAUBERFLÖTE“<br />
Leider vergebliche Liebesmüh<br />
Schwebend im Liebeshimmel - Papagena und Papageno<br />
(Hila Fahima mit Markus Werba) (alle © Michael Pöhn)<br />
Die Debutantin Olga Pudova gab die sternflammende Königin im roten<br />
Abendkleid. Sie musste sich ständig völlig gebrochen dahinschleppen.<br />
Ihre Koloraturen und hohen Töne sind ausgezeichnet, in der Mittellage<br />
vibriert es etwas, jedoch eine gute Leistung.<br />
Brindley Sherratt musste auf unter der Hose verborgenen Kothurnen<br />
herumstelzen und sah aus, wie ein überdimensionaler Freizeitjäger. Er<br />
sang eine schöne Linie und er gefiel mir recht gut, leider war er durch<br />
die Regie arg behindert.<br />
Hilla Fahima sang eine putzige Papagena, die die meiste Zeit als menschliche<br />
Krähe herum kreischen muss.<br />
Die drei Damen Olga Bezmerta, Christina Carvin und Alisa Kolosova<br />
waren nicht sehr einheitlich, und fielen durch schwer akzentbehaftetes<br />
Deutsch auf. Die drei Knaben habe ich schon lange nicht so<br />
schlecht und piepsig gehört.<br />
Monostatos Thomas Ebenstein musste sich als Witzfigur hinstellen<br />
lassen.<br />
Alfred Šramek als Sprecher im Anzug und als 2. Priester spielt mit<br />
dem Priester Bendikt Kobel gemeinsam das Spiel ,,Guter Polizist, böser<br />
Polizist“.<br />
Ferner trugen zu dem Abend Marian Talaba und Dan Paul Dumitrescu<br />
als Geharnischte bei.<br />
Man kann mit dieser <strong>neue</strong>n Zaubeflöte zwar leben, aber besser als die<br />
alte Inszenierung ist sie leider nicht gelungen. Daher siehe oben: vergebliche<br />
Mühe. Hätte man doch besser eine <strong>neue</strong> ,, Entführung“ gemacht!<br />
Silvia Herdlicka<br />
26 | DER NEUE MERKER 12/2013