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Aktuelles aus Österreich<br />

passt in das Märchenkonzept nicht allzu gut, genauso wenig wie die<br />

naturalistische Erhängungsszene von Papageno sowie ein wenig anzügliches<br />

Betragen des Vogelmenschen. Das Bühnenbild von Christian<br />

Fenouillat bildet einen attraktiven Rahmen um die Kostüme von<br />

Agostino Cavalca, die teils schrill, wie bei den drei Damen, teils etwas<br />

einfallslos, wie bei Tamino und Pamina, aber nie hässlich sind.<br />

Schwebende Menschen und pyrotechnische Effekte waren nett, aber<br />

nicht sehr beeindruckend, die wilden Tiere allerliebst, und die Stimmung<br />

im Haus sehr angetan.<br />

Aus der soliden Besetzung ragte der sehr wienerische Papageno von<br />

Markus Werba hervor, der seine Rolle mit viel Charme erfüllte und<br />

seinen schlanken Bariton wirksam einsetzte. Benjamin Bruns ist Wiener<br />

Opernbesuchern schon seit einiger Zeit als zuverlässiger Interpret<br />

des Tamino ein Begriff. Seine schlanke, hell timbrierte Stimme setzt er<br />

mit Nuancen ein und spielt sehr gefällig, ein außerordentlicher Vertreter<br />

seiner Rolle ist er nicht. Chen Reiss gelangte zu Pamina-Ehren, weil<br />

die ursprünglich vorgesehene Sängerin ein Problem mit einigen Metern<br />

über dem Bühnenboden Entschweben hatte, was man ihr nicht verdenken<br />

kann. Für mich stellte sie nur optisch eine Idealbesetzung dar – ihrer<br />

Stimme fehlte die lyrische Wärme, die ich mir von diesem Mädchen<br />

erwarte. Olga Pudova als Königin der Nacht bot blitzsaubere Koloraturen,<br />

für die sie heftig beklatscht wurde; das Timbre ihres Soprans habe<br />

ich als ein wenig scharf empfunden.<br />

Ihr Gegenspieler Sarastro, verkörpert von Brindley Sherratt auf Kothurnen,<br />

wirkte vor allem deshalb; ein wenig fehlte mir bei seinem schlanken<br />

Bass die Wärme des Weisen.<br />

Thomas Ebenstein verkörperte den Monostatos gut, Marian Talaba<br />

und Dan Paul Dumitrescu waren, wie das gesamte „Personal“ von Sarastro,<br />

in Aufsichtsrats-Anzüge gekleidet. Alfred Šramek als Sprecher<br />

und 2. Priester erging es ebenso, doch er versah seine Rollen mit schöner<br />

Stimme und Würde, ebenso wie Benedikt Kobel als 1. Priester. Auch<br />

das hohe Paar erscheint am Ende in Kostüm und Anzug – gehören sie<br />

jetzt auch zum Establishment?<br />

Olga Bezsmertna, Christina Carvin und Alisa Kolosova waren sehr<br />

gut besetzte Drei Damen, die wie Marketenderinnen aus der Barockzeit<br />

gewandet waren und ihre Dialoge sehr natürlich lieferten, was für<br />

Pamina nur bedingt galt. Valentina Nafornita als Papagena war eine<br />

allerliebste Luxusbesetzung; ihre turnerische Leistung als alter Vogel<br />

fand ich beachtlich.<br />

Die drei Knaben waren mit Wiener Sängerknaben besetzt, deren Engelsstimmen<br />

stellenweise nicht ganz harmonisch klangen.<br />

Christoph Eschenbach am Pult dirigierte eine sehr rasche Auffassung<br />

von der Partitur. Ich fand sie kein bisschen langweilig, aber auch gar nicht<br />

außergewöhnlich, so, wie die Aufführung sich auch darstellte: solide.<br />

<br />

Traude Steinhauser<br />

28.11.: „MANON“<br />

Ein grandioses Trio ließ hier die emotionalen Funken sprühen: Olga<br />

Esina in der Titelrolle gestaltet in den 3 Akten die Figur der Manon<br />

vom unschuldig-naiv-unerfahrenen Mädchen über die glückselig<br />

Verliebte zur Frau, die der Verführung durch schnöden Mammon<br />

erliegt und ihre weiblichen Reize gezielt zu nutzen gelernt hat, um<br />

dann schließlich doch der Liebe zu folgen und auf der Flucht den Erschöpfungstod<br />

zu erleiden. Ihre packende Darstellung geht zu Herzen,<br />

die technische Umsetzung macht sie zur souveränen Bühnenerscheinung.<br />

Vladimir Shishov kann als Des Grieux mit intensivem<br />

Ausdruck glaubhaft seine tiefen und wahren Gefühle für seine Manon<br />

spürbar machen und damit kleine tänzerische Unsicherheiten<br />

zu Beginn rasch überwinden – hat er doch erst mit dieser Aufführung<br />

erstmals in dieser Saison eine Hauptpartie getanzt. Mihail Sosnovschi<br />

ist der Dritte im Bunde, der diese Vorstellung so sehenswert<br />

machte: präsent und charakterstark wie stets verkörpert er den windigen<br />

Lescaut, der nicht nur seine Geliebte „vermarktet“, sondern<br />

auch nicht davor zurückscheut, seine eigene Schwester gewinnbringend<br />

an den reichen Mann zu bringen. Sein eigentlich verwerfliches<br />

Tun auf der Bühne lässt ihn dennoch als Publikumsliebling beim<br />

Schlussapplaus heftig akklamiert werden. Bei diesen drei Künstlern<br />

sprühte es nur so vor explosiver Emotionalität und Leidenschaftlichkeit<br />

– so dass einige technische Pannen nur ganz kurz für Irritation<br />

sorgten – am auffälligsten der Schuss, der Lescaut töten soll, und zuerst<br />

zu früh und dann verspätet noch einmal fällt.<br />

Alice Firenze debütiert als Lescauts Geliebte und kann hier gute Akzente<br />

setzen. Thomas Mayerhofer (Monsieur G.M.) und Gabor Oberegger<br />

(Aufseher) tragen das Ihre bei zur gelungenen Vorstellung, indem sie<br />

überzeugend die Wirkung ihre Macht deutlich machen. Marcin Dempc<br />

gefällt zunächst als frech-verschmitzter Bettlerkönig und später gemeinsam<br />

mit Alexandru Tcacenco und Dumitru Taran als elegante Kavaliere<br />

im Haus von Madame (Dagmar Kronberger). Das Corps de ballet<br />

gefällt durch angeregtes Spiel.<br />

Peter Ernst Lassen leitete das Orchester (die Oper ist derzeit in Oman<br />

auf Gastspiel) mit eindringlicher Dichte. Ein sehr sehenswerter Abend<br />

mit viel Applaus. <br />

Ira Werbowsky<br />

29.11.: „PETER GRIMES“<br />

Noch unbeschwert von den kommenden tragischen<br />

Ereignissen - Ellen Orford (Gun-Brit Barkmin)<br />

Benjamin Brittens 100. Geburtstag wiegt offenbar nicht so schwer wie<br />

die zwei 200er. Freuen wir uns, dass die Staatsoper immerhin eine – und<br />

zwar überwiegend gute – Inszenierung von Christine Mielitz mit Bühnenbildern<br />

und Kostümen von Gottfried Pilz wieder ausgegraben hat.<br />

„Peter Grimes“ ist eine von fünf Britten-Opern, deren Titel aus Vor- und<br />

Familiennamen besteht. Wie bei fast allen ist der Titelheld kein Held,<br />

sondern ein kleiner Mann im Kampf mit widrigen Umständen, d. h. mit<br />

der Natur als Umgebung<br />

und Lebensraum<br />

sowie der kleinstädtischen<br />

Bevölkerung.<br />

Brittens persönliche<br />

Umgebung war ja ähnlich.<br />

Und auch in der<br />

Partitur siegt für mich<br />

als erstes das Orchester<br />

und sein Dirigent<br />

Graeme Jenkins<br />

bei den weit ausgebreiteten<br />

Sea Interludes<br />

in einer selbständigen,<br />

interessanten,<br />

gewaltigen und schönen<br />

Musiksprache, ex<br />

aequo der Chor (Leitung<br />

Thomas Lang).<br />

Dann kommt natürlich<br />

der Titel-(held?)<br />

Herbert Lippert, der<br />

auch unter den widrigen<br />

Umständen seinen<br />

klaren, kraftvollen Tenor<br />

souverän einsetzt<br />

und auch mit seinem<br />

Gehaben durchaus als<br />

englischer Fischer durchgehen kann. Die Damen stechen durch ihre<br />

hellen Stimmen aus der Masse hervor: Gun-Brit Barkmin als mitfühlende,<br />

schönstimmige Ellen Orford, Monika Bohinec als Auntie, und<br />

nicht zuletzt Simina Ivan und Hyuna Ko als die beiden Nichten im<br />

Minirock und Donna Ellen als Mrs. Sedley. Als schottischer Import ist<br />

Iain Paterson als Gegenspieler Balstrode mit prächtigem Bariton sehr<br />

überzeugend als Verteidiger des Geächteten. Ebenso Norbert Ernst als<br />

DER NEUE MERKER 12/2013| 25

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