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Aktuelles aus Österreich<br />
Tamino umringt von drei Damen besingt, eine - vierte! (Benjamin Bruns)<br />
Ein echter Glücksfall für diese Serie ergab sich (durch die Absage von<br />
Ben Heppner) für Herbert Lippert. Sie ermöglichte ihm als Einspringer<br />
ein fulminantes Rollendebut in der packenden Rolle des Peter Grimes.<br />
Er meistert die gesanglichen Schwierigkeiten souverän – die Partie liegt<br />
ihm (im Gegensatz zum Erik und Lohengrin) ganz perfekt in der Kehle;<br />
seine darstellerischen Fähigkeiten ermöglichen ihm eine Charakterstudie<br />
dieses brutalen, harten Fischers – der aber auch seine Träume hat<br />
und unter dem Mobbing der oberflächlichen selbstgerechten „normalen“<br />
Leute leidet – wie man es nur selten auf einer Opernbühne erlebt.<br />
und den Beweis, dass belcanto nicht nur ein Privileg südlicher Kehlen ist.<br />
Die Drei Damen O. Bezsmertna, C. Carvin, A. Kolosova machen ihre<br />
Sache, munter gekleidet wie gespielt und gesungen, recht erfreulich. Auch<br />
Marcus Werba als Papageno ist ein Volltreffer, was die wienerische Seite<br />
des Volksstückes betrifft. Ob er nicht doch mit seinen vielen internationalen<br />
Verpflichtungen etwas mehr maßhalten sollte? Seine Papagena Valentina<br />
Nafornita ist als Alte recht komisch, als Junge erklärbar gebärfreudig.<br />
Drei singende Knaben sind leider kaum zu hören. Wohl aber der<br />
Monostatos des Thomas Ebenstein. Das Böse ist eben immer lauter als<br />
das Gute. Zwei Geharnischte, Marian Talaba und Dan Paul Dumitrescu,<br />
sind mit ihrem Doppelgesang eine ernste Mahnung.<br />
Christoph Eschenbach muss ein großer Mozart-Verehrer sein. So hört es<br />
sich an. Regie von Moshe Leiser und Patrice Caurier räumen mit alten<br />
Regiegedanken ziemlich radikal auf, was aber entschlackt, ohne zu stören.<br />
Prächtig tönen die Chöre unter Martin Schebesta und runden mit<br />
dem wunderbaren Orchester den Eindruck eines unvergänglichen Werkes<br />
ab. <br />
Fritz Tront<br />
25.11.: Keine Vorstellung.<br />
26.11.: „PETER GRIMES“<br />
„WELL DONE“ – Eine gelungene Würdigung von Benjamin Britten<br />
zum 100. Geburtstag stellt die wiederaufgenommene Serie dieser tief<br />
berührenden Oper über einen unglücklichen Menschen in den Fängen<br />
einer oberflächlichen, kleinbürgerlichen Dorfgesellschaft an der Ostküste<br />
Englands dar.<br />
Diese Regiearbeit von Christine Mielitz stammt aus einer Schaffensphase<br />
(1996 – für uns ihre beste Arbeit in Wien), in der noch das Werk<br />
– und nicht die Selbstdarstellung – im Mittelpunkt stand, und erzählt<br />
eindrucksvoll diesen fesselnden Stoff, der ja Benjamin Britten auch<br />
aufgrund seiner eigenen Lebensgeschichte so viel bedeutete. Die auch<br />
handwerklich gute Arbeit mit gekonnter Personenführung lässt auf der<br />
praktisch leeren Bühne nicht eine Sekunde Leerlauf zu – besonders der<br />
hervorragend singende Staatsopernchor hat offensichtlich zur Wiederaufnahme<br />
sehr erfolgreich geprobt und agiert sehr ambitioniert.<br />
Das Staatsopernorchester unter der Leitung des Engländers Graeme<br />
Jenkins zeigt wieder einmal seine Stärken bei der Interpretation von extrem<br />
ausdrucksstarker Musik. Die sinfonischen Zwischenspiele zählen<br />
– in dieser Qualität dargebracht – zu Höhepunkten der Opernliteratur.<br />
Rührt stets ans Herz - Peter Grimes hält den ihm anvertrauten toten Knaben<br />
Die Sopranistin Gun-Brit Barkmin, die im Rahmen der Wiener Staatsoper<br />
bisher nur als „Salome“ beim Japan-Gastspiel mitwirkte, wird in<br />
der laufenden Saison auch noch als Salome und als Sieglinde im Haus<br />
am Ring zu erleben sein. Aufgrund der Darstellung der Lehrerin, die<br />
auch als Außenseiterin der Gesellschaft eine interessante Persönlichkeit<br />
ist, kann man sich darauf durchaus freuen. Die Szene mit dem Buben<br />
am Strand – mit der betenden Gemeinde im Hintergrund – war eindrucksvolles,<br />
großes Theater. Ihre Stimme ist technisch sehr gut geführt,<br />
geradlinig und gut tragend.<br />
Die dritte Hauptrolle, der Balstrode, Handelsmarine-Kapitän in Ruhestand,<br />
wurde vom schottischen Bariton Iain Peterson (erstmals in<br />
der Wiener Staatsoper) mächtig und mit passendem stimmlichen Ausdruck<br />
dargestellt.<br />
Monika Bohinec war als „Auntie“ stimmlisch und darstellerisch sehr<br />
gut und lieferte gemeinsam mit ihren Nichten Simina Ivan (die reifere<br />
der beiden Schwestern – war sie doch immerhin schon bei der Premiere<br />
1996 mit dabei) und Hyuna Ko mit Gun-Brit Barkmin als Lehrerin<br />
im Quartett einen Höhepunkt des Abends.<br />
Wolfgang Bankl war als Swallow eine Luxusbesetzung – eigenartigerweise<br />
mussten wir beide während seines Gesanges an Ostern denken!<br />
Die kleineren Rollen – Norbert Ernst als Bob Boles, Donna Ellen als<br />
Mrs. Sedley, Carlos Osuna als Reverend Horace Adams, Gabriel Bermudez<br />
als Ned Keene und Janusz Monarcha als Hobson waren gesanglich<br />
und schauspielerisch sehr gut aus dem Ensemble besetzt und hatten<br />
einen großen Anteil am eindrucksvollen Ergebnis dieses Abends, der dem<br />
dritten Jubilar dieses Jahres, aber auch der Wiener Staatsoper, abseits<br />
vom populänen Repertoire, Ehre machte. Maria und Johann Jahnas<br />
27.11.: „DIE ZAUBERFLÖTE“<br />
Ich bin nicht traurig über den Verlust der einzigen Marelli-Inszenierung,<br />
die ich nicht für besonders gelungen erachtete. Die <strong>neue</strong> „Zauberflöte“<br />
von Moshe Leister und Patrice Caurier erzählt im Wesentlichen<br />
ein Märchen, als das es auch Helmut Lohner in der Volksoper<br />
und Otto Schenk in einer früheren Inszenierung gesehen haben. Allerdings<br />
gibt es dabei einige Brüche: Sarastro als Aufsichtsratsvorsitzender<br />
24 | DER NEUE MERKER 12/2013