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Aktuelles aus Österreich<br />

Ladies first? Ja, wenn sie es verdienen. Eine wahre Wohltat war daneben<br />

die noch im Volumen begrenzte, aber bezaubernde, süße Stimme des<br />

<strong>neue</strong>n Oscar: Hila Fahima. Locker und leicht daher perlend, verbreitete<br />

die junge Dame Anmut, Wohlwollen und Witz in der die Tragödie aufheiternden<br />

Pagenrolle. Am anderen Ende der Stimmregister beeindruckte<br />

die Ulrica der Monica Bohinec, die es sich leisten kann, ihren beachtlichen<br />

Mezzo mit voller Wucht aufzudrehen und in der Höhe wie in der<br />

Tiefe bedrohliche Mitteilungen zu machen.<br />

Gutes ist von allen singenden Herren zu berichten. Ramón Vargas, der<br />

die vorhergehende Aufführung hatte absagen müssen, musste sich zwar<br />

bei einigen Spitzentönen noch anstrengen, aber sein Verdi-Gesang mit<br />

der eleganten Phrasierung, dem goldenen, sinnlichen Timbre, das für spanischblütige<br />

Tenöre so charakteristisch ist, und die wunderbare italienische<br />

Diktion, dazu die im 1. Akt so unbeschwert-lockere, elegante Stimmführung<br />

und Rollengestaltung des lebensfrohen, verliebten schwedischen Königs<br />

– das alles war Balsam auf die uns Verdi-Liebhabern an diesem Abend<br />

zugefügten Wunden. Ein berührender Abschiedsgesang des Mordopfers<br />

beendete das Drama. Nicht gerade balsamisch, aber mit mächtigem Bariton,<br />

dem keine noch so fordernden dramatischen Momente etwas anhaben<br />

können, sang George Petean einen auch von der Figur her imposanten<br />

Grafen Ankarström. <strong>Der</strong> Jung-Bariton Mihail Dogotari machte<br />

als Christian angenehm auf sich aufmerksam. Aus den Kehlen der beiden<br />

Verschwörer Horn und Warting dröhnten mächtige dunkle Töne: Alexandru<br />

Moisiuc und Sorin Coliban konnten einem in ihrer unerbittlichen<br />

Rachsucht schon Angst machen. Peter Jelosits waltete seine Richteramts<br />

und als Diener mit solidem, klarem Tenor. <strong>Der</strong> von Thomas Lang betreute<br />

Chor fungierte wieder einmal als „Stammhalter“ alles Guten und<br />

Richtigen, wo das Orchester, dem Stab des Dirigenten folgend, der nie<br />

ein Zeichen einer gewünschten Lautstärke-Einschränkung von sich gab,<br />

einfach nach Gutdünken drauflos blies, fiedelte oder schlug. Kein Verdi-<br />

Festabend. <br />

Sieglinde Pfabigan<br />

17.11.: Premiere „DIE ZAUBERFLÖTE“ – siehe Seite 6<br />

18.11.: Keine Vorstellung.<br />

19.11.: „MADAMA BUTTERFLY“<br />

Die positive Überraschung dieses Abends: Plácido Domingo als Puccini-<br />

Dirigent. Von den großen, berühmten Dirigenten wird diese Tragödie der<br />

kleinen Geisha Cio-Cio-San nach wie vor geschnitten. Zumindest in Wien<br />

ist „Madama Butterfly“ zumeist eine Oper für Dirigenten-Anfänger, mitunter<br />

auch für Opern-Aufhörer. (<strong>Der</strong> Premierendirigent der Karajan-Ära, Dimitri<br />

Mitropoulos, oder die 4 Vorstellungen in der Saison 2008/09 unter<br />

Andris Nelsons gehören zu den rühmlichen Ausnahmen.) Diesmal wurde<br />

man eines besseren belehrt. Die zum Teil exotische Klangfülle verdeckt oft<br />

die Grundstruktur eines Werkes, das an musikdramatischer Aussagekraft<br />

der „Tosca“ oder „Bohème“ in nichts nachsteht. Die Unerbittlichkeit eines<br />

fatalen Missverständnisses sollte auch aus dem Orchestergraben erklingen.<br />

Unter der Leitung von Plácido Domingo tat sie dies mit großer Empathie<br />

und handwerklicher Souveränität. Da der Vollblutmusiker auch ein<br />

hochkarätiges Ensemble aufbieten konnte, war die Wirkung umso größer.<br />

Vor allem Ana Maria Martinez war eine exzellente Butterfly. Die in Puerto<br />

Rico geborene Sängerin erhielt ihre musikalische Ausbildung in New<br />

York, gewann u.a. den Domingo-Wettbewerb Operalia und debütierte<br />

bereits 1998 an der Wiener Staatsoper, wo sie vor allem in Pucccini-Rollen<br />

wie Mimi oder Liu zu hören war. Nun war sie eine junge, eher lyrische<br />

Cio Cio San, die aber die dramatische Entwicklung voll meisterte.<br />

Großartig das große Liebesduett und das Finale. Bei der großen Arie der<br />

Butterfly fehlt (noch) die Kraft für die Spitzentöne. Umso eindrucksvoller<br />

die Szene mit dem US-Botschafter Sharpless, der diesmal von Gabriel<br />

Bermúdez verkörpert wurde. Während Neil Shicoff als Pinkerton fast den<br />

Rahmen dieser Repertoire-Vorstellung sprengte – er begann im Grunde<br />

Die hoffnungsvolle Nachtwache (Ana Maria Martinez, Alisa Kolosova)<br />

gelangweilt, fing dann Feuer und zerbrach an der Wiederbegegnung mit<br />

Butterfly bzw. ihrem 2½-jährigen Sohn. Wirkte der spanische Bariton<br />

Gabriel Bermúdez zu gleichgültig, zu elegant. Sein Singen ist zu lyrisch.<br />

Schade! Großartig hingegen die junge Russin Alisa Kolosowa als dunkel<br />

timbrierte Suzuki mit großem emotionalem Einsatz. Das Blüten-Duett<br />

wurde so zu einem der Höhepunkte der Vorstellung. Positiv fielen noch<br />

auf: Herwig Pecararo als dramatisch intriganter Goro, Hans Peter Kammerer<br />

als Kommissar und Yamadori sowie Alexandru Moisiuc als polternder<br />

Onkel Bonze.<br />

Die Inszenierung von Josef Gielen (Ausstattung Tsugouharu Foujita)<br />

stammt aus dem Jahr 1957 und hält immer noch. Dank Plácido Domingo,<br />

dem Orchester und dem Chor der Wiener Staatsoper sowie einem hochkarätigen<br />

Sänger-Ensemble gab es auch bei der 363. Reprise noch keine<br />

Abnützungserscheinungen. Die „Butterfly“ wäre eine späte Entdeckung<br />

durch weitere Spitzen-Dirigenten dennoch wert. Peter Dusek<br />

20.11.: „DIE ZAUBERFLÖTE“<br />

Bis in den Mai dieses Jahres wurde an der Wiener Staatsoper die recht ordentliche<br />

Produktion von Marco Arturo Marelli gezeigt und brachte es<br />

auf 121 Aufführungen. Wenn nun also ein halbes Jahr später eine Neuproduktion<br />

herauskommt, so sollte es einen triftigen Grund dafür geben.<br />

Die <strong>neue</strong> Inszenierung des Duos Moshe Leiser und Patrice Caurier<br />

bleibt aber die Antwort auf diese Frage weitestgehend schuldig. In Anspielung<br />

auf die Uraufführung besannen sie sich auf die Tradition der Wiener<br />

Zauberoper und ließen sich von Christian Fenouillat eine leere Vorstadtbühne<br />

bauen, die durch Portaleinbauten verkleinert wurde. Durch einen<br />

Vorhang entsteht von Zeit zu Zeit auf der Vorderbühne ein zweiter Spielraum,<br />

der für Szenen genutzt wird, die in geschlossenen Räumen spielen.<br />

Schade ist, dass zwar die technischen Tricks von Versenkungen und<br />

„fliegenden Menschen“ zum Einsatz kommen, die auf der Bühne schön<br />

nachgebauten Kulissenzüge jedoch nie Verwendung für zumindest angedeutete<br />

Kulissen finden und einzig die Beleuchtung (Christophe Forey),<br />

einige Sessel und Mengen von leuchtenden Pyramiden und Kugeln für<br />

optische Abwechslung sorgen.<br />

DER NEUE MERKER 12/2013| 21

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