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Aktuelles aus Österreich<br />
Die Sopranistin hatte Probleme mit den Spitzentönen und verzichtete<br />
zuletzt auf ihren Solovorhang. Immerhin – eine Adina voller Liebreiz!<br />
Bestens disponiert war hingegen Adam Plachetka als Dulcamara, den<br />
man sich allerdings diesmal nachdrücklich als Belcore gewünscht hätte.<br />
Er ist für den Quacksalber einfach zu jung, zu dynamisch – in der heutigen<br />
Neu-Sprache: Plachetka ist kein „loser“! Und er wäre wohl ein idealer<br />
Gegenspieler zu Nemorino. Alessio Arduini, der aktuelle Belcore,<br />
war vor allem vokal zu sehr ein „Leichtgewicht“. Die Wiener Staatsoper<br />
dürfte dem sympathischen Bariton doch eine „Schuhnummer zu groß“<br />
sein. Auch die <strong>neue</strong> Giannetta von Bryony Dwyer fällt in diese Kategorie<br />
von „Belcanto light“.<br />
Bleibt alles in allem: das Wiener Staatsopernorchester und der Chor der<br />
Wiener Staatsoper erweisen sich immer mehr als die Säulen des aktuellen<br />
Repertoire-Betriebes. Es gab ein Dutzend Vorhänge, das Haus war<br />
voll und die Kassa muss gestimmt haben. <br />
Peter Dusek<br />
9.11.: Ballettabend „TANZPERSPEKTIVEN“<br />
Einfach perfekt! Perfekt getanzt. Das Wiener Staatsballett präsentierte sich<br />
in dem im Februar unter dem nicht so ganz plausiblen Titel „Tanzperspektiven“<br />
erstmals gezeigten vierteiligen Programm von seiner besten, seiner<br />
allerbesten Seite. Vier Piecen im Stil der aktuellen Ballettmode, welche<br />
dass sich für den Betrachter nach den drei vorher gezeigten Stücken eine<br />
interessante <strong>neue</strong> Perspektive ergibt.<br />
Eine perfekte Dressur der Tänzer, welche auch ein breiteres Opernpublikum<br />
zum Staunen bringen kann. <br />
Meinhard Rüdenauer<br />
10.11.: „UN BALLO IN MASCHERA“<br />
Ein „Melodramma in 3 Akten“ ist angekündigt, das klingt nach „fad“,<br />
aber weit gefehlt, Auge und Ohr freuen sich gleichermaßen. Keine Modernisierungen,<br />
kein Boston. Nur 3 Hauptrollen und 2 wichtige Nebenrollen,<br />
aber die Bühne ist oft voll, Chor, Bühnenorchester und Staatsballett<br />
gestalten einen Maskenball, wie er 1792 wohl in der Stockholmer<br />
Oper stattgefunden haben könnte, wobei laut Geschichtsbuch Gustav III.<br />
von Ankarström von hinten erschossen, nicht erdolcht wurde. (Er lebte<br />
dann noch 14 Tage.) Aber die Zeit von 1792 ist in Bühnenbild (Emanuele<br />
Luzzati) und Kostümen (Santuzza Cali) bestens getroffen und die<br />
Regie (Gianfranco de Bosio) macht alles plausibel.<br />
Unter der robusten Leitung von Jesús López-Cobos spielt das Orchester<br />
typischen Verdi der mittleren Periode, noch nicht – so scheint es – lauter<br />
Höhepunkte, aber voll mit bekannten Stellen zum Mitsingen. Amelia<br />
Sondra Radvanovski wurde vorweg angesagt, kam aber gut über die<br />
Runden, nur bei 2 Tönen hörte man ein paar Unsauberkeiten. Respekt!<br />
König Gustaf wurde von Ramón Vargas gesungen. Die Rolle wurde berührend,<br />
weniger heldisch als lyrisch ausgeführt, passte aber wunderbar<br />
in das Bühnenbild hinein. Renato Ankarström, George Petean, machte<br />
seine Zweifel deutlich, sang aber auch die heldischen Passagen mit viel<br />
Einsatz. Furchterregend, wie es sich gehört, waren die Szenen der Ulrica<br />
Monica Bohinec. Erfreulicherweise waren Auge und Ohr gleichmäßig<br />
entzückt. <strong>Der</strong> Schlussbeifall war dementsprechend lange und herzlich,<br />
und zwar für alle Sänger gleich. <br />
Hans Peter Nowak<br />
11.11.: „MADAMA BUTTERFLY“ – Premierenstimmung: 4 wichtige<br />
Rollendebuts und dazu Plácido Domingo am Pult.<br />
Seit 1971, als ich ihn einmal auf der Orgel begleiten durfte, verehre ich<br />
ihn. Kollegen fahren extra nach Amerika, um ihn dirigieren zu sehen.<br />
A 1000 kisses to my skin - es küssen Olga Esina & Vladimir Shishov<br />
(© WSTB)<br />
extreme Motorik, rasante Tempi und artistischen körperlichen Einsatz erfordern.<br />
Und, auch klar, auf diese Manierismen setzen, welche den momentanen<br />
zeitgenössischen Ausdrucks-Standards entsprechen. Bravourös<br />
gemeistert von der ganzen Kompanie. Somit – es wäre unfair, hier eine<br />
oder einen der Mitwirkenden in den zahlreichen virtuos choreographierten<br />
und gemeisterten Passagen hervorzuheben.<br />
Tanz pur in drei durchgestylten Kreationen und ein etwas weniger gelungenes<br />
Anhängsel.<br />
Die stärkste expressive Kraft mag vielleicht Jean-Christoph Maillots<br />
„Vers un Pays Sage“ zu beißendem und unablässig dräuenden Sound<br />
von John Adams zuzusprechen sein. Die Choreographen David Dawson<br />
(„A Million Kisses to my Skin”, 1. Klavierkonzert von J. S. Bach)<br />
und Helen Pickett („Eventide“, Philip Glass und Ravi Shankar) beherrschen<br />
ihr gestalterisches Handwerk und halten ihre Kreationen in einem<br />
mitreißenden Bewegungsfluss. Solch einer wäre auch Patrick de Banas<br />
„Windspiele“ gegeben, doch da wirkt zum Ausklang des guten Abends<br />
bereits alles allzu gleichförmig, und die Tänzer eilen und hüpfen hier par<br />
distance zum ersten Satz von Tschaikowskys Violinkonzert herum, ohne<br />
Heimkehrer Neil Shicoff mit <strong>neue</strong>r Butterfly - Ana Maria Martinez<br />
18 | DER NEUE MERKER 12/2013