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Der neue Merker

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Aktuelles aus Österreich<br />

merkonzert zu veranstalten, das mit Eigenbearbeitungen verschiedener<br />

Opernausschnitte die Vokalnummern umrahmt, aber auch vor großen<br />

Ausbrüchen – im belcantesken Rahmen – nicht zurückscheut.<br />

Ein schöner Beginn: die drei Gebete „La preghiera del poeta“, „Sgombra,<br />

o gentil“ und „Invocazione a Maria Addolorata“, wobei nur im 1. Lied die<br />

Stimme noch ein bisschen um Festigkeit kämpfte, aber danach schien<br />

alles von selber zu fließen. Erster Höhepunkt: „Dio di Giuda“ aus „Nabucco“,<br />

das jenen Babylonierkönig zeigte, dem Verdi eine Seele eingehaucht<br />

hat und dem man seinen vorherigen Hochmut nur zu gerne verzeiht.<br />

Aus seiner Leib- und Seelenrolle, dem alten Foscari, sang Nucci ein<br />

bewegendes „O vecchio cor, che batti“ mit jung gebliebenem Herzen. Nach<br />

von den Musikern (wie alles andere) sehr liebevoll und klangschön gespielten<br />

Fragmenten aus „Aida“ entließ uns der Sänger mit dem berühmten<br />

Lied „L’esule“, das uns die verzweifelten Gedanken und Gefühle eines<br />

Verbannten nahe brachte, in die Pause.<br />

Ein so inniges, zartes, poetisches „Di Provenza il mare, il suol“ habe ich gewiss<br />

noch nie gehört – das waren ja wirklich Schmeicheleinheiten, die Vater<br />

Germont da seinem Sohn verpasste. Mit „In braccio alle dovizie“ aus den „Vespri“<br />

ging’s gleich nochmals um eine unglückliche Vater-Sohn-Beziehung,<br />

wobei Nucci deutlich machen konnte, dass hier, im Gegensatz zur Situation<br />

in „Traviata“ härtere, nämlich politische Motive mitspielen, die dennoch<br />

seine väterlichen Gefühle nicht aus der Welt schaffen können. Renatos „Eri<br />

tu“, ganz Getroffensein von der vermeintlichen Untreue der Ehefrau, ließ<br />

die positive Seite seines Charakters hervortreten. Mit der offiziellen Schluss-<br />

Nummer, der hinreißend schön und in nobelstem Ebenmaß gesungenen<br />

Arie und dem Tod des Marquis Posa, war das Publikum endgültig ein Verein<br />

von Nucci-Fans, die mit „Bravo Leo!“-Rufen für Draufgaben sorgten.<br />

Die am öftesten in Wien gesungene Rolle des Künstlers, der Rigoletto,<br />

durfte natürlich nicht fehlen – sein Appell an die „Cortigiani“ war ebenso<br />

unwiderstehlich wie anschließend Graf Lunas Liebeserklärung „Il balen<br />

de suo sorriso“ – wie schon die Germont-Arie, Poesie pur. Zuletzt ein<br />

Sprung von Spanien nach Schottland mit Macbeths „Che macchia“, das<br />

den Mörder in seiner inneren Zerrissenheit fühlbar machte. Die Aufforderung<br />

Leo Nuccis an sein jubelndes Publikum in seiner letzten Zugabe:<br />

„Non ti scordar di me“ (wenn auch nicht von Verdi) hat es niemandem<br />

schwer gemacht, dieses Versprechen zu halten.<br />

Aber noch ist ja kein Grund, ans Vergessen oder Nicht-Vergessen zu denken<br />

– noch können wir Leo Nucci in weiteren Verdi-Rollen hören. Und<br />

möchten es noch lange tun! Tanti auguri! Sieglinde Pfabigan<br />

7. 11.: „UN BALLO IN MASCHERA“<br />

Die Besetzung dieses Abends wirkte in der Papierform homogen und versprach<br />

eine gute Aufführung, allerdings ließ sich Ramón Vargas vor Beginn<br />

der Vorstellung entschuldigen. Trotzdem war nach einer eher vorsichtigen<br />

Auftrittsarie des Tenors von einer Beeinträchtigung kaum etwas<br />

zu spüren, von einigen nicht allzu strahlenden Höhen im Lauf des Abends<br />

abgesehen. Die Vorzüge des Künstlers, schönes Timbre, perfekte Phrasierung,<br />

ein sich mit Verve In-die-Rolle-Werfen, gab es auch an diesem<br />

Abend. Ganz besonders zeigt sich das bei „Di` tu se fedele“, das ein Lehrstück<br />

an subtiler Gestaltung war. Die Spielfreude, die der Tenor dabei<br />

an den Tag legte, zeigte auch, dass, wie er in einem Interview verriet, die<br />

Rolle des Schwedenkönigs eine seiner liebsten ist.<br />

Sondra Radvanovsky, Besitzerin einer großen, interessant timbrierten,<br />

nicht unbedingt schönen Stimme, die sie ziemlich gut im Griff hat, zeichnete<br />

ein eindrucksvolles, wenn auch nicht allzu subtiles Porträt der Amelia.<br />

Mit ihrer Röhre ist sie durchaus auch leiser Töne fähig, allerdings gelingen<br />

sie, im Piano angesetzte, selten. Wirklich ergreifend fiel „Morrò,<br />

ma prima in grazia“ aus, und alles in allem schlug sie den langjährigen<br />

Durchschnitt an meist tremolierenden Rollenvertreterinnen beträchtlich.<br />

George Petean als ihr Ehemann war ihr in seinem gesunden, handfesten<br />

Zugang zur Rolle ein passender Partner. Seine große Stunde schlug beim<br />

„Eri tu“, das er zu Herzen gehend interpretierte.<br />

Monica Bohinec mühte sich mit den tiefen Tönen der Ulrica ein wenig,<br />

bestand aber erfolgreich. Mehr als das muss über Valentina Nafornita als<br />

Oscar gesagt werden: Obwohl ihre Stimme schon ein wenig in ein anderes<br />

Fach weist, erfreute sie mit schönem Timbre und blitzsauberen Koloraturen.<br />

Die Düsterlinge waren mit Alexandru Mosiuc und Sorin Coliban<br />

wie immer passend besetzt.<br />

Jesús López-Cobos dirigierte spannend, wenn auch nicht allzu subtil –<br />

manchmal hätte man sich einige leisere Passagen gewünscht.<br />

Lauter, wenn auch kurzer Jubel war der Lohn für eine Vorstellung, die<br />

über das Repertoireniveau hinausging und deren es gar nicht wenige in<br />

dieser Saison bis jetzt gegeben hat. Ein herzliches Dankeschön an den<br />

Herrn Direktor! <br />

Traude Steinhauser<br />

8.11.: „L’ELISIR D’AMORE“<br />

Ramón Vargas in seiner Lieblingsrolle<br />

Repertoire-Alltag an der Wiener Staatsoper in der Ära von Dominique<br />

Meyer: junge Stimmen, ein volles Haus und oft Inszenierungen, die man<br />

schon bei der Premiere vor 33 Jahren als „altmodisch“ einstufte; die man<br />

jedoch ohne großen technischen Aufwand spielen kann. Pragmatik ist<br />

die Devise – besonders in Sparezeiten! Die Otto Schenk/Jürgen Rose-<br />

Produktion des „Liebestranks“ wurde seit 1980 bereits 204 Mal gegeben.<br />

Am Pult ein 35-jähriger Spanier – Guillermo Garcia Calvo. Er ist noch<br />

mehr Lehrling als Meister. Aber irgendwann muss ja die Routine her. Von<br />

den Sängern muss an erster Stelle der Tenor Stephen Costello genannt<br />

werden. <strong>Der</strong> junge Amerikaner wurde in Philadelphia geboren, fiel in Salzburg<br />

als Cassio positiv auf, gehört seit Jahren zu den MET-„rising stars“<br />

und tritt seit 3 Jahren auch regelmäßig an der Wiener Staatsoper auf. Für<br />

den Nemorino bringt er alle Voraussetzungen mit – ein sympathisches<br />

Spiel, eine kräftige, angenehme Stimme und eine „sitzende“ Höhe. Hier<br />

dürfte ein Spinto-Tenor heranreifen, der zur Klasse eines Marcelo Alvarez<br />

gehört. Nicht ihren besten Abend hatte Sylvia Schwartz als Adina.<br />

DER NEUE MERKER 12/2013| 17

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