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Aktuelles aus Österreich<br />
Die Freni - im Kreise von lieben Kollegen und Freunden (beide © Michael Pöhn)<br />
nedies ein Großteil des Publikums ihr schönes Italienisch verstand – den<br />
Vormittag an sich. Am rechten Bühnenrand hatte man drei Freni-Kleider<br />
auf Puppen hingestellt – „Ecco i miei costumi!“ erkannte sie.<br />
Es begann, wie auch anders, mit Karajan, und vermutlich ist kein anderer<br />
Name an diesem Vormittag so oft gefallen wie seiner. Die „Bohème“, für<br />
die er die junge Freni in Mailand entdeckt hatte, war die gemeinsame Arbeit<br />
1963 in Wien – und der Stolperstein für Karajan als Operndirektor: Wiener<br />
Intrigen schaffen es immer, die Großen zu vertreiben. Immerhin hatte<br />
Karajan noch Salzburg, und die Freni und er arbeiteten noch 26 glückliche<br />
Jahre miteinander. „Ich habe zweimal in meinem Leben geweint“, sagte er<br />
zu ihr. „Beim Tod meiner Mutter und bei Deiner Mimi.“<br />
Karajan-Filme waren auch die Beispiele, die es von der jungen, hinreißenden<br />
Mirella Freni gab, als Mimi, als Desdemona, als Butterfly, als Micaela. Die<br />
Freni hat diese Filme nie gesehen, wollte sich selbst nie sehen und hören. Trug<br />
es jedoch mit Fassung – und befand es als „gar nicht so schlecht“. Fürwahr.<br />
Und noch ein Videobeispiel: Barbara Rett wollte dem Ehrengast zweifellos<br />
Freude bereiten, als sie die Philipp-Szene aus „Don Carlos“ mit Nicolai<br />
Ghiaurov spielte, dem 2004 verstorbenen zweiten Gatten der Freni. Bloß –<br />
diese konnte ihre Tränen nicht zurückhalten. Barbara Rett lief um Taschentücher,<br />
aber schon hatte eine mitleidige Seele aus dem Zuschauerraum eines<br />
heraufgereicht. Mirella war übrigens nicht die einzige, die beim Anblick<br />
dieses unvergesslichen, unersetzlichen Sängers, mit dem sie so glücklich war,<br />
weinte. „Sorry, Scusi“, sagte sie zum Publikum. (Lockerer wurde es später,<br />
als man erfuhr, dass Karajan ausgesprochen eifersüchtig war, als die Freni<br />
Ghiaurov heiratete… Ghiaurov seinerseits soll wieder eifersüchtig gewesen<br />
sein, wenn Mirella mit Domingo Liebesszenen spielte.)<br />
<strong>Der</strong> „Butterfly“-Film, den Karajan der Freni abgerungen hatte (sie wollte die<br />
anstrengende Rolle nicht auf der Bühne singen), ist bis heute ein Meisterwerk<br />
auch von Regisseur Jean-Pierre Ponnelle – und da konnte die Staatsoper den<br />
Vormittag einfach wunderbar bereichern. Zuerst Auftritt Placido Domingo,<br />
der damals den Pinkterton gesungen hat und nun als „Butterfly“-Dirigent<br />
an der Staatsoper ist. Und dann wieder Standing Ovations eines Publikums,<br />
das kaum begreifen konnte, dermaßen beschenkt zu werden: Auftritt Christa<br />
Ludwig, die damalige Suzuki, mit ihrer herrlich forschen Art. („Karajan hat<br />
Carmen viel zu langsam dirigiert“, meinte sie, „das ist eine französische Oper,<br />
keine italienische. Aber er konnte sich halt an Mirellas Stimme nicht satthören.<br />
Er hat sie einfach geliebt, platonisch natürlich – diese Kulleraugen!“)<br />
Das Gespräch Freni – Ludwig – Domingo,<br />
auf Deutsch (auch Domingo versuchte<br />
sich lobenswert in dieser Sprache),<br />
Englisch, Italienisch, war dann ein Fest<br />
für sich, drei Kollegen untereinander, deren<br />
Zuneigung und Achtung für die jeweils<br />
anderen zu spüren war und die auch<br />
herrlich miteinander lachen können.<br />
Mirella Freni hat am 21. Juni 1995 als Fedora<br />
(eine Rolle, zu der Domingo sie überredet<br />
hat) ihre letzte Vorstellung in Wien<br />
gesungen, knapp 32 Jahre nach ihrem Debut.<br />
Eine Zeitspanne, in der es ihr gelungen<br />
ist, das Wunder ihrer Stimme unverändert<br />
zu bewahren, weil sie stets sorgfältig damit<br />
umgegangen ist. Und der absolute Einsatz,<br />
mit dem sie jede Rolle gestaltete, sicherte<br />
ihr nicht nur die Bewunderung, sondern<br />
auch die Liebe des Publikums.<br />
Am Ende zeigte Direktor Dominique<br />
Meyer bessere Manieren als Burgtheaterdirektor<br />
Matthias Hartmann, der es<br />
nicht für nötig gehalten hatte, persönlich<br />
zur Festvorstellung von Michael Heltaus<br />
80er zu erscheinen. Meyer kam nicht nur<br />
mit Blumen und bewundernden Worten,<br />
sondern brachte auch ein zauberhaftes<br />
Geschenk: Jenen Muff, den die Freni als Mimi getragen hat (unglaublich,<br />
was da über ein halbes Jahrhundert in der Requisite überlebt…)<br />
Sie sei „überglücklich“ und „unendlich dankbar“ für das Wiener Publikum,<br />
sagte die Freni: „Ich wünschte, ich hätte so lange Arme, damit ich<br />
Sie alle umarmen könnte!“ <br />
Renate Wagner<br />
NEUES VON JOSÉ CARRERAS<br />
Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte José Carreras am 4.11. seine <strong>neue</strong><br />
CD vor, die demnächst erscheinen wird. Eingedenk seines <strong>neue</strong>n Lebens,<br />
das jetzt 25 Jahre währt, sagt der Künstler: „Diese CD ist eine Ode an das<br />
Leben, und an das, was uns das Leben offeriert.“<br />
Meraviglisio 25 ist eine Sammlung von Virtuosen wie Lang Lang, David<br />
Garrett, Alison Balsom (Trompete) und Richard Galliano (Akkordeon)<br />
sowie Allzeitgrößen einer anderen Sparte der Musik wie José Feliciano,<br />
die den Tenor begleiten. Sämtliche Künstler arbeiteten ohne Gage, sie verzichten<br />
außerdem auf Tantiemen, die der Carreras-Stiftung zugutekommen.<br />
Von dieser gibt es weiterhin sehr Positives zu vermerken: eine Forschungsstation<br />
mit dem Ziel, die Ursachen der Leukämie zu erforschen,<br />
wird demnächst an 2 Standorten in und in der Nähe von Barcelona eröffnet,<br />
finanziert von der Carreras-Stiftung, wobei der laufende Betrieb von<br />
Katalonien finanziert wird. Auch die Gala für seine Stiftung, 18 Jahre ein<br />
Fernseh-Fixpunkt aus Leipzig im Advent, wird es wieder geben: jetzt auf<br />
Sky, das an diesem Abend frei zugänglich sein wird.<br />
In diesem Zusammenhang bedankte sich der Künstler in warmen Worten<br />
für die Hilfe, die ihm 18 Jahre durch die ARD zuteilwurde.<br />
Zusammen mit Christian Kolonovits kündigte der Künstler außerdem<br />
seine letzte Opernrolle an: „EL Juez“ aus der Feder des österreichischen<br />
Komponisten wird am 26. April 2014 in Bilbao aus der Taufe gehoben<br />
und dann am 9., 12. und 15. August in Erl vorgestellt werden. Die Oper,<br />
basierend auf einem Libretto von Angelika Messner, erzählt in einer fiktiven<br />
Geschichte das Schicksal von Kindern, die in der Franco-Ära ihren<br />
Eltern entzogen und in Klöster abgeschoben wurden. Christian Kolonovits<br />
bezeichnete seine Musik als tonal, spätromantisch und auch von Popmusik<br />
beeinflusst. Man darf gespannt sein!! Traude Steinhauser<br />
14 | DER NEUE MERKER 12/2013