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Der neue Merker

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Aktuelles aus Österreich<br />

Das Cenerentola-Ensemble in voller Spielfreude (© Armin Bardel)<br />

folgende Interview) Berufsmusikerin und bemüht sich, wirklich aus der<br />

Musik heraus zu inszenieren. Beginnend schon während der Ouvertüre mit<br />

dem Wäsche-Aufhängen der Cenerentola auf einer Leine, die nach jeden<br />

daran geklammerten Wäschestück einen Ruck höher im Rhythmus der<br />

Musik quer über den Orchestergraben hochgezogen wird, bewegen sich<br />

dann auch alle Personen auf der Bühne sehr genau zum jeweiligen musikalischen<br />

Ablauf. Dass da mitunter etwas zu viel des Guten getan wird,<br />

liegt auf der Hand. Auf jeden Fall hat Frau Solfaghari eine Menge Ideen<br />

und weiß diese auch umzusetzen. Im einfach gehaltenen Bühnenrahmen<br />

(Mark Gläser) und mit z.T. geschmackvollen (Angelina in schlichtem<br />

Weiß, der Tenor im Privatgewand, mit bloß einer Seidenschleife nach seiner<br />

Rückverwandlung in den Prinzen), aber zum größeren Teil überkandidelten<br />

Kostümen (Petra Reinhardt) war die Optik zwiespältig, aber die<br />

Bühne zumeist hell und somit alles gut zu sehen.<br />

Unnötig war der Einsatz eines Erzählers namens Luna, ein älterer Herr (Alexander<br />

Waechter), der sich als Mann vom Mond vorstellt, der immer wieder<br />

gern unseren Planeten besucht, weil es hier etwas gibt, was er zuhause<br />

nicht vorfindet: die Oper. Da schleicht er sich dann auch gerne von hinten<br />

in ein Opernhaus ein, ungeniert, ob er dabei erwischt wird oder nicht, und<br />

fühlt sich bemüßigt, die aufgeführten Stücke zu kommentieren. Das war<br />

nur mäßig witzig und bestand im Wesentlichen aus kurzen Inhaltsangaben<br />

dessen, was vorher passiert ist und demnächst passieren wird. Gegen<br />

Schluss der Oper bleibt er dann mit dem übrigen Ensemble auf der Bühne.<br />

Das mag für Kindervorstellungen ganz hilfreich sein. Am Premierenabend<br />

sah ich aber keine so jungen Gäste und fand die nicht von Rossini vorgesehenen<br />

Sprechtext eher störend.<br />

Viel Rossini-Vergnügen breitete sich hingegegen vom Orchestergraben aus.<br />

<strong>Der</strong> russische Dirigent Konstantin Chudovsky, der bereits auf ein erstaunlich<br />

vielfältiges Repertoire von Moskau bis Chile (wo er seit Jänner 2013<br />

Chefdirigent des Philharmonischen Orchesters in Santiago ist) vorweisen<br />

kann, hat u.a. Carmen, Kátja Kabanova, Die Sache Makropoulos, Rossinis<br />

Barbiere und an der Kammeroper La cambiale di matrimonio, ferner Siberia<br />

(Giordano), Lady Macbeth von Mzensk und Khovanshchina dirigiert. Mit<br />

Rossini kann er bestens umgehen. Da ist kein Leerlauf. <strong>Der</strong> oft (auch zuletzt<br />

an der Staatsoper unter Lopez-Cobos) so belanglos wirkende Beginn<br />

der Ouvertüre ist zugleich spritzig, von heller Harmonie geprägt und erhöht<br />

die Erwartungshaltung des Zuhörers, ehe das Stück dann auf Rossini-<br />

Tempo kommt. Das ist nie überdreht, sondern mitreißend in seiner ständigen<br />

Bewegtheit, meist mit wunderbaren Crescendi aufgebaut, und dann<br />

oft übersprudelnd vor lauter komponierter Lebensfreude. Die großen Ensembles<br />

samt dem sehr engagierten Chor gelangen durchwegs brillant. Das<br />

Wiener Kammerorchester hatte hörbar seine helle Freude am inspirierten<br />

musikalischen Geschehen. Sieglinde Pfabigan<br />

Die Regisseurin Jasmin Solfaghari<br />

Von Kindheit an Wagner<br />

Eine Woche vor der Premiere ihrer „Cenerentola“-Inszenierung in der<br />

Wiener Kammeroper stand die Regisseurin Jasmin Solfaghari dem<br />

„<strong>Merker</strong>“ Rede und Antwort.<br />

„Cenerentola“ in der Kammeroper<br />

Es ist nicht die erste Regiearbeit von Jasmin Solfaghari in Wien, aber die<br />

andere – „Eine Nacht in Venedig“ 1999 in der Kammeroper, damals von<br />

Josef Hussek engagiert – liegt lange zurück. (In den eigenen Kritiken kramend,<br />

habe ich damals geschrieben: „Regisseurin Jasmin Solfaghari, Assistentin<br />

von Harry Kupfer und anderen Großen, ließ sich auf keinerlei Experimente,<br />

sondern nur auf gute Laune ein.“)<br />

Sie hat auch in Linz und Klagenfurt gearbeitet, aber eines Tages kam der<br />

Anruf aus Wien, vom Theater an der Wien. Nicht von Direktor Geyer<br />

persönlich, aber von Sebastian Schwarz, der als künstlerischer Leiter am<br />

Haus fungiert. Ihn kennt Jasmin Solfaghari aus ihren und seinen Anfängen<br />

1992 in Rostock.<br />

Er dachte vermutlich an Jasmin, weil sie sich einen gewissen Ruf als Gestalterin<br />

auch von kindergerechten Opernaufführungen erworben hat,<br />

und die „Cenerentola“, die das Theater an der Wien in der Kammeroper<br />

zeigen will, soll sowohl für Kinder wie auch vollinhaltlich für Erwachsene<br />

geeignet sein.<br />

„Herr Luna erzählt“<br />

Für ihre „alt und jung“-Fassung der „Cenerentola“ greift die Regisseurin<br />

auf eine Figur zurück, die sie 2009 in Leipzig kreiert hat, als sie dort eine<br />

kindergerechte Fassung von „Figaros Hochzeit“ schuf. „Herr Mond“ ist<br />

bei ihr Opernfan und begibt sich gerne auf die Erde, um diese oder jene<br />

Vorstellung zu sehen. Er wird auch in Wien als deutschsprachiger Erzähler<br />

(bei italienischem Gesang) dabei sein und die Züge von Josefstadt-Schauspieler<br />

und Rosenburg-Intendant Alexander Waechter tragen. Er berichtet<br />

von der wahren Liebe eines Paares, des Prinzen und des Aschenputtels,<br />

und darauf legt die Regisseurin besonderen Wert: „Wir legen uns nicht fest,<br />

an welchem Ort, zu welcher Zeit das spielt – es ist einfach eine ewige Liebesgeschichte.“<br />

Mit nicht so liebenswürdigen Nebenfiguren, die alles tun, um<br />

gesellschaftlich aufzusteigen, wie das im Leben auch schon mal vorkommt.<br />

Für die Ausstattung hat Jasmin Solfaghari ihr eigenes Team mitgebracht.<br />

Das Bühnenbild stammt von Mark Gläser und vor allem die Kostüme von<br />

Petra Reinhardt sollten besonders schön werden, „Bei mir wird niemand<br />

wirklich hässlich gemacht“. Vielleicht erinnert die Angelina manchen Zuschauer<br />

spontan an Audrey Hepburn, und das wäre dann ganz richtig so…<br />

„Um das Ego geht’s erst ganz spät“<br />

Dass sie ihre Darsteller nicht hässlich machen will und dass es von ihr die<br />

Aussage gibt: „Es geht um die Stücke, um das Ego geht’s erst ganz spät“, hebt<br />

Jasmin Solfaghari aus dem Kreis der heute erfolgreichen Regisseure heraus.<br />

Sie hat kein Problem damit, dass es sie manchmal wie ein Vorwurf trifft,<br />

„werkkonservativ“ zu sein, aber ihr Sinn steht keinesfalls auf Zerstörung.<br />

Sie hat auch keinerlei „Inszenierungs-Masche“ entwickelt, so dass man sie<br />

auf Anhieb erkennen könnte. Sie fragt zuerst, was das Werk selbst und natürlich<br />

die Musik ihr erzählen, dann denkt sie sich ihr Konzept dazu aus.<br />

Dabei verweist sie auf ihre Homepage (http://www.solfaghari.com/), die<br />

sie selbst betreut, und wo sie sich den Spaß gemacht hat, lange Bilderserien<br />

von allen ihren Inszenierungen hineinzustellen…<br />

Übrigens gibt Jasmin Solfaghari gerne zu, dass nicht alles gelingen kann.<br />

„Tannhäuser“ beispielsweise, den sie 2008 an der Kölner Oper inszeniert<br />

hat, würde sie gerne noch einmal machen, obwohl sie einiges daran (etwa<br />

die Verstörtheit/Zerstörtheit der Elisabeth, wie Camilla Nylund sie damals<br />

zeichnete) ganz gelungen findet. Wie Jasmin Solfaghari zu ihrer besonderen<br />

Verbundenheit zu Wagner fand, dazu muss man weit zurückgehen –<br />

aber vielleicht fangen wir am besten gleich am Anfang an…<br />

10 | DER NEUE MERKER 12/2013

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