Lesen - Oberhessischer Geschichtsverein GieÃen eV
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„Im Kleinen das Große“ nennt Georg<br />
Fülberth seinen Beitrag zur Analyse<br />
der Marburger Kommunalpolitik von<br />
1968 bis 2006. Hierbei beleuchtet er -<br />
mit einer zum Teil wohlwollenden<br />
Darstellung - vor allem, welche politischen<br />
Kräfte die Stadtentwicklung in<br />
Marburg verantworteten.<br />
Während Ulrich Klein die Geschichte<br />
und Organisation des Denkmalschutzes<br />
in Marburg beschreibt und dabei<br />
auch die besondere Problematik der<br />
Altstadtsanierung im Spannungsfeld<br />
zwischen Sozialplanung, Städtebauförderung,<br />
Bauforschung, Sanierung<br />
und Denkmalpflege berührt, bietet<br />
Angus Fowler in seinem Beitrag<br />
„Zwischen Denkmalschutz und<br />
Wohnnutzung“ kritische Bemerkungen<br />
zur Altstadtsanierung in Marburg.<br />
Claus Schreiner berichtet in seinem<br />
Beitrag „Das Schlimmste verhindern“<br />
über Reaktionen und Aktionen Marburger<br />
Bürger zur Entwicklung des<br />
Stadtbildes seit rund 100 Jahren.<br />
Hierbei zeigt er anhand einer Reihe<br />
von Beispielen, wie sich Bürgerwille<br />
und Politik über einen langen Zeitraum<br />
begegneten - in einem Spannungsfeld<br />
zwischen Erkenntnissen<br />
und Leidenschaften auf beiden Seiten.<br />
„Über Geschmack lässt sich trefflich<br />
streiten“ tituliert Werner Girgert einen<br />
weiteren Beitrag, in dem er acht Beispiele<br />
fragwürdiger Architektur in<br />
Marburg in Wort und Bild vorstellt.<br />
Eine Antwort auf die Frage, ob Marburg<br />
unter dem Diktat des Städtewettbewerbs<br />
ein attraktives Leitbild<br />
braucht, versucht Hartmut Lüdtke zu<br />
geben. Am Schluss seiner Ausführungen<br />
beantwortet er die Ausgangsfrage<br />
mit ja: Marburg brauche ein attraktives<br />
Leitbild. „Oder besser: Mit Marburg<br />
sind zahlreiche, überwiegend<br />
positive Stadtimages verbunden, so<br />
dass es ein Leitbild gebrauchen kann,<br />
das auf dieses Images aufbaut, ihre<br />
Vorzüge bündelt und weiter entwickelt,<br />
allerdings mit offener Zukunft.“<br />
Während viele Einheimische Marburg<br />
gerne in der Liste des Weltkulturerbes<br />
der UNESCO sehen würden, weist<br />
Angus Fowler in seinem Beitrag<br />
„Schloss, Elisabethkirche und Altstadt<br />
als Gesamtdenkmal im globalen Kontext“<br />
darauf hin, dass Marburg die<br />
Chance, in die UNESCO-Liste aufgenommen<br />
zu werden, bereits in den<br />
1960er Jahren verspielt hat. Noch bis<br />
in die späten 1990er Jahre hinein<br />
hätten die Marburger Politiker, Stadtplaner<br />
und Architekten beim Schutz<br />
des historischen Erbes nicht über die<br />
Grenzen des Altstadtkerns hinaus<br />
gedacht und ringsherum mit Stadtautobahnüberführungen,<br />
Einkaufszentren<br />
und anderen Bauten jede<br />
Menge Fakten geschaffen, die jeden<br />
Antrag auf Aufnahme ohne Erfolgsaussichten<br />
ließen.<br />
Ergänzt wird das reichlich mit Farbund<br />
Schwarzweißabbildungen illustrierte<br />
Band außer durch eine von<br />
Bernhard vom Brocke erstellte Zeittafel<br />
sowie Hinweise auf Quellen und<br />
Literatur durch zwei zeitgenössische<br />
Dokumente, einen Beitrag von Elmar<br />
Brohl aus dem Jahre 1987, in dem er<br />
die Geschichte der Marburger Stadtbildgestaltung<br />
seit Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts als langen Weg von der<br />
Bürgermeinung zu Gestaltungsvorschriften<br />
und der jetzigen Ortssatzung<br />
zum Schutz der historischen Altstadt<br />
erzählt, und den Beitrag von Dieter<br />
Großmann „Marburg im Abbruch<br />
1945-1970“ aus dem Jahre 1972.<br />
Insgesamt betrachtet bietet „Marburg<br />
- Abbruch und Wandel“ seiner Leserschaft<br />
- allen voran der Einwohnerschaft<br />
Marburgs - eine gelungene<br />
Mischung aus engagierter Meinung<br />
und Darstellung der Fakten. Der Veröffentlichung<br />
ist eine weite Verbreitung<br />
zu wünschen, damit die öffentliche<br />
Diskussion über die zukünftige<br />
Stadtentwicklung möglichst intensiv<br />
und vor allem auf breiter Basis geführt<br />
wird. Dies erscheint allemal<br />
notwendig, steht in Marburg doch die<br />
Gestaltung weiterer Gebiete an. Das<br />
Buch sollte aber auch über die Stadtgrenzen<br />
von Marburg hinaus von<br />
allen zur Kenntnis genommen werden,<br />
die sich - seien sie nun Vertreter<br />
der Politik, der Architektur oder der<br />
Stadtplanung - mit städtebaulichen<br />
Planungen in (historischen) Städten<br />
beschäftigen, um aus den Fehlern der<br />
Vergangenheit zu lernen.<br />
Hubert Kolling, Bad Staffelstein<br />
Der Codex Eberhardi des Klosters<br />
Fulda, Bd. 3: Index, bearbeitet von<br />
Heinrich Meyer zu Ermgassen<br />
(Veröffentlichungen der Historischen<br />
Kommission für Hessen 58,3), Marburg<br />
2007, XXVI / 421 S., 32,00 €<br />
Mit dem nun vorliegenden dritten<br />
Band der von Heinrich Meyer zu<br />
Ermgassen herausgegebenen und<br />
bearbeiteten Edition des Codex<br />
Eberhardi wird nicht nur dem Mittelalter-Historiker,<br />
sondern auch dem<br />
interessierten Heimatforscher ein<br />
äußerst wertvolles Hilfsmittel an die<br />
Hand gegeben. Mit den beiden ersten<br />
Bänden (bereits 1995 und 1996 erschienen)<br />
wurde der Text des Codex<br />
Eberhardi in einer modernen kritischen<br />
Ausgabe einem breiteren Leserkreis<br />
zugänglich gemacht. Dabei<br />
folgte die Edition in möglichst genauer<br />
Anlehnung den Strukturen der<br />
Handschrift, die in zwei Teilen zwischen<br />
1150 und 1160 vom Mönch<br />
Eberhard als zusammenfassendes<br />
Verzeichnis der zahlreichen Güter des<br />
Reichsklosters Fulda angefertigt<br />
wurde. Das Verzeichnis, das Abschriften<br />
der im Kloster seit fränkischer<br />
Zeit gesammelten Besitzurkunden<br />
beinhaltet, sollte den seit Gründung<br />
des Klosters Fulda durch den<br />
Heiligen Bonifatius 744 enorm angewachsenen<br />
Besitzstand verdeutlichen<br />
und zugleich durch Hinweise auf<br />
zahlreiche Schutzprivilegien von<br />
Päpsten und Kaisern den Besitzanspruch<br />
auf diese Ländereien festigen.<br />
Durch die Fülle von Detailangaben zu<br />
den einzelnen Besitztümern ist der<br />
Codex Eberhardi - trotz zahlreicher<br />
darin vorkommender Fälschungen -<br />
eine wichtige Quelle, um Aufschlüsse<br />
über die Anfänge von Siedlungen und<br />
Orten bis in die Zeit der Frankenkönige<br />
zu erhalten. Einen leichteren<br />
Zugriff auf die im Text enthaltenen<br />
Informationen erlaubt der nun publizierte<br />
dritte Band der Edition, der den<br />
Gesamtindex mit allen Ortsnamen,<br />
Personennamen, Substantiven, Verben,<br />
Adjektiven und Adverbien umfasst,<br />
die die Handschrift aufweist.<br />
Für einen Namen oder Sachbegriff ist<br />
im Index stets eine Variante als<br />
Lemma aufgeführt, die anderen Varianten<br />
sind in Klammern dahinter<br />
angegeben. Besonders hilfreich ist es,<br />
dass von den Varianten an ihrer Stelle<br />
in der alphabetischen Ordnung immer<br />
auf das Lemma verwiesen wird. Bei<br />
Personennamen, die bekanntermaßen<br />
in mittelalterlichen Quellen oft in<br />
stark abweichenden Schreibweisen<br />
überliefert sind, wurde als Lemma<br />
258<br />
MOHG 94 (2009)<br />
MOHG 94 (2009) 259