Tox-Fibel - OFD Hannover
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Grundlagen der Human- und Ökotoxikologie<br />
akkumuliert PCB im Fettgewebe und in der Muttermilch, da die Ausscheidung aus dem<br />
Körper sehr langsam verläuft.<br />
PCB sind akut relativ wenig toxisch. Synthesebedingte Verunreinigungen in PCB-Gemischen<br />
(geringer Anteil von Dioxinen) können die <strong>Tox</strong>izität aber erheblich verstärken. Langandauernde,<br />
meist arbeitsplatzbedingte Belastungen können zu Hautveränderungen (Chlorakne),<br />
Leberfunktionsstörungen und zentralnervösen Störungen führen. PCB-Gemische fördern bei<br />
Ratten und Mäusen die Tumorbildung und wirken leberkanzerogen. Auch beim Menschen<br />
wird eine krebserzeugende Wirkung nicht ausgeschlossen, wobei die Frage, inwieweit die<br />
Verunreinigungen mit anderen polychlorierten Verbindungen die ursächliche Rolle spielen,<br />
noch nicht endgültig geklärt ist.<br />
c) Polychlorierte Dibenzodioxine und –furane<br />
Die Substanzklasse der polychlorierten Dibenzodioxide (PCDD) und Dibenzofurane (PCDF)<br />
umfaßt insgesamt 210 verschiedene Verbindungen. Erst die moderne Analytik hat das<br />
Ausmaß der weltweiten Belastung des Menschen und der Umwelt mit diesen Verbindungen<br />
aufgedeckt. Sie entstehen unbeabsichtigt bei der Synthese von anderen chlororganischen<br />
Verbindungen (z.B. Pentachlorphenol, PCB). Quellen der heute nahezu allgegenwärtigen<br />
Kontamination mit PCDD und PCDF sind Verunreinigungen in Bioziden und PCB sowie fast<br />
alle Verbrennungsprozesse, bei denen in Gegenwart von Chlor in Abhängigkeit von der<br />
Temperatur diese Stoffe gebildet werden können. Die industrielle Abfallverbrennung und –<br />
wiederverwertung hat sich dabei als kontinuierliche Eintragsquelle erwiesen. Auch in Motorabgasen,<br />
Ruß von Kaminen und Zigarettenrauch werden PCDD/PCDF nachgewiesen.<br />
PCDD/PCDF sind nur wenig flüchtig; sie werden überwiegend an Staub gebunden transportiert.<br />
Aufgrund der Anreicherung der Verbindungen in der Nahrungskette wird der Hauptbelastungspfad<br />
des Menschen vor allem durch die Aufnahme von fetthaltigen Nahrungsmitteln<br />
(Fisch, Fleisch, Milchprodukte) vorgegeben.<br />
Das toxische Potential der einzelnen Verbindungen kann um den Faktor 1.000 bis 10.000<br />
variieren. <strong>Tox</strong>ikologisch relevant sind vor allem die in 2,3,7,8-Stellung vierfach chlorierten<br />
Verbindungen. Die größte <strong>Tox</strong>izität besitzt dabei das 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin<br />
(2,3,7,8-TCDD), das nach dem 1976 in Oberitalien stattgefundenen Unfall auch als „Seveso-<br />
Dioxin“ bekannt ist.<br />
Zur Abschätzung der <strong>Tox</strong>izität der für den Menschen relevanten Verbindungen wird die<br />
relative Wirkungsintensität einer Verbindung im Vergleich zu 2,3,7,8-TCDD mit Hilfe eines<br />
<strong>Tox</strong>izitätsäquivalenzfaktors (englisch: <strong>Tox</strong>icity Equivalency Factor = TEF) abgeschätzt.<br />
Tabelle 18 zeigt die Grundstrukturen der beiden Verbindungsgruppen und Beispiele für die<br />
<strong>Tox</strong>izitätsbewertung anhand von TEF.<br />
Bei akuter Exposition mit diesen Verbindungen wurden neben Schleimhautreizungen,<br />
Leberfunktionsstörungen und Chlorakne weitere unspezifische Symptome wie Schwäche,<br />
Müdigkeit und Gewichtsabnahme beobachtet. Bei chronischer Exposition werden ebenfalls<br />
Chlorakne sowie Veränderungen des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels erkannt, die sich<br />
im dauerhaften Anstieg von Leberenzymen zeigen. PCDD und PCDF werden als nicht<br />
gentoxisch angesehen. 2,3,7,8-TCDD ist im Tierversuch kanzerogen und führte zu Tumoren<br />
vor allem in der Leber und im Atemtrakt.<br />
Mai 1998