Tox-Fibel - OFD Hannover

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Grundlagen der Human- und Ökotoxikologie Seite 7 von 40 Tabelle 2: Physikalisch-chemische Stoffeigenschaften Merkmal Stoffeigenschaft abzuschätzendes Stoffverhalten Löslichkeit unpolar, wasserunlöslich, lipohil bzw. hydrophob Verteilungskoeffizient (zwischen polaren und unpolaren Lösungsmitteln) i.d.R. Octanol/Wasser Oberflächenaktivität polar, wasserlöslich bzw. hydrophil Verteilungsquotient klein (eher in Wasser als in Octanol) Verteilungsquotient groß (eher in Octanol als in Wasser) • Verhalten entspricht den fettlöslichen Verbindungen • Verteilung über Membranen und Barrieren in alle Körper- und Zellstrukturen möglich Dissoziationsgrad Dissoziationskonstante für Säuren und Basen in Abhängigkeit vom (Blut-) pH-Wert Vereinigung von polaren und unpolaren Gruppen in einer Verbindung • kaum aktive Resorption aus dem Magen- Darm-Trakt • wie Wasser passive Diffusion in die Blutbahn • schnelle Ausscheidung mit dem Urin über die Nieren • kaum Durchdringung der Lipidmembranen der Zellen (Verbleib im Extrazellulärraum) • gute Resorption im Magen-Darm-Trakt • nach Durchdringen der Lipidmembran Wanderung in das Zellinnere • Passage spezifischer Zellbarrieren möglich (Blut – Hirn – Schranke, Blut (Mutter) – Plazenta – Blut (Embryo) – Schranke) • Verhalten entsprechend Wasser • Verteilungsverhalten wie polare Stoffe • dissoziiert vorliegende Verbindungen mit freien Ladungsträgern verhalten sich wie polare Stoffe • undissoziierte Verbindungen können analog unpolaren Verbindungen die Blut-Hirn- Schranke durchdringen • unpolare Strukturanteile können in die Lipidschicht von Membranen eindringen und mit polarem Strukturanteil in den Extrazellulärraum herausragen • Bewirken von Änderungen in der äußeren Ladung, Konformation und Durchlässigkeit der Zellmembran • weitreichende Folgen für den Zellstoffwechsel möglich 2.2 Toxikokinetik Die Toxikokinetik beschreibt den Weg und den Konzentrationsverlauf einer chemischen Substanz im Organismus. Dabei steht die Exposition am Anfang (Kontakt des Organismus mit der Chemikalie). Die Toxikokinetik bestimmt mit ihren Teilprozessen Invasion (Resorption und Verteilung) und Evasion (Biotransformation und Ausscheidung) quantitativ in Abhängigkeit von der Zeit die Wirksamkeit einer Substanz wesentlich mit. Die Aufnahme eines Schadstoffes erfolgt in den meisten Fällen durch Verschlucken (oral), über die Haut (dermal) oder durch Einatmen (inhalativ). Eine biologische Wirkung kann nach Mai 1998

Seite 8 von 40 Grundlagen der Human- und Ökotoxikologie Kontakt mit dem Schadstoff nur dann eintreten, wenn dieser vom Organismus auch aufgenommen (resorbiert) wird. Dazu sind natürliche biologische Barrieren zu überwinden und spezifische Transportmechanismen zu aktivieren. Die Substanzresorption hängt stark davon ab , in welcher Konzentration und wie lange der Wirkstoff mit den zur Aufnahme befähigten Körperoberflächen in Kontakt steht. Weiterhin bestimmen Stoffeigenschaften wie Aggregatzustand, Kristallgröße und –form bzw. die Fettoder Wasserlöslichkeit diesen Schritt. Nach der Resorption werden die Wirkstoffe in der Regel mit dem Blutstrom durch den gesamten Organismus transportiert. Dabei passieren sie Bereiche, zu denen sie aufgrund spezieller Eigenschaften eine besondere Affinität besitzen (Organotropie). So reichern sich stark fettlösliche Substanzen bevorzugt im Fettgewebe an, während die eher wasserlöslichen Schadstoffe im Blut bzw. in den Zellzwischenräumen angesammelt werden. Die Ausscheidung von Stoffen aus dem Organismus erfolgt in vielen Fällen mit dem Urin oder über die Gallenflüssigkeit. Auf diesem Wege können aber nur wasserlösliche Stoffe den Organismus verlassen. Bei fettlöslichen Substanzen bestünde die Gefahr, daß sie sich im Fettgewebe anreichern und somit im Körper verbleiben würden. Der Organismus besitzt deshalb biochemische Systeme, die in der Lage sind, fettlösliche Stoffe in mehr wasserlösliche Substanzen oder Substanzbausteine umzuwandeln, die dann leichter ausgeschieden werden können (Metabolisierung). Hauptort dieser Biotransformationsmechanismen ist die Leber. Die dabei ablaufenden Vorgänge werden unterteilt in Phase-I-Reaktionen (Hydrolysen, Oxidationen und –Reduktionen) und Phase-II-Reaktionen, bei denen eine zusätzliche Erhöhung der Wasserlöslichkeit durch Konjugationsreaktionen mit körpereigenen Stoffen stattfindet. Abbildung 3 stellt die Komplexität der toxikokinetischen Vorgänge dar; Tabelle 3 faßt die Aussagen zu den einzelnen Phasen der Toxikokinetik im menschlichen Organismus zusammen. Aufnahme Inhalation Verschlucken Injektion Hautresorption Lunge Blut Haut Verteilung Metabolismus Magen Darm Galle andere Organe (Gehirn, Fettgewebe) Leber Niere Ausscheidung Exhalation Stuhl Urin Schweiß Abbildung 3: Toxikokinetik [aus „Toxikologie“ Fonds der Chemischen Industrie, 1985] Mai 1998

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Grundlagen der Human- und Ökotoxikologie<br />

Kontakt mit dem Schadstoff nur dann eintreten, wenn dieser vom Organismus auch aufgenommen<br />

(resorbiert) wird. Dazu sind natürliche biologische Barrieren zu überwinden und<br />

spezifische Transportmechanismen zu aktivieren.<br />

Die Substanzresorption hängt stark davon ab , in welcher Konzentration und wie lange der<br />

Wirkstoff mit den zur Aufnahme befähigten Körperoberflächen in Kontakt steht. Weiterhin<br />

bestimmen Stoffeigenschaften wie Aggregatzustand, Kristallgröße und –form bzw. die Fettoder<br />

Wasserlöslichkeit diesen Schritt.<br />

Nach der Resorption werden die Wirkstoffe in der Regel mit dem Blutstrom durch den<br />

gesamten Organismus transportiert. Dabei passieren sie Bereiche, zu denen sie aufgrund<br />

spezieller Eigenschaften eine besondere Affinität besitzen (Organotropie). So reichern sich<br />

stark fettlösliche Substanzen bevorzugt im Fettgewebe an, während die eher wasserlöslichen<br />

Schadstoffe im Blut bzw. in den Zellzwischenräumen angesammelt werden.<br />

Die Ausscheidung von Stoffen aus dem Organismus erfolgt in vielen Fällen mit dem Urin<br />

oder über die Gallenflüssigkeit. Auf diesem Wege können aber nur wasserlösliche Stoffe den<br />

Organismus verlassen. Bei fettlöslichen Substanzen bestünde die Gefahr, daß sie sich im<br />

Fettgewebe anreichern und somit im Körper verbleiben würden. Der Organismus besitzt<br />

deshalb biochemische Systeme, die in der Lage sind, fettlösliche Stoffe in mehr wasserlösliche<br />

Substanzen oder Substanzbausteine umzuwandeln, die dann leichter ausgeschieden<br />

werden können (Metabolisierung). Hauptort dieser Biotransformationsmechanismen ist die<br />

Leber. Die dabei ablaufenden Vorgänge werden unterteilt in Phase-I-Reaktionen (Hydrolysen,<br />

Oxidationen und –Reduktionen) und Phase-II-Reaktionen, bei denen eine zusätzliche<br />

Erhöhung der Wasserlöslichkeit durch Konjugationsreaktionen mit körpereigenen Stoffen<br />

stattfindet.<br />

Abbildung 3 stellt die Komplexität der toxikokinetischen Vorgänge dar; Tabelle 3 faßt die<br />

Aussagen zu den einzelnen Phasen der <strong>Tox</strong>ikokinetik im menschlichen Organismus zusammen.<br />

Aufnahme<br />

Inhalation<br />

Verschlucken<br />

Injektion<br />

Hautresorption<br />

Lunge<br />

Blut<br />

Haut<br />

Verteilung<br />

Metabolismus<br />

Magen<br />

Darm<br />

Galle<br />

andere<br />

Organe<br />

(Gehirn,<br />

Fettgewebe)<br />

Leber<br />

Niere<br />

Ausscheidung<br />

Exhalation<br />

Stuhl<br />

Urin<br />

Schweiß<br />

Abbildung 3: <strong>Tox</strong>ikokinetik [aus „<strong>Tox</strong>ikologie“ Fonds der Chemischen Industrie, 1985]<br />

Mai 1998

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